Nachbars Werner
By Isolde Kurz
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Auszug:
Meine erste Liebe, so erzählte mir meine Freundin Ada, war unser Nachbarssohn Werner Horst. Ich verehrte in ihm, ohne mir davon Rechenschaft zu geben, mein männliches Ideal, denn ich stand damals zwischen dem fünften und sechsten Jahre, befand mich also in einem Lebensalter, wo man die Liebe bisweilen schon nach der Empfindung, aber nicht dem Namen nach kennt.
Ich hatte schon von Werner reden hören, bevor wir einander begegneten, denn meine Familie wohnte erst seit Kurzem in der Stadt, und die besondere Art, wie die Erwachsenen von ihm sprachen, beschäftigte meine Einbildung.
Isolde Kurz
Isolde Kurz (1853-1944) was a popular, prolific and erudite German writer renowned for her fine style in all genres. She became dazzled by visions of Hitler’s Germany as a new Holy Roman Empire. The Nazis in turn fêted the writer. In her 19th century youth, nationalism had been, as it currently is in many places, liberty’s darling. She did come to distance herself from the fascists as time went on, expressing disdain for their life-negating materialism, and signing a manifesto against nationalist excesses, militarism and antisemitism.
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Book preview
Nachbars Werner - Isolde Kurz
Nachbars Werner
Nachbars Werner
Anmerkungen
Impressum
Nachbars Werner
Meine erste Liebe, so erzählte mir meine Freundin Ada, war unser Nachbarssohn Werner Horst. Ich verehrte in ihm, ohne mir davon Rechenschaft zu geben, mein männliches Ideal, denn ich stand damals zwischen dem fünften und sechsten Jahre, befand mich also in einem Lebensalter, wo man die Liebe bisweilen schon nach der Empfindung, aber nicht dem Namen nach kennt.
Ich hatte schon von Werner reden hören, bevor wir einander begegneten, denn meine Familie wohnte erst seit Kurzem in der Stadt, und die besondere Art, wie die Erwachsenen von ihm sprachen, beschäftigte meine Einbildung.
Mein Vater pflegte nämlich zu sagen: »Der Werner ist ein Junge, aus dem einmal etwas werden kann, aber ich will nicht, daß meine Kinder mit ihm umgehen.«
Und meinem Bruder Erich, der die gleiche Lateinklasse besuchte wie Werner, war es verboten, den Heimweg aus der Schule in seiner Gesellschaft zu machen.
Ganz deutlich erinnere ich mich, wie Werner das erste Mal zu uns kam. Sein Vater hatte ihn mit einem Auftrag an den meinigen geschickt. Seine freie Miene, die glänzenden Augen, mit denen er den Großen so fest ins Gesicht sah, und daß er zwei Jahre älter war als ich, das Alles flößte mir eine mit Scheu gemischte Bewunderung ein. Und als er wieder gegangen war und meine Mutter gegen den Vater bemerkte: »Es ist doch jammerschade um den Werner –« da weiß ich noch ganz genau, daß mir das Herz unruhig zu klopfen begann.
Nachdem der Vater das Zimmer verlassen hatte, nahm ich all' meinen Muth zusammen und fragte:
»Was hat denn der Werner gethan, daß Du sagst: ›Schade?‹«
»O, etwas sehr Häßliches,« war die Antwort, »das kleine Mädchen besser gar nicht wissen sollten: der Werner ist ein Lügner.«
Und sie erzählte mir, daß Werner's Vater Alles aufgeboten habe, um den Jungen von diesem widrigen Laster zu heilen, aber kein Mittel wollte fruchten. Unzählige Prügel habe er an ihm abgeschlagen, ihn Tage lang im Keller eingesperrt, es sei Alles umsonst gewesen. Das Lügen sei so mit Werner's Natur verwachsen, daß er es nicht lassen könne. Ueberhaupt sei er ein Thunichtgut und ein Heimtücker, was man ihm bei seiner offenen Miene gar nicht ansehen würde. Er halte sich immer nur einen Freund unter seinen Kameraden, aus dem mache er dann, was er wolle, setze ihm die größten Albernheiten in den Kopf und verleite ihn zu schlechten, ungezogenen Streichen, bis er ihn eines Tages stehen lasse und sich wieder einen anderen suche. Werner Horst's Freundschaften dauerten nie länger als ein paar Wochen, aber in diesen paar Wochen mache er auch die bravsten zu ganz ungehorsamen und verdrehten Jungen. Deshalb hätten andere Eltern darauf zu achten, daß er von ihren Kindern fern bleibe.
Ich ging an diesem Tage ganz tiefsinnig umher. – Wie kann man nur lügen, dachte ich bei mir selbst. – Pfui, das muß etwas sehr Schmutziges sein! – Denn ich war ein kleiner Tugendbold und sehr stolz auf meine von den Eltern oft gerühmte Wahrheitsliebe, an der gar nichts Verdienstliches war, da ich als zärtlich gehegtes Hauskind niemals in die Versuchung gerieth, mir mit einer Lüge zu helfen.
Daher nahm ich mir vor, den Werner gründlich zu verachten, ihn auch nicht anzusehen, wenn er mir auf der Straße begegnen würde. Aber heimlich mußte ich immer an den Missethäter denken. Meine Phantasie irrte beständig um