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Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band!
Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band!
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Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band!

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Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band!

von Alfred Bekker, Jo Zybell, W.A.Hary



Über diesen Band:



Dieser Band enthält folgende SF-Romane:



Das Erbe der Altairer (Alfred Bekker/W.A.Hary)

Galaxienwanderer - Der Katzenartige (Alfred Bekker)

Der Tod kommt aus dem All (Jo Zybell)





Ein Raumschiff mit extraterrestrischer Technologie und eine zusammengewürfelte Crew auf einer kosmischen Odyssee durch die Unendlichkeit des Alls... Menschen, Androiden und Extraterrestrier müssen sich zusammenraufen, wenn sie den namenlosen Gefahren zwischen den Sternen standhalten und das Erbe einer uralten kosmischen Zivilisation antreten wollen.
LanguageDeutsch
PublisherAlfredbooks
Release dateDec 21, 2021
ISBN9783745221909
Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band!
Author

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band! - Alfred Bekker

    Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band!

    von Alfred Bekker, Jo Zybell, W.A.Hary

    Über diesen Band:

    Dieser Band enthält folgende SF-Romane:

    Das Erbe der Altairer (Alfred Bekker/W.A.Hary)

    Galaxienwanderer - Der Katzenartige (Alfred Bekker)

    Der Tod kommt aus dem All (Jo Zybell)

    ––––––––

    Ein Raumschiff mit extraterrestrischer Technologie und eine zusammengewürfelte Crew auf einer kosmischen Odyssee durch die Unendlichkeit des Alls... Menschen, Androiden und Extraterrestrier müssen sich zusammenraufen, wenn sie den namenlosen Gefahren zwischen den Sternen standhalten und das Erbe einer uralten kosmischen Zivilisation antreten wollen.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

    © Roman by Author / COVER: Steve Mayer mit Mik 38 123rf

    © dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

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    Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!Verlags geht es hier:

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    Alles rund um Belletristik!

    Das Erbe der Altairer

    Das Erbe der Altairer

    Alfred Bekker and W. A. Hary

    Published by Alfred Bekker, 2019.

    Table of Contents

    UPDATE ME

    Das Erbe der Altairer

    Science Fiction Roman von Alfred Bekker & Wilfried Hary

    Der Umfang dieses Buches entspricht 103 Taschenbuchseiten.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1

    Wie eine Perlenkette standen die fünf Monde am Himmel des Planeten Asagol.

    Ihr Licht schimmerte in verschiedenen Rottönen, von Orange über Purpur bis hin zu sattem Karminrot. Fünf Monde - und einer fehlte noch.

    Der einzige, der nicht in dieses Bild hineinpassen wollte, zumindest farblich.

    Er war blau.

    Blau wie ein großes Auge, das mit intensivem Blick die Geschehnisse auf der Oberfläche dieser ehemaligen Produktionswelt des Altairer-Imperiums beobachtete. Blau wie das Meer, das einst große Teile der asagolanischen Oberfläche bedeckt hatte.

    Aber das war Äonen her.

    Das Klima auf Asagol hatte sich verändert, war trockener, wüstenartiger geworden. Die Meere waren dahingeschmolzen und verdunstet. Und was den blauen Mond anging, so legte die Farbe eine Illusion nahe. Die Illusion der Anwesenheit von Wasser.

    Aber es gab keinerlei H2O auf dem blauen Asagol-Mond. Es waren andere chemische Verbindungen, die für die Farbgebung verantwortlich waren.

    Maria Tobiasi stand am Rande der alten, verlassenen Altairerstadt Eonix, betrachtete die Monde, die am Horizont aufgingen, und atmete die klare Luft ein. Der Sauerstoffgehalt auf Asagol war geringfügig höher als auf der Erde, Schwerkraft dafür um ein paar Prozent niedriger. Insgesamt eine belebende Mischung, wie Tobiasi fand.

    „He, träumst du?", fragte Saul Bentor, der Chefkybernetiker des kleinen Forschungsteams auf Asagol, dem auch Tobiasi angehörte.

    Tobiasi wurde auf diese Weise aus ihren Gedanken gerissen.

    Ein flüchtiges Lächeln ging über ihre vollen Lippen.

    „Das wird ja wohl mal erlaubt sein, oder, Saul?"

    Saul Bentor lachte.

    Er entblößte dabei zwei Reihen absolut makelloser Zähne. Sein Kopf war kahlrasiert. Auf diese Weise kam die Tätowierung gut zur Geltung, die er sich auf den Schädel hatte aufbringen lassen. Abstrakte Ornamente, nichts Konkretes.

    „Lange ist es her, dass hier Altairer lebten, sagte sie. „Und wenn man sich diese Stadt so ansieht, dann gewinnt man schon einen riesigen Respekt vor ihren technischen Leistungen.

    „Nicht nur die Stadt, sagte Bentor. „Du vergisst die unterirdischen Produktionsanlagen, deren Ausmaße die der Stadt noch übersteigen dürften. Es wird Jahre dauern, bis wir jeden Winkel erforscht haben.

    „Bei der gegenwärtigen technischen und personellen Ausstattung unseres Teams auch noch länger!"

    „Wir müssen das Beste draus machen."

    „Ja, fragt sich nur, was das Beste ist."

    „Das ist immer eine Frage des Standpunktes!"

    „So kann man das natürlich auch sehen."

    „Ich sehe es so."

    „Ich weiß."

    Sie befanden sich unweit des HQ. So hatten sie jenes altairische Gebäude getauft, das sie für Wohnzwecke brauchten. Ein 50-m-Kugelraumer stand auf dem flachen Dach des Gebäudes am Rande von Eonix.

    Die AVALON.

    Mit ihr war das terranische Wissenschaftlerteam nach Asagol gelangt.

    Seit drei Wochen schon arbeitete die Gruppe unter Professor Dr. Leslie J. Wood auf Asagol. Wood war Experte für extraterristrische Lebensformen und Kulturen. Tobiasi mochte ihn. Er hatte eine ruhige Art, das Team zu führen. Allerdings war auch eine gewisse Entscheidungsschwäche für ihn kennzeichnend, was eventuell zu einem Problem werden konnte. Jedenfalls sah Maria Tobiasi das deutlich auf sie zu alle zukommen, wenn es darum gehen würde, wie mit den Hinterlassenschaften der altairischen Technik zu verfahren war.

    „Dieses Altairer-Imperium hat etwas Faszinierendes, hörte Maria Tobiasi Bentor sagen. „Ein Netz aus untereinander mit Transmitterstraßen verbundenen Welten... Sie waren uns so weit überlegen, dass wir noch immer gar keine wirkliche Vorstellung davon haben.

    „Da hast du zweifellos recht."

    Er deutete hinauf zu dem Kugelraumer.

    Auch dieser Kugelraumer war altairischen Ursprungs. Das, was die terranische Technik selbst hervorgebracht hatte, konnte damit nicht im mindesten konkurrieren.

    Ein zischender Laut ließ sie beide erstarren.

    Etwas sehr Schnelles huschte aus dem Schatten, den eines der quaderförmigen altairischen Gebäude warf. Es lief auf zwei Beinen, die im Verhältnis zu dem grazilen Körper äußerst kräftig wirkten. Stabilisiert wurde das Wesen durch einen langen Schwanz, der wohl auch dafür sorgte, dass es auch bei schnellem Laufen nicht das Gleichgewicht verlor.

    Der Kopf war klein und zierlich. Die Augen leuchteten glutrot.

    Zwei armartige Fortsätze zappelten nervös herum. Das kleine Maul öffnete sich, und wieder ertönte der Zischlaut.

    Etwas Gasförmiges, eine Art Nebel, spie das Wesen aus, dazu ein konzentrierter, sehr zielgenauer flüssiger Strahl.

    „Ein Säurespeier!", kommentierte Bentor.

    Diese zweifüßigen Jäger waren sehr gefährlich, auch wenn sie eine Größe von ein Meter fünfzig selten überschritten. Aber der konzentrierte Säureauswurf konnte einen Menschen auf eine Entfernung von mehreren Metern mit Leichtigkeit töten.

    In geringer Entfernung von dem Säurespeier befand sich ein skorpionartiges Tier, etwa so groß wie zwei Hände. Genetisch gesehen gab es natürlich keinerlei Verwandtschaft zwischen dem Asagol-Skorpion und den Skorpionen auf der Erde. Es war lediglich eine gewisse Ähnlichkeit in der äußeren Gestalt zu finden, bedingt durch einen ähnlichen Lebensraum.

    Der konzentrierte Säurestrahl traf den Asagol-Skorpion.

    Mit einem zischenden Laut wurde er verätzt.

    Was blieb, war eine braungraue Masse.

    Der Säurespeier beugte sich nieder und schlang sie hinunter.

    Die Natur eroberte sich Teile der Stadt zurück. Ins Innere der Gebäude konnten Tiere und Pflanzen nicht gelangen. Sie waren hermetisch abgeschlossen und wirkten selbst nach langen Zeitaltern der Verlassenheit noch funktionsfähig. Aber in den Straßen und Gassen zwischen den Gebäudekomplexen hatten sich zahllose Arten eingenistet.

    Manche im wahrsten Sinn des Wortes. So auch die Säurespeier, die ihre Beute normalerweise in der Wüste oder Halbwüste suchten.

    Innerhalb von wenigen Augenblicken hatte der Säurespeier seine Mahlzeit beendet.

    Dann blickte er auf, in Richtung der beiden Terraner.

    Er öffnete den Mund.

    Zahnlos war er. Kein Wunder, die Verdauung fand bei ihm zu einem Gutteil außerhalb des Körpers statt. Beute, die mit der ultrastarken Säure behandelt worden war, die er auszustoßen vermochte, brauchte nicht mehr mit Hilfe von Zahnwerkzeugen zerkleinert zu werden. Sie war in jedem Fall so weit zersetzt, dass der Säurespeier sie einfach hinunterschlingen konnte.

    Das Tier näherte sich den beiden Terranern, blieb dann aber stehen. Es schien abzuwarten, beobachtete seine menschlichen Gegenüber genau.

    Bentor nahm den Strahler aus der Halterung an seiner Seite, zielte kurz und feuerte.

    Der Säurespeier verdampfte.

    „Verdammt lästig diese Dinger!", kommentierte er das Geschehen und steckte die Waffe wieder weg.

    Maria Tobiasi sah ihn irritiert an.

    „Warum tust du das?", fragte sie.

    „Er hätte uns angreifen können."

    „Das wäre der erste Fall eines Säurespeier-Angriffs auf einen Menschen gewesen, Saul!"

    „Irgendwann ist immer das erste Mal!"

    „Verdammt, die Tiere scheinen eine gewisse Scheu vor uns zu haben."

    „Du meinst, wir stehen nicht auf ihrem Speiseplan? Bentor lachte rau. „Schon möglich. Aber mein Forschergeist geht nicht so weit, dass ich das bis ins Letzte ausprobieren möchte!

    Maria Tobiasi atmete tief durch.

    Nein, die Wahrheit ist eine ganz andere, dachte sie. Du hast Spaß daran. Du bist im Grunde deines Herzens ein Killer und obendrein... ein Sadist.

    Aber war nicht eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Natur eine Voraussetzung dafür, sie erforschen zu können?, fragte eine andere Hälfte in ihr.

    „Wenn du sowas brauchst, dann reagiere dich doch in einem Ballerspiel ab!"

    „Immer Mitgefühl mit der leidenden Kreatur, was?"

    „Wenn du dafür nur Ironie übrig hast, tust du mir leid."

    Er zuckte die Schultern, wollte noch etwas sagen, aber in diesem Moment tauchte eine hochgewachsene Gestalt auf. Captain Ahmad Nurreddine, der Commander des Kugelraumers, mit dem das Team nach Asagol gelangt war.

    „Sie werden schon gesucht!", rief er.

    „The two most wanted! Dead or alive!", witzelte Bentor.

    Nurreddine näherte sich, warf einen Blick auf die Reste des Säurespeiers.

    „Fiese Dinger, was?, meint er. „Ich habe das Gefühl, die werden immer mehr.

    „Sie ernähren sich halt besonders gerne von großen Schalentieren, die sonst keiner knacken kann!, meinte Bentor. „Und für die ist Eonix ein geradezu idealer Lebensraum.

    „Wenn wir das komplette biologische Wissen der Altairer hätten, wäre es sicher möglich, eine Lebensform zu züchten, die mit diesen Biestern Schluss macht."

    „Vielleicht gelingt es uns ja, hinter die letzten Geheimnisse zu kommen?"

    Nurreddine atmete tief durch.

    Sein Name war arabischen Ursprungs und bedeutete Licht des Glaubens.

    Aber Nurreddine war alles andere als das.

    Es gab keinen Gott. Nur den Weltraum, die Materie, die Energie, Elementarteilchen...

    Und den Menschen und seine Möglichkeiten.

    Nurreddine sagte: „Ihr sollt zur Konferenz kommen. Dringend, hat der Alte gesagt."

    „Dann tun wir besser, was der ALTE will", meinte Maria Tobiasi.

    Der ALTE, so nannten einige der Teammitglieder den wissenschaftlichen Leiter der Expedition, Leslie J. Wood.

    Wood war ein umgänglicher Mensch, konnte aber sehr giftig werden, wenn jemand unpünktlich war. Das hatte Bentor schon einmal am eigenen Leib zu spüren gekriegt. Und er hatte nicht die geringste Lust darauf, dass sich das wiederholte.

    „Gehen wir also", meinte Bentor. 

    2

    Leslie J. Wood war ein Mann um die Fünfzig. Sein Gesicht war kantig und zerfurcht.

    Das Kinn sprang hervor, was durch den Knebelbart, den er trug, noch verstärkt wurde.

    Ein Gesicht wie aus Stein gemeißelt, so hatte Maria Tobiasi immer gedacht.

    Ein Monument.

    Mit seinen grauen, aufmerksamen Augen beobachtete er die Anwesenden, wartete geduldig ab, bis alle Leitenden in dem Konferenzraum der AVALON Platz genommen hatten.

    Commander Nurreddine war darunter. Sein erster Offizier Joe Zachary hatte neben ihm Platz genommen.

    „Es gibt Meinungsverschiedenheiten über das weitere Vorgehen", begann Leslie J. Wood gedehnt, nachdem das Gemurmel verstummt war.

    Meinungsverschiedenheiten ist gut!, dachte Maria Tobiasi. Das ist sehr harmlos ausgedrückt.

    Aber der verbindliche Ton entsprach Woods Wesen.

    Das harte Durchgreifen lag ihm nicht.

    Tobiasi dachte: Ein exzellenter Wissenschaftler, wahrscheinlich ausgestattet mit dem mit Abstand höchsten Intelligenzquotienten hier im Raum. Aber er denkt, dass man Probleme aussitzen kann. Und diese Sitzung wird deshalb auch keine Entscheidung bringen...

    „Es geht im Kern darum, wie mit den unterirdischen Produktionsanlagen weiter verfahren wird, erklärte Leslie J. Wood. „Bislang sind wir mit vorsichtigen, sehr behutsamen Untersuchungen vorangekommen, aber einigen im Team reichen die Fortschritte nicht aus. Darüber müssen wir diskutieren. Er wandte sich an einen Mann mit kurzen, blonden Haaren und nickte ihm zu. „Bitte, Professor Tamsor."

    John D. Tamsor war ein Spezialist für extraterristrische Technologie.

    Er war noch ziemlich jung im Verhältnis zu den wissenschaftlichen Meriten, die er bereits vorweisen konnte. Ein kometenhafter Aufstieg lag hinter ihm.

    Tamsor sah sich um, vergewisserte sich der Aufmerksamkeit aller.

    „Es geht um die Produktionsstraßen zur Herstellung von Titans, die wir in den unterirdischen Anlagen entdeckt haben. Die Altairer waren Meister der genetischen Manipulation. Bio-Techniker könnte man sagen, die quasi biologische Maschinen zu erschaffen wussten. Aber der größte Teil ihrer Methoden ist uns nach wie vor unbekannt. Nun haben wir anhand dieser Produktionsstraße die einmalige Gelegenheit, hinter die Kulissen zu schauen... Und die sollten wir nicht ungenutzt verstreichen lassen. Das wäre ein Unrecht an der gesamten Menschheit, der dieses Wissen letztlich gehört... Wir forschen hier schließlich nicht zum Selbstzweck oder zur persönlichen Bebauchpinselung oder um unsere Kollegen schlecht aussehen zu lassen - sondern, weil wir einen Auftrag haben!"

    Maria Tobiasi sagte: „Kommen Sie bitte auf den Punkt, John."

    John D. Tamsor verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln.

    „Verehrte Professorin Tobiasi, das ist der Punkt!", wies er sie zurecht. Dass er sie mit ihrem akademischen Titel anredete, war eine Form von subtiler Ironie.

    Du willst mich wie eine dumme Studentin aussehen lassen!, erkannte Tobiasi. Aber da bist du schief gewickelt. Das wird dir nicht gelingen...

    Tamsor fuhr gedehnt fort: „Unsere Untersuchungen treten auf der Stelle. Wir haben den Mechanismus der Produktionsstraße rudimentär erfasst, aber viel weiter können wir nicht kommen. Es sei denn..." Tamsor lehnte sich zurück. Er machte eine rhetorische Pause.

    Eins kann man dir wirklich nicht vorwerfen, dachte Maria Tobiasi. Nämlich, dass du ein Langweiler bist... Aber das hier ist kein Hörsaal! Hier geht um wichtige Sachfragen, von denen sehr viel abhängen kann!

    „...es sei denn, wir gehen das Wagnis ein und versuchen, die Titan-Produktionsstraße in Betrieb zu nehmen", vollendete Tamsor seinen Satz schließlich.

    „Das ist nicht Ihr Ernst", entfuhr es der entsetzten Maria Tobiasi.

    „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sachlich bleiben könnten", kanzelte Tamsor sie ab. Seine Stimme klirrte wie Eis.

    „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie nur Vorschläge machten, die ernst gemeint sind."

    „Dieser ist ernst gemeint."

    „Umso schlimmer. Sie scheinen die Konsequenzen überhaupt nicht zu bedenken."

    Tamsors Gesicht verzog sich.

    „Haben Sie denn die Konsequenzen bedacht, die es haben könnte, wenn wir weiterhin Ihrem bevorzugten Weg folgen und auf der Stelle treten? Ich glaube kaum..."

    „Die Schrecken, die die Titans in der Vergangenheit verbreitet haben, sind unvergessen, stellte Wood fest. „Die Inbetriebnahme der Produktionsanlage wäre ein Risiko.

    „Nicht, wenn alles kontrolliert abläuft!", stellte Bentor klar.

    „Außerdem möchte ich auf einige technische Probleme hinweisen, steuerte nun seinerseits Wood bei. „Probleme, die durchaus noch nicht gelöst sind. Der Steuermechanismus der Anlage ist hochkompliziert, und wir verstehen erst einen Teil davon. Das sollten wir uns immer ins Gedächtnis rufen!

    „Umso wichtiger, dass wir jetzt endlich einen Schritt weiter kommen", erklärte Tamsor.

    „Und was tun wir mit den Titans, die bei diesem Prozess erzeugt werden?", stellte Maria Tobiasi eine unbequeme Frage.

    „Es spricht viel dafür, dass die Bandstraße eine Möglichkeit der Zwischenlagerung besitzt, erklärte Tamsor. Er wandte sich an Tobiasi. „Es kann ab und zu nicht schaden, die Arbeitsergebnisse der Kollegen zur Kenntnis zu nehmen!

    „Keine Sorge, das habe ich alles zur Kenntnis genommen."

    „Dann verstehe ich Ihre Einwände nicht. Oder sehen Sie irgendein Sicherheitsproblem?" Mit den letzten Worten wandte er sich an Captain Nurreddine.

    „Schwer zu sagen... Auf eine Horde wild durch die Gegend marodierender Titans bin ich nicht scharf. Andererseits sind wir gut ausgerüstet. Wir könnten damit fertig werden."

    Zwischenlagerung.

    Fertig werden.

    Wörter, die in Maria Tobiasis Verständnis unpassend waren, wenn man sie auf Lebewesen bezog.

    Werkzeuge.

    Noch so ein Wort.

    Aber traf es das nicht in erschreckender Weise?

    Was waren die Titans denn anderes gewesen als biologische Werkzeuge der Altairer, mit deren Hilfe sie ihre Feinde bekämpft hatten? Lebendige Kampfwerkzeuge aus der Retorte.

    „Wir müssten die entstandenen Titans unter Kontrolle halten, sagte Leslie J. Wood. Wenn das garantiert werden könnte..."

    „Wir vermuten, dass die entstandenen Titans zunächst einmal inaktiv sind und erst durch einen entsprechenden Impuls ins Leben gerufen werden, wenn man das so ausdrücken will", erklärte jetzt Saul Bentor im Ton kühler Sachlichkeit.

    Hätte ich mir ja denken können, dass du auch auf Tamsors Seite bist!, ging es Maria Tobiasi durch den Kopf.

    Sie ahnte, dass sie sich letztlich nicht würde durchsetzen können. Die Neugier, die Wissenschaftler wie Bentor und Tamsor antrieb, war einfach zu stark.

    Auch Wood würde dem Reiz schließlich erliegen. Und dem starken Einfluss, den Tamsor ausübte.

    Hat es je eine Entscheidung gegen Tamsor gegeben, bei der seine Meinung zum Zuge kam?, überlegte Tobiasi. Jedenfalls nicht, solange Wood das Team geleitet hat. Das steht fest.

    „Ich denke, wir sollten nichts übereilen", sagte Tem Ulfson, ein eher introvertierter Mann mit dünnem Haar und schmalem Gesicht.

    Maria Tobiasi hatte kaum zu hoffen gewagt, dass Ulfson sich überhaupt zu Wort melden würde.

    Normalerweise hielt er sich immer sehr zurück. Konflikten ging er aus dem Weg.

    Alles, was für ihn zählte, war seine Arbeit, sonst nichts. Ihr hatte er sich mit Leib und Seele verschrieben. Er konnte regelrecht in ihr aufgehen.

    Der Umgang mit Menschen war für ihn bedeutend schwieriger als der mit Maschinen. Seine Karriere hatte das etwas behindert.

    „Was heißt hier übereilen?, erwiderte Tamsor unwirsch. „Wir können natürlich auch noch eine Ewigkeit warten...

    „Die Anlagen sind sehr groß. Wir können noch gar nicht genau ermessen, wozu sie im einzelnen gebraucht wurden und in welcher Weise sie zu Zeiten des Altairer-Imperiums vernetzt gewesen sind."

    „Ja, und wenn wir Ihrer und Marias Ansicht folgen, werden wir auch nie soweit kommen!", unterbrach ihn Tamsor.

    „Vielleicht lassen Sie Ulfson seine Einwände einfach mal vorbringen", forderte Leslie J. Wood.

    Wie gewohnt, der Vermittler. Er wird sich auf keine der beiden Seiten stellen, sondern versuchen, einen Kompromiss zustande zu bringen. Diese Gedanken jagten durch Maria Tobiasis Hirn. Es war alles so vorhersehbar. Sie hasste das. Warum überhaupt noch etwas sagen, sich dazu äußern? Es nützte nichts. Es lief auf dasselbe hinaus.

    „Nun, vielleicht bin ich etwas befangen, meinte Ulfson. „Einige Angehörige meiner Familie kamen während der Titan-Invasion der Erde ums Leben, und daher habe ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber diesen Monstren...

    „Das kann ich gut verstehen, sagte Wood. „Andererseits geht es nicht nur Ihnen so.

    „Das ist mir bewusst."

    Der braucht keinen Widerpart in einer Diskussion!, ging es Maria Tobiasi ärgerlich durch den Kopf. Tem Ulfson schafft es schon ganz allein, seine eigenen Argumente zu entkräften...

    Das nenne ich dialektische Schulung!

    Zum Kotzen ist das!

    „Nun, mein Stichwort war Vernetzung. Wir haben - wie im übrigen von keinem am Tisch bestritten wird - einige Probleme mit der Gedankenkontrolle der Systeme."

    „Hängt immer davon ab, was man unter Problemen versteht", mischte sich Tamsor ein und verdrehte die Augen.

    „Jedenfalls wissen wir nicht, welche Mechanismen wir in dieser Anlage vielleicht zusätzlich noch auslösen, wenn wir die Produktionsstraße für die Titans in Betrieb nehmen. Dessen müssen wir uns ganz klar bewusst sein."

    „Soweit mir bekannt ist, gibt es nur eine Vernetzung zu den Energiesystemen", erwiderte Saul Bentor.

    Tem Ulfson hob die Augenbrauen.

    „Soweit Ihnen bekannt ist - ja!"

    „Wir sind Forscher, verdammt noch mal! Wir beschäftigen uns idealtypischer Weise nun einmal mit dem Unbekannten!" Das war Tamsor. Und er wirkte sehr zornig, während er diese Worte sprach. Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen.

    Leslie J. Wood machte ein nachdenkliches Gesicht.

    „Ich bin dafür, endlich Nägel mit Köpfen zu machen", sagte Bentor.

    „Ich ebenfalls - wie ja wohl jedem klar sein dürfte", stimmte Tamsor zu.

    Nurreddine nickte. „Das Sicherheitsrisiko halte ich für vertretbar."

    „Und wie ist Ihre Einschätzung?", wandte sich Wood an Zachary.

    „Gleichlautend."

    „Dann werden wir einen streng kontrollierten Test mit der Produktionsstraße durchführen", bestimmte Leslie J. Wood.

    „Ich hoffe, Ihnen ist dabei klar, welche Verantwortung Sie sich damit aufladen!" Maria Tobiasi beherrschte sich nur mühsam. Sie fühlte sich ohnmächtig. Ein scheußliches Gefühl.

    Wood lächelte dünn.

    „Ich denke, wir haben das Für und Wider sorgfältig abgewogen!"

    „Und sind trotzdem zur falschen Entscheidung gekommen!" Diese Bemerkung ließ sie sich nicht nehmen.

    „Ich fürchte, Sie werden das akzeptieren müssen!"

    „Und ich fürchte, das kann ich nicht!"

    Mit diesen Worten stand Maria Tobiasi auf und verließ den Raum.

    Zwei volle Sekunden lang, nachdem sich die Schiebetür hinter ihr geschlossen hatte, herrschte Schweigen.

    Dann meinte Saul Bentor schließlich: „Von mir aus können wir mit den Vorbereitungen sofort beginnen!"

    3

    Ein kühl und sachlich eingerichteter Konferenzraum im Regierungssitz der Terranischen Föderation auf der Erde...

    Der Raum war viel zu groß für die wenigen Teilnehmer an dieser Krisensitzung.

    Die Worte hallten zwischen den Wänden wider. Moderne Kunst hing dort, und obwohl die Bilder recht großformatig waren, verloren sie sich fast.

    Henner Malcolm, der seit den Neuwahlen an der spitze einer Koalitionsregierung stand, die ihm oft genug das Leben schwer machte, saß im Kreis seiner politischen Berater an einem überdimensionalen Tisch, der mit allen technischen Schikanen ausgestattet war.

    Insbesondere stellte die Tischplatte gleichzeitig einen gigantischen Computerschirm mit Sensorabtastung dar.

    Man musste schon aufpassen, wo man seine Kaffeetasse abstellte, um nicht plötzlich irgendetwas auszulösen und in ein Menü hineinzugeraten. Ein Menü aus Bits und Bytes wohlgemerkt.

    „Mal wieder eine Krisensitzung wegen Gregory Allen", kommentierte Piet Nijhart, der Chef der Presseabteilung mit galligem Unterton.

    Der Chef der planetaren Regierung Terras machte der Bundesregierung des Terranischen Bundes in letzter Zeit immer mal wieder das Leben schwer. Die neue Bundesverfassung des Terranischen Bundes sorgte unter anderem für eine Teilung der Regierungsverantwortung zwischen Bundesregierung und den Regierungen der einzelnen Planeten.

    In manchen Bereichen war aber nicht eindeutig festgelegt, wo genau die Trennlinie zwischen den Kompetenzen lag.

    Unscharfe Formulierungen der in aller Eile gestrickten juristischen Texte taten hier ein übriges, um für Unklarheiten zu sorgen.

    So gab es noch weitläufige Grauzonen im Kompetenzdschungel der verschiedenen Regierungsebenen. Es würde Zeit brauchen, bis sich das Wechselspiel eingependelt hatte.

    Und genau diesen Umstand gedachte Gregory Allen sich zunutze zu machen.

    Zum Nutzen Terras – vorgeblich – und natürlich auf Kosten des Bundes. So konnte man es wohl auf einen Nenner bringen.

    Entstanden war die neue Verfassung ja unter anderem, um dem Wunsch der Kolonien nach größerer innerer Selbständigkeit nachzukommen. Gregory nahm nun denselben Anspruch für die Erde wahr. So jedenfalls stellte er es gegenüber der Bevölkerung dar.

    „Ich denke, das Dokument, dessentwegen wir uns hier versammeln, haben Sie alle gelesen, erklärte Henner Malcolm gedehnt. „Kurz gefasst geht es um sämtliche bodengestützten Anlagen, und dazu gehören nach Gregory Allens Verständnis auch Raumhäfen, Werften und andere Anlagen der Terranischen Flotte. Die planetare Regierung ist aber bereit, uns die Anlagen gegen entsprechende Zahlungen zu vermieten. Henner Malcolm schlug unbedachterweise mit der flachen Hand auf den Tisch und öffnete damit ein Datenmenü. Es folgte eine optische Abfrage nach der Auswahl des Mittagessens, das die Regierungskantine liefern sollte.

    Henner Malcolm unterdrückte einen Fluch.

    Er strich sich kurz mit einer fahrigen Handbewegung über die Stirn – eine Geste, die eigentlich ganz und gar nicht zu ihm passte - und nahm sich vor, mehr Beherrschung zu üben. Noch mehr Beherrschung, wohlgemerkt!

    Er dachte nicht zufällig an die Vergangenheit. Es war noch nicht lange her, da waren die Konstellationen wahrlich andere. Nicht nur die Regierungskonstellationen, nachdem er die Macht mit Koalitionspartnern wie Tamara ten Haven, der Vorsitzenden der Vereinten Kolonialpartei, und Derek Panish, dem Delegierten der Demokratischen Freiheitspartei, teilen musste. Er wusste genau: Wenn sie hier und heute, bei dieser internen Krisensitzung, nicht zu einem befriedigenden Ergebnis kamen, war die Koalition gefährdet. Mehr noch als dies: Neuwahlen und am Ende sogar das absolute Aus für sie alle würden unaufhaltsam folgen.

    Dann habe ich endgültig versagt!, hämmerte es hinter seiner Stirn.

    Er schaute in die Runde, und niemand sah ihm an, welch schwermütige Gedanken ihn in diesem Moment beherrschten – ihn, den Cyborg und damit wahrlich eines der einsamsten Wesen des Universums.

    Manchmal begann er sich schon zu fragen, wozu dies alles noch gut sein sollte. Warum tat er, was er tat? Warum investierte er alles, nämlich sich selbst, ohne jegliche Abstriche? Nur wegen Martin Takener?

    Weil ich nicht anders kann, denn ich diene der guten – nein, der BESTEN Sache!, sagte er sich, und das war ein Gedanke, der ihm immer wieder neue Kraft verlieh – Kraft, die er in zweierlei Hinsicht bitter nötig hatte: Kraft, um nach der schrecklichen Krise mit seiner einsamen Rolle als überlebender Cyborg klar zu kommen. Kraft, um die Probleme zu bewältigen, die eigentlich alle ihre Wurzeln in derselben Krise hatten: Die Menschheit hatte dadurch das Vertrauen in Martin Takener und seine Partner und Verbündeten verloren. Auch in ihn, Henner Malcolm, dem überlebenden Cyborg?

    Er beherrschte sich mühsam und konzentrierte sich wieder auf die Sitzung. Zuviel hing davon ab. Er durfte sich nicht von Fatalismus einlullen lassen. Das würde ihn, seine Rolle in diesem zunehmend immer noch schwieriger werdenden Spiel und letztlich alles schwächen, wofür er immer gelebt hatte – bis zum Untergang.

    Es darf ihn nicht geben, diesen Untergang – und es wird ihn nicht geben.

    Neue Zuversicht keimte in ihm auf. Ein sehr zartes Pflänzchen, das endlich nach Licht strebte.

    „Das Dokument ist von allen planetaren Regierungen unterzeichnet worden, bei denen die Partei des Neuen Weges die Mehrheit hat", stellte Joanna Partek fest. Sie war so etwas wie Henner Malcolms Allround-Beraterin. Außerdem war sie Chefin des 'politischen Geheimdienstes', der die Aktivitäten der Opposition beobachtete.

    „Wie stehen wir da?", fragte Malcolm.

    „Eine rhetorische Frage, erwiderte Joanna Partek. „Wie die Deppen natürlich. Und genau das ist ja wohl auch beabsichtigt und gehört zu Gregory Allens Strategie. Wir sollen wie die Deppen dargestellt werden, wie Hampelmänner ohne wirkliche Macht.

    „Angesichts dieses... Malcolm suchte nach dem richtigen Wort, „...dieses Mistes fühlt man sich ja auch tatsächlich so.

    Oh, ja, sie sahen es ihm nicht an. Sie ahnten noch nicht einmal, wieviel Mühe es ihn kostete, souverän zu erscheinen. Wenn sie es ihm ansehen könnten... Woher würden dann SIE ihrerseits die Kraft noch schöpfen können, die sie bitter brauchten, um der Zukunft weiterhin die Stirn bieten zu können – einer sehr ungewissen und täglich noch ungewisser werdenden Zukunft zumal?

    Boris Nolan, der politische Berater, meldete sich zu Wort.

    „Miete für Raumhäfen. Wahrscheinlich müssen wir froh sein, dass wir hier überhaupt an diesem Tisch sitzen dürfen! Er deutete auf den Pappbecher mit Kaffee, der vor ihm stand und tickte mit dem Zeigefinger dagegen. „Würde mich nicht wundern, wenn wir dafür am Ende auch noch die Rechnung präsentiert bekämen.

    Piet Nijhart, der Pressesprecher, saß mit ziemlich eingezogenen Schultern da. Er wagte gar nicht, daran zu denken, wie er in Kürze vor die Presse des Terranischen Bundes treten sollte. Die werden mich gnadenlos zerreißen, ging es ihm durch den Kopf. Das ist wirklich ein sehr bescheidener Job, den du da hast!, ging es Nijhart durch den Kopf. In Augenblicken wie diesem wurde ihm das immer besonders klar.

    Boris Nolan sagte sachlich: „Ich denke, es geht jetzt darum, eine vernünftige Gegenstrategie zu entwickeln. Darauf sollten wir uns konzentrieren.

    „Dazu sollten wir erst einmal erkennen, worin eigentlich der Zielpunkt von Allens Strategie liegt", meldete sich Joanna Partek zu Wort.

    Henner Malcolm sah sie an. Er wirkte ruhig, ja, fast gelassen. Als könnte er nicht eine Sekunde daran zweifeln, dass die Ideallösung längst schon darauf wartete, endlich formuliert zu werden.

    „Und?"

    „Ich denke, Allen will den Bund in einem ersten Schritt schwächen, um ihn später - zu seinen Bedingungen allerdings - zu stärken. Konkret gesagt: Wenn die Bundesregierung wie ein Popanz dasteht, der völlig handlungsunfähig ist angesichts der galaktischen Bedrohungslage, so ist die Folge der Ruf nach einem echten Imperium. Zentral gelenkt und verwaltet."

    „An dessen Spitze sich dann Allen selbst sieht", vermutete Malcolm und dachte dabei im stillen: Gott möge die Menschheit davor bewahren! Beinahe zuckte er zusammen, als ihm dieser Gedanke richtig bewusst wurde. Hieß es denn nicht irgendwo: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott? Er unterdrückte ein bitteres Lachen und bemühte sich, nichts von der Fassade des souveränen Führers bröckeln zu lassen.

    Joanna Partek nickte.

    „Genau so ist es."

    Henner Malcolm musterte sie einen Augenblick. Eine scharfsinnige Analytikerin mit blitzschnell arbeitendem Verstand. Er bewunderte sie für die stringente Logik ihrer Argumentationen. Und dennoch: Es sah keineswegs danach aus, als würde die Patentlösung diesmal von ihr zu erwarten sein.

    Ganz klar, meldete sich wieder kurz der Fatalismus zu Wort, um das zarte Pflänzchen der Zuversicht wieder im Keim zu ersticken: Weil es eben keine Patentlösung geben kann!

    Malcolm überwand diesen erneuten Anflug von Fatalismus mit Bravour und bemühte sich gleichzeitig, die Zuversicht stärker sprießen zu lassen. Er wandte sich jetzt an den einzigen im Raum, der sich bislang nicht zu Wort gemeldet hatte.

    Es handelte sich um Roger Karkat, den Chef der juristischen Abteilung.

    „Ihnen lag das Dokument auch vor, aber Sie haben sich noch gar nicht dazu geäußert."

    Karkats Gesicht blieb völlig regungslos. Er war ein Mittfünfziger mit grauen Schläfen und ebenso grauen Augen, die sehr aufmerksam wirkten.

    Ein Mann, der sich nicht gern in die Karten schauen ließ. Das galt im übrigen auch für seine Mimik, die kaum Rückschlüsse auf seine emotionale Verfassung zuließ. Henner Malcolm hatte sich daran gewöhnt.

    Auf seinem Fachgebiet war Roger Karkat schließlich ein As. Und darauf kam es ja schließlich an.

    Roger Karkat hob die Augenbrauen.

    Auf einmal waren alle Augen auf ihn gerichtet. 

    Kein Wunder, ihm kam ja bei der Behandlung des sogenannten Allen-Papiers eine Schlüsselrolle zu – eben nicht nur in den Augen von Henner Malcolm.

    Karkat sagte: „Ich fürchte, die Entscheidung in diesem juristischen Ringen kann noch einige Zeit auf sich warten lassen. Tut mir leid, aber wir können da nichts erzwingen. Und unsere Gegner haben auch Juristen-Teams, die für sie die beste Strategie aushecken."

    Malcolm faltete die Hände, drehte die Daumen umeinander.

    „Also kein juristischer Schlag durch den gordischen Knoten..." Es wäre ja auch zu schön gewesen! Nur ein Gedanke, diesmal ohne direkte Auswirkung auf seine Gemütsverfassung. Dafür sorgte der zweite Gedanke: Dann wird es eine andere Lösung geben. Nein, keine Patentlösung, aber eine, die uns weiter hilft, zumindest über eine gewisse Durststrecke hinweg...

    „Tut mir leid."

    „Wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein", sagte Henner Malcolm, was er gerade gedacht hatte. Den zweiten Gedanken behielt er allerdings für sich.

    „Sie sagen es." Diese Worte von Karkat drangen kaum bis zum Bewusstsein von Henner Malcolm durch. Er dachte an Joanna Partek. Ja, gewiss, keine Patentlösung, meine Liebe, aber dafür vielleicht etwas, was zumindest für eine gewisse Zeit Hilfe verspricht – und auch etwas, was wir gegen die Koalitionspartner durchsetzen können?

    Boris Nolan meldete sich noch vorher zu Wort: „Dennoch bleibt die Tatsache, dass wir etwas gegen den finanziellen Sturzflug des Bundes tun müssen. Wenn wir da nicht jetzt gegensteuern, dann sind alle weiteren Überlegungen über kurz oder lang Makulatur."

    „Wir könnten die Goldvorräte von Exodus verwenden, sagte Joanna Partek endlich. „Warum schlagen wir Allen nicht mit seinen eigenen Waffen?

    Henner Malcolm blickte auf. Die Lösung liegt manchmal so nahe. Ich hätte selbst darauf kommen müssen! Wahrscheinlich war Henner Malcolm im Augenblick allerdings der einzige im Raum, der auf Anhieb verstand, worauf Joanna Partek hinaus wollte. „Mit dem Exodus-Gold bezahlen wir das, was unser Freund Gregory Allen als Mietgebühr zu bezeichnen beliebt", fuhr die Beraterin fort. 

    „Ich nehme an, dass Ihnen die Folgen bewusst sind", sagte Malcolm und ließ sich nicht anmerken, dass er trotzdem längst einverstanden war damit: Ja, gewiss, das würde helfen – und es war die einzige brauchbare Lösung überhaupt. Hätte es noch eine weitere gegeben, wäre sie längst bekannt...

    „Selbstverständlich. Auf lange Sicht gesehen kommt es durch unsere Maßnahme zu einem rapiden Preisverfall für Gold und damit zu einer Wirtschaftskrise."

    Boris Nolan nickte.

    Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und formten dabei eine Schlangenlinie.

    „Das ist zu erwarten!, bestätigte er. „Und wir können davon ausgehen, das Allen uns als Schuldige an dieser Krise herausstellen wird! Das steht fest.

    „Dann ist es also seine Strategie", stellte Henner fest. Er tickte mit den Fingern auf der Tischplatte herum, zuckte dann zurück, als er ein Menü öffnete. Verdammte Technik.

    „Ich bin gegen diese Maßnahme, sagte Nolan. „Sie stehen am Ende als Buhmann des Terranischen Bundes da - in genau der Ecke, in der Allen Sie haben will.

    Joanna Partek meldete sich zu Wort. „Die Frage ist, ob wir eine andere Wahl haben."

    Nolan sagte: „Aber dieser Plan würde bedeuten, Allen sehenden Auges auf den Leim zu gehen."

    „Haben Sie denn irgendeine realistische Alternative, Nolan?", erkundigte sich Henner Malcolm. Natürlich nicht!, fügte er in Gedanken hinzu. Wie denn auch?

    Sekundenlang herrschte Schweigen. Ein sehr beredtes Schweigen.

    „Dürfte den Leuten schwer begreiflich zu machen sein, dass es zu ihrem Besten ist, wenn die Wirtschaft einen Kollaps erleidet", sagte Piet Nijhart zynisch.

    Henner bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick.

    Du denkst wohl eher daran, dass es nicht so ganz leicht sein wird, der Öffentlichkeit gegenüber die Zusammenhänge darzustellen? Aber welche Wahl haben wir denn sonst? Nun?

    Er schaute in die Runde, nach außen hin ruhig, um nicht zu sagen wieder zuversichtlich, in seinem Innern jedoch nach wie vor um seine Fassung ringend: Und wenn es tatsächlich schiefgeht?

    Dann verkündete er: „Ich werde ein Schiff der Terranischen Flotte nach Exodus beordern. Ich denke, wir haben keine andere Wahl. Parallel dazu werde ich mit unseren Koalitionspartnern entsprechende Sondierungsgespräche führen."

    „Ich bin Ihrer Meinung", sagte Joanna Partek.

    Boris Nolan erwiderte: „Ich bin dafür, noch abzuwarten. Nach meinem Dafürhalten besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf."

    Piet Nijhart zuckte die Achseln.

    „Es ist Ihre Entscheidung, Henner! Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun..."

    „Das wird uns erst hinterher klar sein."

    Nijhart nickte.

    „Das fürchte ich auch."

    4

    Ein altairischer Schwebegleiter ließ Maria Tobiasi und Leslie J. Wood in die Tiefe hinabgleiten. Dorthin, wo sich die ausgedehnten Produktionskomplexe der Altairer befanden.

    „Ich muß sagen, ich bin enttäuscht von Ihnen, sagte Tobiasi. „Sie waren für mich immer so etwas wie ein Vorbild, aber mit dieser Entscheidung bin ich absolut nicht einverstanden.

    Wood hob die Augenbrauen.

    „Ihre Offenheit ehrt Sie."

    „Ich halte die Entscheidung für falsch!"

    „Und ich denke, dass wir jetzt etwas wagen müssen."

    „Ich kann nur hoffen, dass wir nicht alle dafür bezahlen müssen."

    „Übertreiben Sie nicht, Kollegin."

    Es ist Tamsor, dachte Maria Tobiasi. Gegen seinen Einfluss habe ich nicht den Hauch einer Chance. Sein Einfluss ist einfach zu stark.

    Der Schwebegleiter hatte das richtige Deck erreicht. Wood und Tobiasi gingen einen Korridor entlang.

    Die Beleuchtung war spärlich. Die Aggregate reagierten automatisch auf ihre Gedankenimpulse.

    Aber die gesamte Anlage war mehr oder minder in einem inaktiven Zustand. Daher waren die Energieressourcen beschränkt.

    Ein fantastischer Gedanke, dass diese Anlagen seit tausend Jahren nicht mehr aktiviert wurden - und möglicherweise noch immer funktionsfähig sind!, ging es Maria Tobiasi durch den Kopf. Aber bei den Errungenschaften altairischer Technik, auf die die Menschheit bisher gestoßen war, hatten die Terraner das immer wieder voller Staunen erlebt. Und es war anzunehmen, dass das hier nicht anders war.

    Und genau das machte Maria Tobiasi Angst.

    Sie dachte an die Titans.

    An die Zeit ihrer Herrschaft über die Erde.

    Die raubtiergesichtigen Eroberer hatten ohne Rücksicht auf Verluste ihre Interessen durchgesetzt. Allein der Gedanke daran, auch nur einen einzigen von ihnen ins Leben zu rufen, ja sogar NEU zu produzieren, jagte ihr kalte Schauder über den Rücken.

    Das durfte einfach nicht sein. Um keinen Preis. Kein Forscherinteresse rechtfertigte das. Zumindest nach Maria Tobiasis Ansicht.

    Eine Idee jedoch, wie sie das schier Unvermeidliche jetzt noch abwenden konnte, hatte sie allerdings nicht...

    Sie erreichten eine Schiebetür. Durch Gedankenimpulse öffnete sie sich.

    Leslie J. Wood blieb plötzlich stehen. Er sah Maria Tobiasi einen Augenblick lang nachdenklich an. Maria fühlte sich unwohl unter diesem Blick.

    „Hören Sie mir einen Moment zu."

    „Ich höre."

    „Ich weiß um die Geschichte Ihrer Familie..."

    „Ach, ja?"

    Ihr Tonfall war kalt und abweisend.

    „Ja."

    „Ich möchte mich nicht darüber unterhalten."

    „Und ich möchte, dass Sie versuchen, Ihre Befangenheit etwas abzulegen. Ich weiß sehr gut, was ich da von Ihnen verlange! Mehr wahrscheinlich, als..."

    „Sie haben keine Ahnung."

    „Versuchen Sie es wenigstens."

    „Gehen wir!", forderte Maria Tobiasi und ging vor Wood her.

    Sie erreichten die Produktionsstraße der Titans, dieser künstlich gezüchteten Wesen, halb Mensch halb Raubtier. Ihre menschlich wirkenden Körper waren dabei überdimensioniert. Daher die Bezeichnung Titans - Riesen. Maria wagte kaum, daran zu denken, dass neue Exemplare dieser Monstren schon in wenigen Augenblicken vom Band laufen würden.

    John D. Tamsor war in seinem Element.

    Er gab über sein Communicator Anweisungen an seine Leute.

    Saul Bentor stand etwas abseits, machte ein Gesicht, dessen Ausdruck nicht so recht zu deuten war. 

    Schließlich wandte sich Tamsor an Wood und sagte: „Experiment kann beginnen!"

    Das klang in den Ohren von Maria Tobiasi wie ein Todesurteil.

    Oder gab es noch Schlimmeres als den... Tod?

    5

    Eine Weile geschah eigentlich gar nichts. Jedenfalls nichts, was man mit seinen Augen hätte sehen oder mit seinen Ohren hätte hören können.

    Oder auch nur fühlen!

    Maria dachte an vergangene Zeiten auf der Erde und an den Begriff Produktionsanlagen. Es kam ihr fast wie ein Frevel vor, diesen Begriff hier überhaupt noch anzuwenden.

    Ja, es war nichts zu sehen, zu hören oder zu spüren. Aber in ihren Gedanken war etwas!

    Es war wie die Resonanz der Initialisierung, die auch nur eines Gedankenimpulses bedurft hatte, nachdem entsprechende Vorbereitungen getroffen waren.

    Maria Tobiasi war nicht eingeweiht genug, um genau zu wissen, was Professor John D. Tamsor im einzelnen vorgenommen hatte, bevor es nur noch dieses einen Gedankenimpulses bedurft hatte: „Experiment kann beginnen!"

    Sie hatte den Satz mit ihren Ohren gehört, aber die Resonanz war jetzt in ihrem Innern.

    Nicht nur in ihrem Kopf, wie sie mit leisem Erschrecken feststellte, sondern in ihrem ganzen Körper.

    Sie schaute sich erschrocken um. Es war ein Fehler gewesen, ein verdammter Fehler, und jetzt ist es zu spät, ganz sicher zu spät. Es ist kein Experiment, sondern ein Höllentrip...

    Oder spürte sie nicht wirklich diese Resonanz – wie sie es nannte? Oder bildete sie sich das alles nur ein, weil sie solche Angst vor den Folgen hatte, die von allen inzwischen gleichermaßen ignoriert wurden?

    Für diese waren es noch nicht einmal MÖGLICHE Folgen, aber für Maria Tobiasi hatte der Anfang vom Ende längst begonnen.

    Ignoranten, verdammte, egozentrische Ignoranten! Und Schwächlinge, die so tun, als wäre die Meinung des Stärkeren rein zufällig auch ihre eigene Meinung. Nur, um sich nicht querstellen zu müssen.

    Sie hätte schreien mögen, um all das loszuwerden, was sich vor allem in den letzten Minuten in ihr angestaut hatte. Aber ihre Lippen blieben wie versiegelt. Sie bildeten nur noch einen dünnen, weißen Strich. Ein erschreckender Anblick wahrscheinlich - oder warum schaute „der Alte" sie so alarmiert an?

    Oder spürte auch er es, dieses Vibrieren, das nichts mit einem beginnenden Erdbeben zu tun hatte, aber das weitaus schlimmer war in seinen Auswirkungen?

    „Aufhören!" Nein, nein, sie hatte einen Moment lang nur geglaubt, dieses Wort geschrien zu haben. In Wahrheit war es in ihrem Kopf geblieben.

    Und dann war tatsächlich etwas festzustellen – optisch und akustisch.

    Sie standen inmitten der Produktionsanlage für Titans, und diese Anlage hatte so wirklich gar nichts von dem, was man auf der alten Erde darunter verstanden hätte. Etwa wie bei der Fertigung von Autos oder Konsumgütern. Keine Roboterarme, die in gespenstischer Lautlosigkeit durch die Luft wischten, um am Ende präzise ihr Ziel zu finden. Nein, wirklich nichts dergleichen.

    Eine Produktionsanlage, wie sie auch nicht exakt den Erfahrungen entspricht, die irdische Wissenschaftler ansonsten mit altairischen Anlagen vielleicht ähnlicher Aufgabenstellung gemacht haben, ging es Maria Tobiasi durch den Kopf.

    Das Vibrieren war weg. Sie erwachte beinahe wie aus einem Traum.

    Die Angst war noch da – und ihre schweren Bedenken. Sie schaute Wood an und sagte – wobei ihre Stimme erstaunlich ruhig klang – ruhiger jedenfalls als sie es selbst erwartet hätte: „Jetzt ist es zu spät, einen Rückzieher zu machen, Professor. Und Sie tragen die Verantwortung für das Desaster, nicht Tamsor, der Initiator. Dabei begreifen Sie das immer noch nicht!"

    Er schüttelte den Kopf und bemühte sich um ein Lächeln. Es misslang.

    „Ich halte es der Situation zugute... Sie sind nicht völlig Herrin Ihrer Sinne, Professorin Tobiasi."

    Maria blinzelte überrascht. So sprach Wood selten. Da war ein Nachdruck in seiner Stimme, die man gar nicht gewöhnt war von ihm. Vielleicht spielte er diese innere Ruhe und Festigkeit, weil es ihm irgendwo dämmerte, dass Maria vielleicht recht hatte?

    Sie begegnet ruhig seinem Blick, und er fügte hinzu: „Ihre Familie. Sie wollen ja nicht darüber sprechen. Selbst wenn Sie letztlich rechtbehalten würden, was außer Ihnen hier niemand mehr annimmt, selbst diejenigen nicht, die vorher eher auf Ihrer Seite waren... Ja, selbst wenn, dann konnten Sie doch nicht ernstlich damit rechnen, dass Ihre Stimme Gewicht erhalten könnte bei einer solchen Entscheidung? Was wir hier tun, das ist nicht, den Schrecken der Titans wieder aufleben zu lassen, sondern ein Experiment, wie Kollege Tamsor das schon richtig formulierte. Wir wollen wissen, wie diese Produktionsanlage arbeitet, weil sie sich unterscheidet von dem, was wir schon kennen."

    „Logisch, dass sie sich unterscheidet: Es kommt ja auch nicht so oft vor, dass wir eine Produktionsanlage zur Herstellung von Titans in Gang setzen, nicht wahr? Es klang beißend vor Sarkasmus, aber Wood wandte sich nur kopfschüttelnd ab und deutete damit an, dass für ihn vorerst das Thema beendet war. Er war wohl der Meinung, sich genügend bemüht zu haben, um seine Kollegin „zur Einsicht zu bringen....

    Jetzt schüttelte Maria Tobiasi ihrerseits den Kopf und dachte: Ja, gewiss, es ist nicht mehr aufzuhalten: Hier und jetzt werden Titans hergestellt. Und Tamsor glaubt, alles im Griff zu haben. Ohne auch nur zu ahnen, wie die Anlage überhaupt arbeitet.

    Sie schaute es sich an – beziehungsweise das, was man davon sah. Da öffneten sich Böden und Wände. Da kamen Körperteile aus Öffnungen, wo vorher scheinbar unzerstörbares Material war. Die Teile schwebten in einem unsichtbaren Feld. Sie wurden in diesem Schwebezustand in Bezug zueinander gebracht, und plötzlich wurde klar, dass sich um sie herum nicht nur dieses unsichtbare Feld befand, sondern dass es innerhalb dieses Feldes eine völlig andere Atmosphäre gab.

    Oder war es flüssig, dieses Innere des Feldes?

    Das konnte man nicht feststellen.

    Maria Tobiasi machte einen Schritt auf ein teilfertiges Monster zu, das an ihr vorbeischwebte. Das kostete sie viel Überwindung.

    Ja, es war, als würden die Körperteile frei in der Luft schweben, denn die Produktionsanlage bildete um die herumstehenden Menschen herum ein Trennfeld. Für die Menschen änderte sich nichts an ihrer direkten Umgebung. Dabei hatte sich das gesamte Innere der Produktionsanlage verändert.

    Die Anlage selbst bildet keine Gefahr!, schlussfolgerte Maria Tobiasi, und sie erschrak dennoch darüber. Schließlich hatte das niemand vorher definitiv gewusst. Sonst hätten sie sich doch wohl kaum mitten hineingestellt?

    Tamsor hatte festgestellt, dass es sich um eine Produktionsanlage handelte – eben

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