5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen
Von Alfred Bekker, John F. Beck, Glenn Stirling und Franc Helgath
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Über dieses E-Book
Glenn Stirling: Der Sohn der schwarzen Wölfin
Alfred Bekker: Das Gesetz des Don Turner
Alfred Bekker: Nelsons Rache
John F. Beck: Galgenfrist für Sheng
Franc Helgath: Der Schlächter von Sonora
Don Turner war ein Mann, der einen langen Schatten warf und einen noch längeren Arm hatte. Er betrachtete das ganze County als sein Eigentum. Und er hatte sich längst zum Herrn über Leben und Tod aufgeschwungen. Wer sich gegen den Terror aufbäumte, lebte nicht mehr lange. Deshalb duckten sich alle. Niemand wollte unversehens von einer tödlichen Kugel erwischt werden. Bis dann dieser Satteltramp namens Finley kam und sich überraschend zum Sheriff ernennen ließ. Das war gleichbedeutend mit einem todeswürdigen Verbrechen …
Alfred Bekker
Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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5 harte Western 1/2020 - Alfred Bekker
Alfred Bekker, Glenn Stirling, John F. Beck, Franc Helgath
5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen
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Inhaltsverzeichnis
5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen
Copyright
Glenn Stirling: Der Sohn der schwarzen Wölfin
Das Gesetz des Don Turner
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Nelsons Rache
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John F. Beck: GALGENFRIST FÜR SHENG
Der Schlächter von Sonora
5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen
von Alfred Bekker, Glenn Stirling, John F. Beck. Franc Helgath
Dieses Buch enthält folgende Romane:
Glenn Stirling: Der Sohn der schwarzen Wölfin
Alfred Bekker: Das Gesetz des Don Turner
Alfred Bekker: Nelsons Rache
John F. Beck: Galgenfrist für Sheng
Franc Helgath: Der Schlächter von Sonora
Don Turner war ein Mann, der einen langen Schatten warf und einen noch längeren Arm hatte. Er betrachtete das ganze County als sein Eigentum. Und er hatte sich längst zum Herrn über Leben und Tod aufgeschwungen. Wer sich gegen den Terror aufbäumte, lebte nicht mehr lange. Deshalb duckten sich alle. Niemand wollte unversehens von einer tödlichen Kugel erwischt werden. Bis dann dieser Satteltramp namens Finley kam und sich überraschend zum Sheriff ernennen ließ. Das war gleichbedeutend mit einem todeswürdigen Verbrechen …
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER WERNER ÖCKL
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
Glenn Stirling: Der Sohn der schwarzen Wölfin
Ein Western von Glenn Stirling
IMPRESSUM
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author/ Titelbild: Klaus Dill, 2016
© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Klappe
Der junge Tom Cadburn hat keine Freunde in Musselshell City – schließlich ist er der Sohn einer Frau, die man voller Verachtung nur Indianer-Hennie nennt. Tom schlägt sich mit schlechten Jobs durch, aber auch er bekommt die Ablehnung der Bewohner zu spüren. Vor allem, als man ihn fälschlicherweise des Mordes an Colonel Carpound beschuldigt. Tom muss fliehen, sonst wird man ihn hängen.
Auf seiner Flucht begegnet er einem jungen scheuen Wolf – das ist der Beginn einer Freundschaft zwischen Mensch und Tier, wie es sie bisher noch nicht gegeben hat. Tom nennt den jungen Wolf Sam, und von nun an sind die beiden unzertrennlich. Nun muss er nur noch seine Unschuld beweisen...
Das Prequel zur TEXAS WOLF-Serie. Wie alles begann! Meisterhaft in Szene gesetzt von Glenn Stirling.
Roman
Am Tag, als sein Vater starb, war der junge Wolf neun Wochen alt. Es war ein Tag im Juni, heiß, erfüllt vom Duft der Blüten und in der Luft das Summen Tausender von Insekten. Der Himmel war blau, die Bäume grün und sogar das Grau der Felsen am Rande der Höhle, in der die Welpen mit ihrer Mutter lagen, schien zu leuchten. Und da hörten sie den fernen Schuss. Es klang gar nicht sehr laut, und doch zuckte die große schwarze Wölfin zusammen, als habe sie einen Schlag erhalten. Und ihre großen hellen Augen waren auf den Höhleneingang gerichtet. Keines ihrer Jungen wagte sich zu rühren, als spürten alle sechs, dass etwas Schlimmes, etwas Furchtbares passiert war...
*
Der Alte setzte die Sharps ab und blickte auf seinen Sohn, der neben ihm im Gras zu sehen war.
„Wir haben ihn. Diesmal hat es ihn erwischt. Ich glaube, es ist der Wolf. Es war ein sauberer Schuss. Hoffentlich ist jetzt Schluss mit dem Kälberreißen. Diese Bestie hat uns verdammt viel Ärger in den letzten Monaten gemacht."
„Komm, sehen wir uns das Tier mal genau an", schlug sein Sohn Ben vor und bewegte sich einige Schritte in Richtung des reglosen Kadavers. Sein Vater folgte ihm. Aber er blieb immer noch misstrauisch und behielt seine Sharps schussbereit. Dieses Misstrauen bestätigte sich, als er weitere Einzelheiten sah.
„Eh, das ist kein Wolf, Ben, das ist... das muss ein riesiger Hund sein. Komm, sieh ihn dir an!"
Ben hatte noch nie einen Hund wie diesen gesehen, so wolfsähnlich. „Ein Hund, Pa? Sieht so ein Hund aus?"
Der Alte nickte. „Gewiss, ich weiß doch, German-Joe hat so einen. Er hat ihn aus Deutschland mitgebracht. Schäferhund nennen die diese Viecher. Sind wie Wölfe und sollen unheimlich treu sein. Das hier, das ist so einer. Verwildert vielleicht. Mann, sieh dir den mal genau an. Kein Wunder, dass wir so viele Kälber verloren haben. Und ich wette, Ben, das ist auch der Bursche, der das Rudel letzten Winter angeführt hat. Der ist ja glatt noch mal so groß wie ’n Wolf."
Er beugte sich hinab, um den leblosen Körper aufzuheben. „Verdammt, Ben, greif mit an, der ist schwer wie Blei!"
Der junge Bursche zeigte auf die Einschusswunde an der Brust. „Glatt aufs Blatt, Pa, prima gezielt."
„Da, überall Narben. Der ist off genug getroffen gewesen, der Kerl. Aber diesmal war es aus. Nimm ihn an beiden Hinterbeinen! Etwas anziehen, gut so!"
„Was willst du mit dem Kadaver, Pa?"
„Weg damit von der Weide. Weiter drüben, da schmeißen wir ihn in die Schlucht. Und dann..."
„Die Wölfin?"
„Noch nicht. Wir warten bis nächste Nacht. Da wird sie sich aus ihrem Loch wagen. Ich wette, die sitzt irgendwo drüben in den Felsen mit ihrer Brut. Wenn sie dort ist, kriegen wir sie nicht."
„Und wenn wir die Hunde mitnehmen?"
„Du weißt, dass die Hunde vor dem hier Angst hatten. Die Wölfin suchen wir allein. Vielleicht kommt sie. Hierher, um den da zu suchen. Und dann knallen wir sie ab. Und dann die Hunde, erst dann, verstehst du?"
*
Sie hatten Hunger, der wie ein Messer in ihren Eingeweiden stach. Knurrend und fiepend sahen sie auf ihre Mutter, die groß und gewaltig am Höhleneingang stand und hinaus in die Nacht starrte.
Die sechs Welpen winselten und drängten sich aneinander. Vier Schwestern hatte der junge Wolf, die alle ungefähr so groß waren wie er selbst. Kleiner und ganz am Schluss geboren worden. Er trollte auch jetzt wieder zur Mutter und versuchte zu saugen, aber es passte ihr nicht und sie verscheuchte ihn knurrend.
Die anderen hatten kein Verlangen mehr nach Muttermilch. Sie wollten Fleisch. Bisher hatte der Vater immer welches gebracht. Vater, dieser riesige Bursche, der etwas anders aussah als Mutter. Größer, stärker und mit einem wuchtigeren Kopf. Auch war sein Fell nicht so grau am Bauch wie bei Mutter. Dinge jedoch, die keiner der sechs Welpen beschäftigten. Sie hatten Hunger. Vater war nicht mit Fleisch gekommen. Und die Mutter wich nicht von den Jungen, als fürchtete sie, jemand werde sie in der Zeit finden und töten, während sie die Höhle verließ.
Sie spähte nach draußen, den Kopf weit vorgereckt, die Nase spürend gebläht. Ihre Augen funkelten im matten Mondschein wie Irrlichter.
Wieder scheuchte sie unwillig ihren Kleinsten von sich, machte einen Schritt nach vorn, witterte, noch ein Schritt, und plötzlich trabte sie den schmalen Pfad ins Tal hinab.
Immer wieder blieb sie stehen, witterte, schien zu lauschen, doch dann trabte sie weiter, hinab ins Tal mit seinen saftigen Weiden, wo irgendwo in weiter Ferne die Holzgebäude der Farm standen, wo Rinder weideten und wo man aufpassen musste, wollte man nicht von einem dieser Menschen gesehen und erschossen werden, die dort lebten.
Die Wölfin, schwarz wie die Nacht, in der sie lief, kam hinab ins Tal, ins hohe Gras, das oft höher war als sie selbst, und sie streifte durch Büsche, deren Blätter kaum raschelten, so geschickt bewegte sie sich.
Sie war ein starkes Tier, eine Königin ihres Rudels gewesen. Und sie hatte es geführt, dieses Rudel. Dann aber, vor zwei Wintern, war er gekommen, der Große mit den steil stehenden Ohren. Er kam, und sofort fielen die jüngeren Wölfe des Rudels über ihn her. Es dauerte wenige Minuten, da hatte der Riese sie zu winselnden Bündeln gemacht und war an die Leitwölfin herangekommen. Und sie war nicht auf ihn losgegangen. Sie musste wohl gespürt haben, wer er war, dieser große König.
Noch einmal versuchten die Wölfe im Rudel, den Fremdling zu vertreiben, besonders ein junger, sehr starker Wolf, der die Wölfin gerne für sich allein haben wollte, kämpfte verzweifelt, doch dann, als der Kampf vorbei war, trollte sich der junge Wolf blutend, während der Fremde das Rudel anführte, von da an den ganzen Winter lang.
Und von dieser Stunde ging es dem Rudel gut. Sie wurden an Farmen herangeführt, wo sie sichere Beute machen konnten. Sie erwischten nicht nur Wild, sie überfielen Gehöfte, drangen in Ställe ein, schlugen Kälber und Schweine. Sie jagten, wo das Risiko klein und die Beute gross war. Der neue Leitwolf führte sie, und erst, als der Frühling kam, als sich das Rudel auflöste und zu Paaren davontrollte, verschwand er mit der schwarzen Wölfin in den Bergen. Und wieder wurde er zum Schrecken der Farmer.
Im ersten Sommer gebar ihm die Wölfin sieben prachtvolle Junge, die größer wurden als andere Wolfswelpen. Und die im Winter dann den Ton bei den Jungtieren im Rudel bestimmten. Es wurde ein langer, ein harter Winter. Viele Wölfe in anderen Rudeln verhungerten. Bei dem großen Leitwolf aber kriegten sie mehr als sonst. Er strich mit dem Rudel weit nach Süden hinunter, wagte sich geschickt bis in eine Eisenbahnstadt, wo das Rudel unverfroren eines Nachts in einen Mietstall eindrang, eine Panik unter den entsetzten Pferden anrichtete, wobei sich zwei Pferde losrissen.
Das Rudel jagte den Pferden in die Nacht hinein nach und riss beide gut zwei Meilen von der Stadt entfernt. Als die Bewohner der Stadt die Wölfe stellen wollten, fanden sie erst gegen Morgen die Kadaver der beiden Pferde und das, was davon noch übrig war.
Die schwarze Wölfin mochte vielleicht an diesen Husarenstreich gedacht haben, möglich, dass sie sich nur um ihren Mann sorgte, um den Riesenwolf, der so stark und so schön war, dass sie sich ihm einfach untergeordnet hatte.
Sie trabte weiter, und um sie raschelte das Gras. Oben am Himmel stand der Mond bleich und wie die Laterne einer geisterhaften Grotte. Schwarz und drohend ragten die Äste der Bäume in den nächtlichen Himmel.
Irgendwo weit weg brüllte ein Stier. Danach war nur noch das Zirpen der Grillen zu hören. Später, als die Wölfin den Bach erreicht hatte, hörte sie eine Eule rufen, die Wölfin verhielt, reckte den Kopf witternd, und fast zehn Minuten blieb sie nahezu reglos.
Der Wind wehte von den Bergen. Die Wölfin spürte, dass sie vom Tal her keine Witterung bekam und änderte ihre Laufrichtung. Sie wollte jetzt am Rande des Baches entlang zum Rand der großen Weide traben. Auf diese Weise konnte sie wieder Witterung bekommen, denn der Wind trieb ihr etwas von dem zu, was sich auf der Weide befand.
Immer noch trabte sie am Bach, dessen Plätschern alle anderen Geräusche übertönte. Endlich kam eine Stelle im Gebüsch, durch das sie schlüpfte, um auf die Weide zu gelangen.
Hohes Gras schlug ihr gegen die Nase. Sie blieb stehen, reckte den Kopf und schnupperte. Der Wind kam nun ein wenig von der Seite. Er trug ihr keine ungewöhnlichen Gerüche zu.
Sie trabte weiter, aber irgend etwas warnte sie. Abermals blieb sie stehen, witterte, lauschte, aber nichts verriet einen Feind. Und doch sagte ihr der Instinkt große Gefahr voraus.
Sie zögerte, wartete, Dabei war sie von ungewöhnlicher Wachsamkeit. Nichts schien ihr zu entgehen. Aber da verriet sich nichts. Alles schien wie sonst. Und doch spürte die Wölfin eine tiefe Unruhe.
Geduckt machte sie einen Schritt nach vorn durchs hohe Gras.
Nichts geschah, In der weiteren Umgebung zirpten die Grillen, und wieder schrie in der Ferne eine Eule.
Die Wölfin duckte sich noch tiefer, kroch fast, als sie sich voranschob. Einen Schritt, zwei...
Plötzlich zuckte der Blitz von einem der Bäume halbrechts. Der Blitz, der Schlag in den Rücken der Wölfin. Dann der Knall.
Die schwarze Wölfin machte einen Satz in die Luft, fegte herum, als sie auf allen Vieren landete, jagte ins Gebüsch zurück.
Noch einmal blitzte und krachte es, aber die Wölfin war weit weg von der Stelle, wo das Projektil die Erde auffetzte.
Sie hechelte in einem dichten Gebüsch, lag am Boden, den Kopf auf die kühle Erde gepresst, während auf ihrem Rücken eine große Wunde klaffte, während dort der Saft des Lebens davonrann.
Plötzlich hörte sie Stimmen. Eine tiefe Stimme sagte etwas, dann antwortete eine jüngere Stimme.
Schritte, Stimmen und die anderen Menschengeräusche entfernten sich. Verstummten schließlich.
Die Wölfin war allein mit sich und ihrem wahnsinnigen Schmerz, der immer stärker wurde.
Sie versuchte die Wunde zu lecken, aber sie konnte den Kopf nicht drehen. Alles war wie steif, und diese Lähmung nahm offenbar zu. Als sie versuchte aufzustehen, versagten ihr die Hinterbeine den Dienst.
Sie schleppte sich kriechend durch die Büsche. Und aus der Rückenwunde floss das Blut, während in ihrem Unterleib die Schmerzen wüteten.
Weit kam sie nicht, bis zum Bach gerade. Und dort sackte sie zusammen, als das kühlende Nass vorübergehende Linderung brachte.
Sie lag mit jämmerlichen Schmerzen halb im Wasser, fast eine Stunde lang. Und da hörte sie plötzlich die Hunde.
Das Kläffen schallte weit durch die Nacht. Zwei waren es, und sie schienen kaum noch zu halten sein.
Die Wölfin versuchte sich aufzurichten, aber auch dazu hatte sie keine Kraft mehr. Ihr Unterleib schmerzte jetzt nicht mehr. Da war alles wie tot. Dort empfand sie nichts, dort bewegte sich nichts mehr.
Und plötzlich kamen sie. Der eine von rechts, der andere von links. Zwei mittelgroße, struppige Burschen mit kleinen, runden Ohren und stumpfen Schnauzen, kupierten Schwänzen und Halsbändern, die zum Schutz gegen Halsbisse außen mit Stacheln versehen waren.
Mit wildem Gekläffe stürzten sie auf die schwarze Wölfin zu.
Die Wölfin war halb gelähmt, durch den Blutverlust nahezu völlig geschwächt und bot kaum noch Gefahr.
Aber das sah nur so aus. Denn plötzlich sprang der Hund mit den weißen Flecken auf sie los. Er versuchte sie am Hals zu schnappen.
„Zim! Zim! Hierher!, schrie eine Männerstimme. „Boll, Zim, hierher! Alle beide!
Boll hörte so wenig wie Zim. Aber Boll zögerte, stutzte, wich einen Schritt zurück. Doch Zim, der weißgefleckte, war wie irr. Er schnappte nach dem Hals der Wölfin. Und da auf einmal nahm sie alle Kraft zusammen. Ihr Kopf kam noch einmal hoch, der Fang öffnete sich, die Zähne leuchteten im Mondlicht, dann schnappte der Fang blitzschnell zu. Und der Weißgefleckte heulte auf, dann gurgelte er, und das schützende Halsband, das solche Fangbisse verhindern sollte, war nach oben gerutscht. Die Wölfin hatte den Weißgefleckten an der Kehle, und ihr Kiefer schloss sich mit einer Unaufhaltsamkeit, der dieser weißgefleckte Bastard nichts entgegenzusetzen hatte. Er bekam keine Luft, mehr, gurgelte, röchelte, und dann lief die aufgerissene Schlagader aus wie ein Schlauch.
Boll, der andere Hund, bellte, wagte sich aber keinen Zoll näher an die schwarze Wölfin und den tödlich verletzten Zim heran.
Doch plötzlich trat ein Mann neben ihn, gab ihm einen Tritt, und Boll machte jaulend, dass er ein Stück davonkam. Kurz danach krachte ein Schuss.
Alles, was die schwarze Wölfin sah, während sie sich in dem Hund festgebissen hatte, war der Blitz, der auf ihre Augen zuschoss und sie blendete. Den Einschlag in den Schädel spürte sie nicht mehr. Aber selbst dann, als sie in sich zusammensackte, löste sich der Krampf ihrer Kiefermuskeln nicht. Im Tode noch hielt sie ihr Opfer fest.
Ein zweiter Schuss erlöste den Hund Zim von seinen Schmerzen.
Der Mann lud das Gewehr wieder auf, drehte sich halb um und rief: „Sie ist es. Verdammt, Ben, jetzt haben wir Ruhe mit den Wölfen. Morgen suchst du am besten nach den Jungen."
„Die verhungern sowieso, Pa", rief der junge Bursche von der Weide her.
„Weiß der liebe Kuckuck, wie groß sie schon sind. Such sie und schlag sie tot. Morgen. Jetzt hilf mir, dieses gelbgezähnte Mistvieh wegzuschaffen. Sie hat mir Zim umgebracht. Im Tode noch. Ich sage dir, Ben, das ist fast so ein Teufel wie der Kerl gestern. Aber sie ist eine Wölfin. Sieh sie dir mal an!"
Der Junge kam und starrte auf die beiden toten Tiere.
„Mann, du hast ihr ja beim ersten Schuss den ganzen Rücken aufgerissen."
Der Alte nickte. „Aber du siehst, man muss sie richtig treffen, sonst sind sie noch zu allem imstande. Na ja, Zim war zwar ganz gut, aber wir ziehen uns einen anderen. Sieh mal nach, wohin Boll gelaufen Ist! Dieses feige Warzenschwein! Aus dem wird nie mehr was Gescheites. Such ihn, Ben!"
Der Alte riss Zim aus den Fängen der Wölfin, packte den schwarzen Räuber und zog ihn aus dem Bach.
*
Sie winselten, duckten sich zusammen und sträubten vor Angst ihr Fell. Vergeblich spähten sie zum Höhleneingang, aber die Mutter, die sie dort erwarteten, tauchte nicht auf. Die Nacht verging, und der Tag kam. Ein heißer, ein schwüler Tag. Drohende schwarze Wolken zogen auf. Im Westen leuchtete der Himmel zwischen den grauschwarzen Vorhängen quittegelb. Aber schließlich verfinsterte sich der Himmel auch im Norden.
Die jungen Wölfe spürten die Gefahr des Unwetters nicht. Ihre Angst um die immer noch verschwundene Mutter war größer.
Der junge Wolf war der stärkste des Wurfs. Wie selbstverständlich, dass er sich vorsichtig zum Höhleneingang wagte. Er steckte den Kopf ins Freie. Eine Hummel näherte sich, umsummte ihn, und er versuchte nach ihr zu schnappen. Doch sie brummte davon.
Er sah sich nach allen Seiten um. Einige der Gefahren, die da lauerten, kannte er schon. Da gab es in der Gegend einen Wolverine, der ebenfalls mit seinem Weibchen Junge hatte und nach allem suchte, was fressbar war. Dieser fast bärengroße Vielfraß hatte so manches Huhn geraubt, das die Farmer den Wölfen andichteten. Vielleicht, weil sie den Vielfraß noch nicht gesehen hatten und seine Spuren nicht fanden.
Es gab auch noch den Adler, der oft genug oben am Himmel schwebte und vielleicht auch einen jungen Wolf angreifen würde. Aber schlimmer noch waren die Wespen, auf deren Nest Ser einmal gestoßen war, als er und seine Geschwister von der Mutter auf Streifzug mitgenommen worden waren. Wespen, das wusste er, konnten einem das Leben ganz schön vermiesen.
Die Sorge um die Mutter ließ ihn seine Angst vergessen. Er machte einen Schritt ins Freie, noch einen, dann einen kleinen Sprung bis zu dem Podest vor der Höhle; er sah sich um, und außer der Hummel, die wieder über ihm brummte, war keine Gefahr.
Als er nach vorn blickte, schlängelte sich eine Eidechse davon, und weiter unten im Tal flog kreischend ein Häher von einer Birke. Auf sein Geschrei hin, das den jungen Wolf der Mitwelt ankündigte, schwiegen alle anderen Vögel.
Er begann weiterzugehen. Eine heiße, stechende Sonne strahlte vom hohen Himmel, und der junge Wolf sah nicht, dass diese Sonne in wenigen Minuten von pechschwarzen, gelbumrandeten Wolken verdeckt sein würde.
Seine Mutter hätte ihn jetzt schleunigst zur sicheren Höhle zurückgeführt. Aber da war keine Mutter. Da waren nur die Geschwister, die sich ängstlich am Höhleneingang zusammendrängten und dem mutigen Bruder zusahen, der mittlerweile ganze zwanzig Meter weit allein in die wilde Freiheit gekommen war.
Er schien selbst überrascht von seinem Heldenmut, dass er sich nach den Geschwistern und der trauten Höhle umsah, wieder nach vorn in die drohende Ungewissheit blickte, sich dann aber doch entschied, weiterzugehen.
Ein paar Schritte kam er, als vor ihm voller Entsetzen ein Kaninchen aufsprang. Er war so erschrocken, dass er zusammenzuckte, als sei er geschlagen worden. Dann aber kam sofort der Jagdinstinkt. Das Kaninchen floh. Flucht, das bedeutete Feind.
Der junge Wolf sprang dem Kaninchen nach. Er war langsam, viel zu ungeschickt. Dann stolperte er auch noch über einen morschen Ast, überschlug sich, rannte weiter talwärts, und das Kaninchen schlug einen Haken, tauchte irgendwo unter, und er raste den Hang hinunter, hatte zuviel Fahrt, konnte sich nicht mehr halten, überschlug sich wieder und kollerte, während er jämmerlich winselte, den Steilhang hinab bis zu dem Bach, in den er mit einem Klatschen stürzte.
Der Bach war nicht sehr reißend, aber er nahm das Wollknäuel doch ein gutes Stück mit, schwemmte es gegen herabhängendes Dornengestrüpp, und hier erfuhr der junge Wolf, dass nicht nur Wespen Stacheln haben.
Quiekend versuchte er, an Land zu kommen, strampelte, planschte, und hatte endlich Grund unter den Füßen. Aufgeregt und mit bis zum Halse pochendem Herzen strampelte er ans sichere Ufer.
Dort hockte er sich mit eingeklemmter Rute hin, schüttelte sich, schnaubte und zwinkerte verdutzt. Denn da bewegte sich etwas vor ihm, das er noch nie gesehen hatte. Aber er empfand sofort Angst und Wut zugleich beim Anblick dieses sich schlängelnden, schillernden Körpers.
Er wusste nicht, dass es ein Reptil war. Er hatte auch noch nie von einer Waldklapperschlange gehört. Und dass sie sehr giftig war, ahnte er vielleicht.
Möglich, dass er sein Heil in der Flucht gesucht hätte, wäre da hinter ihm nicht der Bach gewesen. Und dieser Bach mitsamt dem Dornenbusch gehörte zu einer sehr frischen, höchst unangenehmen Erinnerung für ihn. Also blieb nur Abwarten.
Es ringelte, glitt, schob da vor ihm, und ein leises, sehr eigenartiges Rasseln ertönte. Der Kopf des Reptils näherte sich Sam. Er sah eine zuckende, tanzende Zunge aus dem Rachen des merkwürdigen Tieres kommen, und er entdeckte zwei riesige Zähne.
Und jetzt kam sein Instinkt ins Spiel, der ihm einen angeborenen Zorn und einen Todesmut allen Schlangen gegenüber einflößte. Das hatten Wölfe, Coyoten und Greifvögel gemeinsam.
Auch die Schlange schien zu ahnen, dass sie hier ein zwar noch sehr junges, aber doch zum Todeskampf entschlossenes Exemplar der Gattung vor sich hatte, die zu ihren erbittertsten Feinden zählte.
Das Nackenhaar des jungen Wolfes sträubte sich. Er stemmte die Vorderbeine ein, knurrte böse, als das Rasseln des Schlangenschwanzes noch lauter wurde.
Die Schlange war von der Witterung aufs höchste gereizt. Hier unten am Bach, wo die Schwüle noch deutlicher war als oben auf dem Berg, hatte sich das Reptil auf die Jagd gemacht, um Frösche zu fangen. Nun befand es sich einem jungen Wolfsblut gegenüber.
Der Hass der Schlange auf den jungen Feind war womöglich noch größer und entschiedener als der des Vierbeiners.
Entschlossen, es rasch und endgültig zu entscheiden, ließ die Klapperschlange ihren Kopf nach vorn zucken, bereit, sofort zuzubeißen.
Der junge Wolf sah es, machte einen Sprung zur Seite, und während der Kopf der Schlange wie ein Pfeil an ihm vorbeizischte, biss er reaktionsschnell in den Leib des Reptils.
Der Kopf der Schlange zuckte herum.
Der junge Wolf machte wieder einen Satz, war jetzt hinter der Schlange, biss wieder in ihren Leib, ließ aber sofort wieder los, sprang zurück, und als der Schlangenkopf mit den Giftzähnen abermals auf ihn zuschoss, sprang er blitzschnell von ihr weg. Dabei fiepte und knurrte er abwechselnd vor Aufregung.
Die Schlange peitschte mit dem Schwanz. Die kleinen Zähne des jungen Vierbeiners hatten sie nur leicht, aber doch schmerzhaft verletzt. Die Wut des Reptils stieg jäh, und immer wieder schoss ihr Kopf auf den jungen Feind zu.
Er entkam diesmal nur um Haaresbreite den Giftzähnen, deren Biss binnen weniger Minuten zum Abschluss seines Lebenslaufes geführt hätten.
Aber er war geschickt, und sein Jagdtrieb ließ seinen Zorn noch wachsen. Immer wieder biss er zu, sprang geschickt um die Schlange, biss wieder, wich ihrem Stoß aus, und da kam ihr Kopf abermals auf ihn zu, schon ermüdeter, erschöpfter und vielleicht auch geschwächter von den nunmehr sieben Bissstellen, an denen die Schlange blutete.
Erneut sprang der junge Wolf zur Seite, aber jetzt wagte er es, sie nicht nur irgendwo in den Leib zu beißen. Er wirbelte blitzschnell herum, sein Fang war weit offen, als er vorsprang und kühn in den dünnen Hals der Schlange dicht hinter dem Kopf biss.
Sofort, da sie in den Zähnen des Feindes hing, ringelte sich der Leib der Schlange und versuchte den Gegner zu umschlingen.
Und er war noch zu jung, um so fest zuzubeißen, dass er die Schlange damit umbrachte. Er hielt sie wie im Schraubstock eingeklemmt, aber sie lebte. Und ihre Kraft zeigte sich jetzt im verzweifelten Todeskampf. Sie war viel stärker als er. Wie alle Waldklapperschlangen übertraf sie die Artgenossen aus der Prärie an Länge. Ihr anderthalb Meter langer Körper war in der Mitte so dick wie der Unterarm eines kräftigen Mannes. Und in ihm waren mindestens so viele Muskeln.
Der junge Wolf fand sich plötzlich vom kräftigen Leib der Schlange umringelt und spürte, wie sie ihm die Eingeweide im Bauch zusammenpresste.
Jetzt war er es, der keine Luft mehr bekam, der spürte, dass es ihm ans Leben ging.
In der Not hatte die Schlange Kraft bekommen, in der gleichen Not mobilisierte auch er alle seine Kraftreserven.
Während die Zunge der Schlange ins Leere zuckte und fächelte, gelang es dem Leib des Reptils, eine weitere Schlinge um den Körper des jungen Wolfs zu bilden. Und damit schlang sie den Bauch des Feindes zusammen.
Ihm wurde die Luft abgepresst. Er wollte am liebsten die Schlange loslassen, doch irgendwie ahnte er, dass dies sein eigenes Ende bedeuten würde. Das sichere Ende. In dieser Verzweiflung wurde sein Biss am Hals der Schlange kräftiger. Noch einmal ruckten die Fänge des jungen Vierbeiners zusammen, entwickelte der Kiefer eine Kraft, die normalerweise gar nicht möglich schien. Ein Knacken und ein Schwall warmen Blutes, das sich über die Zunge des Wolfs ergoss, waren die Signale vom Ende. Plötzlich erschlaffte die Kraft der Schlange, wurde die Schlinge um den Leib des jungen Wolfs lockerer.
Er bekam auf einmal wieder Luft, und während es mit einem Mal anfing zu regnen, zog er sich aus den Umschlingungen heraus.
Den Regen spürte er noch gar nicht. Er war noch ganz mit der Schlange beschäftigt und biss wieder und wieder in ihren leblosen Leib. Schließlich gab er es auf, knurrte den Kadaver noch einmal siegesbewusst an und spürte nun erst, wie es vom Himmel hoch auf ihn herabgoss.
Nässe war nicht sein Lebenselement. Schon der Bach hatte ihm wenig Freude gemacht, Regen wie der hier unterschied sich da wenig von einem Bach.
Nach einem letzten Blick des Triumphs auf den bösartigen und von ihm erledigten Gegner trollte er sich. Er suchte Schutz vor der Nässe und, sprang unter einen Baum, der unweit vom Bach stand.
Er wusste nicht, was ein Gewitter ist. Und so erschrak er entsetzt, als ein Blitz die Gewitterdämmerung jäh erhellte. Etwas später erfolgte der Donner, der abermals eine panische Angst in ihm auslöste, dass er sich mit gesträubtem Fell und eingekniffener Rute auf den Boden duckte. Der Schreck war so groß, dass er starken Drang zum Urinieren verspürte und sofort am Baum ein Geschäft verrichtete. Ein neuer Blitz, ein neuer Donner, diesmal in rascher Folge, lösten einen neuen Schock bei ihm aus.
Er winselte vor Angst, und er, der eben noch eine gefährliche Klapperschlange besiegte, war das ganze Gegenteil eines strahlenden Siegers. In den etwas mehr als sechs Wochen seines Daseins hatte er noch nie etwas Derartiges wie ein Gewitter erlebt. Hätte er jetzt seine Mutter oder den großen Vater neben sich gehabt, dann wäre sicher alles ganz harmlos für ihn gewesen. Aber so ...
Blitz und Donner in ständiger Folge, immer häufiger, immer näher die Blitze und lauter die Donner, schließlich im nächster Nähe ein Einschlag in einen Baum, der von der Stichflamme des Blitzes unter heftigem Schwefelgestank gespalten wurde. Prasselnd und vom Donner übertönt, kam die mächtige Krone herunter. Blätter, Zweige und größere Aststücke regneten wie Hagel herab. Völlig verdattert floh der junge Wolf, verschreckt von diesem ungewohnten Unwetter, das ihm ein Inferno war und das Ende der Welt bedeutete.
Es kam noch schlimmer. Aus dem Regen wurde ein Wolkenbruch, der binnen Minuten die Sohle des Tals überschwemmte. Wiederum geriet er in die Fluten, die er so verabscheute, und abermals musste er schwimmen, ohne diesmal sehen zu können, wo fester Boden zu erreichen sein würde.
Und ganz plötzlich kam die Flut. Über ihn und ein paar andere Tiere hier im Tal brach sie herein wie das Jüngste Gericht. Er konnte nicht wissen, dass er dieses Unheil einem Stausee verdankte, den die Farmer angelegt hatten und damit die Trockenperioden überwanden. Ein fünf Morgen großer See mit einer Tiefe von wenigen Metern, gestaut durch einen Damm aus Erde und Stammholz. Und diesen Damm hatten die Wassermassen gesprengt, die oben aus den Bergen in den See geschossen waren. Mit einem Mal ergoss sich nahezu der ganze Inhalt des Stausees ins Tal.
Für den jungen Wolf war es, wie es ihm schien, das Ende. Als ihn die Flutwelle packte und mitriss, wurde er untergetaucht, mit dem Kopf gegen einen Ast gerammt, dass ihm übel wurde, und als ihn dieselbe Welle wieder an die Oberfläche spülte, bekam er gerade ein Quäntchen Luft, bevor ein riesiger belaubter Ast mit vielen Zweigen wie eine gewaltige Fliegenklatsche auf ihn niederfuhr und ihn abermals unters Wasser drückte.
Er kribbelte und krabbelte, um aus dem Wirrwarr der Hickoryzweige herauszukommen, und als er das, halb ertrunken, erreichte und wieder nach oben kam, erbrach er sich, schlang wieder Frischluft in sich hinein, erbrach abermals, und ohne dass er es bemerkte, schoss er in der Strömung auf einen riesigen, sehr scharfkantigen Felsbrocken zu, der eben erst vom Wasser unterwaschen worden und in die Strömung gestürzt war.
Mit der Schnelligkeit eines galoppierenden Pferdes bewegte sich der junge Wolf in der Flutwelle auf eben diesen Felsen zu. Da sah er ihn!
Verzweifelt paddelte er, aber es war, als wollte er pustend eine Windmühle zum Anhalten bringen. Er konnte machen, was er wollte, es trieb ihn rasend schnell weiter, und die spitze Kante des Felsklotzes ragte ihm entgegen wie das Schwert eines Samurai.
Da plötzlich tauchte etwas auf, das er nie aus der Nähe gesehen hatte. Es war auf einmal da, und schon prallte er dagegen, etwas umkrampfte seinen Balg am Genick, riss ihn empor aus dem Wasser, und während er erschrocken strampelte, war er schon am Ende seiner Luftreise und landete auf dem Schoß eines Menschen.
Verschreckt und erleichtert zugleich blickte er in eine große helle Fläche, entdeckte Einzelheiten, einen blonden Schnurrbart, blaue Augen, eine nicht ganz gerade Nase, eine wettergebräunte hohe Stirn und blondes Wuschelhaar. Unter dem Kopf war ein rotes Tuch, dann war da noch ein graugrünes Hemd. Einzelheiten, die ihm wenig sagten. Weit mehr beschäftigte ihn der Geruch, der von diesem unheimlichen Wesen ausging. Ein Geruch von Gefahr, von Feind, wie ihm sein Instinkt warnend sagte. Der Geruch des größten Feindes, den Wölfe kennen: dem Menschen.
Und die Hand, die da sein nasses Fell zärtlich streichelte, die ihn so sehr unterm Kinn kraulte, dass er gar nicht an eine Gefahr glauben wollte, das war die Hand eines Menschen.
Niemand hatte ihn vor den Menschen gewarnt. Er wusste nur, dass seine Mutter auf den Streifzügen, zu denen sie ihre Kinder mitgenommen hatte, geknurrt hatte, wenn sie auf Menschenspuren gestoßen war. Und die hatten auch so gerochen wie dieser Mensch. So ähnlich jedenfalls, wenn auch Menschenspuren jedesmal ein wenig anders gerochen haben.
Der Mensch hier, der ihn in letzter Sekunde aus dem Wasser gefischt hatte, war so nass wie er selbst.
„Du kleiner Knäuel, sagte der Mann mit dunkler, ein wenig spröder Stimme. „Du hast noch mal Schwein gehabt. Und nun sitzen wir beide hier auf dieser verdammten Insel, als sollte es so sein. Als wollten sie uns wirklich nicht, die anderen. Dich nicht und mich nicht. Na, wer wird denn knurren? Sei froh, dass du lebst. Hm, bist du nun ein Wolf oder ein Hund? Siehst wie ein Wolf aus. Und hungrig bist du auch, was?
Der Mensch, der so freundlich sprach, hielt ihm ein Stück Brot hin. Brot, was ist Brot? Es roch jedenfalls so eigenartig, so nach Mensch wiederum. Der junge Wolf hatte zwar wahnsinnigen Hunger, aber er knurrte nur und bleckte die Zähne, biss aber nicht ins Brot.
„Du bist nicht gescheit, Wollknäuel, sagte der Mensch. „Ich rette dich, ich gebe dir Brot, und du knurrst. Was würdest du sagen, wenn ich dich wieder ins Wasser schmeiße?
Der junge Wolf sah ihn an, als ahnte er, was hinter diesen Worten steckte. Und dabei leuchteten seine Augen grün.
„Du hast Augen wie grüner Marmor. Ich kannte mal jemand, der solche Augen hatte. Er hieß Sam, und so werde ich dich Sam nennen, Wollknäuel. Hast du gehört? Ich bin Tom Cadburn. Und du bist Sam. Ist das klar zwischen uns beiden?"
Sam schnupperte. Das Brot roch doch gut, denn der Menschengeruch war auf einmal gar nicht mehr so abstoßend. Und das Kraulen unter dem Kinn kam ihm im Grunde auch recht angenehm vor.
Er schnupperte am Brot, das immer noch zwischen den Fingern der einen Menschenhand klemmte. Er wollte danach schnappen, aber die Hand entfernte sich von seiner Schnauze, und er biss ins Leere.
„Schön anständig, Bürschchen!, sagte der Mensch, der sich Tom Cadburn genannt hatte. „Selbst einer wie ich, den sie hängen wollten, bewahrt Anstand. Also, wer was will, sagt bitte.
Sam verwechselte das irgendwie, denn er knurrte, und Tom nahm das nicht als höfliche Geste. Trotzdem gab er ihm ein Stück Brot, das Sam gierig verschlang. Als Sam auf den richtigen Geschmack gekommen war und mehr wollte, begann seine Lehre. Er musste lernen, dass er Tom mit der rechten Vorderpfote betasten sollte, wenn er etwas von ihm wollte. Zuerst nahm Tom die Pfote von Sam in die Hand und zeigte ihm das. Sam war darüber so wütend, dass er beißen wollte, und dafür erntete er einen liebevollen Klaps auf den Po.
Bevor Sam dazu kam, beleidigt zu sein, hatte ihm Cadburn eine winzige Belohnung in Form eines Stück Brotes verabfolgt. Und von da an hatte Sam etwas sehr Wichtiges gelernt: Er wurde belohnt, wenn er etwas tat, was der Mensch wollte. Und der Hunger, der in Sam wütete, sorgte dafür, dass er solche Belohnungen nicht ausschlug, sondern anstrebte.
Als das Stück Brot von Sam restlos vertilgt worden war, konnte er sich schon bemerkbar machen, falls er etwas von seinem neuen Herrn verlangte. Er konnte es so gut und er war noch so hungrig, dass er unaufgefordert immerzu mit der rechten Vorderpfote Zeichen gab. Aber der Mensch hatte nichts mehr, was er hätte geben können. Und schließlich kapierte auch Sam, dass dieser Tom Cadburn ihm sein einziges Stück Brot abgegeben hatte.
*
Drei Tage vor dem Unwetter, als für Sam die Welt noch heil war, hatte auch Tom Cadburn keine blasse Ahnung von dem, was ihm drohte.
Es war ein Dienstag. Ein besonderer Dienstag, denn da wollte Colonel Carpound eine Rede halten, eine Wahlrede. Zur Vorbereitung der Wahl des Sheriffs hatte der Rancher in den Empire Saloon von Musselshell City eingeladen. Die große Rede sollte am Abend stattfinden. Um auch einen Anreiz zu bieten, dass möglichst viele Menschen aus den verstreuten Anwesen in die Stadt kämen, ließ Colonel Carpound durch Boten im Lande verkünden, es werde eine Girltruppe aus New York tanzen, und ein berühmter Zahnarzt werde kostenlos alle Zahnkranken den ganzen Dienstag und Mittwoch über behandeln. Behandelt würde, wer an der Wahlversammlung teilgenommen hatte.
An diesem Dienstag also war auch der siebzehnjährige Tom Cadburn in der Stadt. Ein sommersprossiger, blondgelockter Bursche, schlaksig, ein wenig krummbeinig wie alle, die das Reiten vor dem Laufen gelernt haben, ein Junge also, nach dem sich die Mädchen umgesehen hätten, wenn ...
Ja, wenn Tom Cadburn nicht der Sohn von Hennie Cadburn gewesen wäre, einer Frau, deren Ruf bis weit über das nördliche Montana hinausreichte. Sie war, sagte man hinter der vorgehaltenen Hand, jahrelang die Geliebte eines Indianerhäuptlings gewesen. Und Tom, ihr Sohn, sagte man weiter, sei ein Halbindianer. Ein Halbblut.
Etwas vernünftigere Leute, die nüchterner darüber nachdachten, erinnerten sich an John Stafford, einen Scout und Waldläufer, der mitunter zu Hennie kam, um sie zu besuchen. Er lebte irgendwo weit im Norden allein in der Wildnis, wenn er nicht gerade eine Militärpatrouille führte. Den Namen Stafford hatte Tom als zweiten Vornamen, aber er benutze ihn nur ganz selten.
Aber das dürfte wohl das einzig Gewählte an Toms Dasein gewesen sein. Denn ansonsten wohnte Tom nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens. Der alte Cliff Vancard, der Lagerverwalter im Webster-Store, fasste das auf seine Weise in dem Satz zusammen: „Tom ist ein besonders armes Schwein und tut mir leid."
Doch mit dieser Ansicht stand der gutmütige Alte allein. Die meisten anderen in Musselshell City mochten nicht, was mit Hennie Cadburn zusammenhing. Sie misstrauten Tom, weil er Hennies Sohn war. Wenn er es nicht hörte, nannten sie ihn Indianer-Bastard.
Und dann kam der Tag der Wahlversammlung. Der Tag, an dem alle Welt Toms Namen im Munde führte. Es war gegen vier Uhr am Nachmittag, als es passierte …
*
Richard Webster, der Eigentümer des General Store, hakte die Daumen in die Weste, drückte den ohnehin schon umfangreichen Bauch nach vorn, so dass sich die goldene Uhrkette spannte wie die Verankerung eines Schiffes in aufkommendem Wind.
Webster, den seine Frau zärtlich „Dicky" nannte, ließ seinen Unternehmerblick prüfend durchs weiträumige Lager schweifen. Kisten, Fässer, Kartons, Dosen, alles war fein säuberlich aufgestapelt, geordnet, aufgereiht. In den Regalen türmten sich die Vorräte, ohne die man in dieser Stadt wie in der Steinzeit gelebt hätte.
Richard „Dicky" Webster war zufrieden. Mit schwerem Schritt durchmaß er das Lager, und am anderen Ende stieß er prompt auf den alten Cliff Vancard, wohl der einzige Mensch auf dieser Erde, der nicht den Rücken vor Webster krümmte, der auch nicht schweigen musste, wenn Webster es befahl. Cliff, den man in der Stadt nur Old Cliff nannte, hatte schon bei Websters Vater drüben in einer Stadt im Osten gearbeitet, war mit den Websters in den Westen gezogen und kannte Richard Webster von dessen Kindheit an.
Old Cliff war mittlerweile hoch in den Sechzigern, sein Chef musste etwa zwanzig Jahre jünger sein. Aber im Gegensatz zu Old Cliff, der noch volles, wenn auch schneeweißes Haar besaß, hatte Richard außer seinem dicken Bauch eine richtig schöne Spiegelglatze. Er trug einen Schnurrbart, und damit sah er einem Seehund irgendwie entfernt ähnlich. Viele nannten ihn heimlich, manchmal auch so, dass er es gerade noch hören konnte, „Seal", was englisch ist und Seehund bedeutet. Das konnte Webster auf den Tod nicht ausstehen.
Old Cliff stand, auf den Besen gestützt, und las eine uralte Zeitung, die er beim Aufräumen gefunden hatte. Als Webster auftauchte, hob er nur kurz den Kopf und wollte weiterlesen.
„Eh, was tust du, Cliff?", bellte Webster.
Der Alte sah ihn aus schmalen Schalkaugen an. „Das siehst du doch. Ich lese eine Zeitung, die so alt ist, dass sie neu war, als es in dieser verfluchten Stadt nur drei Bretterhütten gab. Und respektvoll fügte er hinzu: „Es ist eine Zeitung aus Detroit.
Webster kannte den Ausgang solcher Gespräche. Um seinen Ruf nicht in Gefahr zu bringen, brach er das Thema abrupt ab und fragte: „Was tut der Junge?"
„Er hat das Papier und den ganzen Plunder auf einen Haufen geworfen und brennt ihn ab. Was soll er?"
„Ist er draußen?", wollte Webster wissen.
Der Alte nickte.
Webster kraulte sich am Kinn, machte eine strenge Chef-Miene und fragte barsch: „Ist er fleißig?"
„Ich bin mit ihm zufrieden. Für den Hungerlohn, den du ihm zahlst, arbeitet er viel zuviel. Du hast ihn als Expressreiter und Buggyfahrer eingestellt, und die meiste Zeit muss er im Lager herumwurschteln."
„Als Indianerbastard ist er überbezahlt, merk dir das!", fauchte Webster. Sein hoher Blutdruck machte sich bemerkbar, das Gesicht färbte sich dunkel.
Der Alte machte sich da wenig Sorgen. Es reizte ihn, Webster zu ärgern. „Ein Mensch, der sechzehn Stunden am Tage für dich schuftet, ist mit einem Dollar am Tag nicht überbezahlt. Und ein Indianerbastard ist er auch nicht, das weißt du ganz genau."
„Man sagt eben so, knurrte Webster. „Ich will...
„Hallo, Mr. Webster?", rief es vorn.
„Ja! Sind Sie es, Colonel?", antwortete Webster.
„Colonel, pshaw!, murmelte Old Cliff abfällig, dass nur Webster es hörte. „Den Rang hat sich dieser aufgeblasene Ochsenfrosch selber zugelegt. Wenn der jemals einem Feind gegenübergestanden hat, dann waren bei ihm bestimmt hinterher die Hosen bis zum Rand voll!
„Sei still! So einen Kunden haben wir nur einmal!", zischte Webster, dann ging er nach vorn durch die Reihen seiner Regale und setzte sein freundlichstes Seehundlächeln auf.
„Hallo, lieber Colonel, auch wieder in der Stadt? Ich wette, man wird Ihnen heute begeistert zujubeln, wenn Sie Ihre Rede halten ... Was darf es sein, Colonel?"
Diese letzte Frage hörte auch Tom noch mit, als er von der Laderampe her das Lager betrat, in der einen Hand ein langes Schüreisen, in der anderen eine alte, total verrostete Hawkenbüchse, die er aus einer der Kisten gefischt hatte, die er verbrennen sollte.
Er hatte sie mitgebracht, um Old Cliff zu fragen, was man damit vielleicht noch anfangen könnte. Er hielt die Büchse am Lauf und benutzte sie wie einen Krückstock.
Aber er musste an dem Colonel und Webster vorbei. Er hasste Webster, der ihn schikanierte, wo er konnte. Aber von dem Geld, das ihm Webster zahlte, musste er seine Mutter mitenähren. Infolgedessen konnte er es sich nicht erlauben, Webster zu sagen, was er von ihm dachte.
Webster entdeckte ihn und bellte ihn an: „Was schleppst du da herum? Hast du keine Arbeit, dass du mit diesem Gerümpel herumrennst? Was ist das für ein altes Gewehr?"
Tom sah sie alle beide an. Den Rancher, der sich von aller Welt Colonel nennen ließ, obgleich der liebe Kuckuck wusste, ob Carpound je ein Colonel gewesen war. Ein hagerer, ziemlich großer Mann mit glattem Gesicht, buschigen Augenbrauen und spärlichem grauem Haar, das jetzt unter dem wuchtigen Breitkremper verborgen war. Sein Prince-Albert-Rock war makellos dunkelblau, kein Stäubchen auf den Revers, kein speckiges Glänzen. Ebenso tadellos waren die grauen Hosen, das Krawattentuch mit der Perlennadel, die schneeweißen Manschetten mit Brillantknöpfen. Der Colonel wusste, dass er bei Frauen Eindruck machte, und die Männer respektierten ihn als den reichsten und größten Viehzüchter weit und breit, ein Mann, der sogar mit den Indianern auszukommen wusste.
Webster war für Tom ein Anblick, der ihm vor Augen führte, wie er selbst einmal nicht auszusehen hoffte. Dieser fette, glatzköpfige Pascha mit der sadistischen Freude am Quälen all jener, die von ihm abhängig waren, war Tom so etwas wie ein rotes Tuch.
Er gab daher keine Antwort und wollte sich einfach vorbeizwängen. Der Colonel trat auch zur Seite, sah auf den etwas kleineren Burschen herab, blickte auf das Gewehr und sagte interessiert: „Oh, eine alte Hawken! Damit haben