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Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band
Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band
Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band
eBook844 Seiten11 Stunden

Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band

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Über dieses E-Book

Dieses Buch enthält folgende Western:

Joachim Honnef: Chaco das Halblut wird umzingelt

John F. Beck: Squaw-Poker

Alfred Bekker: Die Eisenbahnräuber

Bill Garrett: Zwei kamen durch

John F. Beck: Der verschwundene Sohn

John F. Beck: Freiheit für Big Bull

Larry Lash: Ein Mann aus Texas

Jeff Lorrand, der Comanchero-Jäger, muss feststellen, dass die Farm, auf der er seinen Sohn Sid untergebracht hatte, von den Comanchen überfallen wurde, der 14-jährige ist verschwunden, von den Indianern mitgeschleppt. Lorrand setzt sich auf die Spur der Entführer, entdeckt aber, dass die Comancheros, die die Indianer mit Waffen und Schnaps beliefern, nun den Jungen in der Gewalt haben. Um Sid zu befreien, lässt sich sein Vater auf ein gefährliches Spiel ein.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum26. Aug. 2019
ISBN9783745210149
Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band
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Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band - Alfred Bekker

    Alfred Bekker, Joachim Honnef, John F. Beck, Bill Garrett, Larry Lash

    Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band

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    Inhaltsverzeichnis

    Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band

    Copyright

    Chaco das Halbblut wird umzingelt!

    Squaw-Poker

    DIE EISENBAHNRÄUBER

    Zwei kamen durch

    Der verschwundene Sohn

    Freiheit für Big Bull

    Ein Mann aus Texas

    Texas Colts - Western Sammelband 7005 August 2019 - 7 Wildwestromane in einem Band

    Alfred Bekker, Joachim Honnef, John F. Beck, Bill Garrett. Larry Lash

    Dieses Buch enthält folgende Western:

    Joachim Honnef: Chaco das Halblut wird umzingelt

    John F. Beck: Squaw-Poker

    Alfred Bekker: Die Eisenbahnräuber

    Bill Garrett: Zwei kamen durch

    John F. Beck: Der verschwundene Sohn

    John F. Beck: Freiheit für Big Bull

    Larry Lash: Ein Mann aus Texas

    Jeff Lorrand, der Comanchero-Jäger, muss feststellen, dass die Farm, auf der er seinen Sohn Sid untergebracht hatte, von den Comanchen überfallen wurde, der 14-jährige ist verschwunden, von den Indianern mitgeschleppt. Lorrand setzt sich auf die Spur der Entführer, entdeckt aber, dass die Comancheros, die die Indianer mit Waffen und Schnaps beliefern, nun den Jungen in der Gewalt haben. Um Sid zu befreien, lässt sich sein Vater auf ein gefährliches Spiel ein.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

    © dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Twitter

    https//twitter.com/BekkerAlfred

    Zum Blog des Verlags geht es hier

    https//cassiopeia.press

    Alles rund um Belletristik!

    Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

    Chaco das Halbblut wird umzingelt!

    Chaco

    Western von Joachim Honnef

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 112 Taschenbuchseiten.

    Das Halbblut Chaco ist Begleitschutz einer Kutsche, die eine Kiste mit wertvoller Fracht enthält. Mit weiteren vier guten Männern soll die Kiste sicher von Silver City nach Lordsburg geschafft werden. Der Weg ist dahin gefährlich. Die Kutsche könnte von Banditen und Indianer überfallen werden. Als sie die erste Pferdewechselstationen erreichten, beobachten die Männer, wie Indianer diese angreifen …

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © Cover: Edward Martin, 2019

    © dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

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    Die Hauptpersonen des Romans:

    Chaco — Das Halbblut muss sich entscheiden. Entweder kämpft es auf der Seite der Apachen oder es stirbt mit den Weißen in der Station.

    Tony — Der Begleitfahrer behält selbst in gefährlichen Situationen seinen trockenen Humor. Doch diesmal vergeht ihm gehörig das Lachen.

    Chamber — Der Stationsmann weiß nichts von der außerplanmäßigen Kutsche. Er hört erst von den drei Killern davon.

    Laura — Die attraktive Frau ist auf der Flucht vor der Vergangenheit. Und es sieht ganz so aus, als würde es keine Zukunft für sie geben.

    Big Cloud — Der Häuptling hat einen weißen Lehrer gehabt. Jetzt trägt er dessen Haar an seiner Apachenhaube.

    1

    Es war heiß und stickig in der Concord-Kutsche. Die fünf Männer in der Kutsche versuchten, sich die Zeit während der langen Fahrt von Silver City nach Lordsburg auf unterschiedliche Weise zu vertreiben. Drei spielten Poker, der vierte trank trotz der brütenden Hitze Whisky und begleitete die Kartenpartie mit gelegentlichen Kommentaren, und der fünfte Mann hockte in der Ecke am Fenster und schlief.

    Der fünfte Mann war Chaco.

    Man hätte die fünf Männer für normale Passagiere der Postkutschenlinie halten können. Doch sie waren es nicht. Sie hatten einen Spezialauftrag. Sie sollten ein Vermögen bewachen.

    Keiner von ihnen wusste, wie hoch die Summe war, die sie in Albuquerque in einer versiegelten Kassette entgegengenommen hatten und die sie in Fort Bowie abliefern sollten.

    Doch es konnte kein Pappenstiel sein, denn fünf Mann Wachpersonal wurden nicht zum Spass bezahlt. Zehn Dollar pro Tag. Ein wahrhaft fürstlicher Lohn.

    Deshalb hatte Chaco den Job angenommen. Und weil ihn ein guter Bekannter, Captain Mike Anderson, darum gebeten hatte.

    Die vier anderen Männer waren seit langem Begleitfahrer - ein eingespieltes Team, das viele ähnliche Jobs bisher erledigt hatte. Chaco war der Neue.

    Auf der Fahrt von Albuquerque bis nach Silver City war alles ohne Zwischenfall verlaufen - abgesehen von einem kleinen Streit innerhalb der Wachmannschaft.

    Chuck Barrymore, der älteste der Crew und bisher so etwas wie der Vormann, hatte Chaco wegen seiner Abstammung gehänselt. Vielleicht hatte er das Halbblut auch nur testen wollen, wie es üblich ist, wenn ein Neuer zu einer Gruppe stößt, die sich seit langem kennt. Das alte Spiel.

    Barrymore hatte Chaco während einer Rast provoziert, wobei die Bezeichnung „dreckige Rothaut" noch die harmloseste gewesen war. Chacos Antwort auf die Herausforderung war knapp und präzise gewesen. Jetzt hatte Barrymore ein blaues Auge.

    Der Streit unter Männern war schnell vergessen. Tony rückte seinen Whisky heraus, und Barrymore und Chaco tranken einen Versöhnungsschluck. Dann stießen alle gemeinsam auf gute Zusammenarbeit an. Der Neue war akzeptiert.

    Wilder, der vollbärtige Fahrer auf dem Kutschbock der außerplanmäßigen Concord, machte seinem Namen alle Ehre. Er fuhr wie ein Wilder. Das hatte seinen Grund.

    Je schneller er die einzelnen Etappen zwischen den Pferdewechselstationen schaffte, desto länger währte die Rast. Und bis auf Chaco, der die Strecke nicht kannte, hatten alle Männer dieses Spezialkommandos eine bestimmte Vorliebe für einzelne Stationen, die sie im Laufe der Jahre auf dieser Route kennengelernt hatten.

    Chris Wilder schwärmte von Ma Paddingtons Kochkünsten auf Eldermans Station nördlich von Silver City. Tobe Griffin, sein Begleitfahrer, freute sich mehr auf das stets kühle und gut gepflegte Bier, dass es auf der übernächsten Station gab. Die drei Pokerspieler dachten an die Mädchen im „Traveler’s Home", eine Station mit einem Badehaus, in dem nicht nur gebadet wurde. Tony, der Whiskyliebhaber, freute sich auf ihr nächstes Etappenziel: Kellys Station, etwa zwanzig Meilen südlich von Silver City. Bei Kelly gab es hervorragenden Bourbon, und Kellys Tochter Kathy sollte noch hervorragender sein, wenn Tony nicht übertrieb, was allerdings anzunehmen war.

    Chaco schreckte auf, als die Kutsche in halsbrecherischer Fahrt einen Hügel hinabraste und die Passagiere regelrecht durcheinander gewirbelt wurden. Einer der Pokerspieler landete seinem Gegenüber auf dem Schoß. Der Mann stieß ihn zornig zurück und behauptete, der andere habe ihm nur in die Karten sehen wollen.

    Chaco hob seine Winchester auf, die er an den Sitz gelehnt hatte, und die beim Schlingern der Kutsche gefallen war.

    „Wilder, du verdammter Eseltreiber!, brüllte Barrymore aus dem Fenster. „Willst du, dass wir uns das Genick brechen?

    Von Wilder war nur ein meckerndes Lachen zu hören.

    „Der legt sich prächtig ins Zeug, sagte Tony und warf einen Blick auf seine Taschenuhr. „Wir sind mindestens ’ne halbe Stunde früher bei Kelly als geplant.

    Barrymore grinste.

    „Da wird sich Kathy aber freuen, wenn sie dich in ihre zarten Arme schließen kann. Er warf Chaco einen Blick zu und sagte erklärend: „Kathy ist Kellys liebreizende Tochter. Und sie steht auf Tony. Die beiden sind ein reizendes Paar. Sie passen zusammen wie die Faust aufs Auge.

    Die letzten Worte erinnerten ihn an sein geschwollenes Auge, und sein Grinsen wurde säuerlich.

    „Du bist nur eifersüchtig, weil sie mich auserwählt hat", sagte Tony und nahm noch einen Schluck aus der Whiskyflasche. Die anderen lachten.

    Chaco schaute sich Tony an. Anthony Burgess war ein gut aussehender Bursche. Zweiunddreißig, mittelgroß, schlank und muskulös. Sein tiefgebräuntes Gesicht mit braunen Augen, dem kastanienfarbenen Schnurrbart und dem energisch wirkenden Kinn schien niemals ernst zu sein. Es wirkte immer, als lächelte er leicht spöttisch. Tony war elegant gekleidet. Ein schwarzer Tuchanzug, weißes Hemd mit einer roten Samtschleife, ein weißer Stetson. Alles wirkte wie neu.

    Gelegentlich hänselten ihn die anderen, nannten ihn „Mister Piekfein oder „Der schönste Mann von Luckenbach und Umgebung.

    Luckenbach war, wie Chaco erfahren hatte, Tonys Geburtsort. Der Ort in der Nähe von Fredericksburg, Texas, bestand praktisch nur aus einem großen Store. Die Einwohnerzahl betrug zwischen drei und fünf, und die paar Leute waren wirklich keine Konkurrenz für den schönen Tony.

    Tonys Frohnatur ließ sich von solchen Bemerkungen und Anspielungen seiner Partner nicht beeindrucken. Er konterte, indem er sie als Wilde bezeichnete, die sich erst einmal waschen sollten, bevor sie einen zivilisierten Mann wie ihn anquatschten.

    Tony legte großen Wert auf Pflege. Er, Chaco und der Kutscher waren die einzigen gewesen, die sich im Badehaus des „Traveler’s Home tatsächlich nur gebadet hatten. Tony, weil er Kathy nicht mit „diesen billigen Flittchen betrügen wollte, und Chaco, weil ihm keines der Mädchen gefallen hatte.

    „Tony grinste Chaco an und hob die Whiskyflasche.

    „Prost, Indianer! Er hatte Chaco von Anfang an „Indianer genannt. Tony nahm einen Schluck, verkorkte die Flasche wieder und rülpste dezent hinter vorgehaltener Hand. Dann holte er ein blütenweißes Taschentuch aus seiner Hosentasche hervor und tupfte sich damit Schweiß von der Stirn. „Es ist ein Teufelskreis, erklärte er mit einem spitzbübischen Grinsen. „Diese Hitze ist an allem schuld. Wenn es heiß ist, habe ich Durst. Wenn ich Durst habe, muss ich trinken. Wenn ich trinke, bricht mir der Schweiß aus. Wenn ich schwitze, bekomme ich Durst. Und wenn ich Durst habe ...

    „Du bist nicht nur der schönste Mann von Luckenbach, stichelte Barrymore, „sondern auch der größte Schluckspecht.

    Tony zeigte lächelnd weiße Zähne.

    „Das kommt vielleicht daher, weil ich in einem Store geboren wurde. Gleich neben den Whiskyfässern. Und statt der Mutterbrust ..."

    „Hör auf mit diesem Märchen, winkte Barrymore ab, „die Story kennen wir auswendig. Er warf Chaco einen Blick zu. „Der gute Tony hat nie die Mutterbrust bekommen. Ein Flaschenkind. Vielleicht ist er deshalb so weg, wenn er Kathy nur sieht."

    „Lass Kathy aus dem Spiel! Obwohl Tonys Stimme Ärger verriet, wirkte seine Miene freundlich, fast lächelnd. „Das ist die schönste Lady von New Mexico.

    Alle bis auf Chaco lachten. Chaco war gespannt darauf, diese Kathy zu sehen. Er blickte zu Barrymore.

    Chuck Barrymore war Mitte vierzig, groß und mager. Er schien nur aus Knochen, Sehnen und Haut zu bestehen. Sein schmales Gesicht mit hervorstehenden Wangenknochen, einer spitzen, leicht gekrümmten Nase und dünnen Lippen war im Gegensatz zu Tonys Gesicht stets ernst, fast düster. Vielleicht lag das auch an seinen stechend blickenden schwarzen Augen. Selbst wenn er lächelte, wirkten seine Züge hart. Auch Barrymore war Texaner. Er stammte aus Sweetwater, einem kleinen Ort westlich von Abilene. Er trug einen verbeulten schwarzen Stetson, dessen Krempe zwei Kugellöcher aufwies, ein kariertes Baumwollhemd, das halb offen stand und den Blick auf schwarze Brusthaare freigab, und verschlissene Levishosen, die über den hochhackigen Stiefeln hochgekrempelt waren. Als einziger der Mannschaft war er mit zwei Colts bewaffnet.

    Die Griffe der Peacemaker Revolver, die aus den Halftern des Kreuzgurtes ragten, waren ziemlich abgegriffen. Er trug die.Waffen bestimmt nicht zur Zierde mit sich herum.

    Die beiden anderen Männer in der Kutsche hießen Elmore und Masters. Elmore war ein gedrungener Mann Mitte dreißig mit blonden Haaren und einem rötlichen Bart.

    Masters war der Jüngste der Mannschaft. Er war gerade zwanzig, aber der Ausdruck seiner Augen verriet, dass er schon viel im Leben gesehen und erlebt hatte.

    Insgesamt war Chaco mit seinen Partnern zufrieden. Chaco war kein Mann, der sich in einer gefährlichen Situation auf andere verließ. Im Grunde war er ein Einzelgänger, den das Leben in einer gnadenlosen Wildnis, der ständige Kampf ums Überleben geformt hatte. Aber wenn er schon in einem Team mitmischte, dann war es gut zu wissen, dass er den anderen vertrauen konnte, falls es mal hart auf hart gehen sollte. Bisher war der Job ein Kinderspiel gewesen - abgesehen von den Strapazen der langen Fahrt durch staubiges, heißes Land.

    Chaco schaute eine Weile den drei Pokerspielern zu. Barrymore spielte gut und konzentriert. Er war ein eiskalter Bluffer. Gerade kassierte er wieder einen Pott. Dabei hatte er nur zwei lumpige Pärchen auf der Hand zwei Sieben und zwei Buben.

    Die Kutsche erreichte die Ebene.

    „Jungs, wir sind bald da!, rief Tony übermütig und steckte den Kopf aus dem Fenster. „Jetzt kann man schon die Station ... Er brach abrupt ab. „Eh, was ist denn das?"

    In diesem Augenblick gellte Wilders Stimme vom Kutschbock: „Indianer!"

    2

    Jeff Ballinger zügelte seinen staubbedeckten Hengst auf einem Höhenrücken und ließ seinen Blick über das verlassene Land gleiten. Die beiden anderen Reiter folgten seinem Beispiel.

    „Wie weit noch, Jeff?"

    Jeff Ballinger blickte den Mann an seiner Seite an.

    „Nur die Ruhe, Matt! Wir sind gut in der Zeit. Die Station muss zwei, drei Meilen jenseits der Hügel im Süden liegen. Und die Kutsche trifft dort frühestens am Mittag ein."

    Der dritte Reiter kicherte.

    „Dann können wir uns ja vorher noch ein bisschen amüsieren."

    „Du denkst wieder nur an Unterröcke, Rufus!, sagte Matt mit rauher Stimme und wischte sich mit dem Ärmel Schweiß und Staub aus dem stoppelbärtigen Gesicht. Dann band er die Feldflasche los und trank. Er spuckte einen Strahl lauwarmen Wassers angewidert aus. „Schmeckt ja ekelhaft. Wird Zeit, dass ich mal wieder ’nen anständigen Schluck gurgeln kann.

    Rufus kicherte wieder, seltsam hoch und schrill. Es klang kindisch.

    „Und du denkst wieder nur ans Saufen, Matt. Er heftete den Blick seiner leicht hervorquellenden blauen Augen auf Ballinger. „Was meinst du, Boss, ob es auf Chambers Station auch was anderes zum Amüsieren gibt?

    „Möglich, sagte Jeff Ballinger. Seine Miene verhärtete sich. „Aber ihr wisst Bescheid. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wenn das Ding gelaufen ist, könnt ihr meinetwegen ’ne Party veranstalten. In Mexiko oder sonst wo. Aber vorher verlange ich absolute Disziplin. Ist das klar? Er blickte mit kalten grauen Augen von Rufus zu Matt.

    „Sicher, Boss", murmelte Matt.

    Rufus kicherte: „Das größte Ding, das ich je gedreht habe, Boss. Nett, dass du mich eingeladen hast. Bist du auch sicher, dass deine Informationen stimmen?"

    Ballinger bedachte Rufus mit einem eisigen Blick. Und er dachte: Ein Riese mit dem Verstand eines Kindes. Dieses ewige blöde Kichern! Wenn alles gelaufen ist, schlage ich ihm auf sein breites Froschmaul, wenn er wieder kichert. Aber noch brauche ich ihn.

    „Wenn Jeff ein Ding dreht, dann ist das immer todsicher, sagte Matt mit einem ärgerlichen Blick zu Rufus. „Ich kenne ihn ein bisschen länger als du.

    „Ich meinte ja nur ...", begann Rufus.

    „Was du meinst, interessiert keinen, unterbrach ihn Matt. „Also hör mit deinen blöden Fragen und dem irren Gekicher auf. Das geht mir auf die Nerven.

    „Eh, Matt, was hast du denn? Warum bist du denn auf einmal so wütend?"

    „Ich bin nicht wütend."

    „Na klar bist du wütend. Das sehe ich dir doch an."

    „Schluss jetzt!, sagte Barrymore scharf. „Ich habe keine Lust, mir euer Geschwafel anzuhören. Weiter jetzt! Er trieb seinen Hengst an. Matt und Rufus folgten ihm.

    Ihr Ziel war Chambers Station. Drei Banditen, die den ganz großen Coup landen wollten.

    Jeff Ballinger ging in Gedanken noch einmal seinen Plan durch. Wenn alles klappte, wurde er auf einen Schlag ein schwerreicher Mann. Und es musste klappen. Er wusste, dass die Kutsche mit der wertvollen Fracht gegen Mittag bei Chambers Station hielt. Dann würden sie zuschlagen, schnell und gnadenlos ... Die einzige Frage war nur, ob drei Mann gegen das Wachpersonal reichten. Der Informant hatte von fünf Mann gesprochen.

    Es war alles sehr schnell gegangen. Aber bei einer solchen Gelegenheit muss man schon einmal improvisieren können, dachte Ballinger. Er hatte den Tipp erst in Silver City bekommen und keine Zeit mehr gehabt, sich ein oder zwei weitere Männer zu suchen. Er hatte sich mit dem primitiven Rufus zufriedengeben müssen.

    Ach was, dachte Ballinger, was soll schon schiefgehen? Wir überraschen die Wächter, wenn sie aussteigen. Bevor die überhaupt merken, was los ist, haben die schon Blei gefangen. Und dann brauchen wir nur noch mit der Beute zu verschwinden.

    Auch die beiden anderen Banditen beschäftigten sich in Gedanken mit der Beute.

    Matt dachte: Erst mal genehmige ich mir ’nen ordentlichen Whisky bei Chamber. Da kann der Boss sagen, was er will. Dann kassieren wir mit der Bleispritze, und ab geht’s nach Mexiko.

    Rufus fragte sich, ob es auf der Station eine Frau gab. Er hoffte es. Zum Teufel mit dem Boss. Disziplin! Der spielt sich vielleicht auf. Allerdings, überlegte er, wenn die Beute wirklich so groß ist, wie der Boss angedeutet hat, dann lohnt es sich, ruhig mal zu kuschen. Schließlich kann ich mit meinem Anteil später überall die Puppen tanzen lassen, oder? Bei diesem Gedanken kicherte Rufus lautlos in sich hinein.

    3

    Die Männer in der Kutsche griffen zu ihren Waffen. Chaco hebelte eine Patrone in die Kammer seiner Winchester und spähte aus dem Fenster.

    Die Kutsche verringerte nicht die rasende Fahrt. Im Gegenteil. Wilder trieb das Gespann nur noch mehr an.

    Dann sah Chaco die Reiter hinter einer Gruppe Saguaro-Kakteen in der Ferne auftauchen. Es war ein kleiner Trupp, sieben, acht Apachen, soweit Chaco das in der Staubwolke erkennen konnte, die von den Ponys aufgewirbelt wurde.

    „Die greifen Kellys Station an!, brüllte Tony. „Los, Wilder, leg noch ’nen Zahn zu!

    „Sag das mal diesen lahmen Gäulen!", schrie Wilder gegen das Hämmern der Hufe und die Fahrgeräusche an.

    Jetzt waren die Schüsse zu hören, seltsam gedämpft und noch weit entfernt.

    „Komisch, sagte Tony. „Seit zwei Jahren war auf dieser Strecke alles friedlich. Keine einzige Rothaut hat sich je sehen lassen.

    „Vielleicht hat ihnen Kellys Whisky nicht geschmeckt, erwiderte Barrymore. „Oder Kathy hat ihnen einen Schrecken eingejagt, so dass sie glauben, sich verteidigen zu müssen.

    „Sehr witzig", erwiderte Tony.

    Chaco konzentrierte sich mehr auf die Apachen als auf das Wortgeplänkel der beiden.

    Die Indianer ritten im Kreis um die Station, die im Hitzeschleier und dem aufgewirbelten Staub nur schemenhaft zu erkennen war. Einige der Apachen waren mit Gewehren bewaffnet und schossen auf das Stationsgebäude. Offensichtlich stießen sie auf heftigen Widerstand.

    Eines der Apachenponys brach getroffen zusammen, und sein Reiter verschwand im wirbelnden Staub. Ein anderes Pony war bereits reiterlos.

    Wilder schrie auf das Gespann ein. Dann war die Kutsche auf Schussweite heran. Der Begleitfahrer schoss als Erster. Die Apachen befanden sich plötzlich zwischen zwei Feuern. Sie hatten sich ganz auf die Station konzentriert und fast zu spät das Nahen der Kutsche bemerkt. Jetzt feuerten sie wütend auf die Kutsche. Tonys Gewehr krachte. Ein Apache stürzte vom Pony und rollte durch den heißen Sand. Er war wohl nur leicht verletzt, denn er sprang auf und warf sich mit einem wahren Panthersatz auf ein reiterloses Pony.

    Jetzt waren die kehligen Schreie durch das Peitschen der Schüsse zu hören. Einer der Apachen, ein junger Krieger, aber offenbar der Anführer des kleinen Trupps, stieß eine Faust in die Luft, schrie etwas und änderte die Richtung. Er drehte nach Süden ab, preschte fort von der Station und der sich nähernden Kutsche. Die anderen Apachen folgten ihm.

    „Nicht mehr schießen, rief Chaco, „sie haben genug!

    Doch es war zu spät.

    Sowohl Barrymore als auch Tony und Elmore feuerten auf die fliehenden Apachen. Der Anführer sank vornüber auf den Pferdehals, und selbst auf die Entfernung hin konnte Chaco den dunklen Fleck auf dem nackten Rücken des Apachen sehen.

    „Ich hab ihn erwischt!", rief Barrymore triumphierend.

    Chaco blickte den davon galoppierenden Apachen nach. Ihre gutturalen Schreie verklangen, und ein Staubschleier verschluckte die Reiter.

    „Das war nicht nötig", sagte Chaco hart zu Barrymore.

    Der Mann starrte ihn finster an.

    „Zu wem hältst du eigentlich?"

    Chaco wollte Barrymore eine wütende Antwort geben, doch dann wurde er gegen den Sitz geschleudert, und ein anderer Mann prallte gegen ihn, denn Wilder stoppte die Kutsche. Der Kutscher war nicht nur für seinen rasanten Start und seine wilde Fahrt bekannt, sondern auch für seinen Stopp. Unter den Frachtwagen und Postkutschenfahrern im Umkreis von ein paar hundert Meilen wurde vom „Wilder-Stop" geredet, wenn ein Fahrer sein Gespann und das Gefährt erst in letzter Sekunde und mit unglaublich kurzem Halteweg zum Stoppen brachte. Schon mancher wartende Passagier hatte geglaubt, die Kutsche würde an der Station vorbeirasen. Aber Wilder hatte es immer wieder geschafft, genau vor dem Eingang zu halten.

    Dieses Mal schien es Wilder einen besonderen Spass zu bereiten, seine „Vollbremsung" hinzulegen. Die Passagiere wurden regelrecht durch die Kutsche gewirbelt. Elmore holte sich eine Beule am Hinterkopf. Masters stieß sich den Ellenbogen, als er gegen die Kante des gegenüberliegenden Sitzes prallte. Elmore rieb sich fluchend über den Kopf.

    „Typisch Wilder", meinte Tony, nahm seinen Hut ab und fächerte damit gegen den Staub an, der in die Kutsche wolkte.

    „Aussteigen, Gentlemen!, rief Wilder mit rauer Stimme vom Kutschbock herab. „Unsere roten Freunde haben’s mit der Angst gekriegt.

    „Hoffentlich ist in der Station nichts passiert", murmelte Tony sorgenvoll.

    „Glaube ich nicht, meinte Barrymore. „Wir sind gerade rechtzeitig gekommen. Die waren wohl erst beim Vorgeplänkel.

    „Ob die noch mal zurückkehren?", überlegte Tony.

    Barrymore schüttelte den Kopf.

    „Glaube ich nicht. Und wenn schon. Mit den paar Typen werden wir spielend fertig."

    Chaco teilte nicht Barrymores Optimismus. Sicher, es waren nur ein paar Apachen gewesen. Aber wo ein paar waren, gab es noch mehr. Sie konnten auf die Idee kommen, Verstärkung zu holen, um sich zu rächen. Aber er sagte nichts von seinen Gedanken. Warum sollte er die anderen unnötig beunruhigen?

    Er stieg aus. Barrymore und Tony folgten ihm. Die anderen beiden blieben in der Kutsche. Sie waren diesmal mit der Wache an der Reihe. Bei keiner Rast wurde die Kutsche unbeaufsichtigt gelassen.

    „Schickt uns gleich mal was zu trinken!, rief Elmore ihnen nach. „Mensch, hab ich einen Brand.

    Chaco warf einen Blick zu dem Kutscher, der vom Bock geklettert war und bei dem Begleitfahrer Tobe stand, der dem ins Hemd griff, denn es war an der Schulter blutgetränkt.

    „Halb so schlimm, versicherte er gerade Chris Wilder. „Nur ein Kratzer. Teufel, dafür hab ich den Kerl erwischt, der auf mich geschossen hat.

    Tony stürmte schon in die Station.

    „Der kann es mal wieder kaum erwarten, sagte Barrymore zu Chaco. „Jetzt wirst du gleich seine Kathy kennenlernen. Pass auf, dass dir nicht die Luft wegbleibt!

    „Wieso?, fragte Chaco. „Ist sie so atemberaubend?

    „Und wie, sagte Barrymore, und seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. „Sie kommt ganz auf ihren Daddy.

    Chaco sah, dass ein Fenster an der Frontseite der Station zerschossen war. Gezackte Splitter steckten noch im Rahmen. Rechts und unterhalb des Fensters waren Kugeleinschläge zu erkennen.

    Chaco betrat die Station. Im Innern war es angenehm kühl. Der Hauptraum war wie ein Saloon eingerichtet. Eine kleine Bar mit dem Flaschenregal, drei Tische mit Stühlen, ein Ölgemälde mit schneebedeckten Berggipfeln und zwei Werbeplakate einer Brauerei. Doch das registrierte Chaco nur am Rande. Sein Hauptaugenmerk galt Kathy.

    Ihm blieb nicht die Luft weg, aber er staunte doch ein wenig. Sie war so groß wie Tony, aber bestimmt einen halben Zentner schwerer. Sie war üppig, ja man musste zugeben, sie war dick. Aber sie war nicht unansehnlich dick. Alles war irgendwie harmonisch aufeinander abgestimmt, prall und vor Kraft strotzend. Ihr hellblondes Haar fiel bis auf die Schultern. Ihr Puppengesicht mit himmelblauen Augen und einem herzförmigen Mund strahlte Tony an. Ihre Wangen waren gerötet, und ihr gewaltiger Busen wogte unter einem tiefen Atemzug, als wollte er die geblümte Bluse sprengen.

    „Hallo, Tony Darling, sagte sie gerade mit einer kräftigen Altstimme. „Mein Gott, als die Indianer auftauchten, da dachte ich, ich würde dich nie mehr wiedersehen. Gut, dass du da bist. Komm mit, ich muss dir unbedingt was zeigen!

    Tony warf Chaco und Barrymore noch einen Blick zu, zwinkerte bedeutungsvoll und verschwand mit Kathy durch die Tür mit der Aufschrift: Private.

    „Letzteres sagt sie immer, wenn wir hier einkehren, raunte Barrymore Chaco zu. „Und ’ne Stunde später kommt Tony mit leicht wackligen Knien, aber grinsend wie ein satter Kater aus ihrem Gemach. Jetzt rate mal, was sie ihm zeigen will.

    Chaco lächelte. Dann schaute er sich den Mann an, der gerade seinen Springfield Karabiner hinter der kleinen Bar ablegte.

    „Hallo, Kelly, sagte Barrymore. „Nett, dich mal wiederzusehen. Wie ich sah, hattest du Ärger mit den roten Kunden. War’s schlimm?

    „Ach was", sagte Kelly mit dröhnender Stimme.

    Die Stimme passte zu ihm. Er war ein imponierender Mann. Ein Koloss. Wie Kathys enormer Busen die Bluse, so schienen seine Muskeln fast das Hemd zu sprengen. Seinen massigen Schädel hielt er etwas vorgeneigt wie ein angriffslustiger Bulle. Von seinem Hals war kaum etwas zu sehen. Eine schwarze Haarsträhne hing ihm wirr ins Gesicht.

    „Fred ist leicht verletzt worden, fuhr Kelly fort. „Meine Frau kümmert sich um ihn in der Küche. Er hieb plötzlich seine geballte Rechte, die schon fast an eine Pranke erinnerte, in die linke Handfläche. „Weiß der Teufel, was in die Rothäute gefahren ist. Seit Jahren war hier Ruhe, und plötzlich tauchen sie hier auf und ballern los. Gut, dass Fred sie vom Corral aus frühzeitig sah und Alarm schlug. So konnten wir sie gebührend empfangen."

    „Gut, dass wir im richtigen Augenblick gekommen sind", meinte Barrymore.

    „Ach was, sagte Kelly grollend. „Wir wären mit den paar Typen schon fertiggeworden. Da haben wir früher schon ganz andere Angriffe erlebt und überlebt. Er musterte Chaco kurz und wandte sich dann wieder Barrymore zu. „Neuer Mann?"

    Barrymore nickte.

    „Sieht ja fast aus wie’n Indianer", sagte Kelly, ohne Chaco anzusehen.

    „Er ist auch ein halber, antwortete Barrymore mit einem leichten Grinsen. „Aber keine Sorge. Er ist nicht auf dem Kriegspfad.

    Kelly wischte mit einem nassen Lappen über die Bar. Er ließ die breiten Schultern etwas sinken und hob leicht den Kopf, als wollte er Chaco zeigen, dass er doch einen Hals hatte.

    „Ich hab’ nichts gegen Indianer im Allgemeinen, erklärte Kelly. „Solange sie mich in Ruhe lassen. Verdammt, ich möchte wissen, was in diese Burschen gefahren ist. Der Anführer war ein ganz junger Spund. Vielleicht wollte der mal ein bisschen die Flinte ausprobieren, die ihm sein Alter geschenkt hat. Nein, nein, Chuck, das war kein richtiger Angriff. Die Jungs haben sich angestellt wie die Anfänger. Haben mehr rumgebrüllt und Luftlöcher geschossen als sonst was. Abgesehen von dem Kratzer, den Fred abgekriegt hat. Aber das war wahrscheinlich ein Zufallstreffer. Ich sage dir ...

    „Erst mal hab ich Durst, Kelly, unterbrach ihn Barrymore. „Wir alle haben Durst. Bringst du den Jungs auch was nach draußen?

    „Was darf s denn sein?", fragte Kelly.

    „Wenn dein Bier noch so sauer ist wie bisher, dann kannst du schon mal ein paar Liter laufen lassen."

    Kelly lachte, und jetzt bemerkte Chaco, dass Kelly und seine Tochter eine gewisse Ähnlichkeit hatten. Besonders die Augenpartie ähnelte der ihres Vaters.

    „Mein Bier ist noch nie sauer gewesen, erklärte Kelly dröhnend. „Aber leider kann ich heute nicht damit dienen. Alle Fässer sind leer. Mit der neuen Lieferung ist erst Anfang nächster Woche zu rechnen. Du siehst also, nicht nur du bist durstig bei dieser Hitze. Wie wär’s mit Wasser oder meinem exzellenten Bourbon?

    Barrymore und Chaco bestellten Bourbon. Der Whisky war wirklich gut. Sie setzten sich an einen der Tische. Kelly brachte Elmore und Masters ihre Drinks zur Kutsche. Chaco blickte Kelly nach und sagte: „Das ist aber ein Brocken."

    Barrymore grinste.

    „Nicht wahr? Kelly war mal Boxchampion im Osten. ,Hammer von Boston' nannten sie ihn. Ein Ass mit den Fäusten. Wenn du ihn an seinen berühmten Kampf gegen Bill Cross und den sagenhaften K.o. in der fünften Runde erinnerst, gibt er dir einen aus." Er zwinkerte Chaco zu.

    Chaco hatte gerade sein Glas ausgetrunken, als Kelly zurückkam.

    „Na, wie schmeckt mein Bourbon?", fragte Kelly.

    „Ausgezeichnet, sagte Chaco. „Wie wär’s mit einer neuen Füllung?

    „Na klar, sagte Kelly. „Davon hab ich noch jede Menge. Er ging zur Bar und holte die Flasche.

    „Ich hörte, Sie sind ein berühmter Boxer?" Chaco hoffte nun, seinen Gratisdrink zu bekommen.

    „Da haben Sie richtig gehört, Mister." Kelly lächelte geschmeichelt und schenkte großzügig ein.

    „In Boston, nicht wahr?", plauderte Chaco weiter, um den Mann bei Laune zu halten.

    „Philadelphia, Boston ..."

    „Man nennt ihn den Hammer von Boston", warf Barrymore wie auf ein Stichwort hin ein.

    „Ah, dann war der berühmte Fight in Boston", setzte Chaco nach.

    Kellys blaugraue Augen blickten etwas verständnislos, wie Chaco verwundert feststellte. Der Koloss stellte die Whiskyflasche auf den Tisch.

    „Wieso?", fragte Kelly.

    „Na, gegen Bill Cross. Fünfte Runde. Dieser sagenhafte ..."

    Weiter kam Chaco nicht. Kellys Faust raste auf ihn zu. Chaco blieb nicht einmal mehr Zeit, den Kopf zur Seite zu reißen. Kelly hatte fast ansatzlos zugeschlagen.

    Kellys Faust traf Chaco am Kinn. Es steckte allerhand Dampf hinter dem Hieb. Chaco hatte das Gefühl, von einem Pferdehuf getreten worden zu sein. Er fiel um mitsamt dem Stuhl und erkannte benommen, dass er irgendwas Falsches gesagt haben musste. Dann sah er Barrymores Grinsen und ahnte die Zusammenhänge. Barrymore hatte ihn reingelegt.

    Na warte, Freundchen, dachte Chaco. Aber zunächst einmal war Kelly dran.

    Chaco hätte allenfalls von einer Frau eine Ohrfeige eingesteckt, wenn er ihr einen Grund dafür geliefert hätte. Aber was immer auch Kelly veranlasst haben mochte, ohne Vorwarnung zuzuschlagen das konnte Chaco nicht durchgehen lassen.

    Er schob den Stuhl zur Seite, dem jetzt ein Bein fehlte, und richtete sich langsam auf. Er lächelte den Hünen an, der mit grimmig zufriedener Miene vor ihm stand und die Hände sinken gelassen hatte wie ein Boxer, der zuschaut, während sein Gegner vom Ringrichter ausgezählt wird.

    Und dann schlug Chaco ebenso überraschend und blitzschnell zu. Kelly bewies erstaunliche Reflexe, riss noch die Arme hoch, um den Schlag abzublocken, doch Chaco war den entscheidenden Sekundenbruchteil schneller. Chacos knallharter Hieb erwischte Kelly am Kinn. Kelly wurde zurückgeschleudert und ruderte wie haltsuchend mit den Armen.

    Chaco hatte keine Lust, sich lange herumzuprügeln. Schon gar nicht mit dem „Hammer von Boston". Sein Kinn schmerzte noch von Kellys Treffer. Deshalb setzte Chaco sofort nach.

    Kelly fing sich gerade und wollte zum Gegenangriff übergehen, da fing er schon zwei blitzschnelle Schwinger von Chaco ein. Ein saftiger Aufwärtshaken folgte. Das war ein Volltreffer.

    Kelly fiel endgültig, und die Planken erzitterten, als er aufschlug.

    „Mann, das reicht", murmelte Barrymore, und es klang beinahe ehrfurchtsvoll.

    Chaco wandte sich zu dem Mann um und hob die Fäuste.

    „Das reicht auch noch für dich", sagte er grimmig und ging langsam auf Barrymore zu.

    Chuck Barrymore hob abwehrend beide Hände.

    „Schon gut, schon gut. Du hast gewonnen. Ich bezahle die Zeche."

    Chaco setzte sich auf einen anderen Stuhl an den Tisch und trank einen Schluck Bourbon. Er warf noch einen Blick zu Kelly, der noch am Boden lag und offensichtlich nicht wusste, wie er dahingekommen war. Kelly schüttelte ein paarmal den massigen Schädel und blinzelte.

    Dann wandte sich Chaco wieder Barrymore zu.

    „Ich warte auf eine Erklärung." Er rieb sich über den rechten Handrücken.

    Barrymore legte tatsächlich die Hand auf den Griff seines rechten Colts, und seine Haltung spannte sich.

    „Nun ja, meinte er. „Den Kampf gegen Bill Cross hat Kelly damals verloren. Das war das Ende seiner Laufbahn. Er wachte nach dem K.o. erst ein paar Stunden später wieder auf. Aber er kann sich noch an alles erinnern. Wenn ihn jemand darauf anspricht, dann sieht er rot. Barrymore zuckte mit den Schultern. „Ich hab doch nicht zu viel versprochen: Einen ausgegeben hat er."

    Chaco nahm die Whiskyflasche und ging zu Kelly, der sich gerade ächzend aufsetzte. Fassungslos starrte er Chaco an.

    „Mann, du hast aber mächtig was drauf. Das waren saubere Schläge."

    „Gut, dass du es vom Fachlichen her siehst", sagte Chaco und reichte Kelly lächelnd die Flasche.

    Kelly nahm einen langen Schluck, stand auf und sagte: „Da merkt man gleich, dass du ’n Profi bist. Dagegen war Cross ’ne Niete. Er hat mich unsauber auf die Bretter geschickt. Aber niemand hat das gemerkt. Er blickte Chaco noch einmal kopfschüttelnd an. „Wo hast du denn bisher gekämpft, Kollege?

    „Mal hier, mal da, erwiderte Chaco lächelnd. „Immer, wenn es nötig war.

    „Man nennt ihn den Hammer von Arizona, sagte Barrymore spöttisch. „Und ,Keule der Apachen‘. Ich sage dir ...

    Chaco warf ihm einen eisigen Blick zu, und Barrymore sagte nichts mehr.

    „Das ist ’n Ding, murmelte Kelly und rieb sich über das Kinn. „So trifft man sich hier. Schade, dass wir nicht mal früher zusammen im Ring standen.

    Chaco hatte noch nie in einem Boxring gestanden. Aber er hatte sich oft genug mit den Fäusten verteidigen müssen. Er ließ Kelly in seinem Glauben. Der Mann war ein fairer Verlierer.

    „Ein Drink auf Kosten des Hauses", erklärte Kelly dröhnend. Dann setzte er sich zu den beiden Männern an den Tisch, und sie plauderten, während Kellys Frau in der Küche das Essen zubereitete.

    Später gesellte sich dann auch Tony zu ihnen, und er wirkte zwar wie ein zufriedener, aber hungriger Kater. Er vertilgte zwei Portionen, und seine Kathy schaute ihm bei jedem Bissen zu.

    Ihr Vater erzählte ihr, seiner Frau und dem Stationshelfer Fred von dem größten Kampf seiner Laufbahn, und Chaco ließ die bewundernden Blicke über sich ergehen und lobte Kellys Schlagkraft, woraufhin Kelly sich dazu hinreißen ließ, noch einen Drink zu spendieren.

    Die Stimmung auf Kellys Station war harmonisch. Niemand sprach mehr von dem so glimpflich verlaufenen Apachenüberfall. Drei Stunden später setzten sie die Fahrt fort. Sie hatten eine Stunde länger gerastet als vorgesehen, aber Wilder versprach, die Zeit spielend wieder aufzuholen.

    Ihr nächstes Ziel war Chambers Station.

    Wilder schien seine eigenen Rekorde brechen zu wollen, denn er holte das Letzte aus dem frischen Gespann heraus.

    Die Männer in der Kutsche gingen wieder zur Routine über. Barrymore, Elmore und Masters spielten Poker, Tony kiebitzte und wusste alles besser, und Chaco erlaubte sich ein Nickerchen.

    Und niemand sah die drei Apachenspäher, die den Weg der Kutsche verfolgten. Es hätte sie auch niemand entdeckt, wenn man auch noch so intensiv nach ihnen Ausschau gehalten hätte.

    Dies war ihr Land.

    Die Apachen kannten jeden Felsen, jeden Hügel, jede Bodensenke. Und sie verstanden es meisterhaft, für einen Beobachter unsichtbar zu bleiben.

    4

    Dreißig Meilen von Kellys Station entfernt, im heißen Niemandsland zwischen Silver City und Lordsburg, lag das nächste Etappenziel der außerplanmäßigen Kutsche: „Chamber’s Inn".

    Es war ein Morgen wie jeder andere für die vier Menschen, die in der Station lebten. Nach dem Frühstück ging der alte Floyd Chamber in den Stall, um die Pferde zu versorgen. Seine Frau Eleanor kümmerte sich um ihren Gärten. Die grauhaarige Lady hatte sich mitten in der staubigen Einöde ein Stückchen Paradies geschaffen - ein Blumenbeet neben dem Corral der Station. Dort blühten rote Sandverben, gelbe, sternförmige Blumen, deren Namen Ma Chamber nicht einmal kannte, und dornige Ocotillos mit ihren schuppigen grünen Blättern und flammend roten Blüten. Es war ein schöner Farbtupfer im Grau und Ocker der Wildnis und Ma Chambers ganzer Stolz.

    Liebevoll betrachtete sie die Blütenpracht.

    Dann hörte sie die Schüsse und blickte auf.

    Sie seufzte.

    Bob, ihr Sohn, übte sich wieder einmal im Schießen. Wie jeden Tag. Sie stellte sich vor, wie er jetzt zwischen den Büschen am Creek stand und auf Flaschen und Büchsen schoss, und sie dachte: ein Jammer mit dem Jungen. Sechzehn Jahre — und nichts anderes im Kopf als Waffen und Schießen. Träumt davon, mal ein berühmter Revolvermann zu werden. Als wenn das ein erstrebenswertes Ziel wäre, schneller zu sein als andere. Mein Gott, wenn wir ihm das doch ausreden könnten! Ob ich mal mit Laura rede? Der Junge mag sie. Vielleicht kann sie ihn von seiner Schießleidenschaft abbringen?

    Laura Campbell lebte seit fast einem Jahr bei den Chambers auf der Station. Sie war eines Tages mit der Kutsche gekommen und geblieben. Die Chambers hatten sich oft gefragt, weshalb eine so attraktive junge Frau die Einsamkeit suchte. Entsprechende Fragen hatte sie immer höflich lächelnd, aber ausweichend beantwortet.

    Ja, ich werde mal mit Laura reden, dachte Eleanor Chamber, als sie zum Haus zurückging.

    Laura war in der Küche. Sie hantierte am Herd und summte „Yellow Rose of Texas" vor sich hin. Sie lächelte, als Ma Chamber die Küche betrat.

    „So, das Essen braucht nur noch zu kochen, Ma. Jetzt hab ich ein bisschen Zeit. Soll ich noch einen Kaffee machen?"

    Ma Chamber nickte und setzte sich an den Tisch. Devil, der, kleine schwarze Bastardhund, kam schwanzwedelnd zu ihr, und sie kraulte ihn gedankenverloren. Laura bemerkte, dass die alte Lady bedrückt war.

    „Ist etwas, Ma? Du siehst so traurig aus."

    Ma Chambers seufzte wieder.

    „Laura, ich mache mir Sorgen wegen Bob ..."

    Laura strich sich eine Strähne des schwarzen Haars aus der Stirn und nickte.

    „Er verpulvert wieder jede Menge Munition."

    Ma Chamber neigte lauschend den Kopf.

    „Ja, heute schießt er besonders oft. Aber das ist es nicht. Solange er noch auf Dosen oder Flaschen schießt, habe ich nichts dagegen. Aber er tut das doch nur mit dem Ziel, eines Tages auch auf Menschen zu schießen."

    „Ach, Ma, er ist noch ein richtiges Kind. Obwohl er sich einbildet, schon ein ganzer Mann zu sein." Sie dachte an den Morgen, als Bobby ihr nachgestellt hatte. Er hatte ihr einen regelrechten Antrag gemacht und versucht, sie in die Arme zu nehmen und zu küssen. Sie hatte ihn abgewiesen und ihm klargemacht, dass er erst mal erwachsen werden solle.

    Wahrscheinlich hat er mich nicht verstanden, dachte sie, und er tobt sich jetzt zornig und enttäuscht aus.

    „Ja, er ist noch ein Kind, wiederholte Ma Chamber gedankenverloren. „Was sind das nur für Zeiten, dass Kinder schon mit Waffen spielen.

    Laura Champell lachte hell. Sie versuchte, Ma Chamber zu trösten.

    „Ach, das gibt sich sicher noch. Mein Bruder hat früher auch immer mit einem Spielzeugrevolver rumgefuchtelt und hat sich vorgestellt, Kunstschütze zu werden. Heute ist er Arzt und flickt die Leute zusammen, die ihre pubertären Fantastereien auch als Große nicht bewältigt haben."

    „Das ist es ja eben, was mich beunruhigt. Wenn Bob noch elf oder zwölf wäre! Aber mit sechzehn ...! Da müsste ein normaler Junge doch schon andere Wünsche und Ziele haben. Als ich sechzehn war, hatte ich einen Freund, der konnte Klavier spielen, und ich tanzte zu seiner Musik. Es war wunderbar."

    Laura lächelte.

    „Sorg dich nicht, Ma! Ich glaube, Bobby entwickelt sich noch. Er ist noch unreif - wahrscheinlich hält er den Colt für sein ,Klavier‘, mit dem er sich bestätigen kann. Aber sonst hat er auch schon andere Interessen."

    Ma Chamber blickte Laura überrascht an.

    „Was interessiert ihn denn noch außer seiner Schießerei und Devil?" Sie tätschelte den kleinen Hund, der sich wieder schwanzwedelnd bemerkbar machte, als sein Name fiel.

    „Nun, zum Beispiel denkt er auch an Mädchen. Laura lachte. „An die Liebe. So verkehrt sich das Zerstörerische ins Gegenteil. Ein Mensch, der an die Liebe glaubt, wird irgendwann dahinter kommen, dass Waffen letzten Endes zum Töten erfunden worden sind, und er wird sie verabscheuen.

    Ma Chamber blickte Laura überrascht an.

    „Mädchen, ich mag dich, sagte sie dann montan. „Wie du das gesagt hast. Du bist doch auch noch so jung. Manchmal wünschte ich, du wärst meine Tochter. Und ich denke daran, dass du uns irgendwann wieder verlassen wirst.

    Laura ging zum Herd, denn das Kaffeewasser kochte.

    „Im Augenblick gefällt es mir noch ganz gut hier. Es ist zwar einsam, aber in der Einsamkeit hat man Zeit, sich Gedanken zu machen und mit sich selbst ins Reine zu kommen. Sie warf der grauhaarigen Frau einen Blick zu. „Als ich herkam, war für mich die Welt völlig durcheinander. Ich verstand sie nicht mehr. Und jetzt ist die Welt für mich wieder in Ordnung.

    Ma Chamber wollte eine Frage stellen, aber sie verzichtete darauf. Irgendwann würde Laura Campbell von sich aus über ihre Vergangenheit erzählen. Etwas anderes beschäftigte sie jetzt. Sie blickte Laura prüfend an.

    „Sag mal, Mädchen, wie kommst du darauf, dass Bobby an die Liebe, an Mädchen denkt? Hat er dir etwa …?"

    Laura schüttelte langsam den Kopf. Sie wollte Bobby nicht verraten oder seine Eltern beunruhigen. „Ah, ich sehe ihm das an der Nasenspitze an, an seinen Blicken. Wenn er etwas älter oder ich jünger wäre, würde er mir wahrscheinlich einen Antrag machen."

    „Nein. Das kann doch nicht wahr sein. Bobby? Der Junge ist doch wirklich noch ein Kind. Und viel zu schüchtern."

    „Irgendwann entwachsen alle den Kinderschuhen, erwiderte Laura. Und in Gedanken fügte sie hinzu: „Die Eltern bemerken das meistens als Letzte.

    Sie schenkte Kaffee ein.

    Ma Chamber war nachdenklich geworden. Schließlich wirkte sie fast vergnügt.

    „Das wäre ja schön, wenn Bobby langsam auf andere Ideen kommt. Vielleicht ist die Einsamkeit hier für seine Entwicklung nicht gerade förderlich. Vielleicht sollten wir mal mit ihm zur Stadt fahren, damit er sich ein bisschen umsehen kann. Die wenigen Reisenden, die er hier mal sieht, sind einfach zu wenig."

    „Vielleicht ist irgendwann einmal ein Mädchen dabei, eine kleine Prinzessin, die nur auf ihn wartet."

    Ma Chamber winkte ab.

    „Ah, den Traum kann er vergessen. In seinem Alter hab ich auch immer von einem Märchenprinzen geträumt, der mich eines Tages entführt. Und wie war die Wirklichkeit? Der Märchenprinz kam nicht. Stattdessen kam Floyd. Und ich musste ihn entführen, denn er war schüchterner als ein dummer Farmersjunge. Dabei hatte er schon einen berühmten Namen als Revolverma..." Sie verstummte, als hätte sie zu viel gesagt.

    Laura hatte verstanden. Die Neuigkeit überraschte sie, aber sie ließ sich nichts anmerken. Der alte Floyd Chamber ein berühmter Revolvermann? Jetzt wurde Laura vieles klar. Vor allem die Sorge der Eltern um Bobby. dass er so werden könnte wie sein Vater.

    Ma Chamber nippte an ihrem Kaffee.

    „Ja, Mädchen. Jetzt habe ich es verraten, dabei soll es niemand wissen. Vor allem Bobby nicht. Floyd war einer dieser legendären Revolverschwinger. Jetzt ist er alt und hat die Gicht. Ich glaube, ich könnte noch schneller einen Colt ziehen als er. Er hat mir damals die Wahrheit gesagt. Und er hat mir geschworen, nie mehr eine Waffe anzurühren. Wir sind vor zwanzig Jahren absichtlich an diesen einsamen Platz mitten in der Wildnis gezogen. Floyd wollte nichts als Ruhe, wollte vergessen. Es war eine sehr glückliche Zeit. Aber ich weiß, dass er unter Bobbys Schießwut leidet. jedes Mal, wenn Bobby übt, wird er an seine alte Zeit erinnert."

    „Vielleicht solltet ihr mal ein offenes Wort mit Bobby reden."

    „Wir haben es mehrfach versucht. Er verschließt sich sofort, er meint, wir hätten kein Verständnis für die Jugend. Sie blickte Laura bittend an. „Könntest du nicht mal mit ihm sprechen?

    „Warum nicht?, sagte Laura. „Ich kann es ja mal versuchen.

    „Aber sag nichts von der Vergangenheit meines Mannes, bitte." Die ältere Frau legte eine Hand über Lauras Rechte. Laura nickte.

    „Ich werde ihm gleich Kaffee bringen. Vielleicht ergibt sich da schon eine Gelegenheit."

    Floyd Chambers betrat die Küche. Er war ein kleiner, fast schmächtiger Mann Anfang sechzig. Er ging schleppend und etwas gebeugt. Die vielen Falten und Runzeln in seinem von Wind und Wetter gegerbten Gesicht ließen ihn noch älter wirken, als er war. Er schob seinen speckigen Hut in den Nacken und wischte sich die Hände an der verschlissenen Reithose ab. Als er lächelte, gerieten die Runzeln und Falten in Bewegung.

    „Ah, da sieht man mal wieder, wie anstrengend die Hausarbeit ist, sagte er mit erstaunlich tiefer Stimme und lachte glucksend. „Habt ihr noch etwas Kaffee übrig?

    Laura schenkte noch ein.

    „Du hast dich auch nicht gerade zu Tode gearbeitet", sagte Ma Chambers, als ihr Mann ächzend am Tisch Platz nahm.

    „Immerhin habe ich mein Morgenpensum erledigt", erwiderte Chamber und holte sein Rauchzeug hervor. Er stopfte Tabak in die Pfeife und steckte ihn umständlich in Brand. Dann blies er genussvoll dicken Qualm aus. Ma Chamber begann, ihrem Mann einen Vortrag über die anstrengende Hausarbeit zu halten, und Laura lächelte in sich hinein. So gut sich die beiden Alten auch verstanden, bei diesem Thema gerieten sie sich jedes Mal in die Haare.

    Laura nahm die Kaffeekanne und einen Becher.

    „Dann will ich mal Bobby etwas zu trinken bringen, sagte sie und wandte sich zur Tür. „Unser Held wird Durst haben.

    „Jetzt wird der nichtsnutzige Bengel auch noch bedient", hörte Laura Floyd Chamber mürrisch sagen, als sie die Küche verließ.

    Auf dem Weg zum Creek, zu Bobbys „Schießplatz", bemerkte Laura am nördlichen Horizont drei Reiter. Sie waren noch weit entfernt, so dass sie wie winzige Punkte erschienen, die langsam in einer Staubwolke näher krochen.

    Ob die bei uns rasten?, dachte Laura.

    Es kam vielleicht alle paar Wochen mal vor, dass Reiter den Postkut schentrail benutzten und in „Chamber’s Inn", einkehrten.

    Es war immer eine Abwechslung im alltäglichen Trott.

    Vielleicht ist eines Tages auch einmal mein Märchenprinz dabei, dachte Laura. Der Gedanke erheiterte sie. Beschwingt setzte sie ihren Weg fort.

    Bobby lag im Gras am Ufer des Creeks. Als er Lauras Schritte hörte, sprang er auf, und seine Rechte zuckte zur Colthalfter. Dann sah er Laura zwischen den Büschen auftauchen und entspannte sich.

    „Es sind keine Indianer und keine bösen Buben, sagte Laura mit leichtem Spott, „sondern es ist deine Freundin Laura mit dem Kaffee. Sie schritt anmutig zu Bobby und setzte sich neben ihn ins Gras.

    „Freundin ist gut, murmelte Bobby. Er hatte eine Stimme, die noch stark an den Stimmbruch erinnerte. „Heute Morgen warst du aber anderer Meinung. Es klang fast trotzig.

    Laura blickte den Jungen an. Er war fast zwei Köpfe größer als sein Vater, schlaksig und mager. Sein blonder Haarschopf hing ihm wirr in die Stirn. Er hatte blassblaue, muntere Augen. Seine Haut war sommersprossig und mehr rot als braun.

    Laura lächelte ihn an.

    „Nein, ich war nicht anderer Meinung, Bobby ..."

    „Nenn mich nicht Bobby! Mein Name ist Robert. Allenfalls kannst du Bob zu mir sagen. Aber ich habe es satt, mich andauernd wie einen dummen Jungen behandeln zu lassen."

    „In Ordnung, Robert, sagte Laura geduldig. „Du bist fast schon erwachsen. Warum bist du so ärgerlich? Noch wegen heute Morgen? Lass uns das vergessen und wieder gute Freunde sein!

    „Auf so eine Freundin pfeife ich, sagte Bob. „Du hast dich ja nicht mal küssen lassen.

    Laura lachte. „So ist das. Du hältst das für das Wichtigste. Glaubst du wirklich, dass sich Freund und Freundin küssen müssen?"

    „Na klar, das gehört doch zu der Liebe dazu."

    „Aber Liebe und Freundschaft ist etwas anderes, erklärte ihm Laura. „Es ist schön, wenn beides zusammentrifft, aber das ist sehr selten.

    „Für mich ist das dasselbe. Entweder küsst du mich, oder du kannst mich nicht leiden. Sein Blick nahm einen hungrigen Ausdruck an, als er über ihre Formen tastete. „Mit einem Kuss fängt alles an, und dann sehen wir weiter. Er bemühte sich, das lässig zu sagen, aber Laura spürte, wie es in dem Jungen aussehen musste. Sie hatte Mühe, über sein Getue nicht zu lachen. Er war eben doch noch ein Bobby, kein Bob und ein Robert schon gar nicht.

    „Sieh mal, Bob, sagte Laura, „ich kann dich verstehen und ganz gut leiden. Aber ich liebe dich nicht. Sie hob abwehrend die Hand, als er auf begehren wollte. „Das liegt nicht daran, dass du ein paar Jährchen jünger bist als ich. Sie knuffte ihm freundschaftlich in die Seite. „Es ist keine Frage des Alters, wenn man sich liebt, Bob.

    „Und was ist es denn?", fragte Bob.

    „Das ist schwer zu beantworten. Es ist einfach da. Laura Campbell wusste nicht, wie sie dem Jungen ihre Gedanken verständlich machen konnte. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Schließlich sagte Bob, ohne sie anzusehen: „Warst du denn schon mal verliebt? Ich meine, so richtig?

    Sie spürte, dass er ihrer Antwort entgegenfieberte.

    „Ja, Bob, ich war schon mal verliebt. So richtig. Damals war ich dreiundzwanzig. Bevor ich hierhin kam, kannte ich einen Mann, den ich liebte..

    „Tatsächlich? Bob starrte sie offenen Mundes an. „Davon hast du ja noch gar nichts erzählt.

    Laura lachte.

    „Du hast mich auch noch nicht danach gefragt. Sie schaute ihn überlegend an. „Wenn du mir versprichst, dass es unser Geheimnis bleibt, erzähle ich dir noch mehr.

    „Versprochen", sagte Bob fast feierlich.

    Manchmal wirkt er noch wie ein Zwölfjähriger, dachte Laura bei sich. Sie hoffte, dass sie dem Jungen so einiges ausreden konnte. Zum Beispiel seine Schießleidenschaft. Oder dass er sich falsche Hoffnungen bei ihr machte. Heute Morgen hatte er sich wie ein liebestoller Jüngling auf geführt. Sie wollte ihn nicht kränken, aber er musste einsehen, dass er sich nicht in dumme Fantasien verrennen durfte.

    Sie erklärte ihm, was sie unter Liebe und Freundschaft verstand, aber sie hatte das Gefühl, dass er ihr nicht ganz folgen konnte. Er legte einen Arm um ihre Schulter, und sie ließ ihn gewähren. Sie lenkte das Thema wieder auf ihre Vergangenheit.

    „Ich liebte diesen Mann vom ersten Tag an, als ich ihn sah. Es war einfach da, ein Gefühl, das tief aus dem Herzen kommt, und das man nicht erzwingen kann. Auch er liebte mich, so glaubte ich jedenfalls. Wir waren eine Zeitlang sehr glücklich miteinander. Aber da wusste ich noch nicht, dass er ein berühmter Revolvermann war."

    „Was? Das interessierte Bob wie erwartet. ,,So ’n richtiger Revolverschwinger?

    „Ja, sie nannten ihn das schnellste Eisen von Laredo."

    „Und?, fragte Bob ungeduldig. „Weiter?

    „Da gibt’s nicht mehr viel zu erzählen, erwiderte Laura herb. „Er starb bei einer Schießerei.

    „Damit muss man immer rechnen, sagte Bob. „Viele große Namen hat’s erwischt. Es gehört natürlich ein bisschen Glück dazu, sich immer zu behaupten. Aber das Meiste ist Können.

    „So, meinst du? Laura schüttelte den Kopf, dass ihr langes schwarzes Haar flog. „Irgendeiner ist immer schneller. Eine Kugel kann alles auslöschen: das Leben, die Liebe, das Glück. Denk mal darüber nach, Bob!

    Bob blickte plötzlich misstrauisch. Er nahm den Arm von ihrer Schulter.

    „Eh, warum erzählst du mir das? Klingt ja beinahe wie die Predigten von Ma und Pa. Sie meckern mich auch andauernd an, weil ich übe, um meine Form zu steigern und geschmeidig zu bleiben. Hast du auch etwas dagegen? Hast du mir das nur erzählt, um mir den Spass zu verderben? He, das mit dem Revolvermann stimmt vielleicht gar nicht?"

    „Doch, erwiderte Laura, „es stimmt. Und sie dachte: Im Großen und Ganzen stimmt es. Tom war zwar kein berühmter Revolvermann, sondern ein berüchtigter Killer - aber was macht das für Bob schon einen Unterschied?

    „Naja, überlegte Bob, „wenn man Pech hat, hat man eben Pech. Das mit deinem Freund tut mir leid. Wart ihr eigentlich verheiratet?

    Laura schüttelte den Kopf. Bob grinste verständnisvoll, aber Laura wusste, dass der Junge noch gar nichts verstand. Er zog einen Schmollmund, als sie sich erhob.

    „Willst du schon gehen? Wir haben uns doch gerade so schön unterhalten."

    Sein Blick verriet ihr, dass er gehofft hatte, das Gespräch auf andere Art fortsetzen zu können.

    „Ich muss mich um das Essen kümmern", erwiderte sie und schritt davon. Sie dachte: Irgendwann werde ich noch deutlicher bei ihm werden müssen.

    In der Tür der Station wandte sie sich noch einmal um. Die Büsche am Creek verdeckten die Sicht auf Bob. Die drei Reiter waren jetzt bis auf etwa eine halbe Meile heran. Sie ritten im Galopp.

    Als Laura später aus dem Küchenfenster blickte, sah sie die Reiter wieder.

    Die drei Männer trennten sich. Zwei ritten auf dem Trail weiter, der dritte trieb sein Pferd am Corral vorbei auf das Stallgebäude zu.

    Dann stockte Laura der Atem.

    Der Reiter ritt mitten durch Ma Chambers Blumenbeet. Er rief den anderen etwas zu, was Laura nicht verstehen konnte, und lachte. Sie konnte sein Gesicht sehen. Ein breites, aufgedunsenes, stoppelbärtiges Gesicht. Das Pferd trampelte die Blumen nieder, und der Reiter lachte!

    Im nächsten Augenblick tauchte Floyd Chamber in der Stalltür auf. Er rief dem Reiter etwas zu.

    Der Reiter griff zum Colt.

    Dann peitschte auch schon der Schuss. Floyd Chambers Hut segelte davon.

    Laura war vor Schreck wie erstarrt. Das sind keine normalen Gäste, durchfuhr es sie. Das sind wilde, gefährliche Burschen. Wieder knallte es, und Laura sah, wie Floyd Chamber erschrocken zur Seite sprang. Der Mann, der geschossen hatte, stemmte die Hände aufs Sattelhorn und lachte.

    Der Hufschlag war vor der Station verstummt. Schritte näherten sich. Eine raue Stimme rief etwas. Dann schrie Ma Chamber, die im Hauptraum die Tische gesäubert hatte. Es war ein schriller Schrei voller Furcht.

    Laura lief aus der Küche. Auf dem Gang blieb sie abrupt stehen.

    Ein Mann stand in der Tür. Ein finsterer Mann mit stechendem Blick. Er hielt einen Colt in der Hand.

    „Eh, sagte er rau und musterte sie lüstern. „Das ist aber ’ne Überraschung. Da wird sich Rufus aber freuen.

    Die Tür zum Hauptraum ging auf, und Laura sah Ma Chamber. Die grauhaarige Frau war blass und wirkte völlig verstört. Hinter ihr tauchte ein Mann auf. Er war groß, und seine schwarze Kleidung war staubig und verschwitzt. Auch er hielt einen Revolver in der Hand. Er gab Ma Chamber einen Stoß und zischte: „Ich hab dich etwas gefragt, Mylady! Und ich wiederhole nicht gern meine Fragen. Sind das alle auf der Station?"

    Er richtete drohend seinen Revolver auf die Frau. Ma Chamber nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Ihre Lippen zitterten.

    Devil, der kleine Bastardhund sprang bellend in den Gang. Der Schwarzgekleidete ruckte herum und schoss. Ma Chamber schlug die Hände vors Gesicht. Der Hund überschlug sich, sein Bellen ging in ein klagendes Jaulen über und erstarb dann.

    Ein Schrei brach über Lauras Lippen. Entsetzt starrte sie auf den toten Hund.

    „Verbrecher!, schrie sie. „Gemeine ...

    Der zweite Mann war mit zwei Sätzen bei ihr und schlug ihr ins Gesicht. Laura taumelte zurück und prallte gegen den Türrahmen.

    In diesem Moment ging die Hintertür auf. Floyd Chamber wurde von dem dritten Banditen ins Haus gestoßen. Der alte Mann stürzte. Der Bandit kicherte.

    Dann sah er Laura, und seine Augen begannen zu glitzern.

    „He, Jungs, ich werd verrückt. Was haben wir denn da? Das ist ja genau meine Kragenweite." Und er fügte eine obszöne Bemerkung hinzu.

    Laura erschauerte.

    Floyd Chamber erhob sich. Er blickte fassungslos auf den toten kleinen Hund, und seine Lippen bewegten sich lautlos. Seine Augen zeigten Schmerz und Erschütterung. Er blickte seine Frau an, dann Laura, und sie sah, dass seine Hand zitterte, die er in ohnmächtiger Wut zur Faust geballt hatte. Der Schwarzgekleidete wies mit dem Colt auf den toten Hund und sagte kalt: „Ihr seht, dass dies alles kein Spass ist. Dann fixierte er Chamber. „Alter, du bist wohl Chamber. Ist außer euch dreien noch jemand auf der Station?

    Chamber zögerte, schluckte, dann schüttelte er den Kopf und warf seiner Frau einen mahnenden Blick zu.

    ,,Boss, was sagst du zu der Puppe?", rief der bullige Mann mit dem aufgedunsenen Gesicht. Er kicherte seltsam schrill und hoch und schob sich an Floyd Chamber vorbei auf Laura zu. Sein Blick tastete über ihren Körper.

    Sie wollte vor ihm zurückweichen, doch er war schneller. Er packte sie vorne am Kleid, dass der Stoff einriss, und zerrte sie brutal an sich. Er hielt sie hart umklammert.

    Sie roch seinen fauligen Atem, sah seine gierig funkelnden Augen und verspürte Übelkeit.

    Verzweifelt bäumte sie sich auf, doch der Bandit presste sie nur noch fester an sich und lachte.

    „Warum so widerspenstig, Baby? Ich hab bisher noch jede gezähmt."

    Sie spürte seine tastende Hand auf ihrem Körper, und es war ihr, als würde eine Schlange über ihre Haut kriechen. Sie bog den Kopf zurück, als der Mann versuchte, sie zu küssen.

    Sein irres Kichern gellte in ihren Ohren. Seine Lippen berührten ihren Hals. Sie glaubte, ohnmächtig zu werden. Doch dann gab ihr irgendetwas neue Kraft. Sie hob ihren Fuß und trat damit zu.

    Der Kerl ließ sie fluchend los. Sein Atem ging heftig. Seine kleinen, schwarzen Augen starrten sie jetzt tückisch an. Er hob drohend eine Hand.

    „Du hast mich getreten, Baby? Das hast du nicht umsonst getan. Dafür werde ich dich ..."

    „Schluss jetzt, Rufus!" Die Stimme des Schwarzgekleideten war schneidend.

    Lauras Herz hämmerte. Sie hielt ihr eingerissenes Kleid vor dem Busen zusammen.

    Der Kerl namens Rufus wandte sich von ihr ab. „Aber, Boss ..."

    „Ich sagte Schluss! Du bringst den Köter raus und kümmerst dich um die Pferde!"

    Rufus zögerte, dann wandte er sich wieder Laura zu. Er kicherte: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, Baby!" Sein aufgedunsenes, verlebtes Gesicht verzog sich zu einem gemeinen Grinsen. Dann machte er kehrt, nahm den toten Hund und stampfte davon.

    Floyd Chamber und seine Frau hatten die Szene entsetzt beobachtet, vom Schock wie gelähmt.

    Innerhalb von Minuten war der Frieden für die Menschen auf der kleinen Station zerstört und das Grauen eingekehrt.

    „Matt, du siehst dich ein bisschen in der Gegend um", sagte der Schwarzgekleidete.

    „Aber erst brauche ich ’nen kräftigen Schluck, Jeff."

    „Tu, was ich dir sage! Jeffs Tonfall duldete keinen Widerspruch. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Matt zuckte mit den Schultern, dann warf er Laura noch einen lüsternen Blick zu, rückte seinen Revolvergurt zurecht und verließ die Station durch die Hintertür.

    „Und jetzt zu euch!, sagte der Boss und blickte von den beiden Frauen zu Chamber. „Ich sagte schon, dies ist kein Spass. Wir sind nicht zu einem Picknick hier.

    „Mister, bei uns ist nicht viel zu holen, sagte Chamber. „Wenn Sie glauben ...

    „Ich glaube gar nichts, Opa, unterbrach ihn der Bandit spöttisch. „Ich weiß nämlich alles. Er ruckte mit dem Coltlauf. „Nur nicht die genaue Uhrzeit. Um wieviel Uhr kommt die Kutsche?"

    „Heute kommt gar keine", antwortete Floyd Chamber verwundert.

    „Irrtum, sagte der Banditenboss. Er maß Chamber mit einem kalten Blick. „Möglich, dass du davon nichts weißt. Ist ja auch egal. Vor Mittag wird sie nicht hier sein. Wir haben noch ’ne Weile Zeit. Ich werde euch erklären, worum es geht. Und ihr werdet genau das tun, was ich euch sage. Wenn nicht ... Er ließ den Rest unausgesprochen.

    Aber die drei Menschen in der Station wussten auch so, was er meinte. Ihr Leben war in der Hand dreier Verbrecher.

    5

    Häuptling Big Cloud blickte lange auf seinen toten Sohn hinab. Vor zwei Tagen war Kleine Wolke mit einem Trupp ebenfalls junger Krieger zur Jagd aufgebrochen.

    Jetzt hatten sie ihn zurückgebracht. Tot.

    Von Weißen erschossen.

    Nichts in dem scharf geschnittenen Gesicht des Häuptlings verriet die Gefühle, die in ihm tobten, den Schmerz, die Trauer und den Hass. Hass auf die Weißen, die seinen Sohn erschossen hatten.

    Schweigend standen die dreiundvierzig Krieger ein paar Dutzend Yards entfernt im Halbkreis und blickten ihren Häuptling an. Schließlich erhob sich Big Cloud und blickte über das weite Land. Eine Weile verharrte er so, dann gab er einem der Krieger ein Zeichen. Der Krieger eilte sofort zu ihm.

    „Erzähle, Kleiner Bogen!", sagte Big Cloud.

    Kleiner Bogen berichtete. Big Cloud hörte schweigend zu.

    Statt auf die Jagd waren die jungen Krieger unter der Führung von Kleine Wolke auf einen Beutezug geritten. Sie hatten einen Frachtwagen überfallen, zwei Skalps, einige Waffen und Feuerwasser erbeutet. Als sie vom Feuerwasser berauscht gewesen waren, hatte Kleine Wolke die Idee gehabt, Kellys Station zu überfallen. Dabei war er ums Leben gekommen.

    „Er ist tapfer im Kampf gegen die Bleichgesichter gestorben", sagte Kleiner Bogen.

    Big Cloud war ein erfahrener Mann. Er wusste, dass Kleiner Bogen in diesem Punkt log. Sein Sohn hatte eine Kugel in den Rücken bekommen.

    Aus der wortreichen Schilderung des jungen Kriegers ging hervor, dass plötzlich die Kutsche aufgetaucht war und die Weißen überraschend das Feuer eröffnet hatten. Dass die Apachen die Kutsche so spät erst bemerkt hatten, war wohl nur durch ihre Unerfahrenheit zu erklären und damit, dass sie zu viel Feuerwasser getrunken hatten.

    Für Big Cloud bestand kein Zweifel: Als die Weißen geschossen hatten, mussten Kleine Wolke und seine Stammesbrüder auf der Flucht gewesen sein. Er war nicht im tapferen Kampf gestorben.

    Aber Big Cloud war Kleiner Bogen für diese Lüge dankbar.

    Niemand sollte denken, sein Sohn Kleine Wolke sei ein feiges Weib gewesen. Er sollte mit allen Ehren in die Ewigen Jagdgründe eingehen - als der mutige und ruhmreiche Sohn

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