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Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis
Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis
Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis
Ebook568 pages6 hours

Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis

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Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis

Dieses Buch enthält folgende Krimis:

A.F.Morland: Attentat in der Klinik

A.F.Morland: Tardelli und der Guru

A.F.Morland: Mordgeflüster in Venedig

A.F.Morland: Hölle am Himalaja

Nach den Morden an den Inhabern eines bedeutenden Plattenkonzerns, die von einem schwarz gekleideten Inder getötet wurden, glaubt COUNTER CRIME - eine geheime US-Regierungsstelle, die das organisierte Verbrechen bekämpft -, dass der weltbekannte indische Guru Singh Rajnah, der über eine große Anhängerschar verfügt, auch ein Handlanger der Mafia ist. Roberto Tardelli, der beste CC-Agent aller Zeiten, begibt sich daraufhin nach Indien, um dem Scheinheiligen die Maske herunterzureißen. Doch der mutige Mafia-Jäger läuft geradewegs in eine Falle ...
LanguageDeutsch
PublisherAlfredbooks
Release dateApr 24, 2018
ISBN9783745204407
Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis
Author

A. F. Morland

A. F. Morland schrieb zahlreiche Romane und ist der Erfinder der Serie Tony Ballard.

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    Sammelband 4 Krimis - A. F. Morland

    Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis

    Dieses Buch enthält folgende Krimis:

    A.F.Morland: Attentat in der Klinik

    A.F.Morland: Tardelli und der Guru

    A.F.Morland: Mordgeflüster in Venedig

    A.F.Morland: Hölle am Himalaja

    NACH DEN MORDEN AN den Inhabern eines bedeutenden Plattenkonzerns, die von einem schwarz gekleideten Inder getötet wurden, glaubt COUNTER CRIME – eine geheime US-Regierungsstelle, die das organisierte Verbrechen bekämpft –, dass der weltbekannte indische Guru Singh Rajnah, der über eine große Anhängerschar verfügt, auch ein Handlanger der Mafia ist. Roberto Tardelli, der beste CC-Agent aller Zeiten, begibt sich daraufhin nach Indien, um dem Scheinheiligen die Maske herunterzureißen. Doch der mutige Mafia-Jäger läuft geradewegs in eine Falle ...

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Attentat in der Klinik

    Roman von A. F. Morland

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 111 Taschenbuchseiten.

    Die hübsche und engagierte Krankenschwester Lydia Fersten fällt Harun, dem Sohn des Scheichs, sofort auf, und er verliebt sich in sie. Er bittet den Chefarzt, Dr. Richard Berends, Lydia seinem Vater, der sich in der Wiesen-Klinik einem Gesundheitscheck unterzieht, zur Seite zu stellen, um sie dadurch öfter zu sehen. Lydia verfällt seinem Charme und verliebt sich ebenfalls in ihm. Doch sie kommen beide aus verschiedenen Welten. Wird diese Liebe eine Zukunft haben? Währenddessen ist in der Wiesen-Klinik ein Attentäter unterwegs, den Scheich zu töten...

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1

    Sie trafen sich in Abu Dhabi am Persischen Golf: Halef Mudji, der Mörder, und Ibn Achbar, der machthungrige Neffe des Scheichs von Yanba.

    Es war heiß und stickig in dem Lokal, und dicke Rauchwolken hingen über den Tischen. Auf einer kleinen Tanzfläche zeigte eine nicht mehr ganz junge Bauchtänzerin ihre Kunst. Ihre rhythmischen Bewegungen glichen einer Schlange, waren geschmeidig und verführerisch. Sie tanzte sehr oft bis nahe an den Tisch der beiden Männer heran, denn Halef Mudji war ein attraktiver Mann mit schwarzem Haar und tiefschwarzen, glänzenden Augen, und es ärgerte sie, dass er ihr keine Beachtung schenkte. Sie konnte nicht wissen, dass ihn Frauen nicht interessierten, wenn er mit jemandem über Geschäfte redete, und genau das war der Grund, weshalb er sich hier eingefunden hatte.

    Er war Ibn Achbar als zuverlässiger Mann empfohlen worden. Nicht billig, jedoch sein Geld wert, und so einen Mann brauchte Achbar, denn er witterte seine Chance.

    Das Emirat Yanba grenzte an diesen Staat, und Ibn Achbar fand, dass dort der falsche Mann regierte.

    Sein Onkel Rashid Achbar war vor zwanzig Jahren an die Macht gekommen, und Ibn Achbar vertrat die Ansicht, dass es bei der damaligen Machtübernahme nicht korrekt zugegangen war. Sein Vater, Rashid Achbars älterer Bruder, hätte die Führung des Landes übernehmen müssen, doch er hatte verzichtet. Zum Wohle des Volkes, wie es allgemein geheißen hatte, denn angeblich war Rashid Achbar der bessere Politiker.

    Ibn Achbar ließ das nicht gelten. Er lebte in der Überzeugung, dass Yanba nach dem Tod seines Vaters ihm gehören müsste, doch sein Onkel würde ihm den Platz an der Spitze niemals überlassen.

    Zwanzig Jahre hatte man ihn um das, was ihm rechtmäßig zustand, betrogen, fand er, und er war der Meinung, dass zwanzig Jahre reichten.

    Verschiedener Differenzen wegen hatte Ibn Achbar Djeha, die Hauptstadt von Yanba, vor zwei Jahren verlassen. Aber er hatte Freunde und Verbündete, die jederzeit bereit waren, ihn bei einem Staatsstreich zu unterstützen. Man hatte ihm etliche Pläne unterbreitet, die darauf abzielten, seinen Onkel zu entmachten. Er hatte sie alle verworfen, weil sie ihm nicht sicher genug erschienen.

    Zwei Jahre lebte er nun schon im freiwilligen Exil, und sein Herz war voller Bitterkeit und Hass. Er liebte das Volk von Yanba nicht, wie es sein Onkel tat. Er wollte es nur beherrschen und wissen, dass die Reichtümer des Emirats ihm gehörten. Ihm, dem rechtmäßigen Oberhaupt.

    Die Bauchtänzerin neigte sich vor ihrem Tisch weit zurück und schüttelte die nackten, wohlgerundeten Schultern. Halef Mudji griff mit gelangweilter Miene nach seinem eisgekühlten Mangosaft und trank.

    Ibn Achbar wartete, bis sich die Tänzerin entfernt hatte, dann sagte er: „Endlich ist meine Zeit gekommen. Du wirst Rashid Achbar für mich aus dem Weg räumen. Damit erweist du dem Volk von Yanba einen sehr großen Dienst."

    Mudji lächelte kalt.

    „Das Volk von Yanba interessiert mich nicht. Keinen Finger würde ich rühren, wenn du nicht bereit wärst, meinen Preis zu bezahlen."

    „Eine Million US Dollar. Das ist sehr viel Geld."

    „Niemand zwingt dich, das Geschäft mit mir zu machen. Ich habe meinen Preis."

    „Und ich habe ihn akzeptiert."

    „Weil du weißt, dass ich erstklassige Arbeit leiste, sagte Mudji. „Bei mir ist Rashid Achbar bestens aufgehoben.

    „Du kriegst die Hälfte der vereinbarten Summe im Voraus, den Rest, nachdem ich die Macht übernommen habe."

    Mudji nickte. „Einverstanden."

    Ibn Achbar grinste. „Du hast großes Vertrauen zu mir."

    „Du bist ein Ehrenmann", sagte der Berufsmörder.

    „Ich könnte dich nach dem Mord an meinem Onkel um einen Kopf kürzer machen lassen."

    „Warum solltest du das tun?", fragte er.

    „Um vor meinem Volk besser dazustehen."

    Mudji griff wieder nach seinem Glas.

    „Ich habe keine Bedenken. Du wirst bezahlen. Auf mein Schweizer Bankkonto. Und ich werde Yanba sehr lange fernbleiben."

    Ibn Achbar lachte rau.

    „Du traust mir also doch nicht so ganz."

    „Vorsicht ist die Mutter der Weisheit, erwiderte Halef Mudji. „Wann soll es geschehen?

    „So bald wie möglich. Ich habe genug vom Warten. Ich will endlich haben, was mir gehört."

    „Ich begebe mich morgen nach Djeha und treffe die Vorbereitungen", sagte Mudji, doch damit war der Neffe des Scheichs nicht einverstanden. Er schüttelte den Kopf.

    „Es darf nicht in Djeha geschehen. Du wirst meinen Onkel töten, wenn er außer Landes ist."

    „Hat er die Absicht, Yanba in absehbarer Zeit zu verlassen?"

    Ibn Achbar nickte. „Er wird sich mit seiner Familie nach Europa begeben."

    „Ein offizieller Staatsbesuch? Das würde meine Arbeit erschweren."

    „Er reist privat nach Deutschland, scheint kein Vertrauen zu den eigenen Ärzten zu haben, will sich anderswo gründlich untersuchen lassen."

    „Gibt es einen Grund dafür?"

    „Er ist sechzig Jahre alt und der Meinung, sein Volk müsse von einem gesunden Staatsoberhaupt regiert werden. Sollte man ihm in Deutschland diese völlige Gesundheit nicht bescheinigen, würde er die Regierungsgeschäfte seinem Sohn Harun übergeben, und dazu darf es nicht kommen."

    „Wenn ich Rashid Achbar töte, rückt sein Sohn doch automatisch nach."

    Es funkelte grausam in Ibn Achbars Augen.

    „Mein Cousin wird es nicht wagen, nach Djeha zurückzukehren und mir die Macht streitig zu machen. Der Schmerz über den Tod seines geliebten Vaters wird ihn zerbrechen. Er wird nicht mehr geeignet sein, die Geschicke eines Staates zu lenken."

    „Du sprichst von ihm, als wäre er ein Feigling und ein Weichling. Ich würde mich an deiner Stelle vor diesem Mann in Acht nehmen. Das Volk liebt ihn, und er hat in verschiedenen Situationen Mut und Entschlossenheit bewiesen."

    „Er ist keine so starke Persönlichkeit wie sein Vater. Rashid Achbar stützt ihn. Wenn ich ihn dieses Halts beraube, wird er stürzen."

    „Es wäre besser, wenn ich ihn ebenfalls töten würde", sagte Halef Mudji nüchtern.

    Doch Ibn Achbar winkte ab.

    „Das ist nicht nötig. Du konzentrierst dich auf meinen Onkel. Sobald Rashid Achbar tot ist, kehre ich nach Djeha zurück. Dann wird nach zwanzig Jahren endlich der richtige Achbar über das Volk von Yanba regieren. Harun wäre verrückt, wenn er nach Hause käme. Ich würde ihn des Hochverrats bezichtigen und öffentlich hinrichten lassen. Das weiß er."

    „Du hast dir sehr viel vorgenommen", sagte Mudji grinsend.

    „Ja..., sagte Ibn Achbar gedehnt. „Und es wird mir gelingen. Rashid Achbar muss sterben - in Bergesfelden. Höre weiter meinen Plan ...!

    2

    Blond, hübsch und blauäugig war Lydia Fersten. Ein ungemein sympathisches Mädchen von knapp zwanzig Jahren, modern gekleidet und ansteckend quirlig. Sie war noch nie in der Wiesen-Klinik gewesen, deshalb hatte sie sich das große Gebäude schon draußen sehr beeindruckt angesehen, und nun staunte sie drinnen über die spürbar angenehme Atmosphäre. Manche Krankenhäuser sind nüchtern und unpersönlich, haben das Flair von Operationsfabriken, von Fließbandbehandlung und Computertherapie. In der Wiesen-Klinik stand der Mensch im Vordergrund, und alles, was um ihn herum passierte, war in erster Linie auf ihn und sein Wohlbefinden abgestimmt.

    Dr. Richard Berends, der Chefarzt, stand auf dem Standpunkt, die Klinikatmosphäre dürfe den Patienten nicht deprimieren, sondern müsse mit dazu beitragen, dass er so rasch wie möglich wieder gesund wurde.

    Lydia Fersten fragte den Pförtner nach dem Weg zu Dr. Berends und bekam eine ausführliche Auskunft. Als sie wenig später aus dem Lift trat, sah sie den Chefarzt. Ihr Vater hatte ihn ihr beschrieben, deshalb erkannte sie ihn sofort. Er war ein Mann, zu dem man auf Anhieb Vertrauen fasste, groß, sportlich, aufrichtig und seriös. Eine echte Persönlichkeit war der Leiter der Wiesen-Klinik, das spürte Lydia gleich. Er hatte eine Ausstrahlung, über die nur außergewöhnliche Menschen verfügen, und Lydia erkannte jetzt schon, dass sie keinen besseren Entschluss hätte fassen können. Es war richtig gewesen, hierher zu kommen.

    Dr. Berends war nicht allein. Er unterhielt sich mit einem jungen Kollegen.

    „Haben Sie eine Elektrophorese und eine Untersuchung der Knochenmarkzellen vorgenommen?", wollte der Chefarzt soeben wissen.

    „Ja", sagte der junge Arzt.

    Lydia Fersten blieb stehen und wartete, bis der Mediziner auf sie aufmerksam wurde.

    „Und?", fragte der Chefarzt.

    „Die Anzeichen deuten auf eine Makroglobulinämie hin. Da es sich um eine seltene Erkrankung handelt, habe ich keine Erfahrung damit. Ich habe Lymphdrüsenschwellungen, Milz- und Lebervergrößerung und Blutarmut festgestellt."

    „Es ist bekannt, dass dieses Leiden, das erst in höherem Lebensalter auftritt, und bei dem es sich um eine Neubildung des lympathischen Systems handelt, von unterschiedlicher Bösartigkeit sein kann."

    Der junge Arzt nickte. „Die Patientin ist neunundsiebzig Jahre alt. Welche Therapie schlagen Sie vor, Dr. Berends?"

    „Wir werden die Patientin in den nächsten Tagen sehr genau beobachten."

    Der junge Mediziner schaute den Leiter der Wiesen-Klinik überrascht an. „Ist das alles?"

    „Die Krankheit zählt zu den Paraproteinämien und verläuft häufig ohne Behandlung gutartig mit einer Dauer von zehn und mehr Jahren, Herr Kollege. Eine Therapie mit Zytostatika wäre nur bei einem rasch fortschreitenden Fall angezeigt."

    „Ich verstehe, sagte der junge Arzt. „Vielen Dank, Dr. Berends.

    Als er sich umwandte und ging, wurde der Chefarzt auf Lydia Fersten aufmerksam. Sein intelligenter Blick huschte rasch an ihr auf und ab, aber es war ihr nicht unangenehm. Es gab Männer, die versuchten auf diese Weise herauszufinden, welche Chancen sie hatten. Bei Dr. Berends hatte Lydia dieses Gefühl nicht. Er begegnete bestimmt allen Menschen mit diesem wachen Interesse. Ein kleines, verlegenes Lächeln huschte über ihr apartes Gesicht.

    „Ich bin Lydia Fersten."

    „Fräulein Fersten, sagte der Chefarzt herzlich und streckte ihr die Hand entgegen. „Ihr Vater erzählte mir, Sie wären hübsch. Ich muss feststellen, er hat gelogen. Sie sind nämlich eine ausgesprochene Schönheit. Kommen Sie mit in mein Büro! Seine aufrichtige Herzlichkeit machte es Lydia leicht, ihre Hemmungen über Bord zu werfen. Er machte sie mit seiner Sekretärin Veronika Baier bekannt und führte sie in sein Büro, in dem er ihr zunächst einmal Platz anbot.

    „Möchten Sie etwas trinken?", erkundigte er sich. Veronika Baier stand abwartend in der Tür.

    „Kaffee vielleicht?", fragte Dr. Berends.

    „Danke ja", sagte Lydia, und die Sekretärin zog sich für kurze Zeit zurück.

    Dr. Berends wollte hören, wie es Lydias Vater ging.

    „Großartig", sagte sie.

    „Meine Frau und ich sprechen noch sehr oft von ihm."

    „Das tut Vater auch. Sie beide haben großen Eindruck auf ihn gemacht", sagte die blonde Besucherin.

    „Genau wie er auf uns. Charlotte und ich haben ihn bewundert. Er ist von einem beeindruckenden Pioniergeist beseelt."

    „Das Blut eines Abenteurers fließt in seinen Adern."

    „O ja, das kann man sagen."

    Mit einem Motorrad, das sich Lydias Vater eigens für diesen Zweck gekauft hatte, fuhr er kreuz und quer durch Norwegen. Oft war er tagelang allein und hauste in einem primitiven Zelt, obwohl er sich bei seinem Einkommen wesentlich mehr Luxus hätte leisten können, denn er war Manager eines großen Kölner Hotels. In Haugesund hatte das Arztehepaar den unternehmungslustigen Kölner kennengelernt.

    „Andere steigen für immer aus, ich nur für sechs Wochen, hatte er gesagt. „Danach kehre ich in die Tretmühle des Alltags zurück und freue mich auf die nächste große Reise. Wohin die gehen wird, weiß ich noch nicht. Vielleicht ins tibetanische Hochland.

    Charlotte und Richard Berends verbrachten eine amüsante Zeit mit ihm. Er sprach häufig und mit sehr viel Liebe über seine Tochter, die diplomierte Krankenschwester war und eine Stellung suchte, die sie ausfüllte. Trotz seiner guten Verbindungen war es ihrem Vater bisher nicht gelungen, etwas Passendes für sie zu finden.

    Der Zufall brachte die Entscheidung. Dr. Berends sagte, für eine tüchtige, ambitionierte Krankenschwester wäre in der Wiesen-Klinik immer ein Platz frei, und Lydia solle sich mit ihm in Verbindung setzen.

    Als der Chefarzt mit seinen Frau aus Norwegen zurückkehrte, läutete zwei Tage später in seinem Büro das Telefon, und Lydias Vater war am anderen Ende. Er fragte, ob das Angebot noch Gültigkeit habe, und der Chefarzt bejahte die Frage.

    „Lydia wird sich melden", sagte daraufhin Albert Fersten, und einen Tag später rief tatsächlich seine Tochter an.

    Und nun war sie hier.

    Veronika Baier brachte zwei Tassen Kaffee. Lydia nahm ihn wie der Chefarzt mit Milch, aber ohne Zucker.

    Sie wies auf ihre Aktentasche.

    „Wenn Sie meine Zeugnisse sehen wollen ..."

    „Die kann sich später Schwester Hanna, die Oberin, ansehen, sagte Dr. Berends und nahm einen Schluck vom heißen Kaffee. „Ihr Vater hat mir versichert, dass Sie sehr tüchtig sind, und ich halte ihn für einen sehr objektiven Menschen. Er würde es nicht behaupten, wenn es nicht stimmte. Nicht einmal bei seiner eigenen Tochter.

    „Sie haben recht. Die Wahrheit geht meinem Vater über alles, und er legt im Berufsleben äußerst strenge Maßstäbe an."

    „Genau wie ich, sagte der Arzt. „Ich finde, wir sind es unseren Patienten schuldig, unser Bestes zu geben.

    „Dazu bin ich jederzeit bereit", sagte Lydia Fersten.

    „Ich bin sicher, wir werden sehr gut miteinander auskommen", meinte Dr. Berends.

    Das Telefon unterbrach die Unterhaltung. Dr. Berends entschuldigte sich und nahm den Hörer ab. Man bat ihn in die Aufnahme. Er versprach, sofort zu kommen und legte auf.

    „Tja, so geht es. Man hat keine zehn Minuten für ein ungestörtes Gespräch, sagte er bedauernd. „Fräulein Baier wird Sie zur Oberin bringen. Wir haben ein sehr schönes Wohnheim. Schwester Hanna wird Ihnen Ihre Unterkunft zeigen.

    Er reichte Lydia die Hand, und kurz darauf nahm sich Veronika Baier ihrer an.

    „Dr. Berends ist ein viel beschäftigter Mann", stellte Lydia Fersten fest.

    „Das kann man wohl sagen. Es ist keine Seltenheit, dass er in der Woche hundert Stunden in der Klinik verbringt."

    „Wie hält er das aus?", fragte Lydia bewundernd.

    „Das fragen wir uns alle, sagte die Sekretärin des Chefarztes lächelnd. „Im Moment geht es bei uns besonders hoch her. Wir erwarten in Kürze einen äußerst exotischen Patienten aus Arabien. Seit Jahrzehnten ist es bei den Scheichs Mode, sich in Europa untersuchen und nötigenfalls behandeln zu lassen. Da der gute Ruf der Wiesen-Klinik weit über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt ist, hat sich das Staatsoberhaupt des Emirats Yanba entschlossen, sich von Dr. Berends und seinen Kollegen gründlich untersuchen zu lassen.

    Lydia strahlte. „Das ist ja wunderbar. Dann wird die Wiesen-Klinik noch mehr an internationalem Ansehen gewinnen."

    „Ich glaube, das wäre unserem Chef gar nicht mal so recht. Die Wiesen-Klinik soll nicht in den Verdacht geraten, nur für hoch- und höchstgestellte Persönlichkeiten da zu sein. Hier wird allen geholfen. Dem Armen ebenso wie dem Reichen. Ohne Ansehen der Person. Darauf legt Dr. Berends allergrößten Wert. Kommen Sie, ich bringe Sie zu Schwester Hanna. Sie ist eine sehr resolute Person. Lassen Sie sich von ihrer rauen Schale aber nicht abschrecken. Sie hat einen butterweichen Kern, und für jene, die sie mag, geht sie glatt durchs Feuer."

    3

    Unermüdlich drehte sich der große Ventilator an der Decke. Er schien die schwüle Luft wie einen Teig zu kneten. Nackt lag die dunkelhäutige Fatima unter dem weißen Laken. Matrosen, die in Richtung Hafen gingen, grölten den scharfen Text eines unanständigen Liedes unter dem Schlafzimmerfenster. Fatima war nicht prüde. Sie lächelte über die schockierenden Reime. Neunzehn war sie, und die Männer, mit denen sie zusammen gewesen war, hatten ihr bestätigt, dass sie die Hölle im Leib hatte. Wild und leidenschaftlich konnte sie lieben. Aber sie war dabei auch anschmiegsam und zärtlich. Und manchmal zeigte sie, die ungebändigte Wildkatze, nicht nur die Krallen, sondern setzte sie auch ein. Eine junge Frau wie ein Vulkan war sie, schön und gefährlich. Ihre Liebe war ein Erlebnis, ihr Hass war zum Fürchten.

    Rauchend lag sie im Bett, und ihr langes schwarzes Haar ergoss sich wie eine Pechflut über das weiße Kissen. Bisher hatte sie mit den Männern gespielt, keinen von ihnen ernst genommen. Sie hatte sich mit ihnen vergnügt, und wenn sie ihrer überdrüssig geworden war, war sie einfach fortgegangen. Manchmal, ohne sich zu verabschieden.

    Doch plötzlich hatte sich in ihren Ansichten etwas geändert. Der Mann, an den sie kürzlich geraten war, war für sie mehr als ein Spielzeug, das man achtlos beiseite legt, wenn es einen nicht mehr interessiert. Zum ersten Mal hatte Fatima echt Feuer gefangen, und sie wusste, dass es mehr als ein Strohfeuer war. Sie war verliebt bis über die Ohren, bis in die Haarspitzen ... Mit jeder Faser ihres Herzens liebte sie Halef Mudji. Wenn er nicht bei ihr war, verzehrte sie sich nach ihm. Wenn ihn ein anderes Mädchen ansah, platzte sie fast vor Eifersucht. Es erging ihr heute so wie den Männern, mit denen sie befreundet gewesen war. Halef Mudji hatte für die anderen den Spieß umgedreht. Er behandelte sie so, wie sie es mit seinen Vorgängern getan hatte, und er machte sie damit fast verrückt. Manchmal hasste sie ihn deswegen beinahe. Oh, er konnte so schrecklich gleichgültig zu ihr sein.

    Es war schon spät, fast Mitternacht, und Fatima fragte sich, wo Halef sich so lange herumtrieb. Er hatte ihr nicht gesagt, wohin er sich begeben wollte. Vielleicht befand er sich bei einer anderen Frau.

    „Das würde ich ihm nie verzeihen!, zischte Fatima und blies dabei den Zigarettenrauch zum Ventilator hinauf. „Das dürfte er mir nicht antun. Ich würde ihn umbringen, das weiß er. Und die andere würde ich auch töten. Kein Mann darf mich betrügen!

    Angeblich hatte Halef eine wichtige geschäftliche Besprechung. Ehemänner auf der ganzen Welt gebrauchen diese abgegriffene Lüge Tag für Tag. Gestern, heute, morgen  immer ...

    Fatima setzte sich auf. Das Laken rutschte nach unten und entblößte ihren makellosen Busen. Sie drückte die Zigarette in dem Aschenbecher, der auf dem Nachttisch stand, aus und fragte sich, was es so Wichtiges mitten in der Nacht zu besprechen gab.

    Sie wusste, mit wem sie zusammen war, womit sich Halef Mudji sein Geld verdiente. Natürlich hatte sie es nicht von ihm erfahren. Über seinen außergewöhnlichen Beruf sprach er nie, und sie schnitt dieses Thema auch niemals an. Aber sie wusste Bescheid. Es störte sie nicht. Für sie war Halef nur ein Mann, mit dem sie ein Leben lang zusammenbleiben wollte, der beste und feurigste Liebhaber, den sie jemals gehabt hatte. Sie konnte und wollte auf diesen Mann nie mehr verzichten. Fatima hatte ihm das auch schon gesagt, und er hatte sie von oben herab angelächelt und gesagt: „Du kannst mich nicht halten. Keine Frau kann das. Wenn ich gehen will, gehe ich."

    Aber sie würde ihn nicht gehen lassen. Sie würde ihn festhalten. Wenn nötig, mit Gewalt. Ja, sie war fest entschlossen, Druck auf ihn auszuüben, wenn er sich nicht anders halten ließ. Sie konnte sehr rücksichtslos sein, wenn sie etwas durchsetzen wollte.

    Endlich vernahm sie Schritte auf der Treppe, und gleich darauf wurde die Tür aufgeschlossen. Als Halef Mudji die Wohnung des Mädchens betrat, rief sie ihn und knipste die Nachttischlampe an.

    Er erschien in der Tür. „Du schläfst noch nicht?"

    Sie räkelte sich. „Ich habe auf dich gewartet."

    „Wozu?"

    Sie streckte ihm die nackten Arme entgegen. „Errätst du es nicht? Komm zu mir!"

    Er rührte sich nicht von der Stelle.

    „Warum warst du so lange weg?", fragte Fatima träge.

    „Eine wichtige geschäftliche Angelegenheit."

    „Ich hoffe, dein Geschäftspartner war ein Mann."

    „Zufällig ja."

    „Und nun bist du zu müde, um zu deiner kleinen Fatima zärtlich zu sein?"

    „Zu müde. Ja."

    „Der Scheitan soll diesen Mann holen, fauchte das schwarzhaarige Mädchen leidenschaftlich. „Wie kommt er dazu, mich um das zu bringen, was mir zusteht?

    Mudji grinste. „Du wirst auch in Zukunft auf mich verzichten müssen, meine kleine Blume."

    Zorn funkelte in Fatimas schwarzen Augen.

    „Was soll das heißen?"

    „Ich verlasse Abu Dhabi morgen", erklärte der Mann.

    „Und wohin gehst du?"

    „Das geht dich nichts an", entgegnete er.

    „Du verreist geschäftlich?"

    „Ja."

    „Aber du kommst bald zurück. Ein, zwei Wochen ..."

    „Ich werde länger fortbleiben."

    „Länger? Wie lange? Einen Monat? Zwei?", fragte die junge Frau gereizt

    „Vielleicht ein Jahr. Ich weiß es noch nicht."

    Fatima schaute ihn entgeistert an.

    „Und mich willst du einfach hierlassen? Das ist nicht dein Ernst. Du weißt, dass ich ohne dich nicht sein kann."

    Er lächelte kalt. „Du wirst mit diesem Problem irgendwie fertigwerden müssen, Fatima."

    „Heißt das, du willst dich von mir trennen? Für ... immer?"

    „Ja, darauf läuft es wohl hinaus, und ich wäre dir dankbar, wenn du mir keine Szene machen würdest. Ich muss morgen früh aufstehen und möchte noch ein paar Stunden schlafen."

    „Ich komme mit dir. Egal, wohin du gehst, ich werde dich begleiten, Halef."

    Er schüttelte den Kopf. „Unmöglich."

    „Du brauchst nicht zu befürchten, dass ich für dich ein Klotz am Bein bin. Bitte, nimm mich mit. Du kannst völlig ungehindert deine Arbeit tun. Ich werde nur für dich da sein, wenn du nichts zu tun hast."

    „Ausgeschlossen. Ich werde allein reisen, sagte er hart. „Wir hatten zusammen eine angenehme Zeit, Fatima. Es ist vorbei. Finde dich damit ab!

    Es blitzte leidenschaftlich in den Augen des Mädchens.

    „Ich warne dich, Halef Mudji. Mich kann man nicht so einfach abschieben. Ich liebe dich. Du darfst meine Liebe nicht mit Füßen treten, sonst verwandelt sie sich in Hass."

    „Ich fürchte deinen Hass nicht", sagte Mudji eisig.

    „Du denkst, ich kann dir nicht gefährlich werden."

    Er lachte. „Hast du vor, mir im Schlaf die Kehle durchzuschneiden?"

    „Ich kann etwas anderes tun, erklärte die Frau. „Wohin gehst du? Amerika? Australien? Asien? Als du das letzte Mal im Iran warst ... Flog da nicht ein Erdölminister mit seinem Auto in die Luft? Und wurde nicht ausgerechnet in der Zeit ein afrikanischer Großindustrieller in Damaskus erschossen, als du dort weiltest? Du warst zufällig in Athen, als ein hoher ägyptischer General Selbstmord beging ... Nun verreist du wieder. Wer wird das diesmal nicht überleben?

    Halef Mudji starrte das Mädchen durchdringend an. Er begriff, dass er Fatima unterschätzt hatte. Dieses Mädchen war gefährlich.

    „Was für Verrücktheiten reimst du dir da zusammen?", herrschte er sie an.

    „Sind es wirklich nur Verrücktheiten, Halef? So viele Zufälle. So viele Tote. Und immer warst du in der Nähe. Ich denke, das wird die Polizei interessieren."

    Mudji hätte beinahe die Beherrschung verloren. Es zuckte um seine Mundwinkel. Blitzschnell überlegte er, wie er mit diesem Problem fertigwerden konnte. Fatima mitzunehmen, kam für ihn nicht infrage. Wenn er sie verließ, würde sie nicht zögern, der Polizei einen Wink zu geben. Interpol würde ihn jagen, und er würde seinen Auftrag nicht ausführen können. Ibn Achbar bezahlte nicht eine halbe Million Dollar für nichts. Er würde glauben, hereingelegt worden zu sein und andere Mörder anheuern, um ihn, Halef Mudji, zu bestrafen.

    Mudji hatte das Gefühl, eine unsichtbare Schlinge würde sich langsam um seinen Hals zuziehen. Er sah nur eine Möglichkeit, den Kopf rechtzeitig herauszuziehen: Wenn er Abu Dhabi verließ, durfte Fatima nicht mehr in der Lage sein, ihm zu schaden.

    „Du bist ein kleines, raffiniertes Luder", sagte er grinsend.

    „Ich habe dich in der Hand, stimmt’s?", wollte sie wissen.

    „Ja, das hast du."

    „Es würde mir sehr leid tun, dich in Schwierigkeiten bringen zu müssen."

    „Aber du würdest nicht davor zurückschrecken, es zu tun."

    „Nur, wenn du mir keine Wahl lässt. Lieber würde ich dir nicht schaden. Ich bin auf deiner Seite, Halef, bin deine Freundin, nicht deine Feindin. Ich liebe dich, wie ich noch nie einen Mann geliebt habe. Lass uns zusammenbleiben! Ich bitte dich."

    „Ich werde wenig Zeit für dich haben", sagte er und begab sich zu ihr.

    Sie schlang ihm mit einem erfreuten Aufschrei die Arme uni den Hals.

    „Heißt das, du nimmst mich mit?"

    „Muss ich doch wohl, oder?"

    Sie bedeckte sein Gesicht mit Küssen.

    „Du wirst diesen Entschluss bestimmt nicht bereuen, Halef, das verspreche ich dir."

    „Warst du schon mal in Deutschland?"

    „Wir gehen nach Deutschland? Nein, da war ich noch nie."

    „Es wird dir gefallen."

    „O ja, davon bin ich überzeugt. Es gefällt mir überall, wenn ich in deiner Nähe bin. Halef, du weißt nicht, wie glücklich du mich machst. Es tut mir leid, dass ich vorhin so hässlich zu dir war, aber ich war so schrecklich enttäuscht, als du sagtest, es wäre aus und vorbei mit unserer wunderbaren Beziehung. Sie darf nicht zu Ende gehen. Niemals! Versprichst du mir das?"

    Er sah sie lange an, nickte und sagte: „Ja, Fatima. Das verspreche ich dir."

    Und er wusste, dass sie tot sein würde, wenn er Abu Dhabi verließ.

    „Nimm mich in deine starken Arme!", bat sie.

    Er tat ihr den Gefallen.

    „Küss mich!", verlangte Fatima, und er tat es.

    Glücklich schlief Fatima neben ihm ein.

    Am nächsten Morgen bereitete Halef Mudji das Frühstück. Er brühte den Tee nach einem alten Nomadenrezept als Karawanentee, und wenig später war Fatima tot, denn in Fatimas Getränk hatte sich Strychnin befunden.

    Seiner Abreise nach Europa stand nichts mehr im Wege.

    4

    Dr. Berends sah sich die Auswertung einer Vektorkardiographie an, die bei einem Patienten vorgenommen worden war. Die VKG ist eine Ergänzungsmethode zum Elektrokardiogramm. Bei dieser Untersuchungsmethode zeigen sich manche Veränderungen in der Erregungsausbreitung sehr viel deutlicher als im klassischen EKG. Der Chefarzt machte sich Notizen und heftete diese der Auswertung bei.

    Das Telefon läutete. Der Leiter der Wiesen-Klinik hob ab. „Dr. Berends."

    Der Anrufer war Albert Fersten.

    „Hat sich meine Tochter inzwischen bei Ihnen gemeldet?", wollte er wissen.

    „Sie traf gestern in Bergesfelden ein."

    „Was sagen Sie zu dem Mädchen? Sie ist mir gut gelungen, was?"

    „Wir können sie hier gut gebrauchen."

    „Sie ist wie geschaffen für diesen Beruf. Ich hätte sie in der Hotelbranche unterbringen können, aber damit hätte ich sie unglücklich gemacht. Ein Mensch wie Lydia muss helfen können."

    „Dazu wird sie in der Wiesen-Klinik reichlich Gelegenheit haben, sagte Dr. Berends. „Unsere Oberin war bereits voll des Lobes über Ihre Tochter. Das hat es bisher noch nie gegeben. Schwester Hanna spart mit Lob im Allgemeinen. Lydia muss ihr Herz im Sturm erobert haben.

    Albert Fersten lachte herzlich.

    „Ja, das ist meine Tochter. Sie nimmt die schwierigsten Bastionen geradezu mühelos ein. Das hat sie von mir - ohne unbescheiden sein zu wollen ..."

    Der Hotelmanager bat Dr. Berends, seiner Tochter bei Gelegenheit schöne Grüße zu bestellen und fügte abschließend hinzu: „Ihre reizende Frau müssen Sie natürlich auch herzlich von mir grüßen. Es geht ihr doch gut?"

    „Ich denke schon."

    „Das wundert mich nicht. Sie ist schließlich mit einem außergewöhnlichen Mann verheiratet. Sollten Sie mal im Raum Köln zu tun haben, rufen Sie mich an, damit wir uns auf ein Gläschen Wein zusammensetzen und über unseren Urlaub in Norwegen reden können."

    „Das mach’ ich ganz bestimmt", sagte Dr. Berends und legte auf.

    Am Abend dieses Tages aß Dr. Berends mit seiner hübschen Frau auswärts. Auf der Heimfahrt sagte Charlotte: „Steht nun schon genau fest, wann der Scheich mit seinem Anhang in Bergesfelden eintrifft?"

    „Übermorgen, sagte der Chefarzt. „Sind die Zimmer im ,Goldenen Mohren' reserviert? Mit wie vielen Leuten kommt der Scheich denn nun angereist?

    „Es werden vier Ehefrauen, zwei Töchter, sein Sohn Harun sowie zwei Leibwächter bei ihm sein."

    „Vier Ehefrauen. Ach, du lieber Himmel!"

    Richard Berends schmunzelte. „Das ist ein Leben."

    „Sage bloß, du möchtest mit ihm tauschen. Was würdest du denn mit vier Ehefrauen machen?"

    „Oh, da würde mir schon einiges in den Sinn kommen."

    „Du legst es wohl darauf an, mich zu ärgern."

    „Findest du?"

    Charlotte sah ihren Mann prüfend an. „Bist du unzufrieden?"

    Sie erreichten das Haus des Chefarztes nahe der Wiesen-Klinik. Dr. Richard Berends hielt den Wagen an und stellte den Motor ab. Er wandte sich seiner Frau zu.

    „Nein, Charlotte, ich bin nicht unzufrieden. Im Gegenteil, ich bin mit dir sehr glücklich und könnte mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen. Vergiss, was ich gesagt habe. Ich wollte dich wirklich nur ein bisschen aus der Reserve locken." Er nahm sie in die Arme, und sie küssten sich wie ein junges Liebespaar, irgendwo an einem einsamen Ort.

    Im Wohnzimmer machte sich der Chirurg einen Drink. Er setzte sich in einen bequemen Sessel, und seine Frau nahm auf der breiten Lehne Platz. Oft saßen sie so, wenn sie einander nahe sein wollten.

    „Was glaubst du, warum Rashid Achbar zu uns kommt, Richard? Ich meine, es gibt größere Kliniken in Deutschland. Zum Beispiel die Universitätsklinik in Freiburg."

    „Vielleicht will er vermeiden, dass man international Spekulationen anstellt und womöglich denkt, er wäre sterbenskrank", sagte der Chefarzt.

    „Nimmst du an, dass ihm etwas fehlt?"

    „Das werden die Untersuchungen zeigen."

    „Er würde abdanken, wenn wir etwas finden, sagte Dr. Charlotte Berends, die Internistin. „Er würde dann seinem Sohn Harun die Regierungsgeschäfte übertragen. Was würde das für die Menschen in Yanba bedeuten?

    „Ich glaube, Harun Achbar wäre ein würdiger Nachfolger."

    „Ist er nicht noch zu jung zum Regieren?"

    „Er ist vierundzwanzig."

    „Eben."

    „Sein Vater würde ihm am Anfang selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite stehen. Es ist nicht so, dass Harun Achbar über Nacht allein regieren müsste."

    .„Es gab im vergangenen Jahr Unruhen in Yanba. Rashid Achbar ist zwar ein souveräner Herrscher, der von seinem Volk geliebt wird, aber er hat auch Feinde in seinem Land."

    „Sie können ihm nichts anhaben. Er weiß allen Klippen hervorragend auszuweichen."

    „Ich würde mich in meiner Haut nicht wohl fühlen, wenn ich an seiner Stelle wäre", sagte Charlotte. „Immer befürchten zu müssen, einer meiner Feinde könnte einmal auf

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