Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane
Von Glenn Stirling, Alfred Bekker, Pete Hackett und
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Über dieses E-Book
Glenn Stirling: Banditenerbe
John F. Beck: Williams der Revolver-Doc
Heinz Squarra: Oregon Treck
Alfred Bekker: Delanys letzter Kampf
Pete Hackett: McQuade und die Bande der Gebrandmarkten
Heinz Squarra: Die Texas-Story
Heinz Squarra: Bellfort schickt hilfe
Pete Hackett: Und dann schlägt dir die Stunde, McQuade
Uwe Erichsen: Sheng und der Maskenteufel
Doc Greg Williams hilft einem verwundeten Banditen, doch wenig später erschießt der Dorothy, die Frau, die der Arzt liebt. Der Doc setzt sich auf seine Fährte, doch Dorothys Bruder hält Greg für mitschuldig und jagt nun seinerseits den Arzt. Ausgerechnet einer aus der Bande rettet ihm das Leben und bringt ihn verletzt nach Nugget Hole, die Stadt der Ausgestoßenen. Doch früher oder später muss es zum Showdown zwischen den einstigen Freunden kommen.
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Banditen und Revolver-Docs - Glenn Stirling
Alfred Bekker, John F. Beck, Heinz Squarra, Pete Hackett, Glenn Stirling, Uwe Erichsen
Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane
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Inhaltsverzeichnis
Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane
Copyright
Banditenerbe
Williams der Revolver-Doc
Oregon Treck
Delanys letzter Kampf
McQuade und die Bande der Gebrandmarkten
Die Texas-Story
Bellfort schickt Hilfe
Und dann schlägt dir die Stunde, McQuade
Sheng und die Maskenteufel
Banditen und Revolver-Docs: Super Western Sammelband 9 Romane
Alfred Bekker, John F. Beck, Heinz Squarra, Pete Hackett, Glenn Stirling, Uwe Erichsen
Dieses Buch enthält folgende Western:
Glenn Stirling: Banditenerbe
John F. Beck: Williams der Revolver-Doc
Heinz Squarra: Oregon Treck
Alfred Bekker: Delanys letzter Kampf
Pete Hackett: McQuade und die Bande der Gebrandmarkten
Heinz Squarra: Die Texas-Story
Heinz Squarra: Bellfort schickt hilfe
Pete Hackett: Und dann schlägt dir die Stunde, McQuade
Uwe Erichsen: Sheng und der Maskenteufel
Doc Greg Williams hilft einem verwundeten Banditen, doch wenig später erschießt der Dorothy, die Frau, die der Arzt liebt. Der Doc setzt sich auf seine Fährte, doch Dorothys Bruder hält Greg für mitschuldig und jagt nun seinerseits den Arzt. Ausgerechnet einer aus der Bande rettet ihm das Leben und bringt ihn verletzt nach Nugget Hole, die Stadt der Ausgestoßenen. Doch früher oder später muss es zum Showdown zwischen den einstigen Freunden kommen.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author / COVER TONY MASERO
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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postmaster@alfredbekker.de
Banditenerbe
Western von Glenn Stirling
Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten.
Was weiß Glenn überhaupt von Gut und Böse? Als sein Vater Harry Scott nach vielen Jahren auftaucht und ihm weismacht, dass er und seine Bande nichts Unrechtes tun, fragt Glenn sich, ob er seinem Vater trauen kann. Scott erklärt seinem Sohn, dass sie anderen helfen, zu ihrem Recht zu kommen. Ist er wirklich dieser Mann?
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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1
Schlaksig, die Schultern krumm, stand er da. Seine hellblauen Augen waren missmutig auf die etwa vierzigjährige Frau gerichtet, und seine knochigen Hände hatte er mit den Daumen in seinen abgeschabten Gürtel gehakt.
Die Frostbeulen gaben ihm ein fürchterliches Aussehen; sein langes blondes Wuschelhaar machte es nicht besser. Die Kleidung wirkte ärmlich, zerschunden und verwaschen. Tatsächlich hätte er seit zwei Jahren dringend neue Hosen und eine neue Jacke gebraucht. Aber dazu reichte es nicht. So wurden sie immer wieder geflickt. Wieder und wieder.
„Wo will er nur noch hinwachsen?", hatte die Frau schon gesagt, als er mit achtzehn Jahren in ihr Haus gekommen war. Das war jetzt drei Jahre her. Er wuchs nicht mehr, aber das wäre auch furchtbar gewesen. Er maß gut sechs Fuß, und in Mrs. Howards Haus war so gut wie keine Tür, deren Rahmen nicht zu niedrig für seinen Wuschelkopf gewesen wäre.
„Er ist ein Lump, ein gefährlicher, schmutziger Lump, sagte die Frau, und ihre Stimme klang kratzig und gereizt. „Auf so einen Vater kannst du dir nichts einbilden. Gar nichts!
, fügte sie heftig hinzu und fuchtelte mit dem langen Brotmesser vor Glenns Nase herum.
Die Frostbeulen vom letzten Winter waren jetzt im Mai nochmals zu neuer Blüte gelangt. Sie juckten, brannten und glühten. Vom vielen Kratzen war alles blutig auf seinen Wangen und der Stirn.
Er sah sie an, wie sie immer noch mit dem Brotmesser herumfuhrwerkte und mit hochrotem Gesicht auf ihn einredete. Sie sprach von seinem Vater. Seit drei Jahren war es ihr liebster Gesprächsstoff. Aber, so fragte er sich, was sonst würde sie noch interessieren als der Klatsch um seinen Vater. Sie war einst eine Freundin von ihm gewesen. Deshalb war er ja zu ihr gekommen.
Komisch, dachte er, dass sein Vater diese dicke, wenig hübsche Frau zur Freundin gehabt haben sollte. Aber er wusste, dass es viele Freundinnen seines Vaters gab. Seines Vaters, von dem er seit mindestens zehn Jahren nichts gehört und nichts gesehen hatte.
Nun war er bei Mrs. Howard. Bei der ewig schimpfenden und unentwegt schnatternden Mrs. Howard, die jetzt dick und breit vor ihm stand und wieder einmal feststellte, dass der Mann, der ihr Freund gewesen sein sollte, ein Lump war. Vielleicht, so dachte Glenn, würde sie ganz anders reden, stünde sein Vater plötzlich vor ihr. Vielleicht. Aber er ließ sie reden. Er hatte sie in den drei Jahren immer reden lassen. Weil er nicht vergaß, was sie für ihn am Anfang getan hatte. Damals, als er halbtot hier anlangte. Nur mit dem Cayusen, dem Sattel und Vaters altem Patterson-Colt, einer Waffe, die ihm Mutter vermacht hatte. Damals war er zu Mrs. Howard gekommen, deren Namen und Adresse ihm seine Mutter auf dem Sterbebett nannte. Und Mrs. Howard hatte ihn aufgenommen. Wie einen Sohn nicht gerade. Aber auch nicht wie einen Aussätzigen. Und Glenn stellte keine großen Ansprüche. Nur ein Dach über dem Kopf und etwas in seinen ewig hungernden Magen, mehr wollte er nicht. Und das beides gab es bei der dicken Frau mit dem breiten Gesicht, in dem die Nase wie aufgesetzt wirkte.
„Dein Vater ist ein Spitzbube. Ganze Städte hat er in Angst und Schrecken versetzt, fuhr sie wieder fort und stemmte die Hände herausfordernd in die Hüften. „Ich weiß noch, als er damals vor zwölf Jahren in Laramie auftauchte. Wer ihn nur von der Seite ansprach, den forderte er zum Duell. Und Mackinshaw, dieser Halbidiot, machte ihn noch zum Deputy-Marshal. So etwas muss sich ein Mensch überlegen. Wozu ein Männerhirn alles fähig ist, das ist geradezu unbeschreiblich. Und dein Vater tobte in der Stadt wie ein Blizzard. Junge, Junge, was war das eine Zeit! Schrecklich! Dann schleppte er deine Mutter und dich an. In der Stadt hatte er drei, vier Freundinnen. Er fand es großartig, dass die mit deiner Mutter herumkeiften ... Nein, Junge, nein, so einen wie ihn hätte man in den nächsten Sumpf werfen sollen. Mehr wert war er nicht. Ist er auch jetzt nicht, falls ihn der Teufel nicht endlich geholt hat.
Glenn reckte sich auf, bis sein Wuschelhaar oben an den Türpfosten geriet.
„Er ist trotzdem mein Vater. Und ich weiß nicht, ob das zu ändern ist."
Die dicke Frau seufzte laut und brummte dann, während sie sich wieder über den Teig hermachte: „Ja, das ist es ja, niemand wird es ändern, und es hängt dir ein Leben lang an. Sie sah ihn wieder an. Ihre Augen schienen zu glühen, so erregt war sie. „Aber glaube mir, Glenn, glaub es nur, auch wenn du es nicht begreifen solltest: Wenn er halbwegs ein Kerl gewesen wäre, nur halbwegs, Glenn, dann hätte er etwas für dich getan. Aber das hier hat er getan, nur das ...
Sie schnippte mit den Fingern und zuckte die Schultern, wandte sich wieder ab und murmelte erbost: „Weiber, Karten, Revolverknallerei, das war alles, was er im Kopf hatte ... oder noch hat. Junge, ich wollte, du hättest dieses Ding da nie in die Hand genommen." Sie deutete auf den unansehnlichen Patterson-Colt, der an Glenns rechter Seite herabbaumelte und so gar nicht zu diesem schlaksigen jungen Manne zu passen schien.
„Ich bin nicht hier, Mrs. Howard, um über meinen Vater zu reden."
Sie seufzte wieder.
„Man könnte fortwährend von ihm sprechen, gerade mit dir. Schon zur Abschreckung."
Glenn reagierte nicht darauf, sondern fuhr fort: „Ich habe bei Ionu aufgehört."
Sie ließ entsetzt das Brotmesser aus der Hand fallen, dass es mit einem Missklang zu Boden fiel. Erschrocken sah sie ihn an.
„Aufgehört? Bei Ionu? Obwohl er dich die ganzen Wintermonate auf der Lohnliste gelassen hat?"
„Er hat gesagt, dass mein Vater ein Mörder ist. Und er hat gesagt, dass ich nicht mit auf den Trail gehen könnte, weil der Sohn von Harry Scott nicht zuverlässig sei. Kein Mördersohn wäre es, meinte er."
Mrs. Howards Gesicht wurde jäh blass. Dann platzte sie heraus: „Dieser alte Dummkopf! Dieser einmalig bornierte Hornochse! Sie ließ sich auf den wackeligen Stuhl niedersinken, dass der unter dem hohen Gewicht ächzte. Erschüttert stützte sie den Kopf in die Hände und murmelte: „Das ist nun schon der dritte.
Plötzlich sah sie zu ihm auf und fragte: „Und du? Was hast du getan?"
Glenn biss sich auf die Lippen. Als er ihr dann antwortete, sah er sie nicht an.
„Ich habe nichts tun können. Als er das sagte, war die halbe Mannschaft um ihn. Sie haben nur darauf gewartet, dass ich etwas täte. Roy hielt eine Parker in der Hand. Er hätte bestimmt abgedrückt, wenn ich nur einen Schritt nach vorn gegangen wäre."
„Aber gesagt, Glenn, gesagt wirst du doch etwas haben?", forschte sie.
Er nickte matt. „Ja, ich habe gesagt, dass ich es mir sehr gut merke."
Sie schüttelte müde den Kopf.
„Er ist der reichste Rancher hier. Wenn er dir keinen Lohn mehr zahlt, werden es andere auch nicht tun."
„Ja, und deshalb will ich hier weg."
Sie stand auf, starrte auf den riesigen Berg Brotteig und stach wahllos mit dem Messer hinein. „Wie dein Vater. Er überwarf sich mit den Leuten, dann ging er einfach weg. Weiter, weiter, immer weiter. Und zurück blieben Menschen, die ihn sogar trotz allem noch gerne gehabt ... Ach, was rede ich." Sie wandte sich ab und wischte sich verstohlen mit dem Schürzenzipfel über die Augen.
„Mrs. Howard, ich will nicht, dass Sie mit mir noch mehr Ärger ..."
Entrüstet wandte sie sich ihm wieder zu.
„Du dummer Junge!, fuhr sie ihn an. „Was weißt du von Ärger?
Ihre Schwäche schwand, und sie sah ihn plötzlich entschlossen an. „Nein! Du wirst hierbleiben. Du wirst hierbleiben und dich behaupten. Ich werde einen Brief schreiben. Los, hol mir Papier und den Kiel! Ich will schreiben! Nun geh schon, du weißt doch, wo alles liegt!"
Er verstand nicht, was sie wollte, an wen sie zu schreiben beabsichtigte. Er verstand ja überhaupt diese Frau nicht. Einmal war sie barsch und abweisend, als sei sie es leid, dass er überhaupt einmal zu ihr gekommen war. Dann wieder konnte sie wie eine Mutter zu ihm sein. Und manchmal behandelte sie ihn, als sei er noch ein zwölfjähriger Naseweis.
Ihm tat es nicht um den Job bei Ionu leid. Sicher, es war eine große Ranch, das Essen war sogar den Winter über gut, und zwanzig Dollar im Monat konnte hier nicht jeder zahlen. Wenn Glenn das Geld auch immer bis auf zwei Dollar an Mrs. Howard abgeliefert hatte, so fand er das doch völlig in Ordnung. Mrs. Howard musste ja auch leben. Und damals, als er halbtot zu ihr gekommen war, hatte sie das bisschen, das sie hatte, mit ihm geteilt. Nein, das sollte auch so bleiben, wenn er nicht mehr hier sein würde.
Er besorgte das Papier, die Tinte und den Federkiel. Er sah zu, wie sie umständlich die vorsintflutliche Kielfeder spitzte, neu einkerbte und dann mit hohen, ungelenken Buchstaben zu schreiben begann. Schreiben und lesen hatte sie ihn auch gelehrt. Ohne Mrs. Howard wäre er ein Analphabet geblieben. Ohne sie könnte er nicht rechnen und wüsste nicht, dass die Erde eine Kugel ist. Auf sein Wissen und seine Bildung hatte sie viel Zeit verwandt. Obgleich er weder ihr Sohn noch ein Verwandter war. Nur der Sohn des Mannes, mit dem sie einmal für wenige Jahre zusammengelebt hatte. Der Sohn ihrer Rivalin, die ihm kurz vor ihrem Tode auftrug, eine Mrs. Howard in Wendover aufzusuchen und sie um Unterkunft zu bitten.
„Du kannst dich inzwischen mit dem Teig befassen. Knete ihn noch mal durch, und dann machst du die Brote zurecht! Wir backen heute Nachmittag. Fang nur an!", sagte sie und schrieb dann weiter.
Er krempelte seine Ärmel hoch und wollte gerade beginnen, als vor dem Haus Hufe klapperten, ein Sattel ächzte, und kurz darauf pochte es hart an die Tür.
„Sieh nach, wer es ist!", sagte Mrs. Howard, und Glenn nickte nur.
Während er zur Tür ging, überkamen ihn dumpfe Ahnungen. Er konnte nicht ergründen, was ihn erwartete, aber er spürte, dass es Kummer geben würde. Etwas flau öffnete er die Tür und sah verblüfft in das tiefgebräunte und zerfurchte Gesicht des Vormannes Roy.
Groß, breitschultrig und wie die Inkarnation des Begriffes Cowboy stand Roy vor ihm. Eine Strähne seines pechschwarzen Haares hing ihm in der Stirn, der verbeulte Hut hing keck im Genick und Roys ganze Kleidung war über und über mit Staub bedeckt.
„Du hast etwas vergessen, Kleiner, sagte er und lächelte geringschätzig. „Du hast vergessen, uns zu sagen, dass sie schon hier sind.
„Wer?", fragte Glenn verständnislos.
Roy lächelte immer noch, und sein Gesicht wurde um einen Schein härter und entschlossener. „Ich spreche, wie du sehr gut weißt, von deinem Alten und seinen vier Freunden. Sie sind schon da, und ich bin hier, um etwas für die Straight I zu tun. Du wirst deinen Cayusen satteln und mitkommen."
„Ich stehe nicht auf der Lohnliste der Straight I", sagte Glenn mechanisch, ohne sich weiter zu überlegen, was er sagte. Er dachte nur an die Nachricht, die ihm Roy da überbracht hatte. Sein Vater mit vier Freunden hier in Wendover! Sein Vater, den er seit Kindesbeinen nicht mehr gesehen hatte.
„Also, nun mach schon!", herrschte ihn Roy an.
„Du hast gesagt, dass mein Vater ..."
„Ja, und er hat Mr. Ionu wissen lassen, dass er sich den Lohn für dich abholen will."
„Ich begreife nichts."
Roy lachte rau.
„Klar, du hast noch nie etwas begriffen. Aber vielleicht weißt du wirklich nicht ..."
Die Stimme von Mrs. Howard unterbrach ihn jäh: „Was ist hier los? Was wollen Sie, Mr. Carteen? Was wollen Sie noch von Glenn?"
„Er soll mitkommen. Harry Scott ist mit vier Männern gekommen. Er will bei Mr. Ionu den Lohn für den hier kassieren. Dabei wies er auf Glenn. „Wir haben Glenn ausgezahlt.
„Sicher. Und Mr. Ionu hat sich dabei benommen wie ein Gentleman, das muss man ihm lassen, höhnte sie. „Was hat dieser Junge mit Harry Scott zu tun? Er ist sein Sohn, gewiss, aber er hat ihn vielleicht vor zehn oder mehr Jahren zum letzten Male gesehen. Und was geht es euch noch an? Jetzt ist er wieder bei mir, und da bleibt er.
Roy schüttelte den Köpf.
„Nein, Madam, erklärte er fast sanft. „Ich habe einen ganz genauen Auftrag. Und Mr. Ionu hat es gar nicht gern, wenn seine Mannschaft ein schlechtes Gedächtnis zeigt.
Glenn war es von Mrs. Howard immer eingehämmert worden, dass er friedlich sein sollte. Immer wieder. Sie hatte ihm auch gesagt, ein Mann mit einem solchen Vater müsse sich Mühe geben, nicht aufzufallen. Ihr zuliebe hatte er sich bemüht, so zu sein. Drei Jahre lang. Drei lange Jahre schluckte er viel, sehr viel. Bedeutend mehr, als sein Stolz ertragen wollte. Doch jetzt war das Fass übergelaufen. Er spürte, wie ihm die Röte des Zornes ins Gesicht schoss. Er spürte, wie ihn die Lust ergriff, diesen hochmütigen Vormann zusammenzuschlagen. Aber noch war ein winziger Rest Beherrschung in ihm.
Roy zerschlug auch das, als er sagte: „Was geht Sie dieser Bursche hier überhaupt an, Mrs. Howard? Was kümmern Sie sich um ihn? Oder stimmt es etwa, dass Sie mit Harry Scott auch ..."
Da schlug Glenn zu. Er sprang wie ein Panther an Mrs. Howard vorbei, und nichts an ihm war noch schlaksig. Einer Feder gleich schnellte seine rechte Faust in Roys Gesicht, die Linke setzte nach und traf Roy in die Lebergegend.
Der Angriff kam Roy so überraschend, dass es ihn umriss. Er stürzte rücklings zu Boden, dicht neben die Hufe seines aufgeregt tänzelnden Pferdes.
Glenn sah weder rechts noch links. Aller Hass, alle angestaute Wut entlud sich jetzt. Er hörte den Aufschrei der Frau hinter sich, er vernahm nur im Unterbewusstsein eine zornige Stimme auf der anderen Straßenseite. Was er sah, war nur Roy, der sich gerade auf die Seite wälzen wollte.
Roy war stärker und geschickter im Kampf als er. Aber jetzt zählte das alles nicht. In Glenn waren infolge des Zornes Kräfte erwacht, die nicht zu berechnen waren. Nicht für Roy.
Plötzlich packte Glenn zu, riss Roy halb hoch und schlug erneut mit einem Fausthieb in dessen Gesicht. Roy schrie gequält auf, wollte nun wieder auf die Beine kommen, aber da prasselten Schläge auf ihn ein, die ihn wieder in den Staub warfen.
„Aufhören!", brüllte es von der anderen Straßenseite. Dann fiel ein Schuss, aber Glenn reagierte auf nichts. Er zertrümmerte den viel stärkeren Roy nach allen Regeln der Kunst.
Dann, als Roy schlaff im Schmutz der Straße lag, richtete sich Glenn auf. Seine Handknöchel waren blutig, und die Wut entstellte sein Gesicht.
Nun erst gewahrte er den Mann mit dem Gewehr. Er sah den Stern an dessen Weste, das zornige Gesicht und die weißen Schläfen, die jetzt im Sonnenlicht blond wirkten.
„Bist du des Teufels, du Narr, schrie der Marshal erneut und richtete die Waffe auf Glenn. „Das ist keine Rinderstadt, in der geschossen und geschlagen wird. Ich sperre dich dafür drei Tage ein!
Glenn war noch nicht fertig. Auch Marshal Hattkinson hatte ihn immer verhöhnt und schikaniert. Und Glenn sah in ihm gar nicht den würdigen Gesetzesvertreter, bieder und aufrecht. Trotz seines guten Aussehens, trotz der weißen Schläfen und dem scheinbar aufrechten Wesen war Hattkinson korrupt und parteiisch. Glenn hatte selbst erlebt, wie es war, wenn Mr. Ionu mit Hattkinson sprach. Er wusste auch, dass Hattkinson einmal von Ionu mit Geld bestochen worden war, als der Rancher der Broken Ring Klage gegen die Straight I erhoben hatte, weil eine Herde der Straight I auf dem Weideland der Broken Ring fast drei Wochen gegrast hatte. Damals ließ Hattkinson die Geschichte einfach auf sich beruhen. Er könnte keine Beweise finden, hatte er erklärt. Fertig.
Und nun stand dieser Hattkinson vor Glenn. Wieder die ganze Würde des Gesetzes ausstrahlend; so schien es. In Glenn flammte die Wut wieder auf.
„Du bist auch so ein Schuft!, keuchte er. „So ein dreckiger Lappen, der hier tut, als hätte er Anstand und Weisheit in Erbpacht. Aber mir macht ihr hier nichts mehr vor. Drei Jahre habe ich mich von euch in den Dreck treten lassen, nun ist es vorbei.
„Du verdammter Kerl, nimm die Pfoten hoch, sonst ...", schrie Hattkinson und kam einen Schritt näher, die Winchester noch immer auf Glenn gerichtet.
„Schieß doch! Ein geschmierter Marshal bist du schon. Nun schieß, damit aus dir auch noch ein Killer wird!", fuhr ihn Glenn an.
„Bei Gott, ich tue es wirklich!", rief Hattkinson, wich aber wieder einen Schritt zurück, und in seinem Gesicht zeigte sich etwas, das gar nicht zu seinem sonstigen Stil passte. Er schien Glenn in diesem Augenblick wirklich zu fürchten. Vielleicht war es der Ausdruck in Glenns von aufgehenden Frostbeulen verunstaltetem Antlitz. Vielleicht nur der Blick aus den hellen Augen des wütenden jungen Menschen.
„Bei Gott, hast du gesagt. Nimm das nicht in den Mund, du Heuchler! Sprich du lieber vom Teufel!", schnauzte ihn Glenn an.
Er spürt die Hand von Mrs. Howard an seinem Arm. Und er hörte, wie sie um Atem ringend keuchte: „Junge, stell dich nicht gegen ihn! Junge, tu es nicht! Er trägt den Stern ..."
Ohne auf sie zu sehen, immer nur den Blick auf Hattkinson gerichtet, sagte Glenn scharf: „Wirklich, das ist es ja, dass ausgerechnet er ihn trägt. Er, dieser feine Lord, der hier tut, als wäre die ganze Welt ein Sumpf, wenn es ihn nicht gäbe. Ich werde ..."
„Nichts wirst du!", rief eine tiefe Stimme seitlich von Glenn.
Er sah kurz hinüber, und auch Hattkinson blickte zur Seite. Und da sahen sie die fünf Reiter. Und sie alle hörten, wie Mrs. Howard mit überschnappender Stimme rief: „Harry! Nein, Harry, nein! Warum ..."
Glenn wandte sich rasch um und konnte Mrs. Howard auffangen, bevor sie ohnmächtig umkippte. Er hielt noch die schwere Last in den Armen und wollte Mrs. Howard vorsichtig zu Boden lassen, als der vorderste der fünf Reiter einem seiner Begleiter zurief: „Achtet auf diesen Sternträger, ich kümmere mich um die Lady!"
Indessen war Roy aus seinem Tiefschlaf erwacht und glotzte verständnislos um sich. Er wollte sich erheben, aber es ging wohl noch nicht, und er tastete ächzend nach seinem Gesicht.
Hattkinson stand wie gelähmt. Der Gewehrlauf war herabgesunken, und der Mann starrte wie gebannt auf den großen, hageren Mann, der nun aus dem Sattel geglitten war und mit federnden Schritten auf Glenn und Mrs. Howard zuging.
Er hatte ihn noch nie gesehen, und es gab auch keine Steckbriefe von ihm, dennoch begriff Marshal Hattkinson in diesem Augenblick alles. Er wusste, wer dieser etwa achtundvierzigjährige Mann sein musste.
Auch Glenn wusste es, denn so, wie er den Mann vor sich sah, so hatte er ihn auch in Erinnerung. Nur noch hagerer, noch faltiger im Gesicht und noch kantiger war er geworden. Sein Vater Harry Scott. Den Mrs. Howard einen Lumpen genannt hatte. Von dem Ionu behauptet hatte, er sei ein Mörder.
Er sah nicht wie ein Mörder aus, auch nicht wie ein Lump. Glenn, der noch immer das ganze Gewicht von Mrs. Howard in den Armen hielt, ahnte in diesem Augenblick, dass sein ganzes Leben auf einem Scheitelpunkt stand. Vor seiner hundertachtziggradigen Wende.
Er blickte Harry Scott an, und der Name Vater war in diesem Moment das Letzte, das ihm über die Lippen gekommen wäre. Obgleich er ihn genau wiedererkannte, war sein Vater für ihn wie ein Fremder. Wie ein Mensch, den man irgendwann einmal gut gekannt und lange nicht mehr gesehen hatte.
Harry Scott griff der Frau unter die Arme und hob sie wie ein Leichtgewicht auf, schleppte sie bis zu der verwitterten Bank auf der Veranda und setzte sie dort nieder. Das war der Augenblick, in dem sie zu sich kam.
„Harry!", lispelte sie, und in ihrem breiten Gesicht stand alles geschrieben: die offenbar unvergängliche Zuneigung zu diesem Manne, die Furcht vor ihm und ihre noch immer nicht überwundene Überraschung.
„Nur keine falschen Bewegungen, Mister!", rief einer der Männer, die mit Harry Scott gekommen waren. Und dies galt Marshal Hattkinson, der gerade den matten Versuch machte, in dieser Szene doch noch eine annehmbare Rolle zu spielen.
„Kümmere dich um Mrs. Howard!, sagte Harry Scott zu seinem etwas ratlos dreinblickenden Sohn. „Hol ihr einen Schluck Wasser!
Von Kind an war Glenn geschickt worden, hatte er Befehle und Weisungen empfangen. Er schien richtig froh, jetzt etwas tun zu können, irgendeinen Befehl zu erhalten. Er hastete ins Haus, holte ein Glas und kam mit dem Wasser zurück. Doch in diesen wenigen Sekunden hatte sich draußen das Bild verändert.
Roy war aufgestanden. Ein wenig unsicher lehnte er an der Hauswand. Vor ihm lag sein Waffengürtel, und nicht weit davon stand einer der Männer, die mit Harry Scott kamen.
Hattkinson hielt kein Gewehr mehr. Glenn sah es in den Händen von Harry Scott. — Eigenartig, er selbst nannte seinen Vater auch insgeheim beim vollen Namen und nicht etwa Vater.
Harry Scott lächelte noch immer, aber aus Hattkinsons Gesicht war jede Spur von spöttischer Überheblichkeit der nackten Angst gewichen. Der sonst so selbstbewusste Marshal machte gar keine gute Figur in diesen Augenblicken, und gerade Glenn stellte das vielleicht mehr als jeder andere fest.
Drüben auf der anderen Straßenseite waren ein paar Neugierige zusammengekommen. Überwiegend Männer aus der Stadt. Keiner rührte eine Hand für Hattkinson. Sie standen wie vor einer Bühne, wo sich ein interessantes Geschehen ganz zu ihrer Unterhaltung abspielte.
Mrs. Howard trank das Wasser, als Glenn es ihr reichte. Mit jedem Schluck, den sie trank, kehrte wieder die alte Gesichtsfarbe zurück. Sie sah beunruhigt auf Glenn und flüsterte ihm zu: „Was soll jetzt bloß werden?"
„Nichts Schlimmes", tröstete Glenn, obwohl er gar nicht so empfand. Das plötzliche Erscheinen seines Vaters mochte wohl im Moment für ihn befreiend gewirkt haben, was Hattkinson anging. Sonst aber fürchtete Glenn das Unbekannte, das wie drohend auf ihn zuzukommen schien. Er ahnte mehr als zuvor, dass alles fortan anders verlaufen würde. Einesteils lockte es ihn, andererseits hatte er vorhin zum ersten Mal eine starke Zuneigung zu Mrs. Howard gefühlt, die in ihm wohl doch so etwas wie einen Sohn sah.
Er kam nicht dazu, weitere Probleme zu verarbeiten.
Hattkinson machte einen schwachen Versuch, sich aus der Affäre zu ziehen.
„Das kostet Sie eine Menge, Scott", sagte er drohend.
Harry Scott schüttelte ungläubig den Kopf und spottete: „Davor habe ich aber tatsächlich große Angst, du Held! Jetzt hast du wohl nicht mehr den unerfahrenen, verängstigten Burschen vor dir wie eben. Aber lass nur, Marshal, wir tun dir nichts! Ich möchte dich nur noch fragen, was mein Junge bei den Ionus gemacht hat, dass man ihn zum Teufel jagte. Na?"
Hattkinson blickte auf Roy, der verbissen vor sich hinstarrte.
„Ach so, meinte Harry Scott, „der weiß es wohl besser? Was ist das überhaupt für ein Vogel?
„Der Vormann von Ionu." Hattkinson schluckte nach dieser Auskunft, als fürchte er die Rache Ionus, weil er es gesagt hatte.
Roy reagierte nicht.
„Na, Cowboy, und was wolltest du hier, dass mein Junge dich kurz mit der Handschrift der Scotts bekannt machen musste?"
Roy blickte hasserfüllt auf Harry Scott.
„Sollen wir den etwas zur Höflichkeit erziehen, Harry?", rief einer der drei, die noch zu Pferde saßen und ihre Hände an den Coltkolben hatten.
Mit einer Handbewegung wehrte Harry Scott dieses Ansinnen ab.
„Er redet freiwillig. Er sieht nicht dumm aus. Deshalb wird er uns schön alles haarklein berichten. — Nun, Cowboy?"
Doch dazu kam es zunächst nicht. Denn plötzlich begann Mrs. Howard zu erzählen. Sie sprudelte die Worte wie ein Wasserfall hervor und schilderte die Gründe von Roys Auftauchen an der Haustür.
Harry Scott hörte es, ohne mit der Wimper zu zucken; nur sein Lächeln machte einem grimmigen Gesichtsausdruck Platz. Und als Mrs. Howard fertig war, sagte er schroff: „Es ist ein gutes Gefühl, den richtigen Sohn zu haben. Glenn, mein Junge, diesen Skunk brauchen wir gar nicht mehr zu fragen. Wir werden ihn mitnehmen zu seiner Ranch. Ich bin der Meinung, dass du dort noch etwas vergessen hast."
„Vergessen?", fragte Glenn etwas betroffen. Er wollte nie wieder zu der Straight I hinaus. Nie wieder!
„Ja, wiederholte Harry Scott, „du hast etwas vergessen. Nämlich die Rechnung einzukassieren.
Er wandte sich dem Marshal zu. „Diese Stadt hat sich meinem Jungen gegenüber sehr schlecht benommen, wie ich hören musste. Auch Mrs. Howard hättet ihr besser behandeln können. Das soll sich etwas ändern, Marshal. Meine Freunde und ich sind der Überzeugung, dass hier in dieser Stadt viele Gentlemen herumlaufen, die sich freuen, wenn sie bald Gelegenheit haben zu beweisen, wie gut sie erzogen sind. Marshal, dieser Mann dort ..., er wies auf Roy, „... dieser Mann hat Mrs. Howard beleidigt. Kann man das in dieser Stadt ungestraft tun?
Hattkinson hatte Angst. Angst vor dem überlegen wirkenden Mann, von dem er so viel schon gehört hatte. Den er nicht zu reizen wagte, weil man sagte, Harry Scott sei ein enorm schneller Schütze. Ein Mann auch, der keine Skrupel kenne.
Der Stern an seiner Brust gab Hattkinson keine Kraft. Schon der Blick aus Scotts Augen schien ihn förmlich zu hypnotisieren. Wie der Blick eines Tigers, der sein Opfer in die Knie zwingt, bevor der entscheidende Sprung kommt.
Hattkinson nickte beklommen. Doch damit schien Harry Scott nicht zufrieden. Er hob ostentativ die Hand ans Ohr, als habe er nichts gehört.
„Ich kann nichts verstehen, Marshal. Ich möchte es hören. Lauter, Marshal! Kann ein Mann in dieser Stadt ungestraft eine Lady beleidigen?"
„Nein", krächzte Hattkinson.
Die vier Begleiter Harry Scotts lachten schallend, doch Scott selbst nickte nur, als habe er eine andere Antwort nicht erwartet.
Glenn schaute seinen Vater bewundernd an. Meine Güte, dachte er, ich bin immer ein Würstchen gewesen, ein getretener Wurm, und er kommt hier an, ist im Handumdrehen mittendrin und macht aus Hattkinson einen Popanz; während ich Hattkinson jahrelang gefürchtet habe wie eine unbesiegbare Gefahr.
Noch etwas bewunderte Glenn im Stillen. Er wusste, dass die ganze Stadt seit seiner eigenen Anwesenheit auf seinen Vater geschimpft hatte. Dass sie — und auch Mrs. Howard — allesamt immer gesagt hatten, sie würden diesen „Banditen" zur Hölle jagen, käme er jemals nach Wendover. An den Füßen wollten sie ihn mit einem Pferd aus der Stadt schleifen.
Nun war er hier. Mitten in ihrer Stadt. Aber drüben auf der anderen Straßenseite standen sie nur und gafften. Nichts weiter. Sie würden nicht um eine Million eine Hand rühren gegen ihn.
Harry Scott schien auch das nicht anders erwartet zu haben. Und nun trieb er es noch weiter. Er wandte sich den Leuten drüben zu.
„He, seid ihr auch der Meinung von eurem Marshal? Viele nickten, manche stimmten lauthals zu. „Bravo
, rief Harry Scott, und über sein hageres, von Falten durchfurchtes Gesicht glitt ein Lächeln. „Ich wusste, und ich habe prophezeit, dass es hier massenhaft wahre Gentlemen gibt. Also, Marshal, dann belegst du diesen Hundesohn hier mit einer Geldstrafe. Sagen wir hundert Dollar. Die soll er gleich an Mrs. Howard auszahlen. Ist das richtig?"
„Ich habe keinen Cent!", schrie Roy entsetzt auf. Und von seiner selbstbewussten Art war nichts mehr geblieben als das, was er jetzt zeigte, und was auch Hattkinson anzusehen war: Angst.
„Bist du dieser Meinung, Marshal?", wiederholte Harry Scott.
Hattkinson brummelte ein gequältes Ja. Man sah ihm an, dass er jetzt allem zustimmen würde, was Harry Scott verlangte. Seine Frucht vor Ionu schien vergessen oder zumindest in den Hintergrund getreten zu sein.
„Gut, ihr Männer dort drüben, was meint ihr: ist dieses Pferd den Betrag von hundert Dollar wert?" Harry Scott wies auf Roys Wallach.
„Ja, es geht so", rief ein pausbäckiger junger Bursche.
„Wir sind nicht kleinlich. So werden wir das Pferd nehmen. Marshal, das ist Ihre Sache."
Nun begann sich Hattkinson die Gefahr seitens der Straight I auszumalen.
„Es wird Schwierigkeiten mit Mr. Ionu geben", sagte er leise.
„Ja, die wird es bestimmt geben", meinte Roy trotzig.
Harry Scott machte eine abwehrende Handbewegung.
„Wir wollen uns davon nicht weiter beeindrucken lassen, Cowboy. — Aber nun weiter. Du hast eine Schlägerei in einer friedlichen Stadt ausgetragen, Cowboy. — Eh, Marshal, wie hörte ich vorhin? Du wolltest ihn drei Tage einsperren. Da habe ich doch richtig gehört, wie?"
Die Männer auf der anderen Straßenseite lachten, auch die vier Begleiter Harry Scotts brachen wieder in schallendes Gelächter aus. Nur Harry Scott blieb gelassen.
Hattkinson verzog das Gesicht. Nochmals nahm er Anlauf zu einer Widerrede, aber schon der Blick Harry Scotts stoppte ihn, bevor er überhaupt angefangen hatte. So meinte er nur flau: „Eigentlich sind beide schuld."
„Dafür hängt euch Ionu an einen Strick", behauptete Roy.
Harry Scott sah ihn scharf an.
„Wenn du noch einmal ungefragt etwas von dir gibst, wirst du Zahnschmerzen bekommen. — Weiter, Marshal, vorhin warst du doch gar nicht der Meinung, dass beide ..."
Drüben auf der anderen Straßenseite rief ein krausköpfiger Hüne: „Er steckt immer die ins Loch, die übrigbleiben. Gib es ihm, Fremder!"
Harry Scott zuckte herum, als habe ihn eine Natter gebissen. Er blickte zu dem Krauskopf hinüber und meinte verständnislos: „Fremder? Ich bin Harry Scott, wenn euch der Name etwas sagt." Er sagte ihnen schon etwas, aber sie wussten es ja längst. Der Krauskopf, übrigens der Mietstallbesitzer, wagte nur nicht, es auszusprechen.
„Da ihr alle sehr nette Menschen seid, fügte Harry Scott noch hinzu, „so dürft ihr mich Harry nennen. — Nun wieder zu dir
, sagte er zu Roy gewandt. „Der Marshal steckt dich also nicht für drei Tage ins Loch. Nun gut, wir wollen einen so tüchtigen Marshall zu nichts überreden. — Zieh deine Stiefel aus!" Die letzten Worte waren messerscharf gesprochen, und der zwingende Blick des Revolvermannes ließ nichts mehr an Widerreden offen.
Roy zögerte dennoch. Und Hattkinson wollte noch einmal Einspruch erheben, doch das tosende Gebrüll der Leute drüben ließ untergehen, was er gerade sagte. Harry Scott zeigte die Verachtung nicht, die er für die Männer drüben empfand. Sie waren feige. Wollten sie ihn vorher am liebsten zerstückeln, als sie ihn meilenweit wussten, so hielten sie jetzt zu ihm und hatten wie Zuschauer bei einem Stierkampf ihre helle Freude daran, wie Roy „verarztet" wurde. Keiner machte sich wohl Gedanken darüber, wie Ionu darauf reagieren könnte. Ionu, der immerhin eine starke, ja die stärkste Mannschaft im weiten Umkreis im Sattel hatte.
Roy war kein Feigling, wenn er sich bisher auf Grund seiner Körperkraft immer sehr überlegen vorgekommen war. Doch er war auch nicht lebensmüde. Dieser Harry Scott, das begriff er vollkommen, würde andere Saiten aufziehen. Offenbar wollte der ja überhaupt nur das ganze Geschehen auf ein Duell zutreiben, in dem er immer überlegen sein würde. Roy hatte hornige, vernarbte Hände, die nicht geeignet waren, geschmeidig einen Colt zu ziehen.
Vielleicht war auch das der Grund, warum Glenn in diesem Augenblick so etwas wie Mitleid mit Roy empfand, obwohl er gerade von dem Vormann immer schikaniert worden war.
„Verlang es nicht von ihm!", sagte Glenn leise, dass nur sein Vater es hören konnte.
Harry Scott sah seinen Sohn spöttisch an.
„Überlass das mir, mein Junge! Ich kenne diese Sorte besser, als du denkst. Er ging auf Roy zu. „Nun? Willst du nicht, oder muss ich dir erst noch ein paar Komplimente machen?
Roy begriff. Scott würde ihn beleidigen, herausfordern, und der Griff zum Revolver würde geradezu selbstverständlich. Einer von Harry Scotts Begleitern hob Roys Waffengurt auf und gab ihn dem Vormann. „Hier, du kannst ihn wiederhaben."
Nun gab es keinen Zweifel mehr für Roy. Er nahm den Gurt nicht, sondern wandte sich einfach um, ohne dem Befehl, die Stiefel auszuziehen, nachzukommen.
„Schieß doch, wenn es dir Spass macht, ich gehe ..."
Keiner schoss. Harry Scott begann zu lachen, und die drüben auf der anderen Straßenseite wie auch seine Begleiter fielen pflichtschuldig in dieses Gelächter ein. Roy aber ging, ohne sich umzusehen, die Straße entlang auf die Prärie zu.
„Dafür wird sich Ionu etwas einfallen lassen", meinte Hattkinson.
„Hoffentlich, erwiderte ihm Harry Scott und wandte sich dann Glenn zu. „Komm, mein Sohn, wir wollen sehen, ob uns Mrs. Howard nicht einen guten Kaffee kocht! — Kommt, Jungs!
Dann sah er Glenn an. „Meine Güte, aus dir ist tatsächlich ein richtiger Mann geworden, und ich habe es gar nicht glauben wollen, als mir einer von der Straight I sagte, dass du das bist. Ich habe dich nämlich vor vier Tagen beobachtet, als du den Zaun am Hell-Bole-Springs ausgebessert hast. Nun, wir wollen mal ausführlich über dich sprechen. Jedenfalls wird es Zeit, dass dir mal einer unter die Arme greift."
Glenn hatte auch dieses Gefühl. Und irgendwie wunderte er sich darüber, dass es Menschen gab, die Harry Scott wie die Pest hassten. So schlimm war er doch nun wirklich nicht.
2
Die Straight-Ranch bestand aus einer Reihe neuerer und zwei fortartigen alten Gebäudekomplexen. Die neueren Gebäude wurden gegenwärtig bewirtschaftet, die alten waren durch einen Staketenzaun umfriedet und stellten für Ali Ionu und jeden, den es interessierte, so etwas wie ein Lokalheiligtum dar. Jeden der mannsdicken Baumstämme, aus denen die alten Häuser und der Palisadenzaun gebaut waren, hatte Ali Ionu selbst geschlagen, zugehauen und dort an den Platz gesetzt ... vor mehr als zwanzig Jahren. Diese zwanzig Jahre hatte er genutzt, um aus seiner vorgeschobenen Handelsstation im Grenzland eine große Ranch zu machen. Das war sein Werk, und er hatte zehn dieser zwanzig Jahre wie ein Maultier geschuftet, um das Ziel zu erreichen.
Der Sohn eines türkischen Viehhändlers aus Illinois begriff beizeiten den Nutzen, den die Prärie der Viehzucht bot. Von Vieh verstand er ohnehin mehr als die meisten. Allah hatte Ali Ionu mit der Figur und der Kraft eines Herkules ausgestattet ... und vom Vater her mit dem schlauen Hirn eines dem Handel verschworenen Kaufmanns.
Der Türkensohn Ionu war mehr Amerikaner als mancher andere hierzulande. Dennoch erinnerten viele seiner Eigenschaften an die Herkunft seiner Väter. Für Ali Ionu gab es nur einen einzigen Menschen, den er auf dieser Welt wirklich liebte: Ali Ionu. Und sich selbst auch gönnte er Gutes, niemandem sonst. Wenn er seine Liebe außer auf sich selbst auch noch einem anderen materiellen Gegenstand zuwendete, dann dem Geld. Er empfand dafür mehr als eine Leidenschaft.
Die Geschichte mit dem Tanzmädchen war daher für Ionu eine Episode. Er erinnerte sich zwar noch sehr gut, aber es hatte nur gekostet und nichts gebracht. Eine unliebsame Episode also, wie er sich selbst eingestand. Leider aber eine mit Folgen. Denn dieses Mädchen mit dem klangvollen Namen Hirunda hatte ihm einen Sprössling geboren. So sehr sich Ali Ionu immer einen Sprössling gewünscht hatte, so sehr begann er ihn seit dem Tag vor zehn Jahren, als man es ihm meldete, zu verfluchen. Denn mochte es sein Sohn sein und mochte Hirunda ein annehmbar hübsches Mädchen gewesen sein, als er sie damals vor elf Jahren innig in die Arme schloss, alles tröstete ihn wenig. Ali Ionu hatte zwar vor zwanzig Jahren die dicken Baumstämme gefällt und eine kleine Burg davon gebaut, doch gekocht hatte zu seiner Stärkung ein damals zierliches und doch zähes Wesen: seine ihm vor zweiundzwanzig Jahren angetraute Frau. Geboren hatte sie ihm in ihrer gemeinsamen Ehe zwei Töchter. Keinen Sohn.
Ali Ionu hatte lange mit dem Gedanken gespielt, den außerehelichen Sohn zu sich zu nehmen. Aber da kam es zum offenen Krieg im eigenen Hause. Die zierliche Frau, um zwölf Jahre Erfahrung mit Ali Ionu reicher, wurde zum erbitterten Feind. Der Rancher konnte zwar kämpfen, dicke Bäume schlagen, wilde Bullen bändigen, aber mit Dorothy Ionu wurde er nicht fertig. Er kapitulierte. Und von da an weigerte er sich, einen Sohn von einer gewissen Hirunda Ryder anzuerkennen. Es gab keinen Sohn von ihm. Fertig.
Hirunda, die Ionu für ledig gehalten hatte, schrieb Briefe. Allesamt landeten sie in Ionus großem Kamin. Er antwortete nie. Hirundas Bruder tauchte auf. Ionu konterte auf seine Art. Als der junge Bursche frech wurde, ließ Ionu ihn durch seinen Vormann herausfordern, und das anschließende Duell bereinigte — wie Ionu es nannte — das Problem. Der Tote wurde auf dem Boothill von Wendover begraben.
Hirunda hatte indessen nicht geruht, die Sache zu klären. Sie erzwang ein Gerichtsurteil, aber in Kansas, und es galt nicht in Wyoming.
Vor zwei Jahren musste Ionu nach Kansas. Er konnte es nicht aufschieben, und er war auch nicht der Mann, der vor etwas — außer vor Mrs. Ionu — Beklemmungen hatte. Ionu kam nach Abilene, und Hirunda war rechtzeitig auf ungeklärte Weise dahintergekommen. Ein Nacht-Marshal nahm Ionu fest und ließ ihn einsperren.
Drei Cowboys der Straight I holten ihren Boss wieder heraus. Seitdem war Kansas für Ionu so gefährlich wie das Innere eines Tigerkäfigs. Hirunda ließ nicht locker. Sie schickte einen Mann zu Ionu, der ungefähr Ionus Kaliber hatte. Aber das Duell fand nicht statt. Ionu mietete zwei Scharfschützen und ließ den Revolvermann abknallen wie einen tollwütigen Hund. Die Schützen schwiegen, andere Zeugen gab es nicht. Der Fremde wurde verscharrt wie ein Kadaver. Niemand wusste, wo der Mann geblieben war.
Da aber hatte Hirunda einen Mann kennengelernt, der sie nicht nur aus der Tanzhalle herausholte, sondern an ihrem Sohn Phil so etwas wie eine eigene Verfehlung gutzumachen suchte: Harry Scott.
Nach dem Brauch des Westens hatte Harry Scott dem Rancher Ionu einen Brief nach Wyoming geschrieben und ihm mitgeteilt, dass er kommen werde, um entweder die schriftliche Anerkennung zu holen, dass Phil Ionus Sohn sei oder die Geschichte auf seine Art zu regeln. Welche Weise er als Regelung verstanden wissen wollte, war außer Zweifel. Harry Scott kannte ja nur diese eine Methode. Und ihr war der bullige Ionu bestimmt nicht gewachsen.
Ionu wusste seit drei Wochen von Harry Scotts angekündigtem Besuch. Verbittert vermutete er ein Komplott zwischen Scott senior und dessen Sohn, der ausgerechnet auf seiner Ranch arbeitete. Vielleicht deshalb, weil Ionu ihn ein wenig bedauerte, andererseits zeigen wollte, dass er ein Mensch mit Herz sei. Aber da Ali Ionu von zwölf Stunden des Tages geschlagene zehn an den finanziellen Gewinn des Ali Ionu und die übrigen beiden an das Wohlbefinden Ali Ionus zu denken pflegte, glaubte noch nicht einmal er selbst an dieses lautstark verkündete Motiv. Glenn war ein Arbeitspferd, wie er es besser nicht bekommen konnte. Und er schuftete nicht nur für zwei, er war auch spottbillig. Das war es.
Dennoch trennte sich Ionu auf recht fragwürdige Art von dem Sohn seines neuen Gegners, weil er Schützenhilfe von Glenn nicht erwarten konnte. Im Gegenteil.
Als Roy deshalb gegen Mitternacht auf einem geliehenen Pferd die Ranch erreichte und Ali Ionu wecken ließ, war der Rancher so rasch auf, als sei sein Herausforderer schon angetreten. Im Scheine einer Kerosinlampe saßen sich Roy und der Rancher gegenüber. Beides kräftige Männer, Ionu aber schon mit seinen fünfzig Jahren etwas zu schwer in den Hüften und zu speckig im Nacken. Trotzdem ein Mann, der heute noch spielend ein Dutzend mannsdicker Bäume an einem Vormittag mit der Axt schlagen würde.
„Er ist also da. Und Hattkinson hat den Schwanz eingezogen, dieser Skunk. Aber er war ja schon immer gelbgestreift", meinte Ionu und strich sich den buschigen Schnauzbart, der seinem Gesicht die Ähnlichkeit mit einem Seehund verlieh.
Roy schwieg. Er beobachtete Ionu genau. Es interessierte ihn, ob er irgendwo in dem gedrungenen Gesicht so etwas wie Angst entdecken konnte. Aber bisher zeigte sich da keine Spur. Ionu war nur wütend, sonst nichts.
„Wir sollten ihm eine Falle stellen."
Roy zuckte die Schultern. „Wie dem Revolvermann damals?"
„So ähnlich, erwiderte Ionu und stand auf. Mit schweren Schritten ging er bis zu dem massigen Holzschrank, den er einst selbst gebaut hatte. Er öffnete ihn und holte eine Flasche heraus, dann zwei Tonbecher. Zurück am Tisch schenkte er beide Becher ein und schob das eine Roy hin. Sie tranken wortlos, wischten sich mit dem Handrücken die Lippen ab, und Ionu schenkte abermals ein. Dann setzte er die Flasche ab und sagte mit dröhnender Stimme: „Ich hätte den Jungen nicht davonjagen sollen. Es war ein Fehler. Wenn es stimmt, was du sagst, wusste er von dem Besuch seines Vaters doch nichts. Ich hatte gedacht, er weiß es.
„Nein, das glaube ich nicht. Vielleicht war es wirklich ein Fehler."
„Noch einer wäre es, ihn auf die Ranch zurückholen zu wollen. Roy entgegnete nichts. Ionu hatte offenbar eine Antwort erwartet, denn er fuhr fort: „Ich habe nichts gegen Mrs. Howard. Diesmal nimmt man es uns übel. Die Leute in Wendover grollen uns sowieso heimlich. Sie sind neidisch. Wenn ich dort bin und sage: Scott an den Galgen, dann plärren sie es mir nach. Kommt dieser Harry Scott dann an, fallen sie um. Es sind Memmen.
„Ich weiß nicht, Boss, ich glaube eher, sie wünschen die Rinderleute ebenso zum Teufel wie diesen Scott."
„Der Kerl muss weg, bevor er hier auf der Ranch antanzt. Und wenn er schon kommt, dann nicht lange fackeln. Zeugen, die das Gegenteil schwören, haben wir genug. Ich bin der einzige, der seine Mannschaft über den Winter dabehält. Das zählt."
„Einer ist aber nicht dicht. Dieser Scott scheint eine Menge zu wissen, und von seinem Kleinen kann er’s nicht haben."
„Gut, dann machst du es!", sagte Ionu und sah Roy lauernd an.
Roy machte sich die Bandana locker. „Ich?" fragte er abwehrend.
„Trink!", sagte Ionu und leerte Seinen Becher. Roy tat es ihm nach.
„Diesmal könnte es ein anderer ..."
Ionu unterbrach Roy. „Nein, gerade du. So etwas muss unter uns bleiben. Ron ist tot, und nur du weißt davon ... und ich. Je weniger es wissen, desto besser. Du machst es allein."
„Auf der Ranch?"
„Nein, in Wendover. Nimm dir zwei frische Pferde und auf!"
„Ich sagte doch, dass er vier Begleiter hat."
Ionu zuckte die Schultern.
„Na und? Kleben die wie ein Panzer an ihm? Er wird sie nicht an die Brust nehmen zu seinem Schutz. Du hast immer eine Chance."
Roy hatte Harry Scott erlebt. Ob Chance oder nicht, er errechnete sich nicht viel aus so einer Sache. Und die Geschichte mit dem anderen Revolvermann beschäftigte ihn heute noch. Er war kein Killer, und wenn er’s auch damals zusammen mit Ron gemacht hatte, es war Ron gewesen, der den tödlichen Schuss abgab. Jedenfalls versucht sich das Roy immerzu einzureden. Nun aber kann es nur einen geben, der treffen kann.
„Es gefällt mir nicht, sagte er knurrend. „Ich mache das nicht, Boss.
„Wirklich nicht?, fragte Ionu. Er lächelte grimmig. „Soll ich Hattkinson so eine kleine Story erzählen, von dir und Ron?
Roy fuhr auf. „Ach so ist das? — Tut mir leid, Boss, dann ..." Er stand auf, sprach aber nicht weiter.
„Was ist dann?", forschte Ionu.
„Dann reite ich weg."
„Du wirst nicht wegreiten, Roy! Du wirst höchstens nach Wendover reiten, um das zu tun, was wir eben besprochen haben."
„Es geht mich nichts an. Das ist dein Geschäft, Boss, nicht meins."
Ionu runzelte die Brauen.
„Es ist auch dein Geschäft, Roy. Aber wie du willst, Roy, du hast die Wahl. So einen Job wie bei mir bietet dir niemand. Und wenn ich es will, schon gar nicht hier in dieser Kante."
„Du willst mich erpressen, ein Verbrechen zu begehen."
Ionu lachte donnernd.
„Was du nicht sagst, Roy. Ich will gar nichts. Wenn ich höre, dass ein gewisser Harry Scott zum Teufel gegangen ist, dann werde ich meinem Vormann rein zufällig noch den gleichen Tag fünfhundert Bucks in seine Hand legen. So viel verdient ein Würstchen wie Glenn Scott in zwei Jahren harter Arbeit nicht."
Roy liebäugelte mit Geld, denn er gab die Idee nicht auf, eines Tages mit seinem Ersparten und der kleinen Herde, die bei Ionu mitlief, eine eigene Ranch zu gründen. Ionu wusste es, er wusste überhaupt viel zu viel von Roy. Das war es.
„Ist das ein Wort?", fragte Roy unentschlossen.
„Habe ich es dir gegenüber je gebrochen?"
Roy zuckte die Schultern und ging zur Tür. „Und wenn es irgendwie schiefgeht?"
Ionu schlug seine Pranken zusammen, dass es wie ein Schuss knallte.
„Du wirst deine fünf Sinne zusammennehmen, Roy, und dann geht nichts schief. Ich denke, das schaffst du doch?"
„Es muss Zeugen geben, die mich hier gesehen haben", forderte Roy.
„Mehr Zeugen als die Richter brauchen. Geh jetzt!"
Roy ging, und als die Tür hinter ihm zufiel, brummte Ionu zufrieden: „So ein halsstarriger Esel. Dabei hat er alles, was er sich denken kann."
Roy sattelte draußen zwei frische Pferde, prüfte seinen Revolver, eine andere Waffe als jene, die in Wendover geblieben war. Eine bessere Waffe. Und die Springfield, die er schon einmal auf einem gefährlichen Ritt mitgehabt hatte. Alles in Ordnung. Besonders die Springfield, denn auf die kam es Roy am meisten an. Auf Coltschussweite wollte er sich nicht an Harry Scott heranwagen. Diesen Blick konnte er nicht ertragen, diesen zwingenden Blick des hageren Mannes.
3
Man kann die Vergangenheit nicht zur Gegenwart machen. Das begriff Mrs. Howard nach kurzer Zeit. Es lässt sich nichts zurückholen, auch nicht die Zuneigung Harry Scotts. Er war nett zu ihr, aber es war eine Freundlichkeit, die er sicher an jeden verschwendete, der ihm einen guten Kaffee kochte und den er nach langer Zeit einmal wiedersah.
Harry Scott war ein glänzender Unterhalter. Während er plauderte, als sei er erst gestern von Mrs. Howard weggegangen, und während seine Freunde mit Glenn um den runden Tisch saßen, kochte Mrs. Howard Kaffee, servierte sie Ham and Eggs und schien sich an nichts zu erinnern, was ihre Meinung über Scott anging. Ihre Meinung noch vor gut zwei Stunden.
Glenn sah fasziniert seinen Vater an. Die Begeisterung für ihn wuchs. Er glaubte alles, was Harry Scott erzählte. Mehr und mehr kam der Wille in ihm auf, so zu sein wie er. So selbstsicher, so überlegen, immer um keine Entscheidung verlegen. Weniger gefielen ihm die Freunde seines Vaters. Sie hatten ihn zwar alle vier herzlich begrüßt, aber er begann jetzt, da keiner auf ihn achtete, ihre Gesichter zu studieren.
Da war einmal der etwas bleiche, aber muskulöse Henry Deville. Er zeigte immerzu ein verlegenes Lächeln, doch das war Tarnung, und Glenn merkte es bald. Deville hatte noch bis vor kurzem in einem Gefängnis gesessen, das hörte Glenn aus der Unterhaltung heraus.
Neben Glenns Vater saß der grauhaarige Mark Overback. Wohl der älteste Mann in der Runde. Breite Hände mit kurzen Fingern, ein derbes Gesicht und eine bläuliche Knollennase zeichneten diesen Mann aus. Wenn er etwas sagte, geschah das bedächtig und langsam. Auch seine Bewegungen waren so. Von allen gefiel ihm dieser Mann noch am besten, nur erinnerte ihn der Blick aus den kleinen Schweinsäuglein an Ionu. Diese Schläue im Blick, das missfiel Glenn.
Glenn gegenüber stützte Burt Corners den Kopf in die Hände. Ein kleiner, breitschultriger Mann mit strohblondem Haar. Nur wenig älter als Glenn selbst, doch von einer sichtbaren Härte, die ihn älter und erfahrener erscheinen ließ.
Gerade stand der vierte Freund Harry Scotts auf, der junge Jim Stratz. Er ging mit wiegenden Schritten zur Tür, drehte sich noch einmal um, so dass Glenn das schmale, eingefallene Gesicht mit den großen Kinderaugen deutlich sah. Dann war Stratz draußen. Er würde die Pferde versorgen und auch sonst darauf achten, was sich in der Stadt tat.
Stratz mochte neunzehn Jahre alt sein. Wieso er mit Harry Scott ritt, wusste Glenn nicht zu deuten. Aber er trug zwei Revolver, und die Art, wie er sie trug, sprach Bände. Auch seine schmalen, langen Hände passten gut zu diesem Eindruck.
Mrs. Howard setzte sich mit an den Tisch, und sie lauschte wie gebannt den Worten Harry Scotts. Sie sah nur ihn, hörte nur ihn.
Glenn lauschte auch, aber mit der Zeit erinnerte er sich an das Versprechen seines Vaters, über ihn, Glenn, zu sprechen. Doch nichts davon tat der hagere Revolvermann. Er sprach von sich, von seinen Erlebnissen, von alten Zeiten, von denen Glenn wenig oder nichts wusste. Mehr davon schien Mrs. Howard zu kennen, denn mitunter lachte sie hell auf, wenn Harry Scott den oder jenen Namen, diese oder jene — für Glenn nichtssagende — Episode erwähnte.
Mark Overback hatte eine Flasche Whisky in der Tasche gehabt. Jetzt stand sie vor ihm, und er trank direkt aus ihr. Als der Kaffee serviert wurde, goss sich Overback die Tasse nur halb voll, der Rest wurde mit Whisky aufgefüllt.
Deville erhob sich, trat an den Spiegel neben der Tür und kämmte sich mit Ausdauer sein pechschwarzes Haar. Mitunter lachte er über einen Scherz Harry Scotts.
Glenn hörte zu. Er vergaß wieder, dass man eigentlich über und von ihm hatte reden wollen. Es war amüsant, dem Senior Scott zuzuhören. Was wusste Glenn schon von der Welt? Doch Harry Scott schien sie zu kennen. Was kannte er nicht?
Kritiklos nahm Glenn die Geschichten und Anekdoten in sich auf, die Harry Scott zum besten gab. Vielleicht hätte er sich wundern sollen, wie gelangweilt Mark Overback in seinen Becher starrte. Aber Glenn wusste nicht, dass Overback die Geschichten alle schon — nur mitunter leicht verändert — zum soundsovielten Male hörte.
Burt Corners lachte pflichtschuldig jedes Mal mit, manchmal schon, bevor die Pointe heraus war. Henry Deville lächelte, aber das tat er immerzu.
Später sagte Harry Scott: „Burt, löse du Jim ab! Henry, du legst dich irgendwo lang und pennst. Auch du, Alter, wandte er sich an Mark Overback. „Heute Abend brauchen wir ausgeruhte Kräfte.
„Willst du bis zum Abend damit warten?", maulte Deville. Und nun lächelte er nicht mehr.
„Ja, es ist besser."
„Er könnte schon vorher mit seiner Mannschaft in der Stadt sein."
„Nein, das schafft er gar nicht. Selbst wenn dieser Kerl ein Pferd aufgetrieben hat. — Hallo, mein Junge, fuhr Harry Scott dann zu Glenn gewandt fort, „nun habe ich gleich noch eine halbe Stunde Zeit für dich.
Er gähnte und brannte sich dann eine Zigarette an. „Morgen werden wir noch mehr Zeit haben. — Süße, hast du einen Platz für drei meiner Freunde?", fragte er dann Mrs. Howard.
Sie quittierte das „Süße mit einem verlegenen Lächeln und sagte dann eifrig: „Gewiss, kommt nur mit!
Stratz kam herein, schleichend wie ein Indianer mit unstetem Blick aus großen Kinderaugen. Er sah Glenn lange an, ehe er wortlos hinter Overback und Deville verschwand.
Glenn war mit seinem Vater allein. Sie sahen sich an, schwiegen beide, tasteten sich mit Blicken ab, dann brach Harry Scott das Schweigen.
„Nun, mein großer Sohn, nun schieß mal los! — Hast du deinen Vater vermisst oder hat deine Mutter dir eingepaukt, dass dir der Himmel einen bösen Vater beschert hat?"
„Meine Mutter, begann Glenn fast mechanisch, ohne darüber nachdenken zu müssen, „meine Mutter war immer gut, und sie hat dich sehr nötig gehabt. Sie hoffte bis zuletzt, du würdest zurückkehren.
Harry Scott vergrub das Gesicht in die Hände und sagte undeutlich: „Ich habe so oft wiederkommen wollen. Aber sie war eine merkwürdige Frau. Ich glaube, Glenn, ich verstehe sie erst jetzt. Ja, ich gebe es zu. Ich war ein leichtsinniger Vogel, ein wilder Vogel, Junge, aber ein freier, ein an Freiheit gewohnter Mensch. Deine Mutter, Glenn, wollte einen Spießer aus mir machen. Einen Kerl, der irgendwo zu bestimmter Zeit auf einer bestimmten Postkutsche fährt oder bei einem Rancher Zäune flickt, was weiß ich noch alles. Und der immerzu tut, was irgendein reicher Pinkel oder ein Vorgesetzter ihm befiehlt. Ich wollte mir aber meine Befehle selbst geben."
„Mutter konnte Revolvermänner nicht ausstehen."
„Ich war einer, als sie mich kennengelernt hat. Und mich konnte sie gut ausstehen, Glenn, erwiderte er, nahm die Hände vom Gesicht und lächelte bitter. „Sie war sehr anhänglich, aber sie hoffte, mich umerziehen zu können. — Nun, Glenn, ich bin kein Mann, der sein Geld mit dem Revolver verdient. Das war einmal. Aber das heißt nicht, dass ich es noch könnte. Ich kann es noch in zehn Jahren, falls ich die überlebe. Meine Freunde und ich betreiben seit einiger Zeit ein gut gehendes Geschäft.
Glenn hob erstaunt die Brauen. „Ein Geschäft?"
Harry Scott nickte.
„Du wirst von heute an dazugehören. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, bedrängten Menschen zu helfen. Da ist zum Beispiel eine Miss Hirunda Ryder. Sie hat einen Sohn von zehn Jahren. Der Vater will ihn nicht anerkennen. Ein reicher Mann, dieser Vater. Nun sind wir da, um ihn etwas aufzumuntern, sich seiner Vater pflichten zu entsinnen. Der Vater ist dir bekannt: Ionu."
„Was?", rief Glenn verblüfft.
„Ja, und wir werden ihn zur Kasse bitten. Ich glaube, mein Junge, das ist eine für die nächste Zeit ausreichende Beschäftigung. Wenn wir mit ihm glatt sind, können wir getrost die nächsten guten Taten auf eine größere Zeitspanne verteilen."
„Willst du gegen ihn kämpfen?"
„Wenn er nicht einsieht, was wir für Miss Ryder verlangen, dann ja."
Glenn schluckte, so sehr überkam ihn die Bewunderung.
„Aber ... aber er hat doch eine riesige Mannschaft, ich meine, die kleinen Siedler sind ihm alle verpflichtet, und sie werden auch für ihn reiten. Dann hat er fast vierzig Mann in den Sätteln."
„Und wenn er hundert hätte. Ich bin sicher, er holt sich auch noch die halbe Stadt herbei. Doch sorge dich nicht, Junge, wenn Harry Scott etwas abspult, dann geht alles rund. Ich habe mit allem gerechnet."
„Ich verstehe das nicht", erwiderte Glenn.
Harry Scott lächelte sanft.
„Brauchst du auch nicht. Noch nicht. Sieh dir an, was wir tun, und vor allem - tu, was ich dir sage! Du bist wichtig, Glenn. Denn du kennst ja die Ranch genau. Genauer als jeder von uns."
„Willst du sie überfallen?", fragte Glenn verdattert.
Harry Scott lachte trocken.
„Wir sind keine Banditen, Glenn. Wir sind nur Leute, die schwerfälligen Denkern etwas nachhelfen, sich an ihre guten Seiten zu erinnern. — So, Junge, nun leg dich irgendwo für zwei, drei Stunden hin! Wir müssen alle frisch sein, wenn wir heute Abend losreiten."
„Aber ..."
Harry Scott legte Glenn die Hand auf die Schulter.
„Kein Aber, Junge! Du wirst sehen, dass jetzt der Augenblick gekommen ist, wo du aus deinem trostlosen Sumpf zu neuem Leben erwachst."
Zum ersten Male war sich Glenn dessen nicht so sicher. Das Gefühl, in eine nicht gerade glänzende Sache verstrickt zu werden, hing plötzlich wie eine Wolke vor der strahlenden Erscheinung seines Vaters. Sein Sinn für kommendes Unheil, ein Instinkt, den viele Menschen seines Schlages besaßen, warnte.
Aber da sah er seinem Vater in die Augen, und mit einem Male schien alles wie weggewischt und machte froher Zuversicht Platz.
4
Glenn handelte wie in Trance. Er sattelte im Dämmerlicht sein struppiges Pferd, sah, wie die anderen Männer wortlos oder mit leisen Flüchen ihre Tiere fertigmachten. Harry Scott war als Erster auf der Straße. Wie mechanisch lud er seine Winchester durch, saß auf und blickte ungeduldig auf die Stalltür.
Hinter Deville und dessen Rappen führte Glenn seinen Cayusen ins Freie und saß auf. Deville hantierte noch am Sattelgurt, und indessen waren auch Stratz, Overback und Corners draußen.
Overback hustete und spie aus, dann knurrte er mexikanische Flüche, ehe er sich in den Sattel schwang.
Harry Scott hob die Hand, dann ritten sie los. Vorbei an den im Dunkel liegenden Häusern, vorbei an erleuchteten Fenstern und tuschelnden Männern und Frauen, die vor den Türen standen und scheu auf die Reiter blickten, als sähen sie Gespenster.
Kaum lag die Stadt hinter ihnen, trieb Harry Scott sein Pferd an. Im Galopp jagte die kleine Schar über die hier noch ebene Prärie.
Glenn wunderte sich, dass sie nicht geradewegs auf die Straight I zu ritten. Aber er schwieg. Irgendwie waren in ihm wieder Bedenken stark geworden, vor allem ein flaues Gefühl deshalb, weil er fürchtete, Ionu zu treffen. Aber er schwieg auch darüber, überhaupt wurde nicht geredet. Sie alle schienen zu wissen, was Harry Scott vorhatte, und so stellte keiner Fragen. Seltener wurden Overbacks grimmige Flüche, schließlich hörten sie nur noch das Schnauben der Pferde und das Trappeln der Hufe, wenn es über knochenharten Boden ging.
Unweit von ihnen musste eine Herde stehen. Der Wind trieb ihnen den Geruch der Rinder zu, außerdem hörten sie mitunter das überschnappende Brüllen eines Bullen.
Wenn Harry Scott diese Richtung beibehielt, so sagte sich Glenn, würde er statt zur Straight I auf die kahl gefressene Jennifer Buckweide kommen. Dort hatte Glenn noch vor vierzehn Tagen mitgeholfen, die Herde Jungbullen abzutreiben.
Er ritt neben seinen Vater, als sie die Pferde im Schritt gehen ließen, und sagte es.
Harry Scott nickte. „Ja, ich weiß, Junge. Aber wir treffen noch zwei gute Freunde, die du auch wiedererkennen wirst."
Im Mondschein ritten sie ins Hügelland hinein. Weit links lag wie ein schwarzer Teppich der unendliche Wald, der bis zu den Laramie Ranges reichte. Die Ranges waren von hier aus in der Nacht nicht zu sehen, aber die Vorberge begannen bereits. Kleine Waldgruppen, die den Blizzards und Wirbelstürmen widerstanden hatten, ragten Inseln gleich aus der Prärie.
Harry Scott ritt geradewegs auf eine dieser Baumgruppen zu. Als sie näher kamen, erkannten sie deutlich die zerborstenen, vom Sturm zerfledderten Tannen. Und kurz darauf ertönte ein klagender Eulenruf. Harry Scott zügelte sein Pferd, dann raunte er Overback zu: „Los, gib ihnen das Zeichen!"
Overback steckte zwei Finger in den Mund und stieß ein eigenartiges Zischen aus, das in einen Pfiff mündete. Glenn wusste nicht gleich, was es war. Während er noch überlegte, welches Tier solche Töne von sich gibt, meinte Deville leise: „Er kann den Präriehund gut, wie?"
Da fiel es ihm ein. Natürlich, die Erdhörnchen pfiffen so bei Gefahr.
Sie ritten weiter, und kurz vor dem Wald hielt Harry Scott abermals an, mit ihm die anderen.
Ein Reiter tauchte auf, der zwischen den Baumstämmen aus dem kleinen Wald ritt und sich langsam näherte.
„Mike?", fragte Harry Scott.
„All right, Harry", antwortete der andere.
Nun kam noch ein zweiter Reiter auf die freie Fläche. Glenn sah, wie ein Gewehrlauf vor ihm im Mondlicht glänzte. Der Reiter steckte gerade die Waffe in den Scabbard zurück.
Mike?, dachte Glenn, und die Stimme war ihm bekannt vorgekommen. Natürlich, das war Mike Hartland von der Straight I.
Mike rief seinem Begleiter zu: „Sie sind pünktlich, was, Dave?"
„Ziemlich", erwiderte Dave.
Nun erkannte Glenn auch diesen Mann. Auch ein Straight I-Cowboy. Einer von denen, die immerzu als Linienreiter unterwegs waren, um Mavericks und verlaufenes Vieh zusammenzutreiben und die Zäune am North Platte River zu flicken. Glenn kannte ihn kaum. Besser schon entsann er sich Mikes. Mike gehörte zu den wenigen Männern