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Die härtesten zehn Western im September 2021: Harte Western Sammelband 10 Romane
Die härtesten zehn Western im September 2021: Harte Western Sammelband 10 Romane
Die härtesten zehn Western im September 2021: Harte Western Sammelband 10 Romane
eBook1.277 Seiten17 Stunden

Die härtesten zehn Western im September 2021: Harte Western Sammelband 10 Romane

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Über dieses E-Book

Männer im Kampf um Recht und Rache. Dramatische Erzählunen aus einer beispiellos harten Zeit, in der der Colt regierte.

Diese Buch enthält folgende Western:

Franc Helgath: Die Horde des Bösen

Heinz Squarra: Die Suche nach der Star of St. Louis

John F. Beck: Nimm den Stern, Doc!

Larry Lash: Reite unter dem Regenbogen

Alfred Bekker: Ritt zum Galgen

Jasper P. Morgan: Die Wut eines Grizzly

W.W.Shols: Der blutige Billy

W.W.Shols: "Er soll hängen!"

Heinz Squarra: Die mörderischen Sieben

Heinz Squarra: Sattelpartner wider Willen

Der Großrancher Ralph Vanders lebt gut von seiner Weide, die fast rings um Metaow liegt. Mit jedem Tag wächst sein Reichtum, den ihm die Treibherden, die in Metaow verladen werden, einbringen. Gleichzeitig steigert sich auch seine Macht. Er ist es, der den Ton angibt. Er bestimmt die Verladearbeiten, bekommt seinen Sold aus den Saloons, Spielsälen und Tanzhallen, von all den Leuten, die mit ihm in Metaow von den Treibherden leben.

Nur die Glocken-Ranch stemmt sich gegen ihn, aber sie ist zu schwach, ausgebrannt und von der eigenen Herde entblößt. Es scheint, als sollte auch sie von Vanders zur Seite gedrückt und in den Dreck getreten werden, denn Vanders hat in Skull einen rücksichtslosen, schnellen Mann gefunden, der Vanders hilft, sich durchzusetzen. Skull aber spielt sein eigenes Spiel. Er hat einen starken Rückhalt in den Granger-Brüdern, von denen niemand weiß, wer sie eigentlich sind. Niemand? Yeah, einer weiß es! Er springt mit in den wirbelnden Reigen, beginnt ihn neu mit rauchenden Eisen und kämpft verbissen und klug gegen Verrat, Hass und Niedertracht, kämpft um das Land, für die Reiter unter dem Regenbogen.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum1. Sept. 2021
ISBN9783745218374
Die härtesten zehn Western im September 2021: Harte Western Sammelband 10 Romane
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Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Die härtesten zehn Western im September 2021 - Alfred Bekker

    Copyright

    COVER FIRUS ASKIN

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author /

    © dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Twitter:

    https://twitter.com/BekkerAlfred

    Zum Blog des Verlags geht es hier:

    https://cassiopeia.press

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    Die härtesten zehn Western im September 2021: Harte Western Sammelband 10 Romane

    Alfred Bekker, John F. Beck, Larry Lash, Heinz Squarra, Franc Helgath, Jasper P. Morgan, W.W.Shols

    Männer im Kampf um Recht und Rache. Dramatische Erzählunen aus einer beispiellos harten Zeit, in der der Colt regierte.

    Diese Buch enthält folgende Western:

    Franc Helgath: Die Horde des Bösen

    Heinz Squarra: Die Suche nach der Star of St. Louis

    John F. Beck: Nimm den Stern, Doc!

    Larry Lash: Reite unter dem Regenbogen

    Alfred Bekker: Ritt zum Galgen

    Jasper P. Morgan: Die Wut eines Grizzly

    W.W.Shols: Der blutige Billy

    W.W.Shols: „Er soll hängen!"

    Heinz Squarra: Die mörderischen Sieben

    Heinz Squarra: Sattelpartner wider Willen

    Der Großrancher Ralph Vanders lebt gut von seiner Weide, die fast rings um Metaow liegt. Mit jedem Tag wächst sein Reichtum, den ihm die Treibherden, die in Metaow verladen werden, einbringen. Gleichzeitig steigert sich auch seine Macht. Er ist es, der den Ton angibt. Er bestimmt die Verladearbeiten, bekommt seinen Sold aus den Saloons, Spielsälen und Tanzhallen, von all den Leuten, die mit ihm in Metaow von den Treibherden leben.

    Nur die Glocken-Ranch stemmt sich gegen ihn, aber sie ist zu schwach, ausgebrannt und von der eigenen Herde entblößt. Es scheint, als sollte auch sie von Vanders zur Seite gedrückt und in den Dreck getreten werden, denn Vanders hat in Skull einen rücksichtslosen, schnellen Mann gefunden, der Vanders hilft, sich durchzusetzen. Skull aber spielt sein eigenes Spiel. Er hat einen starken Rückhalt in den Granger-Brüdern, von denen niemand weiß, wer sie eigentlich sind. Niemand? Yeah, einer weiß es! Er springt mit in den wirbelnden Reigen, beginnt ihn neu mit rauchenden Eisen und kämpft verbissen und klug gegen Verrat, Hass und Niedertracht, kämpft um das Land, für die Reiter unter dem Regenbogen.

    Die Horde der Bösen

    Ein Western von Franc Helgath

    IMPRESSUM

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © Roman by Author / Cover 2019: Edward Martin

    Redaktion und Korrektorat: Alfred Wallon

    © dieser Ausgabe 2019 by Alfred Bekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Der flüchtige Scout Evan Goodwill hat mit Saltillo noch eine Rechnung offen. Er hält den richtigen Zeitpunkt für gekommen, als er zu Wild Bill Flaggertys Bande stößt. Flaggerty und seine Kumpane sind Abschaum – Mord und Gewalt sind ihre ständigen Begleiter. Sie schrecken noch nicht einmal davor zurück, den Treck der Goldsucher, dem sich Saltillo angeschlossen hat, in eine Falle zu locken und alle Männer, Frauen und Kinder umzubringen. Goodwill sieht sich insgeheim schon am Ziel seiner Wünsche. Aber sein Gegner heißt Saltillo – und das bedeutet nichts anderes, als dass er sich mit dem Falschen angelegt hat. Das gilt nicht nur für Goodwill, sondern auch für Flaggertys Bande!

    Das Lasso schwirrte hinter dem Felsen hervor. Die Schlinge legte sich um den Oberkörper des Mannes und straffte sich. Ein brutaler Ruck folgte, und Evan Goodwill stürzte aus dem Sattel.

    Er schlug hart auf. Der Schmerz durchzuckte seine rechte Schulter. An seinen Colt kam er nicht mehr heran. Er war blind wie, eine frisch geworfene Katze in die Falle getappt. Goodwill sank das Herz in die Magengrube.

    »Mach keinen Fehler, Hombre«, tönte ein dunkler Bass. Gleich darauf sah Goodwill auch den Sprecher. »Eine falsche Bewegung, und du bist hinüber.«

    Der Mann, der das andere Ende des Lassos hielt, war ein Riese von Gestalt. Er griente freudlos. Auf seiner Glatze spiegelte sich die Sonne. Die Haut schillerte rot und blau. Dünne Äderchen durchzogen sie, und Goodwill jagte ein kalter Schauder den Rücken hinab. Dieser Mann war bei lebendigem Leib skalpiert worden. Er war hässlich mit seinem grobknochigen Gesicht. Von der Oberlippe hing ein fettiger Chinesenbart bis weit über die kantige Kinnlade herab.

    Wenn der Mann grinste, rückten die dünnen Spitzen einander näher, überkreuzten sich fast.

    Wie die Eidechsen huschten vier weitere Burschen aus ihren Verstecken. Sie verharrten mit schussbereiten Revolvern und sahen ganz danach aus, dass sie die Waffen auch benutzen würden.

    Goodwills Puls pochte bis in die Schläfen. So also sieht dein Ende aus, dachte er noch und schloss die Augen. Die Banditen hatten ihm nicht die geringste Chance gelassen.

    Dabei hatte die Felsgruppe, auf die er zugeritten war, so harmlos ausgesehen.

    Die Männer waren Wegelagerer. Banditen.

    Doch er war ja selbst einer. Diese fünf Kerle würden freilich kaum Rücksicht darauf nehmen, denn Goodwill hatte ziemlich viel Geld in seinen Taschen. Knapp fünfhundert Dollar, und solch eine Summe war Wegelagerern noch immer eine Kugel wert. Besonders hier am Rande der Wüste, wo sich die Geächteten vor dem Gesetz verbargen. Schließlich kannte das Nevada um die Jahrhundertmitte noch keine Sternträger. Es war Niemandsland.

    Doch die Banditen schossen noch nicht.

    Evan Goodwill öffnete die Augen wieder, als die erwartete Kugel ausblieb.

    Die Banditen waren näher gekommen.

    Der Skalpierte rollte sein Lasso auf und fixierte Goodwill dabei scharf.

    »Ich will ja nicht neugierig erscheinen, Hombre, aber ich möchte doch zu gern wissen, was wir bei dir erben können. Kid, nimm ihm die Waffen ab. Und vergiss nicht, den Stiefelschaft zu durchsuchen.«

    Ein junger Kerl löste sich aus der Gruppe. Sein Bart war noch flaumig. Er konnte nicht viel über Zwanzig sein, aber er passte bereits zur übrigen abgerissenen Mannschaft. Er trug das Haar schulterlang. Seine dunkelbraunen Augenbrauen waren über der Nasenwurzel zusammengewachsen. Der gertenschlanke, sehnige Kid ging auf Evan Goodwill zu. Er erinnerte dabei an eine Raubkatze, die das Beutetier anschleicht.

    Er pflückte dem etwa doppelt so alten Goodwill den Colt aus der Halfter, steckte die Waffe in den eigenen Hosenbund und durchsuchte fachkundig die übrige Kleidung. Im linken Stiefelschaft fand er ein Messer.

    »Und jetzt lockere die Schlinge«, befahl der Skalpierte. »Aber komm mir nicht in die Schusslinie.«

    »Klar doch, Bill.«

    Der junge Bandit machte keinen Fehler. Evan Goodwill blieb ohne Chance. Der Anführer der Bande rollte das Lasso ganz zusammen.

    Der Überfallene hockte jetzt im Sand.

    »Ausziehen!«, befahl der Glatzkopf. Und als Evan Goodwill ihn überrascht anstarrte, zuckte er mit den überbreiten Schultern und grinste wieder. Diesmal überkreuzten sich die Bartenden ganz.

    »Wir sind arm, Amigo. Was sollten wir mit deiner hübschen Wildlederkleidung noch anfangen, wenn sie erst mal durchlöchert ist?«

    Goodwill erschrak bis ins Mark. Er selbst war ein rauer Geselle, aber auf einen dermaßen infamen Einfall wäre er nicht gekommen. Eine unsichtbare Schlinge presste ihm die Kehle zusammen. Die Zunge kam ihm groß und angeschwollen vor in seinem Gaumen. Seine Stimme war nur noch ein Krächzen.

    »Aber, aber das könnt ihr doch nicht ...«

    Der Skalpierte nickte ungeührt.

    »Wir können, Amigo. Was, Männer? Wir könnten unserem Freund auch ’ne Kugel in den Schädel jagen. Doch bei den Kalibern, die wir benützen, zerplatzt die Birne - und das gibt Flecken. Auch eine Wertminderung. Ist doch klar, Hombre. Sicher hast du Verständnis?«

    Evan Goodwill schluckte trocken.

    »Ausziehen!«, bellte der Anführer dieser verrohten Horde ihn plötzlich erneut an. »Wir haben zwar jede Menge Geduld, aber du bist dabei, uns zu langweilen. Und das schätzen wir gar nicht.«

    Goodwill schlüpfte in Windeseile aus den Stiefeln. Seine Gedanken fuhren Karussell. Ihm wurde schwindelig. Alles in ihm bäume sich gegen soviel makabren Sarkasmus auf. Er mochte nicht glauben, was ihm widerfuhr, aber er gehorchte. Am Schluss stand er in Unterhosen da.

    »Na also«, meinte der Skalpierte gönnerhaft. »Ich weiß nicht, ob du an irgendwas glaubst, aber wenn’s dir danach ist, kannst du jetzt dein letztes Sprüchlein aufsagen.«

    Goodwill ließ sich auf die Knie fallen.

    »Warum wollt ihr mich umbringen? Nehmt doch alles, was ich habe. Aber lasst mir mein Leben. Ich bitte euch«, winselte er.

    Der Anführer gab sich mitleidig. Er redete mit Goodwill wie zu einem kleinen Kind, das beim Naschen ertappt wird.

    »Aber lieber Freund, wir sind doch keine Unmenschen. Wir sehen nur so aus.« Er lachte keckernd und vollführte eine weit ausholende Geste, die wohl das weite Land umfassen sollte. »Sieh dich doch mal um, Partner. Nichts als Sand und Steine. Weit und breit nichts als Wüste. Du würdest nur elend krepieren. Die Sonne brennt dir den Schädel aus. Du würdest drum betteln, dass wir dich erlösen, wenn wir nur noch in der Nähe wären. Doch leider trennen sich hier unsere Wege, Freund. Und jetzt machen wir Schluss, all right?«

    Die anderen Banditen machten sich schon an den Satteltaschen von Goodwills Wallach zu schaffen. Plötzlich pfiff einer durch die Zähne, ein schielender Bursche mit schlanken Hüften und einem spitzen Hängebauch. Er stand auf dünnen, staksigen Beinen und roch meilenweit nach Fusel. Die ungesunde gelbe Gesichtsfarbe wies ihn als Säufer aus.

    Der Anführer wurde abgelenkt.

    »Hey, Lash, was ist?«

    »Mich laust der Satan, Bill. Aber dieser Kerl hat doch um die fünfhundert Bucks bei sich, wenn ich richtig sehe.«

    »Du bist nicht schon wieder besoffen? «

    »Einen Dreck bin ich. Außerdem kann ich fünfhundert Bucks auch noch im Vollrausch erkennen. Dabei sieht unser Freund gar nicht aus, als ob er zu den Reichen gehörte. Ein Mann erlebt doch immer wieder Überraschungen. Jetzt brauch ich ’nen Schluck.«

    Der Anführer sah Evan Goodwill plötzlich mit neu erwachtem Interesse an. Er entspannte sich. Die Schultern sanken eine Idee nach vorn, und der Brustkorb wölbte sich nicht mehr so sehr. Er nahm den Daumen vom gespannten Hahn seines Colts.

    »Hey, Partner«, sagte er mit einem Abglanz von Respekt in der Stimme. »Das ist tatsächlich ’ne Überraschung. Ich hatte dich auf höchstens fünfzig Bucks taxiert. Muss ich mir dich wohl genauer ansehen? Die Erfahrung lehrt, dass dort, wo was ist, meist auch mehr zu holen ist. Täusch ich mich jetzt, Partner?«

    Mit einem Mal bekam Goodwill Oberwasser. Ein Stein in Findlingsgröße fiel ihm vom Herzen. Er atmete auf. Die Chance, mit der er nicht mehr gerechnet hatte, jetzt war sie da. Und er würde sich vielleicht doch noch an Saltillo rächen können.

    Goodwill krächzte nicht länger. Der beklemmende Druck in seiner Kehle ließ nach. Er erhob sich mühsam und brachte sogar ein missglücktes Grinsen zustande.

    »Du täuschst dich nicht, Partner. Da, wo die Bucks herkommen, gibt’s tatsächlich noch mehr. Allerdings werdet ihr mich dazu brauchen.«

    Einer plötzlichen Regung gehorchend, steckte der Skalpierte seinen Revolver weg.

    »Darüber können wir uns unterhalten. Doch in einem hab ich mich bestimmt nicht getäuscht: du gehörst zu unserer Sorte, stimmt’s?«

    »Mehr oder weniger«, gab Evan Goodwill zu. »Nur meine Methoden sind anders.«

    »Du machst mich neugierig. Ich heiße übrigens Bill, wenn du’s nicht schon mitbekommen hast. Wild Bill Flaggerty. Und du?«

    »Evan Goodwill.«

    »Ein sinnreicher Name für ’nen Halsabschneider wie dich. Vielleicht kommen wir doch noch ins Geschäft, wer weiß?«

    »Ich bin mir fast sicher.«

    »Zieh Hose und Hemd wieder an. Du siehst lächerlich aus.«

    Das stimmte wohl auch. Goodwills Unterwäsche war rostrot, verschwitzt und fleckig. Hemd und Hose bestanden aus einem Stück, wobei der Hosenboden einen praktischen Schlitz aufwies, durch den Goodwills käsiges Gesäß lugte.

    Der bärtige, gedrungene Mann schlüpfte in seine Kleidung. Er hatte fast keinen Hals. Ein kantiger Schädel saß übergangslos auf den leicht nach vorn fallenden Schultern. Das pechschwarze Bartgestrüpp konnte die Hasenscharte an der Oberlippe nicht verdecken. Immer bleckten ein paar starke gelbe Zähne und erinnerten an einen, den Fang fletschenden Wolf. Vom Mundwinkel lief eine Narbe bis unters linke Auge. Sie stammte von einem Hieb mit dem Tomahawk.

    Goodwill zog die Hosenträger über und ließ sie gegen die Brust klatschen.

    »Dir ist doch klar, dass deine Bucks vorerst mal beschlagnahmt sind«, warf Wild Bill Flaggerty sachlich ein.

    »Klar. Ich kenne die Regeln. Betrachte die fünfhundert Bucks als Einlage bei euerem Unternehmen.«

    »Nicht schlecht gesagt, Goodwill. Nur, soweit sind wir noch nicht. Wir haben noch diese oder jene Regel zu beachten. Unser Verein ist ziemlich exklusiv, musst du wissen. Wir halten zusammen wie Pech und Schwefel. Well, wie verdienst du dir die Bucks?«

    Goodwill griente.

    »Als Scout«, erläuterte er. »Ich führe Trecks aus dem Osten über den California Trail.« Dann grinste er noch breiter. »Aber noch nie hat einer der von mir geführten Trecks das Ziel erreicht.« Er blinzelte schlau. »Irgendwie kamen vor Fort Laramie immer die Shoshonen dazwischen.«

    »Du arbeitest mit Rothäuten zusammen?«

    Evan Goodwill zeigte auf seine Narbe.

    »Es hat sich so ergeben. Sie kassieren Proviant und Tiere, ich nehm das Bargeld. «

    »Und das lohnt sich?«

    »Ihr habt mein Geld«, antwortete Goodwill kühl. »Und wenn ich nicht gerade arbeite, lebe ich ziemlich aufwändig. Nur die besten Weiber, den besten Whisky, die besten Hotels.«

    »Was machst du dann soweit im Westen? Bis nach Laramie sind’s zweihundert Meilen und mehr.«

    »Das hat schon seinen Grund. Der letzte Treck ging mir durch die Lappen. Die Rothäute haben Mist gebaut. Andererseits ist dieser Treck besonders wertvoll, weil der Anführer, ein gewisser Mose Houston, in der Nähe von Carson City ’nen eingetragenen Claim besitzt. Ich hab die Unterlagen einsehen können. Das Claim ist ’ne gute halbe Million wert - wenn nicht mehr«, fügte Evan Goodwill hinzu.

    Wild Bill Flaggertys Kinnlade fiel nach unten. Es dauerte seine Zeit, bis er wiederholen konnte:

    »’ne halbe Million ...?«

    »Stimmt. Wahrscheinlich noch mehr. Es kommt eine Einheit Gold auf hundertfünfzig Einheiten Fels. Eine phantastische Mischung.«

    Jetzt schluckte Wild Bill Flaggerty. Die Äderchen auf seinem skalpierten Schädel schwollen an.

    »Und dein Plan?«

    »Kein Schwanz in Carson City kennt Mose Houston persönlich. Er hat den Claim geerbt. Beim Treck befinden sich alle Papiere. Jeder, der sie besitzt, kann sich als Mose Houston ausgeben und abkassieren. Und jetzt weißt du auch, warum ich so weit westlich getrailt bin: Selbstverständlich bin ich noch scharf auf diesen Treck. Bisher hab ich immer als Einzelgänger gearbeitet. Diesmal brauche ich Helfer. Der Treck ist etwa sechzig Köpfe stark. Aber es sind sehr viele Frauen und Kinder darunter; nur etwas mehr als zwanzig Männer, die mit Wagen umgehen können. Überleben darf keiner.«

    Bill Flaggerty leckte die wulstige Unterlippe.

    »Dich muss uns der Teufel persönlich geschickt haben. Gib mir deine Hand, Hombre. Du hast deine Helfer gefunden. Aber es ist dir doch klar, dass nicht du als Mose Houston nach Carson City einziehen wirst, sondern Wild Bill Flaggerty.«

    »Schon gut, Partner.«

    Evan Goodwill ergriff die dargebotene Hand und erwiderte ihren Druck, auch wenn ihm dabei der Schweiß aus allen Poren brach. Ein ausgewachsener Bison-Bulle war ein Schwächling gegen Wild Bill Flaggerty.

    »Und bis wann soll dieser Treck auf den Trail gehen?«, fragte der Bandenboss.

    »Eine kleine Schwierigkeit«, gab Evan Goodwill zu. »Ich weiß es nicht. Es kommt auf das Wetter an. In den Rockies und auch in Laramie steht der Winter vor der Tür. Vielleicht riskieren sie’s, vielleicht nicht.«

    »Das kann ja bedeuten, dass wir unter Umständen bis zu drei Monaten warten müssen.«

    »So ungefähr.«

    »Das gefällt mir gar nicht.« Bill Flaggerty kratzte sich den kahlen Schädel. »Nein, überhaupt nicht. Eine verdammt lange Zeit.«

    »Womit habt ihr euch sonst die Zeit vertrieben? Die Wüste scheint mir für eueren Job nicht gerade günstig.«

    »Ach, sag das nicht. Ich kenn mich in dieser Gegend besser aus als in meiner Westentasche. Es leben hier herum bereits mehr Leute, als einer annimmt; meist Einzelgänger und kleinere Gruppen. Und von denen leben wir. Weiter im Westen gibt’s ein paar recht fruchtbare Täler.«

    Flaggerty ließ seinen Blick über die Salzwüste im Osten schweifen, über die auch Goodwill gekommen war. Und dann drehte er sich um. Die Kette der Ruby Mountains breitete sich dort aus mit dem »Spruce« als höchstem Gipfel. Gezackt wie ein Sägeblatt stand die Range gegen den wolkenlosen Himmel; dazwischen eine trostlose Steppe mit vereinzelten Mesquite- und Kreosotsträuchern. Ab und an reckte auch eine Kandelaberkaktee ihre Arme in die Höhe. Das Land lag in tiefer Stille. Die Luft flirrte über dem heißen Sand.

    Goodwill räusperte sich.

    »Noch ’ne Schwierigkeit«, bekannte er freimütig. »Der California Trail ist keine fest eingefahrene Route. Jeder Scout nimmt seinen eigenen Weg. Und das Land ist weit. Wie erfahren wir, wo unser Treck daher kommt? Wir wissen doch praktisch nur, dass er aus Richtung Salt Lake City vorrücken muss. Dort haben sie die letzte Möglichkeit, Proviant und Wasservorräte zu fassen. Danach geht es querab durch die Great Salt Desert.«

    Flaggerty hieb Goodwill so heftig auf die Schultern, dass der verräterische Scout in die Knie ging.

    »Kein Problem, Compadre. Wir haben noch ’nen sechsten Mann, pardon, einen siebten. Du wirst ihn noch kennenlernen. Er ist unser Auge und unser Ohr in dieser Gegend Manchmal glaub ich, er ist ein Hellseher. Ihm entgeht wirklich nichts. Der Mann ist ein Phänomen.«

    »Du machst mich neugierig.«

    »Dann bleib es«, grunzte Flaggerty. »Alle Karten kann ich noch nicht aufdecken. Dazu kennen wir uns noch zu wenig. Und dann kommt noch etwas dazu: ich hab’s ja schon gesagt, dass wir ein exklusiver Verein sind. Wenn du zu uns gehören willst, wirst du noch einiges über dich ergehen lassen müssen.«

    »Und das wäre?«

    »Hast du schon mal was von der Rattlesnake-Prüfung gehört?«

    Evan Goodwill zuckte zusammen.

    Bei einigen wenigen Indianerstämmen war es Brauch, jedes neue Mitglied einer Prüfung zu unterziehen. Wenn etwa ein junger Krieger eine Squaw aus diesem Stamm nahm und mit ihr leben wollte. Die Lipan-Apachen trieben solche Spielchen mit dem Tod, auch einige Crows. Das »russische Roulett« war dagegen nur ein müder Poker.

    Bill Flaggerty grinste über das ganze viereckige Gesicht.

    »Dachte ich mir’s doch. Als Scout musst du davon gehört haben. Aber lass dir erst mal deine neuen Freunde vorstellen. Kid Pearson kennst du ja schon. Der Spitzbauch hier heißt Lash Gordon.« Dann zeigte er auf einen Mann in mittleren Jahren. Er trug einen breitkrempigen Strohsombrero, war jedoch kein Mexikaner. Der Mann war blond und hager.

    »Das ist Pete Lobster, und der fünfte im Bunde heißt Walsh Salem.«

    Walsh mochte bereits über fünfzig sein. Das Alter war schwer zu schätzen, sein Gesicht blieb stets maskenhaft starr. Goodwill hatte ihm bisher nicht eine einzige Gefühlsregung angesehen. Der Mann stierte nur vor sich hin.

    »Er ist nicht ganz richtig im Kopf«, erklärte Flaggerty und tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Die Rothäute haben vor Jahren seine Frau und die Kinder massakriert. Er musste zuschauen, der arme Hund. Seither ist er nicht mehr richtig im Kopf. Aber er macht alles, was ich ihm sage. Nicht wahr, Walsh?«

    Salem nickte.

    Und wieder an den Scout gewandt, fuhr Flaggerty fort:

    »Dann wirst du wohl unser sechster Mann werden, wenn du bei der Aufnahmeprüfung nicht durchfällst.«

    Goodwill schluckte trocken.

    »Habt ihr das schon öfter praktiziert?«

    »Natürlich. Und wir haben’s überlebt.«

    »Wie viele nicht?«

    Flaggerty zuckte mit den Achseln.

    »Weiß ich nicht mehr genau. So um die zehn Mann werden’s wohl gewesen sein. Jetzt hab ich Hunger, Partner. Ich hab gesehen, dass du luftgetrockneten Rauchschinken bei deinem Proviant hast. Du lädst uns doch ein, eh?«

    Goodwill zog eine säuerliche Miene. Er dachte an die Schlangenprobe.

    »Nichts was ich lieber täte«, knurrte er.

    *

    Der Medicine Bow Pike grüßte majestätisch ins Tal von Laramie herab. Seine Flanken waren immer noch nicht vom Schnee bedeckt, obwohl der Treck hier eigentlich hatte überwintern wollen. Trotz aller Schwierigkeiten waren die sechzig Goldsucher unter Mose Houston überraschend schnell von St. Louis hierhergelangt.

    Die sechzig Männer und Frauen hausten in einem Barackenlager am Rande des schnell wachsenden Handelspostens und Garnisonsstädtchens. Blass schien die Sonne herab, und die Luft war für die fortgeschrittene Jahreszeit recht mild. Die Männer hatten das Winterzeug noch nicht einmal ausgepackt.

    Mose Houston stand auf der morastigen Straße und linste nach Norden. Der Führer des Trecks war ein hochgewachsener, knochiger Oldtimer mit verwitterten Zügen und listigen Augen unter weißen, buschigen Brauen. Kinn und Brust waren von einem gewaltigen Prophetenbart verdeckt.

    »Na, Saltillo?«, sagte er gerade. »Was meinst du? Ich hab jetzt mit einigen Leuten gesprochen. Die meisten sind schon seit Jahren hier in den Rockies. Sie sagen alle, dass sie noch nie einen derart milden Winter erlebt haben, und wir’s noch wagen können, durch die Berge zu ziehen.«

    »Es sind immerhin mehr als zweihundert Meilen nach Salt Lake City«, gab Sam O’Hara zu bedenken. »Dennoch, wir sollten es riskieren.«

    Mose Houstons Gesprächspartner stand neben ihm. Er überragte mit seinen sechs Fuß den hochgewachsenen Alten noch um einen halben Kopf. Schwarz und strähnig war sein Haar. Grauäugig starrte auch er nach Norden, wo sich keine einzige Wolke zeigte und sich der Himmel in strahlendem Stahlblau präsentierte.

    »Worauf warten wir dann noch?«

    »Yeah«, antwortete Saltillo in seinem breiten Texanisch. »Bis wann könnt ihr reisefertig sein?«

    »Schon morgen, wenn du willst. Wir haben die Wagen noch gar nicht abgeräumt. Sie sind alle noch in gutem Zustand. Die wenigen nötigen Reparaturen sind schon erledigt.«

    »Meinetwegen können wir morgen losziehen.«

    Der Alte stieß einen für seine Jahre ziemlich ungewöhnlichen Jubelschrei aus. Fast wäre er seinem neuen Freund um den Hals gefallen. Saltillo hatte sich erst gestern endgültig entschlossen, den Trail bis Carson City mitzumachen. Erst danach wollte er auf die Hazienda zurückkehren. Er wusste sie bei Ramon Ruidosa und Tortilla-Buck in guten Händen.

    »O Lord«, fuhr der Alte schließlich, etwas ruhiger geworden, fort. »Du wirst mich jetzt entschuldigen müssen. Es gibt für mich jede Menge zu erledigen.«

    »Kann ich helfen?«

    »Brauchst du nicht. Es sind genügend Hände zum Zupacken da. Du würdest uns nur im Weg stehen.«

    Saltillo lächelte. Es machte das indianerhaft asketische Gesicht auf eine sehr männliche Art sympathisch. Milder Spott nistete in seinen Mundwinkeln. »Vielen Dank für die Blumen, Mose.«

    »Aber so war das doch nicht gemeint.«

    »Schon gut. Dann werd ich also nur mein eigenes Bündel schnüren. Ich höre mich noch ein wenig in der Stadt um. Ich hab gesehen, dass am Vormittag einige Trapper angekommen sind. Ich werde sie nach den Wegverhältnissen fragen. Und ob sich auch westlich von Laramie die Rothäute rumtreiben. Die Shoshonen sind immer noch auf dem Kriegspfad.«

    Saltillo war selbst ein halber Comanche, Sohn eines irischen Alamokämpfers und einer Häuptlingstochter. Die Mischung war brisant wie eine Stange Dynamit. Alles an diesem wilden Mann strahlte Kraft und Stärke aus. Der Freund durfte ihm blind vertrauen. Der Feind verkroch sich besser in den abgelegensten Winkel dieser Erde.

    »Sie sind ruhiger geworden, heißt es«, erzählte Mose Houston. »Ich hab gestern noch mit dem Kommandanten gesprochen. Es werden kaum noch Zwischenfälle gemeldet. Die Shoshonen sind schon zu entkräftet. Sie sind ausreichend damit beschäftigt, Frauen und Kinder durch den Winter zu bringen und Vorräte anzulegen.«

    Die beiden ungleichen Männer trennten sich. Saltillo schlenderte die Main Street hinab, an deren Ende sich die Saloons häuften. Trotz der mittäglichen Stunde herrschte bereits einiger Betrieb. In Laramie mussten Flittergirls und Salooner in zwei Schichten arbeiten.

    Saltillo entdeckte die Gäule der Trapper vor dem »Rocky Star Saloon«. Auf den Packpferden stapelten sich die Felle.

    Es waren verwilderte Burschen, die am langen Tresen lümmelten und sich mit lang entbehrtem Schnaps volllaufen ließen. Aber sie waren noch nicht betrunken. Aus der angrenzenden Küche drangen verlockende Düfte.

    Der Texaner spendierte einige Drinks und kam so schnell ins Gespräch mit einem bulligen Mann, der wie ein Grizzly wirkte und sich Landon nannte.

    »Ich hab das auch noch nie erlebt«, erzählte er mit langsam schwerer werdender Zunge. »Aber der Winter scheint sich tatsächlich im Datum geirrt zu haben.«

    »Kann ein Treck bis nach Salt Lake City durchkommen?«

    »Wenn die Ausrüstung was taugt, warum nicht? Ihr müsst euch nur beeilen und dem Schnee davonfahren. Wenn’s erst mal losgeht, bleibt ihr hoffnungslos stecken, und die Wölfe haben ihr Fest.«

    »Wie lange braucht ein Treck?«

    »Mindestens vierzehn Tage, würde ich sagen. Ihr zieht durch das Snake River Valley bis nach Rocky Springs. Danach haltet ihr euch stur nach Westen. Die Route könnt ihr ohnehin nicht verfehlen. Den ganzen Sommer über kamen jede Menge Verrückte durch, die alle nach Kalifornien wollten, um dort nach Gold zu buddeln. Die Spuren ihrer Wagen sind gar nicht zu übersehen.« Der Trapper schüttelte den Kopf. »Wie ein ausgewachsener Mann nur so närrisch sein kann, in der Erde rumzuwühlen. Nur für ein paar Klümpchen gelben Dreck. Ich versteh das nicht.«

    Saltillo hatte erfahren, was er wissen wollte. Wieder auf der Straße, fiel ihm ein Fremder auf, der sich im Matsch der Straße ausnahm wie ein Eskimo in der Mojave-Wüste. Nichts an ihm passte in die Wildnis.

    Er trug einen grünkarierten Glencheck-Anzug, wie sie womöglich in Europa gerade Mode waren, hatte ehemals weiße Gamaschen über den Schuhen und hantierte mit einem schwarzen Kasten, den er auf einem Stativ über seiner Schulter balancierte. Als er Saltillo sah, winkte er schon von weitem. Der Haziendero blieb schmunzelnd stehen. Der Gentleman stand bis zu den Knöcheln im Morast und kam kaum vorwärts.

    »Mister O’Hara! Sie sind doch Mister O’Hara? O ja. Sie sind es. Es heißt, ich würde Sie an ihrem roten Halstuch erkennen.«

    Saltillo blickte an sich hinunter. Das Halstuch leuchtete wie eine Fackel.

    Der Fremde kam näher, gestikulierte weiterhin heftig mit der freien Hand.

    »Ich muss dringend mit Ihnen sprechen, Sir. Ich darf doch darauf hoffen, dass Sie mir ein wenig Ihrer kostbaren Zeit opfern werden? «

    Saltillo fiel der seltsame Dialekt und die geschraubte Sprechweise des Mannes auf. Und dann wusste er, dass es sich bei diesem Kauz nur um einen waschechten englischen Gentleman handeln konnte. Nur die Sorte schleppte ihren Snobismus noch in die Wildnis mit.

    »Ich bin Trinity S. Breakenborrough«, verkündete er. »S steht für Sidney. Eigentlich heiße ich Trinity Sidney Lord of Breakenborrough, aber den >Lord< erlasse ich Ihnen. Die Gesellschaft legt hier keinen Wert auf Titel, musste ich erfahren.« Der Mann verzog säuerlich sein Gesicht.

    Unwillkürlich wurde Saltillos Schmunzeln breiter. Ihm gefiel dieser Mann, der mit seinen rund dreißig Jahren etwa in seinem Alter war. Doch wie groß war der Unterschied sonst!

    »Lord« Breakenborrough war schmal und zierlich, reichte ihm kaum bis zu den Schultern. Seine Wangen zierte ein schütterer blonder Backenbart. Auf seinem schmalen Aristokratenschädel thronte ein karierter Zylinder. Vor dem linken Auge klemmte ein Monokel, die Augenfarbe war von einem wasserhellen Blau. Jetzt glühten sie förmlich vor Begeisterung. Die blasse Haut mit den zahllosen Sommersprossen war rot angelaufen wie bei einem schüchternen Schulmädchen.

    Saltillo war stehengeblieben.

    »Was kann ich für Sie tun, Sir?«, ahmte er den Lord nach.

    Breakenborrough war offensichtlich auch ein Mann, der die leisen Zwischentöne erkannte. Er hörte die Ironie aus Saltillos Frage heraus. Schlagartig verdüsterte sich seine Miene.

    »Ich wollte eigentlich von Mann zu Mann mit Ihnen sprechen, Sir, Entschuldigung, Mister O’Hara, wollte ich sagen.«

    »Dann tun Sie sich keinen Zwang an.«

    Saltillos abwartende Freundlichkeit verunsicherte den Lord offenbar. Er fand den Faden nicht gleich wieder. Schließlich räusperte er sich.

    »Ich hörte soeben, dass Sie den Treck führen, der morgen früh nach Kalifornien zieht. Nun, ich gedenke mich Ihnen anzuschließen.«

    Saltillo konnte nicht anders. Er musste schallend lachen. Dieser feine Pinkel mitten unter rauen Männern. Ein Mann, der daran gewöhnt war, Wachteln von Silbertellern zu speisen, wollte aus einem Blechnapf Bohnen löffeln?

    Sam O’Hara amüsierte sich köstlich. Auch der jähe Zorn im Gesicht des Lords hinderte ihn nicht daran.

    Saltillo prustete noch, als der Engländer sich versteifte. Er wurde nur um ein Weniges größer und bemühte sich doch sichtlich, Würde auszustrahlen.

    Umständlich stellte er den schwarzen Kasten auf dem Stativ ab und stellte sich dann in eine Positur, von der freilich nur er annahm, etwas imposanter zu wirken. Er stemmte beide Arme in die Hüften und schaute zu Saltillo auf.

    »Das war nicht sehr freundlich von Ihnen, Sir.«

    Saltillo musste sich eingestehen, dass der Lord so unrecht gar nicht hatte. Niemand mit einem ernsthaften Anliegen verdiente es, ausgelacht zu werden. Trotzdem, ein Mann im Glencheck-Anzug auf dem Kutschbock eines Conestogas? Dazu mit Zylinder? Saltillo musste sich zusammenreißen, um nicht aufs neue loszuprusten.

    »Entschuldigen Sie, Lord Breakenborrough, aber ...«

    Der Engländer winkte ab.

    »Mir ist bereits bekannt, dass ich allerorten eine lächerliche Figur abgebe«, sagte er mit deutlich hörbarer Bitterkeit in der Stimme. »Zu dumm, dass auch Sie zu den Leuten gehören, die nach dem äußeren Schein urteilen, Mister O’Hara. Nach allem, was ich bisher über Sie gehört habe, gebe ich hiermit meiner Enttäuschung Ausdruck.«

    Der kleine Lord nahm tapfer das Stativ auf, drehte sich abrupt um und ließ einen betroffenen Saltillo zurück.

    *

    Die Grube war nicht viel größer als der Schacht eines Grabes. Einen Yard breit, vier bis fünf Fuß tief und sechs Fuß lang. Und es war auch nicht allzu schwer gewesen, in den Ausläufern der Ruby Mountains Rattlesnakes zu finden.

    Klapperschlangen.

    Der verrückte Walsh Salem legte eine beachtliche Geschicklichkeit an den Tag, als es darum ging, einige dieser Biester aufzutreiben. Er schnappte sie sich mit bloßen Händen und steckte sie in einen Sack, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

    Dabei waren die Tierchen nicht gerade ungefährlich. Nicht nur, dass ihr Biss eine üble Wunde hinterließ, die nur schwer verheilte - er konnte auch tödlich sein. Selbst schon von diesen kleineren Exemplaren, die Walsh Salem eingesammelt hatte. Kaum eine war länger als einen Yard und hatte mehr als allenfalls zehn Ringe auf der Hornklapper am Schwanzende. Die größten und ältesten dieser Spezies brachten es bis auf dreiundzwanzig Ringe. Doch zwei Bisse genügten vollauf, einen Menschen qualvoll sterben zu lassen.

    Goodwill hatte schon Leute an Schlangengift sterben gesehen. Er erinnerte sich widerwillig daran, wie sie zuerst blau angelaufen waren, zu röcheln begannen, weil sie keine Luft mehr bekamen. Das Gift lähmte die Atemmuskulatur, und so kam es, dass der Gebissene oftmals erstickte - ein langsamer Tod.

    »Das reicht jetzt«, bestimmte Wild Bill Flaggerty. Er hatte das Oberhemd abgelegt. Sein muskulöser Oberkörper schimmerte bronzen in der Sonne. Flaggerty hatte selbst mit Hand angelegt, die Grube auszuheben. »Schütte sie rein, Walsh.«

    Der Bandit mit dem Tick hatte bisher noch kein einziges Wort gesprochen. Er führte lediglich blind jeden von Flaggertys Befehlen aus.

    So auch jetzt.

    Vorsichtig band er den Sack auf, in dem die Schlangenleiber durcheinanderkringelten. Ein dickes Knäuel plumpste in die Grube. Flaggerty griente den verräterischen Scout freundlich an.

    »Nun bist du an der Reihe, Partner.«

    »Muss das sein?«

    »Die Probe glaubst du? Aber ja. Nur so können wir sicher sein, dass es einer wirklich ehrlich meint, wenn er sich uns anschließen will. Wer zu den Biestern in die Grube hüpft, der meint es ehrlich. Na, was ist? Hast du die Hosen voll? Wir können ganz gut auch ohne dich auskommen. Aber du nicht ohne uns, will mir scheinen.«

    »Ganz ohne Waffe?«

    »Du bekommst dein Messer.«

    »Es ist nicht mehr scharf genug.«

    »Gut. Geb ich dir meines.« Flaggerty griff an den Gürtel und schleuderte ein riesiges Bowieknife. Vor Goodwills Zehen blieb es im Sand stecken.

    Der Scout hob es auf. Er warf noch einen Blick in die Runde. Lauter erwartungsvolle Gesichter starrten ihn an. Nur Walsh Salem glotzte unbeteiligt vor sich hin.

    Da fluchte Goodwill böse, holte noch einmal tief Luft und ging in die Hocke. Unter ihm ringelten sich die aufgestörten Schlangen in einem unentwirrbaren Knäuel aus schwarzen, braunen und gelben Schuppenleibern. Die Rasseln an den Schwanzenden klapperten wie ein Kastagnettenchor. Die einen tief, die anderen höher, fast bis zu einem schrillen Zirpen. Das waren die jüngsten und angriffslustigsten.

    Goodwill streckte vorsichtig ein Bein aus, danach das andere, ließ beide Inch für Inch in die Grube gleiten, wo sich ihm schon einige platte Köpfe entgegenreckten. Schwarz und grau züngelte es ihm entgegen. Runde Knopfaugen waren starr auf ihn gerichtet. Evan Goodwill durchlebte die schlimmsten Sekunden seines Lebens. Es kostete ihn höllische Überwindung, sich ganz hinuntergleiten zu lassen, und er tat das sehr behutsam, um die Biester nicht noch mehr zu reizen. Seine Rechte war um den Griff des gewaltigen Messers gekrallt.

    Der bärtige Scout hatte jene Ecke für seinen Einstieg gewählt, die dem sich windenden Knäuel am entferntesten lag. Doch als er dann auf dem Grund der Grube stand, waren die Rattlesnakes trotzdem verdammt nah. Ihre Köpfe pendelten aufgeregt hin und her. Goodwill wagte keinen lauten Atemzug mehr. Er wartete auf den Angriff einer dieser Schlangen und konnte nur hoffen, dass nicht alle gleichzeitig auf ihn zuschossen.

    »Zehn Bucks auf die Snakes!«, hörte er Lash Gordon kreischen.

    »Angenommen«, antwortete Kid Pearson in einem eher gelangweilten Tonfall. »Ich glaub, der Scout steht’s durch.«

    »Nimmst du auch noch ’ne Wette von mir an, Kid? «, ließ sich Pete Lobster, der Sombrero-Mann, vernehmen.

    »Natürlich, Pete. Du bist Zeuge, Bill. Nicht dass diese Bastarde mich nachher betrügen.«

    »Schon in Ordnung, Kid«, dröhnte Wild Bill Flaggertys Bass.

    Evan Goodwill schaute nicht nach oben, wo die Banditen niedergekniet waren und neugierig herunterstarrten. Er hatte genug mit sich selbst zu tun.

    Und mit den Schlangen.

    Die größte von ihnen, mit schwarzen Schuppen und gezackten, bräunlich-gelben Bändern, machte den Anfang.

    Goodwill zuckte blitzschnell zur Seite, soweit er überhaupt ausweichen konnte. Der Schlangenkopf schoss knapp an seinem Oberschenkel vorbei, stieß gegen die Grubenwand, und im selben Augenblick fiel die Messerhand des Bärtigen wie ein Fallbeil nach unten.

    Flaggertys Bowieknife war tatsächlich scharf wie ein Rasiermesser. Der Kopf wurde glatt vom Rumpf getrennt, der mit wilden Verrenkungen neue Verwirrung unter den anderen Schlangen stiftete, die sich ebenfalls bereits auf den Angriff konzentriert hatten.

    Goodwill hatte plötzlich keine Angst mehr. Er war nun eiskalt. Sein erster Erfolg beflügelte ihn, ohne ihn unvorsichtig werden zu lassen. Hellrotes, fast gelbliches Blut spritzte ihm über die Beine. Reptilienblut. Ein strenger süßlicher Geruch breitete sich aus.

    Goodwill nutzte die Verwirrung unter den Schlangen und ging seinerseits zum Angriff über. Zwei, drei schnelle Hiebe, und er hatte die Zahl der Schlangen empfindlich reduziert. Nun roch es ausgesprochen scheußlich in der Grube. Der Boden färbte sich. Leiber zuckten.

    Wie ein Berserker wütete Goodwill weiter. Wahllos stach er zu.

    Die Raserei dauerte an, bis eine Stimme vom Grubenrand mahnte!

    »Lass es gut sein, Evan. Seit ’ner Weile stocherst du nur noch in toten Schlangen rum. Du hast sie erledigt, Mann.«

    Nur langsam kam Goodwill wieder zur Besinnung. Trotz des Gestanks in der Grube atmete er tief durch. Er sah Wild Bill Flaggerty oben am Grubenrand, seine ausgestreckte Rechte, die Hilfe anbietend zu ihm herunterragte.

    Goodwill nahm das Messer zwischen die Zähne und ergriff die Hand. Mühelos wurde er nach oben gezogen.

    »Willkommen, Partner«, sagte Flaggerty anerkennend. »Nun bist du wirklich einer von uns. Und verletzt bist du auch nicht, wie ich sehe.«

    »Zwanzig Dollar«, verlangte Kid Pearson. »Ich hab aufs richtige Pferd gesetzt.«

    *

    Corinna Dunnaway war auf dem Weg von St. Louis nach Laramie fünf Jahre alt geworden. Ihre Eltern waren mit dem Packen beschäftigt und hatten das Mädchen vor die Baracke zum Spielen geschickt. Corinna spielte mit einer Puppe, die die Mutter gefertigt hatte. Sie hatte große Augen und einen rot gestickten Mund. Dass die Augen ein wenig gegeneinander versetzt waren, tat der Zuneigung des Mädchens keinen Abbruch. Corinna koste das mit alter Wolle gefüllte Ding mit den Zottelzöpfen voll inniger Hingabe. Corinna redete mütterlich auf sie ein, gab gute Ratschläge und schalt die Puppe aus, wenn das notwendig schien. Das Mädchen war ganz in seiner Spielwelt versunken.

    In der Nähe beschäftigten sich einige Jungens mit »Fröscheprellen«. Frösche gab’s um diese Jahreszeit natürlich längst nicht mehr, aber das Spiel blieb dasselbe. Es wurde ein Rundholz auf den Boden gelegt, darüber ein Brett, auf die andere Seite ein »Frosch«, in diesem Fall ein Stein. Dann musste ein Junge auf die andere Seite des Brettes springen. Wer den »Frosch« am weitesten schleuderte, war Sieger.

    Nur richtige Frösche gab es eben nicht, und darunter litt der Spieleifer. Fast neidisch schauten einige der Jungen deshalb der vollkommen ins Spiel versunkenen Corinna zu.

    Es störte sie, dass jemand ganz in ihrer Nähe soviel Spaß hatte. Die Folge war klar. Raubeinige Jungs wollten das Kleinmädchenidyll zerstören.

    Malcolm, der sommersprossige Sohn des größten Storehalters am Ort, kam als erster auf die Idee, der »Fremden aus den Baracken« einen Streich zu spielen. Sein Vorschlag wurde begeistert aufgenommen. Die Jungenhorde stürzte auf die kleine Corinna zu. Einer entriss ihr die Puppe und warf sie dem nächsten zu.

    Corinna irrte zwischen ihnen hin und her. Sie weinte und bettelte, aber je mehr sie jammerte, um so mehr Spaß hatten die Jungen. Immer ausgelassener und fröhlicher wurden sie. Wie lustig doch die Kleine von einem zum anderen hüpfte, nur um diese schäbige Puppe wiederzubekommen.

    Niemand bemerkte den Zweispänner, der auf der Straße heranpreschte.

    Bis auf eine Ausnahme.

    Trinity Sidney Lord of Breakenborrough war mit sich übereingekommen, einen letzten Versuch zu wagen, doch noch mit nach Kalifornien genommen zu werden. Er wollte Saltillo aufsuchen, ihn trotz der schlechten Erfahrungen vom Mittag von der Dringlichkeit seines Anliegens zu überzeugen. Hatte ihm doch die Reaktion des Texaners gezeigt, dass dieser Mann durchaus in der Lage war, die Spreu vom Weizen zu trennen.

    Der Lord im Glencheck-Anzug und mit dem seltsamen Zylinder auf dem knochigen Schädel hatte wieder seinen schwarzen Kasten dabei. So, wie er ihn behandelte, schien er sein kostbarster Besitz zu sein.

    Doch jetzt ließ er den Kasten achtlos fallen. Denn ein kleines, blondes Mädchen lief auf die Fahrbahn, während die Kutsche sich in rasendem Tempo näherte.

    Trinity S. Breakenborrough nahm die betroffene Miene Saltillos, der hinter einem der Barackenfenster auftauchte, nur am Rande wahr. Der Texaner hätte auch nicht mehr helfend eingreifen können. Er war zu weit vom Schauplatz des Geschehens entfernt.

    Der englische Lord eigentlich auch.

    Das kleine blonde Mädchen musste unweigerlich unter die Hufe und die Räder geraten.

    Breakenborrough hechtete vor, flog förmlich über die Straße und warf sich schützend auf die Kleine, um sie mit seinem Körper zu decken. Es war nur einem gnädigen Zufall zu verdanken, dass er dabei gleichzeitig einen Schritt zur Seite rollte. Nur um Haaresbreite entging er den trommelnden Hufen, den heranwirbelnden Rädern, während das Mädchen erst jetzt unter ihm erschrocken aufschrie.

    Saltillo rannte auf die Straße.

    Der Kutscher stand auf dem Bock und riss viel zu spät an den Riemen, die seine Pferde zum Halten bringen sollten. Er war ein grobschlächtiger Mann mit aufgedunsenem Gesicht. Jetzt sprang er wütend vom Bock und ballte die Fäuste.

    »Bist du verletzt?«, fragte der Lord das kleine Bündel Mensch unter sich.

    Aber das Mädchen antwortete nur: »Meine Puppe. Wo ist meine Puppe?«

    Breakenborrough erhob sich aus dem Schmutz. »Ich werde sie dir holen«, sagte er. »Warte einen Moment.«

    Von den Ereignissen überrascht, stoben die Jungens davon. Sie fürchteten mit Recht eine deftige Abreibung.

    Die Puppe war neben dem schwarzen Kasten gelandet, aber der Lord hob nur das zerzauste und mitgenommene Spielzeug auf. Er ging zum Mädchen zurück, das sich eben aufrappelte.

    »Hier ist dein Püppchen«, sagte er warm. »Siehst du? Es lächelt schon wieder.«

    »Danke, Onkel.«

    »Schon gut, mein Herz, das war doch selbstverständlich.«

    »War es nicht.«

    Das war Saltillos Stimme. Endlich hatte er die Straße erreicht. Auch der Kutscher kam näher.

    Der Lord schaute auf. Er war über und über mit Schlamm bespritzt.

    »War es doch, Mister O’Hara. Vermutlich hätten Sie an meiner Stelle nicht anders gehandelt.«

    Corinna presste ihre Puppe an sich und lief zur Baracke, hinter der ihre Eltern den Conestoga beluden.

    Saltillo war verlegen. Er schaute den kleinen, mickrig wirkenden Lord mit neuen Augen an. Er wollte sich entschuldigen, da war der Kutscher schon heran.

    »Da ist ja dieser Vollidiot!«, bellte der Mann. »Fast wären mir die Pferde durchgegangen.« Er starrte den Lord zornig an. »Das machst du nicht noch mal, du Trottel.«

    »Das Kind ...«

    »Es hätte aufpassen können, verdammt noch mal. Ich konnte nicht ausweichen. Die Fahrrinnen sind zu tief. Was glaubst du, wenn die Karre umgestürzt wäre? Wie verrückt haben die Gäule zur Seite gezogen. Und ich hab Flaschen geladen. Hundert Stück besten Kentucky Rye. Vier Dollar die Bottle. Ein Vermögen. Und du hirnrissiges Greenhorn bringst diese Fracht in Gefahr!«

    Trinity Sidney Lord of Breakenborrough glühte.

    »Aber das Kind ...«

    »Ich hab kein Kind gesehen. Nur ’nen wildgewordenen Stutzer, der um ein Haar meine Pferde scheu gemacht hätte. Und dafür kriegst du jetzt ’ne Abreibung, Gent.«

    Der massige Kutscher streifte die Hemdsärmel zurück.

    Lord Breakenborrough stellte sich unerschrocken in Positur, nahm die Haltung eines Boxkämpfers ein und fintierte mit seinen feingliedrigen Fäusten.

    »Na, dann kommen Sie mal ran!«

    Der Kutscher stand.

    »Willst mir wohl Laune machen, wie? Lustig siehst du aus, du halbe Portion. Ein Schwinger von mir, und du kannst den Hals für immer ohne Kopf spazieren tragen.«

    »Wart’s ab«, sagte eine Stimme neben dem Kutscher. Der fuhr herum. Saltillo stand breitbeinig am Straßenrand. »Dieser Gent steht unter meinem persönlichen Schutz, klar?«

    Das Grinsen des Mannes entgleiste zur Grimasse. Er war viel zu aufgebracht, um die Kämpferqualitäten Saltillos zu erkennen. So machte er den Fehler: er nahm Saltillos Herausforderung an.

    »Du willst dich also für diesen Kümmerling schlagen? Soll mir recht sein. Ich hatte ohnehin schon ein schlechtes Gewissen. Dieser Geck ist doch kein Gegner.«

    Der Mann lachte.

    Saltillo waren Faustkämpfe eigentlich zuwider. Besonders dann, wenn sie aus einem dermaßen nichtigen Anlass stattfanden. Aber der Kutscher war nun mal scharf auf eine Abreibung, und die sollte er bekommen.

    Der Texaner täuschte einen Angriff vor, wich dem erwarteten Uppercut aus und landete seinerseits eine rechte Gerade genau am Kinnwinkel des Gegners.

    Dessen Kopf wurde nach hinten gerissen. Der Mann stolperte ein paar Schritte rückwärts, verlor das Gleichgewicht und patschte in den Morast. Schlammspritzer flogen nach allen Seiten. Auch Saltillo bekam einen ab. Er wischte ihn von der Wange.

    »Genug, Compadre?«, fragte er. Die Antwort wartete er gar nicht erst ab. Mit zwei Schritten war er am Mann, sein rechter Arm fuhr nach unten, die Hand krallte sich in den Gurt des Kutschers und riss ihn auf die Beine. »Nicht genug?«

    Saltillo versetzte dem Raufbold eine Ohrfeige; dann noch eine und noch eine. Der Mann wurde von der Wucht der Backpfeifen wie ein Kinderkreisel über die Straße bis zu seinem Wagen getrieben. Dort war er groggy.

    Der Texaner fing ihn auf und schob ihn quer über den Kutschbock. Saltillo schnalzte mit der Zunge, und das Gefährt setzte sich in Bewegung. Es rumpelte mit dem Bewusstlosen davon.

    Lord Breakenborrough verharrte nach wie vor in Kampfhaltung. Nur die Kinnlade war ihm nach unten gefallen. Vermutlich war er an derart einseitig verlaufende Fights nicht gewöhnt. Er blickte ziemlich hilflos drein. Nur langsam entspannte er sich.

    Saltillo streckte ihm die Hand entgegen.

    Trinity Sidney Lord of Breakenborrough übersah sie geflissentlich.

    »Warum so sauertöpfisch, mein Freund? «

    »Es war mein Gegner!«

    Saltillo nickte müde. »Sicher. Er war Ihr Mann. Entschuldigen Sie, dass ich mich eingemischt habe. Ich werd es bestimmt nicht wieder tun.«

    »Schon wieder Spott?«

    »Nein. Sie haben mir eben gezeigt, dass Sie ein ganzer Kerl sind.«

    »Und ein Greenhorn.«

    Saltillo zuckte mit den Schultern.

    »Das auch. Aber das ist nicht mehr wichtig. Ich denke mir, es wäre eine gute Sache, Sie zum Begleiter zu haben, Lord. Sie wollen immer noch nach Kalifornien?«

    Da erfriff Trinty S. Breakenborrough die immer noch ausgestreckte Rechte des Texaners.

    »Ich will, Mister O’Hara. Deshalb wollte ich noch mal vorstellig werden. Aber dann kam das Kind und ...«

    »Ich hab alles mitangesehen, Lord. Sie haben sich großartig benommen.« Die beiden ungleichen Männer schüttelten sich lange die Hand. Und dabei sahen sie sich in die Augen. Trinity Sidney Lord of Breakenborrough war kein Hasenherz, auch wenn man ihm das nicht auf den ersten Blick ansah.

    »Was haben Sie in dem Kasten«, fragte Saltillo eine ganze Weile später, »der dort drüben steht?«

    »O Gott, den hatte ich vollkommen vergessen!«

    Der kleine Lord wieselte auf die andere Straßenseite. Saltillo folgte ihm. Er schaute zu, wie der Lord den schwarzen Kasten vorsichtig wieder auf seine Stativbeine stellte und ihn einer kurzen Prüfung unterzog.

    »Scheint noch einmal gutgegangen zu sein«, murmelte Breakenborrough. »Sie ist noch in Ordnung.«

    »Sie ...?«

    »Ja. Das ist eine Kamera - ein photographischer Apparat. Er zeichnet mit Licht. Deshalb bin ich überhaupt nur in diese Wildnis gekommen. Ich möchte sie im Bild festhalten und der Nachwelt überliefern. Mein Vater war ein berühmter Archäologe, ein Altertumsforscher. Ich halte es mehr mit der Gegenwart. Meine Mittel erlauben es mir glücklicherweise, diesen Ambitionen nachzugehen. Sie haben noch nie einen photographischen Apparat gesehen?«

    »Nicht dieses Modell«, meinte Saltillo ausweichend. »Daguerrotypien nennt man diese Bilder, glaube ich.«

    Lord Breakenborrouh winkte lässig ab.

    »Das war einmal«, dozierte er. »Die Wissenschaft hat auf diesem Gebiet in den letzten fünfzehn Jahren ungeheuere Fortschritte gemacht. Ein Landsmann von mir, Talbot heißt er, hat kürzlich eine entsprechende Entdeckung gemacht. Das Herstellen von Bildern wird immer einfacher.«

    »Dann darf ich Sie also wohl als eine Art Wissenschaftler bezeichnen?«, fragte Saltillo, weil er meinte, am Lord wieder etwas gutmachen zu müssen. Breakenborrough grinste prompt und zufrieden.

    »Das ist wirklich sehr schmeichelhaft, Mister O’Hara. Das kann man tatsächlich sagen. Sie haben also nichts mehr dagegen, wenn ich mich Ihrem Treck bis Carson City anschließe?«

    »Kein Einwand mehr. Kommen Sie, ich möchte Sie Mose Houston vorstellen. Er ist der eigentliche Boss.«

    *

    Sie hatten die Grube nicht mal zugeschüttet, sondern waren gleich weitergeritten. Für Evan Goodwill war es ein Weg zurück an den Rand der großen Salzwüste. Er suchte die Gesellschaft Wild Bill Flaggertys. Die Männer sprachen kaum ein Wort miteinander, und dabei brannte der verräterische Scout vor Neugier.

    Er räusperte sich schließ]ich.

    »Wenn wir erst mal den Treck erledigt haben, reiten wir nach Carson City, nehm ich an. Wollen wir den Claim dann selbst ausbeuten oder verscherbeln?«

    »Vor allem brüten wir keine ungelegten Eier aus«, antwortete der Skalpierte reichlich barsch. »Wir wissen ja nicht mal, wann sie kommen und ob deine Informationen wirklich sauber sind.«

    »Sie sind sauber.«

    »Das will ich für dich hoffen. Unter uns sind wir ehrlich, musst du wissen. Da gibt’s keine Geheimnisse. Wenn du also noch was verschwiegen hast, spuck’s besser jetzt aus. Später geb ich dir keine Gelegenheit mehr dazu Tote sind nie sehr gesprächig.«

    Evan Goodwill dachte an das Abenteuer mit den Schlangen und kratzte sich am Bart.

    »Es gibt da tatsächlich noch was, aber ich weiß nicht, ob’s wichtig ist.«

    »Na los, zier dich nicht wie ’ne Jungfrau.«

    »Naja, da war noch so ein Kerl bei den Treckern. Sie nennen ihn Saltillo. Ein Halbblut, auch wenn das nicht sofort zu sehen ist. Er hat Comanchenblut in den Adern. Ein brandgefährlicher Mann. Ich nehme an, dass er den Treck als Scout führen wird. Aber sicher bin ich mir nicht.«

    »Hat er dir die Sache mit'den Rothäuten vermasselt?«

    »Mehr oder weniger.«

    »Damit kann ich nichts anfangen. Du musst schon deutlicher werden, Compadre.«

    Da begann Evan Goodwill zu erzählen, aber mit der vollen Wahrheit rückte er natürlich nicht heraus. Als Versager wollte er sich bei Flaggertys Bande nicht einführen.

    Wild Bill Flaggerty hörte gelassen zu.

    »Nach allem, was du mir erzählt hast, ist dieser Saltillo auch nicht kugelfest«, meinte der Skalpierte schließlich. »Ich hab noch immer Mittel und Wege gefunden, ’nen Mann unschädlich zu machen. Das Hochland hier ist voll von den Beweisen. Ich hab den Geiern schon zu manch ordentlichem Happen verholfen.« Flaggerty lachte hässlich. »Aber es ist gut, dass du mir’s gesagt hast. Ich weiß, was ein guter Mann für Schaden anrichten kann. Und ich werd’s auch erfahren, wenn dieser Comanche noch bei den Männern ist.«

    »Von deinem siebten Mann?«

    »No. Von meinem zweiten, Compadre. Du wirst ihn noch früh genug sehen.«

    »Treffen wir ihn bald?«

    »Er trifft uns, sobald er wichtige Informationen hat. Sei nicht so neugierig.«

    »Aber etwas reinen Wein musst du mir doch einschenken. Ich gehör doch jetzt zu euch, nicht wahr? Wir sind seit vier Stunden unterwegs. Zuerst ritten wir nach Osten und vor ’ner halben Stunde bogen wir nach Süden ab. Sind wir unterwegs zu euerem Schlupfwinkel? Irgendwo müsst ihr euch doch niedergelassen haben.«

    »Unseren Schlupfwinkel, wie du’s nennst, lernst du auch noch kennen. Er liegt viel weiter westlich. Es geht ein bisschen primitiv dort zu, aber es wird dir schon gefallen.«

    »Habt ihr Frauen dort?«

    »Verwöhnt, eh?« Der Skalpierte lachte wieder. »No. Feste Frauen haben wir nicht. Wenn uns danach ist, besorgen wir uns welche. Junge Indianerinnen. Stört dich das?«

    Evan Goodwill schüttelte eilig den Kopf. Zaghaft stimmte er in Flaggertys schmutziges Gelächter ein.

    »Der Unterschied ist wohl nicht so groß.«

    »Eben. Ab und zu, wenn wir genügend Geld in den Taschen haben, reiten wir auch hinauf nach Burley. Ein kleiner Handelsposten, aber mit allem ausgerüstet, was ein Mann braucht. Auch Weiber. Es wird dir bei uns an nichts fehlen. Merkst du schon noch. Nur die besten Hotels und so weiter wirst du dir vorerst allerdings abschminken müssen. Unsere Umsätze sind nicht so üppig wie deine früher, fürchte ich. Es sei denn, an der Geschichte mit dem Claim ist soviel daran, wie du behauptest.«

    »Eher noch mehr.«

    »Dann ist ja alles in bester Ordnung. Aber bis es soweit ist, machen wir in unserem alten Trott weiter. Das ist dir doch klar.«

    »Sicher, aber ihr seid alle so verdammt wortkarg.«

    Wild Bill Flaggerty stützte sich auf das Sattelhorn seines Rappen. Es war ein grobknochiges, hochbeiniges Tier, das unter der Last seines massiven Reiters nicht zu leiden schien. Flaggerty ließ seinen Blick über das Land schweifen.

    »Jeder wird wortkarg hier«, sagte er. »Es gibt einfach zu wenig zu besprechen.«

    »Aber wir treiben uns doch hier nicht zum Vergnügen rum. Ihr müsst doch ein Ziel haben.«

    »Haben wir auch, Compadre. Aber wir erreichen es nicht vor morgen früh. Ich wollte erst vor dem Pennen mit dir drüber sprechen. Meinetwegen, bringen wir’s hinter uns. Ich hab dir doch schon gesagt, dass die Gegend gar nicht so menschenleer ist, wie’s den Anschein hat. In den letzten vier, fünf Jahren haben sich immer mehr Leute hier niedergelassen. Sie leben bescheiden. Schafzüchter und kleine Farmer. Die meisten von ihnen sind Sektierer, die es aus irgendwelchen Gründen im Osten nicht mehr ausgehalten haben. Und für uns sind sie so eine Art Milchkuh. Wir melken sie.

    Wir haben unseren Turnus. Danach besuchen wir sie. Morgen ist ein Schafzüchter mit seinen beiden Söhnen an der Reihe. Er ist seine letzte Zahlung schuldig geblieben. Wir sind deshalb ein wenig sauer auf ihn. Er hätte das nicht machen sollen. Vermutlich werde ich ihm die Zähne einschlagen müssen.«

    »Allmählich versteh ich.«

    »Wurde ja auch langsam Zeit. Wir leben nicht schlecht von diesen Leuten. Der Job ernährt seinen Mann. Wir sind so was wie selbsternannte Steuereintreiber. Wir können es nicht durchgehen lassen, wenn einer aus der Reihe tanzt.« Wild Bill Flaggerty rieb sich die großen Hände. »Morgen um die Zeit hab ich ’nen Mann wieder ein Stück klüger gemacht. Vorher wird er seine Lektion schlucken, beim Satan. Und wie! Ich werde sie ihm persönlich in den dummen Schädel hämmern.«

    *

    Der Morgennebel hüllte das Seitental am Fuß des Spruce Mountain ein. Die windschiefe Hütte stand am Hang. Aus dem Schornstein kräuselte Rauch.

    Die Brennans waren Frühaufsteher. Sie mussten den ganzen Tag auf den Beinen sein, wollten sie in diesem kargen Hochtal überleben.

    Hinter der Hütte gab es einen kleinen Gemüsegarten und eine Koppel, auf der drei dürre Pferde weideten. Unter einem Behelfsdach stand ein klappriger zweirädriger Wagen, mit dem die Brennans die Ernte in die nächste Ansiedlung brachten, um sie gegen Proviant und Gerät einzutauschen.

    Jim und Buck, die beiden halbwüchsigen Söhne des Schafzüchters, traten als erste in die kalte Nässe des Morgens, die schon am Vormittag brüllender Hitze weichen würde. Mit nackten Oberkörpern, die Rippen stachen durch die Haut, gingen sie die paar Schritte zu einem munter sprudelnden Bach, der auch in den heißesten Sommermonaten nie ganz versiegte. Dem Creek verdankten sie es, dass sie überhaupt hier leben konnten.

    Die jungen Burschen wuschen sich prustend und schnaubend, bespritzten sich gegenseitig und wechselten Scherzworte. Aus der Hütte duftete es nach Tee und frischen Maiskuchen. Hinter ihnen, von der Nebelwand verborgen, blökten Schafe, schlug ein Hund an. Das Hochtal atmete trügerischen Frieden.

    »Kommt rein, ihr beiden Raben«, rief ein Mann aus der Hütte. »Frühstück ist fertig. Und dann an die Arbeit. Heute müssen die Schafe auf der Ostweide geschoren werden, damit endlich wieder Geld ins Haus kommt.«

    Die Jungen gehorchten aufs Wort. Ralf Brennan hatte sie zu tüchtigen Burschen erzogen, die einmal ihren Weg machen würden, obwohl er ihnen auch noch die Mutter hatte ersetzen müssen, die schon vor Jahren an einer Lungenentzündung gestorben war. Damals hatte er sich zurückgezogen, die Einsamkeit gesucht und doch nie ganz gefunden. Dennoch, in den Jahren seines Einsiedlerdaseins hatte Brennan es verlernt, sich der brutalen Wirklichkeit zu stellen. Er nahm auch die fünf Männer nicht ernst genug, die erst kürzlich bei ihm aufgetaucht waren und seinen dünnen Sparstrumpf plündern wollten. Er habe keinen, hatte er erklärt und ihnen frisches Wasser aus dem Creek angeboten und auch etwas Ziegenmilch. Aber die Männer hatten die Einladung brüsk ausgeschlagen und nur gemahnt, er solle es sich nochmals sehr genau überlegen, ob er nicht doch sein Scherflein zur »Schutzgbühr« beitragen wolle.

    Ralf Brennan war tatsächlich so weltfremd, dass er die Drohung der Männer, sie würden bald wiederkommen, nicht ernst nahm!

    *

    »Verdammter Nebel!«, fluchte Wild Bill Flaggerty. »Da sieht einer ja kaum die Hand vor den Augen. Hat sich dieser Bastard aber gut versteckt! Aber wir werden ihn schon ausräuchern, diesen Hund!«

    Die anderen Männer schwiegen. Sie hatten noch den Schlaf in den Augen und die Nachtkälte in den Knochen. Hier in den Bergen gehorchte das Wetter den Gesetzen der Ebene nicht mehr. Hier fingen sich Wolken und Tau und sorgten so wenigstens während der Nachtstunden für etwas Ausgleich für die trockene Hitze des Tages, wenngleich Niederschläge selbst selten waren. Es regnete kaum am Spruce Mountain.

    Flaggerty murrte vor sich hin. Seine Miene verhieß nichts Gutes. Seine Laune sank langsam dem absoluten Nullpunkt entgegen, und Flaggerty gehörte nicht zu jenen Menschen, die sich besonders gut beherrschen konnten. Wenn er wütend war, schaffte er sich gern bei Schwächeren ein Ventil.

    Inzwischen hatte er sich die Sache mit dem Treck noch mal durch den Kopf gehen lassen. Dabei war er zu dem Schluss gekommen, dass er hier am Rand der Wüste seine Zeit doch nur verplemperte.

    Um die fünfhundert Dollar hatte Goodwill bei sich gehabt. Und er hatte davon geschwärmt, wie gut er bisher verdiente.

    Wild Bill Flaggerty war neidisch geworden. Denn bei rechtem Licht betrachtet, führte sein Rudel doch ein eher entbehrungsreiches Leben. Wild Bill war plötzlich unzufrieden mit sich selbst. Ihn lockten der Treck und das große Geld, das er mit Mose Houstons Claim einstreichen konnte. Ralf Brennan und sein armseliger Sparstrumpf wurden um so unwichtiger, je weiter sie sich dem Hochtal näherten. Gegenüber dem neuen Mitglied der Bande kam er sich auf einmal minderwertig vor. Was sollte Goodwill schon groß von ihnen halten, wenn sie so viele Meilen ritten, um allenfalls fünfzig Bucks zu kassieren?

    Stetig steigerte er sich in eine kalte Wut, die dringend der Entladung bedurfte. Flaggerty fluchte noch, als sie endlich durch die Nebel das ferne Blöken von Schafen vernahmen. Ein Hund bellte. Er hatte die Fremdlinge gewittert und meldete sie seinem Herrn.

    Der Skalpierte nahm sich vor, bei Evan Goodwill Eindruck zu schinden. Übersteigerte Härte sollte verwischen, wie erbärmlich der »Job« im Grunde genommen doch war. Denn dass sich Goodwill von Brutalität beeindrucken ließ, war Flaggerty natürlich nicht entgangen.

    »Komm mal her«, sagte er schließlich zu Goodwill, der die ganze Zeit neben ihm geritten war. »Viel wird hier nicht zu holen sein, Compadre. Es geht mehr darum, ein Exempel zu statuieren. Brennan wollte nicht bezahlen. Sein Pech. Denn wenn ich ihn umniete, verlieren wir nicht viel. Doch es wird sich rumsprechen.«

    Goodwills Nackenhaare sträubten sich, obwohl er ein rauer Knochen war. Flaggertys Ankündigung verfehlte ihre Wirkung dennoch nicht.

    Der Scout war beeindruckt, und nichts anderes hatte der Skalpierte erreichen wollen. Dass dies um den Preis eines Menschenlebens geschah, kümmerte den Bandenführer nicht.

    Das Gelände stieg an. Neben den Pferdehufen sprudelte der Bach. Es war allenfalls noch eine halbe Meile bis zum armseligen Anwesen der Brennans.

    Flaggerty zog sein Gewehr aus dem Scabbard und entsicherte die Waffe.

    Das Hundegebell wurde lauter. Ein dunkles Knäuel hetzte kläffend aus der nassgrauen Wand.

    Eine Promenadenmischung mit hochgerolltem buschigem Schwanz und spitzer Schnauze war es, die todesmutig die Eindringlinge angriff und sofort auf die Fesseln von Flaggertys Rappen losging.

    Der Hieb mit dem Gewehrschaft traf das Tier voll. Es überschlug sich in der Luft und blieb mit zerschmettertem Schädel liegen. Die Läufe und der Schwanz zuckten noch ein wenig, aber nicht sehr lange.

    Aus dem Dunst tauchte die Hütte auf. Eine Windbö ließ den Rauch aus dem Schornstein wirbeln.

    »Ekliges Gesindel«, murmelte Bill Flaggerty. Trotz des Hundegebells waren sie offensichtlich noch nicht bemerkt worden.

    Die Männer schwärmten aus, ohne dass ihr Anführer ein Wort hatte zu verlieren brauchen. Sie waren aufeinander eingespielt.

    Evan Goodwill hielt sich in der Nähe Flaggertys.

    Die Banditen gingen nach keinem bestimmten Plan vor.

    Kid Pearson bezog Posten an der Koppel. Er stieg nicht einmal vom Pferd. Die Grasnarbe hatte den Hufschlag gedämpft. Im Inneren des Hauses klapperte Geschirr, darin mischte sich das satte zufriedene Grunzen eines Erwachsenen.

    Lash Gordon rutschte aus dem Sattel, nahm seinen Revolver in die Hand und schlich sich geduckt von hinten an die Hütte heran, während Pete Lobster, der Mann mit dem Sombrero, sich zurückhielt. Er stand etwas höher am Hang und konnte das ganze Gelände im Auge behalten. Walsh Salem verharrte wie ein Standbild auf seinem grauen Wallach. Der Blick blieb stumpf und leer.

    Goodwill hatte beobachtet, dass Flaggerty ihn sogar zum Essen auffordern musste. Walsh Salem bekam die Reste. Er lebte tatsächlich nicht besser als ein Hund.

    Flaggerty winkte Goodwill. Ihre Tiere setzten sich wieder in Bewegung. Undeutlich drangen ein paar Wortfetzen aus der Hütte.

    »Hat wieder mal prima geschmeckt. Du bist eben doch der beste Koch, Dad. Einsame Spitze, deine Maiskuchen.«

    »Iss zu Ende und halte den Mund. Wir müssen an die Arbeit. War das nicht eben Blacky, der gebellt hat?«

    »Er wird irgendein Tier aufgestöbert haben. Dann benimmt er sich immer so verrückt.«

    »Wirst schon recht haben. Da fällt mir ein, wir könnten das Gewehr mitnehmen. Hol’s doch, Buck. Ich hab da gestern auf dem Weg zur Ostweide ein paar Kaninchen entdeckt. Vielleicht treiben sie sich noch hier herum. Ein Braten zur Abwechslung wäre nicht zu verachten, was meint ihr?«

    »Gute Idee, Dad«, antworteten die beiden Halbwüchsigen wie aus einem Mund. »Ich hol die Flinte«, rief Buck.

    »Ich spann schon mal den Wagen an. Vergesst die Schermesser nicht.«

    »Schon alles verstaut, Dad.«

    Wild Bill Flaggerty hatte inzwischen den Eingang der Hütte erreicht. In seinen Pranken ruhte ein schwarzer, klobiger Colt Kaliber 52. Damit ließ sich sogar ein Büffel erlegen. Um Flaggertys Mundwinkel nistete ein gehässiges Grienen. Die Enden des Chinesenbartes zitterten, als er mit den Zähnen mahlte.

    »Raus mit dir, Brennan!«, brüllte er plötzlich mit Donnerstimme los. Das Echo brach sich weiter oben im Tal an den Felswänden, die noch im Nebel lagen. »Wir haben genug Geduld bewiesen. Nun wollen wir endlich ein Entgegenkommen sehen. Oder bist du vielleicht anderer Meinung, Mann?«

    Ein graubärtiger, ausgemergelter Mann trat zögernd ins Freie. Er trug eine Baumwollweste über dem hochgekrempelten karierten Flanellhemd. Die Sehnen spielten an den Unterarmen. In den Augenwinkeln war ein nervöses Zucken.

    Trotz der misslichen Lage verriet der Mann keine Angst, nur maßloses Erstaunen. Und dann erkannte er seinen Besucher wohl wieder und erinnerte sich auch an den Zwischenfall, der jetzt schon mehr als einen Monat zurücklag. Da versuchte er, Zeit zu gewinnen.

    »Kennen wir uns nicht, Mister? Aber ja doch. Sie haben mich kürzlich schon mal besucht, stimmt’s? Meine Söhne waren gerade nicht da. Darf ich Ihnen meine Söhne vorstellen, Mister? Wie war doch gleich Ihr werter Na ...«

    »Halts Maul, du Kröte!«, fuhr Flaggerty den Siedler an. »Natürlich erinnerst du dich an mich und meine Freunde. Und komm mir nicht noch mal mit deiner verdammten Ziegenmilch daher. Rück den Zaster raus, oder wir holen ihn uns selber.«

    Ralf Brennan zeigte noch immer keine Furcht. Entweder er war ein glänzender Schauspieler oder naiv.

    Evan Goodwill vermutete letzteres. Er hielt sich aus dem Streit heraus. Er schaute lediglich zu. Für ihn lag eben doch ein Unterschied darin, ob andere die Dreckarbeit erledigten oder er das selbst tun musste.

    »Aber wir haben doch kein Geld, Mister«, antwortete Ralf Brennan erstaunt. »Das sagte ich Ihnen doch schon. Wir sind arm. Bei uns ist nichts zu holen. Wenn Sie keine Ziegenmilch mögen, ich hätte da auch noch ein paar Maiskuchen übrig. Meine Söhne behaupten, sie seien die besten zwischen hier und Arka ...«

    Flaggertys Gesicht hatte sich im Verlauf des Gesprächs immer mehr verzerrt. Aus seinem hämischen Grinsen war eine diabolische Maske geworden.

    Geduld gehörte nicht zu den

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