Höhenflug: Der Weg zu innerem Frieden und Lebensfreude
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About this ebook
Antoinette Haering legt hier eine äusserst gelungene Mischung aus Erzählung, Ratgeber und Übungsbuch vor. Anhand ihrer eigenen Geschichte zeigt sie Schritt für Schritt, wie es ihr gelungen ist, die Opferhaltung loszulassen, sich mit sich selbst und ihrer Geschichte zu versöhnen und stattdessen ein selbstverantwortliches Leben zu führen, Selbstvertrauen aufzubauen und Lebensfreude zu finden.
Auch du schaffst das, denn dank einfach erklärten Methoden und Techniken lernst du, aus deiner Vergangenheit Kraft zu schöpfen, Belastendes loszulassen, den Blickwinkel zu ändern, die Kraft deiner Gedanken zielgerichtet zu nutzen und deine Emotionen als wertvolle Quelle für Transformation zu schätzen.
Schreibe deine Geschichte neu und befreie dich aus dem Gefängnis deiner Vergangenheit. Verzeihe, finde inneren Frieden und Leichtigkeit und versöhne dich. Starte jetzt zu deinem Höhenflug!
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Höhenflug - Antoinette Haering
Es geht auch per Anzeige
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Unsere Seele sucht ihre eigenen Wege. Wehren wir uns
dagegen, leiden wir. Lassen wir uns im Vertrauen
fallen, entdecken wir den Sinn in jeder Lebenslage.
»Adoptivkind zu vergeben.« Eine Anzeige 3.5 x 3.5 cm klein in der Luzerner Zeitung.
Hans und Finette Haering stach das Inserat ins Auge und das Kind wurde ihnen zugesprochen. Ich weiss nicht, ob es mehrere Bewerber und eine angemessene Evaluation gab oder ob die leibliche Mutter einfach froh war, dass sie einen Abnehmer für ihren Balg gefunden hatte. Jedenfalls vereinbarten die Parteien, dass die Mutter bereits für die Geburt des Kindes in die Schweiz kommen und die zukünftigen Adoptiveltern alle damit verbundenen Kosten übernehmen würden. Gesagt, getan. Die Mutter entschwand nach der Niederkunft genauso lautlos, wie sie gekommen war. Ins Nichts. Job erledigt.
Hans und Finette fielen als ein ungleiches Paar auf. Sie, 35 Jahre alt, gross und schlank mit grell roten und auftuppierten Haaren, spindeldürr und mit Schmuck übersäht oder besser, mit Klunkern vollbehangen. Einen Arm winkelte sie stets an, denn so liess sich die Handtasche am besten präsentieren und das wirkte, ach, so adrett.
Er, 45 Jahre alt, mittelgross, eher rundlich, Glatze. Seine Kleidung eher bescheiden zurückhaltend, die Hosen meist etwas zu lang. Es war vor allem sein Wunsch ein Kind zu adoptieren, denn Finette konnte ihm keine schenken. Das habe ich erst sehr viel später erfahren.
Offenbar behielten sie mich bis zum 4. Oktober, also sieben Tage im Spital, Kosten CHF 149.--. Natürlich erinnere ich mich nicht an diese ersten Tage und auch nicht an die darauffolgenden, denn es gab später niemanden, der es als seine Aufgabe angesehen hätte, mir davon zu erzählen.
Ich startete mit einem äusserst miserablen Gesundheitszustand ins Leben, litt an einer schweren Lungenentzündung und wurde knapp einen Monat nach meiner Geburt ins Inselspital nach Bern gebracht, wo ich die nächsten drei Monate damit verbrachte ums Überleben zu kämpfen. In Isolationshaft sozusagen. Mehr als nur ein Mal hing mein Leben an einem seidenen Faden. Zur Sicherheit wurde ich notgetauft. Die telefonische Übermittlung muss hektisch vollzogen worden sein, denn mein Name wurde dabei falsch kommuniziert und seither lebe ich amtlich mit dem Vornamen Antonietta. Eine offizielle Richtigstellung hätte bedingt, dass ich mich einem psychologischen Gutachten unterziehen würde, das war es mir dann doch nicht wert.
Meine Seele hat dann doch beschlossen zu leben und mein Körper erholte sich, so dass ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Oft wünschte ich mir später, meine Seele hätte sich anders entschieden.
Meine Pflegeeltern, vor allem Hans, standen in regem Kontakt mit meiner leiblichen Mutter. Diese nahm mit Bedauern zur Kenntnis, dass ich krank war, lieferte die notwendigen Angaben zu Schwiegereltern, Heiratsdatum etc. und wünschte dann alles Gute. Immerhin etwas. Von meinem leiblichen Vater habe ich nie etwas gehört, er hat sich drei Monate nach meiner Geburt das Leben genommen. Soviel zur Portion Lebensgeist, die ich genetisch mitbekommen habe.
Strenge Sitten
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Prägung – sie erfolgt geplant und ungeplant zugleich. Sie überzieht Gene und Vererbung wie der Mörtel die Backsteine. Ungeplant kann sie erheblichen Schaden anrichten, geplant Wunder vollbringen.
Bei Hans und Finette lebte noch ein Kind. Hanspeter war zwei Jahre älter als ich, der Sohn einer Schwester von Finette, Nina und lebte sozusagen als Leihgabe bei den Haerings. Nina schaffte es nicht, für ihren Sohn zu sorgen und überliess ihn daher ihrer Schwester. Doch klappte diese Übereinkunft nicht wirklich, denn Hanspeter konnte Finettes Wunsch nach einem eigenen Kind nicht stillen.
Ich erinnere mich kaum an die ersten Jahre meiner Kindheit. Das Lebensglück meiner Adoptiveltern – sie nenne ich fortan ›Eltern‹ – schien noch nicht komplett. Finette betrachtete mich als das Kind von Hans und sie wünschte sich wiederum eines ganz für sich. Also adoptierten die Beiden einen weiteren Jungen: Thomas, drei Jahre jünger als ich, blonde Haare, blaue Augen, ganz so wie ich. Die Leute sollten glauben, wir seien echte Geschwister. Finette war geradezu aus dem Häuschen und verhätschelte Thomas von Anfang an, war er doch so süss mit seinen blauen Äuglein und seinen blonden Härchen.
Dennoch frage ich mich, was Muttersein für sie bedeutete. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie je eines von uns Kindern liebkost hätte, dass sie mit uns gespielt hätte, dass sie mit uns spazieren gegangen wäre. Sie nähte uns Kleider, zog uns hübsch an, ja, daran erinnere ich mich. Ich sehe noch Fotos vor mir, auf denen alle drei Kinder in den Sonntagskleidern aufgereiht nebeneinander stehen. Die ganze Familie wie Ausstellungsmöbel vorgeführt.
Vater bekamen wir tagsüber nie zu Gesicht. Er arbeitete auswärts, ging früh, kam abends spät oder blieb sogar die ganze Woche weg. Doch wenn er Zeit zu Hause verbrachte, war er derjenige, der mit uns den Wald durchforstete, kochte und uns als Babys die Flasche gab. Finette empfand uns oft als zu laut oder zu aufsässig, jedenfalls verbrachten wir viele Stunden im Badezimmer oder im Schlafzimmer eingesperrt, einzeln natürlich. »Bis ihr wieder zur Vernunft gekommen seid«, hallten ihre schrillen Worte durch den Raum. Auch die Strafe ›ohne Znacht ins Bett‹ kenne ich nur allzu gut. Häufig zog sie uns die Ohrläppchen lang, aua, das war schmerzhaft.
Vater beeindruckte mit konsequenter Strenge. Widerreden gab es nicht, Ungezogenheit auch nicht. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich den Befehl hörte: »Hol den Teppichklopfer«, dann wurde hart zugeschlagen und es gab eine Extraportion mit dem Kommentar: »Jetzt weisst du wenigstens, warum du weinst.« Danach ab ins Zimmer.
Die Jahre plätscherten dahin. Immerhin genossen wir eine vortreffliche Erziehung. Und die Ferien erlebte ich als entspannte Familientage. Im Sommer in die Berge, im Winter zum Skifahren. Auch hier galt es durchzuhalten, zu parieren, keine Schwäche zu zeigen, stark zu sein. Wer beim Skifahren hinfiel, hatte sich selber zu helfen. So lag ich in San Bernardino einmal eine geschlagene halbe Stunde im Schnee, bis ich es endlich geschafft hatte, meine Skier loszuschnallen und aufzustehen. Alles Weinen, Schreien, Stampfen nutzte nichts. Ich war gerade mal vier Jahre alt!
Ganz selten besuchten wir ein Restaurant. Doch es kam das Highlight: Kaffee und Kuchen wurden angekündigt. Voller Stolz und Übermut lud ich ein befreundetes Mädchen zum herrlichen Kuchengenuss mit ein. Kurz und knapp der Kommentar meines Vaters: »Du hast, ohne zu fragen jemanden mitgebracht, also gibst du deinen Kuchen deinem Gast.« Ich stand da wie der Esel am Berg, verdattert, verärgert, schnappte nach Luft und brachte kein Wort heraus. Ein tiefer Stich durchbohrte mein Herz. Diese Episode hat mich unbewusst tief geprägt. Nie mehr brachte ich unangekündigt Freunde mit nach Hause, meine Spontanität löste sich in Luft auf und nur mit viel Mühe gelang es mir später, sie wieder unter dem emotionalen Schutt auszugraben.
Einfach weg
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Wie fühlt es sich an, verlassen zu werden? Nicht einbezogen oder informiert, aber betroffen zu sein löst in uns Unsicherheit und Angst aus. Unbeantwortete Fragen stehen im Raum und nähren Selbstzweifel und Selbstverurteilung, was tiefe, dunkle Löcher in unser
Herz gräbt.
Finette ade
Als ich ungefähr acht Jahre zählte, tauchte plötzlich ein neuer Mann, Kurt, in unserem Leben auf. Er schlief im Gästezimmer der zweiten Wohnung (wir bewohnten zwei Wohnungen auf dem gleichen Stock-werk), begleitete uns ab und zu bei Ausflügen und sogar einmal in die Ferien. Mir war dieser schmierige Typ nicht geheuer. Braungebrannt, Goldkettchen, grosskotzig.
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf uns eines Tages die Botschaft, dass Finette nun eine eigene Wohnung mieten werde und fast gleichzeitig wurde Hans-Peter, mein älterer Bruder gezwungen, zu seiner Mutter Nina in die Stadt zu ziehen. Ab sofort erwartete man von ihm, dass er Tante Nina mit Mueti und Finette – ehemals Mueti – mit Tante Finette ansprach. So einfach regelten die Erwachsenen unsere Familienangelegenheiten.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Wie ein Dieb in der Dunkelheit schlichen sich diese schmerzerfüllten Ereignisse ohne Vorankündigung und aufleisen Sohlen bei uns ein. Niemand sprach darüber, niemand erklärte uns, was hier alles vor sich ging. Als wären Hans-Peter und Finette vom Tod persönlich abgeholt und ins dunkle Nichts entführt worden. Per Stichtag ohne Abschied aus unserem Leben verschwunden. Es wurde nicht mehr über sie geredet, sie wurden totgeschwiegen und verbannt aus unserem Leben. Weder trafen wir Hanspeter je wieder, noch waren Besuchsrechte oder dergleichen mit Finette vereinbart worden.
Heute weiss ich natürlich: Der braungebrannte Lackaffe hatte sich ins Herz von Finette eingeschlichen, die Ehe meiner Eltern war zerrüttet und die Scheidung stand vor der Tür. Thomas und ich blieben bei Vater, denn nur er war rechtlich dazu ermächtigt uns gross zu ziehen. Finette hatte noch nicht das 40. Lebensjahr erreicht, was damals als Mindestalter für die Übernahme einer Adoption galt.
Finette und Kurt blieben nicht lange ein Paar. Wahrscheinlich genoss Kurt ein tolles Abenteuer, liess sich eine Zeitlang finanziell über Wasser halten und amüsierte sich – und das war’s. Kurz nachdem Finette bei uns ausgezogen war, trennten sich die beiden.
Ich kann nicht mal behaupten, ich hätte Finette ungeheuer vermisst, sie war ohnehin nicht besonders präsent gewesen in meinem Leben. Aber in jener Zeit fühlte ich mich mir selbst überlassen. Ich öffnete den Gefrierschrank, legte meine Gefühlswelt hinein, verschloss die Tür mit Doppelschloss und leitete so meine emotionale Eiszeit ein.
Im Leben funktionierte ich wie ein Zahnrädchen, gehorsam fügte ich mich in die Maschinerie ein. In der Schule brillierte ich, zu Hause vermied ich Ärger und ich tat alles Erdenkliche, um erwachsen zu sein.
So vermied ich Schmerz und gewann ab und zu das Wohlwollen der Erwachsenen, auch wenn das nur bedeute, dass ich länger fernsehen durfte.
Die Odyssee der Haushälterinnen
Es begann die Odyssee der Haushälterinnen. Die erste, Maria, war nett. Eine grosse, stattliche Frau mit dunklen Haaren und weichen Gesichtszügen. Ihr Herz strahlte und war geräumig genug, um uns darin aufzunehmen. Dank ihrer mütterlichen Art fühlten wir uns bei ihr geborgen. Leider verliess sie uns bereits nach kurzer Zeit, da die Gicht ihre Hände entstellte und sie die Arbeiten im Haushalt nicht mehr zufriedenstellend erledigen konnte.
Der reinste Horror brach über uns herein als Vater Ellie, eine kleine hagere, zähe Deutsche mit Brille und ›Bürzi‹ einstellte. Ellie führte den Haushalt mit eiserner Hand und verpetzte uns bei jeder Gelegenheit bei Vater. Der dann, müde von der Arbeit, mal wieder zum Teppichklopfer griff oder uns ins Zimmer sperrte. Ab und zu flohen wir zu Maria, sie wohnte zum Glück noch in der Nähe und bereitete uns leckere heisse Schokolade zu.
Ich wurde damals sehr schnell ›erwachsen‹. Denn Vater war in seinem Job sehr engagiert, Thomas erst fünf Jahre alt und die Haushälterinnen verliessen uns jeweils gegen 18:00 Uhr abends und auch am Wochenende blieben wir