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Der Mann aus Samangan: Nach einer wahren Begebenheit
Der Mann aus Samangan: Nach einer wahren Begebenheit
Der Mann aus Samangan: Nach einer wahren Begebenheit
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Der Mann aus Samangan: Nach einer wahren Begebenheit

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About this ebook

"Er war der Seelenpartner, den ich in meinem Leben noch treffen sollte. Ich wusste es vom ersten Moment an, als ich ihm in seine dunklen Augen schaute. Es war ein Gefühl der tiefsten Vertrautheit. Und nicht nur das! Es war so, als würde ich ihn schon seit einer Ewigkeit kennen! Ich fühlte mich glücklich, weil ich ihn endlich gefunden hatte! Sofort wusste ich, dass ich ihn liebte. In Vergangenheit und Zukunft!"

DER MANN AUS SAMANGAN ist nicht nur eine Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, sondern viel mehr ein Entwicklungsroman. Beschrieben wird der spirituelle Weg hinaus aus der Sklaverei unserer Gedanken und unseres Bewusstseins. Was ist Freiheit? Welche Macht steckt wirklich in jedem Einzelnen von uns?

Adriana verliebt sich in Farid, einem jungen Mann aus Afghanistan und erkennt durch ihn die bösen Spiele der weltbeherrschenden Macht-Eliten. Für die Liebe überwindet sie ihre Ängste. Sie kämpft um ihren Geliebten und gegen das vorherrschende, unterdrückende System. Durch die Liebe findet sie letztendlich zu sich selbst und zu ihrer eigenen Stärke.

"Man besiegt alle Monster damit, indem man ihnen den Rücken zukehrt und keine Angst mehr vor ihnen hat - weil sie nicht in Wirklichkeit existieren! Indem man die Wahrheit erkennt, besiegt man die Lüge - oder in dem Fall, die Illusion!"
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateSep 23, 2020
ISBN9783347149496
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    Der Mann aus Samangan - Heidrun Wolkenstein

    DER MANN AUS SAMANGAN

    1

    WENN DER BLITZ EINSCHLÄGT

    Schließlich rollt sie auf die Startbahn. Stolz und zielgerichtet. Diese große, weiße Maschine, die mich wieder nach Hause bringen soll. Es beginnt zu regnen. Die kleinen Fenster des Flugzeugs sind überzogen von dicken Regentropfen, die die bunten Lichter der Startbahn verzerren und wie ein Netz aus bunten Lichtern aussehen lassen. Beruhigend und aufregend zugleich, wie in der Silvesternacht zuvor. Leider sitze ich diesmal nicht am Fenster. Diesmal leistete ich mir keinen Fensterplatz, nachdem es schon mein dritter Flug nach Paris, innerhalb kürzester Zeit ist. Ich fühle mich traurig, weil ich nicht länger bei ihm bleiben konnte, und weil ich ihn nicht mit nach Hause nehmen kann. Dort, wo er eigentlich sein sollte! Ich vermisse ihn in meiner Wohnung, in der ich mit ihm so viele Monate lang glücklich war. Die Kraft des Flugzeugs drückt mich gegen die Rückenlehne. Ich liebe dieses fantastische Gefühl, wenn die Maschine ihre Höchstgeschwindigkeit aufbaut und bis zur Take-off Geschwindigkeit steigert. Dann - dieses befreiende und angenehme Gefühl des Abhebens – der Schwerelosigkeit, der Leichtigkeit. Das Flugzeug schwingt sich hinauf in die Lüfte und verschwindet im Nebel, der wegen des Regens, der Erde bereits sehr nah gekommen ist. Zurück bleiben die bunten Lichter, die schönen Erinnerungen und ein geliebter Mensch.

    „Nein, wir können uns leider heute nicht treffen. Ich habe den Jungs versprochen, dass ich sie heute besuche, erklärte ich meiner Freundin Sabrina und es tat mir leid, weil eigentlich wollte ich mich gerne mit ihr treffen. „Ich habe es versprochen und das schaut dann blöd aus, wenn ich jetzt absage. – „Okay, sagte sie schließlich. „Dann feiern wir deinen Geburtstag eben nächste Woche nach, weil morgen geht’s bei mir nicht, schlug sie vor. So kam es, dass ich mich am Nachmittag vor meinem 47. Geburtstag, dem 8. Februar, auf den Weg machte, um meine afghanischen Freunde zu besuchen. Es waren vier Burschen im Alter von 20 bis 30 Jahren. Hamid und Arash hatte ich eine Saisonarbeit besorgt, bei Sahel hatte ich leider weniger Glück und Farid kam erst gar nicht in meine Beratung, weil er dachte, dass es ihm sowieso nichts bringen würde. Ich kannte ihn nicht. Die vier Jungs lebten zusammen in einer kleinen Wohnung. Ich arbeite seit vielen Jahren selbstständig als Sozialberaterin und Trainerin. Ich konnte mir meine Aufträge halbwegs aussuchen und zahlte brav, aber nie pünktlich, die unmöglichen, hohen Steuer- und Versicherungssätze. Aus politischen Gründen wurden aber dann meine Aufträge immer weniger und ich verlor einige davon, weil anscheinend die Öffentlichkeit an sozialen Hilfen und an Sozialprojekten kein Interesse mehr hatte. So verlor ich auch meinen Auftrag als Jobcoach, bei dem ich genau diese drei Afghanen kennlernte. Ja, der Kampf um die Arbeit, gerade im Sozialbereich, wurde immer schwieriger und ich hatte Geldsorgen wie noch in keinem Jahr zuvor. Aber dennoch war es mir wichtig, die drei Jungs zu besuchen und mich trotzdem weiter um sie zu kümmern. Sie waren alle in einer schlechten Situation, weil sie immer noch Asylbewerber waren, die darauf hofften, endlich einen positiven Bescheid zu bekommen.

    Die Wohnung der Jungs war im Innenhof eines alten Bauernhofes, mitten in einem idyllischen Dorf. Die Eingangstür zur Wohnung der vier Jungs, war eine normale, weiße Zimmertür mit einem Glasteil darin. Die Tür erinnerte an eine alte Küchentür. Weil ich nirgends eine Klingel entdeckte, klopfte ich an die Glasscheibe. Der grüne Stoffvorhang, der den Blick in die Wohnung verdeckte, wurde ein Stück weit aufgezogen und Hamid schaute mir fröhlich lachend entgegen. Schnell öffnete er die Tür. „Hallo Adriana! Herzlich willkommen!, begrüßte er mich. Während wir uns umarmten, kamen auch Sahel und Arash, um mich zu begrüßen. Sie freuten sich, als sie mich vor ihrer Tür sahen. In dem Moment wusste ich, dass es richtig war, hierher zu kommen. Sie haben extra für mich die Wohnung geputzt. Es war eine kleine, muffige Wohnung, in der vor Feuchtigkeit der Putz von der Wand bröckelte. Ich setzte mich auf die durchgesessene, grüne Couch und wartete auf den Grünen Tee, der mir frisch und heiß serviert wurde. Die drei setzten sich entspannt auf die anderen Sitzmöbel. Ich hatte für Hamid ein paar Monate vorher einen Brief verfasst, damit er seine Chancen auf einen positiven Bescheid eventuell verbessern konnte. „Es wird schon, sagte Hamid. „Ich werde sicher Positiv bekommen! Er wirkte sehr zuversichtlich. Während wir eine Zeit lang so plauderten, ging die Eingangstür auf und er kam herein: Farid. Er hatte eine schwarze Eisbär-Mütze tief in seine Stirn gezogen und warf mir mit seinen schwarzen Augen einen Blick zu, der mich in der Sekunde wie ein Pfeil traf. Ich hatte das Gefühl, für ein paar Sekunden keine zu Luft bekommen. „Hallo Adriana, sagte er sanft und reichte mir die Hand. „Schön, dich kennenzulernen! Ich habe ja schon viel von dir gehört!, sagte er weiter. „Hallo Farid, antwortete ich verlegen und versuchte ihm frech die Mütze wegzunehmen. Aber eigentlich war es nur ein Versuch, meine Unsicherheit zu verbergen, die ich momentan empfand. „Nein, ich will nicht, dass du mich so siehst, erklärte er. „Ich war beim Friseur und ich bin nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Er setzte sich auf die Couch daneben und nahm auch einen Tee für sich selbst. Die Mütze behielt er auf. Wir unterhielten uns weiter, aber es war von diesem Moment an anders für mich. Plötzlich achtete ich besser darauf, was ich sagte und wie ich wirkte. Immer wieder zupfte ich meine Haare zurecht. Nachdem wir eine Stunde lang geplaudert haben, schlug Hamid vor: „Komm! Wir gehen jetzt Pizza essen! Er sprang von seiner Couch auf. „Wir wollen dich einladen, weil du so viel für uns gemacht hast. Ich wollte das eigentlich nicht und wehrte ab. Aber es gelang mir nicht. Die vier bestanden darauf, dass ich mit ihnen essen gehe. Also verließen wir die kleine, muffige Wohnung und gingen hinaus in den kalten, dunklen Februarabend. Ich war stolz, mit den vier Jungs die Pizzeria betreten zu dürfen. Mit vier attraktiven, jungen Männern unterwegs zu sein, putzte mein Ego stark auf. Die Leute schauten skeptisch. Egal, was sie dachten. Was die Leute denken, war mir schon lange egal. Ich wollte den Abend mit meinen Freunden genießen. Farid setzte sich neben mich und versuchte mich immer wieder zu necken. Wir hatten sehr viel Spaß an diesem Abend. Und es war schon spürbar, dass er auch Interesse an mir zeigte. „Weißt du überhaupt wie alt Adriana ist?, fragte plötzlich Hamid seinen Freund. „Ja natürlich, antwortete Farid. Ja, ich bin 20 Jahre älter als er. Aber es fühlte sich so an, als wäre ich keinen Tag älter als diese Jungs. Ich fühlte keinen Unterschied. „Mir ist es egal, wie alt sie ist", sagte Farid weiter.

    Und so verging der Abend mit viel Lachen und Flirten. Es war allen klar, dass auch er Interesse an mir hatte. Der Funkenflug war wohl kaum zu übersehen. „Ich begleite dich noch zum Auto, sagte Farid, als wir nach einigen gemeinsamen Selfies auf dem Stadtplatz, wieder auf das Wohnhaus der Jungs zugingen. Ich war froh, dass er mich alleine begleiten wollte. Insgeheim habe ich genau darauf gewartet und es wäre zu schade gewesen, wenn ich mich einfach nur verabschiedet hätte und nach Hause gefahren wäre. Aber es kam so, wie ich es mir gewünscht hatte. Farid begleitete mich bis zum Auto. Beim Auto standen wir noch lange und redeten über seine Situation. Darüber, dass er eigentlich schon seit Monaten das Land verlassen müsste, weil er vom obersten Gericht einen negativen Bescheid erhalten hat. Er hat sogar schon eine Polizeistrafe bekommen, weil er immer noch im Land war. Eine Polizeistrafe über eine lächerlich hohe Summe, die er als Asylbewerber natürlich niemals zahlen konnte. Und so unterhielten wir uns noch lange beim Auto, bis er mich plötzlich fragte: „Darf ich dich küssen? Genau das war der Moment, auf den ich die ganze Zeit gewartet habe. Ich nickte leicht und lächelte, während ich mich zu ihm drehte. Es war ein intensiver, heißer Kuss. Obwohl ich in meinem Leben schon viel erlebt und auch viele Erfahrungen in Beziehungen gemacht habe, muss ich sagen, dass dieser Kuss unvergleichbar war. Einzigartig! Genau wie sein Name! Farid bedeutet „einzigartig, einmalig, wertvoll" – genau die Eigenschaften, die ich unmittelbar bei ihm spürte. Ich kannte ihn nicht und hatte ihn auch nie zuvor gesehen, aber ich wusste, dass er für mich tatsächlich einzigartig und wertvoll war. Man muss nicht unbedingt jemanden lange kennen, um diese Verbundenheit spüren zu können. Dass diese Küsse von Farid etwas Einzigartiges für mich bedeuteten war mir klar, wie noch nie zuvor bei einem Mann. Ich spürte sofort, dass da mehr war zwischen uns! Eine sehr tiefe Verbundenheit! Es fühlte sich an, als würden wir uns schon ewig kennen. Es war, als hätten wir uns wiedergefunden. Seine Küsse waren so feurig wie Blitze am Himmel. Er war der Seelenpartner, den ich in meinem Leben noch treffen sollte. Ich wusste es vom ersten Moment an, als ich ihm in seine dunklen Augen schaute. Es war ein Gefühl der tiefsten Vertrautheit. Und nicht nur das! Es war so, als würde ich ihn schon seit einer Ewigkeit kennen! Ich fühlte mich glücklich, weil ich ihn endlich gefunden hatte! Sofort wusste ich, dass ich ihn liebte In Vergangenheit du Zukunft.

    Von den vielen Beziehungen und Bekanntschaften, die ich in meinem Leben hatte, habe ich die wahre Liebe nur zweimal kennengelernt. Farid war dieser Zweite und ich wusste, dass ich diese Liebe nicht mehr verlieren wollte. Meine Mutter hat mir einmal gestanden, dass sie, obwohl sie zweimal verheiratet war, nie in ihrem Leben einen Mann wirklich geliebt hatte, und dass sie überzeugt war, gar nicht zu wissen, was Liebe eigentlich ist. Es ist für mich auch heute noch sehr traurig, wenn ich an diese Worte von meiner Mutter denke. Vor allem an den traurigen Blick, den sie damals machte, als sie mir das erzählte. Allein der Gedanke an diesen Satz schmerzt mein Herz immer wieder. Meine Mutter war zum Schluss leider ein todunglücklicher Mensch. Sie starb mit dem Gefühl, etwas im Leben versäumt zu haben. Der Tod ist nichts Schlimmes – schlimm ist nur, dass die meisten Menschen nie richtig gelebt haben! Meine Mutter zählte leider zu diesen Menschen. Zu spät hat sie erkannt, dass Geld und Luxusgüter, die Liebe nicht ersetzen können, und vor allem, dass diese materiellen Dinge nicht in die Ewigkeit mitgenommen werden können. Die Liebe aber schon!

    Die Liebe nimmst du mit auf deinen Seelenweg, wenn dieses Leben zu Ende ist! Nichts ist schlimmer als die Erkenntnis, dass man in seinem Leben nie wirklich geliebt hat. Welchen Wert hat das Leben denn ohne Liebe? Ich glaube, keinen. Ich war mehr als vier Jahre single nach meiner letzten Beziehung und hatte während dieser vier Jahre auch mehrere Männerbekanntschaften. Aber es war niemand dabei, der es auch nur annähernd in mein Herz geschafft hätte. Die Liebe begegnet einem eben nicht oft und nur mit Glück begegnet sie uns überhaupt. Sie trifft dich genauso selten wie ein Blitz dich treffen kann. Ich wünschte mir dieses tiefe Gefühl der Liebe so sehr! Das Gefühl, für einen Menschen alles tun zu wollen und für ihn immer da zu sein. Und dann traf mich Farid mit seinem Blick wie ein Pfeil ins Herz. Niemand weiß, wie sich das Herz entscheidet. Niemand kann sich aussuchen, in wen er sich verliebt. Es ist ein geheimnisvolles, mystisches Band, das uns verbindet. Wir kennen die Wege nicht, die unsere Seelen wählen, um einander wiederzufinden. Oder gibt es überhaupt nur eine Seele, die nach ihren Anteilen sucht? Es war so schön, dieses Gefühl zu spüren. „Soll ich mit dir nach Hause fahren?", fragte er plötzlich und zitterte vor Kälte. Zuerst war ich geschockt über diese Frage und lehnte erstmal ab. Aber dann dachte ich mir, was ist schon dabei? Ich habe morgen Geburtstag! Ich werde morgen 47 Jahre alt! Warum sollte ich ihn nicht einfach als mein schönstes Geburtstagsgeschenk mit nach Hause nehmen? Ein ganz besonderes Geschenk. Und ich stellte mir vor, wie ich alleine nach Hause fahre und mich ärgern würde, wenn ich ihn nicht mitnehme. Ich möchte in meinem Leben nichts mehr bereuen müssen. Und am meisten bereut man die Dinge, die man nicht getan hat. Es gab schon zu viele Dinge in meinem Leben, die ich aus Angst vermieden hatte. Also wandelte ich mein Nein in ein Ja um und wir machten uns auf den Weg. Wir hatten fast eine Stunde Fahrt vor uns. Ich war sehr aufgeregt und angespannt, aber ich glaube, ihm ging es nicht anders. In meiner Wohnung wartete mein Hund Felix. Felix ist ein süßer, rotbrauner Cocker Spaniel. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht so lange allein lassen. Nachdem wir kurz mit Felix draußen waren, stürzten wir uns aufeinander. Farids Küsse waren elektrisierend! Er war fordernd und wenn er mich zwischen den Küssen anschaute, konnte ich dieses starke Feuer zwischen uns spüren. Seine fast schwarzen Augen zogen mich in ihren Bann und fesselten mich in den tiefsten Abgründen meiner Seele.

    Wir standen immer noch im Vorraum und genossen dieses unbeschreibliche Gefühl des Verlangens. Fordernd streifte ich ihm seine Lederjacke von den Schultern. Er zog langsam den Reißverschluss meiner Jacke hinunter. Wir küssten uns die ganze Zeit, während ein Kleidungsstück nach dem anderen auf dem Boden landete. Die Energie zwischen uns steigerte sich ins Extreme. Wenn ich meine Augen schloss, konnte ich dieses lodernde Feuer zwischen uns spüren. Nein, wir schafften es nicht einmal bis ins Schlafzimmer, so groß war das gegenseitige Verlangen. Als würden wir miteinander tanzen, bewegten wir uns eng umschlungen auf die Couch zu. Und schon spürte ich die kalte Ledercouch auf meinem Rücken. Sie war nicht lange kalt. Schnell wurde sie heiß! Unsere beiden Körper heizten sie viel zu schnell auf. Ich genoss es, wie er auf mir lag. Meine Finger gruben sich in seinen Rücken, um dann wieder sanft über seine muskulösen Schultern und Arme zu streicheln. Dann begannen wir küssend den Körper des anderen zu erforschen. Es war wie eine ekstatische Reise durchs Universum. Ich verlor jedes Gefühl für Zeit und Raum. Es schien mir, als würde es nur noch Farid und mich auf dieser Welt geben. Wir ließen uns sehr viel Zeit für das feurige Liebesspiel und wir hatten es nicht eilig, zum eigentlichen Höhepunkt zu kommen. Obwohl wir beide gierig danach waren, endlich miteinander zu schlafen, wollten wir dennoch intuitiv damit warten, um dieses lodernde Feuer noch weiter zu entfachen. Wir wollten es so weit hinauszögern, bis es nicht mehr auszuhalten war. Wir drehten und bewegten uns in alle Richtungen, um keinen Zentimeter unserer Körper zu vernachlässigen.

    Er saß auf der Couch, als ich begann, seinen Körper mit meinem Mund zu erforschen. Seine durchtrainierte Statur und seine Männlichkeit, ließ mich noch tiefer in dieses ekstatische Gefühl verfallen. Wie ein Cowboy schwang ich mich schließlich auf meinen wildgewordene Hengst. Es musste sein – plötzlich konnte ich es nicht mehr länger aushalten! Seine Hände umfassten meine Taille und gaben einen strengen Rhythmus vor. Noch nie zuvor hatte ich einen lustvolleren Höhepunkt. Farid war mir so fremd und gleichzeitig so vertraut. Danach blieben wir noch lange in dieser Position. Wir konnten nicht aufstehen – als hätten wir Drogen genommen – so intensiv und berauschend war dieses Erlebnis. Erst als es uns auf der Couch allmählich zu kalt wurde, schafften wir den Weg ins Badezimmer und dann ins Bett. „Wahnsinn! Es ist schon 2.00 Uhr!, bemerkte er. „Alles Gute zum Geburtstag, sagte er dann sanft und küsste mich wieder. Die Zeit ist tatsächlich relativ! Unsere erste sexuelle Begegnung dauerte zwischen einer gefühlten halben Stunde und einer Ewigkeit. Irgendwo zwischen einer halben Stunde und der Ewigkeit lag die Wahrheit – sofern es sie gab. Nach einer kurzen Ruhepause wurden seine Küsse wieder fordernder. So wie es aussah, dachte er nicht daran, in dieser Nacht zu schlafen.

    Wir liebten uns die ganze Nacht. Immer wieder und wieder. Geschlafen haben wir nur zwei Stunden. Ich wollte diesen Moment – diese Nacht – für immer festhalten. Ich wusste, in welcher Situation er war und ich wusste jetzt schon, dass ich ihn liebte, obwohl ich ihn erst ein paar Stunden kannte. Für die echte Liebe ist es egal, wie lange man sich kennt. Man spürt es sofort. Liebe muss sich nicht entwickeln. Es ist ein Gefühl, tiefster Verbundenheit – wenn es echt ist. Ein Zauber, der uns umgibt und der uns jede Sekunde an diesen Menschen denken lässt.

    Und dann wollte er plötzlich weg. Ich machte Frühstück. „Ich muss heute noch einem Freund helfen, sagte er. Ich war schon ein bisschen enttäuscht, weil ich eigentlich hoffte, dass er mit mir meinen ganzen Geburtstag verbringen würde. Aber ich wollte ihm das auch nicht so sagen. Auf keinen Fall wollte ich mich aufdrängen! Wenn jemand nicht bleiben will, dann möchte ich ihn auch nicht aufhalten. Plötzlich fiel mein Blick auf seinen Unterarm. Ich bemerkte vier runde Narben, mit jeweils etwa zwei Zentimetern Durchmesser, die sehr eigenartig aussahen. „Was ist das?, fragte ich neugierig und zeigte auf die Narben hin. „Das habe ich mir selbst angetan, antwortete er. „Ich habe mich mit Zigaretten verbrannt, als ich erst ganz kurz in Österreich war, erzählte er weiter. Er erklärte mir, wie angespannt, unter Strom und völlig überfordert er war, von dem Stress, den er während der Flucht erlebte und auch von dem Stress, dem er in seiner Heimat über die ganzen Jahre hindurch ausgesetzt war. Völlig unbewusst verbrannte er sich selbst, als dieser Stress in Österreich – in der vermeintlichen Sicherheit – dann nachließ. Er hat keine Schmerzen dabei gespürt. Sein Bewusstsein war während dieser langen Jahre des Krieges und der Angst vor den Taliban und von der Angst, auch diese Flucht eventuell nicht zu überleben, so abgespalten, dass er sich selbst überhaupt nicht mehr spüren konnte. Ich will nicht immer davon sprechen, wie leid er mir tat und wie sehr sein persönliches Schicksal in meiner Seele brannte. An sehr vielen Stellen meiner Geschichte wird diese Tatsache erwähnt, weil ich nur aus meinem Herzen sprechen kann und mich in meinen Empfindungen nicht einschränken möchte. Dennoch soll mein Mitleid nicht seine Existenz als Mann schmälern. Seine Lebensgeschichte bereitet mir immer Seelenschmerz, wenn ich daran denke, aber gleichzeitig auch Stolz und Bewunderung, so einen Menschen zu kennen und zu lieben. Sanft streichelte ich mit einem Finger über seine Narben. Zu gerne wollte ich seine Wunden heilen. Die sichtbaren und die unsichtbaren. Dann begann er mich zu drängen. „Komm, fahren wir jetzt bitte!, sagte er. „Um 10.00 Uhr geht mein Zug! Wir tranken unseren Kaffee aus und gingen zum Auto. Während der Fahrt wussten wir beide nicht, was wir miteinander reden sollten. Die ganze Zeit überlegte ich, was ich sagen könnte, damit wir uns wieder treffen. Auf keinen Fall wollte ich, dass das nur ein One-Night-Stand war. Andererseits wollte ich mich auf keinen Fall aufdrängen. „Ich werde dich nicht anrufen und dir auch nicht schreiben, sagte ich zu ihm, bevor er aus meinem Auto ausstieg. „Warum nicht?, fragte er. „Weil ich mich nicht aufdrängen möchte, gab ich zur Antwort. „Wenn du mich treffen willst, dann musst du dich bei mir melden. – „Okay", sagte er, küsste mich noch einmal und stieg aus. Da war es. Dieses Gefühl des unglücklich-Verliebtseins. Dieses Gefühl, dass er vielleicht nicht genauso empfand wie ich. Das Gefühl, sich in irgendeine hoffnungslose Sache zu verlaufen, aus der man nur schwer wieder rausfinden konnte. Das Gefühl, jemandem begegnet zu sein, der einem das Herz brechen konnte. Es gibt nur wenige Seelenpartner, die uns im Leben begegnen. Nicht nur in sexuellen oder partnerschaftlichen Beziehungen. Ich glaube, unsere Bestimmung ist es, diese Seelenpartner wiederzufinden. Man trifft sie nicht an jeder Straßenecke! Sie begegnen einem zufällig. Ich nenne sie auch Engel, weil sie einen Meilenstein für unsere persönliche und vor allem emotionale Entwicklung bedeuten. Manche dieser Engel begleiten einen nur kurz und hinterlassen gewaltige Spuren in unserer Seele. Sie unterstützen uns bei wichtigen Aufgaben. Andere bleiben für immer, oder zumindest für eine lange Zeit. Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind uns schon in einigen Leben vorher begegnet und mit einigen verbindet uns sogar die Ewigkeit. Wenn ich mir den Tod vorstelle, dann stelle ich mir einen Bahnhof vor. Einen ganz alten, einsamen Bahnhof, mit einem alten, verlassenen Wartehäuschen. Wenn deine Todesstunde dann bevorsteht, rollt ganz langsam und leise ein uralter Zug ein und bleibt direkt vor dir stehen, sodass du nur noch von deiner Bank, auf der du geduldig auf diesen Zug gewartet hast, aufstehen musst. Sobald du aufgestanden bist, öffnet sich die Tür des Waggons. Du gehst auf diese offene Tür zu und steigst ein. Vielleicht ängstlich – vielleicht traurig – vielleicht aber auch voller Hoffnung und Freude? Niemand außer dir befindet sich in dem Zug und du wählst einen Platz am Fenster aus. Der Zug rollt an und fährt mit dir durch bekannte Landschaften und Situationen. Du siehst alle Plätze, die du in deinem Leben gesehen hast und die für dich eine Bedeutung hatten. Du siehst spezielle und prägende Situationen aus deinem Leben. Du lächelst, während du durch die Fensterscheibe deine Lebensgeschichte im Vorbeifahren siehst. Auf diese Weise kannst du das Gesamtbild gut erkennen und du freust dich über die Bilder, die du siehst. Bilder aus einer Vergangenheit, die bisher noch deine Vergangenheit war und nun immer mehr und mehr zu einer Geschichte wird, die anscheinend irgendjemand irgendwann erzählt hat. Mit der Zeit hast du genügend Abstand zu den Bildern deines Lebens bekommen, sodass du dich nun auf das Ziel deiner Reise freust und die vorbeiziehenden Bilder langsam loslässt. Schließlich kommst du am Ziel an. Du spürst, wie der Zug immer langsamer wird und dann an einem Bahnhof anhält, der umgeben ist von einer paradiesischen Landschaft und von unglaublicher Schönheit. Du siehst schon durchs Fenster, wer gekommen ist, um dich von deiner Reise abzuholen. Voller Freude steigst du aus und läufst deinen Lieben, die schon auf dich gewartet haben, entgegen. Du begrüßt die Menschen und Tiere, die du in deinem Leben unendlich geliebt hast und die bereits vor dir an diesen Ort gekommen sind. Du freust dich, sie wiederzusehen. Mit ihnen verbindet dich der Hauch der Ewigkeit und gemeinsam verschmelzt ihr zu hellem Licht, steigt auf und erstrahlt in der reinsten, ewigen Liebe, während unter euch die Illusion des Bahnhofs verschwindet.

    Ich fuhr weiter. An diesem Tag wollte ich nicht traurig oder unglücklich verliebt sein. Ich wollte meinen Geburtstag feiern und mir vorstellen, dass er mich auch vermissen wird und an mich denkt. Also traf ich mich mit ein paar Freundinnen und hatte wirklich viel Spaß an diesem Tag. Keine Sorgen wegen Geld oder Liebe belasteten mich. Ich war einfach nur glücklich und auch froh darüber, diesen Geburtstag so dermaßen intensiv erlebt zu haben. Nie würde ich diesen Tag vergessen. Dessen war ich mir bewusst. „Und du hast ihn einfach mitten in der Nacht mit nach Hause genommen, obwohl du ihn noch nie vorher gesehen hast?, fragte Sabrina erstaunt, als ich ihr von meiner Begegnung mit Farid erzählte. „Der hätte dich vergewaltigen oder ermorden können!, warnte sie mich. Ich wehrte ab und schüttelte entschlossen den Kopf. Schließlich wusste ich, dass mir nichts passiert wäre. Es war ein Wissen tief in mir! Aber es ist schwierig, jemandem zu erklären, was man selbst tief im Innersten weiß. Also versuchte ich es erst gar nicht.

    Die Tage vergingen und Farid meldete sich nicht. Ich schaute sein WhatsApp Profil an. Er war online und meldete sich nicht. Ich schaute auf sein Instagram. Er war online und meldete sich nicht. Mit jedem Tag, der verging, wurde ich immer enttäuschter. Verdammt! Warum habe ich ihm gleich mein Herz gegeben? Das kann doch nicht sein! Ich wusste genau, dass es eben nicht einfach nur ein One-Night-Stand war! Für mich zumindest nicht! Aber leider, vielleicht sah

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