Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika
Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika
Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika
Ebook212 pages2 hours

Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

"Büro-Dasein ade, Backpacken durch Lateinamerika, juchhe!" lautet das Motto von Antonia Ludwig, als sie sich 2012 für fünf Monate allein auf den Weg macht, um dem schnelllebigen Alltag in Deutschland den Rücken zu zukehren. Lediglich der Hinflug nach Mexiko-Stadt ist gebucht und ein grober Routenplan durch Mexiko, Peru, Bolivien und Argentinien steht. Wichtig ist Antonia vor allem das langsame Unterwegssein, um Land und Leute intensiv kennen zu lernen. So erfährt sie in Mexiko am Tag der Toten, warum überall gelb-orange Blumen auf dem Friedhof verteilt werden. In Peru bekommt sie am eigenen Leib zu spüren, warum es keine gute Idee ist, gleich nach Ankunft einen Ausflug zum Gletscher der zweithöchsten Bergkette der Erde zu machen. In Argentinien entdeckt sie schließlich ein faszinierendes Getränk, das sie ganz leicht in Kontakt mit Einheimischen kommen lässt. Dabei handelt es sich überraschenderweise sogar um eine ganz und gar legale Genussvariante. Mit ihrer direkten und lebenslustigen Art lässt Antonia Ludwig die LeserInnen an ihren einzigartigen Erlebnissen als Rucksackreisende teilhaben. Sie möchte vor allem Frauen inspirieren und Mut machen, selbst auf Tour zu gehen und sich dabei (neu) kennen zu lernen. Mit nützlichen Tipps zur Reisevorbereitung und speziellen Hinweisen für Frauen!
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateJul 9, 2021
ISBN9783347284746
Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika

Related to Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika

Related ebooks

Travel For You

View More

Related articles

Reviews for Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Reisefieber - Als Frau allein durch Mexiko und Südamerika - Antonia Ludwig

    GRATIS Zusatzinformationen

    Reisen ohne Bilder, das ist wie ein geselliger Abend ohne Lachen. Es fehlt einfach etwas!

    Um Danke zu sagen, weil Du mein Buch gekauft hast, schenke ich Dir den exklusiven Zugang zu vielen weiteren Bildern meiner Reise durch Mexiko und Südamerika. So kannst Du noch viel besser in das Reisefeeling eintauchen und Dich inspirieren lassen:

    Suchst Du noch weitere Informationen rund ums Reisen durch Lateinamerika und nützliche Tipps, um Deine Reise gut vorzubereiten? Dann schau gern auf meiner Seite vorbei und empfiehl sie auch Freunden, die Reise-begeistert sind.

    Ein Geschenk für Dich

    Sich selbst besser kennen lernen und tief verstehen, wie man sein Leben zukünftig leben will:

    Stärke Deine (Selbst-)Wahrnehmung und Achtsamkeit

    In Deinem 5-Sinne-Reisetagebuch findest Du die Anleitung dazu. Es gibt Dir konkrete Handlungsvorschläge, worauf Du täglich achten kannst und führt Dich ganz leicht zu einer besseren (Selbst-)Wahrnehmung beim Reisen.

    Um einen Ausschnitt aus dem 5-Sinne-Reisetagebuch runterzuladen, gehe auf:

    Du erhältst diese Datei als Dankeschön absolut kostenlos und unverbindlich.

    Das Original erscheint im Frühjahr 2022.

    Folge mir einfach auf den sozialen Kanälen, um zu erfahren, wann es so weit ist.

    Vorwort

    Mit einem 55-Liter-Rucksack auf dem Rücken und einem 28-Liter-Rucksack auf dem Bauch unterwegs sein! Und das durch vier Länder! Es gibt nichts Schöneres! Oder, was denkst Du? Nun gut, zugegebenermaßen war das Rucksackschleppen nicht immer angenehm. Schulterschmerzen und blaue Flecken an den Hüftknochen waren gang und gäbe und nicht selten habe ich das ständige Neupacken meines Wegbegleiters verflucht. Was ich dafür allerdings alles erleben durfte! Wahnsinnig beeindruckende und vielfältige Bauwerke der Azteken und Maya in Mexiko, erstaunliche und für mich bisher unbekannte Kulturen Perus, ein herzliches Wiedersehen mit Freunden in Bolivien und schließlich unerwartet große Gastfreundschaft und zugleich atemberaubend schöne Natur in Argentinien.

    Diese Reise habe ich allein unternommen. „Als Frau, blond und blauäugig allein durch Südamerika?", wirst du Dich jetzt vielleicht wundern. Ja, genau! Als ich meinen Freunden und vor allem meiner Familie ein paar Monate vor Reisebeginn davon berichtete, zeigten diese die unterschiedlichsten Reaktionen. Viele staunten, dass ich die Reise allein machen wollte, denn die meisten Menschen reisen lieber zu zweit oder in einer Gruppe. Andere wiederum, die auch schon allein unterwegs gewesen waren, konnten mich gut verstehen. Man ist nicht wirklich allein. Überall kann man, wenn man will, Leute kennen lernen. Und das klappt natürlich auch viel besser, wenn man allein unterwegs ist und Anschluss sucht. Es ist wunderbar mit Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Religionen, Hautfarben und Muttersprachen in Kontakt zu kommen, sich auszutauschen und am Ende festzustellen, dass uns alle eines verbindet: die Liebe zum Reisen und das Kennenlernen anderer Länder und deren Kulturen.

    Warum erzähle ich Dir das alles?

    Ich bin tief davon überzeugt, dass Reisen Dir unheimlich guttäte. Egal in welcher Lebenssituation Du Dich gerade befindest. Wenn Du raus willst aus Deinem Alltagstrott, Dich fragst, wie Dein Leben endlich besser werden könnte oder Du gar schon dabei bist, Deinen Lebenssinn zu suchen.

    Mit meinem Buch möchte ich nicht nur meine Begeisterung über den südamerikanischen Kontinent mit dir teilen, sondern Dich vor allem animieren, diesen zu entdecken und die vielen Facetten persönlich kennen zu lernen. Besonders Frauen möchte ich Mut machen, aufzubrechen und loszuziehen, auch wenn die beste Freundin oder der beste Kumpel keine Zeit oder nicht das nötige Budget hat, um mitzukommen. Du wirst unterwegs auf viele Gleichgesinnte aus aller Welt treffen und Dich bestimmt nicht allein fühlen. Gerade in Südamerika, wo man auf sehr viele gastfreundliche Menschen trifft, ist man als BackpackerIn gut aufgehoben. Ich wurde auf meiner Reise und auch schon bei früheren Aufenthalten in Bolivien immer wieder überrascht, mit wieviel Herzlichkeit und Vertrauen mir die Menschen in Südamerika entgegenkamen.

    Bewusst reisen, Deine Umgebung und Dich selbst intensiv wahrnehmen und (neu) kennen lernen. Wer bist Du und was willst Du? Ich glaube fest daran, dass Dich eine mehrmonatige Reise einen großen Schritt zu Dir selbst führen kann und zu Deinen inneren, vermutlich vergrabenen Träumen und Wünschen. So kannst Du nach Deiner Reise gestärkt und vielleicht sogar mit einem anderen Blickwinkel dein Leben (neu) gestalten.

    Nun möchte ich davon berichten, wie es mir in den fünf Monaten ergangen ist und was ich erlebt habe. Ich hoffe, dass Dich meine Erlebnisse auf besondere Weise berühren und ermutigen und Du Dich anstecken lässt vom Reisefieber. Drei besondere Wünsche habe ich für Dich:

    1. Reise bewusst mit Deinen fünf Sinnen und lebe im HIER und JETZT.

    2. Finde Dich selbst dabei, lerne Dich (neu) kennen und lieben.

    3. Verspüre Freiheit und gleichzeitig enge Verbundenheit mit der Natur und den Menschen in Deiner Nähe.

    Mit Reisefieber im Blut

    Deine

    Antonia Ludwig

    PS: Wenn Du noch über das Buch hinaus, weiterhin Informationen rund ums Reisen durch Lateinamerika erhalten möchtest, dann folge mir gern oder vernetze Dich mit mir. Hier die Kanäle auf denen Du mich findest:

    I. Wie es dazu kam

    Der Wunsch zu reisen und andere Kulturen kennen zu lernen, begann sich nach meinem High School Jahr in Houston, Texas zu entwickeln. Ich verbrachte dort zehn Monate bei einer sehr netten Familie mit vier Kindern und besuchte die 11. Klasse. Der Alltag in Amerika glich in vielen Aspekten meinem Leben in Deutschland, aber vor allem die Unterschiede machten meinen Aufenthalt zu einem reizvollen Erlebnis. So hatte ich in Houston lediglich acht verschiedene Unterrichtsfächer, von denen nur zwei vorgegeben waren. „English und „American History waren Pflichtfächer. Die anderen sechs durfte ich mir am Anfang des Schuljahres aussuchen. Natürlich profitierte ich davon, ausgefallene Kurse zu belegen, wie „Nutrition & Food Science, da ich in Sachsen, wo wir das Abitur in 12 Schuljahren machen, sowieso die 11. Klasse wiederholen musste. Bei diesem Unterrichtsfach wurde nicht nur Wissen über gesunde Ernährung vermittelt, sondern wir durften auch selbst kochen und backen. Dass ich mein Hobby, Tennis, als Unterrichtsfach belegen konnte, fand ich großartig, denn so konnte ich täglich am Nachmittag mit den Besten der Schule trainieren. Der Zusammenhalt im Tennisteam, der sogenannte „Team-Spirit, war wirklich unglaublich und begeisterte mich total. Aber natürlich war nicht alles so rosig. Ich erlebte z.B. auch völlig erschöpfte Mitschüler, die während des Unterrichts einfach nicht mehr schafften, gerade auf ihren Stühlen zu sitzen, sondern schlafend nach vorn auf ihr Pult kippten. Diese jungen Menschen arbeiteten bis nachts in Fast Food Restaurants oder Supermärkten. In Texas sind die Distanzen sehr groß und die öffentlichen Verkehrsmittel schlecht ausgebaut. Daher benötigt man ein eigenes Auto, welches sich die Jugendlichen mit Nebenjobs finanzieren, um unabhängig von ihren Eltern zu sein. (In den meisten Staaten der USA kann man bereits mit 16 Jahren allein ein Auto fahren.)

    Meine ersten zehn Monate entfernt vom Elternhaus waren sehr aufregend und ließen mich nach weiteren tollen Erfahrungen und Erlebnissen suchen. So kam es, dass ich nach meinem Abitur einen Teil meines Studiums wieder im Ausland verbringen wollte. Diesmal beabsichtigte ich meine Sprachkenntnisse in Französisch zu verbessern und so entschied ich mich für einen Studiengang in Reims. Diese Stadt, die allein wegen ihrer imposanten Kathedrale und der tollen Champagner-Keller eine Reise wert ist, wurde für eineinhalb Jahre meine neue Heimat. Während des Studiums galt unser Motto „Work hard, party hard". Diese Regel wurde pflichtbewusst eingehalten. Denn das können sie, die Franzosen. Feiern! Aber erst nach Mitternacht! Wie ich später immer wieder in südeuropäischen Ländern bzw. in Südamerika feststellen musste, ist es ganz normal, die Feier erst nach Mitternacht zu beginnen, da man üblicherweise erst zwischen 21 und 22 Uhr zu Abend isst. Wir Deutschen sind eben etwas früher dran. Das hält uns aber nicht davon ab, bis zum Ende die Party zu rocken. Durchhaltevermögen ist gefragt.

    Die Studienzeit trug dazu bei, dass ich Gefallen am Kennenlernen neuer Kulturen fand. Nach dem Studium, welches sehr straff und dementsprechend energieraubend war, entschied ich noch etwas mit dem Berufseinstieg zu warten und stattdessen ein soziales Projekt in Südamerika zu unterstützen. Ich wollte meinen Horizont erweitern und meine Basiskenntnisse in Spanisch ausbauen. Zunächst wurde ich allerdings abgeschreckt, denn die meisten sozialen Projekte sind kostenpflichtig. Wer hat schon Lust, Geld zu zahlen, wenn er freiwillig nach Südamerika reisen will, um dort vor Ort zu helfen? Glücklicherweise hatte ich schon während meiner Studienzeit in Deutschland einen Kommilitonen kennen gelernt, der im deutsch-spanischen Studiengang eingeschrieben war und seine zweite Studienhälfte in Deutschland verbrachte. Er hatte während seines Pflichtpraktikums ein soziales Projekt in Bolivien unterstützt und einen eigenen Verein in Deutschland gegründet. Letzterer bot die Grundlage, um Spenden für bedürftige Kinder und Jugendliche in La Paz bzw. El Alto zu sammeln. Ich war davon schwer beeindruckt und musste später feststellen, dass er zu einem Vorbild für mich wurde. Gern wollte auch ich in Bolivien helfen und nicht nur mit meinen Händen anpacken, sondern auch finanziell das Projekt unterstützen. So erzählte ich Freunden und Bekannten von meinem Vorhaben und sammelte einen beachtlichen Betrag, mit dem ich das Projekt in El Alto, Bolivien in unterschiedlichster Art und Weise unterstützen konnte. Wir mussten z.B. dringend weitere Stühle und Tische für die wachsende Zahl von Kindern und Jugendlichen kaufen. Außerdem musste die Lichtanlage repariert und Arbeitsmaterialien gekauft werden. Schließlich investierte ich einen Großteil des Geldes in eine zahnärztliche Untersuchung, bei der die Zähne aller Kinder und Jugendlichen, sowie einiger Mütter überprüft und behandelt wurden. Das war wirklich dringend nötig, denn viele Kinderzähne waren verfault und die Gebisse der jungen Mütter wiesen bereits einige Zahnlücken auf. Es ist viel günstiger einen schmerzenden Zahn ziehen zu lassen, als ihn vom Arzt behandeln zu lassen. Und so ist es keine Seltenheit, dass Dreißigjährige bereits Gebisse haben, die an Gebisse deutscher Siebzig- oder Achtzigjähriger erinnern.

    Da in unserem Winter auf der Südhalbkugel Sommer ist, verließ ich Deutschland im November, dem wohl traurigsten Monat des ganzen Jahres. Statt Regen und Nebel durfte ich Sonnenschein vom blauen Himmel erleben und über dem Talkessel, in dem sich die Metropole La Paz befindet, ragten majestätisch die Berge der Cordillera Real auf. Welch ein Anblick! Unvergesslich und einfach wunderschön!

    Während meines viereinhalb-monatigen Aufenthalts in Bolivien wohnte ich bei einer Familie, die mich von Anfang an mit viel Wärme aufnahm und mir absolute Geborgenheit schenkte. Egal ob ich krank war, wegen der ungewohnt langsamen Verdauung auf 4000 m Höhe oder ob ich hinunter in die Stadt wollte, um zu meinem Spanischunterricht zu gelangen – sie unterstützten mich mit ihrem Wissen und ihrer Fürsorge. Ich konnte mich revanchieren und kochte deutsche oder italienische Gerichte oder setzte meinen deutschen Ordnungssinn ein und räumte die (für eine Deutsche) chaotisch wirkende Küche auf. Im Alltag lernte ich so Einiges in Bolivien. Der große Zusammenhalt in meiner Gastfamilie beeindruckte mich wohl am meisten. Ich lebte in einer für El Alto außergewöhnlichen Familie. Denn alle vier Kinder studierten bzw. hatten studiert. Zunächst unterstützten die Eltern die Erstgeborenen finanziell beim Studium und schließlich halfen die älteren Geschwister den Jüngeren, ebenso eine Ausbildung an der Universität zu finanzieren. El Alto, abgeleitet von dem spanischen Wort „alto, was hoch bedeutet, liegt auf dem Altiplano, einer Hochebene, die an den Talkessel von La Paz angrenzt und über den Titicacasee hinaus bis nach Peru reicht. Die Stadt wurde errichtet, weil sämtliche Wände des „Kessels unten in La Paz bereits übersät waren mit Häusern. In Bolivien ziehen immer mehr Menschen vom Land in die Stadt, um dort Arbeit zu finden. Das Leben auf dem Land, vor allem auf dem Altiplano ist unheimlich hart, denn es wächst kaum etwas auf einer Höhe von 4000 m. Die wenigen Pflanzen, die auf dem kargen Erdboden gedeihen, reichen nicht aus, um die Landbevölkerung zu ernähren. Diese muss dann große Distanzen bewältigen, um in den weit entfernten Dörfern oder Städten Nahrungsmittel aus den tiefer gelegenen Regionen Boliviens kaufen zu können. In El Alto ist das Leben allerdings nicht viel einfacher oder besser. Es herrscht Armut und Gewalt, viele Stadtteile sind nach Sonnenuntergang auch für die einheimische Bevölkerung nicht mehr sicher und die hygienischen Bedingungen sind oft katastrophal. Die meisten Häuser werden, wie im Rest des Landes, nicht fertiggestellt, um Steuern zu sparen. Dementsprechend sieht man überall rohe Ziegelbauten. 2008 gab es noch keinen Gasanschluss. Es fuhr ab und zu ein Auto mit Gasflaschen umher und wenn eine Gasflasche im Haushalt leer war, musste man darauf hoffen, dass der „Gasmann demnächst vorbeikommt. Das Wasser floss dementsprechend nur kalt aus dem Wasserhahn. Zum Duschen wurde es mit Hilfe einer elektrischen Installation erhitzt. Allerdings war der Wasserstrahl so klein und die Räume unbeheizt, dass das Duschen in einem Zuber keine Freude bereitete und ich es nur aller drei Tage auf mich nahm. Dazwischen musste „Katzenwäsche genügen. Das war auch ok, denn zum Schwitzen kam ich nur, wenn die Sonne stark schien oder ich mit den Kindern Fußball spielte. Tagsüber waren die Temperaturen meist angenehm, aber sobald sich die Sonne verabschiedete, wurde es kalt. Und da es keine Heizung gab, saßen wir mit dicken Pullovern und unseren Jacken am Esstisch und verschwanden nach dem Essen sofort in unsere Betten. Ohne Wärmflasche konnte ich allerdings nicht einschlafen, denn die Wolldecken (mindestens fünf übereinander) brachten nicht das gewünschte Wärmegefühl im Bett. Insgesamt war das Leben in El Alto hart und die meisten Menschen gehörten, finanziell betrachtet, dem untersten Drittel der Bevölkerung an. Daher empfand ich es als erstaunlich, dass alle Kinder im Haushalt meiner Gasteltern studierten bzw. studiert hatten.

    Ein anderes Phänomen, welches ich nicht nur in Bolivien erlebte, sondern auch in anderen südamerikanischen Ländern, ist die Gelassenheit und das Zeitverständnis, mit welchem die Menschen den Tag „überstehen. Ungeduld hat wirklich keinen Nährboden in Bolivien. Man muss einfach geduldig werden, um nicht „durchzudrehen. Das war für mich als Deutsche, die die Begriffe „Pünktlichkeit und „Zuverlässigkeit sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen hatte, anfangs sehr schwierig. Vor allem aber war es total unbefriedigend am Ende des Tages nichts vorweisen zu können, weil alles so unheimlich langsam von statten ging.

    Aufgewachsen in einer Leistungsgesellschaft, bin ich einfach darauf ausgerichtet, Ergebnisse zu liefern und hoffe, überspitzt gesagt, am Abend etwas von „meiner Liste abhaken zu können. Das ist allerdings in einer „südländischen Gesellschaft in der es z.B. keine Fahrpläne für Busse mit geregelten Abfahrzeiten gibt, so gut wie unmöglich. Denn schon allein die Strecke von El Alto bis hinunter in die Stadt La Paz kann bis zu eine Stunde dauern. Und dabei ist man noch nicht im unteren Teil der Stadt angelangt. Dazu müsste man dann noch mindestens einen weiteren Kleinbus nutzen. So kam es oft vor, dass sich Termine aufgrund verspäteter Transfers verschoben bzw. gar nicht stattfanden. Aber auch andere alltägliche Aktivitäten nehmen viel mehr Zeit in Anspruch als bei uns in Deutschland. Wäsche waschen ist ein gutes Beispiel. Es gibt zwar Waschmaschinen in El Alto auf dem Straßenmarkt zu kaufen, diese können sich aber die wenigsten Menschen leisten. Daher kommen zahlreiche Waschzuber, Plastikbadewannen oder Eimer zum Einsatz. Ich wusch meine Wäsche

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1