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Wandlungen: Trauma - ein autobiografischer Heilungsbericht in drei Teilen, Teil eins - die Rückkehr der Hüterin
Wandlungen: Trauma - ein autobiografischer Heilungsbericht in drei Teilen, Teil eins - die Rückkehr der Hüterin
Wandlungen: Trauma - ein autobiografischer Heilungsbericht in drei Teilen, Teil eins - die Rückkehr der Hüterin
Ebook107 pages1 hour

Wandlungen: Trauma - ein autobiografischer Heilungsbericht in drei Teilen, Teil eins - die Rückkehr der Hüterin

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About this ebook

Inhaltsangabe: Die vorliegende Autobiografie war nur möglich durch einen Lebensweg der Heilung und des Pausierens, um Erarbeitetes in das alltägliche Erleben zu integrieren. Die Autorin hat ihre eigene Geschichte traumatischer Erfahrungen mit Fokus auf den jahrelangen, schweren Missbrauch, die Zeit gegeben, sich aus ihr selbst heraus zu melden. So war es ihr immer dann möglich, sich erneut deren Bewältigung zu öffnen. Dabei hat sie Helfer und Helferinnen gefunden. Sie erzählt von allem, was war, ohne die Lesenden zu detailliert mit ihrer Geschichte zu belasten. Vor allem erzählt sie von allem, was sein kann, wenn man die Schwelle überwindet, den schlimmsten Erlebnissen neu zu begegnen. Sie beschönigt nicht, dass nichts ungeschehen zu machen ist. Sie schildert stattdessen ihre eigenen Wandlungen zu einer heute selbstbewussten Frau, die sich in all ihren Eigenarten positiv annimmt und stolz darauf ist, was sie erreicht hat. Besonders berührend ist hier, wie sie selbst schreibt, der `show down` der 3. Therapie, in der sie Kontakt zu ihren abgespaltenen Anteilen gefunden hat, um dann mit ihnen gemeinsam die Vergangenheit aus dem Trauma zu befreien. Sie schreibt am Ende, sie habe sich noch niemals so ganz gefühlt. Die Intensität dieser Aussage ist ein bewegendes Ende des Buches.

Gliederung in vier Teile:
die Heimkehr der Hüterin: Geburt bis zur ersten Teilbefreiung des missbrauchten Mädchens
der Marsch der schwarzen Königin: das Leben bis zur Bewusstwerdung der wütenden Energien
die Wanderung der weißen Königin: letzte Therapie erzählt anhand der Heldenreise nach Campbell
Anhänge: Schilderungen realer Erlebnisse als Ergebnis durchlaufener Therapien

Charaktere: Der Autobiografie entsprechend sind alle Charaktere entsprechend dem Lebenslauf der Autorin geschildert.
Die ihrem Traumen geschuldeten Anteile werden geschildert, wie sie sich ihr geöffnet haben.
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateJan 25, 2022
ISBN9783347506121
Wandlungen: Trauma - ein autobiografischer Heilungsbericht in drei Teilen, Teil eins - die Rückkehr der Hüterin

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    Book preview

    Wandlungen - Lydia Ulsperger

    Erster Teil

    Die Heimkehr der Hüterin

    Wo sind die jungen Seelen

    Einst von liebenden Armen getragen

    konnten den Schmerz nicht heilen

    Hoffend auf Heilung davongegeben

    in kalte fremde Hände

    Verstummt ihr Schmerzensschrei

    Hinter weißen Gittern

    schliefen sie ein

    in klinisch kühlen Betten

    Wo bist Du reines Menschenkind

    Du hast sie umgebettet

    Nebeneinander Hand in Hand

    sitzen sie auf ihren Gräbern

    sind dort ihre eigenen Engel

    Aus ihren Tränen geboren

    behütest Du ihren Schlaf

    müde flüsterst Du nun:

    „Vergiss mich nicht. Auch ich muss ruhn."

    Hier bin nun ich

    Ihr wart mir das Geschenk des Lebens

    In mir bin ich uns Heimat

    den Lebenden und Toten

    Nun endlich lerne ich euch lieben

    (Lydia)

    Prolog_die Tekstbox

    Das Mädchen sitzt in einer Ecke, die Hände vor dem Gesicht. Es hat sich klein, ganz klein, so klein wie möglich gemacht. „Hoffentlich ist es dunkel", denkt sie, bitte, bitte, bitte. Es ist absolut notwendig, dass sie sich nicht bewegt, die Augen geschlossen bleiben, sie flach atmet, dann wird ihr nichts passieren, dann wird sie niemand in ihrer Hässlichkeit erkennen. Vierzig Jahre sitzt das Mädchen schon dort. Viele Jahre mehr, als sie alt ist. Es kommt ihr nicht so lange vor. Sie kennt nichts Anderes. Sie hat kein Zeitgefühl. Wenn der dunkle Schatten um sie herum wabert und drohend auf sie zu walzt, träumt sie vom Fliegen, erhebt sich stark über offenes Land. Dort ist sie frei.

    Daten, ich konnte sie mir noch nie merken, nicht einmal mein eigenes Geburtsdatum. Noch heute kann ich sie mir nur schwer merken. Stattdessen habe ich mir einer Analphabetin gleich einige einfache Verhaltensweisen angeeignet, mit denen ich mich meist gut durchmogeln kann, ohne mit meinem Unvermögen aufzufallen. Oft lache ich heute auch über mich selbst und spreche die Wahrheit aus: „Ich wundere mich selbst, wie ich es durchs Leben schaffe, wenn ich bedenke, dass ich mir nichts, aber auch gar nichts merken kann." Es stimmt tatsächlich, seien es Namen oder Gesichter, Zahlen oder Daten. Früher konnte ich nicht darüber lachen, hielt mich selbst für dumm, dass mir so vieles nie dauerhaft im Gedächtnis blieb, selbst wenn ich es immer wieder neu auswendig lernte. Heute weiß ich um die Löcher in der Zeit. Darauf komme ich später zurück. Manche Außenstehende reagieren befremdlich, gar herablassend darauf, fühlen sich nicht wertgeschätzt. Viele Arztbesuche waren peinlich. Konnte ich doch nie solche Fragen beantworten:

    „Wann tat ihr Sohn den ersten Schritt?"

    „Wann sprach er das erste Wort?"

    „Wann waren Sie das letzte Mal beim Arzt?"

    „Seit wann haben Sie die Schmerzen?" oder eben sogar

    „Wann wurden Sie geboren?"

    Es war mir nie wichtig. Ich hatte meine Kinder so im Auge, wie es mir möglich war, liebe sie und ihr Wohlergehen liegt mir mehr am Herzen als alles andere. Das ist es, was für mich zählt. Nicht das Datum, wann etwas war. So ist es gut für mich. Und wenn ich mich doch einmal überwinde und einen Arzt aufsuche, dann kann ich ihm heute mein Geburtsdatum nennen und seine Frage: „Seit wann haben Sie diese Beschwerden? mit: „So lange, dass sie mir als Schmerz bewusstgeworden sind beantworten.

    Das Leben ist für mich ein Verlauf. Etwas war schön, aufregend, traurig… Ich binde meine Erinnerungen an die Situationen und die Bilder in meinem Kopf, nicht an das Datum. Und so werde ich mein Leben weiterhin auf einer weitestgehend kalenderfreien und seelisch alterslosen Ebene leben. Natürlich weiß ich, dass ich altere. Das zeigt mir mein Körper, meine Psyche und der Spiegel nur zu deutlich. Aber manchmal fühle ich mich halt viel jünger, manchmal viel älter. Ich werde auch weiterhin nicht wissen, ob eine bestimmte Situation nun ein, fünf oder zehn Jahre her ist. Es ist mir nicht wichtig. Die Situation selbst ist es, die mich prägt. Sie macht meine Erinnerung aus. Dankbar für jede davon hüte ich sie. Es mögen nicht viele sein und ich weiß nicht genau, wohin sie in meinem Leben gehören. Aber es werden stetig mehr; sie sind wahr. Sie gehören mir. Das macht sie wertvoll. Heute ist es mir wichtig, bei mir und in mir authentisch zu sein. Im Hier und Jetzt. Jeden Tag neu.

    Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit – sie ergeben ein Ganzes und doch auch etwas Werdendes. Keines der drei kann ohne einander sein. Und so wird sich meine Geschichte auch zwischen den Zeiten bewegen. Denn all dies bin ich, war ich und werde ich sein. Mein Lebenslauf also. Ohne ihn bin ich nicht. 1960 geboren war ich als zweites Kind für ein junges Paar, das die Armut der Nachkriegszeit erleben musste, kein Wunschkind. Die folgenden Jahre kenne ich nur aus Erzählungen, hauptsächlich denen meiner Mutter. Mein Leben begann mit Schmerz. Ich schrie Tag um Tag und Nacht um Nacht. Irgendetwas war mit meinem Kopf nicht in Ordnung. Immer wieder kam ich ins Krankenhaus; damals mussten die Eltern ihre Babys und Kinder dort noch alleine lassen. Im Krankenhaus wurde es besser, doch die Ärzt: innen konnten nichts finden. Sie fingen an, meine Eltern kritisch zu betrachten. Warum erkrankte das Kind zu Hause immer wieder neu? Denn kaum entlassen drehte sich das Rad erneut. Ich wurde krank … weinte Tag und Nacht vor Schmerzen … kam ins Krankenhaus … gesundete und wurde entlassen … wurde krank … weinte … Heute, da ich selbst Mutter bin, weiß ich, wie schlimm das alles für meine Eltern gewesen sein muss. Am schlimmsten wohl der letzte Schritt. Der Chefarzt der Klinik sah nur noch die Möglichkeit, auf gut Glück meinen Kopf zu öffnen. 50 % Chance darauf, die OP zu überleben plus 50 % Chance, tatsächlich die Ursache zu finden und zu beseitigen ergaben 100 % letzte Hoffnung für ihr Baby. Der Chefarzt war bereit, diese OP zu riskieren, meine Eltern stimmten zu; ich war noch kein Jahr. Meine Mutter erzählte mir oft, wie schlimm und gleichzeitig doch auch wunderschön es war, als der Arzt ihnen nach der Operation ihre kleine Tochter in die Arme legte. Der Kopf durch die Verbände riesig groß, ein kleines Alien. Aber es lebte. Meine Eltern blieben dem Arzt, der in dieser damaligen Zeit den Mut aufgebracht hatte, ihr Kind zu operieren, dankbar. Er hatte ihm das Leben gerettet. Mein erstes Trauma aus Schmerz, Hilflosigkeit und weggegeben werden hatte sich erinnerungslos in meinen Zellen verewigt. Was für mich real spürbar blieb, waren zwei Löcher hinter meinen Ohren, in die ich oft meine Finger legte, um sie zu fühlen. Sowie viele, viele Ängste, die mich ab nun begleiteten.

    Ich hatte also überlebt. Ab nun sollte es aufwärtsgehen, alles verheilte. Ich fing an, zu gesunden, kleine Entwicklungsschritte nachzuholen. Um mich bald mit zwei Jahren, wie ich viele Jahre später herausfinden konnte, in die Reihe der sexuell missbrauchten Kinder einzureihen. So hatte ich schon einiges an für ein Kind ungewöhnlichen Lebenserfahrungen, als ich in den Kindergarten kam. Und machte sie weiterhin. Der Missbrauch wurde alltäglicher Bestandteil meines Lebens. Auch mein Kopfproblem begleitete mich weiterhin. Wenn mein Bruder und ich uns gemeinsam auf den Weg in den Kindergarten machten, ging er irgendwann rechts über die Straße in den Kindergarten. Ich blieb auf dem linken Bürgersteig, ging an einem großen Garten mit Schwimmbecken vorbei. Im Winter durch eine Plane abgedeckt, im Sommer gefüllt mit einladend blau leuchtendem Wasser. Der Garten gehört dem Zahnarzt. Zu ihm musste ich jeden Morgen, die Operation erforderte schmerzhafte Nachbehandlungen. Jeden Tag, bis alle bleibenden Zähne ihren Platz gefunden haben. Ich erinnere mich auch daran nicht. Nur an den Weg erinnere ich mich, vorbei an diesem Swimmingpool, in den ich so gerne hineingesprungen wäre. Und daran, dass mein Herz auf dem Weg zur Haustür zu pochen begann, bevor ich dann im Flur von diesem charakteristischen Geruch empfangen wurde. Ich mochte ihn nicht. Zwischen dem Moment, wenn ich mich im Wartezimmer auf den Stuhl gesetzt habe, meine Hände unter die Beine gepresst und dem, wenn ich durch die breite Tür in meinen Kindergarten ging, ist jede Erinnerung verloren gegangen. Dort aber wurde ich erneut von einem einmaligen Geruch in die Arme genommen. Diesem Duft nach Sauberkeit, Spielzeug, Essen, altem Holz. Er riecht nach Sicherheit.

    Mit fünf Jahren kam ich das erste Mal in eine Schule. Ich hatte wohl eine eigene Sprache entwickelt, die nur mein Bruder wirklich verstehen und übersetzen konnte. Diese eigene Sprache erfüllte sicherlich ganz gut das auferlegte

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