Der Grimmepreis kann warten: 30 Jahre Fernsehen ohne durchzudrehen
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Der Grimmepreis kann warten - Ludger Bussmann - Wigger
Tanzende Maiskolben
In jeder Berufssparte gibt es Ereignisse, auf die man mit Stolz zurückblickt.
Vor meinem inneren Auge sehe ich den motivierten Ingenieur, der ein neues Bauwerk einweiht, das der Menschheit großen Nutzen bringt. Der Chemiker, der ein neues Medikament entwickelt, …….
In meiner Karriere als Kameramann schaue ich gerne auf einen Integrationsfilm und mehrere Musik–Dokus zurück. Es gibt aber auch dunkle, bizarre und unglaubliche Momente im Leben eines Kameramannes, an die man in ruhigen Augenblicken zurückdenkt und immer noch den Kopf schüttelt, weil man das Geschehene nicht wirklich glauben kann.
Vor einigen Jahren war ich mit drei anderen Kollegen von einem großen deutschen Chemie Unternehmen gebucht, um ein internationales Managertreffen zu filmen. Man hatte ein großes Theater gemietet und mehrere hundert Manager aus der ganzen Welt zusammengetrommelt.
Vor Ort erfuhr ich, dass es sich um ein neues Düngemittel handelte, mit dem der Weltmarkt im Handstreich erobert werden sollte. Erstaunt über die Bilanzen dieses Unternehmens und der Düngemittelsparte, da geht´s um Milliarden, wurden Wortbeiträge, Gesprächsrunden und Informationen über das neue Wundermittel verbreitet. Business as usual.
In der Mittagspause stärkten wir uns am Buffet und danach war ein Show Block geplant.
Häufig sind bei solchen Veranstaltungen Pop Bands der Show Act, doch hier und heute war ein zehnminütiges Ballett angesagt.
Eine, extra aus der Schweiz angereiste, Choreografin gab uns ein kurzes Briefing, Größe des Ensembles usw…..
Alles klar, wir gingen zu unseren Kameras und warteten auf den Beginn des Balletts. Ich wusste nicht was auf mich zukam, Schwanensee oder modernes Ballett?
Musik erklang, der Vorhang öffnete sich und dann passierte es, eine Tänzerin im Maiskolben Kostüm tanzte sich in die Bühnenmitte. Im Hintergrund bewegten sich dezent einige andere Maiskolbentänzer im Wind der Melodie und des Feldes, auf dem sie wuchsen. Doch irgendetwas stimmte nicht mit unserer Hauptdarstellerin, sie bewegte sich asynchron und zappelte ein wenig.
„Oh, mir geht es nicht gut, was ist nur mit mir los?, ich fühle mich schwach!"
Ich traute meinen Augen nicht, ein kolossaler, starker und gesunder Maiskolbentänzer erstürmte die Bühne, legte ein paar Pirouetten hin und überzeugte das sichtlich glückliche Düngemittelpublikum und natürlich das kranke Maiskolben Mädel mit dem Spruch des Tages.
„Wenn du krank bist, da habe ich genau das Richtige für dich!
Das neue XYC macht dich gesund und stark!!!"
Unter tosendem Beifall der XYC Manager trank die kranke Pflanze einen Schluck des Gesundheitscocktails und wurde gesund.
Mir wurde schwindlig, war das eine Nummer der versteckten Kamera? Mir fehlten die Worte. Ich hatte Ballett immer den ernsten, bildenden Künsten zugeordnet. Mein kulturelles Ballettverständnis bröckelte in sich zusammen. Ich drehte mich zu meinen Kamerakollegen um und sah Achselzucken, Lachen und Augenverdrehen.
Sobald unser genesenes Maiskolbenmädel XYC genommen hatte, war sie ihrer neu entdeckten Liebe, wen wunderts, natürlich unserem potenten Maiskolbentänzer in den Arm gefallen und die beiden tanzten einen wunderschönen Part des Deux.
Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt und unter frenetischem Beifall schloss sich der Vorhang.
Da hätte man uns vorwarnen müssen, finde ich! Auch Kameramänner und Kamerafrauen sind sensible Wesen und können sehr wohl den Unterschied zwischen Kunst und Klamauk erkennen. Die Tänzer und Choreografin verbeugten sich mit glücklichen Gesichtern, dann war der Spuk vorbei.
Kunst ist vielschichtig, aber diese Nummer hatte mich richtig umgehauen, ich war sprachlos, was selten vorkommt. Tanzende Maiskolben, klar wir waren auf einer Düngemittel Veranstaltung, aber mit Drama, Happy End und glücklichen Managern, die heute den Zugang zur Kunst gefunden hatten.
Das war ein bisschen viel für meine zarte Seele. Ich denke aber ab und zu gerne mit einem Schmunzeln an diese unglaubliche Performance zurück!!!
Law and Order
In den 90er Jahren regierte ein sehr populärer Staatsbeamter den Regierungsbezirk Köln: Franz Josef Antwerpes. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Sicherheit im Straßenverkehr zu ordnen.
Ungewöhnlich für einen hohen Staatsdiener war er sich nicht zu schade, früh morgens, selber die Polizeikelle in die Hand zu nehmen und Alkohol und Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen.
Das bedeutete für den Bürger nach einer lustigen Geburtstagsfeier oder nach einer feucht fröhlichen Karnevalssitzung, am nächsten Morgen dem Sheriff persönlich erklären zu müssen, dass man einen Fehler gemacht hatte. Gerne hatte er bei diesen Unternehmungen die Presse dabei.
Man sagte ihm eine gewisse Selbstverliebtheit nach, er eckte schon mal an, was ihn aber nicht störte. Häufig und gerne sah man ihn in Talkshows über Recht und Ordnung reden. Er polarisierte landauf und landab. Die einen mochten ihn, die anderen nicht. Nichtsdestotrotz, er war ein Typ!
Auch für schräge Beamte läuft die Zeit und 1999 wurde der Sheriff von Köln, so wurde er im Volksmund genannt, pensioniert. Zum Abschluss seiner Dienstzeit hatte ein Comiczeichner einen Comic mit den Abenteuern des Sheriffs auf den Markt gebracht.
Ich wurde mit Redakteur und Tontechniker nach Köln geschickt, um ein letztes Interview vor der Pensionierung mit dem Regierungspräsidenten zu drehen. Schön wäre es, wenn er seinen eigenen Comic vor laufender Kamera lesen würde, wünschte sich die Redaktion. Ich war sportlich gefordert, einen Comicbeitrag zu erstellen.
Freundlich begrüßte uns der Staatsdiener in seinem Büro. Wir drehten zuerst das Interview, in dem er seine Dienstzeit resümierte und über Zukunftspläne sprach. Auf seinem Schreibtisch lag der Comic und nach dem Interview fragte ich ihn, ob er mal seinen Comic anschauen würde?
„Nein, das mache ich nicht!"; sagte er mit knarziger Stimme.
Ich drehte ein paar Bilder, wie er am Schreibtisch arbeitete und versuchte es noch einmal. Es wäre doch schön für den Zuschauer,wenn er in dem Comic lesen würde, oder so ähnlich, versuchte ich es.
„Nein, mache ich nicht!"
Ein Versuch war es wert. Wir packten unser Equipment zusammen und ich sagte ihm, dass ich es mindestens versuchen müsste, ihn zu überzeugen, das wäre ja schließlich mein Job.
„Sie, junger Mann, Sie können überall arbeiten!"
Ich empfand es als Kompliment. Nicht viele versuchten bei diesem sperrigen Zeitgenossen einen zweiten Versuch, ich startete sogar noch einen zaghaften dritten Versuch. Beim Verlassen des Büros deutete ich an, dass es ja Menschen gäbe, die ihre Meinungen ändern würden und es noch nicht zu spät wäre, für ein schönes Comiclesebild.
„Raus "!!!
Wir verabschiedeten uns vom Sheriff und fuhren zurück in die Redaktion.
Zwischen Wunsch und Realität bei Dreharbeiten liegen manchmal Welten. Ich bin sonst nie so hartnäckig und akzeptiere immer ein Nein beim ersten Mal, doch dieser harte Knochen hatte mich irgendwie gereizt. Tagessieger war aber klar und deutlich der Sheriff von Köln.
Der Zufall, der Boss und Ich
Lusches, wir müssen auf Kreuzfahrt gehen. Vier mal acht Minuten für ein Magazin des ZDF!" Acht Drehtage, von New York an der Ostküste der USA entlang nach Orlando, Nassau auf den Bahamas