Kati und die Tränen der Mondblume: Ein Kinderbuch für Klein und Groß - zum Vorlesen oder Selberentdecken
By Pablo Frank
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Als ihr Margreta, die Schildkröte jedoch das Geheimnis der Mondblume verriet, zögerte Kati keinen Augenblick. Zusammen mit Lilli, ihrer kleinen Katze, begab sie sich auf den unbekannten und weiten Weg zum Tiefen See in den Silberbergen, um die geheimnisvolle Blume zu finden und ihren geliebten Bruder zu retten.
Noch ahnten die beiden nicht, wie aufregend ihre Reise werden würde. Doch auf ihrem Weg ins Ungewisse und im Wettlauf mit der Zeit erlebten sie eine Menge Überraschungen, machten allerlei abenteuerliche Begegnungen, meisterten so einige unerwartete Herausforderungen und fanden viele neue Freunde für Leben.
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Book preview
Kati und die Tränen der Mondblume - Pablo Frank
Kapitel Eins
Margreta, die Schildkröte
Vor langer, langer Zeit lebte in einem kleinen Dorf ein kleines Mädchen namens Kati.
Nun ja, eigentlich lebte Kati in einem kleinen, gemütlichen Haus ein kleines Stückchen außerhalb des kleinen Dorfes. Und sie lebte natürlich auch nicht allein in dem kleinen, gemütlichen Haus, sondern zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Vater und Lilli, ihrer kleinen Katze.
Lilli, die kleine Katze, hatte geheimnisvolle grüne Augen und ein pechschwarzes Fell. Nur die allerletzte Schwanzspitze war weiß – fast so, als hätte sie jemand in einen Eimer Farbe getaucht.
Kati hingegen hatte lange, blonde Haare, die ihre Mutter jeden Morgen zu zwei Zöpfen flocht, eine Stupsnase und blaue Augen, die richtig funkelten, wenn Kati fröhlich war. Und das war sehr oft der Fall, denn sie hatte das ganze Jahr über Grund genug dazu.
Im Frühling suchte sie auf der Wiese hinter dem kleinen, gemütlichen Haus nach den ersten Schneeglöckchen, die sich trauten, ihre weißen Köpfchen durch die Schneedecke zu recken. Jeden Tag beobachtete sie aufs Neue, wie die frischen grünen Blätter an den Bäumen ein kleines bisschen größer wurden, und freute sich unheimlich über die bunt flatternden Schmetterlinge, die eifrig summenden Bienchen, die fröhlich zwitschernden Vögel und die duftenden Blumen. Mit Freuden half sie ihrem Vater im Garten, wo er Gemüse und Kräuter aller Art anpflanzte. Und besonders gerne ging sie mit ihrer Mutter auf den Markt und betrachtete all die vielen unterschiedlichen Sachen, die dort feilgeboten wurden.
Im Sommer tobte Kati übermütig über die Wiese und spielte mit Lilli, der kleinen Katze, im hohen Gras Verstecken. Damit ihre Eltern sich keine Sorgen machen mussten, wenn sie Kati nicht in dem kleinen, gemütlichen Haus fanden, hatte sich Kati ein Zeichen für sie ausgedacht. Jedes Mal, wenn sie aus dem Haus ging, legte sie einen weißen Kieselstein auf die Fensterbank vor dem Küchenfenster. So wussten ihre Eltern, dass alles in Ordnung war. An heißen Tagen planschte sie im kleinen Weiher hinter der Wiese und legte sich danach zum Trocknen auf den warmen Holzsteg in die Sonne. Sie hatte auch große Freude daran, im kleinen Bach, der aus dem kleinen Weiher plätscherte, Fischlein zu fangen – meistens aber waren die Fischlein viel flinker als Kati und huschten schnell davon. Und wenn sie doch einmal eines erwischte, so ließ sie es gleich darauf wieder im Wasser weiterschwimmen. Manchmal, wenn sie ihre Beine von einem Stein am Rand des kleinen Baches ins Wasser baumeln ließ, kam ein ganz besonders freches Fischlein und knabberte an ihrem großen Zeh. Das kitzelte so sehr, dass Kati laut lachen musste und quietschvergnügt ins Wasser sprang.
Im Herbst ging sie mit ihrer Mutter zum Pilzesammeln in den Wald und zum Entenfüttern an den Dorfweiher. Gemeinsam pflückten sie auch Brombeeren, aus denen ihre Mutter danach die leckerste Torte der Welt backte. Wenn es windig war, nahm sie ihr Vater an der Hand und sie ließen zusammen auf der Wiese den Drachen steigen, den er ihr gebaut hatte. Er war leuchtend gelb mit großen, runden blauen Augen und einem fröhlichen Lachen. Einmal jedoch war der Wind so stark, dass er die Drachenschnur aus Katis Hand riss. Der Drachen tanzte im Wind und flog über die ganze Wiese davon. Allzu weit kam er jedoch nicht – der Wind trug ihn geradewegs auf das kleine, gemütliche Haus zu, wo er sich am Schornstein verfing. Dort blieb er lange Zeit hängen und begrüßte jeden Besucher freundlich von oben.
Im Winter nahm ihr Vater sie mit zu einem der Hügel auf der anderen Seite des kleinen Dorfes und sie rodelten ein ums andere Mal den Hang hinunter, bis es dunkel wurde. Zusammen bauten sie außerdem einen Schneemann vor dem kleinen, gemütlichen Haus und lieferten sich Schneeballschlachten, so dass sie hinterher selbst aussahen wie Schneemänner. Drinnen fielen sie danach über die duftenden Bratäpfel her, die Katis Mutter gerade frisch aufgetischt hatte. Und abends kuschelte sich Kati mit Lilli, der kleinen Katze, vor den Ofen in der warmen Stube und kraulte sie so lange hinterm Ohr, bis sie zufrieden anfing zu schnurren.
So verging einige Zeit und die gesamte Familie war glücklich und zufrieden.
Und als ob das noch nicht genug Glück und Zufriedenheit gewesen wäre, brachte die Mutter eines Sommers einen gesunden, kleinen Jungen zur Welt, den sie Benjamin nannten.
Wie sich Kati über ihr kleines Brüderchen freute! Sie lachte mit ihm, wenn er sie anstrahlte. Sie nahm ihn auf den Arm und tröstete ihn, wenn er weinte. Sie half ihrer Mutter beim Breikochen und Füttern. Sie verbrachte den lieben langen Tag mit Benjamin und konnte es kaum erwarten, bis er endlich alt genug war, um mit ihr zu spielen, gemeinsam auf der Wiese zu toben, im kleinen Weiher zu planschen und überhaupt die Welt um sie herum zu entdecken. Jeden Abend, bevor sie schlafen ging, drückte sie ihrem kleinen Brüderchen erst einen Gutenachtkuss auf die Backe und flüsterte ihm dann ins Ohr:
„Ich habe Dich ganz dolle lieb, kleiner Bruder Benjamin, und ich werde immer für dich da sein."
Danach schliefen beide friedlich ein und träumten ganz wunderbare Geschichten.
Eines regnerischen Spätsommertages jedoch wurde Benjamin auf einmal krank und bekam hohes Fieber. Die Mutter bat alle Leute, die sie kannte, um Rat – den Doktor aus dem kleinen Nachbarstädtchen natürlich als ersten; den Bürgermeister, der immer von allen um Rat gebeten wurde; die dicke Bäckersfrau, die selbst fünf Kinder hatte; das alte Kräuterweib, das in der windschiefen Hütte am Waldrand wohnte und schon viele Krankheiten im Dorf geheilt hatte; und sogar den mürrischen Schmied, der ihr vor ein paar Jahren einen Zahn gezogen hatte, weil sie solche Schmerzen gehabt hatte.
Doch niemand konnte ihr sagen, an was für einer Krankheit Benjamin litt, wie lange sie anhalten würde oder gar mit welchen Arzneimitteln man sie besiegen könnte.
Darüber wurde Kati sehr, sehr traurig.
Jeden Morgen, wenn sie aufwachte, sprang sie so schnell wie möglich an Benjamins kleines Bettchen und hoffte, dass es ihm wieder gut gehen würde. Doch jeden Morgen musste sie feststellen, dass immer noch alles so war wie am Abend zuvor.
Jeden Tag saß sie daher draußen auf der Wiese am Rande einer dichten Hecke, blickte auf den kleinen Weiher und grübelte. Sie überlegte, wie sie ihrem geliebten Brüderchen helfen könnte. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, ihr wollte einfach nichts einfallen.
Eines Nachmittags saß Kati wieder einmal dort und träumte vor sich hin, wie schön es doch wäre, wenn Benjamin wieder gesund wäre. Sie wurde darüber so traurig, dass sie anfing, ganz bitterlich zu weinen.
Da hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich:
„Platz da! Ich muss hier durch!"
Kati hatte gar niemanden kommen hören und so drehte sie sich verwundert um. Überrascht musste sie jedoch feststellen, dass weit und breit keine Menschenseele zu sehen war.
„Das ist ja merkwürdig", dachte sie sich, drehte sich wieder nach vorne und wischte sich ihre Tränen aus dem Gesicht.
„Aber hallo, das ist ja ein starkes Stück!", hörte sie gleich darauf die Stimme wieder.
Als Kati sich daraufhin ganz schnell noch einmal umdrehte, hörte sie es weiter schimpfen:
„Na los, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Und du bist viel größer und schneller als ich – da kannst du mir ja wohl kurz aus dem Weg gehen!"
„Ich bin größer? Als wer denn?", fragte sich Kati und sah nach unten auf den Boden. Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie eine