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Logbuch für Venedig oder Bündnis Christine de Pizan: Reiseberichte und Geschichten
Logbuch für Venedig oder Bündnis Christine de Pizan: Reiseberichte und Geschichten
Logbuch für Venedig oder Bündnis Christine de Pizan: Reiseberichte und Geschichten
Ebook229 pages1 hour

Logbuch für Venedig oder Bündnis Christine de Pizan: Reiseberichte und Geschichten

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Dieses Werk besteht aus Reiseberichten und Geschichten, die in Venedig spielen. Es ist zugleich ein Sachbuch mit viel Insider-Wissen über Venedig. In den folgenden Texten und Bildern zeigt sich Venedig aus einem kaum bekannten Blickwinkel und in geheimnisvoller Maskerade. Was sagen die Texte? Venedig schmilzt dahin. Die Stadt entfaltet ihren Zauber vor allem dann, wenn sie menschenleer ist. Die Zeit für Venedig ist um, doch bleibt die Schönheit, als ließe sich Schönheit festhalten. Venedig ist in Wirklichkeit nicht bunt. Die Stadt ist eher grau. In ihr verschwimmen die Vorstellungen, die wir von einer Stadt haben. Ein Traum nimmt Formen an, ein Traum, in dem wir uns verlieren: Plätze, Gassen, Fassaden, Kunstsinn, Leidenschaft. Bilder von Venedig rühren die Menschen mehr an als Bilder anderer Städte.

München, Wien, im März 2017 Ima Agustoni
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateFeb 23, 2020
ISBN9783749705122
Logbuch für Venedig oder Bündnis Christine de Pizan: Reiseberichte und Geschichten

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    Logbuch für Venedig oder Bündnis Christine de Pizan - Rolf Dieter Kaufmann

    Reiseberichte und Geschichten

    Vorbemerkung: Venedig sollte man spontan und ohne Systematik erkunden. Die Stadt ist voller Überraschungen. 1157 wurde Venedig in 6 Stadtteile untergliedert: Alle sechs Stadtteile verführen Menschen in wahre Vielfalt. Sie sind architektonische Meisterwerke. Jeder Stadtteil bietet Außergewöhnliches.

    Hinweise zur Erkundung von Venedig:

    Calle, calletta: Calle sind die Straßen in Venedig.

    Campo: Ein geräumiger Platz.

    Salizada: Gepflasterte Straße.

    Rio Terà: Wo jetzt eine Fußgängerzone als Rio Terá bezeichnet wird, gab es früher einen Kanal.

    Ramo: Eine untergeordnete Seitenstraße, die nicht durchgängig ist und oft an einem Kanal oder an einer Hauswand endet.

    Fondamente, Fondamenta: So heißen in Venedig die begehbaren Uferstraßen bei den Kanälen.

    Fondamento: Besonderheit in Venedig. Der Begriff bezeichnet das Fundament eines Gebäudes, während Fondamenta ausschließlich eine begehbare Uferstraße bei den Kanälen bezeichnet.

    Fondamento / Fondamenti: Bezeichnung im Sinne von Gebäudefundament. Die Bezeichnung (Plural) Fondamente für begehbare Wege gibt es nur im venezianischen Dialekt.

    Fondamentina: Nur im Stadtteil Castello gibt es vier sehr kurze Uferwege, die Fondamentina genannt werden.

    Sotoportego (Pl.: Sotoportegui, auch Sotoportegi): Ein Fußweg, der unter einem Gebäude, gelegentlich auch nur unter einem Bogen hindurchführt. Diese Form des Durchgangs oder der Unterführung stammt aus der Zeit der Republik Venedig und existiert mit dieser Bezeichnung auch nur in dieser Stadt. Sotoportego bedeutet ein unter (ital. soto oder sotto) dem Portego, dem Saal im ersten Geschoss eines Gebäudes hindurchführender Weg.

    Corte: Innenhöfe.

    Starke Frauen

    01 Ich, Anna, bin Fremdenführerin guida turistica

    Ich heiße Anna Palina, bin von Beruf eigentlich Psychologin psicologo. Mein Studium in Padua hat mich sehr bereichert. Die Universität Università degli Studi di Padova ist renommiert für Psychologie. Das Kursangebot ist groß, vielfältig und interessant. Ich habe es sehr genossen, nach meinen Interessen studieren zu dürfen und nicht einem vorgefertigten Stundenplan folgen zu müssen.

    Derzeit arbeite ich als Fremdenführerin in meiner Heimatstadt Venedig.

    Heute führe ich eine Gruppe mit 21 Personen. Alle sind Deutsche. 10 Paare und eine Einzelperson, ein älterer Herr, grauhaarig. Ich habe den Eindruck, dieser Mann weiß mehr als ich über die Region Venedig. Er ist wohlwollend, zurückhaltend, was mich betrifft. Er ermutigt mich, der Gruppe alles, was ich über die Stadt weiß, zu erzählen. Unter den 10 meist älteren Paaren ist ein junges Pärchen, offensichtlich ineinander verliebt. Ich frage mich, ob Verliebte überhaupt etwas mitkriegen von Venedig. In Venedig war ich noch nie verliebt, aber in Lucca, wo ich vor knapp einem Jahr den gebürtigen Venezianer Alessio kennenlernte. Ich war unsterblich in ihn verliebt. Eigentlich bin ich es auch heute noch. Allerdings nicht mehr unsterblich, aber eben verliebt.

    Ich, Anna, mag deutsche Reisegruppen. Deutsche Gruppen führe ich gerne. Die Deutschen hören zu. Bei Franzosen hat man oft den Eindruck, es sei eigentlich egal, was ich erzähle. Während ich erkläre, plappern sie einfach in ihrer Muttersprache weiter, als gäbe es mich nicht. Ich bin dann für sie nur eine bezahlte Geräuschkulisse.

    Dann gibt es noch Gruppen aus Amerika. Amerikanische Ehemänner haben die Angewohnheit, während einer Führung ihren Frauen ständig den für wahr empfundenen Beitrag von mir zu bestätigen. „As I say! That's my speech! Quasi: „Ich bin dein Ehemann und weiß das alles schon, aber für dich muss es noch einmal gesagt werden! Das klingt so, als sei für Männer aus Amerika alles schon gesagt, bevor es ausgesprochen ist.

    Ich, Anna, liebe den Stadtteil Cannaregio

    Im Stadtteil sesstiere Cannaregio, wo ich wohne, habe ich eine kleine Eigentumswohnung. Im Cannaregio wurde ich geboren. Von meinem Onkel Lorenzo erbte ich nach seinem Tod eine Wohnung in einem alten Haus in der Rio Terà della Mandola, im Stadtteil San Marco, wohin ich mich manchmal zurückziehe, wenn mir alles zu viel wird und wo ich mich einmal im Monat mit allen Mitgliedern des Bündnisses Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig Alleanza Christine de Pizan per donne libere a Venezia, ApDL treffe.

    Von meiner Tante Chiara bekam ich ein Häuschen überschrieben. Es steht verlassen in einem kleinen, romantischen Ort in der Emilia-Romagna, im Apennin, am Fluss Panaro, dem Nebenfluss des Po. Das Dorf heißt Dorf der Fröhlichkeit Villaggio della felicità. Das Dorf hat ca. 500 Einwohner. Lauter alte Menschen.

    Ich, Anna, bin Mitglied im Bündnis Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig Alleanza Christine de Pizan per donne libere a Venezia, ApDL.

    Das Bündnis Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig ist eine international und interdisziplinär ausgerichtete, unabhängige Gesellschaft freier Venezianerinnen. Ihre Gründung erfolgte im Jahr 1987. Die Gesellschaft steht (Leitmotive) für Freiheit, Anmut, Ausgewogenheit, Geist und Kunstschaffen von Frauen. Aber auch für Engagement, humorvolle Gesinnung, urbane Lebenshaltung, Aufrichtigkeit und für Bildung in den schönen Künsten.

    Ich, bzw. wir Frauen, die hier berichten, gehören dem Bündnis Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig an.

    In ihrer Ausrichtung greift das Bündnis auf Christine de Pizan zurück. Christine de Pizan war wohl die bedeutendste Schriftstellerin des 14. Jahrhunderts und die erste Frauenrechtlerin in der Geschichte der Menschheit überhaupt. Sie wurde am 11. September 1364 in Venedig geboren, lebte aber in Frankreich. In ihrem Werk „Das Buch von der Stadt der Frauen" La Cité des Dames setzte sie sich gegen die gehässigen Vorurteile der Männer betreffs des weiblichen Geschlechtes zur Wehr. Männer, die Frauen aus Missgunst verleumden, seien Kleingeister, welche Frauen in Ihrer Klugheit und Vornehmheit fürchten und deshalb den Frauen Übles nachsagen. Sie sagt, die Frau tauge nicht nur zum Gebären und für Hausarbeiten. Ebenso sei sie für Wissenschaft, Politik und Wirtschaft befähigt. Sie verfüge über dieselben Fähigkeiten wie ein Mann. Dem Mann wolle sie gleichberechtigt als Gefährtin und nicht als Sklavin zur Seite stehen.

    Was ich über das Bündnis weiß, erzähle ich so ganz nebenbei meinem Bruder Umberto, mit dem ich rein zufällig heute auf der Brücke der Freiheit Ponte della Libertà, auch „Die neue Brücke" Ponte Nuovo genannt, stehe.

    Bündnis für freie Frauen

    02 Alessia, Blumenverkäuferin fioraia: Wer sind die Mitglieder beim Bündnis Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig?

    Die Mitglieder (alphabetisch) sind - falls Sie das interessiert: Ich (Alessia, Blumenverkäuferin), Alice (Köchin), Alenia (Krankenschwester), Anna (Psychologin, Fremdenführerin), Arianne (Zahnärztin), Aurora (Buchhalterin), Beatrice (Schauspielerin), Bianca (Bäuerin), Brook (Richterin), Camilla (Krankenschwester), Chiara (Friseurin), Elena (Physiklaborantin), Elisa, (Friseurin), Emma (Soldatin), Fatima (Krankenschwesternhelferin), Francesca (Ingenieurin), Gaia (Malerin), Ginevra (Anwältin), Giorgia (Wissenschaftlerin), Giulia (Buchhändlerin), Greta (Restauratorin), Maria (Kellnerin), Martina (Hebamme), Matilde (Apothekerin), Mia (Kellnerin), Nadia (Sekretärin), Nicole (Modell), Noemi (Fotografin), Rebecca (Fischerin), Sara (Köchin), Sofia (Ärztin), Valeria (Fremdsprachenkorrespondentin), Viola (Musikerin), Vittoria (Pilotin), Zelinda (Diätassistentin).

    Alessia: Ich, Alessia, bin jüngstes Mitglied im Bündnis Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig

    Am 30.10.2018, 20.30 Uhr: Venedig wird von schweren Unwettern heimgesucht. Es herrscht Hochwasser acqua alta.

    Acqua alta ist das winterliche, alljährlich wiederkehrende Hochwasser. Es entsteht, wenn bei starker Flut und niedrigem Luftdruck der Tiefenwind Scirocco das Wasser vom Meer landeinwärts in die Lagune hineindrückt. Venedig ist eben eine Welt aus Wasser, Stein, Luft, Licht und Dunkelheit. Geringe Teile der Stadt sind heute überschwemmt. Der Markusplatz steht unter Wasser.

    Ich, Alessia, soll heute als jüngstes Mitglied in das Bündnis Christine de Pizan für freie Frauen in Venedig aufgenommen werden

    Ich bin 18 Jahre jung, Blumenverkäuferin, also Blumenmädchen

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