Der deutsche Professor: Handbuch für Studierende, Lehrer, Professoren und solche, die es werden wollen
By Wulf Rehder
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Jene Herrlichkeit des deutschen Professors, aber auch seine tägliche Arbeit in Forschung und Lehre, seine Weltanschauung und sein Liebesleben, dazu Beschreibungen abendfüllender Professorenspiele, ein Verzeichnis noch ungeschriebener Doktorarbeiten und ein unverzichtbares Lexikon professoraler Grundbegriffe - das sind die spannenden Themen des hier in dritter Auflage vorgelegten Klassikers.
Dieses Standardwerk ist das Ergebnis eigener Erfahrungen und langjähriger Beobachtungen des Autors im Kollegenkreis, ergänzt durch die genaue Lektüre deutscher Professoren von Schlegel bis Wilhelm von Humboldt, von Hegel bis Heidegger. Das Handbuch ist ein Muss für alle, die die Professorenlaufbahn einschlagen wollen, aber auch für die, die bereits nach dem Motto "Publizier oder krepier" leben und arbeiten. Und endlich auch für diejenigen, die gerne wissen möchten, warum sie die Herrlichkeit doch lieber meiden sollten.
"Köstlich, sublim, lächerlich. Noch ist es Zeit, dem schwer zu beschenkenden Professor im Bekanntenkreis dieses passende Präsent auf den Gabentisch zu legen."
Thomas von Randow, in DIE ZEIT vom 13.12.1985
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Der deutsche Professor - Wulf Rehder
I
DER DEUTSCHE PROFESSOR BEI DER ARBEIT
Arbeit [mhd. Arebeit, „Mühe, „Not
] zielbewußte Kraftbetätigung, bes. die auf Schaffung von Werten gerichtete körperliche oder geistige Tätigkeit des Menschen.
dtv-Lexikon, A-Bam (1979), S. 187
Der deutsche Professor definiert und legitimiert sich wie jeder Deutsche durch seinen Beruf und die Arbeit, die er in diesem Beruf ausübt. Dabei sollte hier Hans Magnus Enzensbergers Bemerkung beachtet werden: „Jeder Beruf hat seine eigenen Risiken, seine spezifischen Pathologien, seine deformation professionelle. Bergleute leiden unter ihrer Staublunge, Schriftsteller an narzißtischen Störungen, Regisseure an Größenwahn. Alle diese Defekte lassen sich auf die Produktionsbedingungen zurückführen, unter denen die Patienten arbeiten." (Siehe sein Buch Elixiere der Wissenschaft, (2004). S. 13).
Um also die Freuden und Leiden des Patienten „deutscher Professor" erfolgreich diagnostizieren zu können, müssen wir ihn bei der Arbeit beobachten. Als Produktionen seines Berufslebens sollen nun kurz die folgenden skizziert werden: Die Rezension, die wissenschaftliche Arbeit, die Vorlesung, die Nänie (Trauerrede) auf einen verstorbenen Kollegen, allgemeine Antworten auf allerlei spezielle Fragen von Studenten u.a., und die Vergabe und Betreuung von Doktorarbeiten.
1. Die Rezension
Ich meinesteils würde ebenso gern einer
Spielbank oder einem Bordell vorstehn
als so einer anonymen Rezensionshöhle.
A. Schopenhauer; Paralipomena. Über Schriftstellerei und Stil. Sämtliche Werke, § 281, Bd. 5, Darmstadt 1976, S. 605
Wiewohl Professor Georg Christoph Lichtenberg im Sudelheft D schriftlich behauptet: „Wenn er eine Rezension verfertigt, habe ich mir sagen lassen, soll er allemal die heftigsten Erektionen haben, so will ich dem aus eigener negativer Erfahrung und nach Einholen von Meinungen rezensierender Kollegen, die alle (bis auf einen klassischen Philologen) mit mir übereinstimmen, auf das allerentschiedenste widersprechen. Wahr und wichtig ist vielmehr nicht die erogene, sondern die rein eristische Komponente der Rezension, die streitbare Lust am Besserwissen. Jedes Buch, kaum hat es das Neonlicht im Buchladen erblickt, wird zuerst einmal von der allgemeinen Kinderkrankheit aller Bücher, der Rezension, angefallen. Mit Recht haben sich Lichtenberg und vor allem auch Schopenhauer gegen die anonyme Rezension gewehrt, deren Vertreter Schurken und Schufte, Hundsfötte und Blindschleichen betitelt werden. „Tout honnête homme doit avouer les livres qu’il publie
, wie Rousseau in der Vorrede zu seiner Neuen Hêloïse schreibt.
Wenn du dem oft verleumdeten Club der Rezensenten ernsthaft beitreten willst, wirst du einige Regeln zu deinem eigenen Vorteil beachten müssen. Wie im Leben allgemein, gilt es auch hier, den Unterschied zwischen dem Besserwissen und dem Bessermachen durch eine möglichst fehlerfreie Grammatik zu überbrücken. Um Emil Staiger zu rezensieren, musst du, ja darfst du nicht Emil Staiger sein; ein gut aufgelegter Max Frisch ist da besser. Generell wird die genannte Überbrückung desto reibungsloser gelingen, je inkommensurabler Autor und Rezensent sind. Verschiedenheit schafft Distanz, mithin Objektivität und klare Sätze.
Hast du selber über den zu rezensierenden Gegenstand, wie wir gerne sagen, „gearbeitet, und bist dabei zu entgegengesetzten oder auch gar keinen Ergebnissen gekommen, so wirst du geschickter Weise deine ablehnende Argumentation durch Hinweise auf die sogenannte „vorhandene Literatur
beträchtlich abkürzen können. Geht es in einer Rezension doch nicht so sehr darum, recht zu haben oder zu bekommen, als recht zu behalten. Auch ist es sehr gefährlich, sagt Voltaire irgendwo, in Dingen Recht zu haben, wo große Leute unrecht gehabt haben. Die Verfasser eben dieser vorhandenen Literatur werden dir übrigens darin beistimmen, dass die Wahrung des geistigen Besitzstandes allemal wichtiger ist als der schnöde Erwerb neuen Besitzes.
Der Besprechungsteil eines Journals ist nicht der Ort, sich wissenschaftlich zu verausgaben. Dagegen bietet die Rezension eine billige Gelegenheit zu feinem Lob und gerechtem Tadel. Lob vermag besonders wohlfeil auf den Rezensenten zurückzuwirken nach der horazischen Maxime „Acedas socius, laudes, lauderis ut absens (Sat. II, 5/72) – „Werde Kumpan und lobe, damit man dich wieder lobt, in deiner Abwesenheit
. In der Tat, es ist ja möglich, dass jemand dich rezensiert. Wenn er deine Werke lobt und preist, gut; dann hat er sich an die Clubregeln