Wirbelsturm im Bethaus
Von Nelli Epp
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Über dieses E-Book
Wird sie nun doch den Weg in die Gemeinde finden? Und Maria? Sie hat jetzt auch die Vorzüge eines freien Lebens kennen gelernt. Nutzt sie die Gelegenheit, die Enge des Gemeindelebens hinter sich zu lassen?
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Buchvorschau
Wirbelsturm im Bethaus - Nelli Epp
Kapitel 1 Reise in die Vergangenheit
August 2016
Ich musste eingenickt sein. Mit einem unterdrückten Gähnen streckte ich Arme und Beine und sah aus dem Zugfenster. Dörfliche westfälische Landschaft zog vorbei und Erinnerungen kamen hoch wie ein alter Film, den ich ewig nicht mehr gesehen hatte. Die nächste Station war Bertel. In etwa einer halben Stunde würde ich in Eisenfeld ankommen.
Unglaubliche 8 Jahre war ich nicht mehr hier gewesen. Seit mein Vater und ich nach Wiesbaden gezogen sind - in die Nähe meiner Schwester. Seitdem hatte ich keinen Grund mehr gehabt, den Ort meiner Kindheit zu besuchen. Und dann kam vor vier Monaten ein Brief meiner ehemals besten Freundin Maria. Eine Einladung zu ihrer Hochzeit. Ich war ordentlich nervös. Lichtenreich. Eine Station noch. Ich kramte in meinem kleinen braunen Lederrucksack nach meinem Spiegel. Ich wollte nicht zerzaust und verschlafen aussehen. Rasch zog ich Lippenstift und Kajal etwas nach und strich meine Haare hinter die Ohren. Ok. Bereit. Es konnte losgehen. Maria hatte angeboten, dass ihr Bruder mich abholen könnte. Das Angebot hatte ich dankend angenommen und etwas außerhalb von Eisenfeld ein Zimmer in einer kleinen Pension gebucht. Auch das war schon lustig: meine Vermieterin hieß Elisabeth Giesbrecht. Es wimmelte hier nur so von Russlanddeutschen, die man schnell am Namen erkannte. In jeder Familie gab es eine Helene einen Viktor und mindestens eine Olga und einen Jakob. Ich kicherte und der junge Mann mir gegenüber sah mich seltsam an. Sein jungenhaftes Aussehen, die brave Kleidung und der Seitenscheitel ließen mich vermuten, dass er auch ein Viktor oder Jakob war.
Die Ansage holte mich aus meinen Gedanken: „In wenigen Minuten erreichen wir Eisenfeld".
Ich holte meinen Koffer aus der Gepäckablage und rückte meine Jeansjacke zurecht. Ich trug dazu eine bequeme hellbraune Stoffhose und braune Schuhe mit einem leichten Absatz. Wie die Begegnung mit Maria und ihrer Familie wohl sein würde? Ich stieg aus dem Zug und sah mich nach allen Seiten um. Mit mir stiegen weitere 6 Personen aus. Eine Familie mit 2 Kindern und ein älteres Paar, das bereits dabei war, in ein Taxi einzusteigen.
„Susanne? Ich sah mich um und ein schlanker junger Mann stand vor mir mit einem breiten Lächeln, das mir gleich vertraut vorkam. „Edi. Du hast dich kaum verändert - bist nur etwas länger geworden.
„Dich hab ich auch sofort erkannt. Deine Sommersprossen und die blonden Haare. Schick siehst du aus. Hat die Fahrt gut geklappt? „Ja, es war nicht viel los und ich musste von Siegen aus nur 1 mal umsteigen. Das war ganz entspannt.
„Ich würde vorschlagen, ich bringe dich zu deiner Pension und hole dich zum Abendessen ab. Maria freut sich schon riesig auf dich. Aber ich denke, du wirst dich erst einmal ausruhen wollen. Ich überlegte kurz. „Wenn es dir nichts ausmacht, kurz zu warten, würde ich gern nur mein Gepäck in die Pension bringen und einchecken und dann direkt mitkommen. Ich kann ja vielleicht beim Essen vorbereiten etwas helfen.
„Kein Problem. Ach ja, da kommt ja ein Profi ins Haus. Am Herd macht dir so schnell keiner was vor, oder? Wie viele Sterne hast du noch gleich? Ich musste lachen. „Sterne- wäre schön, aber so scharf drauf bin ich nicht. Ich fühl mich wohl in der Küche des Bistros, das ich mit meiner besten Freundin führe.
Ein Schatten huschte über Edis Gesicht. Der Ausdruck beste Freundin war früher stets auf seine Schwester Maria bezogen. „Na, jedenfalls bin ich zufrieden mit meinem Leben und meinem Job."
„Das freut mich zu hören", meinte Edi und hatte sein Lächeln schnell wiedergefunden.
Er packte mein Gepäck in den Kofferraum seines Fabia Kombi, öffnete die Beifahrertür und sagte mit einer angedeuteten Verbeugung. „Ich möchte dir jemanden vorstellen: das ist meine Frau Lina. Ein bildhübsches dunkelhaariges Mädchen stieg aus. Sie hatte dichtes, dunkelbraunes Haar, das in einem Zopf um ihren Kopf herum festgesteckt war. Ihre Augen waren braun und funkelten mit ihren unglaublich weissen Zähnen um die Wette. Sie hätte locker als Model durchgehen können. Aber sie wirke so jung und arglos. Nie wäre ich darauf gekommen, dass sie verheiratet war. „Na, alle Achtung, Edi. Da hast du aber einen Volltreffer gelandet. Herzlichen Glückwunsch.
Beide mussten lachen. Und Edi war doch tatsächlich rot geworden. „So, jetzt aber los", sagte er schnell.
Es dauerte nur wenige Minuten zu meiner Pension. Es war ein hübsches kleines Häuschen mit roten und weißen Geranien auf den Fensterbänken und jeder Menge Blumen und Kräutern im
Vorgarten. Ein buntes aber schönes Durcheinander. Die Tür öffnete sich und vor uns stand eine kleine, rundliche Frau mit grauen, lockigen Haaren und einem freundlichen Gesicht. Ich fühlte mich gleich wohl. „Hier ist nicht so viel Verkehr. Da höre ich gleich, wenn ein Auto am Haus parkt. Sie müssen müde sein. Ich werde Ihnen das Zimmer zeigen und den Papierkram können wir auch später oder morgen machen. Ich erklärte, dass ich nur mein Gepäck dort lassen wollte, um dann zu meiner Freundin zu fahren. „Oh, das verstehe ich gut, Sie haben sich lange nicht gesehen oder?
„Acht Jahre", antworte ich und merkte in dem Moment, wie seltsam das klang. Als ich mich von der netten Wirtin verabschiedet hatte, ging ich nach draussen, wo Edi bereits den Wagen gewendet hatte und wartete. Ich versuchte, mich während der Fahrt auf die Gegend zu konzentrieren. Manches sah bekannt aus, anderes wirkte fremd und neu. Schließlich bogen wir in eine Wohnsiedlung mit lauter Einfamilienhäusern ab und parkten vor dem hellgelben Haus mit großer Terrasse. Marias Elternhaus sah genau so aus, wie ich es in Erinnerung hatte.
Ich sah mich neugierig um. Alles wirkte sehr ordentlich. Dunkelbraune Holzmöbel auf der Terrasse, geharkte Blumenbeete…
Weiter kam ich nicht, denn eine junge Frau kam mit einem herzlichen Lächeln auf mich zu und umarmte mich. „Ich freu mich so, dass du da bist." Maria strahlte mich an. Natürlich erkannte ich sie sofort wieder, aber sie wirkte anders als ihr jüngerer Bruder sehr gereift und ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Trauriges, Abgeklärtes an sich. Was sie wohl in den letzten Jahren erlebt hatte? Welche Höhen und Tiefen hatten sie zu der Frau werden lassen, die jetzt vor mir stand? Wir sahen uns an und wahrscheinlich gingen ihr ähnliche Fragen durch den Kopf.
„Komm rein, meine Eltern freuen sich auch schon, dich zu sehen. „Bist du dir da sicher?
fragte ich zweifelnd. Dem abrupten Ende unserer Freundschaft vor acht Jahren war ein heftiger Streit vorausgegangen. Damals waren Marias Eltern nicht nur sauer auf mich, sondern auch bitter enttäuscht. So fühlte ich mich auch als erwachsene Frau prüfend von den beiden gemustert, als wir die Diele betraten.
„Guten Tag Frau und Herr Esau. begrüßte ich die beiden und gab ihnen die Hand. „Ach, Susanne, sag doch einfach Olga und Jakob, sonst denke ich, du bist ganz fremd
, meinte Marias
Mutter und nahm mich in den Arm. Ihr Vater war schon immer eher ein Mann der wenigen Worte und begrüßte mich mit einem „Herzlich willkommen.. äh, ja, ich bin Jakob." Es blieb beim Handschlag, aber das störte mich gar nicht.
„Du musst unbedingt erzählen, wie es dir ergangen ist. Susanna, Susanna, erwachsen bist du geworden… Aber geheiratet hast du noch nicht, oder? Du bist eine tolle Köchin, haben wir gehört. Das hast du gut gemacht. Kochen hat dir schon immer Spaß gemacht. Das würde ich mir etwas mehr für unsere Maria wünschen. Das ist doch so wichtig. Backen kann sie. Aber kochen? Keine Interesse…" Olga hätte ihren Redefluss bestimmt noch nicht beendet, wäre nicht Maria dazwischen gegangen.
„Mama, wir haben heute noch etwas vor. Das weißt du doch. Zu mir gewandt sagte sie: „Meinen Verlobten wirst du morgen kennenlernen. Heute würde ich gerne nur zu zweit essen gehen. Ich hab gedacht, wir fahren nach Lichtenreich zum Italiener. Wie in alten Zeiten. Was hältst du davon?
„Sehr gute Idee. Auf Pizza habe ich immer Lust - auch wie in alten Zeiten. „Na dann, komm.
Sie nahm meine Hand und zog mich nach draußen.
Die Fahrt in ihrem etwas älteren Ford Fiesta war laut und rappelig und sie redete in einer Tour. Das hatte sie früher schon gemacht, wenn sie nervös war. Ich versuche zuzuhören, aber meine Gedanken schweifen immer wieder ab in die Vergangenheit. Ich erinnere mich genau, wo ich Maria das erste mal begegnet bin.
Kapitel 2 Wie alles begann
September 2003
Es ging um ein Kunst-Projekt in der Schule. Ich war schon immer ganz gut darin, etwas in Worte zu fassen. Also wurde ich damit betraut, die Geschichte unserer Stadt und die der Schule in einer Erzählung wiederzugeben. Einige Schüler hatten ihre Manuskripte eingereicht und meins hatte gewonnen. Ich hatte mich von meiner Vorliebe für das Mittelalter inspirieren lassen und so eine Art modernes Märchen geschrieben, in dem ein Mönch sich plötzlich im 20. Jahrhundert befindet und bei der Gründung der Stadt Eisenfeld dabei war. Nun musste noch jemand her, der zu meinen Texten die passenden Bilder zeichnete. Hier kam Maria ins Spiel. Sie war phantastisch. Ich hatte einige ihrer comicartigen Zeichnungen gesehen und war mir gleich sicher, dass das passt. Bestimmt hatte ich sie vorher schon einmal gesehen - sie war in meiner Parallelklasse, aber ich brachte mit dem Namen Maria Esau kein Gesicht in Zusammenhang. Unser erstes Treffen fand im Kunstraum statt. Während die anderen aus meiner Klasse zu einem anderen Thema Symmetrische Zeichnungen fertig stellten, sollten Maria und ich die Zeichnungen für den Projekt besprechen. Als sie hereinkam und sich vorstellte, musterte ich sie unbewusst von Kopf bis Fuß. Etwas an ihr war merkwürdig. Sie war freundlich und sah nett und schüchtern aus. Ihre langen Haare waren zu einem Zopf geflochten, der ihr fast bis auf den Hintern fiel. Sie trug ein kariertes Flanellhemd und einen langen Rock aus so einer Art Jeansstoff. Sie sah so schlicht aus und trotzdem hatte ihr Auftreten etwas besonderes. Sie setzte sich mir gegenüber hin und holte eine Mappe aus ihrer Umhängetasche. Ich starrte sie immer noch an und sie sagte leicht irritiert: „Können wir anfangen? Ich hab einen Teil deiner Texte ja letzte Woche beim Vorlesen bereits gehört und habe ein paar Skizzen der Hauptfiguren entworfen. „Äh… ja, natürlich
, meinte ich etwas verlegen und konzentrierte mich nun ganz auf ihre Entwürfe. Sie waren toll. Der Stil gefiel mir und wir konnten gut miteinander arbeiten. Sie verstand meine Vorstellung und brachte auch jede Menge eigener Ideen ein. Die Unterrichtsstunde verging wie im Flug.
Wir tauschten unsere Handynummern aus und beschlossen, uns in den nächste Tagen noch einmal zu treffen. Das war der Anfang einer ganz besonderen und ungewöhnlichen Freundschaft. Ich freute mich sehr über diesen neuen Kontakt. Meine Freundin Bianca, die ich seit dem Kindergarten schon kannte, hatte kaum noch Zeit für Dinge außerhalb des Pferdestalls. Sie hatte sich immer mehr auf ihr zeitaufwendiges Hobby konzentriert. Da konnte ich nicht mithalten. Nicht, dass ich etwas gegen Pferde hätte. Im Gegenteil: ich sah ihr auch mal gerne beim Reiten zu. Aber für mich konnte ich mir das nicht vorstellen. Und ständig nur Zuschauer zu sein, war sterbenslangweilig. Als dann vor einem Jahr Monika neu in unsere Klasse kam, haben die beiden Pferdenärrinnen sich sofort gefunden und ich fühlte mich schnell wie das fünfte Rad am Wagen. In letzter Zeit wurde ich oft enttäuscht, wenn ich versuchte, mich mit den beiden zu verabreden. Jedesmal kam entweder ein Ausritt, ein wichtiges Turnier oder ähnliches dazwischen. Mit Maria verstand ich mich blendend. Sie hatte einen tollen Sinn für Humor und war genau wie ich eine Leseratte. Als wir mit dem Schulprojekt so gut wie fertig waren, ging ich wie selbstverständlich davon aus, dass wir uns weiterhin verabreden würden. Aber jedesmal, wenn ich sie fragte, ob sie Lust hätte, mal ein Eis essen zu gehen oder ins Kino, hatte sie keine Zeit. Ich versuchte es noch einmal anders:
„Wozu hättest du denn Lust? Kino oder Eis scheinen ja nicht so dein Ding zu sein. Also, spuck’s aus. Stehst du auf Spaziergänge oder Tretboot fahren? Ich würde mich jedenfalls gerne weiter mit dir treffen. Maria wurde verlegen und ihr Gesichtsausdruck sagte mir, dass sie wieder nach einer ihrer Ausflüchte suchte. „Erzähl mir nicht, dass du nie Zeit hast.
„Tja, viel Zeit habe ich wirklich nicht. Und ich habe in den letzten Wochen mein Üben am Klavier ziemlich schleifen lassen. Und… Ich wurde langsam sauer. „Ok, ich weiß nicht, was ich dir getan habe, oder ob du mich einfach nicht magst. Dann sag es mir bitte ehrlich ins Gesicht. Die blöden Ausreden kann ich jedenfalls nicht mehr hören.
Es machte sie sichtlich betroffen, mich so wütend zu sehen, aber ich fand ihr Verhalten so blöd und albern, dass ich nicht anders konnte.
„Wenn ich nicht gut genug für dich bin, ist das auch in Ordnung. Dann war’s das eben. Ich wünsch dir noch ein schönes Leben, erklärte ich ruppig, drehte ihr den Rücken zu und ging. Den ganzen Abend rechnete ich mit einem Anruf oder zumindest mit einer SMS von ihr. Nichts. Mein schlechtes Gewissen wurde laut. Ich hätte sie nicht so anschnauzen sollen. Schließlich war sie immer nett zu mir gewesen. Aber genau das war ja das Komische. Sie war fast unheimlich ausgeglichen, nett und hilfsbereit. Nicht nur mir gegenüber. Als würde sie über den Dingen stehen, sich nie ärgern oder aus der Fassung bringen lassen. Das konnte doch nicht echt sein. Am nächsten Morgen piepte mein Handy, als ich gerade dabei war, mein Fahrrad aus der Garage zu holen. Tatsächlich eine SMS von Maria. „Hast du heute Zeit? Ich muss mit dir reden. 15 Uhr am NP -Markt?
Ich antwortete knapp mit einem OK und wartete gespannt auf den Nachmittag.
Als ich auf den Parkplatz des NP Marktes fuhr, lehnte Maria neben ihrem Fahrrad an der Mauer und sah mich sofort. Sie wirkte noch schüchterner als sonst. „Hi,grüßte ich kurz, lehnte ebenfalls mein Rad an die Mauer und setzte mich daneben. „Hi. Ich glaube, ich muss dir was über mich erklären.
Ich sah sie neugierig von der Seite an, während sie meinem Blick zunächst
auswich. „Ich darf mich weder mit dir noch mit den anderen aus der Schule treffen. Das erlaubt meine Kirche nicht und meine Eltern auch nicht. Solange es mit einem Schulprojekt zu tun hatte, war es ok… Ich war völlig überrumpelt. Mit so einem Problem hatte ich nicht gerechnet. Und sauer machte es mich auch. „Wie jetzt? Sind wir alle nicht heilig und nicht gläubig genug? Ich glaube auch an Gott - schließlich bin ich getauft und konfirmiert. Ich geh auch in die Kirche. Na ja, nicht jeden Sonntag… aber doch manchmal.
Maria schüttelte den Kopf. „Es ist komplizierter… Es gibt in unserem Glauben so viele Regeln. Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll. Also: es sind nur Freundschaften innerhalb der Kirche erlaubt. Alle anderen Kontakte… sind… wie soll ich das