Ein Riese in der Badewanne
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Oki hat eine Aufgabe: Weil er viel zu klein ist, wird er bei den Riesen nicht ernstgenommen. In der Menschenwelt soll er deshalb richtige Freunde finden. So erleben Moritz, Mimi und Oki ein wunderbar warmherziges Abenteuer, das sich um eines der wichtigsten Themen des Lebens dreht: wahre Freundschaft.
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Book preview
Ein Riese in der Badewanne - Daniela Streitenberger
Das große Buch des kleinen Riesen
Die großen Sommerferien gingen dem Ende entgegen. Moritz verbrachte diese wie jedes Jahr bei seiner Großmutter in den Bergen. Am letzten Tag nahm ihn seine Oma mit auf den Speicher.
„Geh und such dir was aus!, sagte sie. „Als kleines Andenken sozusagen.
Sie zwinkerte ihm zu und wandte sich zu einer großen, verstaubten Eichentruhe. Der Deckel quietschte und ließ sich schwer öffnen. Staunend blickte Moritz hinein. Was dort alles drin lag!
„Nur zu!", ermutigte ihn die Großmutter.
Zaghaft griff der Bub hinein. Das Erste, was er hervorholte, war ein blauer Seidenschal.
„Ach! Den hatte ich ganz vergessen. Ein Geschenk von deinem Großvater zu unserer Cabriofahrt in den Flitterwochen. Das war herrlich", schwärmte die alte Dame.
„Und wer ist das?", fragte der Enkel und hielt ein verblasstes Schwarzweißfoto in einem Holzrahmen empor.
„Das bin ich als kleines Mädchen. Ich war neun Jahre alt. Also genauso alt wie du jetzt. Ich erinnere mich noch gut an diese Zeit. Meine absolute Lieblingsbeschäftigung war es, in dem großen Buch des kleinen Riesen zu lesen. Das war vielleicht spannend, kann ich dir sagen." Sie sah Moritz vielsagend über ihre Lesebrille hinweg an.
„Das große Buch des kleinen Riesen?", wiederholte Moritz.
„Ja, bestätigte seine Oma. „Warte mal! Es muss hier noch irgendwo in der Kiste sein.
Sie kramte in den Tiefen der Eichentruhe. Wenig später und mit einigen Spinnweben in den Haaren hielt sie ein großes, in Leder gebundenes Buch in Händen. Langsam legte sie es auf den Dielenboden.
„Das ist es!" Die alte Dame pustete den Staub vom Buchrücken und Moritz konnte den Titel lesen:
Das große Buch des kleinen Riesen
Wie gebannt blickte Moritz darauf. Irgendwie hatte es etwas Magisches. Er konnte seinen Blick nicht mehr davon lösen und wollte nur noch eines: Dieses Buch lesen.
„Wie ich sehe, sprach die Großmutter, „hast du dein Geschenk gefunden. Wenn du möchtest, nimm es mit nach Hause. Es gehört jetzt dir.
Sie grinste ihren Enkel verschmitzt an.
„Und ob ich das möchte!, entgegnete dieser. „Oma! Du bist die Beste. Danke.
Er umarmte sie. Dann trug er das schwere Buch behutsam die Dachbodenstiege hinunter.
Dann wurde es auch schon Zeit, auf Wiedersehen zu sagen, denn der Schulbeginn stand am nächsten Tag bevor. Der Abschied war herzlich und Moritz freute sich schon darauf, seine Oma in den nächsten Ferien wieder zu besuchen.
Kaum zu Hause angekommen, klappte der Junge das Buch auf. Er konnte es nicht mehr erwarten, endlich darin zu lesen.
„Einst lebten die Riesen. Fernab von den Menschen, hoch oben in den Bergen. Überlieferungen zufolge waren es meterhohe Wesen mit enormer Kraft. Mühelos konnten sie Bäume entwurzeln und diese mehrere Kilometer weit werfen. Ihr menschenähnliches Aussehen war wüst und ungepflegt. Die Männer hatten lange, zottelige Bärte. Die Frauen trugen verfilzte Haare und zerrissene Kleider. Und sogar die Kinder
„Moritz! Schlafenszeit. Mach das Licht aus. Morgen früh beginnt die Schule wieder." Moritz’ Mutter streckte ihren Kopf ins Kinderzimmer.
Ganz in Gedanken hob der Junge den Kopf.
„Schlaf gut, mein Schatz", sagte sie liebevoll. Dann schloss sie die Tür hinter sich.
„Gute Nacht, Mama", erwiderte Moritz und knipste die Nachttischlampe aus.
Doch ans Schlafen war überhaupt nicht zu denken. Nachdem die Mutter außer Hörweite war, warf er sich die Bettdecke über den Kopf, schaltete seine Taschenlampe an und las weiter.
„ Und sogar die Kinder waren so groß wie Babyelefanten. Dementsprechend aßen sie Unmengen an Nahrungsmitteln. Alles Essbare, das sie zwischen die Finger bekamen, wurde gefuttert, damit sie groß und stark wurden. Die Menschen in den Tälern fürchteten die Riesen, obwohl diese meist in ihren Berghöhlen blieben. Bei Gewitter aber ließen sie ihrer Stärke freien Lauf. Sie liebten es, mit haushohen Felsbrocken gegeneinanderzutrommeln und die Funken ihrer Lagerfeuer sprühen zu lassen. Es donnerte und blitzte. Je lauter, desto besser, fanden die Riesen. Die Menschen hingegen bekamen Angst. Sie versteckten sich in ihren Häusern und hofften inständig, nie einem solchen Wesen zu begegnen …"
„Moritz? Moritz! Aufstehen! Die Schule fängt an." Die Mutter rüttelte ihren Sohn sanft am Arm.
„Was?" Verschlafen blickte dieser auf. Er war über dem Riesenbuch eingeschlafen.
„Ach, Schatz! Ich habe doch gesagt, du sollst nicht mehr lesen."
„Du hast nur gesagt, ich soll das Licht ausmachen", entgegnete Moritz.
Die Mutter seufzte. „Na, komm! Aufstehen, Zähne putzen, frühstücken."
Widerwillig folgte der Junge und ließ das Buch zurück.
Der erste Schultag war wie jedes Jahr aufregend. Nach den Ferien hatten alle viel zu erzählen. Moritz freute sich, seine Freunde wiederzusehen. Besonders Mimi. Also eigentlich Miriam, aber alle nannten sie Mimi. Seit der ersten Klasse waren die beiden unzertrennlich. Sie saßen nebeneinander und verbrachten jede freie Minute gemeinsam.
Mimi war schon auf ihrem Platz, als Moritz mit dem letzten Glockenschlag das Klassenzimmer betrat. Sie winkte ihm zu.
„Moritz. Hey, Moritz! Hier!" Sie grinste übers ganze Gesicht, als er sich neben sie setzte.
„Du bist ja mal wieder überpünktlich", stichelte sie.
Moritz ging nicht darauf ein,