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Ink Trouble: Einblicke in den Studioalltag
Ink Trouble: Einblicke in den Studioalltag
Ink Trouble: Einblicke in den Studioalltag
Ebook196 pages2 hours

Ink Trouble: Einblicke in den Studioalltag

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About this ebook

Ink Trouble ist eine Zusammenfassung von Kurzgeschichten, die auf Erlebnissen im Tattoostudio-Alltag basieren. Teils witzig, teils nachdenklich erzählt die Autorin von ihrem Tagesablauf. Dieses Buch bietet informative Einblicke hinter die Kulissen und ist somit sowohl für Anhänger der Körperkunst als auch für die, die es vielleicht mal werden wollen, geeignet.
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateNov 30, 2020
ISBN9783347180499
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    Book preview

    Ink Trouble - Susa Renn

    Vorwort

    Tätowierte sind auch nur Menschen.

    Nur etwas bunter und geiler…

    Kurzgeschichten aus dem Studioalltag einer Tätowiererin.

    Einleitend möchte ich sagen, dass alle Storys frei erfunden und eventuelle Gemeinsamkeiten mit bestimmten Situationen oder Personen absoluter Zufall sind.

    Das ist der Anfang vom Ende oder gleichzusetzen mit Dantes Inferno…

    Als ich vor 12 Jahren beschloss, in die Kosmetikbranche einzusteigen war, mir nicht klar, dass dazu eine psychologische

    Fachausbildung notwendig ist. Trouble, Hektik und Stress sind an der Tagesordnung in unserer Branche. Hinzu kommen körperliche und emotionale Anstrengung. Aber nachdem ich jetzt so lange dabei bin, denke ich jeden Tag aufs Neue, dass über meiner Studiotür auch stehen könnte:

    – Tattoostudio inklusive Lebensberatung –

    Im Laufe der Jahre sind viele verschiedene Persönlichkeiten in mein Leben getreten, die mich mehr oder minder geprägt haben. Dennoch haben sie alle eins gemeinsam: Unter Schmerz gestehen sie ihre dunkelsten Geheimnisse und die Tattoonadel lockert ihre Zunge. Wenn ich euch meinen normalen Studioalltag schildere, dann sage ich nur wie bei Dantes Inferno:

    Die, die ihr eintretet, lasset alle Hoffnung fahren!

    Da das Ganze einen gewissen Unterhaltungswert bietet, werde ich die mehr oder weniger amüsanten Geschichten mit euch teilen. Falls der ein oder andere sich zufällig wiedererkennt…

    Pffffff… das bildet ihr euch doch nur ein… Zuerst einmal muss ich feststellen, dass man in diesem Job kein ROCKSTAR ist, sondern dass es ein KNOCHENJOB ist, der einem immer wieder vor Augen führt, wie scheiße Menschen manchmal zueinander sind.

    Tatsache ist, dass wir als Individuen mitunter doch sehr anstrengend sind und, man glaubt es kaum, ein wahnsinnig hohes Mitteilungspotenzial haben.

    Aber dazu später mehr. Lasst euch entführen in eine Welt bizarrer Geschichten, die mich zu diesem Buch inspiriert haben. Danke an alle, die mir die Treue gehalten und all die Jahre hinter mir gestanden haben.

    Ihr seid die Besten…

    Trouble oder Sex, Crime and Rock 'n' Roll

    Mit dieser Geschichte möchte ich zeigen, wie vielschichtig das Kundenklientel in der heutigen Studiowelt geworden ist.

    Vom einfachen Straßenarbeiter bis hin zur Ärztin, vom ehemaligen Kriminellen über den Justizvollzugsangestellten oder der Rechtsanwältin bis hin zum Polizisten.

    Die Zeiten, in denen nur fahrendes Volk, Seeleute, Ex-Knackis oder Leute aus der Musikszene Tätowierungen hatten, ist Gott sei Dank vorbei. Sich mit Tattoos zu schmücken ist gesellschaftsfähig geworden und hat sich zu einer Kunstform entwickelt, die sich durch alle sozialen Schichten zieht.

    Einst als assi oder prollig verschrien, sind Tattoos heute - zumindest bei guten Künstlern - nur noch der Mittel- oder Oberschicht vorbehalten.

    Je nach Künstler und Bundesland werden Stundensätze von 80 Euro aufwärts bis hin zu Tagessätzen von 1600 Euro gehandelt.

    Vom Pornosternchen bis hin zur Richterin möchten sich viele mit einzigartigen Hautbildern nach eigenen Vorstellungen vervoll ständigen. Wenn so viele verschiedene Charaktere aufeinandertreffen, musst du als Studioinhaber absolut Multitasking- und sehr lernfähig sein.

    Es ist wichtig, sich schnell an den jeweiligen Kunden anzupassen, damit jede Wunschvorstellung so gut wie möglich umgesetzt werden kann.

    Da hier pausenlos Trouble herrscht, ist es normal, dass einem hin und wieder der Kopf raucht und es manchmal nicht so leicht ist, allem gerecht zu werden.

    Ich liebe meinen Job, der kreativer nicht sein könnte und der Umgang mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten befriedigt mich jeden Tag aufs Neue. Ich bin unendlich glücklich, dass ich diesen Weg hier mit euch gegangen bin.

    Es gibt aber doch Momente, in denen Fremdschämen absolut angesagt ist.

    Beispielsweise wenn das Pornosternchen der Frau Richterin begegnet und damit zwei gesellschaftliche Welten aufeinanderprallen.

    „Mein Gott, dieser verfickte Job kotzt mich an. Ich bin schon wieder wund und kann keine Schwänze mehr sehen!"

    Das als Begrüßungssatz beim Reinkommen ist schon harter Tobak.

    Die Gerichtsbarkeit im Wartebereich zieht pikiert die Augenbrauen hoch und du als Inhaber beeilst dich, eine Brücke zu bauen. Keiner soll sich vom anderen abgestoßen fühlen und zu 95 Prozent meistere ich das ganz gut.

    Wenn ich dann mal kurz den Raum verlasse und bei der Rückkehr beide in einem regen Gespräch vorfinde, denke ich immer wieder: Wie flexibel wir doch sein können.

    Egal, welcher sozialen Schicht wir angehören.

    So sind wir geschaffen und wenn nicht total versnobt, bringen wir alle etwas Empathie mit.

    Manchmal denke ich, was soll´s, Geld verdirbt den Charakter und ich glaube, es ist tatsächlich so.

    Ich kenne Menschen mit Geld, die gefühlsmäßig wirklich abgestumpft und kalt wie ein Fisch sind.

    Da ist der Ruhrpott-Proll mit wenig Geld doch eher der mit dem Herz am richtigen Fleck. Und meistens auch der mit viel Liebe und Verständnis für die Gesellschaft.

    Und dann noch die Gruppierung, die nichts merkt, hier ist sowieso Hopfen und Malz verloren.

    Aber gerade das ist es, was den Job so reizvoll macht und mir immer wieder vor Augen hält, in was für seichten Wellen mein Leben vor sich hinschaukelt. Wie entspannt und lustig ich doch eigentlich meine Arbeitstage verbringe.

    Sämtliche aktuelle Themen sind hier vertreten und eigentlich bin ich selbst ohne Nachrichten im TV dazu gezwungen, mich mit allem auseinanderzusetzen.

    Von Corona bis hin zum Darknet ist hier alles mehr oder weniger dabei… Und eigentlich bin ich durch meine Kunden und Besucher immer bestens informiert, was in der Welt so passiert.

    Uns Tätowierern euer Vertrauen zu schenken, was eure Haut, aber auch eure Seele betrifft, ist schon jeden Tag aufs Neue immer wieder aufregend.

    Und wenn man sich dann näher kennt, freut man sich geradezu auf den nächsten Termin.

    Und ich genieße jede einzelne Minute mit Euch, meine Lieben!

    Beste Freundin oder Schmarotzer?

    Zu Beginn meiner Laufbahn war ich doch schon sehr erstaunt, wie viele beste Freundinnen ich auf einmal hatte. Es kam schon eine beträchtliche Anzahl zusammen.

    Ich wusste gar nicht, dass ich so beliebt sein kann, da ich doch eher ein launischer Mensch bin. Wenn auch immer mit einem Lächeln auf den Lippen, aber manchmal halt mies drauf.

    Der Kunde ist ja schließlich König. Oder wie man immer so schön sagt: Wer ficken will, muss freundlich sein…

    In meinem Leben hat eigentlich nur eine den Namen beste Freundin verdient: Das ist meine seit 40 Jahren treue Wegbegleiterin Danny (sorry, Schatz… wenn du das hier liest, mir fiel kein besserer Name ein).

    Als ich also eines schönen Tages ein kleines Blümchentattoo am Fuß einer lieben Kundin vor mich hin stach, sagte diese plötzlich: „Ich soll dir übrigens liebe Grüße von deiner besten Freundin bestellen!" Dabei zupfte sie unbeteiligt am Saum ihres Pullovers herum und wirkte tiefenentspannt.

    Überrascht hielt ich inne, schaute hoch und versuchte in ihren Gesichtszügen zu lesen. Ihre Mimik ließ keine Gefühlsregung erkennen.

    „Ähhh, meine beste Freundin kommt nicht von hier und wir sehen uns eher selten!", war meine irritierte Antwort.

    Ich wunderte mich über ihre Aussage.

    Darauf mein Gegenüber: „Hab sie aber gestern im Stadtpark getroffen und erzählt, dass ich einen Termin bei dir habe!"

    Aha, ich war doch etwas sehr erstaunt und muss wohl komisch aus dem Kragen geschaut haben.

    Daher rührte wohl der Versuch meiner Kundin, mir meine beste Freundin recht anschaulich zu beschreiben.

    „Sie ist blond, Ende dreißig, schmuddelig und hatte einen braunen Terrier an der Leine!"

    Entsetzt erkannte ich eine andere Kundin, die ich bis jetzt zwei Mal tätowiert hatte. Sie gehörte nicht gerade zu meinen Lieblingen und doch war ich immer sehr freundlich zu ihr gewesen.

    Davon abgesehen brachte ich nicht unbedingt viel Sympathie ihr gegenüber auf.

    Doris, meine Kundin, meinte ganz trocken: „Hmmm… sie hat gesagt, schon lange meine beste Freundin, die Susa… Grüß mal schön von mir!"

    Verzweifelt versuchte ich, das Missverständnis aufzuklären, da man ja nicht mit jedem komischen Individuum auf dieser Welt best friends sein will, aber Doris sah mich nur seltsam an.

    Sie glaubte mir kein Wort. Je mehr ich mich verteidigte, desto schuldiger sah sie aus. Also schwieg ich besser.

    Na toll, jetzt habe ich Dutzende von besten Freundinnen und wahrscheinlich genau so viele beste Freunde in meinem Umfeld, die ich mehr oder weniger kaum kenne. Sehr frustrierend, aber wahr…

    Aber dann gibt es da auch noch die Kategorie der angeblichen Freundin, die den Kauf einer Dienstleistung mit dem Kauf deiner Freundschaft verwechselt.

    Also bimmelt dann auch schon mal nachts um 0:35 Uhr dein Handy und du liest eine ellenlange Nachricht über die Sexprobleme eines Menschen, den du vielleicht gerade mal 5 Stunden kennst.

    Abschließend wirst du dann noch gefragt: „Was würdest Du jetzt an meiner Stelle machen?"

    Du sitzt dort mit deinem Handy und denkst: Hä…. wer zum Teufel ist das? Kenne ich die?

    Nun ja, dann hast du endlich schlaftrunken die wirre Nachricht entziffert und antwortest knapp mit einem Smiley.

    Dann reagiert man am anderen Ende beleidigt, aber nicht beleidigt genug, um zu so später Stunde noch nach einem Tattootermin nebst Preis zu fragen…

    Natürlich wird auch der Freundschaftsbonus ins Spiel gebracht.

    Herr im Himmel, das sind die Momente im Leben, in denen man sich denkt: Lass es Hirn regnen! Was stimmt mit diesen Leuten nicht?!

    Anschließend ist zu sagen, dass auch noch eine Nachricht folgt, in der es dann heißt: Wir sind ja dicke Freundinnen, da kann man ja mal sein Herz ausschütten…

    Fucking: NOOOOO!! Ich kenne dich nicht und mich interessieren deine privaten Probleme nicht wirklich…

    Ich kann nicht den Mist der gesamten Welt mitten in der Nacht lösen!!!

    Und schon gar nicht nach zwölf Uhr aus dem Tiefschlaf heraus.

    Was ist mit der Menschheit nur passiert, dass die Werte einer Freundschaft nicht mehr richtig eingeschätzt werden und sich jeder, der dir drei Mal „Guten Tag" gesagt hat, als Freund bezeichnen darf?!

    Meine Schwester sagt immer: Bizarr, sehr bizarr…

    Menschen sind schon seltsame Wesen. Ich gebe ihr da jeden Tag aufs Neue Recht. Begegnungen werden immer seltsamer, auch im privaten Bereich.

    Die Feststellung, dass man sich im Bekanntenkreis gerne mit dir als selbständige Tätowiererin schmückt, erstaunt mich ja immer wieder.

    Auf diversen Partys wirst du dann in etwa so vorgestellt:

    „Das ist meine Freundin Susa, sie ist tätowiert und hat ein Studio, wo sie auch so was anbietet!

    Dreh dich mal Susa, damit wir deine Tattoos sehen können!?"

    Und wieder, FUCKING NO, kauft euch eine Zeitung, wenn ihr bunte Bilder sehen wollt.

    Was ist nur passiert auf dieser Welt, dass die Ansichten der Leute über den guten Geschmack und höfliche Erziehung so weit auseinandergehen? Und du manchmal als seltsamer Freak gesehen wirst, nur weil du ein wenig bunter bist als andere?

    Just sagte mir ein alter Jugendfreund unter dem Siegel der Verschwiegenheit:

    „Ich hab mal gehört, tätowierte Frauen sind geile Säue im Bett. Stimmt das wirklich?"

    Alter, was stimmt nicht in deinem Kopf?

    Die Farbe geht unter die Haut und nicht ins Gehirn…

    Entweder man ist eine Sau im Bett oder nicht… so what?

    Was ist da los in unserer Gesellschaft, ob Freund oder Feind?!

    Nun ja, zu seiner Verteidigung ist zu sagen, dass es in seinen Kreisen der oberen Zehntausend wohl nicht viele Tintlinge gibt. Dazu kommt, dass unsere Branche und bunte Körper in der Gesellschaft stark polarisieren.

    Auch ist dazu zu sagen, dass sich beim Thema Freundschaft die Geister scheiden.

    Man hat viele Weggefährten in seinem Leben, die kommen und gehen, aber nur wenige berühren deine Seele, bleiben für immer und dürfen sich dein Freund nennen.

    Der REST steigt zu dir in den Zug und fährt ein paar Stationen mit, um etwas zu schmarotzen oder sich in deinem Abteil aufzuhalten.

    Das war's dann aber auch schon…

    Das Thema Freundschaft könnte ich hier

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