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Deutschlands Bürgerkrieg Saga - Band 1 : Adelsblut: Historische Romane Bestseller
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eBook317 Seiten4 Stunden

Deutschlands Bürgerkrieg Saga - Band 1 : Adelsblut: Historische Romane Bestseller

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Über dieses E-Book

Deutschlands Bürgerkrieg - Der Einstieg in die große Historiensaga.

"Krieg ist ein Feind, der sich nicht in der Schlacht besiegen lässt."

Deutschland 1618: Das Reich ist gespalten. Protestanten und Katholiken stehen einander hasserfüllt und verständnislos gegenüber. Väter verachten ihre Söhne, Brüder wechseln kein Wort mehr, und Geliebte wenden sich von einander ab. Mit der protestantischen Union und der katholischen Liga haben das katholische Bayern und die protestantische Pfalz eigene Militärallianzen gegründet.
Beide Parteien sind bis an die Zähne bewaffnet und bereit ihren Glauben mit allen Mitteln zu verteidigen. Auf beiden Seiten gewinnen die Fanatiker und Radikalen an Einfluss und fordern die andere Seite zu vernichten. In dieser angespannten Lage wird der katholische Ferdinand der neue König des protestantischen Böhmen. Ferdinand ist entschlossen seine protestantischen Untertanten mit allen Mitteln wieder zum Katholizismus zu bekehren. Der böhmische Adel dagegen will Ferdinands Herrschaft beenden. Auch wenn sie damit riskieren ganz Deutschland ins Chaos zu stürzen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum8. Jan. 2023
ISBN9786197713060
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    Buchvorschau

    Deutschlands Bürgerkrieg Saga - Band 1 - Markus R. Willinger

    Marie I

    „Oh Prinzessin Maria, Euer Kleid passt perfekt zu Euren Augen!"

    Marie lächelte und errötete so gekonnt und prinzessinnenhaft, dass niemand ihre eigentlichen Gedanken erraten konnte.

    Selbstverständlich passt mein Kleid zu meinen Augen. Darum habe ich es ja auch angezogen.

    Das konnte sie natürlich nicht sagen. Stattdessen machte sie einen huldvollen Knicks und tat so, als hätte sie diesen dummen Satz nicht bereits fünfzig Mal gehört.

    Wie kommt es nur, dass Männer stets das Offensichtliche sagen? Als ob sonst niemand erkennen könnte, dass ein blaues Kleid und blaue Augen dieselbe Farbe haben.

    Marie seufzte. Der schlimmste Teil des Abends, die offiziellen Tänze, war zum Glück bereits vorüber. Zwei oder drei Stunden noch und dann würde sie sich zurückziehen können, ohne jemanden zu verärgern.

    Marie ging durch den Ballsaal, um sich eine Erfrischung zu gönnen. Natürlich hätte das auch ein Diener erledigen können, doch war es für eine Prinzessin bei so einem Anlass gefährlich, zu lange alleine auf einer Stelle zu stehen. Dann fühlte sich nämlich immer irgendein Kavalier genötigt, zu ihr zu eilen und ihr zu offenbaren, dass ihre Augen so blau wie ihr Kleid seien.

    Wenn die Leute wüssten, wie sehr ich mich gegen diese unsinnige Veranstaltung gesträubt habe!

    Die Gäste für den Berliner Frühlingsball waren aus ganz Europa gekommen. Offiziere der brandenburgischen Armee befanden sich ebenso darunter wie deutsche Adelige und Delegationen aus Schweden und Polen.

    Maries Vater, der Kurfürst von Brandenburg, hatte Musiker aus Süddeutschland, Sänger aus Italien und Schauspieler aus England kommen lassen. Maries Mutter, die Herzogin von Preußen, hatte den Köchen aufgetragen, exotische Speisen aus Indien, China und der Neuen Welt zuzubereiten.

    All das hatte eine Menge gekostet, doch der Kurfürst war ein großzügiger Mann, der sein Geld gerne ausgab. „Was nützen mir Gold und Silber im Grab?", sagte er oft, wenn seine Berater ihn zu Sparsamkeit verpflichten wollten. So war es auch bei diesem Fest gewesen, das die Grenzen all dessen sprengte, was man in Brandenburg zuvor gesehen hatte.

    Marie verabscheute dieses Fest. Das Geld hätte besser in den Aufbau von Manufakturen oder die brandenburgische Armee investiert werden können. Auch neue Straßen und Brücken benötigten sie dringend. Brandenburg lag immer noch weitab der reichen europäischen Haupthandelswege und musste seine Position schleunigst verbessern. Das war aber schwer möglich, wenn ihr Vater das Landesvermögen für Bälle verprasste.

    Leider, dachte Marie wehmütig. Unter einer klugen Führung wäre Brandenburg - Preußen eine ernst zu nehmende Macht. So aber.

    Ihr Vater hing dem bedauerlichen Irrglauben an, dass er mit rauschenden Festen und prächtigen Zeremonien den Respekt seiner Nachbarn gewinnen könnte. Marie wusste es besser. Ihre Nachbarn respektierten nur zwei Dinge: militärische und wirtschaftliche Stärke.

    Feste wie diese stellten eine große Herausforderung für Maries diplomatisches Geschick dar. Sie musste unzählige schlechte Komplimente über sich ergehen lassen. Lächeln, nicken und so tun, als würde sie erröten, wenn es angebracht schien. Das gehörte zum Spiel. Marie wusste, sie wurde beobachtet. So mancher bedeutende Adelige war erschienen, ebenso wie die Freunde und Vertrauten von noch bedeutenderen. Marie musste sich schön, charmant und huldvoll geben, denn das würde ihren Wert bei eventuellen Heiratsverhandlungen steigern.

    „Liebe und Politik sind zwei Seiten einer Medaille, pflegte Maries Mutter manchmal zu sagen. „Selbst wenn die politische Seite nicht viel wert ist, kann man doch so manches mit der Liebe kaufen. Könige sind Narren und schon mancher König hat eine für ihn wenig vorteilhafte Allianz akzeptiert, weil er eine bestimmte Prinzessin unbedingt haben wollte.

    Niemand hatte es direkt gesagt, aber es war klar, dass Marie heute der Welt und damit einem künftigen Ehemann präsentiert werden sollte. Je beeindruckender sie erschien, desto bessere Bedingungen würde das Kurfürstentum Brandenburg aushandeln können.

    Marie erfüllte ihre Rolle gewissenhaft. Sie sprach mit diesem Diplomaten und jenem Offizier, unterhielt sich mit dem polnischen Gesandten und dem Onkel des sächsischen Herzogs.

    Es gab aber auch einige Gäste, denen Marie auszuweichen versuchte. Einer von ihnen war Arnim von Anhalt.

    „Schön, Euch zu sehen", sagte Marie mit einem gezwungenen Lächeln, als sie ihn erblickte. Arnim war der beste Freund ihres Bruders, sein Vater war früh gestorben und so herrschte er seit Jugendtagen über das kleine Fürstentum Anhalt. Doch obwohl man hätte annehmen sollen, dass die große Last und Verantwortung für die Menschen in seinem Herrschaftsgebiet Arnim hätten früh reifen und erwachsen werden lassen sollen, war das Gegenteil der Fall. Er verprasste die Steuern seiner hart arbeitenden Untertanen, ging mit Maries Bruder auf Sauftouren und verhielt sich überhaupt zu jeder Zeit so, als gehörte ihm die Welt. Marie verachtete ihn.

    Gott hatte dem Adel die Herrschaft gegeben. Doch damit ging eine immense Verantwortung einher. Ein Fürst, der diese Verantwortung ignorierte, verwirkte aus Maries Sicht auch sein göttliches Recht auf Herrschaft.

    Arnims Fürstentum war nicht groß genug, um in der deutschen Politik wirklich von Bedeutung zu sein, und folgte darum in den meisten Dingen dem weit mächtigeren Brandenburg. Doch Arnim war ein reichsunmittelbarer Fürst, was bedeutete, dass er direkt dem Kaiser unterstand. Darauf bildete er sich mächtig was ein.

    Er war mittelgroß, breit und hatte ein aufgequollenes Gesicht. Zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählten Biertrinken, leichten Frauen hinterherzusteigen und die Jagd.

    „Seid gegrüßt, Prinzessin", antwortete Arnim mit bemüht charmantem Tonfall. Er umfasste ihre Taille und drückte sie vertraulich an sich. Er war ein alter Freund der Familie und glaubte deswegen, sich solche Freiheiten herausnehmen zu können.

    Marie wand sich aus seinem schwitzigen Griff und raffte ihr Kleid.

    Arnim bemerkte es, blickte auf die blassblaue Farbe und dann zu Marie.

    „Euer Kleid passt perfekt zu Euren Augen!"

    „Danke Arnim. Endlich fällt es jemandem auf."

    Er bemerkte die Spitze in ihrer Stimme nicht und begann ein leeres Gerede über das Fest und seine Gäste. Marie unterbrach ihn, so höflich sie konnte.

    Denn es gab etwas, das sie wirklich interessierte.

    „Wie stehen die Dinge in Anhalt, Arnim?" Die Lage in Deutschland war angespannt. Marie war neugierig darauf, wie sich kleinere Fürsten wie Arnim auf den kommenden Sturm vorbereiteten.

    Arnim zuckte mit den Schultern. „Wie immer, denke ich", sagte er und klang dabei fürchterlich dämlich.

    „Denkt Ihr?", hakte Marie nach.

    Arnim grinste breit. „Naja, wisst Ihr, ich überlasse die Regierung meist den Verwaltern. Er lachte laut, so als habe er eine besonders witzige Anekdote erzählt. „Wollt Ihr vielleicht ein wenig in den Park gehen?

    Er guckte nach draußen und zwinkerte ihr zu. Marie seufzte. Vor drei Jahren, als sie siebzehn geworden war und zu viel Wein getrunken hatte, hatten sie und Arnim einander in diesem Park geküsst. Marie war neugierig gewesen, hatte die Erfahrung aber sofort bereut. Arnim hatte stark nach Bier gerochen und es hatte sich angefühlt, als wollte er sie mit seiner Zunge ersticken. Keine Eleganz, keine Grazie, kein Gespür. Nichts von all den Dingen, von denen Marie als Kind in Büchern gelesen hatte.

    Seit diesem Tag erwähnte Arnim den verdammten Park bei jeder Gelegenheit.

    „Nein danke, vielleicht später, antwortete Marie so nichtssagend, wie nur eine Prinzessin es konnte. „Und was ich meinte, war: Bereitet sich Anhalt auf einen Krieg vor? Hebt ihr zusätzliche Truppen aus, verstärkt ihr eure Befestigungen oder lagert ihr Vorräte ein?

    Arnim sah sie verdutzt an. „Krieg? Gegen wen? Die Türken? Frankreich?"

    Marie unterdrückte den Impuls, sich mit der Hand auf die Stirn zu schlagen.

    „Anhalt ist doch Mitglied der protestantischen Union, oder?"

    Natürlich war es das. Anhalt war der Union beigetreten, weil die Brandenburger, seine mächtigeren Verbündeten, es ebenfalls getan hatten.

    „Vieles deutet auf einen Krieg zwischen der protestantischen Union und der katholischen Liga hin, fügte Marie hinzu. „Auf einen baldigen Krieg.

    Arnim zuckte erneut mit den Schultern.

    Marie starrte ihn ungläubig an. „Sicher sind Euch die Ereignisse in Böhmen nicht entgangen? Ferdinand von Habsburg unterdrückt dort die protestantische Mehrheit. Es heißt, in Böhmen sei von Rebellion die Rede. Die lokalen Adeligen würden bereits eine Allianz schmieden und Verbündete in Deutschland suchen. Die protestantische Union sei dort ihr erster Ansprechpartner und damit auch Anhalt."

    In diesem Moment gesellte sich Maries Bruder Georg Wilhelm zu ihnen.

    Georg war der Thronerbe des Kurfürstentums Brandenburg und des Herzogtums Preußen. Er würde schon bald einer der mächtigsten Fürsten in Deutschland sein und war, wie Marie fand, ein fürchterlich schwacher und zaghafter Charakter.

    „Du musst meiner Schwester verzeihen, Arnim, sagte er mit seinem üblichen breiten Grinsen. „Sie ist einfach besessen von Politik. Sie kennt kein anderes Thema.

    Arnim runzelte die Stirn. „Seltsam für eine Frau, oder?"

    Georg hob entschuldigend die Hände. „Unsere Mutter, sagte er entschuldigend. „Sie hat dieselbe Krankheit. Mein Vater meint, dass ich zum Glück nach ihm komme.

    Georg lachte und kniff Marie in die Wange. „Leider hat meine Schwester zwar Interesse, ihre Schlussfolgerungen aber sind völlig falsch. Böhmen gehört zu den österreichischen Erblanden. Was auch immer dort geschieht, ist eine österreichische Angelegenheit und betrifft weder Anhalt noch Brandenburg."

    Marie unterdrückte ein ungläubiges Stöhnen. Kann er wirklich so naiv sein?

    Sie sah sich ihren Bruder genauer an. Georg regierte schon seit längerem über eine Grafschaft in Brandenburg, um die Verwaltung eines Fürstentums zu erlernen. Ihr Vater war krank, schwer krank. Niemand rechnete mehr damit, dass er noch lange leben würde. Georg würde schon bald der neue Kurfürst von Brandenburg sein. Marie wusste, dass ihre Mutter deswegen sehr besorgt war. Marie und Anna liebten Georg, aber sie waren nicht blind. Aus politischer Sicht gab er einen schwachen Mann ab. Es fiel ihm schwer, klare Entscheidungen zu treffen. Er suchte immer einen Mittelweg und hatte am Abend häufig andere Ansichten als noch am Morgen.

    Das waren gute Eigenschaften für einen Philosophen, nicht aber für einen Herrscher. Besonders nicht in Zeiten wie diesen.

    Denn egal, was Georg und Arnim sagten, das Heilige Römische Reich deutscher Nation befand sich an der Schwelle zu einem Bürgerkrieg. Es brauchte nur einen Funken und ganz Deutschland würde in Flammen aufgehen. Eine Rebellion in Böhmen könnte genau dieser Funke sein.

    Marie wandte sich ab. Sie hatte schon genug Zeit mit ihrem zaghaften Bruder und seinem dämlichen Jugendfreund verschwendet und hoffte, interessantere Gesprächspartner zu finden. Sie wich dem polnischen Gesandten aus, der eben mit einem Glas Wein auf sie zusteuerte, und wandte sich der nächsten Gruppe zu. Der schwedischen Delegation.

    Die Schweden waren eine seltsame Ansammlung von Leuten. Es waren insgesamt neun Männer, allesamt hohe Offiziere. Offiziell hieß es, dass die Schweden eine Bildungsreise durch Norddeutschland unternahmen, aber Marie und auch ihre Mutter hielten das für Unsinn. Die Schweden hatten Militärs ins Reich geschickt, damit diese sich ein Bild von Norddeutschland, seinen Städten und Festungen machen konnten. Dieses Wissen konnte bei einem Feldzug später von gewaltigem Nutzen sein.

    Aber planten sie, den protestantischen Norden zu erobern oder aber ihn in einem Krieg gegen den katholischen Süden zu unterstützen? Oder sammelten sie nur Informationen, ohne die feste Absicht, diese unbedingt zu verwenden?

    Marie entschied, dass die Schweden für ein Gespräch gut sein könnten.

    „General Jakob De la Gardie, wandte sie sich an den ranghöchsten der schwedischen Gruppe. „Es ist mir eine Ehre, Euch in Berlin willkommen zu heißen. Ich bin Maria Eleanora von ...

    „Wir wissen, wer Ihr seid, antwortete De la Gardie charmant. Er war in den mittleren Jahren, hatte langes rotblondes Haar und war von großer Statur. „Die Schönheit der Prinzessin von Brandenburg ist in ganz Europa bekannt.

    Marie quittierte das schwache Kompliment mit einem gespielten Lächeln.

    „Ihr seid ebenfalls berühmt, General. Ihr habt für Schweden den Feldzug in Russland geführt, oder?"

    Und das Zarenreich dabei in den Staub getreten. Russland hat seine gesamte Ostseeküste in diesem Krieg verloren und die Schweden sich damit einen Namen in ganz Europa gemacht.

    De la Gardie lächelte bescheiden. „Jeder Soldat leistet das Gleiche. Ich habe nur Kommandos gegeben. Aber lasst uns nicht von Krieg und Feldzügen sprechen. Dafür sind wir nicht hier."

    „Nein?", fragte Marie lächelnd. „Es gibt manche, die sagen, genau deswegen wärt Ihr hier. Erhebt Schweden nicht Anspruch auf die pommersche Küste? So wie übrigens auch Brandenburg. Es gibt manche, die sagen, Ihr wolltet Berlin deswegen lieber erobern, als es zu besuchen."

    Die Männer blickten einander verdutzt an. Dann begann einer von ihnen zu lachen. Er war ein riesiger Mann, selbst für einen Schweden. Er hatte kurzes, blondes Haar, ein scharfes, kantiges Gesicht und stahlblaue Augen, und er lachte aus vollem Hals.

    „Das hier ist Oberst Gars", stellte De la Gardie den Mann vor. Marie war ein wenig enttäuscht. Sie hatte gehofft, der gutaussehende Schwede wäre mehr als nur ein einfacher Oberst. Sie fragte sich, warum er überhaupt für die Reise nach Deutschland ausgewählt worden war.

    „Ihr lacht, Oberst Gars, aber Ihr habt meine Frage nicht beantwortet", sagte Marie, die sich nicht so einfach abwimmeln lassen wollte.

    Der Oberst hörte auf zu lachen und blickte sie ernst an. „Nun Ihr habt recht, wir sind der Auffassung, dass Schweden einen berechtigten Anspruch auf die pommersche Küste hat, erklärte der Oberst. „Aber wir glauben auch, dass es wichtigere Angelegenheiten gibt. Macht Euch also keine Sorgen. Schweden hat im Moment kein Interesse daran, in das Reich einzufallen.

    Marie hörte das im Moment sehr wohl.

    Sie selbst war den Schweden durchaus zugetan. Seit der protestantischen Reformation hatten sich viele Fürsten und Bürger zu den Ideen Martin Luthers bekannt, aber nur wenige Könige. Die meisten großen Reiche Europas waren immer noch katholisch. Darunter Frankreich, Spanien, Österreich und Polen. Schweden war eines der wenigen großen protestantischen Länder und aus Maries Sicht darum ein möglicher Verbündeter in einem Krieg gegen die katholische Liga. Denn die katholische Liga war ihr Feind. Sie war weit größer und stärker als die protestantische Union, welche in ihrem Vorgehen zaghaft und unentschlossen wirkte. Sie war eine fundamentale Bedrohung für Brandenburg und für die gesamte Sache der Reformation.

    Marie sagte von all dem jedoch nichts. Sie war die Prinzessin und hatte sich in Fragen der Außenpolitik gegenüber Fremden nicht eindeutig zu äußern. Ansonsten könnte sie die brandenburgische Position gefährden. Nicht, dass Brandenburg eine richtige Position gehabt hätte. Ihr Vater war leider so unentschlossen wie sein Sohn und konnte sich nicht entscheiden, Brandenburg an die eine oder an die andere Seite heranzuführen. Mitglied der protestantischen Union sein, aber am besten eine Heiratsallianz mit dem katholischen Polen bilden, so in etwa war sein Plan.

    Marie plauderte noch ein wenig mit den Schweden und wandte sich dann einigen anderen Gruppen zu. Die restlichen Gespräche verliefen langweilig und Marie ertappte sich dabei, wie ihre Gedanken immer wieder zu dem schwedischen Oberst mit dem seltsamen Namen Gars wanderten. Er hatte gelacht, aber es war nicht das Lachen eines Mannes über die Dummheit eines Kindes gewesen. Es war ein ironisches Lachen gewesen. Ein Lachen, das ihre Intelligenz und die Schlagfertigkeit ihrer Worte anerkannte. Dieses Lachen war das beste Kompliment, das Marie an diesem Abend gemacht worden war.

    Nach etwa zwei Stunden wurde wieder getanzt. Die Gäste waren bereits ordentlich angetrunken und die Tänze wurden bald weniger formal. Marie musste nun aufpassen, mit wem sie tanzte, denn manche Gäste wurden leicht zu aufdringlich. Als ein polnischer Graf sie viel zu nahe an sich zog, wandte Marie sich mit einer schlechten Ausrede ihrem Bruder zu. „Rette mich", flüsterte sie in sein Ohr, woraufhin Georg sie in den Park führte.

    Der Schlosspark war für Marie voller Erinnerungen. Marie und Georg hatten in diesen Hecken verstecken gespielt, waren in die Rosenbüsche geklettert, hatten im Schatten der Bäume stricken und nähen gelernt und unter der großen Eiche unzählige Bücher verschlungen.

    „Hey Ihr seid ja doch noch gekommen."

    Marie wandte sich um.

    „Georg hat mich hergeführt, Arnim", sagte sie und deutete auf ihren Bruder, der etwas entfernt stand.

    „Georg, was hältst du von den Schweden?", rief Marie laut, um ihren Bruder herzulocken. Sie wollte nicht allein mit Arnim sein. Vor allem nicht in diesem Park.

    Georg stapfte langsam auf sie zu. „Schwer zu sagen. Sie sind nicht übel, dafür, dass sie aus einer Eiswüste am Rande Europas kommen", erklärte er schulterzuckend.

    Das machte Marie wütend.

    „Das ist deine typisch deutsche Arroganz. Schweden hat in den letzten Jahrzehnten seine Verwaltung, seine Wirtschaft und sein Militär reformiert und ist jetzt eines der modernsten Länder Europas", widersprach sie entschieden.

    Georg und Arnim wollten eben zu einer Erwiderung ansetzen, doch jemand kam ihnen zuvor.

    „Ich fürchte, ich muss Eurem Bruder recht geben, Prinzessin. Schweden ist in der Tat eine Eiswüste am Rande Europas."

    „Und Ihr seid?", verlangte Arnim von dem Neuankömmling zu wissen.

    „Oberst Gars." Der Schwede lehnte entspannt auf einem Fuß und musterte Fürst und Fürstensohn. Die Prinzessin war überrascht, dass der Oberst es wagte, sich einfach so in ein Gespräch von Höhergestellten einzumischen. Er wirkte weder ehrfürchtig noch untergeben, sondern eher aufmerksam und abschätzend.

    Das schien auch Arnim zu bemerken und es gefiel ihm ganz offensichtlich nicht. Vielleicht war ihm auch bewusst, was für eine wenig vorteilhafte Figur er neben dem großen und muskulösen Schweden abgab.

    „Oberst Gars, mein Fürst, korrigierte Arnim ihn von oben herab. „Ihr steht vor dem Fürsten von Anhalt und dem Thronerben von Brandenburg.

    Gars lächelte. Es war ein Lächeln, das Überlegenheit ausdrückte, ohne arrogant zu wirken.

    „Vergebt mir, es stand mir fern, den Fürsten von Anhalt und den Erben von Brandenburg beleidigen zu wollen, mein Fürst."

    Marie hatte den Eindruck, dass der Oberst sich über Arnim und ihren Bruder lustig machte. Sonst schien das aber niemand zu bemerken.

    Gars wandte sich nun direkt an Marie. Er war gekommen, um sie zu einem Tanz aufzufordern. Das war überraschend. Marie hatte noch mit keinem der Schweden getanzt und der Sitte nach hätte General De la Gardie die Prinzessin zuerst auffordern müssen.

    „Meine Schwester ist müde, sie braucht eine kurze Pause", wiederholte Georg, was Marie selbst eben erst gesagt hatte, um dem polnischen Grafen zu entkommen.

    „Die Pause war lang genug", sagte Marie zu ihrer eigenen Überraschung.

    „Wunderbar." Gars nahm ihre Hand, verbeugte sich respektvoll vor Arnim und Georg und führte Marie davon. Marie warf Georg einen entschuldigenden Blick zu.

    Sie gingen schweigend durch den Park. Marie studierte den Oberst von der Seite.

    Er war so selbstsicher. Kein anderer Mann hätte es gewagt, die Prinzessin von Brandenburg einfach so bei der Hand zu nehmen und davon zu führen.

    Es muss daran liegen, dass er ein Militärmann ist. Solche Männer können es sich vermutlich nicht leisten, unentschlossen zu sein.

    „Wart Ihr beim Russlandfeldzug dabei?"

    Oberst Gars verzog das Gesicht und Marie biss sich auf die Zunge. Natürlich war er dabei gewesen. Die Schweden hatten in den Weiten Russlands im tiefsten Winter gegen eine Übermacht gekämpft und gesiegt. Sicher hatte Gars schreckliche Dinge gesehen und gute Freunde verloren. Sie war eine Närrin, dass sie ihn daran erinnert hatte.

    „Ich war dort, ja. Bei der Eroberung Nevas und bei der Besetzung des Baltikums."

    Marie wusste darauf nichts zu sagen, aber zum Glück erreichten sie in diesem Moment den Tanzsaal. Der polnische Gesandte stand an der Tür und Marie bemerkte, dass er Oberst Gars beinahe hasserfüllt anstarrte.

    „Habt Ihr eine Fehde mit dem polnischen Gesandten?", fragte Marie ein wenig verwundert.

    „Graf Kartomitz?, fragte Gars lachend und führte Marie auf die Tanzfläche. „Nein, wir kennen einander nicht. Aber er hasst grundsätzlich alle Schweden. Die Polen fürchten uns ein wenig.

    Das vereinigte Königreich von Polen und Litauen war das größte Land in Europa. Wie Marie aber gelernt hatte, war es in vielen Bereichen rückständig und ständig in innere Konflikte verwickelt. Seine Wirtschaft war unterentwickelt und seine Armee im Mittelalter stehen geblieben. Der polnische König, so hieß es, sei schwach und die lokalen Adeligen würden in Warschau um die Macht ringen. Polen fürchtete das moderne Schweden wohl zurecht.

    Der nächste Tanz begann. Der Graf zog Marie ohne Scheu an sich, aber ohne sie zufällig unpassend zu berühren, wie so viele andere Männer das bei Tänzen taten. Marie schloss für einen Augenblick die Augen und stellte sich vor, wie es wäre, keinen dicken Prinzen oder König, sondern einen starken, jungen Mann wie Oberst Gars zu heiraten. Sie erschrak über ihre Gedanken.

    „Man sagt, Schweden erhebe Anspruch auf das südliche Baltikum, insbesondere auf die Stadt Riga", sagte sie rasch, um ihren Verstand auf andere Dinge zu lenken.

    Oberst Gars nickte anerkennend. „Gebiete, die gegenwärtig zum Königreich Polen gehören. Jetzt, wo wir Russland besiegt haben, befürchtet man in Polen wohl, dass wir uns sie als nächstes vornehmen."

    „Werdet Ihr?"

    Gars lachte. „Es ist möglich. Polen kontrolliert große Teile der Ostseeküste. Es ist für Schweden entscheidend, dass es in der Ostsee keine andere große Flotte als die Unsere gibt. Jede Seemacht an unserer Küste bedroht unser Überleben. Wir werden versuchen, zu einer Übereinkunft zu kommen, aber sollte das nicht möglich sein ..."

    Marie nickte. Sie hatte gelernt, dass ein häufiger Grund für einen Angriff auf einen Feind die Angst vor einem Angriff des Feindes war. Ein dummer Grund für einen Krieg, aber die Natur der Menschen war eben nicht anders.

    Der Tanz endete. Gars hätte sich nun zurückziehen und die Prinzessin einem anderen überlassen sollen. Doch das tat er nicht.

    Sie tanzten insgesamt fünf Tänze. Es spielte schnelle, lebhaftere Musik und die beiden konnten zeigen, wie gut sie sich bewegten. Marie war eine ausgezeichnete Tänzerin und auch Gars bewegte sich so geschmeidig, dass er, selbst wenn er einen Fehler machte, diesen wie beabsichtigt aussehen lassen konnte.

    Am Ende des fünften Tanzes glühte Maries Gesicht und sie tranken einen Schluck Wasser. Marie griff anschließend nach einem Glas Schaumwein und forderte Gars auf, sie zurück in den Park zu begleiten. Hier konnten sie ihr Gespräch von vorhin fortsetzen.

    „Seid ehrlich, Oberst, sagte Marie ein wenig neckend und stellte sich vor einen Rosenbusch. „Warum seid Ihr wirklich in Deutschland?

    Gars lächelte selbstsicher und

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