Strauße, wilde Würste und ein Dom: Unterwegsbetrachtungen
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Gerhard Sauer
1957, Sauerländer, lebt in Berlin und der Uckermark; beruflich ist er zurzeit angestellt in einer Verwaltung in Düsseldorf. Sauer war viel im Politikbetrieb unterwegs, wo Reden und Artikel schreiben lange das tägliche Brot war. Mittlerweile schreibt er lieber Romane und Reiseberichte, sowie hin und wieder Gedichte. Erschienen sind bisher - Das Grüne Kleid – Ein Heimatroman ( 2019) - Eine Nacht. Immerhin / Kriminalroman (2021) - Der Kopf muss ab/ Kurzgeschichtensammlung (2021). Die "Unterwegsbetrachtungen - Strauße, wilde Würste und ein Dom" erscheinen im Januar 2023.
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Strauße, wilde Würste und ein Dom - Gerhard Sauer
Vor und hinter Minden
Bin ich eigentlich jemals in Minden gewesen? Diese Frage ging mir neulich durch den Kopf, als ich mal wieder mit dem ICE der Deutschen Bahn vom Rheinland ins mittlerweile heimatliche Berlin unterwegs war. Minden. Der Teutoburger Wald, die Porta Westfalica liegen dann schon hinter uns, aber immer noch ist hier Westfalen, auch Nordrhein-Westfalen. Der Hermann, eigentlich Cherusker, aber heute Symbol für westfälische Stur- und Pfiffigkeit, steht nicht weit entfernt mit Schwert und Helm auf seinem Sockel.
Minden. Schon früh tauchte das Wort auf, der Ortsname, stand er doch auf übergroßen Meilensteinen an der Bundesstraße 55, die an den Orten meine Kinder- und Jugendzeit vorbeiführte. Zwar führte ebenfalls die Bundesstraße 236 durch unseren Sprengel, aber die ging nach Dortmund, das wusste man einfach und dort war man auch schon früh gewesen. In der schwarz-gelben Metropole, dem Herz, nicht der Hauptstadt Westfalens. Hauptstadt ist Münster. Weiß man doch.
Aber Minden? Wo sollte das sein? Der Ort war immer irgendwie außerhalb unseres Vorstellungsraumes. Heimatkundeunterricht und spätere eigene Recherchen hellten dann allerdings das Geheimnis etwas auf.
Die Streckenführung der heutigen B 55, die von Jülich nur noch bis Rheda-Wiedenbrück führt, deckt sich zwischen Warstein und Lennestadt-Grevenbrück weitgehend mit dem mittelalterlichen Heerweg, der zugleich auch ein Pilgerpfad der Jakobus-Pilger von Paderborn nach Köln war, und deckt sich bis Olpe auch gleichzeitig mit der Streckenführung der alten Koblenz-Mindener Landstraße. Zwischen 1816 und 1828 gebaut, sollte diese Landstraße die beiden Preußischen Garnisonsstädte auf kürzestem Weg miteinander verbinden. Daher, so ging mir später auf, waren die Entfernungsanzeigen auf den fast vier Meter hohen Obelisken auch in Meilen angegeben.
Minden also. Ehemals Garnisonsstadt. Verhinderter Sitz der Bezirksregierung für Ostwestfalen nach der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1947. Heute noch Kreisstadt des Kreises Minden-Lübbecke, des Mühlenkreises. Partnerkreis des Landkreises Uckermark in Brandenburg.
Hier ist also noch Westfalen, aus rheinischer Sicht das Ende NRWs - kurz vor Berlin oder kurz vor Warschau. Und irgendwie kann man sich, wenn man die vorbeifliegende Landschaft aus dem Zug beobachtet, des Gefühls schlecht erwehren, irgendwie ist hier hinter dem Wiehengebirge schon eher Niedersachsen.
Minden. Welche Bilder sind da im Kopf? Vielleicht sollte ich mal aussteigen. Also vor Minden, in Bielefeld, den Regio Richtung Hannover nehmen, und mir das Städtchen anschauen. Mal schauen, was sich hinter dem Ende einer preußischen Landstraße so verbirgt. Aussteigen und nachschauen, ungefähr auf der Hälfte der wöchentlichen Strecke zwischen dem Rheinland und der Hauptstadt des alten Preußen, die auch die heutige Hauptstadt ist. Wie man überhaupt vielleicht mehr aussteigen sollte auf den wöchentlichen 1000 Kilometern Bahnfahrt.
In Rheda-Wiedenbrück, zum Beispiel, mit Schloss Rheda, oder in Hamm, mit dem größten und dazu noch gläsernen Elefanten mit dem Palmengarten im Kopf. Bückeburg rauscht immer vorbei, Bad Oeynhausen auch. Hameln liest man auf den vorbei huschenden Straßenhinweisschildern. Auch Lemgo, Detmold, Lippstadt, später Springe, Hildesheim, Celle.
Kurz vor Minden überquerten wir die Weser, nach Rhein und Ruhr einer der bekanntesten Flüsse des Landes - nicht nur wegen des Weserberglandes, früher hieß auch eine WDR-Abendsendung „Zwischen Rhein und Weser". Aber das nur am Rande.
Irgendwann wird im Laufe der Fahrt auch noch die Elbe überquert. Die Sonne scheint von links, also Westen, am Abend schräg herein und unterwegs wird alles aufgeboten, was heimatkundlich Rang und Namen hat. Traumhaft. Das wäre doch auch mal eine