Genießen Sie von Millionen von eBooks, Hörbüchern, Zeitschriften und mehr - mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testversion. Jederzeit kündbar.

Würden die Theologen sich bitte setzen: Aktualisierte Ausgabe
Würden die Theologen sich bitte setzen: Aktualisierte Ausgabe
Würden die Theologen sich bitte setzen: Aktualisierte Ausgabe
eBook227 Seiten2 Stunden

Würden die Theologen sich bitte setzen: Aktualisierte Ausgabe

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Als das Christentum noch jung war, lag der Schwerpunkt auf Jesus Christus und seinem Reich - nicht auf der Theologie. Sicherlich gibt es grundlegende Lehren, die Christen schon immer als wesentlich für den Glauben angesehen haben. Aber irgendwie sind die Dinge, die als wesentlich angesehen werden, von ein paar Sätzen zu einer langen Liste von theologischen Lehren angewachsen, von denen viele den frühen Christen unbekannt waren.

Am Anfang begriffen die Christen, dass das Wesen des Christentums eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung zu Jesus Christus ist. Dies war nicht irgendeine Beziehung, sondern eine Beziehung, die echte Früchte des Königreiches Gottes hervorbrachte.

Doch dann geschah etwas: Theologen übernahmen die Kirche Gottes. Als sie die Macht übernahmen, verlagerte sich der Schwerpunkt von göttlicher Frucht auf »orthodoxe« (rechtgläubige) Theologie. Das Christentum wurde zum Lehrtum.

In diesem provokanten Werk belegt Bercot anhand vieler konkreter Fallbeispiele, wie weit Geschichtsfälschung, falsche Lehren und Desinformation im Christentum verbreitet sind und welche Rolle Theologen, Reformatoren und deren Bibelkommentare dabei spielen. David Bercot liefert im Zuge dessen einen kurzweiligen, differenzierten Crashkurs in Kirchengeschichte ab und kommt zu dem Schluss, dass es an der Zeit ist, Jesus Christus endlich wieder durch die Texte der vier biblischen Evangelien sprechen zu lassen, ohne Seine Lehren durch die Leugnungen und die geistige Gymnastik der Theologen zu filtern. Es ist an der Zeit, dass die Kinder des Königreiches Gottes für Christus und das von Ihm gepredigte Evangelium eintreten - und dass die Theologen sich bitte setzen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum30. Dez. 2022
ISBN9783756870943
Würden die Theologen sich bitte setzen: Aktualisierte Ausgabe
Vorschau lesen
Autor

David Bercot

David W. Bercot, ein studierter Rechtsanwalt und Theologe, ist ein gefragter Experte für frühchristliche Geschichte und erfrischend undogmatischer Redner, dem es gelingt, Kirchengeschichte lebendig zu machen und in unser Leben zu übertragen. Er lebt mit seiner Familie in einer christlichen Gemeinde, welche Lehren und Lebensstil der Täuferbewegung betont. Er schrieb 1989 das bahnbrechende Buch "Will the Real Heretics Please Stand Up", das in den USA einige Aufmerksamkeit erregte und der Grundstein für seinen Scroll Publishing Verlag wurde, der das Ziel verfolgt, die Schriften und das Vorbild der frühen Christen einem großen Publikum verfügbar zu machen. Sein Nachfolgebuch erschien 2009 unter dem Titel "Will the Theologians Please Sit Down" und erfuhr 2022 eine Überarbeitung, deren Deutsche Übersetzung im selben Jahr unter dem Titel »Würden die Theologen sich bitte setzen» veröffentlicht wurde. David Bercot verfasste noch einige andere Bücher wie u.a. "A Dictionary of Early Christian Beliefs" (1998), "Let Me Die in Ireland" (1999), "The Kingdom That Turned the World Upside Down" (2003 und "In God We Don't Trust" (2011).

Ähnlich wie Würden die Theologen sich bitte setzen

Ähnliche E-Books

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Würden die Theologen sich bitte setzen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Würden die Theologen sich bitte setzen - David Bercot

    1. „Lehrtum" kontra Christentum

    Caspar Zacher ¹ zitterte vor Angst als er in Ketten in den Gerichtssaal geführt wurde. Er schaute sich im Saal nach mitfühlenden Gesichtern um, aber er sah keines. Stattdessen erblickte er eine Reihe seiner Feinde - Stadtbewohner, mit denen er sich gestritten hatte. Verzweifelt suchte er im Gesicht des Richters nach Anzeichen der Sympathie, aber alles, was er sah, war eine strenge Miene. Caspar war überzeugt, dass ihm der sichere Tod bevorstand.

    Wir schreiben das Jahr 1562. Der Ort war die Stadt Waiblingen im Südwesten Deutschlands. Die Anklage: Ketzerei. Es handelte sich um ein Szenario, das sich in Europa seit mehr als tausend Jahren unzählige Male zugetragen hatte. Die meisten dieser Ketzerprozesse wurden von den römisch-katholischen Behörden geführt. Die Behörden jedoch, denen Caspar nun gegenüberstand, waren lutherisch. Die Zeiten hatten sich geändert, nicht aber das Wesen der Christenheit.

    Caspar zitterte, als er an der Reihe war, vor den Richter zu treten. Die Anklage wurde verlesen. Er wurde der Ketzerei angeklagt, insbesondere der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die als „Wiedertäufer" bekannt war. Als man ihn aufforderte, sich zu den Vorwürfen zu äußern, bestritt Cas-par sie ausdrücklich.

    „Ich bin ein guter Lutheraner, beteuerte Caspar. „Ich habe nie etwas mit diesen schrecklichen Leuten zu tun gehabt!

    Der Staat trug dann systematisch seinen Fall gegen Cas-par vor. Einer nach dem anderen Bürger trat in den Zeugenstand und sagte gegen Caspar aus. Mehrere Leute beschrieben ihn als einen neidischen Mann, der immer begehrte, was andere hatten. Nahezu alle sagten aus, dass Caspar äußerst streitsüchtig war und sich häufig mit anderen stritt und prügelte. Sie wiesen darauf hin, dass sie ihn oft in der Öffentlichkeit fluchen und schimpfen hörten. Einige Zeugen berichteten, dass er fast immer ein Messer oder ein Schwert bei sich trug, wenn er aus dem Haus ging. Die ganze Stadt hasste ihn.

    Als die Zeugen ihre Aussagen beendet hatten, war Caspar sicher, dass er schuldig gesprochen werden würde. Er wusste, dass er den Wahrheitsgehalt der Zeugenaussagen nicht leugnen konnte. Der Richter sah Caspar direkt in die Augen, räusperte sich und begann zu sprechen:

    „Nach Anhörung aller Beweise, die von den Zeugen der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurden, befindet dieses Gericht den Angeklagten Caspar Zacher für ... „

    Caspar schluckte schwer und fürchtete sich vor dem nächsten Wort des Richters.

    „... unschuldig."

    Caspar traute seinen Ohren kaum.

    Der Richter begann mit seiner Urteilsbegründung: „Die Zeugen sagen übereinstimmend aus, dass du ein neidischer und streitsüchtiger Mensch bist. Du fluchst häufig in der Öffentlichkeit und gehst mit Waffen durch die Stadt. Du bist ein durch und durch unangenehmer Mensch, der zu Recht von seinen Mitbürgern gehasst wird. Aber zum Glück gehörst du offensichtlich nicht zu den verabscheuungswürdigen Ketzern, den Wiedertäufern. Denn das Leben, das du führst, ist genau das Gegenteil von dem, was diese führen. Sie würden dich niemals haben wollen. Du bist, wie du sagst, ein rechtgläubiger Christ." ²

    Es war ein glücklicher Tag für Caspar Zacher, aber ein schwarzer Tag für die Christenheit. Ein Mann wurde von der Ketzerei freigesprochen, weil er ein gottloses Leben führte!

    Was war nur aus der Kirche geworden, die Christus gegründet hatte, dass ein heiliges Leben mit Ketzerei und ein gottloses mit Rechtgläubigkeit gleichgesetzt wurde? In der Tat war viel mit der Kirche Christi geschehen - zumindest was den sichtbaren Leib der bekennenden Christen betrifft. Was geschehen war, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Das Christentum war zum „Lehrtum" geworden.

    Die Umwandlung des Christentums

    Als das Christentum noch jung war, lag der Schwerpunkt auf Jesus Christus und Seinem Königreich - nicht auf der Theologie. Sicherlich gibt es grundlegende Lehren, die Christen schon immer als wesentlich für den Glauben angesehen haben. Aber irgendwie sind die Dinge, die als wesentlich angesehen wurden, von ein paar wenigen Sätzen zu einer langen Liste theologischer Lehren angewachsen, von denen viele den frühen Christen unbekannt waren.

    Am Anfang verstanden die Christen, dass das Wesentliche des Christentums eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung zu Jesus Christus ist. Dies war nicht irgendeine Beziehung, sondern eine, die echte Früchte des Königreiches Gottes hervorbrachte. Das Christentum war ursprünglich vor allem eine Religion der Armen und Ungebildeten. Es gab keine Seminare und keine theologischen Schulen.

    Doch dann geschah etwas: Die Theologen übernahmen die Kirche. Als die Theologen die Macht übernahmen, verlagerte sich der Schwerpunkt bald von der göttlichen Frucht auf die „orthodoxe (d.h. „rechtgläubige) Theologie. Es dauerte nicht lange, bis ein gottgefälliges Leben die Menschen in den Verdacht brachte, Ketzer zu sein.

    Interessanterweise bestand die Anweisung, die Jesus Seinen Nachfolgern am häufigsten gab, aus nur zwei Worten. Aber diese zwei Worte sollten die Welt auf den Kopf stellen: „Folge mir (besser übersetzt hieße es „folge mir nach aber dann wären es nicht mehr zwei Wörter wie im Englischen. Anm. des Übersetzers). Jesus stellte die theologische Klasse Seiner Zeit auf den Kopf und kündigte ein Königreich an, das von einfachen Menschen besser verstanden werden würde als von gelehrten Akademikern.

    Als dagegen die christlichen Theologen im vierten Jahrhundert an die Macht kamen, verlagerte sich der Schwerpunkt von „folge mir nach auf „studiere mich. Gelehrte Theologen beanspruchten plötzlich für sich, besondere Einsichten und ein besonderes Verständnis der Heiligen Schrift zu haben. Vom Rest der Kirche wurde erwartet, dass sie sich zurücklehnte und akzeptierte, was die Theologen ihr sagten, was die Heilige Schrift wirklich bedeutete. Es war nicht mehr wichtig, Früchte des Königreiches Gottes zu bringen. Das Wesentliche war ab sofort, sich den „richtigen" Lehren anzuschließen.

    Theologen gegen das Königreich Gottes

    Zur Zeit Jesu waren es vor allem die religiösen Autoritäten, die sich dem Königreich Gottes³ entgegenstellten, und so ist es bis heute geblieben. Wenn ich in diesem Buch den Begriff Theologe verwende, beziehe ich mich auf die elitäre Klasse der Gelehrten und ihrer Jünger, die sich selbst als offizielle Ausleger der Heiligen Schrift aufgestellt haben. Ich kritisiere oder verurteile damit keineswegs Christen, die alles lernen wollen, was Gott uns über Sich selbst, Jesus Christus, die Menschheit, die Erlösung, das Leben nach dem Tod und eine ganze Reihe anderer geistlicher Themen offenbart hat. Meine Kritik richtet sich vielmehr gegen jene Elitisten, die für sich selbst das Recht beanspruchen, die Heilige Schrift auszulegen, es aber anderen verweigern. Sie richtet sich auch gegen die arroganten Akademiker und kirchlichen Autoritäten, die sich einbilden, sie würden das Neue Testament besser verstehen als die Christen, die zur Zeit der Apostel gelebt haben.

    Seit sie an die Macht gekommen sind, haben solche Theologen gegen die wahren Kinder des Königreiches Gottes Krieg geführt. Viele Jahrhunderte lang haben diese Theologen mit Feuer und Schwert gegen sie gekämpft. Jetzt kämpfen sie mit Worten gegen die Königreich-Kinder .

    In vielerlei Hinsicht war der Krieg der Worte jedoch effektiver als der Krieg mit Feuer und Schwert. Viele Königreich-Christen⁴ sind von den heutigen theologischen Tyrannen eingeschüchtert. Sie haben die Theologie ihrer früheren Verfolger vollständig übernommen. Sie haben Angst, zu predigen oder in der Sonntagsschule zu unterrichten, ohne die Kommentare, theologischen Lehrbücher und Studienbibeln der Theologen zu Rate zu ziehen - aus Angst, sie könnten etwas „Falsches" sagen.

    Infolgedessen zerstören die Theologen das Königreich-Christentum effektiv von innen heraus. In der Tat würde es mich nicht überraschen, wenn die heutigen Königreich-Christen innerhalb von ein oder zwei Generationen den Großteil der Lehre Jesu vom Königreich Gottes verlieren würden.

    Aber das muss nicht so sein. Wir Christen des Königreiches Gottes können lernen, den heutigen theologischen Tyrannen die Stirn zu bieten. Doch um dies wirksam tun zu können, müssen wir zunächst verstehen, wie das Christentum in seinen Anfängen aussah und wie die Theologen an die Macht kamen. Wir müssen auch die Mittel verstehen, die Theologen heutzutage einsetzen, um das Zeugnis des Königreiches Gottes zu unterdrücken.

    Wenn wir diese Dinge verstanden haben, ist es nicht schwer, die meisten Theologen als die geistlichen Schwindler zu entlarven, die sie oft sind.


    1 Der Bericht über den Prozess gegen Caspar Zacher wurde vom Landvogt von Waiblingen in einem offiziellen Schreiben an Herzog Christoph vom 12. Juli 1562 festgehalten.

    2 Das ist eine dramatisierte Erzählung einer wahren Geschichte, die durch Gerichtsakten bezeugt und aufgezeichnet wurde in „Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer", 1. Band Herzogtum Württemberg, ed. Gustav Bossert (Leipzig, 1930), 216 f.

    3 Anmerkung des Übersetzers: die deutschsprachigen Bibeln schreiben statt „Königreich meist nur „Reich, was aber nicht der eigentlichen Bedeutung entspricht. Denn Jesus wird als König wieder kommen um in Seinem Königreich zu herrschen. „Christus ist ein Königstitel und Er erhebt den Anspruch auf den Königsthron. Deswegen ist das englische Wort „kingdom präziser und die deutsche Übersetzung „Königreich die treffendere. Außerdem ist das Wort „Reich in Europa belastet durch Adolf Hitlers Wortwahl. Er nannte sich „Reichskanzler, gründete eine „Reichskirche, bestellte einen „Reichsbischof und bezeichnete seine Bürger als „Reichsbürger. Auch der Begriff „Reichschristen ist der Nomenklatur der Nazis entnommen. Ich verwende in diesem Buch diese Begriffe daher bewusst nicht, sondern die historisch korrekteren und inhaltlich passenderen wie „Königreich, „Königreich-Christen, „Königreich-Jünger, „Königreich-Kinder" und dergleichen.

    4 Mit dem Ausdruck „Königreich-Christen" meine ich Christen, die sich auf die Lebensführung und Lehren Jesu konzentrieren und erkennen, dass Gottes Königreich in keiner Weise mit den Reichen dieser Welt verbunden ist. Solche Christen erkennen, dass Gottes Königreich eine gegenwärtige Realität ist, und sie erkennen, dass das Wesen des Christentums eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung zu Jesus Christus ist. Obwohl in dieser Welt lebend, leben Königreich-Christen als Bürger des Königreiches Christi.

    2. Die ersten Theologen

    Als Gott die Israeliten als Sein besonderes Volk auserwählte, gab Er ihnen das Gesetz Moses, das zusammen mit der Genesis ⁵ den Anfang der Heiligen Schrift bildet. Nach dem Tod von Mose sagte Gott zu Josua:

    Und das Buch dieses Gesetzes soll nicht aus deinem Mund weichen und du sollst dich Tag und Nacht in ihm üben, damit du verständig bist, alles Geschriebene zu tun; dann wirst du auf gutem Weg geführt werden und wirst deine Wege gut machen und dann wirst du verständig sein. (Josua 1,8 LXX Deutsch)

    Obwohl die meisten Israeliten kein Exemplar der Heiligen Schrift in ihrem persönlichen Besitz hatten, bestand eine Aufgabe der Priester und Leviten darin, dem Volk die Heilige Schrift vorzulesen, damit es mit ihr vertraut war.

    Gott hat den Priestern und Leviten jedoch nie gesagt, dass es ihre Aufgabe oder ihr Platz sei, die Heilige Schrift auszulegen. Gott richtete keine theologische Hierarchie ein, um die Heilige Schrift für das Volk auszulegen, und Er richtete auch keine Seminare oder göttlichen Schulen ein, um spezielle Lehrer oder Theologen in der „richtigen Bedeutung" des Gesetzes auszubilden. Vielmehr sandte Gott fortwährend über die Jahrhunderte hinweg Propheten, um die Israeliten zu ermahnen und zu warnen, wenn sie von Gottes Wegen abwichen. Aber die Propheten waren keine Theologen, und Gott hat die Propheten nie als eine hierarchische Klasse eingesetzt.

    Weil die Israeliten wiederholt nicht auf die Anweisungen Gottes hörten, erlaubte Er schließlich den Assyrern und Babyloniern, sie aus dem Land Israel zu vertreiben, sie in Gefangenschaft zu führen, und ihren Tempel zu zerstören. Jahrzehnte später kehrte ein kleiner Rest der Israeliten aus Babylon in das gelobte Land zurück und baute den Tempel in Jerusalem wieder auf. Der Zeitraum vom Wiederaufbau des Tempels bis zu seiner zweiten Zerstörung im Jahr 70 n. Chr. durch die Römer wird oft als die Zeit des Zweiten Tempels bezeichnet.

    Während der Zeit des Zweiten Tempels begannen die Juden überall Synagogen zu errichten. Dies waren Versammlungsorte, an denen sich die Juden zum Gebet und zum Lesen der Heiligen Schrift treffen konnten. Da die Juden zu dieser Zeit über weite Teile des Mittelmeerraums verstreut lebten, konnten sie auf diese Weise sowohl ihre Identität als auch das Gesetz Moses bewahren, auch wenn viele von ihnen weit weg vom Tempel in Jerusalem lebten.

    In jener Zeit traten verschiedene religiöse Führer auf, die sicherstellen wollten, dass das jüdische Volk nie wieder gegen das Gesetz Moses verstoßen und in Gefangenschaft geraten würde. Zu diesen Führern gehörten die Sadduzäer (eine priesterliche Gruppe) und die Pharisäer (die im Allgemeinen keine Priester oder Leviten waren). Es gab auch gelehrte Männer, die man Schriftgelehrte nannte.

    Obwohl diese Gruppen religiöser Führer mit guten Absichten begannen, entwickelten sie sich von einfachen Hirten und Lehrern zu einer elitären, hierarchischen Klasse, die über dem einfachen Volk stand. Sie wurden von der rechten Hand Gottes zu Gegnern Gottes. Sie wandelten sich von echten geistigen Führern der Juden zu geistigen Meistern, die das Volk tyrannisierten. Sie erleuchteten das Volk nicht mehr, sondern hielten es in Unwissenheit. Zur Zeit Jesu wurden diese religiösen Führer mit dem Titel Rabbi angesprochen, was wörtlich „mein Großer" bedeutet.

    Diese elitäre Klasse von Theologen bediente sich zweier grundlegender Methoden, um die einfachen Juden einzuschüchtern und den Eindruck zu erwecken, dass nur die Theologen die Heilige Schrift richtig verstehen konnten. Diese beiden Mittel der Kontrolle waren

    1. ihre sprachlichen Fähigkeiten - insbesondere ihre Kenntnisse des Hebräischen - und

    2. ihr Status als offizielle Ausleger des Gesetzes.

    Mit Sprachwissenschaft andere unterdrücken

    Menschen mit Sprachkenntnissen können ihre Fähigkeiten zur Ehre Gottes und zum Nutzen Seines Volkes einsetzen. Sprachwissenschaftler können ihre Fähigkeiten aber auch dazu nutzen, sich selbst auf ein Podest zu stellen. Sie können ihr Wissen nutzen, um andere zu schikanieren, die nicht über solche Kenntnisse verfügen. Das ist genau das, was die jüdischen Theologen taten.

    Zur Zeit Jesu konnten die meisten Juden das biblische Hebräisch nicht mehr fließend sprechen und verstehen.⁸ Stattdessen war ihre Alltagssprache entweder Aramäisch oder Griechisch, je nachdem, wo sie lebten. Obwohl die meisten Menschen also kein Hebräisch mehr verstehen konnten, waren die Theologen dagegen, die Heilige Schrift in Sprachen zu übersetzen, die die Menschen verstehen konnten. Sie waren der Meinung, die Heilige Schrift sei zu heilig, um sie in andere Sprachen zu übersetzen. Die Heilige Schrift wurde auf Hebräisch geschrieben, und sie müsse Hebräisch bleiben! Deshalb gründeten die jüdischen Theologen Schulen, um zukünftige Theologen in der hebräischen Sprache auszubilden.

    In den aramäischsprachigen Synagogen in Palästina, Babylon und anderen östlichen Ländern las ein ernannter Vorleser die Heilige Schrift auf Hebräisch vor. Während die Schrift gelesen wurde, erklärte ein Schreiber oder Synagogenvorsteher auf Aramäisch, was der Text bedeutete. Diese losen aramäischen Übersetzungen oder Paraphrasen wurden als Targume bezeichnet. Die Theologen verbaten jedoch, diese Targume aufzuschreiben. Folglich wurde keines dieser aramäischen Targume aufgeschrieben bis zur Zeit nach Christus. Als die Targume schließlich doch niedergeschrieben wurden, waren sie unter den einfachen Juden nicht weit verbreitet. Sie waren in erster Linie etwas für die Rabbiner zum Lesen und Studieren.

    Daher waren die aramäisch sprechenden Juden in Bezug auf ihr Wissen über die Heilige Schrift fast vollständig von den jüdischen Theologen abhängig. Nur wenige gewöhnliche Juden hätten es gewagt, die Lehren der Schriftgelehrten und anderer Führer in Frage zu stellen, denn die Führer konnten immer sagen: „Nun, das Hebräische in diesem Abschnitt bedeutet dieses und jenes", und der gewöhnliche Jude wäre nicht in der Lage gewesen, das zu bestreiten.

    Glücklicherweise erging es den griechischsprachigen Juden besser - wenn

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1