Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band
Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band
Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band
Ebook358 pages4 hours

Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Dieser Band enthält folgende Krimis
(399XE)
von Thomas West



Der Rennbahn-Erpresser

Mord mit Ansage

Amoklauf für Laura









In letzter Sekunde wird ein Mörder auf dem elektrischen Stuhl begnadigt. Das ist der Auftakt zu einer beispiellosen Hetzjagd auf Menschen, die nicht der Norm entsprechen. Unliebsame Ärzte, Schwule, Journalisten werden getötet– sogar ein Gouverneur soll sterben. Wer sind die Elias-Ranger, die im Namen einer fehlgeleiteten Ideologie Morde begehen? Trevellian und Tucker bekommen es mit Leuten zu tun, für die nur ein Gesetz gilt: Ihr eigenes.
LanguageDeutsch
Release dateFeb 17, 2023
ISBN9783753208060
Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band

Read more from Thomas West

Related to Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band

Related ebooks

Hard-boiled Mystery For You

View More

Related articles

Related categories

Reviews for Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band - Thomas West

    Krimi Dreierband 3077 - 3 Thriller in einem Band

    Dieser Band enthält folgende Krimis

    von Thomas West

    Der Rennbahn-Erpresser

    Mord mit Ansage

    Amoklauf für Laura

    In letzter Sekunde wird ein Mörder auf dem elektrischen Stuhl begnadigt. Das ist der Auftakt zu einer beispiellosen Hetzjagd auf Menschen, die nicht der Norm entsprechen. Unliebsame Ärzte, Schwule, Journalisten werden getötet– sogar ein Gouverneur soll sterben. Wer sind die Elias-Ranger, die im Namen einer fehlgeleiteten Ideologie Morde begehen? Trevellian und Tucker bekommen es mit Leuten zu tun, für die nur ein Gesetz gilt: Ihr eigenes.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    COVER TONY MASERO

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Facebook:

    https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/

    Folge auf Twitter:

    https://twitter.com/BekkerAlfred

    Erfahre Neuigkeiten hier:

    https://alfred-bekker-autor.business.site/

    Zum Blog des Verlags!

    Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

    https://cassiopeia.press

    Alles rund um Belletristik!

    Der Rennbahn-Erpresser

    Krimi von Thomas West

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 116 Taschenbuchseiten.

    Ein toter Jockey und zwei Polizistenmorde rufen das FBI auf den Plan. Jesse Trevellian und Milo Tucker ermitteln gegen eine skrupellose Bande, die die Wettgeschäfte unter die eigene Kontrolle bringen will. Zur gleichen Zeit versuchen ein paar Cops, mit krummen Geschäften an das große Geld zu gelangen. Aber dieser Plan geht schief, und das FBI ermittelt plötzlich in den Reihen der Polizei. Aber auch die Bande will es sich nicht bieten lassen, dass ausgerechnet Polizisten in ihrem Revier wildern.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Alle Rechte vorbehalten.

    w ww.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1

    „Seh′ ich recht, oder wird es schon hell?‟ Christopher Boone trat auf die Terrasse und blickte in den Nachthimmel. Im Osten schimmerte ein rötlicher Streifen über der Skyline der Upper East Side.

    Er drehte sich um und winkte durch die offene Glasfront in den Salon hinein. Dort standen oder saßen die letzten fünfundzwanzig der ursprünglich über hundertfünfzig Partygäste. „War nett mit euch!‟

    Die Leute stellten ihre Gläser und Tassen ab und klatschten Beifall. Boone deutete eine Verbeugung an. Schon den ganzen Abend über genoss er es, im Mittelpunkt zu stehen.

    Nur noch wenige Tage – und er würde wieder im Mittelpunkt stehen. Und dieselben Leute würden sich wieder um seinetwillen treffen. Nur würden sie dann nicht applaudieren, sondern mehr oder weniger andächtig der Trauerrede lauschen, die der Reverend an seinem Grab hielt.

    Herbert Buchanan, der Hausherr, eilte aus dem Salon auf die Terrasse hinaus und drückte ihm die Hand.

    „Tja, Chris – heute bist du der Champion.‟ Er wollte die Hand seines Jockeys gar nicht mehr loslassen. „Man gewinnt nicht alle Tage den Großen Preis von Long Island!‟ Er beugte sich ein wenig zu dem kleinen Boone hinunter und senkte die Stimme. „Ich überweis′ dir eine fette Siegesprämie.‟

    Sie zwinkerten sich zu, und Boone lief über die Terrassenstufen in den Garten hinab. Der weiße Kies knirschte unter seinen Schuhsohlen, als er mit großen Schritten auf das gusseiserne Gartentor zueilte.

    Die Hochstimmung seit seinem Sieg gestern hatte sich im Laufe der Party eher noch gesteigert. Und Buchanans Ankündigung einer Extraprämie war das Sahnehäubchen dieses Festtages. Der Immobilienmakler war ein großzügiger Mann. Wenn er von einer „fetten Siegesprämie‟ sprach, war eine fünfstellige Summe nicht unter zwanzigtausend Dollar angesagt.

    Er trat auf die Straße. In der Dunkelheit wirkten die Konturen der Jugendstilvillen wie die Fassaden kleiner Schlösser. Dumpfes Hundegebell drang aus einem Garten, zwei Häuser weiter schlug ein Bewegungsmelder an – Licht flammte auf. Boone registrierte es nur beiläufig.

    Die Parkreihen in der York Avenue hatten sich gelichtet. Gestern Abend standen die Nobelkarossen hier Stoßstange an Stoßstange. Kaum jemand der meist schwerreichen Partygäste war mit dem Taxi gekommen. Auch Boone hatte sich nicht dazu durchringen können. Wann hat man schon mal Gelegenheit, in seinem Statussymbol vorzufahren?

    Er zog den Wagenschlüssel aus der Tasche, die Blinklichter seines Mercedes 300 SL leuchteten auf, und er stieg ein.

    Boone fummelte den Zündschlüssel ins Schloss. Ein Schatten an der Beifahrertür. Jemand riss die linke Hintertür auf und fiel hinter Boone auf die Rückbank. Gleichzeitig wurde die Beifahrertür aufgerissen – ein zweiter Mann schwang sich zu ihm in den Wagen. Etwas Kühles, Hartes bohrte sich in Boones Schläfe.

    „Fahr′ zu, Boone.‟ Eine heisere, kehlige Stimme neben ihm auf dem Beifahrersitz.

    Der Jockey erkannte die Stimme sofort. „Was soll das, Gash?‟ Aus den Augenwinkeln nahm er das kantige Profil neben sich wahr. Und den langen Lauf der Waffe an seiner Stirn – ein Schalldämpfer.

    „Stell keine Fragen – fahr zu!‟

    Boone spähte in den Rückspiegel. Im Font des Wagens die Umrisse eines massigen Mannes. Die Straßenbeleuchtung spiegelte sich in seiner Glatze. Ein Afroamerikaner. Auch ihn kannte Boone: Wayne Tydall – Peter Gashs Schläger …

    Schweißperlen traten auf die Stirn des Jockeys. Seine Hände waren plötzlich feucht. Er startete seinen Benz. Keine Spur mehr von der Hochstimmung der vergangenen Stunden.

    Die beiden hatten ihn vorgestern besucht. Und vor dem Pferderennen hatte er sie auf der Tribüne gesehen. Der große Schwarze war ihm sofort aufgefallen.

    „Richtung Fifth Ave‟, sagte der Mann neben ihm.

    Boone bog in die neunundachtzigste Straße ein und steuerte seinen Benz nach Westen. „Was wollt ihr von mir?‟ Er blinzelte nach rechts. Ein heißer Schreck durchzuckte ihn, als er sah, dass Gash Handschuhe trug.

    „Vielleicht einfach nur gratulieren.‟ Gashs Stimme klang gleichgültig.

    „Hör zu, Gash – ich konnte unmöglich auf euren Vorschlag einsteigen. Es hätte mich meine Karriere gekostet.‟ Boone erschrak vor seiner eigenen Stimme – sie klang brüchig und weinerlich.

    „Du musst da was falsch verstanden haben, Boone – wir machen keine Vorschläge. Wir sagen, wie die Dinge zu laufen haben, und bezahlen gutes Geld dafür, dass sie so laufen, wie wir uns das vorstellen.‟

    „Ich konnte euer Pferd unmöglich vorbeilassen ...‟ Boones Herz flatterte ihm im Brustkorb herum. Er ahnte, dass er um sein Leben redete. „Jeder hätte es gemerkt. Meine Lizenz wäre im Eimer gewesen ... kapier doch – ich konnte nicht ...‟

    „Du wolltest nicht‟, sagte Gash seelenruhig. „Und das hat unseren Chef einen Koffer voll Geld gekostet.‟ Sie überquerten die Second Avenue. Die Scheinwerfer eines Fahrzeuges näherten sich auf der Gegenfahrbahn. Gash nahm die Waffe von der Schläfe des Jockeys.

    „Okay, Gash, lass uns in Ruhe darüber reden ...‟ Das entgegenkommende Fahrzeug war noch gut zweihundert Meter entfernt. „Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, kann sein ... okay, okay ... ich hab′ einen Fehler gemacht ... das nächste Mal lass ich mich auf euren Deal ein ...‟

    Boone erkannte den balkenartigen Aufsatz auf dem Dach des entgegenkommenden Wagens – ein Streifenwagen!

    „Bullen.‟ Der rauchige Bass des Schwarzen aus dem Font. Gash nickte nur. Er hatte den Patrol Car längst bemerkt.

    „Du wirst es nicht glauben, Boone ...‟ Gash gähnte. „Aber es wird kein nächstes Mal geben ...‟

    Der Streifenwagen war noch höchstens zwanzig Meter entfernt. Boone hatte es bis an die Spitze des internationalen Pferderennsports gebracht, weil er jede Chance nutzte, die sich ihm bot. Der Patrol Car war seine einzige Chance, den nächsten Sonnenaufgang zu erleben. Und er wollte ihn erleben. Um jeden Preis der Welt wollte er das. Seine Hände verkrampften sich um das Steuer.

    „Du musst das verstehen, Boone‟, sagte Gash. „Niemand nimmt uns mehr ernst, wenn wir dich ungeschoren ...‟

    Boone riss das Steuer herum und trat auf die Bremse. Der Benz schleuderte auf die Gegenfahrbahn. Der Fahrer des Streifenwagens legte eine Vollbremsung hin und kam wenige Meter vor Boones querstehender Luxuskarosse zum Stehen.

    „Könnte es sein, dass du schon wieder einen Fehler gemacht hast, Boone?‟ Gash drückte dreimal ab. Boones kleiner Körper bäumte sich kurz auf und sackte dann zusammen.

    Gash drehte sich zum Seitenfenster um. Die beiden Cops waren aus ihrem Streifenwagen gesprungen und kamen auf die Beifahrerseite des Mercedes zugelaufen. Gash achtete darauf, dass sein Oberkörper die Leiche des Jockeys verdeckte. Seine Finger tasteten die Armlehnen in der Tür nach den Knöpfen für die Seitenfenster ab.

    „Es ist, wie es ist, Tydall‟, sagte er, „bringen wir’s hinter uns.‟ Ein metallenes Klicken aus dem Font des Benz. Der massige Schwarze rutschte hinter Gash ans rechte Seitenfenster.

    Endlich fand Gash die Schalter. Summend versanken die Scheiben in den Türen.

    Die Cops beugten sich zu den offenen Fenster herunter. „Alles in Ordnung?‟, fragte der eine. Der andere versuchte an Gash vorbei, einen Blick auf den Fahrer zu werfen.

    „Alles bestens, Officer.‟ Gash riss die Waffe hoch und schoss dem Polizisten ins Gesicht. Fast gleichzeitig ein Feuerstoß aus dem hinteren Seitenfenster.

    Die Cops hatten nicht die Spur einer Chance. Der, den Gash traf, riss die Arme hoch und schlug rücklings auf dem Asphalt auf. Der andere, von Tydalls Pumpgun in den Bauch getroffen, krümmte sich und ging ächzend zu Boden.

    Gash stieß die Tür auf und schwang sich aus dem Benz. Nacheinander setzte er den reglosen Polizisten den Lauf seiner Waffe auf die linke Brustseite und drückte ab.

    Der Schwarze war ebenfalls ausgestiegen und spähte links und rechts die Hausfassaden hinauf. Hinter einigen Fenster gingen die Lichter an.

    „Nichts wie weg hier‟, fauchte er.

    Die Männer spurteten westwärts die neunundachtzigste Straße hinunter. Als sie in die Third Avenue einbogen, heulten von fern die Patrol-Car-Sirenen …

    2

    Mein Handy orgelte sich in meine Träume hinein. Ich begriff nicht sofort, dass mich das Geräusch etwas anging. Immerhin war Sonntag, und ich war mit der Hoffnung auf einen freien Tag ins Bett gegangen.

    Sarah schob sich über mich und griff nach dem Störenfried auf meinem Nachttisch.

    „Boyle?‟, sagte sie schlaftrunken. „Moment.‟ Sie knallte das Gerät neben mich auf die Matratze. „Für dich ...‟ Fluchend verkroch sie sich wieder unter ihre Decke.

    „Hallo, Jesse?‟ Die Stimme meines Chefs. „Tut mir leid, dass ich Sie aus dem Bett holen muss. Alle anderen sind im Einsatz oder nicht erreichbar, und ich brauche dringend ein Team in der Upper East Side.‟

    „Schon okay, Sir.‟ Ich setzte mich auf. 5.30 Uhr verkündete die Digitalanzeige des Wecker neben mir auf dem Nachttisch. „Was ist passiert?‟

    „Schießerei in der Neunundachtzigsten. Drei Tote. Zwei davon sind Polizisten. Ihr Dienststellenleiter hat mich angerufen. Er will, dass wir die Ermittlungen übernehmen.‟ Er gab mir die genaue Adresse durch. „Ihren Partner habe ich schon angerufen – vielleicht können Sie Milo abholen, Jesse.‟

    „Mach′ ich, Sir.‟ Ich schob mich aus dem Bett. Der Abend war feucht, und die Nacht kurz gewesen. Unter der Dusche spritzte ich mich kalt ab. Danach sah ich einigermaßen klar.

    Sarah stand mitten im Zimmer, als ich das Bad verließ. In ihre Decke gewickelt und mit dem Gesicht eines Racheengels. Das zerwühlte Blondhaar fiel ihr auf die nackten Schultern. Eine steile Falte stand zwischen ihre Brauen.

    „Sag′, dass das nicht wahr ist, Jesse!‟ Ihr blauen Augen funkelten zornig. Der Tag stand unter einem schlechten Stern.

    „Sorry, Sarah – es ist wahr. Ich muss ausrücken.‟ Ich warf die Kaffeemaschine an und stieg in meine Klamotten.

    Sie lief hinter mir her und beobachtete mich. „Ich hab′ heute Geburtstag.‟ Es klang wie eine Anklage.

    „Ich weiß, Darling. Aber irgendwelche Killer müssen es vergessen haben.‟

    Okay – das war nicht besonders diplomatisch. Aber kein Grund, gleich an die Decke zu gehen. Sarah verfluchte meinen Chef, meine Firma und mich. Wenn ich ginge, könnte ich sie vergessen, und so weiter, und so weiter.

    Man traute ihr solche Ausbrüche nicht zu, wenn man sie nur von der Mattscheibe kannte. In den Abendnachrichten von CBS verlas sie viermal die Woche die Neuigkeiten des Tages. Sachlich und gelassen verkündete sie bei solchen Gelegenheiten auch die verheerendsten Hiobsbotschaften. Eine Frau, die über den Dingen steht, meinte man dann. Eine Frau, die so schnell nichts erschüttern kann.

    Irrtum. Sarah Boyle war ein Vulkan.

    Wir hatten uns schon zweimal getrennt, weil sie mit meinem Job nicht klarkam. An diesem Sonntagmorgen sah alles nach einem dritten Mal aus.

    „Wenn du bis zwölf Uhr nicht zurück bist, kannst du mir den Buckel ‚runterrutschen!‟, zischte sie und rauschte ins Schlafzimmer ab.

    Wir hatten geplant, zum Frühstück in eine Kneipe nach SoHo zu fahren. Und danach Strand, Konzert und gepflegtes Essen in einem thailändischen Restaurant in Lower Manhattan.

    Nun standen Ermittlungen in einem dreifachen Mordfall auf meinem Tagesprogramm. Mit ein bisschen Pech würde ich ihr vor heute Abend nicht einmal ihr Geburtstagsgeschenk überreichen können.

    Ich hatte ihr einen barocken Garderobenspiegel und zwei dazu passende Wandleuchter besorgt. Sarah war scharf auf alles, was uralt aussah. In ihrem Apartment kam ich mir immer vor, wie in einem Antiquitätenladen. Oder wie in Queen Victorias Privatgemächern.

    Die Empfehlung, sie solle sich einen Finanzbeamten oder einen junggebliebenen Frührentner suchen, lag mir auf der Zunge. Ich schluckte sie herunter. Man lernt ja dazu.

    Ich schnallte mir mein Gürtelholster um, füllte das Magazin meiner SIG und lief ins Schlafzimmer. Sie rührte sich nicht, als ich ihre Schulter küsste.

    „Ich ruf dich an‟, sagte ich. Mehr nicht. Eine Glanzleistung, oder?

    Zehn Minuten später hielt ich an der gewohnten Ecke. Milo stieg ein und knurrte einen Gruß. Schweigend fuhren wir in die Upper East Side hinüber. Über Manhattan graute der Morgen des neuen Tages. Sarahs Geburtstag. Unter anderem auch das.

    In der Neunundachtzigsten, zwischen Third und Second Avenue, das vertraute Bild: Streifenwagen, Ambulanzen, Blitzlichter, Trassierband und Gaffer.

    Eine Menge Cops – uniformierte und zivile. Sie schlichen herum wie geprügelte Hunde.

    „Wir würden die Scheißkerle lieber selbst schnappen‟, blaffte ein Detective in Jeans und Lederjacke. Das war alles, was wir zur Begrüßung zu hören bekamen.

    „′n schönen Sonntag‟, knurrte Milo zurück.

    Ein silbergrauer Benz stand quer vor dem Streifenwagen der toten Cops. Vor der offenen Beifahrertür Plastikplanen über zwei Leichen. Die dritte lag auf der anderen Seite des Luxusschlittens. Leute von der Spurensicherung krochen in dem Wagen herum.

    Scheinwerfer waren um die beiden Fahrzeuge herum aufgebaut. Ich kniff geblendet die Augen zusammen.

    „Hallo, Jesse, hallo, Milo.‟ Am Heck des Mercedes die wuchtige Gestalt eines Mannes. Alexis Silas. Wir kannten den Gerichtsmediziner gut. Ihn als groß und breitschultrig zu bezeichnen, wäre geschmeichelt. Okay – groß war er, ein Stück größer als ich sogar. Aber vor allem war er unglaublich fett.

    Er stellte seine Arzttasche neben uns ab und machte eine Kopfbewegung zu den beiden Plastikplanen hin. „Die Dienstwaffen stecken noch in den Holstern. Sie müssen vollkommen überrascht worden sein.‟

    Milo hob die Planen an. Zwei weiße Polizisten. Das Gesicht des einen war eine blutverkrustete Maske. Der andere starrte aus gebrochenen Augen in den Morgenhimmel. Sein Mund stand weit offen. Als hätte er im Augenblick seines Todes etwas Unglaubliches gesehen.

    „Die Schüsse wurden aus nächster Nähe abgegeben.‟ Die Speckschicht über Alexis′ Stirn legte sich in Falten. „Je ein aufgesetzter Schuss ins Herz. Da lagen sie sicher schon flach.‟

    „Hört sich nach Hinrichtung an.‟ Ich ging um das Heck des Benz herum. „Was ist mit dem Dritten?‟

    Der Pathologe fingerte eine Schachtel Benson & Hedges aus seinem zerknitterten Jackett. „Mindestens drei Schüsse in den Brustkorb. Er war noch angeschnallt, als ich hier ankam.‟ Sein goldenes Feuerzeug flammte auf. Ich hatte ihn noch nie rauchen gesehen und muss etwas erstaunt geguckt haben. „Willst du eine?‟

    „Später.‟ Ich sah mir die dritte Leiche an. Ein auffallend kleiner und schmächtiger Mann. Er trug einen weißen Seidenanzug. Jedenfalls war er weiß gewesen, bevor man seinem Besitzer drei Kugeln in die Brust geschossen hatte.

    Männer des Zentrallabors kamen mit Leichensäcken. Nacheinander trugen sie die drei Toten zum Leichenwagen.

    „Was glaubst du?‟, fragte Milo den Pathologen. „Du hast doch immer eine Theorie.‟

    Alexis stieß den Zigarettenrauch aus. Er hatte ungeheuer wulstige Lippen. „Im Augenblick glaube ich weiter nichts, als dass alle drei ziemlich tot sind‟, sagte er. „Wenn ich sie mir angeschaut habe, lass ich von mir hören.‟

    Ich hatte Alexis öfter im Zentrallabor besucht. In der pathologischen Abteilung. Dort hatte ich ihn gesehen – inmitten seiner Zinkwannen, Chromschüsseln, Sägen, Messern und Scheren. Ich wusste also, was er unter „anschauen‟ verstand.

    Keine Ahnung, wie man so einen Job durchstehen kann. Vielleicht war der Mann deswegen so überdurchschnittlich gut gepolstert.

    „Ich ruf′ euch an, bevor ich den Bericht schreibe.‟ Er bückte sich nach seiner Arzttasche und schaukelte an den Straßenrand. In der zweiten Parkreihe, auf dem Bürgersteig, stand sein alter Volvo. Ein roter Kombi aus den Jahren vor Woodstock und dem Vietnamkrieg. „Einen schönen Sonntag noch.‟

    Ich dachte an Sarah und an den barocken Spiegel. „Dir auch‟, sagte ich.

    Ein Cop tauchte neben uns auf. „Der dritte Tote heißt Christopher Boone.‟ Er reichte mir einen Führerschein und eine Sozialversicherungskarte. Erwartungsvoll sah er mich an. „Boone‟, wiederholte er. „Nie gehört?‟

    Ich schüttelte den Kopf. „Bildungslücke?‟

    Milo nahm mir die Papiere aus der Hand und betrachtete sie. „Doch, kommt mir bekannt vor.‟

    „Lesen Sie die Sonntagszeitung‟, sagte der Cop, „im Sportteil werden Sie seinen Namen finden.‟

    „Ein Jockey, stimmt′s?‟ Das Stichwort Sportteil hatte Milo auf die Sprünge geholfen. „War da nicht gestern ein Rennen im Belmont Park?‟

    „Der große Preis von Long Island.‟ Der Cop schien sich auszukennen. „Blizzard hat gewonnen. Ich hab′ fünfzig Dollar auf das Pferd gesetzt.‟

    „Blizzard ist das Pferd des Toten?‟, fragte ich.

    Der Cop zuckte mit den Schultern. „Jedenfalls hat er′s geritten.‟

    Milo und ich sahen uns den Tatort genau an. Die heruntergelassenen Fenster des Mercedes, die Bremsspur des Patrol Cars, die Kreideskizzen der beiden toten Cops.

    „Was denkst du?‟, fragte ich Milo, als wir zu meinem Sportwagen zurückgingen.

    „Profis, mindestens zwei.‟

    „Seh′ ich auch so.‟ Wir stiegen ein. „Die aufgesetzten Schüsse ins Herz – das sind Leute, die gewohnt sind, zu töten. Sie haben aus dem Benz heraus das Feuer eröffnet.‟

    „Die Cops haben ihre Dienstwaffen nicht benutzt‟, sagte Milo. „Also wurde Boone von den gleichen Leuten erschossen wie sie. Fragt sich nur, warum der Jockey seine Mörder durch die Gegend chauffiert hat.‟

    „Bestimmt nicht freiwillig.‟ Ich fuhr die Achtundneunzigste hinunter in Richtung Central Park. „Aber die Frage könnte ein Schlüssel zu der blutigen Geschichte sein – versuchen wir also die Antwort zu finden. Man hat ja sonst nichts zu tun an so einem langweiligen Sonntag ...‟

    3

    „Kann ich Sie einen Augenblick sprechen, Captain?‟ Der Mann im Türrahmen lächelte verlegen. Er drehte seine Dienstmütze zwischen den Händen, wie das Lenkrad eines ins Schleudern geratenen Wagens.

    Tennessee Lee, der schwarze Chef des zweiunddreißigsten Polizeireviers, wandte den Blick nicht vom Monitor seines PCs. „Kommen Sie ′rein, Sergeant Buckley.‟ Er speicherte die Datei, an der er gerade gearbeitet hatte, und schloss sie. Sie ging niemanden etwas an.

    Die Tabellen mit den Dienstplänen für den kommenden Monat erschienen auf dem Bildschirm. Als hätte er sich in den letzten Stunden mit nichts anderem beschäftigt.

    „Setzen Sie sich, Buckley.‟ Lee wies auf einen der beiden freien Stühle vor seinem Schreibtisch. Er hatte ein rundes, weiches Gesicht. Schnurrbart und Haarkranz schimmerten grau.

    Der Sergeant, ein Weißer mit langen Gliedern und breiten Schultern, setzte sich. Immer noch hielt er seine Mütze fest, und immer noch lächelte er. Seine leicht gebeugte Haltung und sein allzu freundlicher Gesichtsausdruck verrieten Lee, dass Buckley versuchen würde, einen bezahlten Sonderurlaub herauszuschinden. Oder einen besonders dringenden Beförderungswunsch vortragen würde.

    Der Captain war ein Menschenkenner durch und durch. Ein scharfsinniger dazu. „Wo drückt der Schuh, Buckley?‟

    „Es ist wegen meiner Beförderung, Sir. Ich bin schon das letzte Mal vergessen worden ...‟ Mit seiner riesigen Pranke strich er sich eine Strähne seines blauschwarzen Haares aus der Stirn. Er hatte ein langes Gesicht mit einem ausgeprägten, leicht vorgeschobenen Unterkiefer. Wie immer, war er schlecht rasiert. Manchmal erinnerte er Lee an eine Karikatur von Arnold Schwarzenegger.

    „Ich hab′ Sie aber vorgeschlagen!‟

    „Aber ich bin immer noch kein Lieutenant, Sir ...‟ Seine braunen Augen sahen aus, wie die Augen eines kleinen Jungen, dem man das Fahrrad geklaut hatte. Ein derart unschuldiges Gesicht zu machen, gehörte nach Lees Einschätzung zu den wirklichen Stärken des Sergeants.

    „Ich hab′ Sie diesmal wieder auf Vorschlagsliste, Buckley, keine Sorge.‟ Lee schlug einen kameradschaftlichen Ton an. „Der Deputy wird Sie nicht ein zweites Mal vergessen.‟

    „Könnten Sie nicht ...‟ Der große Polizist räusperte sich. „Könnten Sie den Vorschlag nicht mit einer besonderen Empfehlung ... ich meine ... „

    Lee zog seine dichten, leicht angegrauten Brauen hoch. Überrascht musterte er seinen Untergebenen.

    Er würde schon eine Menge Fantasie brauchen, um den Beförderungsvorschlag für Buckley mit einer „besonderen Empfehlung‟ zu versehen.

    Der Sergeant war ein fauler Sack. Wirklich gut war er nur, wenn es darum ging, irgend jemanden zu veranlassen, für ihn die Kartoffeln aus dem Feuer holen zu lassen.

    Außerdem hatte Lee Gerüchte gehört. Üble Gerüchte – Buckley würde Schmiergelder nehmen und so weiter. Lee wusste nicht, von wem und wofür.

    Er hatte nicht nachgebohrt. Der Captain gehörte nicht zu den leitenden Beamten, die alles so genau wissen wollten. Das hatte ihn beliebt gemacht im Revier.

    Jedenfalls war Raymond Buckley alles andere als ein Vorzeigebulle.

    Allerdings verfügte er über einen ziemlich scharfen Verstand. Auch wenn man ihm das nicht ansah – er verstand es meisterhaft, sich den Anschein der Begriffsstutzigkeit zu geben. Meistens aber lag er richtig mit seinen Schlussfolgerungen. Und hatte in schwierigen Fällen schon manchen guten Tipp abgegeben.

    Lee nickte langsam. „Okay, Buckley – ich lass mir was einfallen.‟

    „Danke, Sir.‟ Der Sergeant sprang auf. Erleichterung in seiner Miene. „Vielen Dank.‟ Er verbeugte sich sogar, bevor er seinen großen Körper aus dem Chefbüro schaukelte.

    Lee musste grinsen. Im Grunde war Buckley ein großer Junge. Ein großer Junge, dem irgend jemand ins Hirn geschissen hatte.

    Lee wollte sowenig wie möglich über das Privatleben seiner Beamten wissen. Aber es hatte sich herumgesprochen, dass Buckley eine Menge Geld für Frauen aus dem Fenster schmiss und sich gern auf der Pferderennbahn herumtrieb.

    Außerdem war er ein Motorradnarr. Das nun ließ sich nicht übersehen. Und schon gar nicht überhören. Wenn im Innenhof des Reviers der Motor eines Feuerstuhls brüllte, wusste jeder, dass Buckley in voller Ledermontur zum Dienst anritt. Lee hatte nie so genau darauf geachtet – aber angeblich besaß der Sergeant drei verschiedene Maschinen.

    Lee wandte sich wieder dem Monitor zu. Er öffnete die Datei, die er bei Buckley Eintreten in der Festplatte versenkt hatte. Es war ein Roman. Ein Western - „Der Pferdedieb‟ hieß er. Nichts Großartiges, hoch Literarisches oder so. Eine von den Paperback-Schwarten, die man am Bahnhofskiosk für zwei Dollar kaufen konnte.

    Lee schrieb etwa alle sechs Wochen so eine Geschichte. Meistens im Dienst und an freien Wochenenden. Immerhin neunhundert Dollar, die auf diese Weise zusätzlich auf seinem Konto landeten. Mehr als die Hälfte dessen, was er Monat für Monat seiner geschiedenen Frau und seinen beiden Kindern an Unterhalt zahlen musste.

    Das hatte er mit Buckley gemeinsam: Das Geld reichte hinten und vorn nicht. Seine Freundin würde in ein paar Monaten ein Baby bekommen, sein ältester Sohn hatte seinen Wagen zu Schrott gefahren, und das Wochenendhaus in Freeport auf Long Island war ein unersättliches Dollargrab. Lange würde er es nicht mehr halten können.

    Niemand wusste von seinen finanziellen Problemen. Nach außen hin war er ganz der seriöse Polizeicaptain – geschätzt und geachtet von Untergebenen und Vorgesetzten. Auch dass er geschieden war, hatte er bisher geheim halten können. Und dass er hin und wieder Western schrieb, sowieso. Tennessee Lee sprach nicht über persönliche Angelegenheiten.

    Die harten Männer in seinen Western hatten auch nie genug Geld. Sie lösten dieses Problem auf ihre eigene Weise – schürften Gold, spielten Poker, überfielen Postkutschen und Banken.

    Sie waren ein wenig wie Sergeant Buckley. Ja, das waren sie. Nur nicht so faul. Lee hatte im Lauf der Jahre Sympathien entwickelt für den jüngeren Cop. Seitdem seine eigene private Situation sich so niederschmetternd entwickelt hatte, fühlte er sich ihm manchmal fast verbunden.

    Lee fragte sich immer öfter, ob was dran war an den Gerüchten über den Sergeant. Ob er sich wirklich auf illegale Weise ein paar Dollars dazuverdiente.

    „Frag′ ihn doch einfach mal‟, murmelte er, während er seinen Schreibtisch aufräumte. Der Feierabend stand vor der Tür. „Vielleicht hat er ja einen Tipp für dich. Eine hübsche Geldquelle, die auch ein Captain mit gutem Gewissen anzapfen kann.‟ Er grinste vor sich hin. „Oder vielleicht hat er Lust, mit dir eine Bank zu überfallen ...‟

    Ein Scherz, ein Gedankenfurz, weiter nichts. Aber als er später in seiner Stammbar in Harlem saß und das Sonntagsspiel der Yankees auf der Mattscheibe über der Theke verfolgte, spukte dieser Gedankenfurz noch immer in seinen Hirnwindungen herum.

    Das beunruhigte Lee.

    Später stieg er in seinen weißen Dodge und fuhr bei Nancy vorbei, seiner Freundin. Eine quirlige kleine Frau mit einigen Pfund Rastalocken auf dem Kopf. Zehn Jahre jünger als er, also Anfang dreißig. Er liebte sie über alles.

    Sie hockte mit einer Menge Nachbarn und einem halben Dutzend ihrer zahllosen Freundinnen auf der Straße vor dem Haus, in dem sie wohnte. Es wurde gegrillt, gewürfelt, Schach gespielt und Musik gemacht. Wie das eben so geht in manchen Straßenzügen Harlems.

    Nancy machte keine Anstalten, mit ihm hoch auf ihr Zimmer zu gehen. Wenn sie

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1