Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Endzeit - kein Grund zur Panik: Hoffnungsvoll durch chaotische Zeiten
Endzeit - kein Grund zur Panik: Hoffnungsvoll durch chaotische Zeiten
Endzeit - kein Grund zur Panik: Hoffnungsvoll durch chaotische Zeiten
Ebook310 pages3 hours

Endzeit - kein Grund zur Panik: Hoffnungsvoll durch chaotische Zeiten

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Harald Orth nimmt mit seinem Buch "Endzeit — kein Grund zur Panik. Hoffnungsvoll durch unsichere Zeiten" Endzeit-Szenarien der Vergangenheit und der Gegenwart mit einer Prise Humor und Ironie unter die Lupe.

"Die apokalyptischen Reiter sind unterwegs" — diese und ähnliche Aussagen der Bibel über die Endzeit finden sich in manchem Facebook-Post. Oft mit dem Bezug zur Corona-Epidemie. Der Impfstoff wird dann zum "Zeichen des Tieres", mit entsprechenden Folgen für diejenigen, die ihn sich haben verabreichen lassen. Auch andere Prophetien der Bibel werden schnell für die Entwicklung von Verschwörungstheorien genutzt.

Krisenzeiten lenken den Blick von Christen auf die biblischen Zukunftsaussagen. Mit Humor, Tiefgang und einer Prise Ironie nimmt Harald Orth Aussagen der Bibel über die "Endzeit" unter die Lupe und zeigt, welche sonderbaren Auslegungen dazu im Laufe der Kirchengeschichte schon existierten und welche "Blüten" sie getrieben haben. Er stellt verschiedene "Drehbücher" der Endzeit vor, beleuchtet die zentralen Texte der Bibel und gibt Handwerkszeug zum besseren Verstehen und Auslegen.

Sein Buch will vor allem deutlich machen, was die Anliegen der biblischen Texte über die Endzeit wirklich sind: Sie wollen Mut machen in Krisenzeiten und dabei helfen, nicht in Panik zu verfallen, sondern auch in chaotischen Zeiten hoffnungsvoll mit Gott zu rechnen.

Mit Impulsen und Fragen für Kleingruppen und Hauskreise.
LanguageDeutsch
Release dateSep 2, 2022
ISBN9783765576560
Endzeit - kein Grund zur Panik: Hoffnungsvoll durch chaotische Zeiten

Related to Endzeit - kein Grund zur Panik

Related ebooks

Christianity For You

View More

Related articles

Related categories

Reviews for Endzeit - kein Grund zur Panik

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Endzeit - kein Grund zur Panik - Harald Orth

    Vorwort – Auf der Suche nach Antworten

    Ist Corona eine endzeitliche Strafe Gottes? Gehört die Pandemie zum Gerichtshandeln des Schöpfers, mit der die letzten Tage beginnen? Ist Wladimir Putin der sogenannte Antichrist, der das Jüngste Gericht einläutet? Ist die Klimakatastrophe bereits in der Offenbarung des Johannes angekündigt? Das sind Fragen, die viele Menschen im Frühjahr 2022 beschäftigen, als ich dieses Vorwort schreibe. Müssen wir damit rechnen, dass noch weitere solcher globalen Krisen auf uns zukommen? Sind die vielen Krisen und Konflikte Teil einer globalen Verschwörung, wie Joachim Sonntag und viele andere „Endzeitpropheten" behaupten?

    Unter solchen und ähnlichen Überschriften finden sich Artikel und Bücher, Predigten und Vorträge in nahezu allen Medien, die offensichtlich auch mit zunehmender Häufigkeit konsumiert werden. Wie die Jünger ihren Herrn und Meister nach den Zeichen der Zeit und dem Lauf der Zukunft fragten (Mt 24,3), so sind auch heute viele gläubige und ungläubige Menschen auf der Suche nach Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Und was liegt für Christen näher, als dazu in die Bibel zu schauen, die viele endzeitliche Texte beinhaltet und uns dazu anhält, diese auch zu lesen (Offb 1,3).

    Hesekiel, einer der großen Propheten im alttestamentlichen Kanon, bekommt zu Beginn seines Dienstes den etwas seltsamen Auftrag, eine Schriftrolle zu essen (Hes 3,1 ff.). Ich kann mir gut vorstellen, dass ihn das einige Überwindung gekostet hat, denn die Vorhersagen über diese Rolle waren alles andere als gut (2,10). Aber er ist gehorsam, führt die Anweisung aus und bekennt anschließend: „Ich aß die Rolle, und sie schmeckte so süß wie Honig."

    Genau diese Eigenschaft haben die prophetisch-eschatologischen Worte unseres Herrn heute noch: Sich mit ihnen näher zu befassen, kostet manchmal etwas Überwindung, weil manche von ihnen verwirrend und unangenehm wirken. Danach aber stellt man fest, wie gut und wohltuend es ist, sich intensiv mit diesen bedeutenden Kapiteln über „die letzten Dinge" zu beschäftigen. Und nicht selten kommen wir dabei zu neuen, bislang unbekannten Erkenntnissen, die uns herausfordern und unseren Horizont deutlich erweitern. Hesekiel würde jetzt sagen: Willkommen im Klub.

    Ein Hausarzt hat von allen Bereichen des menschlichen Körpers grundlegend Ahnung und kann die meisten Fragen seiner Patienten verstehen, beantworten und ihnen helfen. Aber er ist kein Spezialist für Operationen am offenen Herzen, Bandscheibenvorfälle oder andere Spezialthemen. Dafür gibt es besondere Fachärzte. Nach diesem „Hausarzt-Konzept habe ich mein Buch „Endzeit – kein Grund zur Panik geschrieben. Ich behandle darin nahezu alle oder wenigstens die wichtigsten Fragen und Themen, die etwas mit der Endzeit zu tun haben, und prüfe zahlreiche Erfahrungen, Meinungen und Zusammenhänge anhand der biblischen Aussagen. Meine Absicht dabei ist es, dem Leser ein möglichst umfassendes Panorama zu allen wesentlichen eschatologischen Themen und Fragen zu bieten. Deshalb verzichte ich bewusst darauf, einzelne Spezialthemen in aller Tiefe und Ausführlichkeit zu behandeln, weil das den inhaltlichen Rahmen sprengen würde.

    Gut und hilfreich ist es, endzeitliche Themen nicht nur alleine zu durchdenken, sondern in Gemeinschaft mit anderen, vertrauten Personen. Deshalb habe ich sechs Einheiten für Hauskreise und Kleingruppen hinzugefügt, die in regelmäßigen Abständen im Buch eingearbeitet sind und das Gelesene als Gesprächsanstöße zusammenfassen und aufgreifen („Zum Weiterdenken"). Dadurch eignet sich das Buch auch als Themenreihe im Team oder der ganzen Gemeinde. Im Gespräch mit anderen gewinnen die endzeitlichen Themen noch mal deutlich an Tiefe und Nachhaltigkeit und stärken die Gemeinschaft.

    Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden zumeist das generische Maskulinum verwendet. Die Entscheidung für diese Schreibweise beinhaltet keine Wertung. In der Sache sind natürlich bei Personengruppen immer beide Geschlechter gemeint.

    Ich selbst habe von der Arbeit an diesem Buch sehr profitiert und gewonnen. Zum einen, weil mein Horizont im Bereich der sogenannten Endzeitlehre dadurch deutlich erweitert wurde. Zum anderen ist aber auch mein Vertrauen in Gottes Wort gestärkt worden. Scheinbar endzeitliche Ereignisse wie Kriege und Katastrophen haben ihre Macht über meine Gedanken verloren zugunsten unseres wiederkommenden Herrn und seines unendlich tiefen und reichhaltigen Wortes. Solche Erfahrungen wünsche ich allen Lesern.

    Ich danke meinem Gott, dass er mir in den Corona-Jahren die Zeit und die Energie für diese Aufgabe geschenkt hat und ich häufig die süße Erfahrung des Hesekiel machen durfte. Ich danke auch Uwe Bertelmann, dem theologischen Lektor des Brunnen Verlags, dass er meine manchmal etwas wirren Gedanken geordnet und an der ein oder anderen Stelle korrigiert hat. Solche Menschen sind sehr wertvoll.

    Und nun wünsche ich Ihnen viele gute Erkenntnisse und neue, süße Erfahrungen beim „Essen".

    Harald Orth, im Frühjahr 2022

    Predigten vom Autor zum Thema finden sich online unter:

    www.kircheanders.de/endzeitreihe

    Einführung

    1. Die Bielefeld-Verschwörung

    Kennen Sie die Bielefeld-Verschwörung? Im Jahr 1993 fand in Kiel eine Studentenparty statt. Auf dieser feucht-fröhlichen Fete war auch ein „Ersti aus Bielefeld, der aus seiner Herkunft keinen Hehl machte. Da einige andere Gäste seine Heimatstadt aber nicht kannten, gingen sie von einem Täuschungsmanöver aus und sagten immer wieder: „Bielefeld? Das gibt’s doch gar nicht. Der Satz war geboren.

    Drei Wochen später war Achim, einer der Partyteilnehmer, mit seinem Auto unterwegs auf der A 2. Als er an der Ausfahrt Bielefeld vorbeikam, war diese zufälligerweise wegen Bauarbeiten gesperrt und der Stadtname auf dem Straßenschild durchgestrichen. „Witzig, dachte er und sagte zu sich selbst: „Bielefeld scheint es wirklich nicht zu geben.

    Diesen Gedanken von der Nicht-Existenz Bielefelds veröffentliche Achim etwas später mit leicht scherzhaftem Unterton im Internet, damals noch Usenet genannt – nicht wissend, was er damit auslöste. Denn das Scherzhafte der Nachricht war schnell verflogen. Was blieb, war der Gedanke einer mysteriösen Verschwörung um eine Stadt namens Bielefeld, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

    Über diesen Mythos und seine Entstehung kann man lachen. Man kann ihn auch als Hirngespinst junger Leute interpretieren und genervt den Kopf schütteln, nach dem Motto: Wer auf so etwas reinfällt, ist selbst dran schuld. Die Bielefeld-Verschwörung fällt auch tatsächlich eher unter die Rubrik Satire. Sie zeigt aber, wie schwierig es ist, solche Mythen mit vernünftigen Argumenten zu widerlegen oder zu beweisen. (Die Stadt Bielefeld hat eine Million Preisgeld ausgelobt für denjenigen, der den Beweis erbringt, dass es Bielefeld tatsächlich nicht gibt.)

    Bei anderen scheinbaren Verschwörungen allerdings, die seit einigen Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen, fällt es schwer, sie als Dumme-Jungen-Streiche abzutun. Es ist eben nicht mehr lustig, wenn behauptet wird, dass die Anschläge vom 11. September in den USA gemeinsam mit der Flüchtlingskrise aus dem Jahr 2015, dem Ukrainekrieg und der Coronapandemie gezielt gesteuert wurden und der Beginn der großen Trübsal sind, von der in der Offenbarung die Rede ist.

    Die sich zuspitzenden Klimaverhältnisse oder die nicht nachlassenden Flüchtlingsströme; Stichworte wie Globalisierung, Gender oder Digitalisierung, ja sogar Personen wie Bill Gates, David Rockefeller oder der Rothschild-Clan – mit ein wenig Fantasie lassen sich alle möglichen und unmöglichen Theorien erspinnen und über die sozialen Medien wirkungsvoll verbreiten.

    2. Eine kleine Aufgabe am Anfang

    Ich möchte Ihnen zu Beginn eine kleine Aufgabe stellen: Bitte schauen Sie sich das nebenstehende Bild genau an und versuchen Sie, es zu deuten. Wichtig dabei sind die beiden Fragen: Wer ist gemeint? Und: Welche Botschaft soll vermittelt werden?

    Abbildung 1: Spiegel-Cover vom 23.06.2018

    Auflösung:

    Die Zeichnung war auf dem Deckblatt des Spiegels in der Juli-Ausgabe im Jahr 2018 zu sehen und wurde von einer Expertenjury zum Cover des Jahres gekürt.

    Die rautenförmig zusammenstehenden Hände weisen auf Frau Merkel, unsere ehemalige Bundeskanzlerin, hin. Die auslaufende Sanduhr im Zusammenhang mit der Überschrift „Endzeit soll die Botschaft vermitteln, dass ihre Kanzlerschaft nicht mehr lange anhält. Das Bild sieht also das bevorstehende Ende von Frau Merkel als Bundeskanzlerin unseres Landes kommen. Der Hintergrund dazu war eine Krise im Jahr 2018 zwischen CDU und SPD wegen scheinbar nicht zu klärender Asylfragen. Die Große Koalition drohte zu scheitern und damit eben auch die Kanzlerschaft von Frau Merkel. Das zumindest meinten einige „Propheten.

    Doch es kam alles ganz anders. Auf der Zielgeraden fanden die beiden Parteien doch noch zueinander. Man konnte sich über die Sachfragen einigen und die Chefin blieb im Amt. So weit, so gut!

    An diesem Beispiel lässt sich exemplarisch nachvollziehen, was wir auch in vielen anderen Bereichen beobachten können:

    In Krisenzeiten melden sich oft scheinbare Propheten zu Wort, die meinen zu wissen, wie die Krise ausgeht, um damit die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf sich ziehen.

    Das wiederum gründet auf einem gesteigerten Interesse der Zuhörer an solchen „Visionen. Gerade in Krisenzeiten sind wir offen und hellhörig für Botschaften, die über den Status quo hinausgehen und uns die Zukunft beschreiben. Im dunklen Tal will jeder wissen, wann und wo es wieder hell wird. Und wenn dann jemand kommt, der uns genau das sagen kann, hören wir ihm nur zu gerne zu. Ob diese „Prophetie dann tatsächlich eintritt, ist erst einmal zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass wir ein Geländer haben, an dem wir uns festhalten können.

    Wenn hochrangige Fußballvereine ins untere Tabellendrittel rutschen und sich sogar mit Abstiegsgedanken beschäftigen müssen, wird sehr oft der Ruf nach einem Krisenmanager laut. Wird dann jemand gefunden, der Erfahrung mit solchen Unglückszeiten hat und zusätzlich noch einen sicheren (!) Plan, den Verein vor dem Schlimmsten zu bewahren, ist die Krise schon so gut wie behoben. Oder etwa nicht?

    Es liegt scheinbar in der Natur des Menschen, dass wir unser Schicksal nicht einfach hinnehmen und uns ihm ergeben, sondern etwas dagegen unternehmen. Wir wollen unsere Zukunft positiv verändern oder zumindest uns darauf vorbereiten; und dazu gehört unausweichlich, dass wir die schlimmen Erfahrungen der Gegenwart verstehen und einordnen, um es künftig anders und besser zu machen.

    Leben wir in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg?

    Wie oft haben uns Politiker und viele Zeitgenossen in den vergangenen Monaten und Jahren die Diagnose gestellt, dass dem so sei? Es ist nicht nur von einer schweren Krise die Rede, sondern von vielen, die uns und unsere Welt immer weiter überfordern: Klima- und Umweltkrise, Flüchtlingskrise, Demokratiekrise, Währungskrise, Nahostkrise, Ernährungskrise, die Coronakrise und der Krieg in der Ukraine mit seinen weltweiten Konsequenzen, angezettelt durch die sinnlose und ungerechtfertigte russische Invasion. Die Liste ließe sich mühelos um einige weitere Krisen verlängern, die in ihrer Gesamtheit sehr beängstigend und entmutigend wirken.

    Bernd Ulrich bezeichnet unsere Zeit als die „Flaschenhals-Phase", die dadurch gekennzeichnet ist, dass immer mehr Menschen auf immer enger werdendem Raum zusammenleben und somit immer häufiger an ihre Grenzen stoßen. Seiner Meinung nach braucht es zur Lösung der globalen Krisen und Konflikte nicht nur gute Konfliktmanager und kühne Visionen, sondern utopische Durchbrüche. Ansonsten mutieren die aktuellen Erfahrungen seiner Meinung nach vollends zur Hölle.¹

    3. Die biblischen Endzeitaussagen – Rohmaterial für christliche Verschwörungserzählungen?

    Damit ist ein Stichwort gefallen, was uns wieder zu den scheinbaren Propheten bringt. Denn es bewahrheitet sich einmal mehr die Beobachtung, dass in diesen Krisenzeiten immer mehr Stimmen zu hören sind, die zu wissen glauben, dass der Zeiger der Weltuhr zwölf geschlagen hat und Himmel und Hölle sich bald einstellen werden. Gerade in frommen Kreisen liegt die Versuchung offensichtlich nahe, die derzeitigen Erfahrungen mit apokalyptischen und prophetischen Bibeltexten zu vergleichen und daraus Resultate zu ziehen.

    Nun enthält die Bibel leider keinen eindeutigen und für alle Leser gleichermaßen verständlichen endzeitlichen Fahrplan. Die Passagen, die von der Zukunft der Welt handeln, sind oft durch Bilder, Zahlen und Visionen verschlüsselt, die aus einer uns völlig fremden Zeit und Kultur stammen. Hinzu kommt, dass die Schreiber dieser eschatologischen Abschnitte ihre Visionen zum Teil selbst nicht richtig verstehen und einordnen konnten, weil es göttliche Eingaben waren (2Petr 1,21; Dan 8,15; Hes 21,5). Selbst das klassische „Endzeitbuch", die Offenbarung des Johannes, führt bei genauer Betrachtung zu dem Schluss, dass sie keinen linearen Endzeitfahrplan entfalten will, bei dem wir mit fortlaufenden Kapiteln eine Endzeitchronologie erhalten würden.

    Das alles macht die Suche nach tragfähigen Aussagen aber oft noch komplizierter, es für uns heute nicht einfacher und ist ein wesentlicher Grund dafür, dass viele als sicher geglaubte Auslegungen in vergangenen Jahren sich nicht oder ganz anders erfüllten als vorhergesagt (dazu im nächsten Kapitel mehr). Ähnlich wie bei anderen Welterklärungstheorien und Ideologien lassen sich auch in die prophetischen Texte der Bibel die eigenen Vorstellungen hineinlesen. Und wenn man diese „neuen Erkenntnisse" nur fest und lange genug behauptet, finden sich auch Menschen, die daran glauben. Ähnlich wie bei dem Bielefeld-Mythos.

    Oder ist vielleicht doch ein Fünkchen Wahrheit an der ein oder anderen Welterklärung auf vermeintlicher Basis der biblischen Prophetie, die uns momentan fast täglich erreicht? Kann es sein, dass wir tatsächlich das Ende von Mutter Erde bald erleben werden und Gott uns durch die derzeitigen Ereignisse darauf vorbereiten will? Gehen wir als Christen zu sorglos und naiv mit diesen Vorboten der letzten Tage um?

    Das alles sind berechtigte und spannende Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Unsere Welt ist unübersichtlich und die Entwicklung der Dinge unabsehbar geworden. Da sehnt man sich nach Background-Informationen, nach einer Erklärung der Zusammenhänge und am besten nach verlässlichen Infos über die Zukunft. Aber zu viele sind in der Vergangenheit schon mit ihren Vorhersagen und Berechnungen gescheitert und haben dadurch erhebliche Schäden verursacht. Genau daraus können wir lernen. Dennoch ist es überaus lohnenswert, sich näher mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, um eben nicht in Torschlusspanik zu verfallen, wenn wieder einmal irgendein Prophet danach schreit.

    4. Was uns erwartet

    Ich möchte im vorliegenden Buch sowohl die biblischen, prophetischen Aussagen ebenso wie einige der zahlreichen Erklärungsversuche der Vergangenheit etwas genauer unter die Lupe nehmen. Viele Überzeugungen zur Endzeit und ihrer Vorboten haben sich über mehrere Jahrhunderte gefestigt und sind als vermeintliche Fakten von einer Generation zur nächsten weitergegeben worden – oft innerhalb einer bestimmten Glaubenstradition oder Denomination. Einige von diesen scheinbaren Wahrheiten werde ich als Fake News entlarven; andere neu ins Zentrum rücken, um Zusammenhänge besser zu verstehen.

    Eschatologie (die Lehre von den letzten Dingen) hat einige Gemeinsamkeiten mit der Bielefeld-Verschwörung: Wenn man seine Meinung auf Halbwissen und Zufälle gründet, kann daraus sehr schnell ein Gerücht oder eine Verschwörung werden. Wenn man den Dingen auf den Grund geht und sie sorgfältig untersucht, erscheint manches in einem neuen Licht und wird verständlicher.

    In Apg 8 finden wir die spannende Begegnung zwischen Philippus und dem sogenannten Kämmerer aus Äthiopien. Letzterer war auf dem Rückweg von Jerusalem und hatte sich als Reiselektüre für den langen Weg den Propheten Jesaja gekauft. Als Einstieg in den christlichen bzw. jüdischen Glauben ist das schon sehr anspruchsvoll. Deshalb lautete die erste Frage, die Philippus diesem Mann stellt: „Verstehst du denn, was du da liest?" Darauf gab der Kämmerer zu, dass er es leider nicht versteht, weil ihm die Anleitung fehlt. Eine typische Erfahrung im Umgang mit prophetischen Schriften: Zwischen Lesen und Verstehen klafft oft eine große Lücke, was manche von uns resignieren lässt. Nicht so der Kämmerer, denn er hatte in Philippus einen kompetenten Kenner der Bibel und bekam von ihm sehr gute Antworten und Hinweise zum besseren Verstehen. Ähnlich hoffe ich und wünsche mir, dass mein Buch einen kleinen Beitrag auf dem Weg vom Lesen zum Verstehen prophetischer Schriften leistet und der ein oder andere Leser dadurch im Glauben gestärkt wird.

    Vor allem geht es aber darum zu entdecken: Die biblischen Aussagen über die Zukunft wollen nicht Angst machen vor einer „Endzeit, sondern ermutigen. Der Untertitel „Kein Grund zur Panik ist ernst gemeint, weil nahezu alle endzeitlichen Texte der Bibel genau das beabsichtigen: nicht in Angst und Panik zu verfallen, sondern im Vertrauen auf den Schöpfer die Häupter erheben, auch wenn die Umstände schwieriger werden (Lk 21,28). Wir leben in chaotischen, unsicheren, immer „apokalyptischer" werdenden Zeiten. Damit befinden wir uns in guter Gesellschaft. Das ging dem Apostel Johannes, Martin Luther und vielen anderen Christen in den letzten zweitausend Jahren ganz genauso. Und sie fanden Trost, Kraft und Orientierung in dem, was Gott über diese Welt und ihre Zukunft sagt. Lassen Sie es uns gemeinsam entdecken.

    Kapitel 1

    Prophetie und Endzeit in der Bibel – und was in der Kirchengeschichte daraus wurde

    Keine andere Religion oder Weltanschauung auf unserer Erde verfügt über eine solch differenzierte, komplexe und vor allem hoffnungsvolle Endzeitlehre wie das Christentum. Auch nicht die beiden verwandten großen Religionen Judentum und Islam. Im Judentum hängt die Eschatologie sehr stark an der Lehre des Messias. Mit seinem Kommen verbinden die orthodoxen Juden bis heute den Beginn der Heilszeit. Da sie Jesus Christus als Messias nach wie vor ablehnen, gilt dies logischerweise auch für das Neue Testament und die darin enthaltenen Hinweise zum Weltende. Ihre Glaubensüberzeugungen entnehmen sie überwiegend dem Alten Testament (der Tora) und dem Talmud (Auslegung der Tora und weitere Gesetztestexte). In diesen sind aber „nur" Ansätze bzw. erst im Licht des Neuen Testaments verständliche Ausführungen zur Endzeit enthalten. So kennt z. B. der Talmud die Lehre vom sechstausendjährigen Verlauf der Weltgeschichte, der sich in drei Zeitalter von je zweitausend Jahren aufteilt. Auf diese und auch auf alttestamentliche Texte und ihre Auslegung im Judentum werde ich in Kapitel 2, „Überblick über die verschiedenen Endzeitmodelle", noch eingehen.

    Nach islamischer Lehre wird der Mensch sehr deutlich darauf hingewiesen, dass sein Verhalten hier auf Erden erhebliche Konsequenzen für das Jenseits hat. Im Koran bzw. im Hadith (Überlieferung) wird erwähnt, dass nach dem Tod alle Taten und Worte des Menschen auf eine Waage gelegt werden. Die bösen auf die eine und die guten auf die andere Seite. Zu welcher Seite sich die Waage neigt, entscheidet dann über den Ort, an dem der Mensch seine Ewigkeit verbringt. Das nahende Weltende kündigt sich dadurch an, dass die Verhältnisse und Zustände auf Erden immer schlechter werden, weil das islamische Gesetz nicht mehr beachtet wird. In der weiteren Eschatologie des Islam tritt, ähnlich wie im Christentum, als Vorbote des Jüngsten Gerichts ein Antichrist, al Dajjal, auf. Dieser verführt die Menschen zum Abfall von Gott. Wenn seine Wirkungszeit zu Ende ist, erscheint Jesus und tötet den Antichristen, um sich anschließend Mohammed zu unterwerfen. Außerdem vernichtet er alle Schweine, Kreuze, Synagogen und Kirchen und tötet alle Christen, die den Islam nicht annehmen wollen. Nach Gericht und Urteil Gottes versinken die Verdammten in der Hölle, während die Guten in den Himmel kommen, wo sie sich an Wein und Jungfrauen erfreuen. Weitere Aussagen zur Eschatologie des Islam differenzieren je nach Glaubensrichtung (Sunniten, Schiiten, Aleviten etc.).

    Abbildung 2: Islamische Waage der guten und der schlechten Taten

    Von Gnade und Vergebung, stellvertretendem Leiden und Heilsgewissheit, einem liebenden Gott, der seinen Sohn für die Schuld aller Menschen sterben ließ, und einer Hoffnung, die nicht auf meinen eigenen Taten beruht, finden wir in den beiden monotheistischen Religionen sehr wenig bis gar nichts. Diese Themen sind erst durch Jesus Christus und das Neue Testament ins Zentrum gerückt und haben die Lehre von der Endzeit deutlich geprägt und beeinflusst. Anders gesagt:

    Die Auferstehung, und damit die Lehre von den letzten Dingen, steht im Zentrum des Christentums. Hier liegt der wesentliche Unterschied zu allen anderen Religionen.

    Der Apostel Paulus schreibt im Korintherbrief: „Und wenn Christus nicht auferstanden ist, ist es sinnlos, dass wir das Evangelium verkünden, und sinnlos, dass ihr daran glaubt" (1Kor 15,14). Daraus folgt im Umkehrschluss: Wenn er auferstanden ist, und davon gehen wir aus, dann ist die Lehre von der Auferstehung der Toten und alles damit Zusammenhängende die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens. Oder, wie Jürgen Moltmann es treffend formuliert, ist „das Eschatologische nicht etwas am

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1