Arts and Health - Österreich im internationalen Kontext
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Arts and Health - Österreich im internationalen Kontext - Edith Wolf Perez
Edith Wolf Perez (M.A.) ist Fachjournalistin für Kultur, Tanz und Kulturpolitik sowie Praktikerin und Forscherin im Bereich kunstbasierte Interventionen im Gesundheits- und Sozialbereich.
Edith Wolf Perez (Hg.)
Arts and Health –
Österreich im internationalen Kontext
ARTS for HEALTH AUSTRIA im Auftrag des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Österreich
copyBibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2023 transcript Verlag, Bielefeld
Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.
Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld
Umschlagabbildung: Annykos / iStock
Lektorat: Franz Otto Hofecker, Gudrun Schweigkofler Wienerberger, Barbara Stüwe-Eßl. Englisch: Katy Geertsen, Lynn Geertsen-Rowe
Korrektorat: Jan Leichsenring
Redaktionsleitung: Edith Wolf Perez und Oliver P. Graber
https://doi.org/10.14361/9783839466087
Print-ISBN 978-3-8376-6608-3
PDF-ISBN 978-3-8394-6608-7
Buchreihen-ISSN: 2940-1828
Buchreihen-eISSN: 2940-1836
Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de
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Inhalt
Vorwort des Vizekanzlers
Werner Kogler
Vorwort des Gesundheitsministers
Johannes Rauch
Einleitung
Edith Wolf Perez und Oliver Peter Graber
1.Wissenschaftliche Kontextualisierung
1.1.Was ist Arts and/for/in/within Health?
Versuch einer Begriffsbestimmung
Edith Wolf Perez
1.2.Arts and Health: Die Evidenzlage laut WHO
Eine Zusammenfassung
Edith Wolf Perez, Katherine Dedich
1.3.»Arts and Health«-Evaluierungen
Robuste Studienlage?
Andrew McWilliams, Edith Wolf Perez
2.Arts and Health: Good Practice International
2.1.WHO Collaborating Centre for Arts and Health
Ein internationales Forschungszentrum
Edith Wolf Perez
2.2.Vereinigtes Königreich
Die Blaupause
Alexandra Coulter, Veronica Franklin Gould, Andrew McWilliams
2.3.Finnland
Kunst und Kultur in einem sich wandelnden Sozial- und Gesundheitssystem
Liisa Laitinen
2.4.Dänemark
Mit einigen Bezügen zu Norwegen und Schweden
Dorothy Conaghan
2.5.Die Niederlande
Das Beispiel der Provinz Fryslân (Westfriesland)
Geke Walsma
2.6.Republik Irland
Arts and Health im Sinne des Subsidiaritätsprinzips
Dorothy Conaghan
2.7.Highlights aus den USA
Arts and Health als Thema der größten Kulturinstitutionen
Jennifer Davison
3.Arts and Health: Österreich
3.1.Grundlagen des Gesundheitssystems in Österreich
Ein fragmentiertes Bild
Edith Wolf Perez
3.2.Social Prescribing
Gedanken zur Umsetzung in Österreich
Christoph Redelsteiner
3.3.Arts for Health – auf Rezept?
Ein Kommentar aus Sicht eines Juristen
Johannes Gregoritsch
3.4.Kulturpolitische Prioritäten
Von der klassischen Kulturförderung zu nachhaltigen Konzepten
Anke Simone Schad-Spindler
3.5.Musiktherapie
Definition und Gesetzeslage in Österreich
Oliver Peter Graber
3.6.Arts and Health für Kinder und Jugendliche
Fokus: Kompetenzerweiterung
Gudrun Schweigkofler Wienerberger
3.7.Kunst trifft Wissenschaft
Von STEM zu STEAM
Airan Berg
3.8.Policy-Empfehlungen
Von gegenseitigem Nutzen für Kunst, Gesundheit und Sozialwesen
Die Redaktion
4.Anhang
4.1.Glossar der Schlüsselbegriffe
4.2.English Abstracts
5.Redaktionsteam, Autoren und Autorinnen
5.1.Herausgeberinnen und Redaktionsleitung
5.2.Autorinnen und Mitarbeiterinnen
Vorwort des Vizekanzlers
Werner Kogler
Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen nicht selbstverständlich sind. Wir haben auch deutlich gesehen, dass ein gesundes Leben weitaus mehr bedeutet als nur die Abwesenheit von Krankheit.
Dass Kunst und Kultur eine positive Wirkung auf die mentale und körperliche Gesundheit haben, belegen zahlreiche Studien und Initiativen eindrucksvoll. Die Wirkung zeigt sich sowohl bei der Unterstützung von Genesung und Rehabilitation als auch in der Prävention. Künstlerische und kulturelle Aktivitäten schaffen nicht nur situativ Emotionen, sie wirken sich auch nachhaltig positiv auf das Wohlbefinden der Menschen aus.
Länder wie Großbritannien oder Finnland setzen Künste im öffentlichen Gesundheitswesen bereits gezielt ein. Auch von anderen internationalen Good Practice-Beispielen kann Österreich vieles lernen und sich inspirieren lassen.
In diesem Buch wollen wir österreichische Initiativen an der Schnittstelle von Kunst und Gesundheit würdigen, die bereits länger existieren oder aktuell Pionierarbeit leisten. Dazu zählt auch das Engagement des Vereins »Arts for Health Austria«. Ein erfolgversprechendes Pilotprojekt ist »Social Prescribing« bzw. »Kunst auf Rezept«, das in Österreich noch in den Startlöchern steckt. Ziel ist es, mit all diesen vorbildhaften Maßnahmen im In- und Ausland den Weg für geeignete Rahmenbedingungen, Vernetzung und weitere innovative Projekte zu ebnen.
Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen in Österreich von einer verstärkten Zusammenarbeit von Kunst und Gesundheit profitieren werden.
Dieses Buch ist ein erster Schritt auf einem gemeinsamen Weg.
Vorwort des Gesundheitsministers
Johannes Rauch
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Kunst und Kultur tun Seele, Geist und dem Körper gut. Wenn wir Kunst betrachten oder gar schaffen, werden u.a. Emotionen hervorgerufen oder ausgedrückt, der Stresslevel kann sinken und das Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt. Kunst hat also einen deutlich positiven Einfluss auf die Gesundheit.
Die Wissenschaft stützt das mit Forschungsergebnissen, die die große Bedeutung von Kunst als therapeutisches Mittel im Heilungsprozess zeigen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Kreativität mit rund 900 Studien weltweit ausgewertet. Der veröffentlichte Bericht verdeutlicht: Kreatives und Schöpferisches wie Musik, Tanzen, Theater, bildnerische Gestaltung, aber auch passiver Kunstgenuss etwa bei Museums- oder Konzertbesuchen verbessern Wohlbefinden und Gesundheit. Sie sind eine Bereicherung für die Prävention und Therapie von Erkrankungen. Kunst hilft z.B. auch der Gedächtnisleistung: Im Alter wirkt sie dem kognitiven Abbau entgegen. Kreativität hat zudem eine sozial stärkende Wirkung, wenn etwa Eltern mit ihren Kindern spielen, zeichnen, tanzen, lesen, Geschichten erfinden oder singen.
Sich künstlerisch kreativ zu betätigen, ist als Ergänzung zu medizinischen Therapien zudem auch sozial gut zugänglich: Es ist mit vergleichsweise niedrigen Kosten und geringer Gefahr von unerwünschten Nebenwirkungen verbunden. Im Rahmen des Projekts »Social Prescribing« werden daher bereits auch künstlerische Maßnahmen verschrieben (2021 waren es 4 %).
Schöpferisches Arbeiten wird im therapeutischen Bereich bei vielen Erkrankungen und für die psychische Gesundheit bereits erfolgreich eingesetzt, z.B. auch zur Stärkung von Inklusion und zum Abbau von Stigmata. In der Inklusions- und Anti-Stigma-Arbeit wird mit kreativen Mitteln Bewusstsein geschaffen, Vorurteile abgebaut, Empathie gestärkt und Erfahrungen reflektiert und ausgedrückt. Eine Studie der Gesundheit Österreich GmbH zeigt Anti-Stigma-Aktivitäten in Österreich: Vom Suchtpräventionskabarett über Film- und Lesereihen zur Psyche bis hin zu Museumsführungen oder Workshops für Menschen mit Demenz findet sich auch hier viel Kunst und Kultur. In Anbetracht der vielen Vorteile empfiehlt die Kompetenzgruppe Entstigmatisierung, eine Initiative des BMSGPK, künstlerische Projekte mit jungen Menschen zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen in ganz Österreich zu ermöglichen.
Stressabbau, gestärktes Gemeinschaftsgefühl, Prävention, als Begleitung von Therapien und für mehr Inklusion: Es tut sich hier also bereits viel – aber gerne noch mehr. In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund und kreativ!
Einleitung
Edith Wolf Perez und Oliver Peter Graber
Die Künste spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden. Dies ist spätestens seit der Antike dokumentiert und wurde inmitten einer Pandemie unvermittelt flächendeckend sichtbar, als das Singen von Balkonen, das Malen von Regenbögen, Online-Besuche von Ausstellungen und das Streaming von Performances dazu beigetragen haben, Hoffnung aufrechtzuerhalten, Einsamkeit zu verringern und die psychische Resilienz zu stärken. Der zunehmende Einsatz von Kunst im Gesundheitsangebot von immer mehr Ländern ist ein weiterer Beweis dafür, wie wichtig es ist, Medizin mit Kreativität, Kultur und sozialem Zusammenhalt zu verbinden.
Dabei wird eine Trennung aufgehoben, die sich nicht zuletzt mit zunehmender Spezialisierung der Medizin entwickelte, womit gleichzeitig der Begriff der Heilkunst in den Hintergrund gerückt ist, welcher den Zusammenhang von Kunst und Medizin in sich zum Ausdruck bringt; zog sich diese immanente Verbindung doch von prähistorischen Schamanen über Apollon (als Gott aller Künste inklusive der Heilkunst) bis zu Gelehrten wie Athanasius Kircher durch die Menschheitsgeschichte. Galten auf dieser Basis Kenntnisse in den Künsten im Mittelalter noch als Voraussetzung für das Studium der Medizin, so ist die Kunst des Heilens im Laufe der darauf folgenden Jahrhunderte zur medizinischen Wissenschaft geworden. Nun ist es an der Zeit, die Kunst auf Basis exakten, evidenzbasierten Wissens wieder in die Gleichung einzubringen.
Seit Beginn dieses Jahrhunderts hat die heilende Rolle von Kunst und Kultur erneut zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen, ist inzwischen doch eine umfassende Evidenzlage über deren salutogenetische Wirkung vorhanden: Der wissenschaftliche Zugang hat Kunst und Kultur im Kontext von Gesundheit und Wohlbefinden vom Stigma der Esoterik befreit.
In einigen Ländern wurden mittlerweile Strategien entwickelt, um sie als effektive Interventionen im öffentlichen Gesundheits- und Sozialwesen anzuerkennen und einzubinden. Fallweise werden Kunstaktivitäten und ästhetisches Erleben bereits auf Rezept verschrieben.
Wichtige Fragen der öffentlichen Gesundheit, einschließlich psychischer Gesundheit, sozialer Isolation, kollektivem Trauma, Rassismus, chronischen Krankheiten und der Pandemie, erfordern Kreativität und eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit. Kunst und Kultur sind verfügbare, aber oft nicht (an)erkannte Ressourcen, um diese Probleme anzugehen.
In Österreich gibt es eine Reihe bemerkenswerter Projekte, von denen einige bereits auf eine jahrzehntelange Kontinuität verweisen können, doch die breitere öffentliche Diskussion über Kunst und Kultur im Kontext von Gesundheit und Wohlbefinden hat erst vor einiger Zeit begonnen. Die theoretische bzw. diskursive und damit politische Auseinandersetzung mit dem Thema hinkt also der Praxis hinterher.
Die Kunst- und Kultursektion im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (bis Jänner 2020 im Bundeskanzleramt) beschäftigt sich vor dem Hintergrund der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bereits seit einigen Jahren mit der Wirkung von Kunst und Kultur auf die Gesundheit. Nachdem eine EU-Expertinnengruppe zu Kultur und sozialer Inklusion (2017-2018) die Schnittstelle zu Gesundheit als eines der zentralen Handlungsfelder identifizierte, ist die Idee entstanden, eine Kooperation mit der IG Kultur Österreich im Rahmen der Publikation »Kultur als Rezept« und den Workshop »Arts for Health« im Dezember 2019 durchzuführen.
Diese Veranstaltung inspirierte uns zur Gründung des Vereins ARTS for HEALTH AUSTRIA, der seither neben eigenen Projekten auch laufend Initiativen setzt, um das öffentliche Bewusstsein für die Wirkung von Kunst und Kultur auf die Gesundheit und das Wohlbefinden zu verstärken, zum Beispiel mit der Tournee »Kunst trifft Gesundheit«¹ in den Bundes- und Nachbarländern.
Die vorliegende Publikation, im Auftrag des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, ist ein weiterer Beitrag, das Thema Kunst und Gesundheit zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Es soll als Informationsquelle für Policy Maker, Künstlerinnen, Gesundheitsprofis und expertinnen dienen, die darin für ihren Bereich jeweils relevante Informationen finden.
»Arts and Health« ist eine evidenzbasierte Praxis. Daher widmet sich auch die Weltgesundheitsorganisation WHO seit einigen Jahren vermehrt dem Thema. Wir fassen den 2019 erschienen Report zusammen, der einen Überblick über den Stand der Forschung zu dem Thema gibt, und stellen das kürzlich gegründete WHO Collaborating Centre for Arts and Health vor.
Wir versuchen zudem eine Begriffsklärung und eine Unterscheidung zwischen künstlerischen Interventionen und Kunsttherapien zu treffen.
Die wissenschaftliche Kontextualisierung der »Arts and Health«-Praxis ist aufgrund zahlreicher Studien umfangreich. Die angewandten Methoden sind vielfältig und Ergebnisse daher oft nicht vergleichbar. Wir geben einen Überblick über gängige Forschungs- und Evaluierungsansätze und Methoden.
Berichte aus dem Vereinigten Königreich, aus Finnland, den Niederlanden, Dänemark und Irland sowie »Highlights aus den USA« illustrieren den Stellenwert von Arts and Health in diesen Staaten. Wir beleuchten die »Arts and Health«-Initiativen vor dem Hintergrund des jeweiligen politischen Systems und betten diese in einen gesundheits- und kulturpolitischen Rahmen ein.
Diese Methode wird auch auf die Darstellung der Situation in Österreich angewendet, wo wir zusätzlich einen Blick auf die Rechtslage und die kulturpolitische Praxis werfen, Initiativen für Kinder und Jugendliche und die Musiktherapie als Ausnahmeerscheinung im internationalen Vergleich vorstellen. Policy-Empfehlungen und einen Maßnahmenkatalog für eine effiziente und nachhaltige Umsetzung von »Arts and Health«-Strategien ergänzen diese Grundlagendiskussion.
In den jeweiligen Kapiteln stellen Good-Practice-Beispiele einen Zusammenhang zur gelebten Praxis dar. Die vorgestellten Organisationen und Projekte wurden durch Sekundärforschung und Mundpropaganda ermittelt und nach inhaltlichen Kriterien ausgewählt. Keinesfalls erhebt diese Publikation den Anspruch eine umfassende Bestandsaufnahme zu sein.
Arts and Health ist heute eine globale Bewegung und die Literatur dazu ist vorwiegend englischsprachig. Wir verwenden deshalb auch den englischen Begriff. Für eine leichtere Lesbarkeit haben wir uns bei Zitaten jedoch für die deutsche Version entschieden. Es handelt sich dabei um redaktionelle, nicht autorisierte Übersetzungen.
Für Personenbezeichnungen wird im gesamten Text die weibliche grammatische Form verwendet. Alle anderen Geschlechter sind natürlich mitgemeint.
Dank
Wir danken dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, insbesondere Kathrin Kneissel und Aleksandra Widhofner für ihr Vertrauen, uns mit dieser Publikation zu beauftragen. Unser Dank gilt auch unserem Redaktionsteam, den internationalen Autorinnen für die engagierte Mitarbeit in diesen schwierigen Zeiten der Pandemie, ebenso den vielen Künstlerinnen und Vertreterinnen von Kultur, Sozial- und Gesundheitsorganisationen, die dafür mit uns in regem Austausch standen. Die Arbeit an diesem Buch hat bereits den Grundstein für die weitere Vernetzungsarbeit gelegt. Für die unermüdliche Arbeit für und an unseren Anliegen danken wir besonders Katy Geertsen, Barbara Stüwe-Eßl und Franz Otto Hofecker.
1https://www.artsforhealthaustria.eu/tour-2/ [26.09.2022]
1.Wissenschaftliche Kontextualisierung
1.1.Was ist Arts and/for/in/within Health?
Versuch einer Begriffsbestimmung
Edith Wolf Perez
»Jeder von uns hat viele Rollen und Eigenschaften, auch Gesundheit und Krankheiten in all ihren Facetten, und niemand ist seine Erkrankung.« (Rüsch, 2021: 30)
Arts and Health ist ein Überbegriff für Kunst- und Kulturaktivitäten bzw. Initiativen im Zusammenhang mit Gesundheit und Wohlbefinden. Das Spektrum reicht von kulturellen Angeboten in und für Gesundheitsinstitutionen über partizipative künstlerische Projekte bis zu kunstbasierten Therapien. Kunst ist zunehmend für ihre salutogenetischen Wirkungen sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene, für den Erhalt des körperlichen, mentalen und sozialen Wohlbefindens bzw. für das Management von Gesundheitsproblemen anerkannt.
Gesundheit und Wohlbefinden
Bereits 1946 hat die Weltgesundheitsorganisation Gesundheit als einen »Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen« definiert.¹ Mit dieser Definition wird Gesundheit nicht nur auf individueller Ebene verstanden, sondern im gesellschaftlichen Kontext verankert.
Heute hat sich das Konzept erweitert und umfasst auch das Management von (chronischen) Krankheiten. Wie gut man mit damit verbundenen Beschwerden umgehen kann, hängt von der individuellen Resilienz ab und davon, inwieweit die Betroffene ihr eigenes Potential in größtmöglicher Unabhängigkeit ausschöpfen und am sozialen Leben partizipieren kann. Gesundheit ist daher ein dynamischer Prozess, der grundsätzlich von der Fähigkeit zur Selbstverwaltung bestimmt wird. (vgl. Fancourt/Finn 2019: 2)
In diesem Sinne können kunstbasierte Interventionen bei der Prävention, der Bewältigung und beim Management von Krankheiten unterstützend wirken.
Dabei ist die Wirkung auf das Wohlbefinden entscheidend. In diesem Zusammenhang versteht sich Wohlbefinden als ein individueller oder kollektiver Zustand oder Prozess, sich selbst, andere und entsprechende Lebensumstände als positiv zu erleben.
»Wohlbefinden kann man sich am besten als einen dynamischen Prozess vorstellen, der sich aus der Art und Weise ergibt, wie Menschen mit ihrer Umwelt interagieren. Aufgrund dieser Dynamik bedeutet ein hohes Maß an Wohlbefinden, dass wir besser in der Lage sind, auf schwierige Umstände zu reagieren, innovativ zu sein und uns konstruktiv mit anderen Menschen und der Welt auseinanderzusetzen.« (nef 2009: 9)
Terminologie
Sowohl in der kultur- als auch in der gesundheitsbasierten Forschung ist bekannt, dass es sich bei Kunstinterventionen um ein komplexes und daher konzeptionell schwieriges Studiengebiet handelt und um einen Bereich, der sich nicht eindeutig definieren lässt.
Die Systematisierung und wissenschaftliche Forschung über die Wirkung von Kunst auf Gesundheit und Wohlbefinden wird vorwiegend