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Marshal Einauge: U.H. Wilken 9 – Western
Marshal Einauge: U.H. Wilken 9 – Western
Marshal Einauge: U.H. Wilken 9 – Western
Ebook137 pages1 hour

Marshal Einauge: U.H. Wilken 9 – Western

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About this ebook

U. H. Wilken war einer der ganz großen Autoren, die den Western prägten und entscheidend zum Erfolg dieses Genres beitrugen.
Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten.
U. H. Wilken ist zugleich einer der bestinformierten Autoren und kennt sich genau in der Historie des Wilden Westens aus. Was er schreibt, lässt sich hautnah belegen. Ein Meister seines Fachs, der mit Leidenschaft und Herzblut die großen Geschichten nachzeichnet, die sich in der Gründerzeit ereigneten.

»He, Marshal!«, drang eine Stimme über die nächtliche Straße. »Hören Sie mich?« Im Office des Marshals war noch Licht, sickerte durch die verblichenen Gardinen und erhellte ein Stück des Bretterstegs vor dem Steinhaus. In einer der Zellen knarrte eine harte Pritsche; ein Mann richtete sich mit dem Oberkörper auf und horchte angestrengt. »Marshal, kommen Sie …« Wieder ertönte die leise Stimme, von Furcht durchdrungen. Ächzend erhob sich der Mann von der Pritsche, langte zur Winchester und kam mit flachen Schritten aus der offenen Zelle hervor, bewegte sich fast lautlos durchs Office und zog die Gardinen zur Seite. Lauernd blickte er über die Straße und erkannte drüben eine schattenhafte Gestalt. Es war ungewöhnlich still in der Stadt, die Straße war wie leer gefegt. Mit dumpfem Knurren wanderte der Mann vom Fenster ab, löschte das Licht und öffnete die Tür, trat hinaus und blickte wachsam aus dem tiefen Schlagschatten des Vordaches hervor. »Was willst du, zum Teufel?«, rief er. »Warum weckst du mich?« Vorsichtig kam der andere Mann drüben aus der dunklen Hofeinfahrt, doch er traute sich nicht auf die Straße hinaus. »Einer von den Sheltons ist in der Stadt, Marshal!«, antwortete er unterdrückt. »Er steht in meinem Saloon und wartete auf irgendetwas!« Das harte Gesicht des Marshals nahm einen strengen Ausdruck an. Die Augen glitzerten kalt.
LanguageDeutsch
PublisherKelter Media
Release dateApr 18, 2023
ISBN9783987577062
Marshal Einauge: U.H. Wilken 9 – Western

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    Marshal Einauge - U.H. Wilken

    U.H. Wilken

    – 9 –

    Marshal Einauge

    Er war ein ungewöhnlicher Mann und als es knallte, stand er allein gegen eine Übermacht

    U.H. Wilken

    »He, Marshal!«, drang eine Stimme über die nächtliche Straße. »Hören Sie mich?«

    Im Office des Marshals war noch Licht, sickerte durch die verblichenen Gardinen und erhellte ein Stück des Bretterstegs vor dem Steinhaus.

    In einer der Zellen knarrte eine harte Pritsche; ein Mann richtete sich mit dem Oberkörper auf und horchte angestrengt.

    »Marshal, kommen Sie …«

    Wieder ertönte die leise Stimme, von Furcht durchdrungen.

    Ächzend erhob sich der Mann von der Pritsche, langte zur Winchester und kam mit flachen Schritten aus der offenen Zelle hervor, bewegte sich fast lautlos durchs Office und zog die Gardinen zur Seite. Lauernd blickte er über die Straße und erkannte drüben eine schattenhafte Gestalt. Es war ungewöhnlich still in der Stadt, die Straße war wie leer gefegt.

    Mit dumpfem Knurren wanderte der Mann vom Fenster ab, löschte das Licht und öffnete die Tür, trat hinaus und blickte wachsam aus dem tiefen Schlagschatten des Vordaches hervor.

    »Was willst du, zum Teufel?«, rief er. »Warum weckst du mich?«

    Vorsichtig kam der andere Mann drüben aus der dunklen Hofeinfahrt, doch er traute sich nicht auf die Straße hinaus.

    »Einer von den Sheltons ist in der Stadt, Marshal!«, antwortete er unterdrückt. »Er steht in meinem Saloon und wartete auf irgendetwas!«

    Das harte Gesicht des Marshals nahm einen strengen Ausdruck an. Die Augen glitzerten kalt. Er nickte kaum merklich.

    »Geh zurück! Ich bin gleich da.«

    »Ist gut, Marshal«, flüsterte es aus dem Dunkel hervor, dann hasteten Schritte davon.

    Nachdenklich verharrte Jim Cole vor seinem Office und lauschte dem Raunen des Nachtwindes. Langsam schweifte der Blick über die dunklen Hausfronten und blieb lange an der hellen Lichtbahn des Saloons haften. Plötzlich wandte er sich ab, stapfte ins Office zurück und machte wieder Licht. Düster starrte er in die zuckende Flamme unterm gläsernen Zylinder und kniff den Mund zusammen. Bedächtig legte er die Winchester auf den Tisch und ging zum kleinen Schrank, langte hinein und kam mit Munition zurück.

    Es klirrte metallisch, als er das Gewehr nachlud. Eine Patrone entfiel ihm und rollte über den Boden, schlug gegen den kalten Röhrenofen und blieb schließlich vor den bloßen Füßen eines jungen Burschen liegen, der aus dem Nebenraum gekommen war und nur seine derbe enge Hose trug.

    »Du willst noch einen Rundgang machen, Daddy?«, fragte der Junge erstaunt und sah schnell zur Standuhr hinüber. »Du hast doch noch Zeit.«

    »Ja, du hast recht, ich sollte mir Zeit nehmen«, murmelte Jim Cole und lächelte dünn, »aber ich bin nun mal auf und werde auch durch die Stadt gehen. Leg dich wieder hin, mein Junge.«

    Sein Sohn zögerte. Das dunkle Haar hing wirr vom Schlaf in die Stirn, und die dunkelblauen Augen blickten verschlafen ins Licht.

    »Soll ich uns Kaffee machen, Dad? Ich kann jetzt auch nicht schlafen.«

    Cole schien zu überlegen. Er wollte dem Sohn nicht sagen, dass ein Bandit im Saloon war. Billy würde es früh genug erfahren. Schüsse würden ihm jäh darüber Auskunft geben, wohin der Vater gegangen war.

    »Na, schön, Billy, koch uns was.«

    Der siebzehnjährige Sohn nickte und blickte ihm nach, wie er zur Tür ging. Dann klappte die Tür auch schon hinter ihm zu.

    Jim Cole sprang vom erhöhten Gehsteig und stapfte über die Straße. So weit er sehen konnte, war nirgendwo ein Mensch zu erkennen. Sternenlicht fiel auf Coles Gesicht, als er den Stetson lüftete, und graues strähniges Haar fiel in den Nacken. Die steingrauen Augen hatten einen leblos kalten Ausdruck angenommen, der kaum etwas von den Gedanken verriet, die ihn bewegten.

    Es war so still in der Town, dass Coles Radsporen überlaut an den staubigen abgetretenen Stiefeln klirrten. Er kam dem Saloon immer näher und erreichte die andere Straßenseite, blieb einen Atemzug lang hinter einem Dachpfosten stehen und sah zum Sattelpferd hinüber, das einsam an der Haltestange des Saloons stand. Kein Geräusch tönte aus dem Saloon.

    Einer von den Sheltons …

    Jim Cole verzog den Mund, als wollte er lächeln. In seinem Office hingen die Steckbriefe der Sheltons. Sieben Brüder waren es, von einem Staat in den anderen gehetzt und gejagt, ewig und immer auf der Flucht. Niemand wusste mehr, wie es einst begonnen hatte, aber immer neue Verbrechen wurden bekannt: Überfälle auf Postkutschen, Banken und Lohnboten. Und immer wieder hatte es Tote gegeben.

    Nun war ein Shelton in dieser Stadt. Cole war misstrauisch; wo ein Shelton war, da konnten die anderen nicht weit weg sein. Manchmal, so hieß es, kamen sie in die Städte, um Proviant zu kaufen oder zu rauben, und manchmal wollten die Sheltons ganz einfach mal wieder das Leben in einer Stadt kennenlernen. Dann waren sie aus der Wildnis geflohen und suchten die Nähe anderer Menschen.

    Kein Mensch, selbst sieben Brüder nicht, konnte ewig in der Einöde hausen, abseits des Lebens und der festen Häuser, dort, wo es Whisky gab und Frauen.

    Jim Cole stand schräg vor dem Saloon. Er blieb neben dem Gehsteig, weil ihn die knarrenden Bretter verraten hätten. Links von ihm gähnte die dunkle Einfahrt zum Hinterhof. Er wollte schon weitergehen, als er ein fernes Feuer sah, das wie ein rotes Auge durch die Schwärze der Nacht glühte: Es war weit draußen auf der Ebene, vor den Bergzügen, die sich dunkel und wie riesige Tiere unter dem Himmel streckten.

    »Wenn ihr dort seid, dann müsst ihr euch beeilen«, murmelte er düster, »aber vielleicht soll das Feuer die anderen verständigen. Vielleicht sind sie von einem Aufgebot auseinandergejagt worden und suchen sich jetzt …«

    Er hob die Winchester ein wenig an, hielt sie in der Rechten und machte die wenigen Schritte bis zur Tür, drückte sie auf und betrat den Saloon, wich sofort von der Tür weg und drückte den Rücken an die Wand.

    Zwei Männer hockten steif und krumm an einem Tisch und wagten sich nicht hinaus. Der Keeper, der Cole gerufen hatte, stand mit blassem Gesicht hinter der langen Theke und hatte eine Hand ins Wischtuch gekrallt.

    Shelton hatte soeben noch an der Theke gelehnt; jetzt hatte er die Beine gespreizt und die Hände in unmittelbarer Nähe der Colts. Es war einer der jüngsten Sheltons, ein abgemagerter Mann mit dem unruhigen Ausdruck der Rastlosigkeit im Gesicht, mit flackernden Augen und nervösem Zucken um den Mund.

    »Marshal?«, flüsterte er klanglos.

    »Yeah!«

    Cole nickte und ließ ihn nicht aus den Augen.

    »Marshal Jim Cole«, fügte er nach einem Atemzug hinzu, »vierzig Jahre alt, verwitwet, einen Sohn …«

    Es klang bissig.

    Über das Gesicht des Banditen sickerten Schweißperlen und zogen dünne helle Striche in die Staubschicht. Trotz seiner Anspannung war ihm anzumerken, wie müde und abgetrieben er war.

    »Ich wollte nur einen Whisky trinken, Marshal«, sagte Shelton, »nur das, nichts anderes. Und ich habe geglaubt, dass Sie jetzt schliefen. Ich wollte gleich wieder verschwinden.«

    »Das glaube ich dir sogar.« Coles Stimme war dennoch unduldsam. »Ihr Sheltons seid bald am Ende. Wie viele Jahre werdet ihr schon gejagt, he? Fünf, acht Jahre? Oder noch mehr? Ich will’s nicht wissen. Drüben im Office hängen die Steckbriefe. Du bist Jonathan Shelton, nicht wahr?«

    »Ja.«

    Ein Hauch von Verzweiflung huschte über das Gesicht des Banditen. Er war mit den Nerven fertig. Der Marshal versperrte ihm die Tür und den Weg zu seinem Pferd.

    »Ihr seid nicht anders als alle anderen Banditen«, sagte Jim frostig. »Erst beginnt ihr klein, raubt nur. Dann wird es schlimmer, und ihr legt alle um, die euch im Weg sind. Ihr werdet wie reißende Wölfe, die viele Rinder zerfetzen, obwohl sie von einem einzigen Rind satt werden. Ihr jagt durch die Staaten und bringt brave Leute um. Marshals und Sheriffs suchen euch, jagen euch – fünf Jahre und länger. Und dann seid ihr fertig und kommt, um einen Whisky zu trinken, nur einen. Und ihr glaubt dann auch noch, dass man euch laufenließe. Zum Henker, Jonathan Shelton, so geht das nicht! Du wirst dich ergeben müssen, wenn du noch ein paar Tage länger leben willst. So schnell bekommen wir keinen Richter hierher. Hebe die Hände hoch und gib auf.«

    Der Bandit zitterte. Er machte einen erbärmlichen Eindruck, aber er konnte nicht mit Mitleid rechnen. Und er war noch immer furchtbar gefährlich, gerade jetzt, wo er in die Enge getrieben worden war, wo ihm der Galgen drohte.

    »Ich – ich will nicht!«, keuchte er und atmete rasselnd, wich an die Theke zurück und wischte mit flatternder Hand über die Stange hinweg. »Du bekommst mich nicht, Cole. Noch niemand hat uns Sheltons bekommen, niemand!«

    »Du bist so dumm, dass dich die Schweine beißen, Jonathan Shelton. Glaubst du, du könntest noch wegkommen? Wenn ich das zuließe, dann wäre ich ein verdammt schlechter Marshal. Ich kann dir nur ein paar Tage Leben schenken, das ist alles. Ich will nicht dein Richter sein. Es gibt kluge Leute, die ihre Nase oft in dicke Bücher stecken. Diese Leute sollen über dich richten. Es ist zu spät, Jonathan. Das Feuer auf der Ebene nützte dir nichts mehr. Deine Brüder kommen zu spät.«

    Draußen strich der Wind am Saloon vorbei, und Staub trieb über die öde Straße. Horchend neigte Cole den Kopf; er hörte Schritte im körnigen Sand.

    »Billy?«, rief er halblaut und kehlig und starrte Jonathan Shelton unverwandt an.

    »Ja, Dad!«, kam es hell zurück. Schritte stapften über den ausgedörrten Gehsteig.

    »Bleib draußen, Billy!«

    Die Schritte verstummten.

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