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Heimat der Gefühle: Meine Kindheit zwischen Deutschland und Weißrussland - Ein berührender biografischer Roman nach meiner wahren Geschichte - Kindheitserinnerungen geprägt von Entführung und Liebe
Heimat der Gefühle: Meine Kindheit zwischen Deutschland und Weißrussland - Ein berührender biografischer Roman nach meiner wahren Geschichte - Kindheitserinnerungen geprägt von Entführung und Liebe
Heimat der Gefühle: Meine Kindheit zwischen Deutschland und Weißrussland - Ein berührender biografischer Roman nach meiner wahren Geschichte - Kindheitserinnerungen geprägt von Entführung und Liebe
Ebook154 pages2 hours

Heimat der Gefühle: Meine Kindheit zwischen Deutschland und Weißrussland - Ein berührender biografischer Roman nach meiner wahren Geschichte - Kindheitserinnerungen geprägt von Entführung und Liebe

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About this ebook

Stefanie ist 6 Jahre alt, als ihr Vater sie aus Deutschland nach Weißrussland entführt. Obwohl sie ihre Mutter und Schwester vermisst, überwiegt die Sorge um ihren Vater, der tief in seinen Problemen gefangen ist.
Über viele Jahre hinweg kann Stefanies Mutter ihre Tochter nicht mehr sehen – bis zu dem Tag, an dem Stefanie es wagt, den Weg zurück nach Deutschland zu ihrer Mutter zu finden. Denn trotz der Gefahr, organisiert die Mutter eine Rückholmission.
"Heimat der Gefühle" erzählt die bewegende Geschichte von Stefanies Reise und der beiden Menschen, die sie mehr liebt als alles andere: ihren Vater und auch ihre Mutter.
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateMar 30, 2023
ISBN9783347911659
Heimat der Gefühle: Meine Kindheit zwischen Deutschland und Weißrussland - Ein berührender biografischer Roman nach meiner wahren Geschichte - Kindheitserinnerungen geprägt von Entführung und Liebe
Author

Stefanie Butakowa

,,Heimat der Gefühle'', ein großes Projekt worauf ich sehr stolz bin. Es ist mir wichtig, mich immer neu zu entdecken und sich neuen Herausforderungen zu stellen. Vor einigen Jahren, hätte ich mir nicht vorstellen können, mit welcher Freude und Ehrgeiz ich ein Buch schreiben würde. Es ist wie eine Reise die einen erfüllt. Da ich zu den spontanen Menschen gehöre, bin ich schon gespannt was als nächstes anstehen wird. Zur Zeit bin ich als Gesundheits- und Krankenpflegerin tätig und bin Mama von 2 wundervollen Kindern.

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    Heimat der Gefühle - Stefanie Butakowa

    Kapitel 1

    Eine meiner ersten Erinnerungen überhaupt ist die an meinen Onkel, den Bruder meiner Mutter. Er hebt mich hoch in die Luft, lässt mich fliegen. Es kitzelt im Bauch. Seine Frau arbeitet als Erzieherin.

    Meine Mutter machte zu jener Zeit eine Ausbildung zur Krankenschwester. Es ist seltsam, doch die Erinnerungen an meinen Vater auch zu jener Zeit, als meine Eltern noch zusammen waren, sind viel deutlicher und klarer.

    Ich weiß, dass meine Mutter liebevoll und fürsorglich war, und dennoch verschwimmt ihr Gesicht vor meinen Augen, und wenn ich sie mir ins Gedächtnis rufen will, kann ich sie nicht greifen, wie ein schlüpfriges Gespenst.

    Ganz anders ist es bei meinem Vater. Ich sehe ihn, wie er auf einem Stuhl sitzt, raucht, lächelt. Sein Deutsch war nie besonders gut. Ohne meine Mutter hätte er sich in Deutschland nie zurechtgefunden. Kein Wunder, dass er insgeheim immer davon träumte zurückzugehen, doch Russland in den 1990er und 2000er Jahren – das war eine Katastrophe.

    Ich weiß nicht genau, wieso mein Vater so wurde, wie er war. Er muss eine schwere Kindheit gehabt haben, auch wenn darüber nie gesprochen wurde. Sein Vater verlor einen Arm, danach fing er an zu trinken, seine Mutter ist trockene Alkoholikerin.

    Als ich später bei ihr in Weißrussland lebte, rührte meine Oma keinen Alkohol an.

    Mein Vater musste das als Kind alles mit ansehen und lebte mehr oder weniger auf der Straße, was ich erst im Nachhinein erfuhr. Seltsam. Auf den wenigen Bildern, die es aus seiner Kindheit noch gibt, sieht alles so harmonisch aus … Der Bruder meines Vaters litt als Kind unter Asthma, und meine Oma widmete ihm sehr viel Aufmerksamkeit, ich hörte oft eine Art Eifersucht aus meinem Vater sprechen.

    Das Leben in Kasachstan war anders als in Deutschland. Auf einmal kommt man nach Deutschland, und es ist so viel möglich, so viele neue Eindrücke. Das war für ihn überwältigend.

    Mein Vater war nicht immer so. In Kasachstan war er anders, zumindest denke ich das, und wenn ich mir die wenigen Fotos aus jenen Jahren anschaue, dann bestätigen sie mir das. Mein Vater wirkt anders auf diesen Fotos, glücklich, nicht so zerrissen innerlich. Meine Mutter war erst 12, er 16, als sie sich ineinander verliebten.

    Sie lernten sich in der Schule kennen. Die Eltern meiner Mutter waren gegen die Beziehung, auch wegen des Alters meiner Mutter, und waren abgeschreckt von der Familie meines Vaters.

    Mein Vater war ein sehr gutaussehender Mann, das Foto- und Videomaterial von ihm macht mir immer wieder bewusst, welche Ausstrahlung er doch hatte. Auch meine Mutter war bildhübsch. Oft sagten andere Leute, dass sie so gut zusammenpassten, sie könnten Bruder und Schwester sein. Von der äußeren Erscheinung her waren sie ähnlich: zwei schöne Menschen. Mein Vater liebte meine Mutter, und meine Mutter liebte ihn auch.

    Es kam, wie es kommen musste. Schon mit 14 war meine Mutter schwanger.

    Mein Vater stahl sie mehr oder weniger aus ihrem Elternhaus und sagte zu ihren Eltern: »Entweder, Ihr erlaubt es uns und gebt uns den Segen, oder wir bleiben weg!« Eine andere Lösung gab es für die beiden nicht.

    Meine Mutter war 15 Jahre alt, als sie meine Schwester bekam. Mich bekam sie mit 20 Jahren. Alle wollten, dass meine Mutter abtreibt, aber mein Vater sagte sehr deutlich NEIN. Meine Mutter ist ihm heute dafür sehr dankbar. Hätte er es damals nicht so gesagt und dazu gestanden, hätte sie wahrscheinlich die Abtreibung vorgenommen, weil ihr nichts anderes übriggeblieben wäre. Aber ihre Eltern fanden sich letztendlich damit ab, da mein Vater sich so sehr dafür einsetzte.

    Meine Mutter wohnte nach der Entbindung bei den Schwiegereltern, bis mein Vater vom Militär zurückkam. Das war zu der Zeit und unter diesen Umständen völlig normal.

    Man kann also sagen, dass die Situation alles andere als perfekt war, andererseits liebten sich meine Eltern, sie waren jung und sehr hoffnungsvoll und bereit, sich gemeinsam etwas aufzubauen, und das machte sie reicher als so manche andere.

    Finanziell waren wir eingeschränkt, wobei mein Vater auch illegale Geschäfte machte. Illegal war immer etwas Geld da, doch das gab mein Vater lieber für andere Dinge aus. Irgendwann zu dieser Zeit, nach dem Militär, fing er an, zu viel zu trinken und wurde immer aggressiver. Ich denke heute, dass er dort irgendetwas gesehen oder erlebt haben muss, was ihn aus der Spur brachte. Schließlich waren damals die Zeiten im Militär alles andere als ungefährlich. Er sprach nie darüber.

    Meine Eltern verließen Kasachstan und gingen nach Deutschland. Dort arbeiteten beide sehr viel, auch nachts. Für uns Kinder blieb kaum Zeit. Meine Mutter versuchte, wo es ging, an sich selbst zu sparen und lieber das Geld für die Familie zu investieren.

    Ich verbrachte mit meiner Tante und meinem Onkel sehr viel Zeit. Sie passten sehr oft auf mich auf, hatten zu der Zeit keine eigenen Kinder, waren noch jung. Irgendwann wurde es so extrem, dass sie nicht mehr ohne mich auskamen. Sie hätten mich am liebsten jedes Wochenende bei sich gehabt. Ich übernachtete dort auch oft. Es waren sehr schöne Momente, die mir später sehr fehlten. Wir waren oft in Mainz unterwegs, machten viele Ausflüge, waren zelten. Seine Frau nahm mich sogar mit zur Arbeit. Als Papa mich entführte, traf das auch die beiden sehr schwer.

    Es gab viele Streitigkeiten zwischen meiner Mutter und meinem Vater. Zu Hause war es oft nicht harmonisch. Es gab zwar auch schöne Momente, in denen mein Vater mir und meiner Schwester auf dem Sofa die Haare flocht, Augenblicke voller Nähe und Geborgenheit, doch sie blieben die Ausnahme.

    Dann gab es die Wochenenden, an denen mein Vater zu viel trank, und diese Wochenenden waren voller Angst und Dunkelheit.

    Wir waren oft auf Feierlichkeiten, denn meine Eltern waren auch noch sehr jung. Wenn wir irgendwo zu Besuch waren und er getrunken hatte, steigerten sich die Streitigkeiten in Handgreiflichkeiten meiner Mutter gegenüber.

    Manchmal drohte er, sie umzubringen oder sich umzubringen. Einmal versuchte er, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Wir Kinder bekamen alles mit, wir lebten ja in einer kleinen Wohnung.

    Meine Schwester und ich waren starr vor Schreck, versteckten uns irgendwo und hofften, dass der Sturm vorbeiging, hin und wieder versuchten wir auch einzugreifen, was aber selten gelang. Wenn es völlig eskalierte, flüchtete meine Mutter mit uns zu ihren Verwandten. Die Angst, die diese Szenen in mir auslösten, kann ich heute noch fühlen.

    Auch wenn ich meinen Vater sehr liebte, wusste ich, dass sein Verhalten meiner Mutter gegenüber nicht in Ordnung war.

    Im Grunde war mein Vater kein schlechter Mensch, im Gegenteil. Anderen gegenüber war er die Hilfsbereitschaft in Person. Ich erinnere mich, dass er sehr tierlieb war. Wir hatten Hamster, Eichhörnchen, Fische, Schildkröten, einen Papagei. Bei Problemen war er so gut wie für alle da und hätte sein letztes Hemd geteilt. Auch Gerechtigkeit war ein wichtiges Thema für ihn. Handwerklich konnte er alles und hatte keine Scheu, etwas anzupacken. Woran ich mich noch gut erinnern kann, ist seine kreative Seite. Ich weiß nicht, ob es ihm selbst bewusst war, aber er konnte Bilder malen, auf denen man den Inhalt nur aus der Ferne erkennen konnte. Nur die wenigsten wussten davon. Er las früher gerne Bücher, Krimis, diese Vorliebe habe ich wahrscheinlich von ihm.

    Vor ihm hatten aber auch viele Respekt. Er hatte etwas Furchteinflößendes, Unberechenbares. Vielleicht hing es auch mit den illegalen Geschäften zusammen, von denen ich nicht viel wusste.

    Da meine Eltern so viel arbeiteten, war ich auch oft bei Nachbarn, einem älteren Ehepaar. Eine Weile dachte ich sogar, sie seien meine Oma und mein Opa, bis mein Vater mich darüber aufklärte, dass das nicht so war.

    Meine Schwester ist 5 ½ Jahr älter und musste manchmal die Elternrolle übernehmen. Das war für sie nicht leicht, vor allem befand sie sich in einem schwierigen Alter und musste mich ständig mit sich herumschleppen. Natürlich hatte ich Spaß daran, mit Älteren unterwegs zu sein, vielleicht trug es auch dazu bei, dass ich so frühreif war und die Dinge anders sah als andere in meinem Alter. Mein Vater liebte mich sehr, man könnte es wohl auch eine »Affenliebe« nennen. Er vergötterte mich und zeigte es auch nach außen. Alle wussten es, alle wussten, dass ich einen besonderen Zugang zu ihm hatte.

    Dennoch schenkte er auch meiner Schwester Aufmerksamkeit. Einmal schenkte er ihr ein paar Rollschuhe. Ich war neidisch, und als ich allein in der Wohnung war, zog ich die Rollschuhe an und fuhr auf ihnen durch die Wohnung. Ich verletzte mich, und meine Mutter musste mich in die Notaufnahme bringen. Eine kleine Narbe unten am Kinn erinnert mich heute noch daran.

    Ich war ein sehr offenes Kind und hatte Angst vor nichts, war mit vier oder fünf Jahren draußen allein mit den Nachbarskindern unterwegs, und das nicht nur in der nächsten Umgebung. Alle sagen immer, ich hätte auch gut ein Junge sein können. Ich war früh selbständig und konnte mich mit wenig Hilfe selbst verpflegen.

    Ich ging auch gerne in den Kindergarten. Ich hatte Freunde, hatte tolle Erzieher. Ich wurde immer sehr geliebt, werde heute noch geliebt von vielen Menschen, was mir sehr bewusst ist und wofür ich dankbar bin. Mir fiel es nie schwer, Kontakte zu knüpfen oder Teil einer Gruppe zu sein. »Dir fliegen alle Herzen zu«, sagte mein Vater immer. Er nahm mich gerne mit, wenn er etwas zu erledigen hatte, was auch dazu führte, dass ich Gespräche mitbekam, die Kinder eigentlich nicht hören sollten, aber mich störte das damals nicht. Ich war froh und stolz, bei ihm zu sein. Es war schön, dass er mir so sehr vertraute.

    Gleichzeitig brachte es mich auch in einen Konflikt. Wenn meine Eltern sich stritten und meine Mutter weinte, dann wollte ich nicht zu sehr zu ihr halten, aus Angst, dass mein Vater enttäuscht sein könnte. Ich fürchtete, dass ich seine Gefühle verletzen könnte, schon der Gedanke tat mir weh.

    Ich schlief sehr oft im Elternbett, immer auf der Seite meines Vaters. Ich genoss es, mich an seinen Rücken zu kuscheln, seinen Arm festzuhalten, auf dem ein Adler tätowiert war.

    Wenn mein Vater frei hatte oder krankgeschrieben war, blieb er ab und zu auch tagelang weg. Niemand wusste, wo er war. Später bestätigte mein Vater mir, dass er nicht immer der treueste Ehemann gewesen war. Von meiner Mutter weiß ich, dass auch sie es wusste und unter anderem auch, dass es zum Teil der Grund für die Auseinandersetzungen war.

    Die Wohnung, in der wir lebten, hatte zwei Schlafzimmer, meine Schwester und ich mussten uns ein Zimmer teilen. Das Geld war oft knapp, und schlimm waren die Streitigkeiten und die Diskussionen zwischen meinen Eltern.

    Schön waren die Besuche bei unseren Verwandten, meinem Onkel und meiner Tante und meiner Patentante. Sie hatte zwei Söhne, die ich sehr ins Herz geschlossen hatte. Bei solchen Gelegenheiten kam oft die ganze Familie zusammen, es wurde gegrillt, Kuchen gegessen, und alle hatten viel Spaß. Wir lebten ja ein Stück weit im Exil, auch wenn meine Mutter Deutsche war, doch die Wurzeln ihrer Familie hatten über Generationen in Kasachstan gelegen.

    Zerrissen wurde diese Idylle immer dann, wenn mein Vater bei diesen Gelegenheiten zu viel trank und es zu Streit kam. Es konnte vorkommen, dass er auf jemand anderen losging, meistens aber auf meine Mutter. Alles Mögliche konnte der Anlass sein – Eifersucht oder eine beiläufige Bemerkung von ihr oder auch nur ein falscher Blick. Dann gefror die Zeit binnen weniger Augenblicke, alles hielt den Atem an, weil niemand wusste, was mein Vater als Nächstes tun würde. Gut war, wenn er einfach davonfuhr, sich irgendwo Streit suchte, auch wenn es möglicherweise bedeutete, dass wir ihn mehrere Tage nicht zu Gesicht bekamen oder Strafzettel bezahlen mussten.

    Gleichzeitig war da dieses Mitleid mit meinem Vater. Ich kann

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