Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Star Trek - Coda: Die Asche von morgen
Star Trek - Coda: Die Asche von morgen
Star Trek - Coda: Die Asche von morgen
Ebook487 pages6 hours

Star Trek - Coda: Die Asche von morgen

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Die Zukunft befindet sich im Krieg mit der Vergangenheit. Freunde werden zu Feinden und die temporale Apokalypse beschleunigt sich. Doch was ist die wahre Ursache der Katastrophe? Während ein unbarmherziger Feind die Galaxis in Angst und Schrecken versetzt und eine Spur der Verwüstung hinterlässt, haben Captain Benjamin Sisko und Vedek Kira Nerys eine schreckliche Vorahnung einer unaufhaltsamen Apokalypse. Am brennenden Himmel des Bajor-Systems bedroht eine tödliche Konfrontation eine Milliarde Welten. Captain Jean-Luc Picard ist gezwungen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, als das Sternenflottenkommando sich weigert, die Invasoren herauszufordern, und rekrutiert vertraute Verbündete für einen verzweifelten, unmöglichen Kampf – doch der Preis für das Überleben ist ein Akt der Zerstörung jenseits aller Vernunft …
LanguageDeutsch
PublisherCross Cult
Release dateNov 11, 2022
ISBN9783966589598
Star Trek - Coda: Die Asche von morgen
Author

James Swallow

James Swallow is a New York Times and Sunday Times (UK) bestselling author, BAFTA-nominated screenwriter, and the only British writer to have worked on a Star Trek television series. His Star Trek fiction includes The Latter Fire, Sight Unseen, The Poisoned Chalice, Cast No Shadow, Synthesis, Day of the Vipers, The Stuff of Dreams, Infinity’s Prism: Seeds of Dissent, and short stories in Seven Deadly Sins, Shards and Shadows, The Sky’s the Lim­it, and Distant Shores. His other works include the Marc Dane thriller series and tales from the worlds of 24, Doctor Who, Star Wars, Halo, Warhammer 40,000, and more. He lives and works in London.

Read more from James Swallow

Related to Star Trek - Coda

Related ebooks

Science Fiction For You

View More

Related articles

Reviews for Star Trek - Coda

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Star Trek - Coda - James Swallow

    ZUVOR …

    2376

    •Captain Benjamin Sisko kehrt von seinem Aufenthalt bei den bajoranischen Propheten zurück, der ein Jahr zuvor nach dem Ende des Dominion-Krieges begonnen hat. (STAR TREK: DEEP SPACE NINE – »Das, was du zurücklässt«)

    •Bajor schließt sich der Vereinigten Föderation der Planeten an. (STAR TREK: DEEP SPACE NINE-Roman »Einheit«)

    2377

    •Nachdem sie sieben Jahre zuvor im Delta-Quadranten gestrandet sind, beenden Captain Kathryn Janeway und die Besatzung des Raumschiffs Voyager ihre 70.000 Lichtjahre weite Reise zurück zur Erde. (STAR TREK: VOYAGER – »Endspiel«)

    2378

    •Wesley Crusher begleitet den Reisenden, von dem er gelernt hat, seine erwachenden Fähigkeiten zu erweitern und zu fokussieren, zu dessen Heimatplanet, Tau Alpha C. Dort wird er als Reisender »wiedergeboren«. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Roman »Zeit des Wandels – Geburt«)

    2379

    •Föderationspräsident Min Zife wird für schuldig befunden, der unabhängigen Welt Tezwa illegal Waffen verkauft zu haben, die zu Millionen von Toten geführt haben, und mithilfe von Jean-Luc Picard heimlich von einer Gruppe Sternenflottenadmirals seines Amts enthoben. Ohne Picards Wissen wird Zife von Sektion 31 ermordet. (STAR TREK-Romane »Zeit des Wandels – Töten« und »Zeit des Wandels – Heilen«)

    •Shinzon, ein Klon von Picard, der ursprünglich geschaffen worden war, um den Captain als romulanischer Spion in der Sternenflotte zu ersetzen, reißt nach einem Putsch die Kontrolle über das Romulanische Sternenimperium an sich. Er startet einen gewagten Plan, um die Erde anzugreifen und die Föderation auszuschalten, doch Picard und die Enterprise besiegen ihn. Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Föderation und den Romulanern werden erneuert. (STAR TREK: NEMESIS)

    •Captain William Riker übernimmt das Kommando über die U.S.S. Titan. Seine Frau, Commander Deanna Troi, begleitet ihn als Schiffscounselor und Spezialistin für Erstkontakte. (STAR TREK: TITAN-Romanreihe)

    2380

    •Picard heiratet Beverly Crusher. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Roman »Mehr als die Summe«)

    •Während eines Angriffs der Borg gibt Admiral Kathryn Janeway ihr Leben, um die Föderation zu beschützen. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Roman »Heldentod«)

    2381

    •Die Borg beginnen eine massive Invasion der Föderation, verwüsten zahllose Planeten und löschen Milliarden Leben aus, bevor der Sternenflotte ein finaler Sieg gelingt, der die permanente Bedrohung durch das Kollektiv für immer beendet. (STAR TREK: DESTINY-Romantrilogie)

    •Während der Invasion übernimmt Ezri Dax, die an Bord der U.S.S. Aventine als zweiter Offizier dient, das Kommando, als ihr Captain und Erster Offizier getötet werden.

    •Riker und Troi bekommen eine Tochter, Natasha Miana Riker-Troi, benannt nach Enterprise-Besatzungsmitglied und Freundin Tasha Yar und der verstorbenen Schwester von Aili Lavena, einem Besatzungsmitglied der Titan. (STAR TREK: TITAN-Romanreihe)

    •Durch die Hilfe unerwarteter Verbündeter wird der Tod von Admiral Janeway rückgängig gemacht. Sie übernimmt das Kommando über Projekt Full Circle, bei dem die U.S.S. Voyager und eine gesamte Flotte abgestellt werden, um den Delta-Quadranten weiter zu erforschen. (STAR TREK: VOYAGER-Roman »Ewige Gezeiten«)

    •Picard und Crusher bekommen einen Sohn, René Jacques Robert François Picard. Der Junge ist benannt nach Picards Neffen René, dessen Vater, Picards älterem Bruder Robert, und Crushers erstem Ehemann Jack Crusher. (STAR TREK: DESTINY-Roman »Verlorene Seelen«, STAR TREK: TYPHON PAKT-Roman »Bestien«)

    •Nach der Borg-Invasion übernimmt Sisko das Kommando über die U.S.S. Robinson. (STAR TREK: TYPHON PACT-Roman »Bestien«)

    2382

    •Admiral Janeway stimmt zusammen mit der Besatzung der U.S.S. Voyager zu, dem Volk der Edrehmaia auf ihrer langen Reise aus unserer Galaxis heraus zu helfen. Sie brechen aus dem Delta-Quadranten in unbekannte Gefilde auf. (STAR TREK: VOYAGER-Roman »Das Streben nach mehr«)

    •Andor löst sich nach Problemen, die inzwischen kritische Reproduktionskrise der Andorianer betreffend, von der Föderation. (STAR TREK: TYPHON PACT-Roman »Zwietracht«)

    2383

    •Breen- und Tzenkethi-Truppen greifen die Föderationsstation Deep Space 9 an und zerstören sie. Über tausend Tote werden verzeichnet. (STAR TREK: TYPHON PACT-Roman »Schatten«)

    2384

    •Jahre nachdem er sich selbst geopfert hat, um Picard zu retten, wird Data »wiedergeboren«, indem seine Erinnerungen aus seinem Bruder, dem Androiden B-4, entnommen und in den Körper eines neuen Androiden, geschaffen von Noonian Soong, transferiert werden. Auch seine Androidentochter Lal wird repariert und reaktiviert. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Romantrilogie KALTE BERECHNUNG)

    2385

    •Die Föderationsstation Deep Space 9 (II) wird für einsatzbereit erklärt und wie ihr Vorgänger in der Nähe des bajoranischen Wurmlochs positioniert. Bei der Einweihung wird Föderationspräsidentin Nanietta Bacco ermordet. Föderationsratsmitglied Ishan Anjar von Bajor wird als Interimspräsident eingesetzt. (STAR TREK: THE FALL-Roman »Erkenntnisse aus Ruinen«)

    •Julian Bashir widersetzt sich der Sternenflotte und Interimspräsident Ishan, um den Andorianern ein Heilmittel für ihre Reproduktionskrise zu bringen. Es gelingt ihm mit der Hilfe von Captain Dax. Beide werden verhaftet. (STAR TREK: THE FALL-Roman »Auf verlorenem Posten«)

    •Interimspräsident Ishan wird als Verbrecher entlarvt. Andor schließt sich wieder der Föderation an. Eine Andorianerin gewinnt die Wahl zum Föderationspräsidenten und begnadigt Bashir und Dax. (STAR TREK: THE FALL-Roman »Königreiche des Friedens«)

    2386

    •Bei der Erkundung des Odysseischen Passes begegnen Picard und die Enterprise einer gewaltigen Waffe, die von einem fremden Volk nach dem Prototypen eines »Planetenkillers« rekonstruiert und aus dem fünfundzwanzigsten Jahrhundert zurück durch die Zeit geschickt wurde. Bei der Untersuchung der Computersysteme der Waffe stößt Lieutenant Commander Taurik auf Informationen über die Zukunft, die er nicht enthüllen darf. Taurik wird von der Behörde für Temporale Ermittlungen befragt und gemäß der Obersten Temporalen Direktive zur Verschwiegenheit verpflichtet. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Roman »Der Pfeil des Schicksals«)

    •Picard und die Enterprise entdecken einen Planeten, der willkürlich durch verschiedene Dimensionen und Zeiten springt. Sie begegnen einer anderen Version der U.S.S. Enterprise NCC-1701-D aus einer Realität, in der Picard seine Gefangennahme und Assimilation durch die Borg nicht überlebt hat. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Roman »Absturz«)

    •Journalistin Ozla Graniv enthüllt mithilfe von Bashir und Data die gesamte Geschichte von Sektion 31 und die lange Liste an illegalen Aktivitäten, die mehr als zwei Jahrhunderte zurückreicht. Alle bekannten Sektion-31-Agenten werden verfolgt und verhaftet. Picard wird mit der Ermordung des Föderationspräsidenten Min Zife durch die Organisation im Jahr 2379 in Verbindung gebracht. (STAR TREK: SEKTION 31-Roman »Kontrolle«)

    2387

    •Entlastet von den Anschuldigungen im Zusammenhang mit Sektion 31 bereitet sich Captain Picard darauf vor, mit der Enterprise zum Odysseischen Pass zurückzukehren, um dessen Erforschung fortzusetzen. (STAR TREK: THE NEXT GENERATION-Roman »Kollateralschaden«)

    •Wesley Crusher überbringt Picard eine Warnung: Die Devidianer, ein alter Feind, greifen ganze Zeitlinien an und zerstören diese. Zusammen mit Captain Dax und der Aventine brechen Wesley und die Enterprise-Besatzung auf, um die Wahrheit hinter diesem schrecklichen neuen Großangriff herauszufinden. Die Realität selbst steht auf dem Spiel, und beide Schiffe haben schwere Verluste zu verzeichnen, darunter Taurik und Ezri Dax. (STAR TREK: CODA, Buch 1 »Zeit in Scherben«)

    UND NUN …

    TEIL I

    FLUCHT

    1

    U.S.S. Robinson NCC-71842

    Benjamin Sisko stürzte in die Leere innerhalb des Tunnels der Sterne, spürte, wie die Geschwindigkeit des interstellaren Raums an ihm vorbeiraste, und genoss das berauschende Gefühl an den Grenzen seiner Wahrnehmung.

    »Noch zehn Sekunden!«, warnte ihn eine Stimme zu seiner Rechten, doch Sisko wandte den Blick nicht von den vorbeiziehenden Sternen ab.

    Andere Stimmen vor und hinter ihm bestätigten den Ruf, aber er beachtete sie nicht, gefangen in diesem Moment. Er lehnte sich in seinem Sessel vor und spannte die Schulter an, als könnte er so das Schiff antreiben, noch ein kleines bisschen schneller zu fliegen.

    Das schimmernde Glühen schien sich jenseits des großen Bildschirms vor ihm auszudehnen und über die Brücke zu erstrecken, bis seine Ausläufer Sisko einhüllten. Er konnte die Vorahnung nicht abschütteln, dass etwas Schreckliches auf der anderen Seite dieser im Warpraum lang gezogenen Sterne auf ihn wartete. Und dann, in einem plötzlichen Abbremsen, wurde seine Vision Wirklichkeit.

    Ein Aufheulen freigesetzter Energie erfüllte das Raumschiff Robinson, als es aus hoher Warpgeschwindigkeit zurück in den normalen Raum übertrat. Sie waren am Rand eines nicht kartografierten Systems im Dorvan-Sektor herausgekommen.

    »Roter Alarm! Schilde und Waffen!« Siskos Erster Offizier, Commander Anxo Rogeiro, bellte die Befehle, kaum dass das Schiff richtig angekommen war.

    In den sechs Jahren, die Rogeiro jetzt als Siskos Stellvertreter auf dem Schiff der Galaxy-Klasse diente, hatte der jüngere Mann die unheimliche Fähigkeit entwickelt, die Gedanken seines Captains vorauszuahnen. Diese Vertrautheit hatte einen Punkt erreicht, an dem sie allein durch einen Blick oder ein Nicken ihre Absichten kommunizieren konnten. Sisko musste ihm nicht sagen, was zu tun war. Ihnen beiden war voll und ganz bewusst, was auf dem Spiel stand.

    Die Robinson war umgeben von einer Wolke aus Trümmern und Feuer. Teile des Wracks und metallische Staubwolken prallten von den Deflektorschilden ab, wodurch sie kurz sichtbar wurden, während das Schiff näher heranflog. Siskos Augen verengten sich, und er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, als er Leichen dort draußen im Vakuum zwischen den Überresten entdeckte. Was immer hier geschehen war, diese armen Seelen waren gestorben, bevor sie auch nur hatten versuchen können, sich zu retten.

    »Commander Plante«, Sisko warf seinem zweiten Offizier einen Blick zu, »was hören Sie?«

    Plante drückte einen Ohrhörer gegen ihr rechtes Ohr und lauschte direkt dem Hilferuf, der die Robinson von ihrer gegenwärtigen Mission ein Parsec hinter der Grenze der Cardassianischen Union weggeholt hatte. »Dieselbe Nachricht wiederholt sich immer wieder auf der Subraumfrequenz, Sir«, erwiderte sie mit einem Stirnrunzeln. »Womöglich ist niemand mehr da, der auf unsere Rufe antworten könnte.«

    »Wir können nur hoffen, dass das nicht der Fall ist«, knurrte Sisko. »Irgendwas von den Cardassianern?«

    »Wir wissen, sie haben ein Schiff losgeschickt. Einen leichten Kreuzer, glaube ich«, informierte ihn Lieutenant Corallavellis sh’Vrane. Die andorianische shen drehte sich an ihrer Konsole an der Wissenschaftsstation um. »Aber ich sehe nichts.«

    »Ich schon.« Uteln, der taktische Offizier der Robinson, blickte von seiner Station hinter dem Kommandosessel auf seinen Captain herab. Die sonst so warmherzige, offene Miene des Deltaners war ungewöhnlich verschlossen. Er deutete auf die Trümmer auf dem Schirm. »Sir, ich glaube, das ist alles, was davon übrig ist.«

    »Mãe de Deus …«, fluchte Rogeiro leise in seiner Muttersprache Portugiesisch. »Aber sie können nur Minuten vor uns hier eingetroffen sein …«

    Was hat sie in so kurzer Zeit so vollkommen zerstört? Die Frage hing im Raum, aber Sisko hatte nicht vor, Zeit darauf zu verschwenden. Er trug sh’Vrane auf, nach Anzeichen von Überlebenden sowie nach Antworten zu scannen.

    Die Antennen der Wissenschaftsoffizierin krümmten sich, ein sicheres Zeichen, dass die Andorianerin frustriert war von dem, was sie auf ihrem Monitor sah. »Die Messwerte sind … ungewöhnlich. Das Wrack weist einen extrem fortgeschrittenen molekularen Verfall auf.«

    »Da ist was.« Rogeiro deutete auf eine rauchende Silhouette in der Ferne, jenseits des Wracks. »Die Station.«

    Als die Robinson aus dem Staub und den Trümmern brach, sah Sisko das Objekt klar vor sich, und der Anblick wühlte alte Gefühle in ihm auf. Die Station, die auf einer weiten Umlaufbahn um den Roten Riesen des Systems trieb, wies die typische cardassianische Architektur auf und erinnerte aus der Ferne an die geschwungene Form einer Raumstation der Nor-Klasse, die ihm so vertraut war wie das Haus, in dem er aufgewachsen war.

    Eine seltsame Welle der Emotionen überkam Sisko. Er konnte die Station nicht ansehen, ohne an die alte Deep Space 9 erinnert zu werden, die Station, die einst Terok Nor gewesen war und die er jahrelang sein Zuhause genannt hatte.

    Die in Not geratene Station, die den Hilferuf gesendet hatte, war kleiner als DS9, aber sie hatte dieselben unverkennbaren nach oben geschwungenen Andockpylonen, die eine Art eiserne Krone bildeten.

    Ohne es zu merken, war er aufgestanden. »Vergrößern«, befahl er, und das Bild auf dem Hauptschirm wurde herangezoomt.

    Bei höherer Auflösung war die Ähnlichkeit weniger frappierend. Die Station war beschädigt; besonders das kugelförmige Opsmodul in ihrem Zentrum hatte katastrophale Schäden erlitten. Ganze Decks waren aufgerissen und dem Vakuum ausgesetzt. In Wolken ausströmenden Plasmas züngelte blaues Feuer, und Energieblitze zuckten wild und grell über die Hülle.

    »Keine Lebenszeichen«, meldete sh’Vrane. »Aber …« Die Andorianerin verzog das blassblaue Gesicht und verstummte.

    Sisko drehte sich zu ihr um. »Cora«, bemerkte er in scharfem Ton, »spucken Sie’s aus.«

    Sie nickte. »Captain, die verfügbaren Daten von der cardassianischen Raumbehörde beschreiben die Station als Wissenschaftseinrichtung der Klasse vier. Gegenwärtige Aufgabe: Erforschung von Warpfeldtechnologie. Aber das passt nicht zu der Energiesignatur, die ich hier sehe.«

    Commander Plante drehte den Monitor neben sich, um sh’Vranes Sensormessungen zu überprüfen. Ihre Augen weiteten sich. »Ich stimme zu. Die Station verströmt gewaltige Mengen chronometrischer Strahlung. In diesem Ausmaß haben wir das bisher nur bei künstlich geschaffenen temporalen Effekten gesehen.«

    »Temporal?«, wiederholte Rogeiro und konnte seine Verwirrung nicht verbergen. »Wie in Zeitreisen? Wollen Sie sagen, das haben die Cardassianer hier draußen getrieben?«

    Sisko musterte seinen Ersten Offizier. Für viele der Kollegen des Captains waren Reisen in die Zukunft oder Vergangenheit eine Theorie, die außerhalb des Möglichen lag, wilde Spinnerei wie das Seemannsgarn früherer Jahrhunderte. Aber Sisko hatte es mehr als einmal erlebt.

    »Mich würde nicht wundern, wenn Kastellan Garak genau das hier vor aller Augen sozusagen unbemerkt tut«, bemerkte er. »Temporale Forschung ist durch eine Übereinkunft aller galaktischen Mächte streng reglementiert.«

    Er wollte mehr dazu sagen, aber ein Geist auf dem Bildschirm erregte seine Aufmerksamkeit und unterbrach Siskos Gedankengang. Zwischen den Andockarmen der Forschungsstation war kurz ein durchsichtiges, substanzloses Phantom zu sehen, bevor es wieder verschwand.

    Siskos Verstand suchte nach einer Beschreibung für das, was er zu sehen meinte. Etwas Großes, Schnelles, das sich fast organisch bewegt. Wie eine … Schlange?

    »Haben Sie das auch gesehen?«, fragte Rogeiro.

    »Wir alle haben es gesehen«, erwiderte Plante. »Wir sind nicht allein.«

    »Scanne nach getarnten Schiffen.« Lieutenant sh’Vranes lange, himmelblaue Finger tanzten über ihre Konsole. »Nichts. Aber ich entdecke schwache Signale aus dem Trümmerfeld. Notsignale. Captain, ich glaube, da drin befinden sich Fluchtkapseln.«

    Sisko antwortete ihr nicht. Sein Blick war fest auf die Forschungsstation gerichtet. Er starrte in die Leere um sie herum, als wollte er das Phantomding herausfordern, sich noch mal zu zeigen.

    Und zu seinem Schrecken tat es das.

    Die Erscheinung schälte sich erneut aus der Dunkelheit und wand sich um einen der unbeschädigten Andockpylonen. Dieses Mal nahm sie Substanz an, sodass er nicht länger hindurchsehen konnte, und glühte vor aktinischer Strahlung, die die beschädigte Station in ein kränkliches Licht tauchte. An einer Seite der Schlangenform öffnete sich unter einem glatten, V-förmigen Schädel ein gezacktes Maul, groß genug, um ein ganzes Runabout zu verschlingen. Die Kreatur bewegte sich, als sei die Leere ihr natürlicher Lebensraum. Mühelos glitt sie durch das Vakuum.

    Mit einem Zucken, das sich durch den gesamten Körper fortsetzte, schlug die Schlange gegen die cardassianische Station und grub sich mit brutaler Entschlossenheit in die Rahmenkonstruktion. Bruchstücke der Titaniumhülle explodierten um sie herum, als sich die Kreatur in den kugelförmigen Kern bohrte wie ein Wurm in einen Apfel. Auf der anderen Seite trat sie in einem Regen energetischer Teilchen wieder aus. Hinter ihr begann die Station zu verfallen, als würde die Schlange eine toxische, degenerative Aura umgeben.

    »Ich erkenne einen weiteren Ausstoß chronometrischer Strahlung«, meldete Plante. »Was immer dieses Ding ist, es ernährt sich vom Chronitonfluss.« Sie schluckte schwer. »Captain, es verzerrt das temporale Feld von allem in seinem Umfeld.«

    »Es ist ein Zeitfresser.« Siskos Worte zerrissen die Stille, die auf der Brücke entstanden war. Diese Definition ergab auf schreckliche Art Sinn und erklärte den unerwarteten Verfall des cardassianischen Rettungsschiffs und der Station. Wie ein Tiefseemonster aus einer alten Legende verschlang die Schlange die hoffnungslos verlorene Station und zermalmte die Überreste in ihren Windungen zu Staub.

    Sisko wandte sich mit finsterer Miene ab und rief kurz angebunden:. »Transporter. Können wir diese Fluchtkapseln erfassen und die Überlebenden an Bord beamen?«

    »Negativ.« Plante schüttelte den Kopf. »Die Strahlung stört unsere Sensoren, und wir riskieren, uns ihr auszusetzen, wenn wir die Schilde senken, um sie an Bord zu holen.«

    »Traktorstrahl?«, schlug Rogeiro vor. »Wir benutzen ihn, um die Kapseln aus den Trümmern und der Strahlungszone heraus in den offenen Raum zu ziehen.«

    Sisko nickte. »Tun Sie’s.«

    Während sich sein Erster Offizier an die Arbeit machte, ging Sisko auf den Hauptschirm zu, bis er zwischen der Flugkontrolle und der Ops stand. Auf dem Schirm löste sich die Schlange von den Überresten der cardassianischen Station, hielt aber inne, um weitere Trümmerbrocken zu verschlingen.

    Ist sie intelligent?, fragte er sich. Eine Art kosmozoischer Lebensform, angezogen von dem, was immer Garaks Leute hier getrieben haben? Sisko versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen, wie viele in dem Angriff der Kreatur ihr Leben verloren hatten, und überlegte stattdessen, ob es irgendeine Möglichkeit gab, mit der Schlange zu kommunizieren und weiteres Blutvergießen zu verhindern.

    Der gesichtslose, ausdruckslose Kopf der Kreatur zuckte herum, als würde er in der Leere schnüffeln, und Sisko spannte sich an, als er sich in die Richtung der Robinson drehte und innehielt.

    »Es sieht uns«, flüsterte Sivadeki, die Tyrellianerin am Steuer, während ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. »Denken Sie, es ist noch hungrig?«

    Die Schlange zog sich zusammen und schoss los, wobei sie der Zerstörung, die sie angerichtet hatte, auswich, und sich auf einen Abfangkurs zu dem langsam fliegenden Schiff begab. Falten aus Materie breiteten sich an den Seiten der Kreatur aus zu einer Art ausgefranstem Umhang, der in langen, glänzenden Zilien endete.

    »Volle Energie auf die Deflektoren«, befahl Sisko und seine Stimme dröhnte über die Brücke. »Steuer, bringen Sie uns auf Abstand!«

    Sivadeki gehorchte, wendete die Robinson und brachte sie mit einem kurzen Schub der Impulstriebwerke aus der Ekliptikebene – doch noch während das Schiff in Bewegung war, sah Sisko, wie die Kreatur wieder an Substanz verlor. Sie verschwand, und er hielt den Atem an.

    »Hat es sich … getarnt?«, stellte Rogeiro die Frage, die allen auf der Zunge lag. »Oder ist es weg?«

    »Die Sensoren entdecken keine Spur«, sagte sh’Vrane. »Selbst die komplexeste Tarnung würde irgendeinen Hinweis hinterlassen.«

    In der nächsten Sekunde füllte eine schimmernde Wand aus glühendem metallischem »Fleisch« den Bildschirm von einer Seite zur anderen aus, als die Kreatur direkt vor ihnen wieder auftauchte, nah genug, um mit den Schilden der Robinson in Berührung zu kommen.

    Sivadeki stieß einen instinktiven Schreckensschrei aus und zuckte auf ihrem Sessel zurück, als die Kreatur ihren Kopf in den Deflektorschild rammte. Sie war nah genug, dass Sisko die Details des Knochenkamms auf ihrem Schädel ausmachen konnte. Er war mit Löchern, vermutlich Sinnesorganen, und seltsamen fühlerartigen Auswüchsen übersät. Zuckende, an Klauen erinnernde Hörner sprossen in regelmäßigen Abständen aus dem Körper, und der gewaltige Schlund der Schlange war von Reihen über Reihen scharfer Zähne erfüllt, die wütend nach der Schildblase schnappten, während die Kreatur versuchte, sich durchzubeißen.

    Sisko deutete auf den Schirm. »Phaser abfeuern, wenn Sie bereit sind!«

    An der taktischen Station reagierte Uteln mit einer breit gefächerten Salve aus dem oberen Waffenring. Offensichtlich versuchte er, die Kreatur zu verwunden und so zu verjagen. Doch Sisko musste entmutigt zusehen, wie die orangeroten Strahlen durch den Körper des Wesens hindurchgingen. Teile der Riesenschlange wurden substanzlos, während andere massiv blieben, wodurch die Energiewaffen wirkungslos wurden.

    Sivadeki bemühte sich, die Robinson von der Kreatur wegzubringen, bevor sie sich daran festklammern konnte, doch die glühende Riesenschlange rammte mit einem Lichtblitz ihren gepanzerten Kopf durch den vorderen Schild. Die Flanken des Wesens schlugen gegen die obere Hülle der Untertassensektion, rissen Furchen hinein und schleuderten Metallsplitter in die Dunkelheit.

    Der Schwanz der Schlange zuckte nach der Steuerbordwarpgondel der Robinson und suchte nach einer Stelle, um sich festzuklammern, während der riesige Kopf sich aufrichtete und die Kuppel der Brücke streifte.

    Feuerstöße erschütterten das Deck, und Sisko spürte, wie das Schiff den Treffer einsteckte – aber dies war anders als die anderen Schlachten, die er als Captain geschlagen hatte. Der Treffer erreichte ihn nicht einfach nur als das Echo des Einschlags, das sich durch das Metall und Polymer fortsetzte. Er spürte ihn in seinen Nerven und Knochen, im Blut in seinen Adern. Die vergiftete temporale Aura, die um den Leib der Kreatur herum loderte, streifte die Robinson, und Sisko schrie auf. Er spürte den Schmerz so deutlich, als sei die Hülle des Schiffs eine Erweiterung seines eigenen Körpers.

    Ein schrecklicher, schwindelerregender Druck baute sich in seinem Schädel auf, ein weißes Licht blendete ihn und raubte ihm die Sinne. Er kannte dieses Gefühl nur allzu gut.

    Über unvorstellbare Entfernungen hinweg, von jenseits der linearen Zeit selbst, riefen sie nach ihm.

    Nicht jetzt!, wollte er brüllen. Nicht jetzt!

    Einen endlosen Moment lang wurde Benjamin Sisko ein Kanal, losgelöst von der Zeit selbst, existierend in einer stillstehenden Ewigkeit. Er war ein Prisma, eine Linse, durch die ein schwindelerregender Strom von Bildern fiel. Während er noch versuchte, wieder die normale, gewöhnliche Existenz seines physischen Körpers zu erreichen, übernahm der Teil von ihm, der von den Wesen abstammte, die als die Propheten bekannt waren, die Kontrolle.

    Er konnte die Visionen, die durch seinen Verstand rasten, kaum erfassen.

    Milliarden und Abermilliarden Sonnen erloschen. Eine Galaxie toter Planeten, entvölkert von jeglichem Leben, der Entropie anheimgefallen. Eine Landschaft aus Asche, getragen von klagenden Winden. Eine vertraute grüne Welt, die innerhalb von Sekunden um Äonen alterte.

    »Keine Zeit«, sagte die Stimme einer Frau in unmöglich weiter Ferne.

    Er sah Bajor, das zusammenbrach und verfiel, reduziert zu totem Staub. Darüber verging der leuchtende Wirbel des Wurmlochs, implodierte in einem Schwall smaragdgrünen Feuers.

    Und in all diesem Grauen wandten sich die monströsen Schlangen ab und verschwanden in der Dunkelheit.

    »Keine Zeit«, sagte die weit entfernte Stimme.

    »Nein!«

    Siskos Schrei durchbrach die fremde Kontrolle, die Besitz von ihm ergriffen hatte, und kehrte in den Augenblick zurück. Er spürte, wie das Deck der Robinson unter seinen Füßen erzitterte. Dem Captain war die Vision wie eine Ewigkeit vorgekommen, aber in der linearen Zeit war nicht einmal eine Sekunde vergangen.

    Kurz verlor er das Gleichgewicht und stolperte gegen eine andere Konsole, gerade als Sivadeki, die Augen schreckgeweitet, nach ihrem Captain greifen wollte.

    Sie sah die Klaue nicht, die per Phasenverschiebung durch die Kuppel der Brücke drang, sich durch das Deck grub und eine Ecke des Hauptschirms abschnitt. Sivadeki sah nicht, wie das Deck und die Wände hinter ihr wie verrottendes Papier zerfielen. Sie wusste nicht, dass sie sterben würde, bis die Klaue an ihr vorbeizog und ihre atemporale Aura sie einhüllte.

    Die Tyrellianerin war knapp außerhalb von Siskos Reichweite, dennoch streckte er seine Hand ins Feuer und verbrannte sich die Haut, als er verzweifelt versuchte, sie zu sich zu ziehen. Sivadeki sah ihm in die Augen, und dann war sie fort, jeder Teil von ihr, Fleisch und Blut, Uniform und Kommunikator, reduziert zu einem Haufen grauen Staubs, während sie innerhalb einer Millisekunde um Millionen Jahre alterte.

    Ein wenig der Asche landete auf Siskos Hand, und ihm schnürte sich die Kehle zu. Der Schock über den Tod der jungen Frau raubte ihm die Stimme.

    »Die Phaser sind absolut nutzlos gegen dieses Ding!«, drang Commander Rogeiros wütendes Knurren zu ihm durch, und Sisko zwang sich, das Grauen, dessen Zeuge er soeben geworden war, zu verdrängen. »Computer, Schadensbericht.«

    »Hüllenbrüche auf den Decks eins bis acht«, vermeldete die bedächtige Stimme des Computers der Robinson. »Mehrere Verletzte. Plasmaleck im Hauptmaschinenraum. Strukturelles Integritätsfeld versagt.«

    Der Captain erhob sich und rannte über die Brücke. Das Licht der Warnleuchten tauchte das gesamte Deck in ein feuriges Rot. Hinter ihm hatte sich automatisch ein Kraftfeld errichtet, um den Teil der Brücke zu versiegeln, den die Schlange zerstört hatte. Alles innerhalb des schimmernden Felds war verrostet und altersschwach. Jegliches Leben war ihm entzogen worden, genau wie der glücklosen Sivadeki.

    »Wir müssen dieses Ding loswerden, bevor wir alle enden wie …« Commander Plante blieben die Worte im Hals stecken. »Wie die Cardassianer.«

    »Zeit«, knurrte Sisko. In seinem Kopf formte sich ein Gedanke. »Es ernährt sich von Zeit.« Er zog sich an der Kante der oberen Kontrollstation am hinteren Ende der Brücke hoch und schwang sich darüber. Dann ging er auf Uteln zu. »Übergeben Sie mir Ihre Station, sofort!«

    »Sir?« Zweifel huschten über das Gesicht des Deltaners, aber der taktische Offizier gehorchte dem Befehl und trat zurück, um Sisko an seine Station zu lassen.

    »Helfen Sie mir«, sagte der Captain, während das Schiff unter einem weiteren Zusammenprall mit der Bestie erzitterte. Er deutete auf eine freie Station, von der aus man den Maschinenraum steuern konnte. »Programmieren Sie die Leitkontrollen der vorderen Torpedowerfer auf Detonation bei Annäherung!«

    Uteln erbleichte. »Auf welche Entfernung?«

    »Nächste Nähe.« Sisko stürzte sich auf die taktische Konsole und hämmerte auf das Display ein, um Befehle an die automatisierten Lademechanismen in der Torpedobucht zu senden. Schnelle Roboterarme tauschten die Materie-Antimaterie-Sprengköpfe gegen eine exotischere Ladung aus.

    »Captain …« Sisko sah nicht auf, als Rogeiro zu ihm kam. Er kannte diesen Tonfall, die Besorgnis, die darin mitschwang. »Ben …?«

    Anxo Rogeiro war kein Mann, der sich Hirngespinsten hingab – tatsächlich war er einer der skeptischsten Menschen, denen Sisko je begegnet war, und hatte größte Mühe, auf etwas zu vertrauen, das er nicht sehen oder anfassen konnte. Trotz seines vorherigen Ausbruchs kannte der Erste Offizier praktisch keinerlei Glauben an das Mystische oder Übernatürliche, es war also auch für den Captain nicht leicht gewesen, ihm die spirituellen Gewissheiten anzuvertrauen, die Teil seiner persönlichen Realität waren.

    »Ich weiß, was ich tue«, versicherte Sisko ihm. Wenn er ihm die ganze Geschichte erzählen würde, wenn er Rogeiro sagen würde, dass er gerade eine Vision gehabt hatte, die ihm eine plötzliche, unerwartete Eingebung beschert hatte, was würde dieser wohl sagen? »Es bleibt keine Zeit zum Diskutieren«, fügte er hinzu. »Sie werden mir vertrauen müssen.«

    »Das tue ich«, sagte Rogeiro leise. »Das tun wir alle, Sir, aber …«

    »Keine Zeit!«, wiederholte Sisko scharf und vollendete sein Werk.

    »Antitachyon-Generatormodule geladen«, meldete der Computer. »Torpedos geladen und bereit zum Abschuss.«

    »Leitsystem eingestellt«, sagte Uteln. »Sir, aus nächster Nähe werden die Detonationen …«

    »Ich weiß.« Mit einem knappen Nicken schnitt ihm der Captain das Wort ab. »Auf mein Zeichen leiten Sie alle Energie in die Deflektoren um.« Sisko sah auf und begegnete den Blicken seiner Brückenbesatzung. »Machen Sie sich bereit.« Er streckte den Arm aus und berührte die Feuertaste. »Jetzt!«

    Kugeln aus weißblauem Licht schossen aus der Torpedoabschussphalanx der Robinson und legten die kurze Entfernung zur schimmernden Flanke der Kreatur zurück – doch sie schlugen nicht in den Körper der Schlange ein. Stattdessen explodierten sie in einer Reihe von blendend hellen Detonationen innerhalb der substanzlosen Masse der sich windenden Riesenschlange.

    Der Standardsprengkopf eines Photonentorpedos wäre pure Vernichtung gewesen, eine winzige Sonne, die geboren wurde und verging, während Materie und Antimaterie einander in einem verheerenden Schlag auslöschten. Aber die Sprengköpfe, die Sisko abgeschossen hatte, überschütteten die Leere und die Subraumbereiche in ihrer direkten Umgebung mit einer Welle mächtiger Antitachyonen, der exotischen Umkehrung der Teilchen, die in temporalen Anomalien entstanden.

    Wenn das Schlangenwesen sich von der Energie der Zeit selbst ernährte, mussten die Antitachyonen Gift für es sein. Aber die einzige Möglichkeit, das Monster damit zu überschütten, barg gleichzeitig das Risiko, die Robinson zu zerstören.

    In der Stille des Vakuums hüllte die grausame Strahlung den räuberischen Zeitfresser ein und löste ihn auf, aber die Detonationen waren für das Raumschiff genauso tödlich wie für das Wesen.

    Siskos Mannschaft war darauf vorbereitet und stemmte sich der Druckwelle entgegen. Ein lang gezogenes, metallenes Kreischen erschütterte die Rahmenkonstruktion der Robinson, und das Schiff wurde von der Wucht der Torpedoexplosion zur Seite geschleudert. Der Captain merkte, wie er vom Boden abhob, und er stieß mit Uteln zusammen, als die beiden gegen die Konsolen an der hinteren Wand der Brücke geworfen wurden. Rauch und Flammen erfüllten die Luft, und Schwärze umhüllte den Captain, als sein Kopf gegen ein Beleuchtungspaneel stieß.

    Der Übergang schien unmittelbar zu erfolgen: Im einen Moment fiel er noch, im nächsten blickte er Plante in die Augen, die ihn mit einem Trikorder scannte.

    »Gwendolyn.« Er blinzelte träge, als ihn eine Welle der Übelkeit überkam. »Hat es … funktioniert?«

    »Stillhalten«, sagte Plante nur, doch schließlich nickte sie müde. »Aye, Sir, hat es. Aber wir haben selbst einiges eingesteckt.«

    »Wie lange war ich bewusstlos?«

    »Ein paar Minuten.« Sie verzog das Gesicht, als sie die Messwerte des Trikorders studierte. »Sie müssen auf die Krankenstation, Doktor Kosciuszko muss Sie durchchecken.«

    »Das kann warten.« Sisko stand auf und unterdrückte ein schmerzerfülltes Stöhnen. Sein Körper fühlte sich leicht an – ein sicheres Zeichen, dass die Schwerkraftgeneratoren des Schiffs nicht bei voller Leistung arbeiteten –, als er zu Rogeiro und sh’Vrane hinüberging, die an der Wissenschaftsstation standen.

    Die Brücke war düster, alles lief nur auf minimaler Notfallversorgung, und der Hauptschirm tauchte alles in ein unheimliches Licht.

    »Bericht«, sagte Sisko, und seine Stimme klang rau von der Anstrengung.

    »Clevere Idee mit dem Antitachyon-Angriff, Sir«, sagte die Andorianerin. »Wir haben die Kreatur überrumpelt. Sie hat sich aufgelöst und keine messbaren Spuren hinterlassen. Ich denke, dass ihre Masse in den Subraum absorbiert worden sein könnte.«

    »Hoffen wir, dass das unsere letzte Begegnung mit diesem Ding war.« Rogeiro rieb sich die Stirn. »Wir haben das Schiff stabilisiert, und Reparaturteams sind unterwegs. Der strukturelle Schaden ist enorm, es kommen immer noch Verlustmeldungen rein …« Er seufzte. »Wir haben ein paar gute Leute verloren.«

    Siskos Blick wanderte unwillkürlich zu Lieutenant Commander Sivadekis Station. Er wandte sich ab. »Was ist mit den Fluchtkapseln?«

    Rogeiro und sh’Vrane wechselten einen Blick. »Wir haben sie so schnell wir konnten in den Frachtraum gebeamt«, begann die Wissenschaftsoffizierin, doch ihre betrübte Miene nahm den Rest der Geschichte bereits vorweg. »Im Inneren jeder einzelnen … Da war nichts außer Staub.«

    Der Commander starrte auf den Hauptschirm, das verzerrte und von statischem Rauschen durchzogene Bild auf das von der Zeit geschundene Wrack in der Nähe. »Was zum Teufel war das für ein Ding? So was habe ich noch nie gesehen. Und wo ist es hergekommen? Um ein Haar hätte es uns alle getötet!«

    Keine Zeit. Die Stimme hallte durch die Tiefen von Siskos Verstand. Er kannte sie, erinnerte sich an den sanften Tonfall aus seiner Kindheit. Es war die Stimme, die ihn als Junge in den Schlaf gesungen hatte, während sein Vater unten in der Küche mit den Töpfen und Pfannen geklappert hatte. Die Stimme, die er immer noch in seinen Träumen hörte, wenn er ganz genau lauschte.

    »Captain?«

    Sisko blinzelte, und der kurze Tagtraum löste sich auf, als er bemerkte, dass sh’Vrane mit ihm gesprochen hatte.

    »Ihre Befehle, Sir?«

    »Die Robinson braucht einen Raumhafen«, erwiderte er nach einem Moment. »Können wir auf Warp gehen?«

    »Ganz vorsichtig«, sagte Rogeiro. »Der nächste Sternenflottenaußenposten ist Sternbasis 310. Wir können in vier Tagen dort sein, wenn Sie den Befehl geben.«

    Sisko nickte. »Der Befehl ist gegeben.« Er schob sich an dem anderen Mann vorbei hinunter in den Kommandobereich. »Commander Plante soll die Cardassianer so schnell wie möglich kontaktieren und ihnen unsere Logbücher und Sensoraufzeichnungen geben. Sie müssen wissen, was wir hier gefunden haben.«

    »Vielleicht können sie uns sagen, was das für eine Kreatur war«, überlegte sh’Vrane.

    Sisko konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass der Zeitfresser – wodurch und woher auch immer er hierhergelockt worden war – nur der Vorbote von etwas viel Schlimmerem war. Etwas Gewaltiges und Schreckliches, das weit über das Verständnis der Menschen hinausging.

    Er stand am Rand des Kraftfelds, das das Vakuum des Alls fernhielt, streckte die Hand aus und berührte die Seite von Sivadekis Sessel. Die feine Staubschicht, mit der er überzogen war, blieb an seinen Fingern kleben, und seine ohnehin schon niedergeschlagene Stimmung wurde noch düsterer.

    Keine Zeit, sagte die Stimme seiner Mutter, und jetzt war er sicher.

    Was Sisko in diesem erstarrten Moment gesehen hatte, war keine subjektive Vision oder ein metaphorischer Traum gewesen, der ihm von den Propheten geschickt worden war.

    Es war eine Warnung.

    2

    U.S.S. Aventine NCC-82602

    Jean-Luc Picard legte eine Hand an das Panoramafenster der Aussichtslounge und starrte nach draußen. Hinter der transparenten Barriere rauschten die verzerrten Lichter des Weltalls an ihm vorbei; der Schein von Sonnen und Nebeln wurde zu einem Pfad aus Licht gedehnt, dem die U.S.S. Aventine folgte. An Backbord flog Picards eigenes Schiff, die U.S.S. Enterprise-E, neben ihnen her. Auf einem parallelen Kurs zur Aventine schnitt sie elegant durch den Warpraum auf dem Weg nach Sektor 001 und zur Erde.

    Sein Schiff aus diesem Blickwinkel zu sehen, löste in ihm ein zutiefst beunruhigendes Gefühl der Orientierungslosigkeit aus, ein Gefühl, das durch die Geschehnisse der letzten Tage nur noch verstärkt wurde.

    Tage. War es wirklich nicht länger gewesen? Picard fühlte sich, als hätten ihn die Ereignisse dieser Mission um Jahrzehnte altern lassen.

    Er dachte darüber nach, wie das alles begonnen hatte. Am Strand von Sternbasis 11, wo Beverly, ihr kleiner Sohn René und er über den Sand gelaufen waren, und ihre Zukunft sich vor ihnen ausgebreitet hatte. Das schien ein ganzes Leben her zu sein, und seine Empfindungen in diesem Moment erschienen

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1