Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Das große Buch der Allgemeinbildung
Das große Buch der Allgemeinbildung
Das große Buch der Allgemeinbildung
Ebook2,150 pages18 hours

Das große Buch der Allgemeinbildung

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

"Das große Buch der Allgemeinbildung" ist als zeitgemäßes Standardwerk ein Leitfaden durch das Labyrinth des Wissensangebots unserer Zeit. Es versammelt die Daten, Fakten und Zusammenhänge in fünf großen Wissensgebieten: Geschichte und Gesellschaft, Kultur und Sprache, Glauben und Denken, Mensch und Leben, Erde, Naturwissenschaft und Technik.
· Vollständig überarbeitete und aktualisierte Ausgabe
· Mit neuem Kapitel zur Digitalisierung
· Klar strukturiert in fünf Themenkreise und 18 Wissensgebiete
· 7 000 Begriffe, prägnant und verständlich erklärt
· Mit über 400 Fotos, Grafiken, Karten, Tabellen und Infokästen
LanguageDeutsch
PublisherDuden
Release dateJan 19, 2019
ISBN9783411912810
Das große Buch der Allgemeinbildung

Read more from Dudenredaktion

Related to Das große Buch der Allgemeinbildung

Related ebooks

Encyclopedias For You

View More

Related articles

Reviews for Das große Buch der Allgemeinbildung

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Das große Buch der Allgemeinbildung - Dudenredaktion

    Hinweise für Benutzende

    Der moderne Mensch ertrinkt in Informationen. Alle paar Jahre verdoppelt sich das Wissen. Die Verunsicherung wächst: Was muss ich wissen, was sollte ich wissen, was ist nicht so wichtig?

    Ein Leitfaden durch das Labyrinth des Wissensangebots unserer Zeit zu sein ist das erklärte Ziel des vorliegenden Buchs. Es versammelt die Daten, Fakten und Zusammenhänge, die den Grundbestand unserer Allgemeinbildung darstellen.

    Fünf große Themenkreise, übersichtlich eingeteilt in Wissenskapitel, enthalten die alphabetisch geordneten Artikel. Bei der Reihenfolge der Stichwörter innerhalb der Kapitel wurden die bestimmenden Artikel »der«, »die«, »das« nicht berücksichtigt.

    Das rote Symbol + kennzeichnet zusätzliche wissenswerte und interessante Einzelheiten zum Artikelinhalt oder auch Verknüpfungen zu anderen Wissensgebieten.

    Das Symbol am Artikelende signalisiert, dass zu einem Stichwort ein sog. Infokasten vorhanden ist, der Zitate, Anekdoten oder bemerkenswerte Begebenheiten enthält.

    Innerhalb der einzelnen Stichwörter sind Verweise ( ↑ ) auf andere Stichwörter nur vereinzelt gesetzt. Deshalb dient insbesondere das Register am Ende des Buchs zur Orientierung innerhalb und zwischen den einzelnen Kapiteln.

    Hinweise zur Aussprache

    Aussprachebezeichnungen stehen in eckigen Klammern hinter allen Stichwörtern, bei denen die Aussprache Schwierigkeiten bereiten könnte. Die lautsprachliche Umschrift folgt dem Internationalen Lautschriftsystem der Association Phonetique Internationale; die verwendeten Zeichen bedeuten:

    ›Das große Buch der Allgemeinbildung‹ verzichtet weitgehend auf Abkürzungen: Einige wenige wurden dennoch verwendet. Es bedeuten:

    Geschichte und Gesellschaft

    [Inhaltsverzeichnis]

    1 Die Weltgeschichte

    A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | R | S | T | U | V | W | X | Z 

    Die Weltgeschichte

    Die Erforschung und Darstellung der Menschheitsgeschichte ist ein verhältnismäßig junger Zweig der Geschichtswissenschaft. Sie geht auf die Geschichtsschreibung der Aufklärung zurück. Voltaires Werk ›Versuch einer allgemeinen Weltgeschichte …‹ aus dem Jahr 1756, in dem die Geschichte der Menschheit als gleichmäßiger Aufstieg von primitiver Barbarei bis zur Herrschaft von Vernunft und Tugend dargestellt wird, gilt als erste wirkliche Weltgeschichte.

    Seit dem 19. Jh. versucht die Geschichtswissenschaft, die geschichtliche Entwicklung der verschiedenen Völker, Reiche und Kulturen in ihren wechselseitigen Beziehungen und inneren Gemeinsamkeiten zu einem Gesamtbild zusammenzufassen.

    Im 20. Jh. und 21. Jh., als Wissenschaften, Technologie, Massenkommunikation und Finanzierungsinstrumente die Menschheit in einen globalen Zusammenhang brachten, erhielt das Interesse an einer Universalgeschichte neuen Auftrieb.

    Dieses Kapitel will grundlegendes welthistorisches Wissen vermitteln, indem es auf die wichtigsten Personen und Begriffe eingeht. Eine vollständige Darstellung der Weltgeschichte wurde dabei nicht angestrebt.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    A

    Abbasiden, muslimisches Herrschergeschlecht, das 750 die Omaijaden als Kalifen entmachtete und bis 1258 als Kalifen in Bagdad herrschte. Nach der Eroberung Bagdads durch die Mongolen lebte eine Zweiglinie der Abbasiden noch bis 1517 als Kalifen (›Scheinkalifen‹) in Kairo.

    Abendland, Okzident, Bezeichnung für den westeuropäischen Kulturkreis, der sich im Mittelalter herausbildete und bis heute über kulturelle Gemeinsamkeiten verfügt. Das Abendland ist geistesgeschichtlich von der römisch-griechischen Antike und von der katholischen Weltkirche des Mittelalters geprägt. Es umfasst die Länder mit katholischer bzw. protestantischer Bevölkerung im Gegensatz zu den Ländern mit orthodoxer Bevölkerung in Osteuropa und islamischer Bevölkerung im Orient. Der Begriff leitet sich davon ab, dass das Abendland von Italien aus gesehen eher im Westen, wo die Sonne am Abend untergeht, liegt. Der Gegenbegriff ist Morgenland (Orient).

    Absolutismus, der   monarchische Regierungsform, in der der Herrscher die uneingeschränkte und ungeteilte Staatsgewalt ohne Mitwirkung von Ständen oder Parlament innehat und über den Gesetzen steht. In Europa prägte der Absolutismus besonders das 17. und 18. Jh., wobei der französische König Ludwig XIV. als Musterbeispiel eines absoluten Monarchen gilt.

    In der 2. Hälfte des 18. Jh. bildete sich der aufgeklärte Absolutismus aus. Er war geprägt von den Ideen der ↑ Aufklärung (Kapitel 8) und sah im Herrscher den ›ersten Diener‹ des Staates, der dem Gemeinwohl verpflichtet war. Beispiele für Monarchen dieses Stils waren Friedrich II., der Große, in Preußen und Joseph II. in Österreich. Im 19. Jh. wurde der Absolutismus in Europa weitgehend durch den parlamentarischen Verfassungsstaat abgelöst.

    Adel, ein ehemals sozial, rechtlich und politisch bevorrechtigter Stand, der durch eigene Lebensformen und ein ausgeprägtes Standesbewusstsein gekennzeichnet ist. Er beeinflusste in Europa über lange Zeiträume hinweg das gesamte gesellschaftliche Leben. Besonders in der Politik war der Adel ein bestimmender Faktor, da meist nur Adlige in wichtige Ämter gelangen konnten. Die Adelsvorrechte wurden überwiegend erst im 19./20. Jh. beseitigt. Der Adel ist meist erblich; in Monarchien kann er durch den Monarchen verliehen werden. In Deutschland sind die bis 1918 verliehenen Adelsbezeichnungen nur noch Teil des Namens.

    Adoptivkaiser, Antoninen, die römischen Kaiser des 2. Jh., die durch Adoption zur Herrschaft gelangten, wenn geeignete männliche Erben fehlten. Die Adoption des Nachfolgers durch den regierenden Kaiser wurde dabei als ›Auswahl des Besten‹ verstanden.

    Afghanistankrieg, der mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen zum Schutz der kommunistischen Regierung 1979 ausgebrochene Krieg zwischen afghanischen Regierungstruppen und sowjetischen Interventionstruppen (bis 1988/89) sowie islamisch orientierten Rebellengruppen (Mudschaheddin). Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen dauerte der Krieg als Bürgerkrieg zwischen verfeindeten Mudschaheddingruppen an. Seit 1994 griffen die Milizen der radikalislamischen Taliban in die Kämpfe ein und eroberten schnell den größten Teil des Landes. Nach der Einnahme von Kabul 1996 riefen sie einen islamischen Staat aus, der 1997 den Namen ›Islamisches Emirat Afghanistan‹ erhielt.

    Nach den Terroranschlägen in New York und Washington am 11. September 2001, für die der saudi-arabische Terrorist Osama Bin Laden (* um 1957, † 2011) verantwortlich gemacht wurde, der sich in Afghanistan aufhielt, griffen Anfang Oktober britische und amerikanische Truppen das Taliban-Regime an, das die Auslieferung Bin Ladens verweigerte. Mit ihrer Unterstützung konnte die Nordallianz bis Dezember 2001 den größten Teil des Landes einnehmen und noch im Dezember wurde eine Übergangsregierung gebildet. Anfang 2002 wurde zur Absicherung des Übergangsprozesses eine internationale Friedenstruppe unter UN-Mandat nach Afghanistan entsandt (ISAF). Nach und nach wurden politische Strukturen geschaffen, die Lage blieb aber instabil und der Krieg dauert an. Die ISAF-Mission endete 2014. Es sind jedoch weiterhin internationale Streitkräfte im Land, um die afghanische Armee zu unterstützen.

    ägäische Kultur, die bronzezeitliche Kultur des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. auf dem griechischen Festland (helladische und mykenische Kultur), den Inseln der Ägäis (Kykladenkultur), auf Kreta (minoische Kultur) und an der Küste Kleinasiens. Zu ihrer höchsten Blüte kam sie um 1500 v. Chr. auf Kreta.

    ägyptisches Reich, zusammenfassende Bezeichnung für die Reichsbildungen in Ägypten von 2850 v. Chr. bis zur Eroberung des Landes durch Alexander den Großen 332 v. Chr. In dieser Zeit wurde Ägypten von 31 Dynastien regiert; man gliedert diese Zeit in Altes Reich (2660–2160), Mittleres Reich (2040–1785) und Neues Reich (1552–1070) mit Zwischenzeiten, einer Frühzeit und einer Spätzeit. Nach Alexander dem Großen gehörte Ägypten zum griechischen, dann zum römischen und seit dem 7. Jh. zum arabischen Kulturkreis.

    Albigenser, nach der Stadt Albi in Südfrankreich gebildete Bezeichnung für die südfranzösischen Katharer, die in den Albigenserkriegen (1209–29) im Rahmen eines Kreuzzuges vor allem durch die französischen Könige unterworfen wurden. Damit wurde die Beherrschung des zuvor weitgehend unabhängigen Südfrankreich durch die französische Krone eingeleitet.

    Alea iacta est, Die Würfel sind gefallen.

    Alexander der Große

    Das Reich Alexanders des Großen 323 v. Chr.

    Alexander der Große, König von Makedonien (* 356, † 323 v. Chr.). Als Herrscher über Griechenland begann Alexander 334 seinen Krieg gegen das ↑ Persische Reich, das er bis 327 ganz eroberte; 325 drang er bis nach Indien vor. Seine Bemühungen um eine Verschmelzung aller Reichsteile scheiterten an seinem frühen Tod. Danach zerfiel sein Reich schnell und wurde unter mehrere Nachfolger, die ↑ Diadochen, aufgeteilt. Die Kriegszüge Alexanders erschlossen neue Räume und führten zur Entstehung eines Welthandels und -verkehrs, auf dessen Basis die hellenistische ›Weltkultur‹ entstehen konnte.

    + Alexander wurde 342–340 von dem Philosophen Aristoteles unterrichtet, der ihm den Zugang zur griechischen Bildung vermittelte.

    Alliierte [zu französisch allier ›verbünden‹], Bezeichnung für eine Gruppe verbündeter (alliierter) Staaten, vor allem für die im Ersten Weltkrieg gegen die Mittelmächte, im Zweiten Weltkrieg gegen die Achsenmächte und im zweiten Golfkrieg 1991 gegen den Irak verbündeten Staaten.

    Alte Welt, Bezeichnung für die schon in der Antike bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika im Gegensatz zu Amerika, der Neuen Welt, die erst seit der Entdeckung durch Kolumbus (1492) bekannt ist; Australien bleibt dabei unberücksichtigt.

    Amenophis, ↑ Echnaton IV.

    amerikanischer Bürgerkrieg, ↑ Sezessionskrieg.

    amerikanischer Unabhängigkeitskrieg, 1775–83, der Krieg zwischen Großbritannien und seinen 13 nordamerikanischen Kolonien, der zur Bildung der USA führte. Mit französischer Hilfe gelang es dem amerikanischen Oberkommandierenden George Washington 1781, die britischen Truppen zur Kapitulation zu zwingen. Im Frieden von Paris erkannte Großbritannien 1783 die Unabhängigkeit der USA an.

    amerikanische Unabhängigkeitserklärung, weitgehend von Thomas Jefferson verfasstes und durch den Kontinentalkongress als parlamentarische Versammlung der 13 rebellierenden britischen Kolonien in Nordamerika am 4. 7. 1776 verabschiedetes Dokument. Mit ihm erklärten sich die 13 Kolonien von Großbritannien unabhängig, erläuterten die Gründe für diesen Schritt und legten die Prinzipien dar, für die sie um ihre Unabhängigkeit kämpften.

    + Der 4. Juli, der Tag der Verkündung der Unabhängigkeitserklärung, ist der Nationalfeiertag der USA.

    Amselfeld, serbisch Kosovo polje, fruchtbares Hochbecken im Kosovo. Das Amselfeld war wiederholt Stätte entscheidender Schlachten. Am 28. 6. 1389 besiegte ein türkisches Heer unter Murad I. (* 1326 ?, † 1389) ein südslawisch-serbisches Heer unter Lazar I. Hrebeljanović (* um 1329, † 1389). Die Folge war die Unterwerfung Serbiens unter türkische Herrschaft.

    Am 19. 10. 1448 wurde der ungarische Reichsverweser J. Hunyadi (* um 1408, † 1456) mit seinem Heer von den Türken unter Murad II. (* 1404, † 1451) geschlagen.

    Ancien Régime, das   [ãˈsjɛ̃ reˈʒiːm; französisch ›alte Regierungsform‹], Bezeichnung für das absolutistisch regierte Frankreich vor der Französischen Revolution 1789, allgemein auch für die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Europa im 17./18. Jh., besonders die Welt des Adels.

    Antike, die   [von lateinisch antiquus ›alt‹], Epochenbegriff für das um das Mittelmeer zentrierte griechisch-römische Altertum. Sie beginnt mit der Einwanderung der Griechen nach Griechenland im 2. Jahrtausend v. Chr. und endet etwa um 500 n. Chr. mit der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers (476). Die Antike prägte das abendländische Europa in vielfacher Hinsicht (z. B. in Wissenschaft, Kunst, Philosophie, Recht).

    Antisemitismus, der   Abneigung oder Feindseligkeit gegen Juden. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit gab es einen religiös begründeten Antisemitismus, der den Juden die Kreuzigung Jesu Christi zum Vorwurf machte. Ein rassistischer Antisemitismus entstand dagegen erst im 19. Jahrhundert. Im späten 19. und frühen 20. Jh. wurde der Antisemitismus besonders in Deutschland und Frankreich zum politischen Schlagwort einzelner Politiker und Parteien. Schwere Judenverfolgungen (Pogrome) gab es in Russland. Der Antisemitismus gipfelte nach 1933 unter der Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland in der planmäßigen Ausrottung der großen Mehrzahl der europäischen Juden.

    Antoninen, ↑ Adoptivkaiser.

    Arbeiterbewegung

    Arbeiterbewegung  Plakat ›Arbeiter und Bauern‹ von Alexander Apsit (1920). Mit diesem Plakat wurde in der Sowjetunion das Klassenbündnis am Ende des Bürgerkrieges beschworen.

    Arbeiterbewegung, der Kampf der Industriearbeiterschaft um die Beteiligung an der politischen und gesellschaftlichen Macht seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Den geschichtlichen Hintergrund bildeten das starke Wachstum der Arbeiterschaft infolge der ↑ industriellen Revolution und die krisengefährdete, sozialpolitisch und arbeitsrechtlich ungesicherte Lage der Arbeiter. Zur geistigen Grundlage wurden sozialistische Ideen, besonders die von Karl Marx.

    In den einzelnen Staaten gestaltete sich die Arbeiterbewegung sehr unterschiedlich. Träger wurden im politischen Bereich die Arbeiterparteien und hinsichtlich der wirtschaftlichen Forderungen die Gewerkschaften. Nach dem Sieg der Bolschewiki in der russischen ↑ Oktoberrevolution 1917 spaltete sich die Arbeiterbewegung in die reformorientierte Sozialdemokratie und die nach Revolution strebenden kommunistischen Parteien.

    Assyrien, im Altertum das Herrschaftsgebiet der Stadtfürsten von Assur, das seit etwa 2400 v. Chr. nachweisbar ist. Im 13. Jh. stieg Assyrien zur Großmacht im Vorderen Orient auf und beherrschte zeitweise auch Babylon und Ägypten. 612 v. Chr. vernichteten Babylonier und Perser das assyrische Reich.

    Atatürk, ↑ Kemal Atatürk, Mustafa.

    Athen

    Der Parthenontempel auf der Akropolis in Athen ist das Hauptwerk der hochklassischen griechischen Kunst. Giebel und umlaufende Friese waren reich mit Reliefdarstellungen geschmückt.

    Athen, in der Antike eine der bedeutendsten Städte und die größte Stadt Griechenlands. Athen war die führende Macht unter den griechischen Stadtstaaten in den Perserkriegen. Unter Perikles erlebte es seine höchste politische und kulturelle Blüte (↑ attische Demokratie). Im Peloponnesischen Krieg unterlag es Sparta, 338 v. Chr. kam es unter makedonische, seit dem 2. Jh. v. Chr. unter römische Herrschaft. Mit dem Untergang des Römischen Reichs verfiel auch Athen; neue Bedeutung erlangte es erst seit 1834 als Hauptstadt des unabhängigen Griechenland.

    Atlantik-Charta [- k...], 1941 von dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill vereinbarte Erklärung über die Grundlagen einer zukünftigen Weltordnung, die nach dem Beitritt der Sowjetunion von allen Alliierten des Zweiten Weltkriegs als allgemeines Programm anerkannt wurde. Die Atlantik-Charta forderte vor allem das Selbstbestimmungsrecht der Völker, den Aufbau eines kollektiven Sicherheitssystems und die Entwaffnung von Friedensbrechern. Ihre Prinzipien und Ziele gingen 1945 in die ›Charta der Vereinten Nationen‹ ein.

    Attila, König der Hunnen († 453). Er herrschte über ein Reich, dessen Mittelpunkt im heutigen Ungarn lag; es reichte im Osten bis zum Kaukasus und im Westen fast bis zum Rhein. Mit seinen Reiterheeren drang er tief ins Römische Reich ein. So konnte sein Kriegszug nach Gallien 451 erst nahe der Loire in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern durch eine Koalition von Westgoten, Burgundern, Franken und Römern gestoppt werden. Nach Attilas Tod zerfiel sein Reich.

    + Attila lebt in Sagen und Liedern fort, so z. B. als Etzel im Nibelungenlied.

    attische Demokratie, in Athen im 6./5. Jh. v. Chr. entstandene und unter Perikles vollendete Staatsform. Sie zielte auf eine gleichmäßige politische Vertretung aller Vollbürger der Stadt ab und sollte die Herrschaft eines Einzelnen (Tyrannis) verhindern. Die attische Demokratie gilt als ältestes Vorbild der modernen Demokratien, wenngleich antike Denker wie Platon und Aristoteles sie als nicht stabil kritisierten.

    Aufklärung ↑ Kapitel 8.

    Augustus [lateinisch ›der Erhabene‹], eigentlich Gaius Octavianus, der erste römische Kaiser (* 63 v. Chr., † 14 n. Chr.). Von seinem Großonkel Gaius Julius Caesar testamentarisch adoptiert und zum Haupterben eingesetzt, setzte er sich als Mitglied des 2. ↑ Triumvirats gegen die Caesarmörder und danach gegen seine Bundesgenossen Marcus Antonius (* um 82, † 30 v. Chr.) und Marcus Aemilius Lepidus (* um 90, † 13/12 v. Chr.) durch. Seit 30 v. Chr. war er alleiniger Herrscher Roms. Er behielt den formalen Staatsaufbau der römischen Republik bei, bündelte aber die wichtigsten Funktionen in seiner Person und formte so die Republik zur Monarchie um. Er beendete die Bürgerkriege, führte eine geordnete Verwaltung ein und rundete das Staatsgebiet ab. Das Augusteische Zeitalter war eine Blütezeit des Römischen Reiches.

    + ›Augustus‹ war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit der offizielle lateinische Titel der Kaiser.

    Azteken, Indianervolk, das zur Zeit der spanischen Eroberung im 16. Jh. weite Gebiete Mexikos beherrschte. Seit dem 12. Jh. hatten die Azteken eine Hochkultur und ein bedeutendes Reich geschaffen, das durch Hernán Cortés 1519–21 für Spanien erobert wurde und unterging. Die Nachkommen der Azteken bilden noch heute einen Großteil der Bevölkerung Zentralmexikos.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    B

    Babylon, Stadt in Mesopotamien, die erstmals Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. erwähnt wurde und vom Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. bis zu Alexander dem Großen das kulturelle Zentrum Vorderasiens war. Nach einem ersten Höhepunkt vom 18. bis 13. Jh. stand sie unter der Vorherrschaft Assyriens, erlebte dann aber im 6. Jh. unter Nebukadnezar II. (* 605, † 562 v. Chr.) als Neubabylonisches Reich ihre höchste Blüte. Ab 550 v. Chr. war Babylon eine der drei Hauptstädte des Perserreichs.

    + ›Babylonische Gefangenschaft‹ nennt man den Zwangsaufenthalt der Juden in Babylonien unter Nebukadnezar II.; später im übertragenen Sinne auch den Aufenthalt der Päpste in Avignon (1309–76).

    + Der ›Babylonische Turm‹ der Bibel war ein Stufentempel in Babylon, der bis in den Himmel reichen sollte und dessen Fertigstellung Gott durch die babylonische Sprachverwirrung verhinderte (↑ Turmbau zu Babel, Kapitel 10).

    Bartholomäusnacht, auch Pariser Bluthochzeit, die Ermordung von Tausenden von Hugenotten mit ihren Führern in der Nacht zum 24. 8. (Bartholomäustag) 1572 in Paris. Sie erfolgte auf Drängen der Königinmutter Katharina von Medici (* 1519, † 1589) wenige Tage nach der Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra (* 1553, † 1610), des späteren Königs Heinrich IV., mit Margarete von Valois (* 1553, † 1615), der Schwester des Königs Karl IX. (* 1550, † 1574). Die Bartholomäusnacht brachte die Hugenotten in unversöhnlichen Gegensatz zur Krone.

    Bastille [basˈtiːj], im 14. Jh. erbaute Burg in Paris. Die als Staatsgefängnis benutzte Bastille wurde im Verlauf der Französischen Revolution am 14. 7. 1789 von einer revolutionären Menschenmenge gestürmt und später zerstört. Dieses Ereignis gilt als entscheidender Durchbruch der Revolution.

    + Der 14. Juli, der Tag des Sturms auf die Bastille, ist der französische Nationalfeiertag.

    Befreiungskriege, Freiheitskriege, die Kriege der europäischen Mächte 1813–15 gegen die Herrschaft Napoleons I. Österreich, Russland, Preußen und Schweden vereinigten sich und besiegten Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig (16.–19. 10. 1813). Nach weiteren Kämpfen zogen die Verbündeten am 31. 3. 1814 in Paris ein. Napoleon wurde auf die Insel Elba verbannt.

    Im März 1815 (während des Wiener Kongresses) landete Napoleon wieder in Frankreich, es begann die ›Herrschaft der Hundert Tage‹. Bei Waterloo siegten am 18. 6. 1815 der preußische Marschall Blücher und der britische Feldherr Arthur Wellesley, Herzog von Wellington (* 1769, † 1852), gemeinsam über Napoleon. Wieder wurde Paris eingenommen. Napoleon wurde auf die Insel Sankt Helena verbannt.

    Benedikt von Nursia, Ordensgründer (* um 480, † 547), Gründer und Abt des ersten Benediktinerklosters Monte Cassino bei Neapel. Durch die von ihm verfasste und nach ihm benannte Regel für das Ordensleben wurde er der Begründer des abendländischen Mönchtums.

    +Eine wichtige Maxime aus der Benediktinerregel lautet: ›Ora et labora!‹ (›Bete und arbeite!‹).

    Ben Gurion, David früher David Grün, israelischer Politiker (* 1886, † 1973). Als Anhänger der zionistischen Bewegung kam der in Polen geborene Ben Gurion 1906 nach Palästina, wo er 1921 Mitbegründer der jüdischen Gewerkschaftsbewegung und 1930 der sozialistischen Partei war. 1948 rief er den Staat Israel aus und war dessen erster Ministerpräsident, 1955–63 auch Verteidigungsminister.

    Berliner Kongress, 1878, Zusammenkunft der führenden Staatsmänner der europäischen Großmächte und des Osmanischen Reichs in Berlin zur Neuordnung der Verhältnisse auf dem Balkan nach dem russisch-türkischen Krieg von 1877/78. Als ›ehrlicher Makler‹ übernahm der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck die Aufgabe, die unterschiedlichen Interessen von Großbritannien, Russland und Österreich-Ungarn auszugleichen. Die Folge war jedoch eine Verschärfung des russisch-österreichischen Gegensatzes und der nationalen Frage auf dem Balkan.

    Bettelorden, im 13. Jh. entstandene Mönchsorden (Franziskaner, Dominikaner), die auf Besitz verzichten und sich durch Arbeit oder Betteln erhalten. Sie verbinden klösterliches Leben mit seelsorgerischer Tätigkeit. Bettelorden wollten der Verweltlichung der Kirche entgegenwirken und prägten stark das kirchliche Leben des späten Mittelalters.

    Bill of Rights, die   [-əv ˈraɪts; englisch ›Gesetz der Rechte‹], das englische Staatsgrundgesetz von 1689, das nach der Vertreibung Jakobs II. entworfen wurde. Es verbrieft u. a. die parlamentarische Redefreiheit und macht die Erhebung von Steuern und den Unterhalt eines stehenden Heeres von der Billigung des Parlaments abhängig. Die Bill of Rights war eine wichtige Voraussetzung für die parlamentarische Regierungsform in Großbritannien.

    Blut, Schweiß und Tränen, ↑ Churchill, Sir Winston.

    Bolívar, Simon südamerikanischer Politiker und Freiheitskämpfer (* 1783, † 1830), Führer des Unabhängigkeitskampfes des nördlichen Südamerika gegen die spanische Kolonialherrschaft 1811–24. Er regierte 1825–30 als Diktator die neu entstandene Republik Großkolumbien, konnte aber den Abfall Venezuelas und Perus nicht verhindern. Kurz vor seinem Tod dankte er ab. Nach ihm wurde der Staat Bolivien benannt.

    Bolschewiki [russisch ›Mehrheitler‹], seit 1903 der am marxistischen Konzept der proletarischen Weltrevolution festhaltende größere, von Lenin geführte Flügel der russischen Sozialdemokraten im Gegensatz zu den reformorientierten Menschewiki (›Minderheitler‹). Die Bolschewiki ergriffen mit der Oktoberrevolution 1917 die Macht in Russland und errichteten die Sowjetunion. Aus den Bolschewiki ging die Kommunistische Partei der Sowjetunion hervor.

    Borgia [ˈbɔrdʒa], aus Spanien stammendes Adelsgeschlecht, aus dem die Päpste Calixtus III. (* 1378, † 1458, Papst ab 1455) und Alexander VI. (* 1430, † 1503, Papst ab 1492) stammten, deren Vetternwirtschaft die Borgia Reichtum, Einfluss und Macht verdankten. Die Borgia-Päpste stehen sinnbildlich für die Päpste der Renaissancezeit, die vor allem Wert auf Macht und Luxus legten und ihre geistlichen Aufgaben vernachlässigten.

    + Berühmte Vertreter der Borgia sind auch Lucrezia Borgia (* 1480, † 1519), eine Tochter Alexanders VI., deren Jahrhunderte überdauernder schlechter Ruf durch zeitgenössische Verleumdung entstand, und ihr Bruder, der als Musterbeispiel eines Renaissancemenschen geltende Cesare Borgia (* 1475, † 1507).

    Boston Tea Party [ˈbɔstən ˈtiːpɑːtɪ; englisch ›Bostoner Teefeier‹], die Vernichtung einer Ladung Tee der britischen Ostindischen Kompanie durch als Indianer verkleidete Bürger im Hafen von Boston am 16. 12. 1773. Dieser Protest gegen die Teesteuer verschärfte den Konflikt der nordamerikanischen Kolonien mit dem Mutterland Großbritannien, der letztlich zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung führte.

    Bourbonen [bur…], französisches Herrschergeschlecht, das 1589–1792 und 1814–30 sowie in einer Nebenlinie 1830–48 alle französischen Könige stellte. Weitere Nebenlinien herrschten 1701–1808, 1814–68, 1874–1931 und seit 1975 in Spanien, 1735–1860 in Neapel-Sizilien und 1731–36 und 1748–1803 im italienischen Herzogtum Parma.

    Bourgeoisie, die   [bʊrʒwaˈziː; französisch], Bezeichnung für das wohlhabende städtische Bürgertum des 19. Jahrhunderts. Als Spitzengruppe des ↑ dritten Standes stieg die Bourgeoisie durch die Französische Revolution zur führenden gesellschaftlichen Kraft in Frankreich auf. Im marxistischen Sprachgebrauch ist die Bourgeoisie die führende Klasse der kapitalistischen Gesellschaft, da sie über die entscheidenden Produktionsmittel und das Finanzkapital verfügt. Sie ist somit der eigentliche Gegner der Arbeiterschaft und wird im Zuge einer Revolution durch das Proletariat entmachtet.

    Boxeraufstand, nach dem chinesischen Geheimbund der Boxer benannter Aufstand im Jahr 1900, der sich vor allem gegen den westlichen Einfluss in China richtete und in der Kriegserklärung der chinesischen Regierung an die europäischen Mächte gipfelte. In der Folge besetzte eine gemeinsame Armee Großbritanniens, Frankreichs, Russlands, Italiens, Deutschlands, Österreich-Ungarns und der USA Peking und schlug den Aufstand nieder.

    + Aus dem Krieg gegen die Boxer stammt der Ausspruch des britischen Oberbefehlshabers ›Germans to the front‹ (›Deutsche an die Front‹).

    Breschnew, Leonid Iljitsch sowjetischer Politiker (* 1906, † 1982). Er war 1964 führend am Sturz N. Chruschtschows beteiligt und seither Parteivorsitzender der KPdSU. In den folgenden Jahren verdrängte Breschnew zunehmend die anderen Mitglieder der Staats- und Parteiführung und wurde 1977 Staatsoberhaupt der Sowjetunion. Unter ihm setzte innenpolitisch wieder eine verschärfte Unterdrückungspolitik ein, außenpolitisch verstärkte sich der Druck auf die Staaten des Ostblocks. Das Hauptziel seiner Politik war es, die Großmachtstellung der Sowjetunion zu erhalten und auszubauen.

    Breschnew-Doktrin, von dem sowjetischen Staats- und Parteichef Leonid Breschnew aufgestellte These von der beschränkten Unabhängigkeit der Ostblockstaaten, die sich der Führungsmacht Sowjetunion unterzuordnen hätten. Die Breschnew-Doktrin diente u. a. 1968 zur Rechtfertigung des Einmarsches von Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei (↑ Prager Frühling).

    Brest-Litowsk, Stadt in Weißrussland, in der am 3. 3. 1918 der von den ↑ Mittelmächten diktierte Frieden zwischen ihnen und Sowjetrussland geschlossen wurde. Russland verlor Polen, Litauen, Kurland und die Ukraine sowie Gebiete im Süden Armeniens. In einem Zusatzvertrag vom August 1918 erkannte es auch die Unabhängigkeit Estlands, Livlands und Georgiens an.

    Briand, Aristide [briˈã], französischer Politiker (* 1862, † 1932). Als Ministerpräsident und Außenminister bemühte sich Briand in den 1920er-Jahren um Abrüstung und eine deutsch-französische Aussöhnung. Für seine Bemühungen um den Locarno-Pakt erhielt er mit dem deutschen Außenminister Gustav ↑ Stresemann (Kapitel 2) 1926 den Friedensnobelpreis. Im Briand-Kellogg-Pakt erreichte er 1928 die völkerrechtliche Ächtung des Angriffskrieges.

    Britisches Empire [- ˈempaɪə], das englisch-britische Weltreich. Nach Anfängen im 16. Jh. erwarb England im 17. Jh. Kolonien in Nordamerika und in der Karibik sowie Handelsniederlassungen in Westafrika und Indien. In Kriegen gegen Frankreich vergrößerte es im 18. Jh. diese Besitzungen. Die Unabhängigkeit der USA (1776/83) brachte das Ende dieses ›Ersten Empire‹.

    Im 19. Jh. erwarb Großbritannien umfangreichen Kolonialbesitz: Kanada und Australien wurden erschlossen, Indien restlos britischer Herrschaft unterworfen und weite Teile Afrikas kamen unter britische Gewalt. Die von Europäern besiedelten Kolonien erhielten in der 2. Hälfte des 19. Jh. parlamentarische Selbstverwaltung und wurden zu Dominions zusammengeschlossen (Kanada 1867, Australien 1901, Neuseeland 1907, die Südafrikanische Union 1910). Seit 1918 stiegen sie zu selbststständigen, dem Mutterland gleichgestellten Mitgliedern des Britischen Reichs auf. Die anderen Kolonien wurden vom Mutterland direkt verwaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Großbritannien auch diese nach und nach in die Unabhängigkeit entlassen. Viele von ihnen sind jedoch bis heute im ↑ Commonwealth of Nations (Kapitel 3) zusammengeschlossen.

    Bronzezeit

    Bronzezeit  Wallanlage aus Holz und Erde (Rekonstruktion im Biskupin, Polen). Sie ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Befestigungsanlagen der jüngeren Bonzezeit.

    Bronzezeit [ˈbrɔ̃sə...], vorgeschichtliche Kulturstufe zwischen der ↑ Steinzeit und der ↑ Eisenzeit, die vor allem durch den Gebrauch von Bronze zur Herstellung von Geräten und Waffen geprägt war. In fast allen Teilen der Alten Welt gab es eine Bronzezeit, deren Beginn und Dauer jedoch nach regionalen Gegebenheiten unterschiedlich war. In Mitteleuropa begann sie etwa zu Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. und dauerte bis gegen 700 v. Chr.

    Brot und Spiele, lateinisch panem et circenses, Zitat aus den Satiren des römischen Schriftstellers Juvenal (* um 60, † 140 n. Chr.), der damit ausdrückte, dass man dem Volk nur genügend zu essen und Vergnügungen bieten müsse, um es zufrieden zu stellen.

    Brutus, eigentlich Marcus Iunius Brutus, einer der Mörder Caesars (* 85, † 42 v. Chr.). Obwohl Caesar ihn großzügig förderte, wurde Brutus als Anhänger der römischen Republik das Haupt der Verschwörung gegen Caesar. Nach der Niederlage der Verschwörer in der Schlacht bei Philippi 42 v. Chr. gegen Marcus Antonius (* um 82, † 30 v. Chr.) und Augustus beging er Selbstmord.

    + ›Auch du, Brutus?‹ (lateinisch ›Et tu, Brute?‹), waren nach dem römischen Schriftsteller Sueton (* um 70, † um 140) die letzten Worte Caesars, als er bei seiner Ermordung Brutus unter seinen Mördern erkannte.

    Buren, die ehemals politisch führende Bevölkerungsgruppe in Südafrika, die sich selbst als Afrikaander bezeichnen. Die Buren sind Nachkommen der seit 1652 ins Kapland eingewanderten niederländischen, deutschen und französischen Siedler. Sie zogen 1835–38 im Großen Treck nach Norden und gründeten die Burenstaaten Natal, Transvaal und Oranjefreistaat, die 1843 (Natal) und dann nach dem Burenkrieg 1902 unter britische Herrschaft kamen.

    Burenkrieg, der Krieg zwischen Großbritannien und den von Buren besiedelten südafrikanischen Staaten Transvaal und Oranjefreistaat 1899–1902. Er führte nach harten Kämpfen zur Eingliederung der Burenstaaten in das Britische Empire.

    Bürgerkönig, Beiname des französischen Königs Louis Philippe (* 1773, † 1850), der nach der Julirevolution von 1830 als Kandidat des liberalen Großbürgertums auf den Thron kam. Außenpolitische Misserfolge und die Verschleppung innenpolitischer Reformen führten 1848 zu seinem Sturz in der Februarrevolution. Er war der letzte französische König.

    Burgunder, Burgunden, germanischer Stamm, der seit 406/407 im Gebiet um Mainz, Alzey und Worms siedelte. Von hier 436 durch Römer und Hunnen vertrieben, wurden die Burgunder im Rhônegebiet angesiedelt, wo sie ein Reich gründeten. 532 wurden sie von den Franken besiegt und ins Fränkische Reich eingegliedert.

    + Die Niederlage der Burgunder im Kampf gegen die Hunnen fand Eingang ins Nibelungenlied.

    Byzantinisches Reich, das Oströmische Reich, das nach der Reichsteilung 395 n. Chr. entstand und die östliche Hälfte des Römischen Reichs umfasste. Es war geprägt von der staatliche Tradition Roms und einer Verbindung von hellenistischer und christlicher Kultur. Seit dem 7. Jh. wurde es auf dem Balkan durch die Slawen, in Afrika und dem Vorderen Orient durch den Islam immer weiter zurückgedrängt. Mit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 ging es unter.

    + Den Namen Byzantinisches Reich für das Oströmische Reich prägten erst die Humanisten nach Byzanz, dem antiken Namen von Konstantinopel.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    C

    Caesar

    Gaius Iulius Caesar 

    Caesar

    Den Rubikon überschreiten

    Im Jahr 49 v. Chr. überschritt der römische Konsul Julius Caesar, um seine Stellung gegenüber Pompeius zu behaupten, mit seinem Heer den Fluss Rubikon, der Italien von der Provinz Gallia Cisalpina trennte. Damit beschwor er den Bürgerkrieg herauf, der ihm die Macht im Staat sicherte. Die Redewendung wird noch heute im Sinn von ›eine folgenschwere, nicht mehr rückgängig zu machende Entscheidung treffen‹ gebraucht.

    Caesar, eigentlich Gaius Iulius Caesar, römischer Staatsmann und Feldherr (* 102 oder 100, † 44 v. Chr.). Nach der Unterwerfung Galliens unter die Herrschaft Roms setzte sich Caesar im Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.) gegen Gnaeus Pompeius (* 106, † 48 v. Chr.) als alleiniger Machthaber durch. 44 v. Chr., an den ↑ Iden des März, wurde er von Anhängern der Republik, die ihm vorwarfen, eine Monarchie errichten zu wollen, ermordet. Nach ihm nannten sich die späteren römischen Kaiser Caesaren.

    + Von ›Caesar‹ ist das deutsche Wort ›Kaiser‹ ebenso wie das russische ›Zar‹ abgeleitet.

    + Caesar erlangte Ruhm auch als Schriftsteller. Überliefert sind von ihm die Schriften über den Gallischen Krieg (›De bello Gallico‹) und über den Bürgerkrieg gegen Pompeius. icon

    Calvin, Johannes französisch-schweizerischer Reformator (* 1509, † 1564). Calvin wirkte seit 1536 hauptsächlich in Genf, wo er eine strenge Kirchenzucht einführte, die alle Lebensbereiche erfasste und notfalls mit Gewalt durchgesetzt wurde. Er ist neben Ulrich Zwingli (* 1484, † 1531) Begründer der reformierten Kirchen (↑ Kalvinismus, Kapitel 8).

    Camp-David-Abkommen [ˈkæmp ˈdeɪvɪd -], nach den vorangegangenen Verhandlungen auf dem Landsitz der amerikanischen Präsidenten, Camp David, benanntes ägyptisch-israelisches Abkommen von 1978, das den israelischen Rückzug von besetztem ägyptischem Gebiet (Sinaihalbinsel) regelte. Es führte 1979 zum Abschluss des ägyptisch-israelischen Friedensvertrags, der den seit der Gründung Israels 1948 bestehenden Kriegszustand zwischen beiden Staaten beendete.

    Cannae. Bei der antiken Ortschaft Cannae in Süditalien fand am 2. 8. 216 v. Chr. eine Schlacht zwischen dem karthagischen Heer unter Hannibal und einem erheblich größeren römischen Heer statt. Es gelang Hannibal, das römische Heer durch die karthagische Reiterei einzukesseln und die römische Armee fast völlig zu vernichten.

    + Die Schlacht von Cannae gilt bis heute als Muster einer Umfassungsschlacht und wird von Militärtheoretikern studiert.

    Castro Ruz, Fidel [- rus], kubanischer Revolutionär und Politiker (* 1927, † 2016). Castro kämpfte 1956–59 mit einer Rebellenarmee gegen den damaligen kubanischen Staatspräsidenten Fulgencio Batista (* 1901, † 1973) und übernahm 1959 die Macht. Seit 1961 führte er, in Anlehnung an die Sowjetunion, eine kommunistische Diktatur in Kuba ein. Das Kuba Castros wurde in den 60er- und 70er-Jahren häufig als Modell für die Dritte Welt angesehen. Der verheerende wirtschaftliche Niedergang seit dem Zusammenbruch des Ostblocks nach 1989, verstärkt durch die Wirtschaftsblockade der USA, zwang Castro, marktwirtschaftliche Ansätze (z. B. Bauernmärkte) zuzulassen. Krankheitsbedingt übergab er 2006 seine Ämter seinem Bruder Raúl; dieser war von 2008 bis 2018 auch Präsident.

    Cato, eigentlich Marcus Porcius Cato Censorius, römischer Staatsmann (* 234, † 149 v. Chr.). Cato gilt wegen seines konservativen Festhaltens an alten römischen Werten und Institutionen als Hauptvertreter altrömischer Staats- und Moralvorstellungen, der besonders im Gegensatz zum nach Rom eindringenden Hellenismus stand.

    + Als unversöhnlicher Gegner Karthagos soll Cato jede seiner öffentlichen Reden mit dem Satz ›Ceterum censeo Carthaginem esse delendam‹ (›Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.‹) beendet haben.

    Chamberlain, Neville [ˈtʃeɪmbəlɪn], britischer Politiker (* 1869, † 1940). Als Premierminister (1937–40) betrieb Chamberlain zunächst eine Beschwichtigungspolitik (↑ Appeasement, Kapitel 3) gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland, die im ↑ Münchner Abkommen, Kapitel 2) gipfelte. Nach deren Scheitern gab er im März 1939 eine Garantieerklärung für Polen ab und erklärte Deutschland nach dessen Überfall auf Polen im September 1939 den Krieg.

    Che Guevara [tʃe geˈβara], eigentlich Ernesto Guevara Serna, lateinamerikanischer Revolutionär (* 1928, † 1967). Che Guevara war als Industrieminister (1961–65) maßgeblich an der revolutionären Umgestaltung Kubas unter Fidel Castro Ruz beteiligt. Bei dem Versuch, in Bolivien eine Guerillaorganisation aufzubauen, wurde er erschossen.

    + Che Guevara war eine Leitfigur der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und ein Idol der Studentenbewegung 1968.

    Chiang Kai-shek [tʃiaŋkaiʃɛk], chinesischer General und Politiker (* 1887, † 1975). Als Führer der Kuomintang setzte er sich ab 1925 in ganz China gegen regionale Machthaber durch. Seine Innenpolitik war von Antikommunismus und dem Festhalten an traditionellen Leitbildern geprägt. Während des Zweiten Weltkriegs lehnte er sich eng an die USA an. Im chinesischen Bürgerkrieg (1946–49) von den Kommunisten geschlagen, musste er 1949 nach Taiwan fliehen, wo er die Republik China errichtete; 1950 bis zu seinem Tod war er deren Präsident.

    Chinesische Mauer

    Die Chinesische Mauer bei Jinshanling, etwa 120 km nordöstlich von Peking

    Chinesische Mauer, mit einer Gesamtlänge von über 2 500 km die größte Schutzanlage der Erde im Norden Chinas. Um 200 v. Chr. begonnen, erhielt sie ihre heutige Form im 15. Jahrhundert. Sie diente der Sicherung Chinas gegen die Mongolen.

    Chou En-lai [dʒɔu -], ↑ Zhou Enlai.

    Chruschtschow, Nikita Sergejewitsch [xru...], sowjetischer Politiker (* 1894, † 1971). Als Nachfolger Stalins führte Chruschtschow innenpolitische Reformen durch. Außenpolitisch warb er um ›friedliche Koexistenz‹, deren Grenzen sich jedoch in der Unterdrückung des Ungarnaufstands (1956) und der Entscheidung für den Bau der Berliner Mauer zeigten. In seiner Amtszeit kam es über die Frage der Führung der kommunistischen Weltbewegung zum Bruch mit den chinesischen Kommunisten. 1964 wurde er von einer Politikergruppe um Leonid Breschnew gestürzt.

    Churchill Sir Winston

    Sir Winston Churchill 

    Sir Winston Churchill

    Blut, Schweiß und Tränen

    Dieser Ausspruch stammt aus einer Rede, die Sir Winston Churchill als Premierminister am 13. Mai 1940 vor dem Unterhaus hielt. Er appellierte damit an den Widerstandsgeist und Durchhaltewillen des britischen Volkes angesichts der Bedrohung durch Hitlerdeutschland.

    ›Ich möchte dem Haus sagen, was ich zu denjenigen sagte, die sich dieser Regierung angeschlossen haben: Ich habe nichts anzubieten als Blut, Mühe, Tränen und Schweiß.‹

    Churchill, Sir Winston [ˈtʃəːtʃɪl], britischer Politiker (* 1874, † 1965). Nachdem er bereits im Ersten Weltkrieg als Marine- und Munitionsminister entscheidenden Einfluss ausgeübt hatte, stand Churchill als frühzeitiger Warner vor Hitler nach 1933 der britischen Beschwichtigungspolitik (↑ Appeasement, Kapitel 3) Neville Chamberlains ablehnend gegenüber. Im Zweiten Weltkrieg leitete er als Premierminister (seit 1940) mit dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt und dem sowjetischen Staatschef Stalin die politische und militärische Kriegführung der Alliierten.

    + Churchill malte und war auch schriftstellerisch tätig. Für sein Werk über den Zweiten Weltkrieg erhielt er 1953 den Nobelpreis für Literatur. icon

    Cicero, eigentlich Marcus Tullius Cicero, römischer Politiker und Schriftsteller (* 106, † 43 v. Chr.). Cicero, ein entschiedener Verfechter der römischen Republik, stieg zu höchsten Staatsämtern auf; als Konsul vereitelte er 63 die Verschwörung des Catilina. Seine größte Bedeutung liegt jedoch in seinem schriftstellerischen Schaffen, durch das er  – unter Vermittlung der griechischen Gedankenwelt an die Römer – zum eigentlichen Schöpfer des klassischen Lateins wurde. Er beeinflusste entscheidend die abendländische Geistesgeschichte.

    Clemenceau, Georges [klemãˈso], französischer Politiker (* 1841, † 1929). Als französischer Ministerpräsident (1917–20) versuchte Clemenceau nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, Deutschland so weit wie möglich zu schwächen (↑ Versailler Vertrag, Kapitel 2). Er war ein glühender Nationalist und wohl die stärkste Politikerpersönlichkeit im Frankreich seiner Zeit.

    Club of Rome

    Die Zukunft der Menschheit

    Die ›Berichte an den Club of Rome‹ machten ihn weltweit bekannt und trugen zur Schärfung des Bewusstseins für die globalen Probleme bei. Im ersten Bericht ›Die Grenzen des Wachstums‹ aus dem Jahr 1972 steht die Warnung:

    ›Jeder Tag exponentiellen Wachstums bringt die Welt näher an die letztgültigen Grenzen dieses Wachstums.‹

    Club of Rome [klʌb əv ˈrəʊm], ein 1968 gegründeter informeller Zusammenschluss von Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftsführern aus zahlreichen Ländern mit Sitz in Paris. Ziel ist die Erforschung der Menschheitsprobleme, vor allem der wirtschaftlichen, politischen, ökologischen, sozialen und demografischen Situation der Menschheit. – Kasten S. 20 icon

    Cluny [klyˈni], 910 gegründete Benediktinerabtei in Burgund, die im 11./12. Jh. Ausgangs- und Mittelpunkt einer umfassenden Erneuerungsbewegung des abendländischen Mönchtums und der Kirche insgesamt war. Die cluniazensische Reform führte, nach einem Niedergang des kirchlichen Lebens im 10. Jh., zu einer neuen Blüte im hohen Mittelalter.

    + Die Abteikirche von Cluny war bis zum Bau der heutigen Peterskirche in Rom im 16. Jh. die größte Kirche der Christenheit.

    Cook, James [kʊk], britischer Seefahrer (* 1728, † 1779). Cook leistete auf drei Weltumsegelungen (1768–71, 1772–75, 1776–80) Bahnbrechendes zur Erforschung Australiens und Ozeaniens sowie des antarktischen Raums. Er wurde auf seiner letzten Fahrt auf Hawaii von Eingeborenen erschlagen.

    Cordon sanitaire, der   [kɔrˈdɔ̃ saniˈtɛːr; französisch ›Sicherheitsgürtel‹], politisches Schlagwort für den 1919/20 auf britisches und französisches Drängen errichteten Staatengürtel von Finnland über die baltischen Staaten und Polen bis Rumänien, der Sowjetrussland vom übrigen Europa trennen sollte, um dieses vor der ›bolschewistischen Weltrevolution‹ zu schützen.

    Cortés, Hernán, auch Hernando Cortez, Eroberer Mexikos (* 1485, † 1547). Cortés eroberte 1519–21 das Aztekenreich, das den größten Teil Mexikos umfasste, für Spanien. Sein rücksichtsloses Vorgehen führte zum Zusammenbruch der aztekischen Kultur. Als Statthalter des nun Neuspanien genannten Gebietes drang er bis Honduras und Kalifornien vor.

    Cromwell, Oliver [ˈkrɔmwəl], englischer Staatsmann (* 1599, † 1658). Cromwell, ein strenger Puritaner, entschied als Heerführer 1644/45 den englischen Bürgerkrieg (↑ Puritanische Revolution) zugunsten des Parlaments gegen den Absolutismus des Königs Karl I. (* 1600, † 1649), drängte 1648 das Parlament beiseite und ließ 1649 den König hinrichten. Als ›Lord Protector‹ herrschte er über England, das er erstmals mit Schottland und Irland zusammenschloss. Durch siegreiche Kriege gegen die Niederlande und Spanien begründete er die See- und Handelsmacht Englands.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    D

    Dalai-Lama, das politische und religiöse Oberhaupt der Tibeter. Der gegenwärtige 14. Dalai-Lama Tenzin Gyatso (* 1935; 1940 inthronisisert) floh nach der Besetzung Tibets durch China und einem niedergeschlagenen Volksaufstand (↑ Tibetfrage) 1959 nach Indien, wo er seither im Exil lebt. Von hier setzt er sich für die friedliche Wiedererringung der tibetischen Unabhängigkeit ein. 1989 wurde ihm der Friedensnobelpreis verliehen.

    Danton, Georges [dãˈtɔ̃], französischer Revolutionär (* 1759, † 1794). Als Justizminister der Revolutionsregierung organisierte Danton 1792 die ↑ Terrorherrschaft. Nach der Abwehr der äußeren Feinde der Revolution im 1. Koalitionskrieg trat er 1794 für den Abbau des Terrors ein, weshalb er von den Radikalen um Robespierre als Verräter angeklagt und hingerichtet wurde.

    + Seine Rolle in der Französischen Revolution wurde mehrfach literarisch verarbeitet, so z. B. in dem Drama ›Dantons Tod‹ (1835) von Georg Büchner, der darin in Bezug auf Dantons Schicksal den Ausspruch prägte: ›Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.‹

    Dareios I., persischer König (* 550, † 486 v. Chr.). Er erweiterte das Persische Reich im Osten bis zum Indus. Mit seinen misslungenen Kriegszügen gegen die Griechen (Schlacht bei Marathon 490 v. Chr.) begannen die Perserkriege.

    Dayton-Abkommen [ˈdeɪtn-], nach dem Verhandlungsort Dayton in Ohio (USA) benanntes Abkommen von 1995, das die auf der Bosnien-Konferenz (Kroatien, Jugoslawien-Serbien, Bosnien und Herzegowina, die USA als Vermittler) getroffenen Vereinbarungen für eine Friedensregelung in Bosnien und Herzegowina festschrieb und zum Frieden von Paris führte (Dezember 1995). Bosnien und Herzegowina blieb als international anerkannter einheitlicher Staat, gegliedert in zwei Teile (Union aus bosniakisch-kroatischer Föderation und bosnisch-serbischer Republik), erhalten.

    Deng Xiaoping [- çiao...], chinesischer Politiker (* 1904, † 1997). Nach dem Tod Mao Zedongs (1976) stieg Deng zum ›starken Mann‹ Chinas auf. Im Innern verfolgte er eine Politik der Wirtschaftsreformen bei gleichzeitigem Festhalten am überkommenen politischen System. Außenpolitisch öffnete er China nach Westen. Seit 1987 zog er sich aus den meisten Führungspositionen zurück, behielt aber seinen beherrschenden Einfluss. 1989 war er maßgeblich für die Niederschlagung der Demokratiebewegung verantwortlich.

    Diadochen [griechisch ›Nachfolger ], die Feldherren Alexanders des Großen, die nach dessen Tod (323 v. Chr.) sein Weltreich unter sich aufteilten. Die Diadochenkämpfe um die Ausdehnung dieser Teilreiche (Diadochenreiche) fanden erst 281 v. Chr. ihr Ende.

    Disraeli, Benjamin britischer Politiker (* 1804, † 1881). Als Führer der konservativen Partei war Disraeli 1868 und 1874–80 britischer Premierminister. Er gilt als einer der Hauptvertreter des britischen Imperialismus.

    divide et impera! [lateinisch ›teile und herrsche!‹], die politische Maxime, durch Spaltung der Gegner Macht zu gewinnen; sie wird, ohne Beweis, auf König Ludwig XI. (* 1423,† 1483) von Frankreich zurückgeführt.

    Dominion, das   [dəˈmɪnjən; englisch ›Herrschaft‹, ›Gebiet‹], seit 1907 offizielle Bezeichnung für die sich selbst regierenden Staaten innerhalb des Britischen Reichs (↑ Britisches Empire). Sie werden seit 1945 als ›Members of the Commonwealth‹ (Mitglieder des Commonwealth) bezeichnet.

    Dominotheorie, im Kalten Krieg entstandene Theorie über die fortschreitende Ausbreitung des Kommunismus, vor allem in Südostasien. Wie bei einer Reihe hintereinander stehender Dominosteine der Fall eines einzigen den Sturz der ganzen Reihe bewirke, so ziehe der kommunistische Umsturz in einem Land weitere in den Nachbarländern nach sich. In den 1960er-Jahren diente die Dominotheorie zur Begründung des amerikanischen Einsatzes im Vietnamkrieg.

    Drake, Francis [dreɪk], englischer Seefahrer (* um 1540, † 1596), der berühmteste Seefahrer des Elisabethanischen Zeitalters. Er kämpfte als Freibeuter seit 1567 in Westindien gegen Spanien und umsegelte bei einer solchen Kriegsfahrt 1577–80 die Erde (2. Erdumseglung nach Magellan). Drake spielte 1588 eine wichtige Rolle beim englischen Sieg über die spanische Armada.

    Drakon, athenischer Gesetzgeber, der um 621 v. Chr. erstmals die Gesetze Athens aufzeichnete. Die Härte der Strafen seiner Gesetze ist sprichwörtlich geworden (drakonische Strafen).

    Dreyfusaffäre

    Ich klage an!

    In einem offenen Brief an den französischen Präsidenten trat der Schriftsteller Émile Zola für Dreyfus ein. Er beschuldigte das Kriegsgericht, ein Fehlurteil aufgrund von Vorurteilen gefällt zu haben. Diesem am 13. 1.1898 in der Zeitschrift ›Aurore‹ veröffentlichten Brief gab er die Überschrift ›J'accuse!‹ (›Ich klage an!‹).

    Dreyfusaffäre, Affäre um den fälschlicherweise wegen Landesverrats verurteilten französischen Hauptmann jüdischen Glaubens Alfred Dreyfus (* 1859, † 1935), die Frankreich um die Wende vom 19. zum 20. Jh. erschütterte. Die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Dreyfus wurde gegen den Widerstand des Militärs durch eine öffentliche Kampagne erzwungen, wobei die Angelegenheit immer mehr zur politischen Streitfrage zwischen der militaristisch-antisemitischen Rechten und der republikanisch-demokratischen Linken wurde. Die Dreyfusaffäre endete 1906 mit der Rehabilitierung von Dreyfus. icon

    dritter Stand, in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ständegesellschaft die Bürger und Bauern, die nach dem Adel und der Geistlichkeit den dritten Platz einnahmen. In der Französischen Revolution erkämpfte sich der dritte Stand die rechtliche Gleichstellung und die politische Führung, die vorwiegend dem Großbürgertum zufiel. Mit dem Aufkommen der modernen Industrie verengte sich der Begriff ›dritter Stand‹ auf das besitzende Bürgertum, die Bourgeoisie, im Unterschied zum Proletariat, das nun als vierter Stand bezeichnet wurde.

    Dschingis Khan, eigentlich Temüdschin, Begründer des mongolischen Weltreichs (* um 1155 oder 1167, † 1227). Er einte bis 1205 die Mongolen und baute ein straff organisiertes Staatswesen auf. Danach eroberten seine Heere ganz Nord- und Zentralasien bis nach Russland. Bei seinem Tod hinterließ Dschingis Khan ein Reich, das vom Chinesischen Meer bis an die Ostgrenzen Europas reichte. Seine Nachfolger vergrößerten und bewahrten es, in Teilreiche untergliedert, zum Teil für Jahrhunderte (↑ Goldene Horde).

    Duce [ˈduːtʃe; italienisch ›Führer‹], in der Form ›Duce del fascismo‹ (Führer des Faschismus) Herrschaftstitel Benito Mussolinis.

    Dunant, Henry [dyˈnã], (* 1828, † 1910), auf die Initiative des Schweizers hin wurde 1893 in Genf das ›Rote Kreuz‹ gegründet, er veranlasste die Einberufung der internationalen Konferenz, die 1864 die erste ›Genfer Konvention‹ (1. Rotkreuzkonvention) zum Schutz von Verwundeten, Kriegsgefangenen und Zivilbevölkerung schloss (auch ↑ Genfer Abkommen, Kapitel 3).

    + Dunant erhielt 1901 zusammen mit dem Franzosen Frédéric Passy (* 1822, † 1912) den ersten Friedensnobelpreis.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    E

    Echnaton, eigentlich Amenophis IV., ägyptischer König (1364 bis 1347 v. Chr.). Er erhob, unter Abkehrung vom traditionellen Reichsgott Amun, die Sonnenscheibe (Aton) zum einzigen Gott und baute sich in Amarna eine neue Hauptstadt. Er gilt als Ketzerkönig. Seine Gemahlin war Nofretete.

    Edikt von Nantes [ - nãt], von König Heinrich IV. (* 1553, † 1610) von Frankreich 1598 erlassenes Edikt, das die französischen Religionskriege beendete. Es bestätigte den Katholizismus als Staatsreligion, gewährte aber den ↑ Hugenotten Gewissensfreiheit und an vielen Orten das Recht, Gottesdienste abzuhalten. Außerdem erhielten sie rund 100 ›Sicherheitsplätze‹, an denen sie eigene Truppen unterhalten konnten. Die Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. 1685 führte zur Auswanderung zahlreicher Hugenotten nach Deutschland und in die Niederlande.

    Eigentum ist Diebstahl, Ausspruch des französischen Frühsozialisten Pierre Joseph Proudhon (* 1809, † 1865), mit dem er seine Forderung begründete, dass jeder Mensch nur so viel besitzen solle, wie für seinen Lebensunterhalt nötig sei.

    Eisenzeit, die dritte große vorgeschichtliche Kulturperiode (nach Steinzeit und Bronzezeit), die durch die Verwendung von Eisen zur Herstellung von Geräten, Schmuck und Waffen gekennzeichnet ist. Die Verbreitung der Eisentechnik ging um 1400 v. Chr. von den Hethitern aus und erreichte über den Balkan (Griechenland um 1100 v. Chr.) Europa. In Skandinavien setzte sie sich stellenweise erst um Christi Geburt durch. Allgemein wird das Ende der Eisenzeit (und damit der Vorgeschichte) mit dem Einsetzen einer breiten schriftlichen Überlieferung angesetzt, so im Mittelmeerraum mit dem Beginn der klassischen griechischen und römischen Geschichte, in Skandinavien dagegen erst nach der Wikingerzeit.

    Eiserner Vorhang, von Winston Churchill 1946 geprägter Ausdruck, der bildhaft die von der Sowjetunion seit Ende des Zweiten Weltkriegs betriebene Abschließung ihres Machtbereichs (besonders in Europa) von der westlichen Welt bezeichnete.

    + Im Theater ist der ›eiserne Vorhang‹ ein feuersicherer und rauchdichter Vorhang, der bei Feuergefahr herabgelassen wird und das Bühnenhaus gegen den Zuschauerraum abschließt.

    Eldorado [spanisch ›das vergoldete (Land)‹], sagenhaftes Goldland im Innern des nördlichen Südamerika. Die Suche nach diesem Land war Ursache für viele Entdeckungs- und Eroberungszüge der Konquistadoren. Die Sage blieb bis ins 18. Jh. lebendig.

    + Heute bezeichnet man mit Eldorado auch ein Traumland, ein Paradies.

    Elfter September, amerikanisch September Eleven, 9-11, Datum der 2001 von islamistischen Terroristen verübten Anschläge auf das World Trade Center und das amerikanische Verteidigungsministerium. Es starben mehr als 3 000 Menschen. Folge war ein weltweites Vorgehen unter Führung der USA gegen extremistische Organisationen und Regime (Antiterrorkrieg) (siehe auch Kapitel 3 ↑ El-Kaida und ↑ Terrorismus).

    Elisabeth I., englische Königin (* 1533, † 1603, Königin ab 1558), Tochter Heinrichs VIII. Sie sicherte ihre Herrschaft im Innern u. a. durch die Inhaftierung und Hinrichtung (1587) ihrer katholischen Rivalin Maria Stuart. Den Krieg gegen Spanien gewann sie dank des Sieges ihrer Flotte unter Francis Drake über die ↑ spanische Armada. Unter ihrer Regierung erlebte England einen großen wirtschaftlichen Aufschwung und eine geistige Blütezeit (Elisabethanisches Zeitalter).

    + Da Elisabeth nie heiratete, galt sie als ›die jungfräuliche Königin‹ (englisch ›the Virgin Queen‹); nach ihr wurde der amerikanische Bundesstaat Virginia benannt.

    Emanzipation, die   [lateinisch ›Freilassung‹], die Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit, Entrechtung oder Unterdrückung, besonders die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung benachteiligter Gruppen. Ausgehend von der Idee der Aufklärung, dass allen Menschen gleiche Rechte zustehen, formierten sich seit dem späten 18. Jh. zahlreiche Emanzipationsbewegungen (z. B. der Sklaven, Juden, Frauen und des Bürgertums). Während es häufig relativ rasch gelang, eine rechtliche Gleichstellung zu erlangen, dauern die Bemühungen um eine soziale Gleichstellung teilweise bis heute an (z. B. Emanzipation der Frau).

    Engels Friedrich

    Denkmal für Karl Marx und Friedrich Engels von Ludwig Engelhardt am ehemaligen Standplatz (Marx-Engels-Forum in Berlin-Mitte)

    Engels, Friedrich sozialistischer Schriftsteller und Politiker (* 1820, † 1895). Er verfasste gemeinsam mit Karl Marx das ↑ Kommunistische Manifest und unterstützte diesen materiell und geistig. Neben Marx ist er der Begründer des Marxismus.

    Entdeckung Amerikas. Obgleich Wikinger bereits um 1000 in Nordamerika gelandet waren und bretonische und galizische Fischer wohl schon im späten Mittelalter in den Gewässern vor Neufundland fischten, gilt bis heute die Landung von Kolumbus auf der Bahamainsel Guanahani am 12. 10. 1492 als Entdeckung Amerikas; das Wissen um die früheren Fahrten war nicht ins Bewusstsein der Zeitgenossen gedrungen.

    Entdeckungsfahrten, die Fahrten, durch die das Wissen der Europäer um fremde Erdteile erweitert und ihre Herrschaft über die Erde ausgebreitet wurde. Somit zählen z. B. die Fahrten der Wikinger im Nordatlantik im 10. Jh. und Marco Polos nach China im 13. Jh. ebenso dazu wie die Fahrten vor allem portugiesischer und spanischer Seeleute im 15. und 16. Jh., die zur Entdeckung und Eroberung großer Gebiete in Amerika, Afrika und Asien führten. Erste Weltumsegelungen bewiesen noch im 16. Jh. die Kugelgestalt der Erde. Auf diesem Fundament aufbauend, führten vor allem Engländer und Niederländer im 17. und 18. Jh. zahlreiche Entdeckungsfahrten durch, die u. a. Australien und die Südsee erschlossen; gleichzeitig erkundeten und eroberten Russen Sibirien. Im 19. und frühen 20. Jh. wurden die Entdeckungsfahrten dann mit der Erkundung des Inneren Afrikas und Zentralasiens sowie der Polargebiete weitgehend abgeschlossen.

    Entente cordiale, die   [ãtãtkɔrˈdjal; französisch ›herzliches Einverständnis‹], Bezeichnung für die bündnisähnlichen Beziehungen zwischen Großbritannien und Frankreich seit 1904. Ihr Kern waren militärische Absprachen für den Fall eines Krieges gegen Deutschland. Aus der Entente cordiale entwickelte sich durch die Einbeziehung Russlands seit 1907 die Tripelentente, die dann zu Beginn des Ersten Weltkriegs den Mittelmächten Deutschland und Österreich-Ungarn gegenüberstand.

    Entkolonialisierung, die Aufhebung der Kolonialherrschaft und die Entlassung der bisherigen Kolonien in die staatliche Unabhängigkeit durch die Kolonialmächte. Obwohl die Anfänge der Entkolonialisierung bis ins 18. Jh. zurückreichen, wird der Begriff vor allem für die Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 1960er-Jahre verwendet, in der die meisten Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten.

    Entstalinisierung, Schlagwort, das die nach dem Tod Stalins (1953) eingeleitete Abkehr vom Stalinismus (u. a. Personenkult, Terror, Unterdrückung abweichender Meinungen) bezeichnet. Eine erste Phase der Entstalinisierung setzte 1956 ein und endete mit dem Sturz Nikita Chruschtschows 1964. Erst nach dem Machtantritt Michail Gorbatschows (1985) begann mit der Einleitung einer umfassenden Rehabilitierung stalinistischer Opfer, der kritischen Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Folgen des Stalinismus und politischen Reformen eine zweite Etappe der Entstalinisierung.

    Erster Weltkrieg, 1914–18, Krieg zwischen den Mittelmächten (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn) und den Alliierten (vor allem Großbritannien, Frankreich, Italien, Russland). Er wurde 1914 durch das Attentat von ↑ Sarajevo ausgelöst. Der Erste Weltkrieg war durch ausgedehnten Stellungskrieg an allen Fronten, den Einsatz neuer Waffen(systeme) und große Verluste an Soldaten auf beiden Seiten geprägt. Trotz Erfolgen an der Ostfront und in Italien mussten die Mittelmächte nach dem Kriegseintritt der USA (1917) Ende 1918 kapitulieren. Deutschland verlor im ↑ Versailler Vertrag (Kapitel 2) seine Kolonien sowie große Gebiete im Osten und Westen und musste enorme Reparationen zahlen.

    Der Erste Weltkrieg veränderte die politische Landkarte in Europa nachhaltig: Österreich-Ungarn zerfiel in mehrere Staaten (u. a. entstand als neues Land Jugoslawien), ebenso das Osmanische Reich. In Deutschland, Österreich, der Türkei und Russland wurde die Monarchie gestürzt.

    Etrusker, ein Volk unbekannter Herkunft, das im 8. Jh. v. Chr. als Kernland Etrurien, die Landschaft zwischen den Flüssen Tiber und Arno, beherrschte und von dort aus seine Herrschaft nach Süden und Osten bis an die Adria ausdehnte. Die Etrusker siedelten in zahlreichen voneinander unabhängigen Städten, von denen die zwölf mächtigsten in einem Bund zusammengeschlossen waren. Ihre Macht und Kultur erlebten im 6. Jh. v. Chr. ihren Höhepunkt; zu dieser Zeit wurde Rom von etruskischen Königen regiert. Im 3. Jh. v. Chr. unterwarfen die Römer dann ihrerseits die Etrusker.

    Europa der Vaterländer, von dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle geprägter Ausdruck, der dessen Abneigung gegen ein unter einem gemeinsamen staatlichen Dach vereinigtes Europa zum Ausdruck brachte. Nach seiner Vorstellung sollte das vereinigte Europa aus einem Zusammenschluss weiterhin souveräner Nationalstaaten (Vaterländer) bestehen.

    Exkommunikation, eine Kirchenstrafe, ↑ Kirchenbann.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    F

    Faschismus, der   [zu italienisch fascio ›Rutenbündel‹], zunächst Eigenbezeichnung der politischen Bewegung, die unter Führung Benito Mussolinis 1922–45 in Italien eine Diktatur errichtet hatte; davon abgeleitet auch Bezeichnung für alle extrem nationalistischen, nach dem Führerprinzip organisierten, antiliberalen und antikommunistischen Bewegungen, die seit dem Ersten Weltkrieg die parlamentarischen Demokratien stürzen wollten. Faschistische Bewegungen gab es in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen in allen europäischen Staaten, in einigen (z. B. Spanien, Portugal, Österreich, Deutschland) konnten sie die Macht erlangen. In der Nachkriegszeit bestanden faschistische Regime nur noch in Spanien (bis 1975) und Portugal (bis 1974).

    Februarrevolution, Bezeichnung für zwei revolutionäre Erhebungen:

    Am 24. Februar 1848 erhoben sich in Paris vor allem Studenten und Arbeiter, setzten den ↑ Bürgerkönig Louis Philippe ab und riefen die Republik aus.

    Die Februarrevolution 1917 in Russland führte zum Sturz des Zaren und zur Bildung einer provisorischen bürgerlichen Regierung. Durch das Nebeneinanderbestehen dieser Regierung und von Arbeiter- und-Soldaten-Räten kam es in den folgenden Monaten zu einer Dauerkrise: Mit der Forderung ›Alle Macht den Räten!‹ bereitete Lenin die alleinige Machtübernahme durch die Bolschewiki in der ↑ Oktoberrevolution vor.

    Feudalismus, der  [von lateinisch feudum ›Lehngut‹], ein soziales, wirtschaftliches und politisches Ordnungssystem, in dem eine adlige Oberschicht vom Herrscher mit Grundbesitz sowie politischen und gesellschaftlichen Vorrechten ausgestattet wird. In Europa bezeichnet der Feudalismus die durch das ↑ Lehnswesen (Kapitel 2) geprägte Gesellschaftsordnung des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Feudalismus ist auch in Altamerika und Asien nachgewiesen und in Schwarzafrika teilweise noch heute verbreitet. Der feudale Staat ist streng hierarchisch organisiert und wird durch ein System von Treuebeziehungen zusammengehalten.

    Fin de Siècle, das   [fɛ̃dˈsjɛkl; französisch ›Ende des Jahrhunderts‹], Bezeichnung für die Zeit des ausgehenden 19. Jh., die in Gesellschaft, Kultur und Kunst krisenhafte, für eine Spätzeit typische Erscheinungsformen aufwies.

    Franco Bahamonde, Francisco spanischer General und Politiker (* 1892, † 1975). Franco stürzte im ↑ Spanischen Bürgerkrieg (1936–39) die parlamentarische Republik und errichtete in der Folge eine faschistische Diktatur, die bis zu seinem Tod bestand.

    Franklin, Benjamin [ˈfræŋklɪn], amerikanischer Politiker und Naturwissenschaftler (* 1706, † 1790). Franklin stieg durch unermüdliches Selbststudium vom einfachen Handwerker (Buchdrucker) in hohe Ämter auf. Als Politiker setzte er sich für die amerikanische Unabhängigkeit ein und hatte wesentlichen Anteil an der Erarbeitung der demokratischen Verfassung der neu entstandenen USA (1787). Bedeutend sind seine wissenschaftlichen Arbeiten, die im Wesentlichen aus den Jahren 1746–52 stammen, vor allem Experimente zur Elektrizität (Konstruktion von Blitzableitern, 1752 Nachweis der elektrischen Natur der Gewitter).

    Französische Revolution, Epoche der französischen Geschichte, die von 1789 bis 1799 dauerte und in der die alte Herrschaft (Ancien Régime) gewaltsam beseitigt wurde. Sie wurzelte gedanklich in der Aufklärung. – Nachdem König Ludwig XVI. (* 1754, † 1793) im Mai 1789 wegen hoher Staatsschulden die Generalstände (Geistlichkeit, Adel, dritter Stand) einberufen hatte, erklärte sich der dritte Stand zur verfassunggebenden Nationalversammlung. Der Widerstand des Königs wurde durch die Erstürmung der ↑ Bastille gebrochen. Es wurde eine konstitutionelle Monarchie errichtet, die jedoch bereits 1792 unter dem Einfluss der Jakobiner in eine Republik umgewandelt wurde. Der Nationalkonvent, die neue Volksvertretung, beschloss die Abschaffung des Königtums; der König und die Königin Marie Antoinette wurden 1793 hingerichtet. Der Wohlfahrtsausschuss (das ausführende Organ des Nationalkonvents) mit Robespierre an der Spitze und der Nationalkonvent übten eine blutige ↑ Terrorherrschaft aus, der Tausende zum Opfer fielen. Nach dem Sturz der Jakobiner übernahm 1795 ein Direktorium von fünf Konventsmitgliedern die Regierung, das 1799 durch einen Staatsstreich Napoleon Bonapartes aufgelöst wurde.

    + Die Losung der Französischen Revolution, ›Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit‹ (Liberté, Égalité, Fraternité), blieb eine immer wieder und auch heute noch erhobene Forderung der Vorkämpfer für die Menschenrechte.

    Frauenwahlrecht, das Recht der Frauen, an den Wahlen zu den parlamentarischen Vertretungen der Staaten teilzunehmen. In vielen europäischen Staaten wurde das Frauenwahlrecht nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt (z. B. Österreich 1918, Deutschland 1919, Großbritannien 1928), teilweise aber auch erst deutlich später (z. B. Frankreich 1946, Schweiz 1959–91, auf Bundesebene 1971).

    Freihandel ↑ Kapitel 4.

    Freiheitskriege, ↑ Befreiungskriege.

    Fronde, die   [ˈfrɔ̃də; französisch ›Schleuder‹], die u. a. vom französischen Hochadel getragenen Aufstände gegen die Errichtung des Absolutismus in Frankreich zur Zeit der vormundschaftlichen Regierung Kardinal Mazarins für Ludwig XIV. 1648–53. Sie scheiterten vor allem an der Uneinigkeit der Aufständischen. Die Erfahrungen der Frondeaufstände prägten Ludwig XIV. stark und bestimmten ihn zur Errichtung seiner absoluten Herrschaft.

    fünfte Kolonne, Bezeichnung für politische Gruppen, die bei politischen Konflikten oder Kriegen (im Untergrund) Gegner des eigenen Landes aus ideologischen Gründen unterstützen.

    + Der Ausdruck stammt von General Emilio Mola (* 1887, † 1937), Mitstreiter Francos im Spanischen Bürgerkrieg. Er sagte, er werde vier Kolonnen gegen Madrid führen; aber die fünfte Kolonne (die Anhänger des Aufstandes in Madrid) werde mit der Offensive beginnen.

    [Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

    G

    Gaddhafi, Moamar al- libyscher Politiker (* 1942, † 2011). Gaddhafi war 1969 führend am Sturz des libyschen Königs Idris as-Senussi (* 1890, † 1983) beteiligt. Seither regierte er sein Land in wechselnden Funktionen, wobei er im Islam die Grundlage seiner Politik sah. Ursprünglich einer der entschiedensten Gegner Israels und der USA und Förderer des weltweiten Terrorismus, bemühte sich Gaddhafi seit 2003 zunehmend um Anerkennung der internationalen Staatengemeinschaft. Gaddhafi starb im libyschen Bürgerkrieg 2011.

    Galilei, Galileo , ↑ Kapitel 16.

    Gallien, in der römischen Antike das Land der Gallier. Nach seiner Lage zu Rom unterschied man später zwischen Gallia Cisalpina (›Gallien diesseits der Alpen‹), das von den keltischen Galliern bewohnte Oberitalien, und Gallia Transalpina (›Gallien jenseits der Alpen‹), das ebenfalls keltisch besiedelte Gebiet zwischen Rhein, Alpen, Mittelmeer, Pyrenäen und Atlantik. Die Gallia Cisalpina wurde 225–190 v. Chr. von Rom erobert und zur Provinz gemacht, die 42 v. Chr. mit dem übrigen Italien vereinigt wurde.

    Das transalpine Gallien wurde 125–51 v. Chr. von den Römern erobert; die gallische Bevölkerung wurde romanisiert. Seit etwa 400 n. Chr. drangen Germanen über den Rhein ein und siedelten sich an; im Westen gingen sie in der gallorömischen Bevölkerung auf, im Osten überlagerten sie diese. 486 erlag das verbliebene römische Herrschaftsgebiet in Mittelgallien dem Angriff der Franken unter Chlodwig. Gallien wurde Teil des Fränkischen Reiches.

    Gama, Vasco da portugiesischer Seefahrer (* um 1460, † 1524). Er entdeckte 1497/98 im Auftrag des portugiesischen Königs den Seeweg um Afrika (Kap der Guten Hoffnung) nach Indien. 1502–04 unterwarf er einige Städte an der Westküste Indiens und begründete das portugiesische Kolonialreich in Asien. 1524 wurde er als Vizekönig nach Indien gesandt, wo er noch im selben Jahr starb.

    Gambetta, Leon französischer Politiker (* 1838, † 1882). Gambetta, ein Gegner des Zweiten Kaiserreichs, proklamierte nach der Kapitulation von Sedan die Republik (4. Oktober 1870). Als Innen-, Finanz- und Kriegsminister der ›Regierung der nationalen Verteidigung‹ suchte er mit von ihm aufgestellten Volksheeren vergeblich, Paris zu entsetzen. Als Führer der radikalen, dann aufseiten der gemäßigten Republikaner bekämpfte Gambetta die monarchistische Mehrheit der Nationalversammlung. Er übte großen Einfluss auf die Politik der Linken in der Dritten Republik aus und vertrat eine gegen das Deutsche Reich gerichtete Außenpolitik.

    Gandhi, Indira Priyadarshini indische Politikerin (* 1917, † 1984), Tochter von Jawaharlal Nehru. Sie förderte als Ministerpräsidentin 1966–77 und 1980–84 die Industrialisierung ihres Landes und baute dessen politisch-militärische Stellung in Südasien aus. Zugleich war sie eine der Führungsgestalten der Blockfreienbewegung. Sie fiel einem Attentat religiöser Fanatiker unter ihren Leibwächtern zum Opfer.

    Gandhi Mahatma

    Mahatma Gandhi 

    Gandhi, Mahatma [Hindi ›große Seele‹], eigentlich Mohandas Karamchand Gandhi, Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung (* 1869, † 1948). Gandhi kämpfte bereits vor dem Ersten Weltkrieg für die Gleichberechtigung seiner Landsleute in Südafrika und danach für die Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien. Sein hohes Ansehen und seine Erfolge gründen sich auf seine Methode des ›gewaltlosen Widerstands‹. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit Indiens (1947) suchte er die Gegensätze zwischen Muslimen und Hindus zu schlichten. Er wurde von einem jungen Hindufanatiker ermordet.

    Garibaldi, Giuseppe italienischer Freiheitskämpfer (* 1807, † 1882), einer der Führer der italienischen Einheitsbewegung (↑ Risorgimento). Er stürzte 1860 als Führer des ›Zugs der Tausend‹ die Herrschaft der Bourbonen in Sizilien und Unteritalien und schuf damit die Voraussetzung für die Bildung des Königreichs Italien.

    Gaulle, Charles de [goːl], französischer Politiker und General (* 1890, † 1970). Er organisierte nach der französischen Kapitulation 1940 als Chef der französischen Exilregierung von London aus den Widerstand (Résistance) gegen die deutsche Besatzungsmacht und das Vichyregime (↑ Vichy). 1945–46 war er Regierungs- und Staatschef. 1958 wurde er zum Staatspräsidenten gewählt und schuf eine auf seine Person zugeschnittene Verfassung (5. Republik). Unter seiner Präsidentschaft entließ Frankreich bis 1960 seine afrikanischen Kolonien in die Unabhängigkeit. 1962 beendete er den Algerienkrieg und stimmte der Unabhängigkeit Algeriens zu. De Gaulle förderte die deutsch-französische Zusammenarbeit und schloss 1963 mit K. Adenauer den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. Sein Ziel war die Stärkung der weltpolitischen Stellung Frankreichs. 1969 trat er zurück.

    Generalstaaten, ursprünglich eine gemeinsame Vertretung der Stände mehrerer Territorien eines Landesherrn (in den Niederlanden erstmals 1464); nach 1581 Bezeichnung für die von Spanien abgefallenen niederländischen Provinzen, seit 1814 für das niederländische Parlament.

    Generalstände, die aus Abgeordneten der drei Stände Adel, Geistlichkeit und Bürgertum zusammengesetzte gesamtfranzösische Ständeversammlung des 14.–18. Jahrhunderts. Ihr oblag vor allem die Steuerbewilligung (auch ↑ Französische Revolution).

    Gewerbefreiheit, das dem Einzelnen zustehende Recht, ein Gewerbe auszuüben. Die Gewerbefreiheit löste in Europa zu Beginn des 19. Jh. das Zunftwesen (↑ Zünfte) ab, nachdem sie in Frankreich bereits während der Französischen Revolution eingeführt worden war. Sie war ein Hauptanliegen des Wirtschaftsliberalismus.

    Ghibellinen, ↑ Guelfen und Ghibellinen.

    Gladiatoren

    Morituri te salutant

    In seiner Biografie des Kaisers Claudius schreibt der römische Schriftsteller Sueton, dass der Kaiser zur Volksbelustigung auf einem See von Gladiatoren eine Seeschlacht ausfechten ließ. Vor diesem Schauspiel begrüßten ihn die Kämpfer mit den Worten ›Ave, Caesar, morituri te salutant‹ (›Heil dir, Kaiser, die Todgeweihten grüßen dich!‹).

    Gladiatoren [zu lateinisch gladius ›Schwert‹], die Teilnehmer an römischen Kampfspielen (Gladiatorenspielen) auf Leben und Tod, die seit 105 v. Chr. zur Unterhaltung des Volkes veranstaltet wurden. Sie waren zumeist Sklaven, Kriegsgefangene oder verurteilte Verbrecher und wurden in eigenen Gladiatorenschulen ausgebildet. icon

    Gleichgewicht der Macht englisch Balance of Power, ein Ziel vor allem der englischen Politik seit dem 18. Jh., das darin bestand, dass kein Staat und keine Mächtegruppierung so viel Macht besitzen dürfe, um eine Vorherrschaft ausüben zu können. Dabei hielten sich bis ins 20. Jh. meist die fünf europäischen Großmächte Großbritannien, Frankreich, Russland, Österreich und Preußen (Deutschland) die Waage. Im 20. Jh. ging dieses Gleichgewicht durch den Aufstieg der USA und der Sowjetunion zu Weltmächten verloren.

    Glorreiche Revolution, der unblutige (daher ›glorreiche‹) Sturz (1688/89) des zum Katholizismus übergetretenen englischen Königs Jakob II. (* 1633, † 1701) durch das englische Parlament und die Thronbesteigung durch dessen protestantisch gebliebene Tochter Maria (* 1662, † 1694) und deren Gemahl Wilhelm von Oranien. Mit der Glorreichen Revolution waren die Versuche der Könige aus dem Haus

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1