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Der Krieg und die Angst oder Mit der Gefahr eines Atomkriegs leben (1946) Seit dem

Ende des Zweiten Weltkriegs ist durch den Abwurf der amerikanischen Ato mbomben auf die japanischen Stdte Hiroshima, und Nagasaki die gesamte Menschheit von der Gefahr e ines Atomkriegs zwischen den beiden Gromchten USA und UdSSR bedroht, die von einem stndigen Wettrste n verstrkt wird. Bereits 1946 warnte Sartre vor dem tdlichen Risiko einer Lhmung alle r Widerstandskrfte durch die Angst vor der Gegenseite: Dieser Krieg wird der Krieg der Angst sein. In der Angst kndigt er sich an. Die L eute lassen ihn unmerklich herankommen - mit einer Art Ekstase. Sie glauben daran wie an das Han dlesen, wie an den Beichtvater, wie an alles, das ihnen erspart, ihr Schicksal selbst zu gestalten; sie lieben ihre Angst, weil sie sie mit sich selbst vershnt, sie unterdrckt die menschlichen Fhigkeiten wie ein Niesen oder einen Durchfall; und diese Gefahr, die ber ihrem Haupt schwebt, verdeckt ihnen den leer en Himmel: sie ist ein Dach. Inzwischen belauern sich die vom Schrecken beherrschten Regierungen gegens eitig. Wenn ein Staat aus Nervositt eine allzu schroffe Geste macht, springen ihm die anderen aus Nervositt an die Gurgel. Dann wird der abstrakte Massenmord beginnen. Frher riskierte man sein Leben gegen das der anderen, man sah den toten Feind von nahem, man konnte seine Wunden berhren: heute wird ma n ohne Risiko aus grter Entfernung schieen, man wird fr nichts sterben. In Washington, in Texas be reiten Techniker die Leichenberge von Baku, von Leningrad vor, ohne sie zu sehen. Ja oh ne sie sich vorzustellen. Keine Helden, keine Mrtyrer; eine Katastrophe bricht ber gehetzte Ti ere herein. Ich glaube nicht an das Ende der Welt, und ich wei nicht einmal, ob ich an diesen Krieg glaube. Zwanzig Jahre, fnfzig Jahre werden vielleicht verstreichen, bevor er stattfindet. Aber we nn wir in dieser ganzen Zeit nur fortfahren, auf ihn zu warten, wenn man fnfzig Jahre lang in der Angst d ahindmmern muss, wenn wir uns einreden, dass man, um das Leben in Angriff zu nehmen, auf das Ende des nchsten Konflikts warten muss, dann werden wir die Atombombe zu drei Vierteln berflssig ge macht haben: es wird keine Menschen mehr zu tten geben, das wird bereits geschehen sein.

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