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Weiacher

Geschichte(n) 86

Die Meierhofer kamen nach den Meiern


Thesen zur Entstehung der Namen altverbürgerter Weiacher Geschlechter

Die nachfolgenden Zeilen sind als Thesen zur Orts- und Familiengeschichte zu verstehen.
Sie erheben weder den Anspruch auf Vollständigkeit, noch darauf, wissenschaftlich abge-
sichert zu sein. Kritik und Anregungen sind – wie immer – ausdrücklich erwünscht.

«Johans der Meyer von Wyach» oder «Cueni der Meyger von Wyach». So und ähnlich
werden die Akteure in Urkunden des 14. Jahrhunderts genannt. Das ist ein klarer Hinweis
auf eine soziale Stellung, die in diesen Schriftstücken als nähere Bezeichnung für einen be-
stimmten Bauern verwendet wurde. Zum Zeitpunkt der Abfassung war jeweils klar, wer da-
mit gemeint ist. Etwa so, wie wenn man heute vom «Gemeindepräsidenten» redet. Wir
wissen, dass es sich dabei um den Präsidenten der politischen Gemeinde handeln muss.

Wann wurde aus der Funktionsbezeichnung ein Familienname?


Wie war es damals? Im Hochmittelalter war «Meier» ziemlich sicher noch kein Familien-
name. Für Urkunden aus dem 15. Jahrhundert, also im Übergang zur Frühen Neuzeit, ist
jedoch nicht ganz klar, ob es sich bei einem «Meier» nun um dessen (mehr oder weniger)
fixen Familiennamen handelt, oder doch eher um eine Funktionsbezeichnung.
In einer Handänderungsurkunde, ausgestellt «uff donstag vor sant Johans des töiffers tag»,
also den 21. Juni 1492, sind als Käufer genannt: «Petter und Hans die Meyer von Wyach
gebrüdern». Die Urkunde verrät weiter, dass das Kaufobjekt, das so genannte «Pfiffers
guötly», damals aus der Hand eines Kaiserstuhler Bürgers in den Besitz dieses Familienver-
bandes überging. «Diser zit» sei es ein «Heini Meyer, öch von Wyach, der genanten
Hansen und Petters der Meyern elicher brueder» der es «inne het und buwte». (Kläui, Ur-
kunden Kaiserstuhl, Nr. 116). Pächter war also ein enger Verwandter der Käuferschaft.
Ist Meyer hier ein Familienname? Oder doch nicht? Schliesslich gibt es bis heute bei den im
Dorf Alteingesessenen geläufige Zunamen wie «s’Presis» oder «s’Amtsrichters». Das sind
klare Funktionsbezeichnungen, die vor dem Zeitalter der Kirchenbücher noch problemlos zu
Familiennamen werden konnten, wenn es darum ging, verschiedene Familien voneinander
zu unterscheiden.

Bevölkerungszunahme. Oder: Vom Meier zum Trager


Wichtig zu wissen ist, dass es mehrere verschiedene «Meier» zur selben Zeit gegeben ha-
ben dürfte, je nach Grundherr und dessen Verwaltungsbedürfnissen (Bischof von Konstanz,
Abtei St. Blasien, verschiedene Zürcher Klöster, Bürger aus Zürich, etc.). Diese «Meier»
hatten nicht alle dieselben Rechte, nicht die gleichen Funktionen, usw. Einige dürften im
Laufe der Zeit eher als «Trager» fungiert haben, denn als Alleinbewirtschafter eines Eigen-
guts im mittelalterlichen Sinne. («Trager» nannte man die Verantwortlichen für das Einzie-
hen der Grundzinsen bei den auf dem Land der Grundherrschaft ansässigen Bauern. Oft
war das ein alter Meierhof, dessen Fläche man zwecks Bewirtschaftung aufgeteilt hatte).
Aufgrund der Bevölkerungszunahme und der als Antwort darauf zunehmenden Sitte, von
Neuzuzügern für die Nutzungsrechte an Wald und Allmende eine hohe Einkaufssumme zu
verlangen («Einzugsgeld» genannt), nahm die Mobilität der Bauern nach 1500 klar ab. Die
«Meier» dürften also zunehmend sesshaft geworden sein, was sich dann in der Verfesti-
gung der Funktionsbezeichnung zu einem Familiennamen niederschlug.
Das schliesst aber nicht aus, dass einzelne «Meier» (ob Funktionsnamen oder bereits fixer
Familienname sei dahingestellt) weg- oder zugezogen sind, ohne Spuren zu hinterlassen.

Weiacher Geschichte(n) Streiflichter aus der Vergangenheit unseres Dorfes. Separatdruck Januar 2007
Redaktion: Ulrich Brandenberger, Chälenstrasse 23, 8187 Weiach 316
In den Kirchenbüchern wurden die Familien erstmals mehr oder weniger lückenlos erfasst –
für Weiach war das ab 1609 der Fall. Vor dieser Zeit ist noch grössere Vorsicht angebracht
vor vorschnellen Schlüssen. Ausser in Ausnahmefällen mit klaren Belegen («Meier» von A
nach B gezogen, und an beiden Orten schriftlich belegt, mit seltenem Vornamen oder ande-
ren eindeutigen Attributen) kann man Verwandtschaftslinien nicht nachweisen!
Die alten Schreibweisen des Namens sind «Meier», «Meijer», «Meiger» (Kanzleistil um
1500; ausgesprochen ohne das «g») sowie «Meyer». Nicht aber mit «a», wie «Maier», etc.

Mächtige Zunahme bei den Meierhofern


Wie sieht das nun mit den Meierhofern aus? Den Namen findet man erstmals 1507. Ge-
nannt ist ein «Meygerhoffer» aus Wyach als Gerichtsvorsitzender in Kaiserstuhl. Die
Schreibweisen «Meyerhofer» und «Meyerhover» findet man in Kaufurkunden, die Weiach
erwähnen, erstmals für das Jahr 1565 (Kläui, Urkunden Kaiserstuhl, Nr. 135 und 227).
Interessant ist das, weil es einen Hinweis auf den Zeitpunkt der territorialen Aufteilung der
Meierhöfe gibt. «Meierhofer» hiessen wohl diejenigen Familien, die sich auf der Hofstatt
eines alten Meierhofs ansiedelten. Eine Entwicklung, die sich erst nach der Krise des Spät-
mittelalters abgezeichnet hat (d.h. für unser Gebiet inkl. Alter Zürichkrieg um 1444, etc.). Die
Bevölkerungszahl im Gebiet der Schweiz erreichte nämlich erst Anfang des 16. Jahrhun-
derts wieder den Stand, den sie vor dem Einbruch des 14. Jahrhunderts hatte.
Interessanterweise findet man die «Meierhofer» im heutigen Kanton Zürich vor dem Jahr
1800 nur im Norden: Als Bürger der Gemeinden Weiach, Stadel und Buch am Irchel – und
das immer zusammen mit altverbürgerten «Meier» (Familiennamenbuch 1989).

Ohne Übernamen geht es nicht


«Als der ehemalige Posthalter Walter Meierhofer in den Militärdienst musste, bekam seine
Frau Trudi Unterstützung von einem Bülacher Briefträger. Doch der Aushilfspöstler war
keine grosse Hilfe. Ihm wurde es bald «sturm im Kopf», als er an jedem zweiten Briefkasten
den Familiennamen Meierhofer las, manchmal sogar noch dieselben Vornamen. Er bat
darum, Trudi Meierhofers Kinder betreuen zu dürfen, damit sie seine Posttour übernehmen
konnte.» (Zürcher Unterländer, 10. August 1996)
Die alteingesessenen Geschlechter seien nicht nur für Auswärtige und Neuzuzüger ein
Dschungel schrieb der Unterländer vor zehn Jahren weiter. Deshalb hätten die Weiacher
viele Beinamen erfinden müssen. «Metzger Otti», «Poscht Walti», «Giger Erika» und
«Chaisere Hans» – alle heissen sie im Zivilstandsregister offiziell «Meierhofer». Das sind
nur vier Beispiele für solche lediglich im mündlichen Gebrauch übliche Zunamen.
Es ist leicht nachzuvollziehen, dass solch praktische Übernamen innert wenigen Jahren zu
Familiennamen werden könn(t)en – letztlich muss man die einzelnen Familienverbände ja
im täglichen Sprachgebrauch eindeutig benennen können. Die ursprünglichen Namen
können dabei völlig in Vergessenheit geraten.
Erwiesen ist das «Einfrieren» der Schreibweise von Familiennamen kurz nach Einführung
der Zivilstandsämter (ab 1876). Erst an diesem Punkt schieden sich die «Meyer» von den
«Meiern». Analog dazu glaube ich, dass sich ohne die von den Pfarrherren obrigkeitlicher-
seits geforderten Kirchenbücher die Familiennamen auch nicht derart verfestigt hätten.

Quellen und Literatur


- Kläui, P.: Die Urkunden des Stadtarchivs Kaiserstuhl. (Aargauer Urkunden, Band XIII, Kaiserstuhl).
Aarau 1955 – Nr. 116, 135 und 227.
- Familiennamenbuch der Schweiz. Dritte, verbesserte und korrigierte Auflage, Zürich 1989.
- Chueri Noldi und Kaisere Hans. Eine Sammlung von Weiacher Beinamen. Rubrik: Redaktion unter-
wäx in Weiach. In: Zürcher Unterländer, 10. August 1996 – S. 3.
- Meier, E.G. et al.: Meier von Weiach ZH. Diskussionsseite im Geneal-Forum.
URL: http://www.geneal-forum.com/forum_d/showthread.php?id=2111

Weiacher Geschichte(n) Streiflichter aus der Vergangenheit unseres Dorfes. Separatdruck Januar 2007
Redaktion: Ulrich Brandenberger, Chälenstrasse 23, 8187 Weiach 317

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