Stand: 13.12.2008
Auf Wunsch und in Absprache mit den Eltern wenden wir uns an Sie im Fall des Kindes Dinah.
Mit diesem Email wenden wir uns insbesondere an alle in Deutschland lebenden Menschen mit
äthiopischem Migrationshintergrund sowie deren Familien. Wir bitten im Namen der Eltern um
Ihre Solidarität und Unterstützung durch Spenden für die Verfahrenskosten (Konto s.u.).
Den Eltern wurde im September d.J. in einem familiengerichtlichen Verfahren (mit einer
Eilentscheidung wegen angeblicher Gefahr im Verzug) das Aufenthaltsbestimmungsrecht bzgl.
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Auslandsreisen ohne erneute Anhörung entzogen, weil sie vorhatten, ihre Tochter in den
Schulferien zu den Großeltern nach Äthiopien reisen zu lassen. Dies, nachdem nur wenige
Tage zuvor noch das gleiche Gericht und das gleiche Jugendamt keinerlei
Eingriffserforderlichkeit gesehen haben und ohne dass neue Sacherkenntnisse
hinzugekommen wären. Anlass und Ablauf dieses Verfahrens wirken rechtsstaatlich und
ethisch ausgesprochen bizarr.
Mittlerweile wurde von der Familie des Kindes auch die Deutsche Botschaft in Addis Abeba
eingeschaltet und um Stellungnahme gebeten. Die Einschätzung der deutschen diplomatischen
Vertretungen in den kulturellen Herkunftsländern von MigrantenInnen spielen erfahrungsgemäß
eine zu Recht wichtige Rolle bei der Wahrheitsfindung deutscher Gerichte, wenn es um
Aspekte des kulturellen Herkunftslandes geht.
Der äthiopische Staat hat dies verstanden - seit Jahren fördert er, mit Unterstützung durch
zahlreiche nationale Organisationen und der internationalen Entwicklungshilfe, Projekte gegen
Genitalverstümmelung. Seit 2004 stellt das äthiopische Strafrecht im Artikel 565ff
Genitalverstümmelung und andere "traditionelle schädliche Praktiken" unter Strafe (bis zu 5-10
Jahre Haft).
Laufer hingegen bezieht sich u.a. auf Zahlen von 1997. Die von ihr behauptete Zahl eines
angeblichen Beschneidungsrisikos in Höhe von 90% ist völlig aus der Luft gegriffen.
Gleichzeitig verschweigt Laufer Erkenntnisse der Deutschen Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit (GTZ), welche im November 2007 feststellte, dass die Unterstützung unter
äthiopischen Müttern von noch 52% im Jahr 2000 auf 38% im Jahr 2005 stark abgenommen
hat – sichtbarer Erfolg der jahrelangen Aufklärungsarbeit. Das sind immer noch 38% zu viel,
keine Frage. Aber aus diesen Zahlen den Generalverdacht der Frau Laufer gegen alle in
Deutschland lebenden äthiopischstämmigen Familien abzuleiten, ist absurd und
unprofessionell.
Frau Laufer zeigt hier u.E. missionarischen Eifer, der uns sehr an Robespierre und seinen
'Terror der Tugendhaften & Gutwilligen' erinnert, wodurch sie - leider - ein zutiefst berechtigtes
und wichtiges Anliegen (den Schutz von Mädchen und Frauen vor Genitalverstümmelung)
diskreditiert. (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Robespierre#Die_Begr.C3.BCndung_des_Terrors_gem.C3.A4.C3.9
F_Rousseau)
Frau Laufer benutzt für ihr "Werk" Zahlen & Behauptungen, die falsch bzw. nicht aktuell sind
und die so die aktuelle Situation in Äthiopien verzerren und die bereits eingetretene
Veränderung der Einstellungen der äthiopischen Frauen nicht berücksichtigen.
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übernommen. …….. Die Eltern der Mädchen der Liste B werden alljährlich bis zur
Volljährigkeit der Mädchen aufgefordert, ihre Töchter einer obligatorischen
Untersuchung vorzustellen, die von den lokalen Amtsärztinnen durchzuführen ist. …….
Neue Zuwanderinnen aus den Risikoländern erhalten automatisch eine Vorladung. …….
Da es sich um einen obligatorischen Unversehrtheits-Check handelt, sind geeignete
Sanktionen einzuführen um sicherzustellen, dass diese Obligation tatsächlich erfüllt
wird".
Laufer bezieht in obige Forderungen wohlgemerkt auch Mädchen ein, "deren Eltern
mindestens zu einem Teil aus einem afrikanischen Land stammen, in dem
Mädchen/Frauen an ihren Genitalien verstümmelt werden". Laufer sieht "auch jene Mädchen
mit Migrationshintergrund bedroht, deren Eltern die deutsche Staatsbürgerschaft
angenommen haben".
(Quelle aller Laufer-Zitate: http://www.taskforcefgm.de/forderungen.html )
Im aktuellen Fall des Mädchens Dinah hat sich das zuständige Jugendamt die Forderung
Laufers nach jährlicher gynäkologischer Untersuchung des Kindes bis zur Volljährigkeit zu
eigen gemacht. Dies ohne neue Erkenntnisse einer Gefährdung und nachdem es nur wenige
Tage zuvor der Familie noch Integrität bescheinigt und keine Gefährdung des Kindes
festgestellt hat. Die Weigerung der Familie, in obige Untersuchungen ihrer Tochter
einzuwilligen, wurde als 'fehlende Mitwirkung' gewertet.
Im Übrigen halten wir Laufers Forderungen für rassistisch, diskriminierend und volksverhetzend
und fühlen uns durch den von ihr vorgebrachten Generalverdacht auch persönlich diffamiert.
(hierzu Zitat aus Wikipedia: "Rassismus behandelt Menschen als einer Gruppe zugehörig und
unterstellt ihnen auf Grundlage dieser angenommenen Zugehörigkeit unveränderliche
Merkmale und Charakterzüge. Anhand dieser Einteilung bewertet der Rassismus die
Menschen und hierarchisiert Gruppen von Menschen. Rassistische Theorien und
Argumentationsmuster dienen der Rechtfertigung von Diskriminierung und Feindseligkeiten,
der Kanalisierung negativer Emotionen und fördern das Überlegenheitsgefühl von Mitgliedern
einer Gruppe.") vgl. auch § 130 StGB Volksverhetzung: "Wer in einer Weise, die geeignet ist,
den öffentlichen Frieden zu stören,1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder 2. die Menschenwürde anderer
dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht
oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."
Frau Laufers Anliegen, Mädchen vor Genitalverstümmelung zu schützen, ist ehrenwert und
richtig. Der geschilderte Fall der betroffenen Familie und hier insbesondere die Forderung von
Laufer, "ein generelles Ausreiseverbot für Mädchen der Risikogruppe in die Heimatländer der
Eltern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" zu verhängen (Homepage TaskForce), ist
aber eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig und verstößt u.a. gegen die
Menschenrechte (EMRK, Artikel 14 Diskriminierungsverbot, sowie § 1 AGG). Laufer betreibt
ihr Anliegen unter Missachtung rechtsstaatlicher wie auch ethisch-moralischer Prinzipien,
indem sie die generelle Erfassung aller in Deutschland lebender weiblicher minderjähriger
Menschen mit Migrationshintergrund aus Ländern, in denen Genitalverstümmelung stattfindet,
fordert. Das kommt dem Versuch gleich, in Deutschland lebende Mitglieder ganzer ethnischer
Gruppen einheitlich unter den Generalverdacht der schweren Körperverletzung zu stellen,
ohne hier die rechtsstaatlich zwingend erforderliche Einzelfallbeurteilung vorzunehmen.
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zeigt hier in besonderer Weise, dass "gut gemeint" zumeist das Gegenteil von "gut gemacht"
ist.
Im aktuellen Fall des Kindes Dinah kommt hinzu, dass es seitens Familiengericht und
Jugendamt den Eltern überlassen wurde nachzuweisen, dass sie nicht vorhaben, ihrem Kind
Gewalt anzutun oder antun zu lassen – das Rechtsstaatsprinzip wird hier auf den Kopf gestellt,
eine Beweislastumkehr findet statt. Bedenklich erscheint uns in diesem Zusammenhang
insbesondere, dass Jugendamt und Familiengericht offensichtlich Angaben und Forderungen
von Laufer kritiklos und unhinterfragt übernommen haben, ohne die Seriösität der Angaben
wie auch der Person Laufers von Amts wegen zu überprüfen – es blieb dem Anwalt der
Familie überlassen, die Deutsche Botschaft in Addis Abeba zu kontaktieren, um von dort
entlastende Informationen sowohl zu den Länderangaben als auch zum Einzelfall der Familie
zu erhalten und dem Gericht zukommen zu lassen. Auch Recherchen über Laufer und ihre
"TaskForce" mussten von den Eltern und einem Kreis von Freunden geführt werden.
Wir finden es unerträglich, dass es einzelnen Personen wie o.g. Frau Laufer gelingt, mittels
vorgetragener Statistiken und selbstüberhöhender Darstellung eigener Bedeutsamkeit (Laufer
geriert sich als selbsternannte Expertin für Genitalverstümmelung und läßt sich als
'Sachverständige' bezeichnen) nicht nur die aktuell betroffene Familie massiv unter Druck zu
setzen.
Auch Jugendämter und Gerichte, die sich dem Anliegen der Frau Laufer entgegenstellen,
laufen in Verbindung mit PR-mäßig lancierter Pressearbeit Gefahr, unberechtigt öffentlich als
schutzverweigernd angeprangert und diffamiert zu werden (vgl.
http://www.taskforcefgm.de/pressemitteilungen.html , "Pressemitteilung" v. 6.2.08, hier wird
dem Jugendamt Hamburg unterstellt, es versage einem Mädchen den erforderlichen Schutz
vor Genitalverstümmelung). Frau Laufer behindert mit solchen Methoden die wichtige Arbeit
der Jugendämter und Familiengerichte.
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Genitalverstümmelung findet in den Herzen und Köpfen der Betroffenen statt. Erreichen
wir diese nicht, wird Genitalverstümmelung noch lange praktiziert werden. Generelle
Angriffe gegen ganze Ethnien führen dazu, dass sich diese eher abschotten und
unerreichbarer werden. Anerkannte Expertinnen und Organisationen wie bspw.
http://www.faduma-korn.de (Fadumo Korn1) und www.target-human-rights.de (Rüdiger
Nehberg) handeln danach und schützen wirksam Mädchen, ohne rassistisch und
diskriminierend gegen Mitglieder ganzer Ethnien zu hetzen.
Über den Rechtsanwalt der Familie wurde mittlerweile ein separat geführtes Spendenkonto für
die Kosten des Verfahrens eingerichtet, da die Eltern keine Prozesskostenhilfe erhalten und
durch die Aktivität der Frau Laufer unverschuldet erhebliche Kosten auf sie zu kommen. Das
Konto lautet:
Verwendungszweck: Spendenkonto "Dinah"
Kontoinhaber: Claus Huber, RA
Konto-Nr.: 70423715
BLZ: 68391500
Bank: VR-Bank eG, Schopfheim
Eingehende Spenden, die über die angefallenen Kosten des Verfahrens hinausgehen,
werden einem Projekt in Äthiopien zur Verfügung gestellt werden, das sich gegen
Genitalverstümmelung in Äthiopien engagiert.
P.S.: Falls gewünscht, erhalten Sie weitere Hintergrundinformationen. Bei Interesse richten Sie
bitte Ihre Anfrage unter Angabe Ihres konkreten Anliegens an: der_fall_dinah@gmx.org.
Die meisten der bisher erschienenen Medien-Beiträge wurden von der Familie ins Internet eingestellt, wo
sie jederzeit abgerufen werden können:
http://www.youtube.com/user/josyyi
http://derfalldinah-yacob.blogspot.com/
Zusätzlich erhalten Sie hier Zugang zu einigen der bisher erschienenen Medienbeiträge:
http://www.badische-zeitung.de/das-darf-nicht-sein (Badische Zeitung v. 18.10.08)
http://www.badische-zeitung.de/gericht-will-kind-vor-beschneidung-schuetzen (Bad. Zeit. v. 18.10.08)
http://www.badische-zeitung.de/leserbriefe-xbwpu4gax (Leserbrief Badische Zeitung v. 29.10.08)
http://www.badische-zeitung.de/hintergrund-weibliche-genitalverstuemmelung (BZ v. 25.11.08)
http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/deutschland/ein-tiefer-einschnitt (BZ v. 25.11.08)
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/1883667_0_2147_maedchen-darf-grosseltern-in-aethiopien-
nicht-besuchen.html (Stuttgarter Zeitung v. 26.11.08)
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/649728?inPopup=true (ZDF Drehscheibe v. 10.12.08)
http://www.emma.de/fgm_report__2009_1.html (sehr differenzierter Artikel zu Hintergründen & zum Fall)
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An dieser Stelle erwähnten wir zunächst auch das Projekt "(I)NTACT" von Christa Müller. Mit Email v.19.11.08
teilte uns Frau Müller mit, dass sie Ihre Organisation nicht im Zusammenhang mit der Unterstützung für Dinah zu
sehen wünsche. Frau Müller teilte weiter mit, dass "die TaskForce unseres Erachtens auf dem richtigen Weg"
sei. Insofern bedauern wir tatsächlich, auf "(I)NTACT" hingewiesen zu haben.
Die Nennung von "http://www.faduma-korn.de" erfolgt nach Rücksprache mit Frau Fadumo Korn. Frau Korn ist
Betroffene und Buchautorin (http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3499237989/ref=nosim/afrikainbayern/) sowie vom
Bundestag (http://www.bundestag.de/ausschuesse/a13/anhoerungen/anhoerung06/Sachverstaendige.pdf) anerkannte
Sachverständige zum Thema Genitalverstümmelung und unterstützt die betroffene Familie im Fall Dinah.
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Weitere Hintergrundinformationen:
UNICEF-Studie 2005:
(insbesondere Texte auf Seiten 6-8, 19-21 und Tabellen auf Seiten 35-37, 42+43)
Kernaussagen der Studie in Bezug auf Äthiopien und im Kontext des familiengerichtlichen Verfahrens
bzgl. Dinah:
1. "general trend towards ending the practice" (S. 7)
2. "FGM/C is decreasing among all countries studied" (S. 8)
3. "women in the 15-29 age are less likely to support the continuation of the practice than women aged
30-49" (S. 19)
4. "support for the practice is expressed by 43 per cent of women with some education compared to 67
per cent of women with no formal education" (S. 20)
5. "the largest disparity is found in Ethiopia, where 31 per cent of urban women support cintinuation,
compared to 66 per cent of ruaral women" (S. 21)
http://www.unicef.org/publications/files/FGM-C_final_10_October.pdf, ca. 1,3 MB
[Anmerkung: dies ist kein SPAM-Email. Wer künftig etwaige Rundschreiben nicht mehr erhalten möchte,
möge bitte einen kurzen Hinweis an den/die Absender dieses Emails senden, um sofort aus dem
Verteiler genommen zu werden. Wer dieses Email an mehrere Personen gleichzeitig weitersendet, möge
bitte darauf achten, dass alle Empfänger nur sogenannte "Blindkopien" BCC erhalten sollten, um die
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