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An Adam Friedrich Oeser Theuerster Herr Professor, Zwlf Tage bin ich nun wieder in meiner wehrten Vaterstadt, von Anverwandten, und Freunden, und Bekanndten umgeben die sich ber meine Ankunft teils freuen, teils verwundern, und alle sich bemen, dem neuen Ankmling, dem halben Fremdling gefllig zu seyn, und ihm eine Stadt die zusehr Antithese von Leipzig ist um viel Annehmlichkeiten fr ihn zu haben, durch einen freundschafftlichen Umgang ertrglich zu machen. Wir wollen sehen wieweit sie's bringen, jetzo kann ich nichts sagen, ich binn zu zerstreut, und mit meiner neuen Einrichtung zu sehr beschfftigt, als da mein Herz fr das was ich verlohren habe, und fr das was ich hier wieder finde, viel Empfindung haben sollte. Ich schreibe Ihnen auch fr diemal nichts, als da meine Ankunft nach einer glcklichen Reise, eine erwnschte Ruhe ber meine Famielie verbreitet hat, da meine Kranckheit, die nach dem Ausspruch meiner hiesigen Aerzte nicht so wohl in der Lunge als in denen dazu fhrenden Teilen liegt, sich tglich zu bessern scheint. Da Ihr Tischer nachdem er sich einige Tage bey uns aufgehalten, mit guten Empfelungsschreiben an den Ort seiner Bestimmung, in der Hoffnung seine Sache so gut als mglich auszufhren gereit ist, und sich Ihnen und Ihrem ganzen Hause bestens empfelen lt. Und das sey fr diesmal alles. Jede danckbaare Empfindung fr alles was ich Ihnen schuldig binn, sey bi zu einer ruhigern und glcklichern Zeit aufgehoben, sobald ich diese so sehr erwartete Epoche werde erreicht haben, will ich Ihnen einen lngern und bessern Brief schreiben; mitlerweile erhalten Sie mir Ihre Liebe, Ihre Freundschafft die mir so sehr geschmeichelt, die mich so sehr aufgemuntert hat, erhalten Sie mich in dem Andencken Ihrer verehrungswrdigen Gattin und Ihrer liebenswrdigen Kinder, und aller meiner Freunde; Hrn. Kreuchauff, Hrn. Gervinus, Hrn. v. Hardenberg, Hrn. v. Lieven, Hrn. Huber, bitte ich insbesondere meiner Ergebenheit zu versichern, und meinem Successor Hrn. Grning den schnellsten Fortgang in der Kunst zu wnschen. Ich binn mit der bestndigsten Hochachtung, Theurester Hr. Professor Franckfurt am Mayn, Dero ergebenster am 13. Sept. 1768. JWGoethe. [Goethe: 1768. Goethe: Briefe, Tagebcher, Gesprche, S. 241-242 (vgl. Goethe-WA-IV, Bd. 1, S. 161-162)

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