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miss verführung.
Zierlich, anmutig und sehr
attraktiv – nur ihr Gesicht
will sie nicht zeigen.
Die
TWITTER-
Hure
Date mit Miss Verführung: Eine Salzburger Edelprostituierte verrät auf Twitter
intime Details ihres Lebens. Der wiener hat die 23-Jährige getroffen - und
eine außergewöhnliche junge Frau kennengelernt. Text: Harald Havas / Fotos: Marco Rossi
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» Auf zum Treffen mit T. Er klang ganz sympathisch am Telefon, meinte
aber auf „ausdauernden Sex“ zu stehen. Das klingt nach Arbeit. ;-) «
Sie kommt im kleinen Schwarzen. So wie einst Audrey über ein Leben erfahren, das von ihrem Dasein so weit,
Hepburn in „Frühstück bei Tiffany“. Sehr schlank, weit weg ist.
trotz der High Heels immer noch zierlich. Und sie ist
sehr, sehr attraktiv. Auf Twitter nennt sie sich „Verfüh- Miss Verführung ist zweifellos außergewöhnlich. Sie wirkt
rung“ und verführerisch ist das „23-jährige Callgirl aus ein wenig scheu wenn sie lächelt – als ob es ihr peinlich
Leidenschaft“ zweifellos. Und, das wird sofort klar, sie wäre, von einem Mann angesprochen zu werden. Sie zit-
ist absolut authentisch, in jeder Hinsicht. Alles, was sie tert leicht wenn sie über ihren Beruf spricht, bei manchen
in ihren 720 Tweets beschreibt, ist wahr, jeder Zweifel Episoden geht ihr Atem um eine Nuance schneller. Man
darüber ist im ersten Moment der Begegnung, Pardon, ahnt einen Hauch von Erregung unter ihrer vibrierenden
verpufft. Bauchdecke. In diesem bittersüßen Geschöpf nehmen so
ziemlich alle Mannerfantasien Fleisch und Gestalt an, die
Sie ist also tatsächlichdas autonome und selbstständige Gott und tugendhafte Damen verboten haben: Lolita. Un-
junge Callgirl mit Lust an ihrem Beruf, als das sie sich im schuldige Hure. Geile Elfe. Ungezähmtes Freiwild. Ist sie
Internet präsentiert. Und deren private und berufliche das – die perfekte Prostituierte, die saubere, selbstbewuss-
Einsichten und Erkenntnisse von rund 1.000 registrier- te, so tabulose wie gut bezahlte Gespielin ohne jeden Ma-
ten Followern auf Twitter verfolgt werden. „Eher mehr kel von Drogen und Kriminal?
Deutsche als Österreicher, eher mehr Männer als Frauen,
aber ziemlich gemischt“, beschreibt sie ihre Gefolgschaft. Die junge Lady weiß wie sie wirkt – die
Prostitution will sie
Und besonders Frauen, auch gerade die verheirateten mit keinesfalls verherrlichen, sagt sie. Es gebe auch Kolle-
Kindern, melden sich oft, sind neugierig, wollen mehr ginnen, die Not und Zwang ausgesetzt wären. Aber bei ihr
Menschen
Denn die sind hoch, sehr hoch sogar. Für eine Stunde ver-
langt sie Preise jenseits der 250 Euro. „In Wien habe ich
fast keine Kunden“, sagt sie, „hier ist die Konkurrenz zu
hoch und das Preisniveau zu niedrig.“
Aber sie will die Branche nicht verherrlichen. Sie weiß, dass
» Damals... „Geh vor die Tür, nackt, läute ihr Job Gefahren birgt, und sie weiß, dass es schwer ist, di-
an. Stell dich als schüchterne Nachbars- ese Welt wieder zu verlassen: „Gerade für mich ist das wie
tochter vor, die ihr Paket abholen will. « eine Sucht. Das Geld, die Scheinwelt, die schöne Kleidung,
die Treffen mit meist niveauvollen Männern, Essen gehen,
gute Gespräche führen, einen schönen Abend verbringen.“
ist das eben alles etwas anders. Schon im Teenageralter, Nachsatz: „Aber es ist auch ein einsames Leben.“ Manch-
rund um die Zeit der ersten sexuellen Erfahrungen, war mal macht sie sich schon Gedanken, ob sie rechtzeitig den
die gut behütet und bürgerlich aufgewachsene Salzburge- Absprung schaffen wird, denn dass sie irgendwann ab-
rin von der Prostitution fasziniert. Und auch davon, es sel- springen wird, steht für Miss Verführung fest.
ber einmal zu probieren. Aber dann kamen doch verschie-
dene Bildungs- und Ausbildungswege, eine Zeit als Frauen, die überlegen in dieses Business einzusteigen, rät
Animateurin in Ferienclubs. Aber der Gedanke blieb. Bis sie, dies nicht nur wegen des schnellen Geldes zu tun: „Es
sie mit 20 auf eine Anzeige eines Escort Services stieß, sich kann schon viel kaputt machen in einem.“ Bei ihr zwar
bewarb und sofort genommen wurde. Doch schon nach noch nicht, aber „man gibt jedes Mal, wenn man mit je-
ein paar Wochen war ihr klar, dass die Arbeit für andere mandem schläft, etwas von sich her, selbst wenn man ver-
ihre Sache nicht ist. Die Arbeit an sich aber schon... sucht, das rein mechanisch zu machen.“ Wichtig in dem
Job wären jedenfalls ein starke Persönlichkeit, sich nix ge-
Seitdem bewirbt sie sich selbst im Internet mit Kleinan- fallen zu lassen, sich durchsetzen zu können. Ebenso wich-
zeigen, in Foren, in Kontaktbörsen, managt sich selbst, tig seien bestimmte Prinzipien, sich nicht auf Feilschen
vom Erstkontakt, der immer über E-Mails läuft, bis zum einzulassen, nicht auf Kondome zu verzichten. Und schon
finanziellen Teil. Und sie wählt selbst aus. Ein Teil der In- bei der Auswahl der Kunden aufpassen. „Denn Risiko ist
teressenten wird schon von ihren Preisen abgeschreckt. immer dabei.“
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