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STRAFRECHT
GRUNDBEGRIFFE IM STRAFRECHT
I. SACHVERHALT
Eine Auslegung ist eine nähere Erklärung des Inhalts eines Begriffs durch andere
Begriffe.
III. SUBSUMTION
Man unterscheidet die Rechtsgüter des einzelnen und die Rechtsgüter der
Allgemeinheit.
Das TATOBJEKT ist der Gegenstand an dem sich der Angriff auf das geschützte
Rechtsgut in concreto auswirkt. Das Rechtsgut ist der ideelle Wert der dahinter
steht.
Das österreichische Strafrecht beruht auf dem SYSTEM der ZWEISPURIGKEIT. Das
bedeutet, dass von den Strafgerichten
a) STRAFEN und
b) VORBEUGENDE MASSNAHMEN
STRAFE
Eine STRAFE ist ein mit TADEL VERBUNDENES ÜBEL, das von einem
STRAGERICHT aufgrund und nach Maßgabe der Schuld des Täters verhängt
wird.
Die SCHULD ist demnach nicht nur Voraussetzung sondern auch GRENZE. Das
Maß der Strafe darf das Maß der Schuld nicht übersteigen.
Jedermann widerfahre das was seine Taten wert sind (Kant). Anstelle der Vergeltung
wird auch GERECHTER SCHULDAUSGLEICH verwendet.
Der Gedanke der Generalprävention ist der erzieherische Gedanke, also um der
Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegen zu wirken. Aber in keinem
Fall darf die Strafe höher als die Schuld ausfallen – auch nicht aus
generalpräventiven Gründen.
Die Spezialprävention richtet sich nach der Gefährlichkeit des einzelnen. Strafen
werden aus spezialpräventiven Gründen verhängt, damit der Täter von künftigen
strafbaren Handlungen abgehalten wird.
Die Vereinigungstheorie fordert, dass Strafen aus allen drei Gründen verhängt bzw.
dass diese berücksichtigt werden. Es mehren sich zunehmend die Stimmen, die
verlangen, dass der Vergeltungsgedanke als Strafzweck keinen Platz hat.
Die Freiheitsstrafe ist heute eine Einheitsstrafe. Die Unterscheidung zwischen Kerker
und Arrest gibt es nicht mehr.
VORBEUGENDE MASSNAHME
Ebenso wie bei der Strafe ist die BEGEHUNG einer STRAFBAREN TAT
VORAUSSETZUNG einer vorbeugenden Maßnahme. D.h. vorbeugende
Maßnahmen KÖNNEN IMMER nur WEGEN EINER ANLASSTAT angeordnet
werden.
Eine vorbeugende Maßnahme ist ein NICHT MIT TADEL verbundenes ÜBEL,
das wegen einer strafbaren Handlung von einem Strafgericht aufgrund und
nach Maßgabe der BESONDEREN GEFÄHRLICHKEIT des TÄTERS verhängt
wird.
Wenn Schuld und besondere Gefährlichkeit zugleich vorliegen können auch Strafe
und vorbeugende Maßnahme NEBENEINANDER verhängt werden.
Zweck: Zweck:
Vergeltung, Spezial- und General- Spezialprävention
prävention
Voraussetzung + Grenze:
Voraussetzung + Grenze: besondere Gefährlichkeit des
Schuld des Täters Täters
Tadel? Tadel?
Ja nein
Übel? Übel?
Ja Ja – aber ungewollt
Auch von Sachen kann eine besondere Gefahr für die Zukunft ausgehen! Dafür ist im
StGB § 26 vorgesehen (EINZIEHUNG). Davon zu UNTERSCHEIDEN ist der
VERFALL.
Der Verfall (gem § 20 StGB) ist eine NEBENSTRAFE, die EINZIEHUNG eine
VORBEUGENDE MASSNAHME!
RECHTFERTIGUNGSGRÜNDE
geschriebene:
- Notwehr
- elterliches Erziehungsrecht
- Einwilligung
- Anhalterecht
- Behördliche Genehmigung
- Dienstliche Weisung und Recht zum Schusswaffengebrauch
ungeschriebene:
FALLPRÜFUNGSSCHEMA
B) TATBESTANDSMÄSSIG ?
D) SCHULDHAFT ?
A) HANDLUNG
Wenn der Handlungsbegriff nicht erfüllt ist, dann liegt auch keine Strafbarkeit vor!
Wenn das Verhalten nicht vom Willen beeinflussbar ist, dann ist der Handlungsbegriff
nicht erfüllt.
- Schlafenden
- Bewusstlose
- Körperreflexe
(Kniesehnenreflex, Krampfanfall etc. aber nicht automatisierte Handlungen!)
- „vis absoluta“
(unwiderstehliche Gewalt – vgl. vis compulsiva willensbeugende Gewalt)
Wenn nicht einmal der Handlungsbegriff erfüllt ist, dann ist die weitere Prüfung des
Sachverhaltes einzustellen weil nicht mehr nötig.
TATBESTANDSMERKMALE
- Sache
- Fremd
- Beweglich und
- Wegnehmen
- Bereicherungsvorsatz
- Täuschungsvorsatz
DELIKTSGRUPPEN
Begehungsdelikte sind Delikte bei denen das Gesetze ein bestimmtes Tun mit Strafe
bedroht (Gros aller Delikte im StGB).
I. ERFOLGSDELIKTE
Erfolg ist ein von der Tat gedanklich abtrennbare Wirkung in der
Außenwelt. Eintritt des Todes, Eintritt der Schädigung, Eintritt des
Vermögensschadens etc.
DAUERDELIKTE
Bei einem Dauerdelikt beginnt das Unrecht der tat mit der Vornahme der handlung
und endet erst mit ihrem Aufhören. Je länger also die Handlung dauert umso größer
ist das Unrecht.
Bei einer vorzeitigen Beendigung der Tathandlung kann der Täter SICH ALSO
NICHT AUF RÜCKTRITT gem. § 16 berufen !
Die VERJÄHRUNG beginnt erst mit der tatsächlichen Beendigung der Handlung.
Ab Vollendung bis zur tatsächlichen Beendigung ist sowohl BETEILIGUNG (§ 12) als
auch BEGÜNSTIGUNG ( § 299) möglich!!!
KAUSALITÄT
Das Problem der Kausalität STELLT SICH NUR BEI ERFOLGSDELIKTEN. Die
meisten Delikte im StGB sind allerdings Erfolgsdelikte.
Die KAUSALITÄT sagt aus, ob ein Tun (oder „nicht Tun“) einen bestimmten Erfolg
verursacht hat.
GRUNDSÄTZE
Die Kausalitätsformel der Äquivalenztheorie lautet: ein Tun ist kausal für einen
Erfolg, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner
konkreten Gestalt entfiele! CONDITIO SINE QUA NON (CSQN).
Wegen der schier uferlosen Weite der Äquivalenztheorie hat sich heute der
BEGRIFF DER OBJEKTIVEN ZURECHNUNG durchgesetzt.
idR indiziert die Kausalität die OBJEKTIVE ZURECHNUNG des Erfolgs. Daher ist
nur ausnahmsweise darauf einzugehen – wenn indiziert.
Dass ein Tun kausal war bedeutet nicht dass es schuldhaft war (vgl. Notwehr). Die
Kausalität ist vor der Schuldfrage zu prüfen.
NOTWEHR
a) RECHTFERTIGUNGSSITUATION
b) RECHTFERTIGUNGSHANDLUNG
c) SUBJEKTIVES RECHTFERTIGUNGSELEMENT
Diese Situation muss tatsächlich vorliegen – die bloße Vorstellung des Täters reicht
nicht dazu!
Ein ANGRIFF ist JEDES MENSCHLICHE Verhalten, das eine Beeinträchtigung von
Rechtsgütern befürchten lässt. Der Angriff muss nicht gewollt oder ein aktives
Verhalten voraus und kann auch schuldlos sein. Selbst ein pflichtwidriges
Unterlassen kann ein Angriff sein. Tierattacken oder Naturereignisse kommen nicht
in Betracht! Aber wenn jemand ein Tier auf ein Opfer hetzt ist das idR als Angriff zu
werten.
Auch bei unklarer Rollenverteilung (Rangelei die in Rauferei ausartet z.B.) kann sich
idR keiner der Kontrahenten auf Notwehr berufen (wer ist Opfer – wer ist Täter ?).
Daher darf man dem flüchtenden Dieb die Beute wieder abnehmen aber NICHT auf
den OHNE BEUTE FLÜCHTENDEN SCHIESSEN!
Dabei geht es um das WIE? Gerechtfertigt IST IMMER NUR DIE NOTWENDIGE
VERTEIDIGUNG. Jede ÜBERSCHREITUNG der ZULÄSSIGEN INTENSITÄT der
Verteidigung schließt die Berufung auf Notwehr aus.
Daraus folgt:
Bei den objektiven Kriterien muss bewertet werden: Art und Wucht sowie Intensität
des Angriffs sowie die Gefährlichkeit des Angreifers und die zur Verfügung
stehenden Mittel. Die RSpr zieht dabei auch körperliche Unterlegenheit ins Kalkül.
Vor allem in Fällen die zum TOD oder zu SCHWEREN VERLETZUNGEN des
Angreifers führen sehen sich die Gerichte genau an ob unter mehreren verfügbaren
Mitteln das für den Angreifer am wenigsten schädliche und gefährliche ausgewählt
wurde.
Problematisch ist das Schießen auf einen überraschten oder flüchtenden Dieb oder
Einbrecher. Ein solcher lebensgefährdender Waffengebrauch ist für Exekutivbeamte
allenfalls nach Maßgabe des § 7 Z 3 WaffGG zulässig – für den Privatmann dagegen
nach Maßgabe der NOTWENDIGKEIT des § 3 zulässig.
Soweit Zeit und Situation es erlauben bedarf der Einsatz von Schusswaffen idR
eines ABGESTUFTEN VORGEHENS (ANDROHUNG, WARNSCHUSS, SCHUSS).
Auf andere Verteidigungsmittel lassen sich diese Stufenüberlegungen nicht
anwenden.
NOTWEHREXZESS:
In dem Moment als der Verteidiger das MASS des zur ABWEHR NOTWENDIGEN
überschreitet wird aus der NOTWEHRHANDLUNG ein RECHTSWIDRIGER
ANGRIFF, gegen den NOTWEHR zulässig ist (INTENSIVER NOTWEHREXZESS).
In § 3 Abs 2 ist eine Sonderregelung enthalten wenn die Überschreitung lediglich aus
Bestürzung, Furcht oder Schrecken geschah – in dem Fall haftet der exzessiv
Handelnde nur wegen des entsprechenden Fahrlässigkeitsdelikts. Wenn der
EXZESS aus anderen Gründen erfolgte haftet der Exzedierende wegen VORSATZ!!!
RECHTSMISSBRAUCHKORREKTIV
Wenn OFFENSICHTLICH ist, dass dem Angegriffenen bloß ein geringer Nachteil
droht UND die Verteidigung wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen
Beeinträchtigung des Angreifers unangemessen ist, dann ist die Handlung nicht
gerechtfertigt.
Dass es sich bloß um Bagatellnachteile handelt muss für JEDERMANN also auch für
den Täter OFFENSICHTLICH sein (leicht und auf den ersten Blick). Drohende
Körperschäden im Grade des § 83 (einfache Körperverletzung) schließen § 3 Abs. 1
2. Satz stets aus – NICHT ABER VERMÖGENSNACHTEILE UNTERHALB der für
§ 141 gültigen Wertgrenze (Entwendung).
Art II / MRK
NOTHILFE
Nothilfe ist eine SONDERFORM der Notwehr und muss deswegen alle Merkmale
des § 3 Abs 1 Satz 1 erfüllen. Dabei ist nach Maßgabe des Geholfenem zu
beurteilen. Darüber hinaus muss der Helfer den VERTEIDIGUNSGWILLEN haben!
RECHTFERTIGENDER NOTSTAND
Wie bei der Notwehr besteht die STRUKTUR des rechtfertigenden Notstandes aus:
I. NOTSTANDSSITUATION
III. RETTUNGSWILLE
I. NOTSTANDSSITUATION
Diese Frage bezieht sich auf das „OB“ des rechtfertigenden Notstandes.
Bedeutender Nachteil ist jedes Ereignis das aus wertender Sicht eine RELEVANTE
Gefahr für ein Rechtsgut begründet.
Im Unterschied zur Notwehr kann aber eine Notstandssituation NICHT NUR durch
MENSCHLICHES VERHALTEN sondern AUCH DURCH TIERATTACKEN,
NATURKATASTROPHEN und SONSTIGE ZUFÄLLE entstehen.
Der zweite sehr wesentliche Unterschied ist, dass im Gegensatz zur Notwehr nicht
nur notwehrfähige Rechtsgüter in Betracht kommen, sondern ALLE INDIVIDUAL-
RECHTSGÜTER dafür in Frage kommen. (NB keine Rechtsgüter d. Allgemeinheit).
Der zeitliche Schranken ist ident mit dem der Notwehr – solange ein unmittelbarer
Nachteil droht ist eine rechtfertigender Notstand denkbar.
II. NOTSTANDSHANDLUNG
Nachdem der Notstand auch Eingriffe in die Rechtsgüter von Dritten (gänzlich
Unbeteiligten!) ermöglicht, gelten besonders strenge Maßstäbe für das WIE!
III. RETTUNGSWILLE
Dieser entspricht dem Verteidigungswillen in der Notwehr. Dabei reicht schon das
bloße Wissen um das Vorliegen einer Notstandssituation.
SONDERPROBLEME
Das Leben ist das höchste der Rechtsgüter und kann von keinem anderen
überwogen werden. Deswegen kann es auch nicht sein, dass man das Leben
mehrerer auf Kosten eines in Betracht zieht. Menschenleben lassen sich nicht
gegeneinander aufwiegen.
UNBETEILIGTE PERSONEN
WIRTSCHAFTLICHER NOTSTAND
RECHTFERTIGENDE NOTSTANDSHILFE
zur Abwendung drohender Nachteile für fremde Rechtsgüter ist nach hM zulässig.
UNTERSCHIEDE
NOTWEHR > < NOTSTAND
I. NOTWEHRSITUATION I. NOTSTANDSITUATION
Angriff auf ein notwehrfähiges Bedeutender Nachteil für ein
Rechtsgut Individualrechtsgut
EXKLUSIVITÄT:
WEITERE RECHTFERTIGUNGSGRÜNDE
I. das ANHALTERECHT
V. die EINWILLIGUNG
I. DAS ANHALTERECHT
NB: Damit wird ein Rechtfertigungsgrund für eine Anhaltung statuiert, aber
KEINE ANHALTEPFLICHT!
Das Anhalterecht ist also weder eine „Ersatznotwehr“ noch Legitimation für
„Hilfssheriffs“.
a) ANHALTESITUATION
b) ANHALTEHANDLUNG und
c) ANHALTEWILLE
A) ANHALTESITUATION
Damit sind alle Verbrechen und vergehen iSd § 17 StGB gemeint. Es reicht dazu
schon eine Beteiligung (§ 12 StGB) oder ein Versuch(§ 15 StGB) sowie selbständig
strafbare Vorbereitungshandlungen. Sogar Fahrlässigkeitsdelikte und Bagatelldelikte
reichen dazu!
Die Tat muss jedoch rechtswidrig sein oder den Anschein der Rechtswidrigkeit
haben. KEIN ANHALTERECHT bei GERECHTFERTIGTEN oder rechtfertig
erscheinenden Taten.
Dass eine Tat schuldhaft begangen wurde ist jedoch kein Erfordernis. Sogar ein
ganz offensichtlich unzurechnungsfähiger Mensch kann nach Maßgabe des
§ 86 StPO angehalten werden.
„Tatverdacht“
Das Gesetz lässt bereits das Vorliegen hinreichender Gründe für eine Anhaltung
reichen. Damit wird auch einem Schuldlosen das IRRTUMSRISIKO aufgebürdet. Er
muss sich die Anhaltung gefallen lassen solange ein hinreichender Tatverdacht
besteht. Begründbar ist das mit einer wünschenswerten Effizienz der Strafverfolgung.
Hinreichende Gründe iSd Gesetzes liegen vor wenn sich in der Situation des
Angehaltenen bestimmte Indizien ein Verdacht einer rechtswidrigen Tat ergibt. Ein
dringender Tatverdacht wird gar nicht gefordert.
„zeitliche Schranken“
prinzipiell genügt es wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wird – man kann eine
Anhaltung gem § 86 StPO aber auch nach der Vollendung oder Aufgabe machen
solange noch ein zeitlicher und indizienmäßiger Konnex mit der Tat besteht.
B) ANHALTEHANDLUNG
Bei der Anhaltung geht es um das WIE und das WIE LANGE. Gerechtfertigt ist in
jedem Fall nur eine ANHALTUNG AUF ANGEMESSENE WEISE.
zum Beispiel:
- festhalten
- Einschließen
- Abdrängen des Fluchtwagens
- Androhung von Nachteilen (wie Anzeige)
- Körperliche Gewalt
(strittig in welchem Umfang lt. Burgstaller leichte Körperverletzung für
Ladendiebstahl ok)
NB: auf einen OHNE BEUTE flüchtenden Dieb darf man weder schießen noch einen
Prügel in Kreuz hauen, selbst wenn das die einzige Möglichkeit wäre seiner habhaft
zu werden.
Wenn ein Verdächtiger sich gegen eine maßvolle Anhaltung zur Wehr setzt kann das
eine Situation begründen die als rechtswidriger Angriff zu werten ist und ihrerseits mit
Notwehr gem § 3 StGB abgewehrt werden darf.
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 86 ist der Anhaltende VERPFLICHTET die
Anhaltung UNVERZÜGLICH DEM NÄCHSTEN SICHERHEITSORGAN
ANZUZEIGEN.
Wenn man das unterlässt macht man sich u.U. gem § 99 oder § 105 StGB strafbar
machen. Nach Aufhebung der Anhaltung besteht keine Anzeigepflicht mehr.
C) ANHALTEWILLE
Notwehr und Anhalterecht schließen einander nicht aus! Häufig ergänzen sie sich
sogar.
EG: Solange ein Dieb die Beute bei sich hat kann man ihn aus beiden Gründen
festhalten. Wenn er sie zurück gibt nur noch gem § 86 Abs 2 StPO.
ALLGEMEINES SELBSTHILFERECHT
Nahezu alle Rechtsordnungen verbieten Selbstjustiz. Der Staatsbürger kann sich das
Recht nicht selber nehmen sondern muss es bei der Behörde suchen....
Das Selbsthilferecht ist nur in sehr engen Grenzen zulässig und setzt sich wie die
Notwehr, der rechtfertigende Notstand oder das Anhalterecht aus 3 wesentlichen
Elementen:
I. SELBSTHILFESITUATION
III. SELBSTHILFEWILLE
I. SELBSTHILFESITUATION
II. SELBSTHILFEHANDLUNG
„unbedingt nötig“
selbsterklärend
„Angemessenheit“
sie darf nicht außer Verhältnis zu Wert bzw. zu Bedeutung des durchzusetzenden
Rechts stehen. (nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen)
„körperliche Gewalt“
III. SELBSTHILFEWILLE
BESONDERE SELBSTHILFERECHTE
Beispiele:
Hierbei handelt es sich um überwiegend geschriebenem Recht, das den Trägern von
öffentlich-rechtlichen Funktionen BEGRENZTE auf BESTIMMTE AMTLICHE
TÄTIGKEITEN BEZOGENE EINGRIFFSRECHTE GEWÄHRT.
EG:
EINWILLIGUNG
Bei der Einwilligung handelt es sich ebenso wie beim rechtfertigenden Notstand um
einen UNGESCHRIEBENEN RECHTFERTIGUNGSGRUND.
I. die EINWILLIGUNGSSITUATION
I. EINWILLIGUNGSSITUATION
Die Einwilligung MUSS ERNSTLICH UND FREIWILLIG sein und darf NICHT an
GRAVIERENDEN WILLENSMÄNGELN leiden.
Die ERTEILUNG DER EINWILLIGUNG ist NUR DANN WIRKSAM, wenn sie VOR
ODER SPÄTESTENS BEI DER TAT GEGEBEN WIRD!!!
Ein Verzeihen danach ist unwirksam, weil dann ja der Strafanspruch des Staates
entstanden ist über den der Verletzte nicht disponieren kann (außer bei
Privatanklagedelikten oder Ermächtigungsdelikten natürlich!).
„Dispositionsbefugnis“
Das ist idR der Rechtsgutträger, kann bei Eigentum oder Vermögen aber auch ein
Verfügungsberechtigter sein.
„Dispositionsfähigkeit“
Der Rechtsgutträger muss aufgrund seiner geistigen und sittlichen Reife dazu in der
Lage sein die Tragweite der Rechtsguteinbuße und des Rechtsschutzverzichts zu
erkennen und sachgerecht zu beurteilen.
Es wird jedoch keine Geschäftsfähigkeit verlangt. Maßgeblich ist die Einsichts- und
Urteilsfähigkeit.
II. EINWILLIGUNGSHANDLUNG
Die gestattete Beeinträchtigung muss sich nach Art, Umfang und auch in zeitlicher
und persönlicher wie auch in örtlicher Hinsicht IM RAHMEN DESSEN HALTEN was
der rechtsgutträger gewollt und erklärt hat.
III. EINWILLIGUNGSKENNNTIS
SONDERPROBLEME:
Vielfach wird vorschnell und gänzlich lebensfremd mit der Einwilligung operiert –
obwohl in Wirklichkeit ein Rechtsschutzverzicht gar nicht gewollt ist.
So bedeutet das Mitfahren mit einem betrunkenen Lenker keineswegs, dass man
eine Einwilligung in die eigne Körperverletzung gibt – oder gar den Tod (was gar
nicht geht weil das Leben kein disponibles Rechtsgut ist).
Es heißt nur, dass man sich freiwillig und unvernünftigerweise in Gefahr begibt.
MUTMASSLICHE EINWILLIGUNG
Voraussetzung und Grenzen sind jedoch nach wie umstritten. Der Gedanke dahinter
lehnt sich an einen ENTSCHEIDUNGSNOTSTAND an.
I. MUTMASSLICHE EINWILLIGUNGSSITUATION
I. MUTMASSLICHE EINWILLIGUNGSSITUATION
Wenn der „Täter“ dahingehend irrt, dass der Rechtsträger nicht einwilligt kommt
§ 8 StGB „irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes“ zum tragen.
Die Grenze der Tat ist die Grenze dessen was der Rechtsträger gewollt hätte.
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
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STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
Der Handelnde muss um die Unerreichbarkeit des Rechtsträgers wissen und nach
Abwägung aller Umstände davon überzeugt sein, dass dieser in der Situation
eingewilligt hätte.
Damit ist die Schuld der Grund und gleichzeitig die Grenze der Strafe. Die Schuld ist
der Eckpfeiler des rechtsstaatlichen Strafrechts. Seine Schwachstelle ist allerdings,
dass es keine Rücksicht auf die spezifische Gefährlichkeit des Täters nimmt.
Maßstab der Schuld ist der maßgerechte Mensch in der Situation des Täters! Unter
dem Menschenbild des StGB ist ein der Rechtsordnung verbundener Mensch zu
verstehen, der sich nach ihr richtet.
Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter VORGEWORFEN, dass er NICHT
SO GEHANDELT HAT WIE ein MASSGERECHTER MENSCH AN SEINER
STELLE GEHANDELT HÄTTE.
a) Schuldfähigkeit
b) Vorsatz
c) Unrechtsbewusstsein und
d) keine Entschuldigungsgründe
Alle diese vier Elemente MÜSSEN zum ZEITPUNKT der TAT vorhanden sein. Wenn
auch nur ein einziges Element fehlt handelt der Täter ohne Schuld und kann nicht
wegen einer rechtswidrigen Vorsatztat bestraft werden!
Das ist ein essentielles Element der Vorsatz- und Fahrlässigkeitsschuld. Ein
Schuldunfähiger erfüllt nicht den psycho-physischen Mindeststandard des
maßgerechten Menschen iSd StGB.
Ein schuldunfähiger Mensch kann zwar handeln und rechtswidrige Taten begehen
aber er kann wegen mangelnder Schuld nicht bestraft werden. Der Begriff
Zurechnungsfähigkeit wird von Kienapfel eher abgelehnt – man sollte
SCHULDFÄHIGKEIT benutzen – weil das den Kern der Sache besser trifft.
Der Katalog des § 11 ist abschließend. Die Frage ob jemand schuldfähig ist oder
nicht hängt vom Alter oder vom Nichtvorliegen bestimmter seelischer Störungen ab.
a) Geisteskrankheiten
(manisch depressives Irresein, als Folge von Alkoholismus oder Tumoren)
c) tiefgreifende Bewusstseinsstörungen
(erhebliche Trunkenheit, Rauschgifteinwirkung, Hypnose, Schock, Affekt...)
Die Rechtsfigur der ACTIO LIBERO IN CAUSA ist im StGB nicht ausdrücklich
geregelt – WIRD ABER IN DER LEHRE ANERKANNT.
Wenn sich der Täter mit dem Vorsatz in den Zustand der Schuldunfähigkeit versetzt
hat um in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat zu begehen. Der Täter macht sich
zu seinem eigenen schuldunfähigen Werkzeug.
Neben der vorsätzlichen gibt es auch noch eine FAHRLÄSSIGE ACTIO LIBERA IN
CAUSA.
Bei beiden Fällen wird die GESAMTE SCHULDPRÜFUNG AUF DEN ZEITPUNKT
VORVERLEGT in dem sich der Täter in den Zustand der Schuldunfähigkeit versetzt
hat.
§ 287 Abs 1
Dabei geht es um ein selbständiges Delikt, dass ganz allgemein die Begehung einer
mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung regelt bzw. als
eigenes Delikt unter Strafe stellt.
Damit erfüllt der § 287 Abs 1 eine ähnliche Funktion wie die ACTIO LIBERA IN
CAUSA.
Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Rechtsfiguren ist, dass der Täter
im Zuge der ACTIO LIBERA IN CAUSA den Vorsatz bzw. die Fahrlässigkeit bereits
vor der Berauschung UNTER BEZUG AUF EINE BESTIMMTE RECHTSWIDRIGE
TAT hat und im Zuge des § 287 Abs 1 bestraft wird, wer eine im Rausch begangene
Tat WEDER GEWOLLT NOCH VORAUSGESEHEN HAT.
VORSATZ IM STRAFRECHT
- TATHANDLUNG
- TATOBJEKT
- TATMODALITÄTEN und den ERFOLG
- QUALIFIKATIONEN (insb. Wertqualifikation)
Dabei gilt, dass ein sicheres Wissen beim Täter nicht erforderlich ist. Bereits
undeutliche und unreflektierte Vorstellungen reichen.
So ist der Taschendieb der die Brieftasche stiehlt und das Geld behält – alles andere
aber wegwirft wegen:
zu bestrafen.
Ist der unterste Stärkegrad des Vorsatzes. Das bedeutet, dass der Täter es für
ernsthaft möglich hält einen bestimmten Sachverhalt zu verwirklichen und sich damit
abfindet (§ 5 Abs 1 2. HS StGB).
TATBILDIRRTUM
Es genügt dabei bereits, dass der Täter über ein einziges von mehreren
Tatbildmerkmalen irrt.
Der TATBILDIRRTUM ist im Gesetz nicht definiert. Man gelangt zum Tatbildirrtum,
wenn man § 5 Abs 1 1.HS UMKEHRT und NEGATIV VERSIEHT (Vorsatz).
EIN TATBILDIRRTUM LIEGT VOR, WENN DER TÄTER NICHT ERKENNT, DASS
ER EINEN SACHVERHALT VERWIRKLICHT, DER EINEM GESETZLICHEN
TATBILD ENTSPRICHT.
Beispiel im Lehrbuch: LKW Fahrer der über einen Karton fährt ohne zu wissen, dass
sich ein Kind darin verborgen hat.
Ein Tatbildirrtum kommt in Betracht wenn der Täter die tatsächlichen Umstände nicht
wahrgenommen oder ihren sozialen und rechtlichen Bedeutungsgehalt nicht erkannt
hat.
Wenn also der Erfolg nicht den Anforderungen des Adäquanz- oder Risikozu-
sammenhangs entspricht kann man ihn dem Täter nicht zurechnen.
Die Gerichte erledigen den Einwand des Tatbildirrtums seitens des Täters idR damit,
dass jeder Dieb eine möglichst hohe Beute erwartet und hinsichtlich der
Wertqualifikation zumindest mit DOLUS EVENTUALIS handelt. Es reicht also schon,
dass dem Täter ein solcher Vorsatz zuzutrauen sei.
Der TATBILDIRRTUM schließt den Tatvorsatz aus. Damit ist die Tat nur noch
strafbar wenn es ein Fahrlässigkeitsdelikt dazu gibt und wenn der Irrtum auf
Fahrlässigkeit beruht – ANSONSTEN GEHT DER TÄTER STRAFFREI AUS!
Dabei irrt der Täter über die Identität oder sonstige Eigenschaften einer Person oder
Sache.
Wenn es sich um ein gleichartiges Tatobjekt handelt, ist der Irrtum unbeachtlich.
Wenn es sich um ein ungleichartiges Tatobjekt handelt, dann schließt der Irrtum über
das Tatobjekt den Tatvorsatz des Täters aus. Es handelt sich um einen Tatbildirrtum.
EG: Der Täter schießt auf einen Reiter und trifft das Pferd. Hinsichtlich des Pferdes
liegt ein Irrtum über das Tatobjekt vor. Der Täter wird wegen versuchten
Mordes belangt.
ABERATIO ICTUS
Das wird dahingehend gelöst, dass der Versuch und u.U. die fahrlässige Tat in
Bezug auf den tatsächlichen Erfolg angenommen wird.
DOLUS GENERALIS
Dabei handelt es sich um einen Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf.
Dolus generalis nahm man früher an – als einen EINHEITLICHEN, die GANZE TAT
UMFASSENDEN GENERELLEN VORSATZ.
In Hinblick auf den SCHULDGRUNDSATZ ist der Täter lediglich für die geringere
Schuld des privilegierten Delikts zu belangen.
UNRECHTSBEWUSSTSEIN
Unrechtsbewusstsein ist das Bewusstsein, dass die Tat gegen die Rechtsordnung
verstößt.
Daneben gibt es das potentielle Unrechtsbewusstsein. Davon spricht man wenn dem
Täter das Unrecht seiner Tat nicht bekannt war – er aber verpflichtet gewesen wäre
sich danach zu erkundigen. Dieser Begriff hängt eng mit dem maßgerechten
Menschen iSd StGB zusammen.
Das Bewusstsein um die Strafbarkeit einer Tat ist jedenfalls weder Voraussetzung für
die Schuld – noch für die Bestrafung des Täters.
VERBOTSIRRTUM (§ 9 StGB)
EIN VERBOTSIRRTUM LIEGT VOR, WENN DER TÄTER NICHT ERKENNT, DASS
SEINE TAT UNRECHT IST.
Dabei ist vollkommen egal ob er eine FALSCHE oder GAR KEINE VORSTELLUNG
davon hat, dass seine Tat Unrecht ist.
Von einem direkten Verbotsirrtum spricht man, wenn der Täter überhaupt nicht
erkennt, dass seine Tat verboten und daher Unrecht ist.
Beim indirekten Verbotsirrtum irrt sich der Täter entweder über die Existenz oder die
Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes und erkennt deshalb nicht, dass seine Tat
unrecht ist.
Dabei weiß der Täter, dass seine Tat an sich verboten ist, doch er glaubt, dass er sie
ausnahmsweise doch begehen darf.
Entweder wegen:
Beim VERBOTSIRRTUM erkennt der Täter den Sachverhalt, aber er ist in Hinblick
auf die rechtliche Situation im Irrtum und erkennt nicht, dass es sich um Unrecht
handelt.
Der Verbotsirrtum darf aber nicht mit dem Irrtum über die Strafbarkeit verwechselt
werden. Ein Irrtum über die Strafbarkeit ist irrelevant.
Wer sich in einem Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt befindet, handelt
vorsätzlich denn er WILL DAS DELIKT BEGEHEN!
Aber der vorliegende Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt schließt das
Unrechtsbewusstsein aus!
Das zieht nach sich, dass der Täter nicht eo ipso straffrei ist, sondern, dass die
Rechtsfolgend des fahrlässigen Handelns eintreten.
Das hat einen einfachen Grund: wenn man vorschnell einen rechtfertigenden
Sachverhalt annimmt, dann ist das an und für sich schon fahrlässig. Es ist Folge
einer UNSORGFÄLTIGEN PRÜFUNG des SACHVERHALTS!
NB: Der IRRTUM über einen rechtfertigenden Sachverhalt hat zwar Ähnlichkeiten
zum TATBILDIRRTUM als auch zum indirekten Verbotsirrtum, aber er stimmt mit
keinem der beiden Rechtsfiguren überein und bedarf dementsprechend einer
Abgrenzung.
Beim indirekten Verbotsirrtum glaubt der Täter – ebenso wie beim Irrtum über einen
rechtfertigenden Sachverhalt, dass er nicht rechtswidrig handelt. Das ist den beiden
Rechtsfiguren gemein. Aber beim indirekten Verbotsirrtum gelangt der Täter aus
einem ANDEREN GRUND ZU DER ANNAHME:
Beim indirekten Verbotsirrtum irrt der Täter jedoch über die EXISTENZ oder die
GRENZEN eines Rechtfertigungsgrundes.
Beim Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt irrt der Täter jedoch
dahingehend, dass er einen rechtfertigenden Sachverhalt annimmt, der nicht vorliegt.
Beim Irrtum über einen rechtfertigenden Sachverhalt ist dem Täter die
Tatbestandsmäßigkeit keineswegs verschleiert – SONDERN DIE
RECHTSWIDRIGKEIT seiner Handlung – und damit das Unrecht.
Daher folgt logischerweise, dass anders als beim Tatbildirrtum nie der VORSATZ
ausgeschlossen werden kann!!!! Wer einen rechtfertigenden Sachverhalt annimmt
handelt natürlich vorsätzlich. Es entfällt aber das UNRECHTSBEWUSSTSEIN – mit
fehlendem Unrechtsbewusstsein ENTFÄLLT ZUGLEICH DIE VORSATZSCHULD.
Es bleibt aber die Strafbarkeit für fahrlässiges Handeln übrig. Es kann natürlich auch
zu Mischformen mehrerer Irrtumstypen kommen. Ein klassisches Beispiel dafür ist
der PUTATIVNOTWEHREXZESS!
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
Seite 42 von 81
STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
Irrtum über
rechtfertigenden KEINE
Vorsatz bzw. Sachverhalt? ENTSCHULDIGUNGSGR
Schuldfähig? Tatbildirrtum? ÜNDE
direkter od. ind.
Verbotsirrtum?
Der entschuldigende Notstand ist in § 10 Abs 1 und Abs 2 geregelt und ist der
praktisch wichtigste Entschuldigungsgrund. Er ist NUR AUF VORSÄTZLICHE
BEGEHUNGSDELIKTE anwendbar.
Entscheidend ist, dass der Täter entschuldigt ist, dass bedeutet nicht, dass die Tat
gebilligt wird. Es ist die Frage ob ein maßgerechter Mensch sich in dieser Lage auch
so verhalten hätte – d.h. dass rechtmäßiges Verhalten nicht mehr zumutbar ist.
Dadurch, dass die Tat nicht gebilligt ist, folgt, dass Notwehr gegen entschuldigenden
Notstand zulässig ist (aber eingeschränkt wie bei Kindern oder kranken Menschen).
Das ist insbesondere der Fall, wenn man in extremer Bedrängnis ist bzw. einen so
starken Motivationsdruck hat, dass man selbst als maßgerechter Mensch nicht mehr
realistischerweise rechtmäßig handelt.
NOTSTANDSITUATION:
Entschuldigender Notstand ist so also auch zum Schutz der Privatsphäre oder der
ehelichen Treue denkbar.
So ist der Täter nicht entschuldigt, wenn der Schaden aus der Tat UNVERHÄLTNIS-
MÄSSIG SCHWERER wiegt als der drohende Nachteil.
Außerdem ist der Täter nicht entschuldigt, wenn er sich der Gefahr bewusst – ohne
einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund ausgesetzt hat. (Das gilt nicht für
Sportler etc. – ist aber noch nicht ausjudiziert).
UNTERSCHIEDE
I. NOTSTANDSSITUATION I. NOTSTANDSSITUATION
ENTSCHLIESSUNG
VORBEREITUNG
VERSUCH
VOLLENDUNG
STRAFLOS
STRAFBAR
Eine reine Entschließung und die Vorbereitung ist straflos (wegen bloßer Gedanken
wird niemand bestraft!)
So zum Beispiel:
zum Beispiel:
VERSUCH und VOLLENDUNG sind nicht nur die beiden strafbaren Formen im
Strafrecht sondern die beiden Erscheinungsformen der VORSATZDELIKTE.
- mit Hilfe des § 15 wird der Tatbestand des versuchten Deliktes gebildet
Maßgeblich ist, was ein OBJEKTIVER BEOBACHTER, der den Tatplan kennt als
den entscheidenden Schritt zur Tatbegehung empfunden hat.
Obwohl die Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung einfach erscheint kommt
es doch auf die spezifischen Umstände an.
Diebstahl oder Raub sind jedenfalls erst mit Gewahrsamsbruch vollendet. Zur
Vollendung des Betruges gehört der eingetretene Vermögensschaden. Eine bloße
Vermögensgefährdung reicht dazu nicht aus!!!
Delikte mit erweitertem Vorsatz sind bereits ab dem Zeitpunkt vollendet in dem der
Täter mit dem erweiterten Vorsatz die Tathandlung vornimmt.
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
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STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
Der Schuldbegriff beim versuchten Delikt ist im Gegensatz zum vollendeten Delikt
(viergliedrig) dreigliedrig.
Im Gegensatz zum Tatbildirrtum hat der Täter beim versuchten Delikt mehr Vorsatz
als er umsetzt. Beim Tatbildirrtum überschießt das Tatbild den Vorsatz.
Die Frage ist primär ob es sich um einen beendeten oder unbeendeten Versuch
handelt. Dies kann lediglich subjektiv beurteilt werden, nachdem hierzu keine
Regelung im StGB vorliegt.
In jedem Fall ist der Versuch beendet, wenn der Täter glaubt alles zur Vollendung
der Tat erforderliche getan zu haben. Glaubt er jedoch, dass er noch weiter handeln
muss, dann ist der Versuch noch unbeendet.
§ 16 Abs 1 StGB legt fest, dass jemand der vom UNBEENDETEN VERSUCH
STRAFFREI BLEIBT wenn:
- der Täter aus Gewissengründen, aus Mitleid, Angst vor Schimpf und Schande
oder aus Furcht vor Strafe zurücktritt
- der Täter einschläft, oder wenn er wegen tiefem Ekel ablässt oder er von
Hundegebell vertrieben wird oder wenn sich die Haustüre nicht so leicht
öffnen lässt oder der gestohlene Wagen nicht anspringt....
- unfreiwillig ist auch wenn der Täter vor einem nahenden Polizeiwagen flüchtet
oder wenn er sich beobachtet fühlt
Wenn Dritte OHNE WISSEN DES TÄTERS den ERFOLG BEREITS ABGEWENDET
HABEN, dann SCHEIDET STRAFBEFREIENDER RÜCKTRITT gem. § 16 Abs 1 3.
Fall aus – möglich wäre § 16 Abs 2.
Beim fehlgeschlagenen Versuch hat der Täter Pech. Wenn der Täter eine weitere
Ausführung nicht für möglich hält, kann er auch nicht mehr zurücktreten....
Das geht natürlich nur solange er sein ursprüngliches Ziel noch für erreichbar hält –
und zwar aus eigenem Handeln heraus.
STRAFAUFHEBUNGSGRÜNDE:
Damit berücksichtigt das Gesetz Umstände die nach Begehung der Straftat
entstanden sind.
STRAFAUSSCHLIESSUNGSGRÜNDE:
Die Untauglichkeit des Subjekts ist ein Irrtum des Täters über seine eigene
Täterqualität (z.B. Putzfrau im Amt glaubt sie begeht Amtsmissbrauch etc.).
Untauglichkeit des Objekts liegt vor, wenn die Vollendung der Tat nach Art des
Gegenstandes an dem sie begangen wurde ausgeschlossen ist. (z.B. Mann schießt
auf Baumstumpf weil er glaubt, dass das sein Feind ist, oder Mordversuch an bereits
Verstorbenem etc.).
Untauglichkeit der Handlung liegt vor, wenn die Vollendung der Tat nach Art der
Handlung ausgeschlossen ist (z.B. jemand will seinen Feind mit Kopfpolster
erschlagen).
Der Grund liegt darin, dass eine Tat die nur dazu geeignet ist Kopfschütteln ob der
Dummheit auszulösen keinen so verderblichen Eindruck hervorruft, dass das
allgemeine Rechtsbewusstsein dadurch erschüttert wird. Das bedeutet insbesondere
dass keine generalpräventiven Maßnahmen indiziert sind.
Derzeit gibt es zur Thematik die EINDRUCKSTHEORIE welche besagt, dass ein
absolut untauglicher Versuch dann vorliegt, wenn nach dem Urteil eines
verständigen Beobachters die Handlungsvornahme des Täters geradezu
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
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STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
denkunmöglich zur Verwirklichung der konkreten Tatplanes und damit zur
Vollendung der Tat führen kann. (der Täter will sein Opfer „totbeten“ etc.).
Diese besagt, dass der Wortlaut des § 15 Abs 3 strikt zu beachten ist und die Tat
dann straffrei ist, wenn sie nach Art und Eigenschaft des „Tatobjektes“ geradezu
denkunmöglich war.
Gemäß § 7 Abs 1 StGB ist fahrlässiges Handeln NUR dann STRAFBAR, WENN es
das Gesetz AUSDRÜCKLICH unter STRAFE stellt.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen
und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen verpflichtet und fähig ist
und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem
gesetzlichen Tatbestand entspricht.
Maßstab dabei ist der EINSICHTIGE und BESONNENE MENSCH in der LAGE DES
TÄTERS AUS DEM VERKEHRSKREIS DES TÄTERS.
Also hat der Täter fahrlässig gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener
Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters und mit dessen Sonderwissen
ausgestattet in dieser Situation anders verhalten hätte.
Dabei gibt es für viele Lebensbereich Sorgfaltsregeln die zum Teil dem
geschriebenem und zum Teil dem ungeschriebenem Recht angehören.
Es ist nach hL und hRS maßgebend ob ein anderer ausgestattet mit den geistigen
und körperlichen Fähigkeiten des Täters in dessen Situation fähig gewesen wäre den
objektiven Sorgfaltsanforderungen zu genügen – oder nicht.
DESHALB kann sich ein TÄTER idR AUF DIE UNKENNTNIS DESSEN WAS ZUM
ALLGEMEINEN ERFAHRUNGS- und WISSENSTANDARD gehört NICHT
BERUFEN!
Der klassische Fall dafür ist jemand, der sich übermüdet, unter Medikamenten-
einfluss und alkoholisiert an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt – oder das „sich
ansaufen“ wenn man weiß oder rechnet, dass man noch Autofahren muss.
OBJEKTIV VORAUSSEHBAR ist ein Erfolg dann, wenn ein EINSICHTIGER und
BESONNENER Mensch in der Lage des Täters die Gefahr des Erfolgseintritts
erkannt hätte. Das wird auch ADÄQUANZZUSAMMENHANG genannt!
Das bedeutet insbesondere, dass der Kausalverlauf nicht außerhalb der allgemeinen
Lebenserfahrung liegen darf – das ist ein ATYPISCHER KAUSALVERLAUF.
Das Unrecht liegt in der Beeinträchtigung eines Rechtsgutes durch eine objektiv
sorgfaltswidrige Handlung des Täters. Die Schuld des Täters liegt darin, dass der
Täter nicht auf die ihm persönlich mögliche und zumutbare Sorgfalt geachtet hat, die
ein maßgerechter Mensch an seiner Stelle beachtet hätte.
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Man kann bei der Prüfung eines Fahrlässigkeitsdeliktes wie bei einer „normalen“
Fallprüfung vorgehen;
1.) TATBESTANDSMÄSSIGKEIT?
2.) RECHTSWIDRIGKEIT?
3.) SCHULD?
Entscheidend ist also ob der Täter nach seinen geistigen und körperlichen
Verhältnissen befähigt war die SUBJEKTIVE SORGFALT zu beachten und den
EINGETRETENEN ERFOLG VORAUSZUSEHEN.
Wenn auch nur eines dieser Elemente fehlt – handelt der Täter NICHT
SCHULDHAFT!
Um die schier uferlose Weite des Äquivalenzprinzips zu begegnen hat sich die
LEHRE VON DER OBJEKTIVEN ZURECHNUNG GEBILDET.
Der RISIKOZUSAMMENHANG ist DANN GEGEBEN, wenn sich in dem Ereignis das
RISIKO VERWIRKLICHT hat, dessen ABWENDUNG die ÜBERTRETENE
SORGFALTSNORM BEZWECKT.
Nach wie vor heftig umstritten ist ein späteres FEHLVERHALTEN eines dritten oder
des Verletzten selbst.
NB: Aber es wird gemeinhin dem Erstverursacher eine sehr weite Haftung für
DIAGNOSE- und BEHANDLUNGSFEHLER aufgebürdet.
- der Verletzte auf dem Weg zum Arzt von einem Ziegel erschlagen wird
- der Verletzte im Krankenhaus von einer Hornisse zu Tode gestochen wird
- der Verletzte unabhängig davon Opfer eines Verkehrsunfalls wird oder durch
einen Amokläufer stirbt
- auch ganz ungewöhnliche Komplikationen bei der Operation gelten als
atypisch
RECHTMÄSSIGES ALTERNATIVVERHALTEN
z.B. der Lenker wendet ein, dass er dem Opfer auch dann nicht ausweichen hätte
können, wenn er statt 60 km/h nur mit der zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h
gefahren wäre.....
Eine LÖSUNG für solche FÄLLE ist die RISIKOERHÖHUNGSTHEORIE von ROXIN.
Nach dieser Theorie kommt es darauf an, ob das sorgfaltswidrige Verhalten das
auch bei rechtmäßigem Verhalten bestehende Risiko WESENTLICH ERHÖHT hat.
Diese Abstufung macht jedoch keinen Unterschied – weil für alle Fahrlässigkeits-
delikte bereits die unbewusste Fahrlässigkeit genügt.
Der EIGENTLICHE GRUND FÜR diese zwei Formen der Fahrlässigkeit besteht darin
eine MÖGLICHST SCHARFE GRENZE ZWISCHEN BEWUSSTER
FAHRLÄSSIGKEIT zum einen und BEDINGTEM VORSATZ (dolus eventualis) zum
Anderen zu ziehen.
Der Unterschied:
ERFOLGSQUALIFIZIERTE DELIKTE
Das ist nicht zu verwechseln mit den qualifizierten Erfolgsdelikten – wozu auch die
Wertqualifikationen zählen!!!!!
DIE BESONDERE FOLGE DER TAT KANN DEM TÄTER NUR DANN
ANGELASTET WERDEN, WENN SIE IHM OBJEKTIV ZUGERECHNET WERDEN
KANN. Das bedeutet, dass die Folgen SOWOHL INNERHALB DES RISIKO- als
auch des ADÄQUANZZUSAMMENHANGES liegen.
EG: Opfer fährt mit Bauchstichen zu einem weit entfernten Ziel mit dem Bus –
obwohl der Arzt auf die lebensbedrohliche Situation hingewiesen hat.
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
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STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
ECHTE UNTERLASSUNGSDELIKTE
Die Pflicht zur Vornahme des gebotenen Tuns wird bei ALLEN UNECHTEN und
ECHTEN Unterlassungsdelikten durch die realen Gegebenheiten – insbesondere die
psycho-physischen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Betreffenden begrenzt.
UNECHTE UNTERLASSUNGSDELIKTE
V. GARANTENSTELLUNG
Täter eines unechten Unterlassungsdeliktes KANN DENKMÖGLICH NUR
GLEICHWERTIGKEITSKORREKTIV
§ 2 StGB regelt explizit, dass ein Garant nur dann wegen Unterlassen bestraft
werden kann, wenn die Unterlassung einem Tun gleichzuhalten ist..... Das ist nur bei
verhaltensgebundenen Delikten wie z.B. § 144 Erpressung oder § 146 Betrug zu
prüfen. Das Gleichwertigkeitskorrektiv ist nach hM jedenfalls kein eigenständiges
Tatbestandsmerkmal.
GARANTENSTELLUNG
Die GARANTENSTELLUNG iSd § 2 ist nicht nur das komplexeste und schwierigste
sondern BEI WEITEM AUCH WICHTIGSTE ERFORDERNIS für die Verwirklichung
eines unechten Unterlassungsdeliktes.
Dafür genügen auch nicht jedermann treffende Rechtspflichten – sondern es ist nach
bestimmten Personen und bestimmten Situationen zu differenzieren. So ist nicht
jeder Arzt Garant dem Patienten gegenüber – sondern nur der DIENSTTUENDE
ARZT bzw. derjenige der die Behandlung dieses Patienten übernommen hat.
Bei juristischen Personen trifft die Garantenstellung nicht die Kapitalgesellschaft z.B.
als solche sondern die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates, oder die
Geschäftsführung.
- RECHTSVORSCHRIFT
Die beiden wichtigsten Rechtsvorschriften sind familienrechtlicher Art.
EHEGATTEN und KINDER. Dies gilt auch für uneheliche Kinder!!!
Weiters gibt es dazu Vorschriften aus dem Straßenverkehrsrecht,
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
Seite 61 von 81
STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
Arbeitnehmerschutz, Baurecht, Gewerberecht, Amts- und Dienstpflichten bei
Beamten etc.
- FREIWILLIGE PFLICHTENÜBERNAHME
Bademeister, Kindermädchen, Ärzte, Krankenschwester, Vermögensverwalter
etc. – aber nur wenn sie ihren Dienst tatsächlich angetreten haben
Dabei ist irrelevant ob ausdrücklich oder konkludent, entgeltlich oder
unentgeltlich und vorübergehend oder auf Dauer....
- GEFAHRENGEMEINSCHAFT
Von einer Gefahrengemeinschaft spricht man, wenn sich mehrere Personen
zu dem Zweck verbunden haben, durch ihren Zusammenschluss die
CHANCEN ZUR BEWÄLIGUNG eines GEFÄHRLICHEN UNTERNEHMENS
zu ERHÖHEN. Das gilt nicht für ZUFALLSGEMEINSCHAFTEN!!!!! Das hat
der OGH beim „SÜCHTIGEN PARTY Fall“ festgestellt.
- GEFAHRBEGRÜNDENDES VORVERHALTEN
Wer durch sein objektiv pflichtwidriges Verhalten eine nahe Gefahr für fremde
Rechtsgüter herbeiführt ist verpflichtet den Erfolg abzuwenden.
Bei Delikten gegen Leib und Leben verlangt die Rspr einschränkend, dass das
Opfer durch das Vorverhalten in eine Lage qualifizierter Schutzbedürftigkeit
versetzt worden sein muss aus der es sich ohne fremde Hilfe nicht befreien
kann.
Weitgehend ungelöst und noch nicht abschließend erörtert sind die Fragen der
UNZUMUTBARKEIT.
Im Einheitstätersystem ist nicht nur Täter wer die Tat unmittelbar ausführt, sondern
auch derjenige, der den Ausführenden den Willen stärkt oder ihm hilfreiche Hand
bietet.
Obwohl alle Beteiligten TÄTER sind – verantwortet jeder natürlich nur seine eigene
Schuld. Ein wesentlicher Punkt für das Einheitstätersystem ist der VERZICHT AUF
DIE QUALITATIVE AKZESSORIETÄT.
- unmittelbarem Täter
- Bestimmungstäter und
- Beitragstäter
Damit haben wir ein Mehrtypensystem, das immer noch ein Einheitstätersystem ist.
In Österreich:
Im Hinblick auf eine mögliche falsche Einordnung des Täters in eine falsche
Täterschafsform vertritt der OGH die Ansicht, dass dies den Täter nicht benachteiligt.
Unmittelbarer Täter ist, wer eine dem Wortlaut eines bestimmten Tatbestandes
entsprechende Ausführungshandlung vornimmt. Wenn dem nicht so ist – ist der
Täter zumindest nicht der unmittelbare Täter.
Unmittelbarer Täter ist auch wer VIS ABSOLUTA oder ein dressiertes Tier etc.
einsetzt.
Unmittelbare Mittäterschaft liegt gem § 12 1. Fall StGB vor, wenn Personen eine
tatbestandliche Ausführungshandlung ganz oder zumindest teilweise selbst
vornehmen.
Inzwischen hat sich die hL und die Rspr durchgesetzt, dass § 12 3. Fall auch für
Fahrlässigkeitsdelikte gilt.
Wenn man den Grundsatz, dass jeder nach seinem eigenen Unrecht und seiner
eigenen Schuld zu richten ist, haftet der Jäger für fahrlässige Tötung und der
Jagdhelfer gem § 12 3. Fall iVm § 75 MORD!
DER BESTIMMUNGSTÄTER
Ein BESTIMMUNGSTÄTER iSd § 12 2. Fall ist, wer vorsätzlich einen anderen zur
Ausführung einer strafbaren Handlung veranlasst.
Der Begriff „vorsätzlich“ steht zwar nicht explizit im Gesetz, aber BESTIMMEN lässt
sich fast gar nicht anders interpretieren.
„...Wer einen anderen dazu bestimmt, einen Mord auszuführen....“ – zu zitieren ist
§ 12 2. Fall, 75 StGB.
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
Seite 66 von 81
STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
Es muss eine Bestimmungshandlung vorliegen und die mit strafe bedrohte Handlung
muss durch den bestimmten ausgeführt werden.
I. TATBESTANDSMÄSSIGKEIT
II. RECHTSWIDRIGKEIT
Beispiel mit dem A, der merkt, dass C an einer Gasvergiftung stirbt und
den B auffordert Steine in die Fenster des C zu werfen. Während A durch
rechtfertigende Notstandshilfe gedeckt ist, begeht B eine tatbestands-
mäßige, rechtswidrige und schuldhafte Sachbeschädigung wenn er von
der drohenden Gefahr nichts weiß.
III. SCHULD
Schwierig sind Fälle in denen der Bestimmte mehr oder weniger tut als er
beauftragt wurde.
Wenn der unmittelbare Täter mehr anstellt als er beauftragt wurde, dann
kann ein QUANTITATIVER oder ein QUALITATIVER EXZESS vorliegen.
Bei einem qualitativen Exzess bei dem ein ALIUD verwirklicht wird, kann
der Bestimmungstäter für das ALIUD wohl nicht mehr gut haftbar gemacht
werden.
DER BEITRAGSTÄTER
Ein Beitragstäter iSd § 12 3. Fall ist, wer in sonstiger Weise vorsätzlich oder
fahrlässig zur Ausführung einer strafbaren Handlung beiträgt.
Als Tathandlung kommt alles in Frage, was die Ausführung der Tat durch einen
anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder in anderer Weise fördert.
Wenn jemand die Tat allerdings initiiert, dann ist er ein Bestimmungstäter!
Nach stRspr MUSS die TAT KAUSAL – also DE FACTO WIRKSAM gewesen sein.
Schon die geringste Ursache, welche die Tat irgendwie fördert und bis zum Ende
wirksam bleibt, genügt.
Wenn der Tatbeitrag vom Täter nicht in Anspruch genommen wurde, dann bleibt er
straflos!!!!
Ein Grundsatz ist, dass der Beitragstäter nicht in größerem Umfang haften darf als
der unmittelbare Täter.
Beitragstäterschaft kann aber nicht nur in Taten sondern auch psychisch erfolgen
(Rat). Das wurde aber in der Vergangenheit zu extensiv ausgenutzt und wird dzt.
Wieder zurückgedrängt bzw. strengeren Maßstäben unterworfen.
Gemäß § 15 StGB erstrecken sich die Strafdrohungen auch für den VERSUCH des
unmittelbaren Täters sowie für den VERSUCH und für JEDE BETEILIGUNG an
einem VERSUCH.
In § 15 Abs 2 FEHLT eine Regelung für den VERSUCH des BEITRAGSTÄTERS. Sie
FEHLT MIT ABSICHT!
Leitlinie für die Unterscheidung ist auch hier die Eindruckstheorie – es kommt auf die
wertende Betrachtung vom objektiven Standpunkt eines beobachtenden Dritten an.
- der Täter muss selber aktiv werden und die Tat verhindern
- das muss freiwillig sein
Die Beitragstäterschaft ist eine KOMBINIERTE RECHTSFIGUR, die sich aus zwei
personenverschiedenen Strukturen zusammensetzt.
Der bloße Beitragsversuch, also das VERGEBLICHE BEMÜHEN einen anderen bei
der Vorbereitung oder der unmittelbaren Ausführung der Tat zu unterstützen
BEGRÜNDET KEINE STRAFBARKEIT!!!!
Ein Beitrag zu einem Versuch ist laut § 15 Abs 1 3.Fall STRAFBAR. Das gilt für
jeden Beitrag zu einem Versuch. Wie der Beitrag zu einem absolut untauglichen
Versuch zu bewerten ist erscheint fragwürdig. Aber nachdem der Beitragstäter
niemals schwerer bestraft werden kann als der unmittelbare Täter – und dieser
straflos bleibt – ist ein Beitrag zu einem absolut untauglichen Versuch straflos zu
werten.
Die Strafbarkeit der Bestimmungstäterschaft reicht jedenfalls weiter als die des
Beitragstäters. Daher ist genau abzugrenzen zwischen Bestimmung und Beitrag!
Versuch der Beitragstäterschaft liegt vor, sobald der Täter seinen Beitragsentschluss
durch eine Beitragshandlung betätigt hat, VORAUSGESETZT, DASS ES IN DEREN
FOLGE ÜBERHAUPT zur VORNAHME EINES VERSUCHS durch den unmittelbaren
Täter kommt – sonst bleibt er straflos!!!!
Voraussetzung ist in jedem Fall, dass der unmittelbare Täter MIT VOLLEM
TATENTSCHLUSS gehandelt hat – wenn es daran mangelt – liegt ein
STRAFLOSER BEITRAGSVERSUCH vor!
BEITEILIGUNG AM SONDERDELIKT
DOGMATISCHE GRUNDLAGEN
Das bringt mit sich, dass ein UNMITTELBARER TÄTER immer nur ein qualifiziertes
Tatsubjekt (sog. INTRANEUS) sein kann. Alle anderen Beitragstäter sind EXTRANEI
und können demnach nur Beitrags- oder Bestimmungstäter sein.
Wie auch immer – Beitrags- und Bestimmungstäter haften auch im Rahmen eines
Sonderdelikts AUSSCHLIESSLICH FÜR EIGENES UNRECHT!!!
Strittig ist, ob mit Hilfe des § 14 Abs 1 extranei sogar zu unmittelbaren Tätern
werden.
Nach hM wird diese Frage bejaht – Kienapfel stimmt dem nicht zu. Er meint, dass
dadurch Sinn und Zweck des § 14 Abs 1 überinterpretiert werden. Die traditionelle
Meinung vertritt die Ansicht, dass ein EXTRANEI nur ein Bestimmungs- oder
Beitragstäter sein kann.
Nach § 14 ist das Gesetz bei Sonderdelikten auf alle Beteiligten anzuwenden.
Daraus folgt zwangsläufig, dass für INTRANEI und EXTRANEI die gleichen
Strafdrohungen gelten.
Ob ein EXTRANEI milder zu bestrafen ist (ein Drittel weniger) ist umstritten.
Ein solches ist zum Beispiel das Geschlecht des Täters. Täter iSd § 205 Abs 1, 209
kann nur eine Person männlichen Geschlechts sein.
Aber auch eine rechtliche Eigenschaft wie zum Beispiel „Beamter“ iSd § 302 ff ist ein
besonderes persönliches Merkmal.
PERSÖNLICHE SCHULDMERKMALE
Ein Fall von persönlichen Schuldmerkmalen ist zum Beispiel § 79 StGB. Hier genügt
nicht, dass die Täterin MUTTER des Opfers ist – sie muss auch im § 79
beschriebenen Geburtsstress befinden.
Bei den meisten unrechtsgeprägten Sonderdelikten hängt das Unrecht davon ab, ob
der INTRANEUS die Tat als UNMITTELBARER TÄTER ausführt, oder dass er
zumindest in bestimmter Weise daran mitwirkt.
Bei dieser Art Delikt kann ein Extraneus nur dann bestraft werden, wenn der
Intraneus die Tat unmittelbar ausgeführt hat.
Der Sinn und Zweck dieser Regelung war lange zeit umstritten. Heute gibt es
wenigstens eine einheitliche hM über den Ausgangspunkt der Regelung.
Fraglich ist inwiefern der Bestimmungs- oder Beitragstäter Kenntnis von der
Wissentlichkeit des Amtsmissbrauchs haben müssen.
Die Funktion des Abs 2 beschränkt sich darauf, die Aussage des § 13 auf die
ausschließlich SCHULDGEPRÄGTEN SONDERDELIKTE zu erstrecken.
§ 14 Abs 2 ist damit eine ERGÄNZUNG zu § 13 und hat in erster Linie eine
klarstellende Bedeutung.
Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist relativ begrenzt. Kienapfel nimmt die
Motivation der Legislative bei „§ 79 Kindestötung bei der Geburt“ an.
Gewerbsmäßige Delikte können jedenfalls gar nicht unter diese Regelung fallen, weil
es sich weder um Sonderdelikte handelt, noch die „Gewerbsmäßigkeit“ ein
schuldgeprägtes persönliches Merkmal darstellen (sic!).
Auch für die Entwendung gem § 141 kommt § 14 nicht in Frage – das ist kein
Sonderdelikt.
§ 39 und § 313 fallen auch nicht unter diese Regelung – es handelt sich dabei
lediglich um Strafbemessungsregeln.
EXKURS ZU § 13
Gem § 13 ist jeder Beteiligte nur nach seiner Schuld zu bestrafen. Dieser Grundsatz
ist eine Konkretisierung zum ALLGEMEINEN SCHULDGRUNDSATZ gem § 4 StGB
für die Beteiligungslehre.
Der Anwendungsbereich des § 13 ist sehr weit gespannt und umfasst sämtliche
Fragen des Schulddefizits mit Ausnahme der Bereiche der Sonderdelikte die im
§ 14 Abs 2 ausdrücklich geregelt wurden (lex specialis derogat leges generalis).
idR häufen sich mehrere Delikte in einem Sachverhalt. Der Richter muss idR ALLE
DELIKTE im Urteilstenor aufnehmen und alle im Tenor erfassten Delikte in einem
Urteilsspruch erledigen.
Wie dies zu lösen ist – klärt die Lehre von den Konkurrenzen.
Häufig ergibt sich schon aus dem Zusammenhang, dass das eine Delikt den
Unrechtsgehalt des anderen Deliktes IN JEDER BEZIEHUNG MITUMFASST! Das
bedeutet, dass das Delikt durch das andere Delikt verdrängt wird.
Die Frage der Scheinkonkurrenz ist eigentlich im StGB nicht expressis verbis
geregelt.
Die Annahme von echten Konkurrenzen hat zur Folge, dass ALLE
KONKURRIERENDEN DELIKTE in den Urteilstenor aufzunehmen sind! Das liegt der
KLARSTELLUNGSFUNKTION zugrunde – das Urteil soll sämtliche Delikte
VOLLSTÄNDIG erfassen und in diesem Sinne klarzustellen.
Es macht Sinn die unechte Konkurrenz vor der echten zu prüfen – weil es nur dann
indiziert ist die weitere Prüfung nach der echten Konkurrenz anzustellen.
SCHEINKONKURRENZ
I. SPEZIALITÄT
III. KONSUMTION
SPEZIALITÄT
Im Falle der Spezialität verdrängt das SPEZIELLE GESETZ das generelle. Es gilt:
SUBSIDIARITÄT
Es gibt Fälle in denen das Gesetz die Subsidiarität AUSDRÜCKLICH anordnet. (so
zum Beispiel § 151 StGB Versicherungsmissbrauch).
KONSUMTION
Bei einer solchen Sachlage wird der UNRECHTSGEHALT des verdrängten Deliktes
idR durch das vorrangige AUFGEZEHRT.
RECHTLICHE WIRKUNGEN
ECHTE KONKURRENZ
I. TATEINHEIT
Das bedeutet, dass der Angeklagte durch eine Tat mehrere Delikte
gleichzeitig
II. TATMEHRHEIT
Das bedeutet, dass der Angeklagte mehrere Delikte zeitlich nacheinander
begangen hat. Es handelt sich also um mehrere selbständige Taten.
Für den Fall, dass ungleichartige Strafdrohungen in Betracht kommen findet sich die
entsprechende Regelung in Absatz 2!
Der Angeklagte kommt bei einer fortgesetzten Tat erfahrungsgemäß billiger davon
und der Richter tut sich leichter den Sachverhalt fest zu stellen.
Die Anwendung des fortgesetzten Delikts setzt voraus, dass sich die einzelnen Akte
gegen dasselbe Rechtsgut richten, in der Begehungsweise gleichartig sind und im
nahen zeitlichen Kontext stehen sowie von einem einheitlichen Vorsatz getragen
werden.
Ein Rücktritt vom Versuch eines Teilaktes läßt die Strafbarkeit in Bezug auf die
übrigen Teilakte unberührt.
Das fortgesetzte Delikt begründet prozessual gesehen eine Tat! Deshalb erstreckt
sich der Urteilstenor auf sämtliche Einzelakte – auch solche welche das Gericht
Michael Akhavan – Aghdam 30.10.2009 06:19
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STRAFRECHT – AT nach Kienapfel
weder gekannt hat noch kennen konnte zum Zeitpunkt der Urteilsverkündigung. Auch
falls sich weitere Straftaten herausstellen sollten – die in das fortgesetzte Delikt
passen – ist der STRAFANSPRUCH diesbezüglich VERBRAUCHT!!!!
Das gleiche gilt natürlich falls die Anklage des fortgesetzten Deliktes mit einem
Freispruch endete.