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Bürgerinitiativen Hamburg - "Recht auf Stadt" aus dem Zentrum verbannt... http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1313141/Recht-a...

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KOMMUNALES
BÜRGERINITIATIVEN HAMBURG

"Recht auf Stadt" aus dem Zentrum verbannt


VON THOMAS ANDRE 18. Dezember 2009, 06:36 Uhr

Gericht verlagert Demo-Route. Polizei befürchtet Randale. Organisatoren widersprechen, hoffen auf höhere Instanz.

Über 120 Initiativen und Institutionen beteiligen sich an der heutigen Parade des Netzwerks "Recht auf Stadt". Palle Schlüter engagiert sich gegen den
Bau der geplanten Moorburgtrasse - und marschiert heute durch Hamburg.
Foto: Marcelo Hernandez

HAMBURG. Kalt ist es im Frappant-Gebäude, die Aktivisten bibbern und wärmen sich mit Kaffee. Heute wird es sicher nicht angenehmer
sein im Hinblick auf die arktischen Temperaturen, wenn sich die "Recht auf Stadt"-Parade durch die Stadt schiebt. Eine Mischung auf
Polit-Demo und Rosenmontagsumzug schwebt den Veranstaltern vor, das wurde in der Pressekonferenz vor der Demo deutlich. Es reicht
ihnen jetzt nicht mehr, Investoren aus dem Gängeviertel zu vertreiben oder die Parolen der Bürgerbewegung auf Beton zu sprühen. "Wir
wollen die Öffentlichkeit direkt ansprechen", sagt Niels Boeing.

Und deswegen wird heute ab 17 Uhr ein großer Umzug durch Hamburg paradieren. Mit Wagen, auf denen die in "Recht auf Stadt"
zusammengeschlossenen Initiativen ihre Pläne, Konzepte und ihre Kritikpunkte an der Stadtentwicklungspolitik Hamburgs vortragen. Kreativ
und künstlerisch, versprechen die hoffnungsvollen Macher - die freilich gestern einen Tiefschlag verdauen mussten. Denn die ursprünglich
angemeldete Route wurde dem Netzwerk polizeilich untersagt. Statt unmittelbar durch die Innenstadt (Gänsemarkt, Jungfernstieg, Große
Bleichen, Stadthausbrücke, Neuer Wall, Jungfernstieg, Bergstraße, Mönckebergstraße, Mönckebergbrunnen) soll die Parade jetzt seitlich
an ihr vorbeiziehen. Über Valentinskamp, Dragonerstall, Kaiser-Wilhelm-Str., Axel-Springer-Platz, Stadthausbrücke, Rödingsmarkt, Willy-
Brandt-Str., Domstraße, Steinstraße, mit einer Schlusskundgebung an der Steinstr., auf Höhe des Ida-Ehre-Platzes. "Wir werden gänzlich
aus der zentralen Innenstadt verbannt", sagt Palle Schlüter von "Recht auf Stadt".

1 von 2 21.12.2009 12:36


Bürgerinitiativen Hamburg - "Recht auf Stadt" aus dem Zentrum verbannt... http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1313141/Recht-a...

Und das stinkt dem Bündnis mächtig. Mindestens 1500 Teilnehmer erwarten sie bei der Demo, insgeheim hoffen sie jedoch auf weitaus
mehr. Eine prima Gelegenheit, noch mehr als ohnehin schon ins öffentliche Bewusstsein zu rücken: Und jetzt das. Ein Eilantrag beim
Verwaltungsgericht wurde flugs abgewiesen. Die Begründung hat es in sich - finden die Aktivisten. Es werde eine Gefahrenprognose
konstruiert, sagt etwa Mark Meyer, Anwalt bei "Mieter helfen Mietern" und Mitarbeiter des Bündnisses. "Die unumwunden deutlich gemachte
Haltung des Gerichts macht uns sprachlos."

Das äußert sich in der Tat mit markanten Worten: "Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass der Aufzug 300 bis 400
gewaltbereite Teilnehmer umfassen wird, von denen erhebliche Gefahren ausgehen", heißt es in der Begründung des Gerichts. Aus Angst
vor Linksextremen und Autonomen darf die Parade also nicht durch die Innenstadt.

Für die Veranstalter ein Witz - sie haben nach ihrer Darstellung mit der gewaltbereiten Szene nichts zu tun. Vollends in Harnisch bringt sie
die Argumentation des Gerichts, wonach der Aufruf des Bündnisses "keinerlei Abgrenzung zu einem gewalttätigen Agieren unternimmt",
sondern diese durch die Parolen sogar noch befeuere. Damit meint das Gericht die druckreif formulierten Statements von "Recht auf Stadt",
die durchaus provokativ sind und etwa wie folgt lauten: "Wir sind wütend - aus den unterschiedlichsten Gründen [...] Deshalb gehen wir auf
die Barrikaden [...] Deshalb demonstrieren wir, besetzen Häuser und Plätze [...] stören Sitzungen [...] Wir bleiben unkalkulier- und planbar!"

Die "Recht-auf-Stadt"-Macher sind irritiert und verärgert. Sie befürchten, auf der Alternativroute weniger Aufmerksamkeit zu erregen. "Das ist
eine Abstrafung der Stadt, weil wir zu erfolgreich sind, und hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun", mutmaßt manch einer. Einstweilen hat das
Bündnis das Oberverwaltungsgericht angerufen. Dessen Urteil wird für heute erwartet. Ein Sprecher der Polizei wollte gestern nichts zu dem
Fall sagen und dem Urteil nicht vorgreifen.

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