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... Vertreter von Fußballvereinen zeigten sich schockiert von den Bildern aus Köln. Dabei hatte sich das Unheil lange angekündigt. Seit Februar 2012 verfügen Staatsschützer über konkrete Hinweise darauf, dass sich traditionell verfeindete Hooligan-Gruppen vernetzen und nach rechts außen rücken. Damals lud die Borussenfront – eine Gruppe rechtsextremer Schläger, die in den Achtzigerjahren ihre Hochphase hatte – verschiedene Hooligan-Gruppen zu einem „vereinsübergreifenden Austausch“ auf einen Bauernhof im Rheinland.
Mitglieder von 17 „firms“, wie sich die Hooligan-Zusammenschlüsse nach englischem Vorbild nennen, trafen in der Nähe von Leichlingen ein. Darunter viele ältere, schmerbäuchige Männer aus Duisburg, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Dresden und anderen Städten. Sie tranken reichlich Bier und schwadronierten über alte Schlachten, es war ein Klassentreffen für Gewaltsuchende.
Ein Teilnehmer erinntert sich, daß die Borussenfront-Mitglieder gegen die linken Ultras wetterten. Die öffentlichkeitswirksamen Aktionen dieser Hardcore-Fußballfans, etwa gegen Rassismus in den Stadien, störten die braunen Eminenzen.
In Leichlingen verständigte man sich darauf, die Ultras „ordentlich zu stutzen“. Am Ende des Abends beschloss die Gruppe, sich einen Namen zu geben: Gnu Honnters, eine Verballhornung von „New Hunters“ – neue Jäger. Auf einem Gruppenfoto deuten vier der Männer den Hitlergruß an.
Linke Ultra-Gruppen in Aachen, Dortmund, Duisburg, Braunschweig oder Düsseldorf berichteten seither, dass sie von Hooligans bedroht, gejagt und verprügelt worden seien. Manche Ultra-Gruppen, etwas die Aachen-Ultras, zogen sich resigniert zurück.
Die Gnu Honnters wuchsen Anfang 2013 laut einem Staatsschützer auf annähernd 300 Personen. Sie besuchten Konzerte von „Kategorie C“ und nahmen an Fußballturnieren wie dem „Swastika-Cup“ in Karlsruhe teil wo die Hooligans auf Nazis aus Duisburg, Dortmund und Baden-Württemberg trafen.
Die Vereine bekamen von alledem angeblich nichts mit. Der Hooliganismus sei ausgestorben, behaupteten Kluboffizielle, obwohl sich außerhalb der Stadien an den Wochenenden Hunderte prügelten.
Das Beispiel Dortmund zeigt, dass das Phänomen lange nicht ernst genommen wurde. Sogar im Ordnungsdienst des Vereins waren zwischenzeitlich rechtsextreme Hooligans beschäftigt. Erst als Thilo Danieslsmeyer, Sozialarbeiter beim Borussen-Fanprojekt, vor eineinhalb Jahren bei einem Auswärtsspiel in Donezk zusammengeschlagen wurde, wachte der Verein auf. Zwei Männer hatten Danielsmeyer auf der Toilette traktiert und gebrüllt: „Dortmund bleibt rechts!“
Borussia Dortmund reagierte mit Kampagnen, Filmprojekten und Plakaten. Einigen rechten Krawallmachern erteilte der Bundesligist Stadionverbot. „So zeigt man Rechten, daß man sie im Fußball nicht will“, sagt Danielsmeyer. Sorge bereite ihm, dass diejenigen die der Verein ausgeschlossen hat, offenbar gezielt von Extremisten angesprochen würden. In Dortmund lädt ein Neonazi sie zum gemeinsamen Training in seine Boxhalle ein.
Ähnlich träge wie die Vereine reagierte die Politik auf die Bedrohung durch Stadionschläger und Extremisten. Nachem SPIEGEL ONLINE Anfang 2014 über den „Rechtsruck in den Stadien“ geschrieben hatte, fragte die Linksfraktion im Bundestag bei der Regierung nach.
... Eine Projektgruppe im Düsseldorfer Landeskriminalamt soll nun herausfinden, ob in Köln nur eine „Flashmob im großen Stil“ auf die Straße ging, wie Bundesinnenminister Lothar de Maizière abwiegelt, oder ein neues schlagkräftiges Bündnis, das die Sicherheit des Landes bedroht.
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Seite 28-30 exzerpiert aus DER SPIEGEL Nr. 45 vom 3. November 2014: „Nach dem Spiel: Straßenkampf – Die Krawalle in Köln lassen die Behörden rätseln: Verbünden sich Neonazis und Hooligans? Die Gefahr wurde lange unterschätzt.“ von Maik Baumgärtner, Rafael Buschmann, Jörg Diehl, Hubert Gude, Sven Röbel, Christoph Ruf, Jörg Schindler, Fidelius Schmid, David Walden, Wolf Wiedmann-Schmidt.
Originaltitel
Deutsche Neonazis & Fußball-Hooligans: Politkrawallos marodieren durch Köln
... Vertreter von Fußballvereinen zeigten sich schockiert von den Bildern aus Köln. Dabei hatte sich das Unheil lange angekündigt. Seit Februar 2012 verfügen Staatsschützer über konkrete Hinweise darauf, dass sich traditionell verfeindete Hooligan-Gruppen vernetzen und nach rechts außen rücken. Damals lud die Borussenfront – eine Gruppe rechtsextremer Schläger, die in den Achtzigerjahren ihre Hochphase hatte – verschiedene Hooligan-Gruppen zu einem „vereinsübergreifenden Austausch“ auf einen Bauernhof im Rheinland.
Mitglieder von 17 „firms“, wie sich die Hooligan-Zusammenschlüsse nach englischem Vorbild nennen, trafen in der Nähe von Leichlingen ein. Darunter viele ältere, schmerbäuchige Männer aus Duisburg, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Dresden und anderen Städten. Sie tranken reichlich Bier und schwadronierten über alte Schlachten, es war ein Klassentreffen für Gewaltsuchende.
Ein Teilnehmer erinntert sich, daß die Borussenfront-Mitglieder gegen die linken Ultras wetterten. Die öffentlichkeitswirksamen Aktionen dieser Hardcore-Fußballfans, etwa gegen Rassismus in den Stadien, störten die braunen Eminenzen.
In Leichlingen verständigte man sich darauf, die Ultras „ordentlich zu stutzen“. Am Ende des Abends beschloss die Gruppe, sich einen Namen zu geben: Gnu Honnters, eine Verballhornung von „New Hunters“ – neue Jäger. Auf einem Gruppenfoto deuten vier der Männer den Hitlergruß an.
Linke Ultra-Gruppen in Aachen, Dortmund, Duisburg, Braunschweig oder Düsseldorf berichteten seither, dass sie von Hooligans bedroht, gejagt und verprügelt worden seien. Manche Ultra-Gruppen, etwas die Aachen-Ultras, zogen sich resigniert zurück.
Die Gnu Honnters wuchsen Anfang 2013 laut einem Staatsschützer auf annähernd 300 Personen. Sie besuchten Konzerte von „Kategorie C“ und nahmen an Fußballturnieren wie dem „Swastika-Cup“ in Karlsruhe teil wo die Hooligans auf Nazis aus Duisburg, Dortmund und Baden-Württemberg trafen.
Die Vereine bekamen von alledem angeblich nichts mit. Der Hooliganismus sei ausgestorben, behaupteten Kluboffizielle, obwohl sich außerhalb der Stadien an den Wochenenden Hunderte prügelten.
Das Beispiel Dortmund zeigt, dass das Phänomen lange nicht ernst genommen wurde. Sogar im Ordnungsdienst des Vereins waren zwischenzeitlich rechtsextreme Hooligans beschäftigt. Erst als Thilo Danieslsmeyer, Sozialarbeiter beim Borussen-Fanprojekt, vor eineinhalb Jahren bei einem Auswärtsspiel in Donezk zusammengeschlagen wurde, wachte der Verein auf. Zwei Männer hatten Danielsmeyer auf der Toilette traktiert und gebrüllt: „Dortmund bleibt rechts!“
Borussia Dortmund reagierte mit Kampagnen, Filmprojekten und Plakaten. Einigen rechten Krawallmachern erteilte der Bundesligist Stadionverbot. „So zeigt man Rechten, daß man sie im Fußball nicht will“, sagt Danielsmeyer. Sorge bereite ihm, dass diejenigen die der Verein ausgeschlossen hat, offenbar gezielt von Extremisten angesprochen würden. In Dortmund lädt ein Neonazi sie zum gemeinsamen Training in seine Boxhalle ein.
Ähnlich träge wie die Vereine reagierte die Politik auf die Bedrohung durch Stadionschläger und Extremisten. Nachem SPIEGEL ONLINE Anfang 2014 über den „Rechtsruck in den Stadien“ geschrieben hatte, fragte die Linksfraktion im Bundestag bei der Regierung nach.
... Eine Projektgruppe im Düsseldorfer Landeskriminalamt soll nun herausfinden, ob in Köln nur eine „Flashmob im großen Stil“ auf die Straße ging, wie Bundesinnenminister Lothar de Maizière abwiegelt, oder ein neues schlagkräftiges Bündnis, das die Sicherheit des Landes bedroht.
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Seite 28-30 exzerpiert aus DER SPIEGEL Nr. 45 vom 3. November 2014: „Nach dem Spiel: Straßenkampf – Die Krawalle in Köln lassen die Behörden rätseln: Verbünden sich Neonazis und Hooligans? Die Gefahr wurde lange unterschätzt.“ von Maik Baumgärtner, Rafael Buschmann, Jörg Diehl, Hubert Gude, Sven Röbel, Christoph Ruf, Jörg Schindler, Fidelius Schmid, David Walden, Wolf Wiedmann-Schmidt.
... Vertreter von Fußballvereinen zeigten sich schockiert von den Bildern aus Köln. Dabei hatte sich das Unheil lange angekündigt. Seit Februar 2012 verfügen Staatsschützer über konkrete Hinweise darauf, dass sich traditionell verfeindete Hooligan-Gruppen vernetzen und nach rechts außen rücken. Damals lud die Borussenfront – eine Gruppe rechtsextremer Schläger, die in den Achtzigerjahren ihre Hochphase hatte – verschiedene Hooligan-Gruppen zu einem „vereinsübergreifenden Austausch“ auf einen Bauernhof im Rheinland.
Mitglieder von 17 „firms“, wie sich die Hooligan-Zusammenschlüsse nach englischem Vorbild nennen, trafen in der Nähe von Leichlingen ein. Darunter viele ältere, schmerbäuchige Männer aus Duisburg, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Dresden und anderen Städten. Sie tranken reichlich Bier und schwadronierten über alte Schlachten, es war ein Klassentreffen für Gewaltsuchende.
Ein Teilnehmer erinntert sich, daß die Borussenfront-Mitglieder gegen die linken Ultras wetterten. Die öffentlichkeitswirksamen Aktionen dieser Hardcore-Fußballfans, etwa gegen Rassismus in den Stadien, störten die braunen Eminenzen.
In Leichlingen verständigte man sich darauf, die Ultras „ordentlich zu stutzen“. Am Ende des Abends beschloss die Gruppe, sich einen Namen zu geben: Gnu Honnters, eine Verballhornung von „New Hunters“ – neue Jäger. Auf einem Gruppenfoto deuten vier der Männer den Hitlergruß an.
Linke Ultra-Gruppen in Aachen, Dortmund, Duisburg, Braunschweig oder Düsseldorf berichteten seither, dass sie von Hooligans bedroht, gejagt und verprügelt worden seien. Manche Ultra-Gruppen, etwas die Aachen-Ultras, zogen sich resigniert zurück.
Die Gnu Honnters wuchsen Anfang 2013 laut einem Staatsschützer auf annähernd 300 Personen. Sie besuchten Konzerte von „Kategorie C“ und nahmen an Fußballturnieren wie dem „Swastika-Cup“ in Karlsruhe teil wo die Hooligans auf Nazis aus Duisburg, Dortmund und Baden-Württemberg trafen.
Die Vereine bekamen von alledem angeblich nichts mit. Der Hooliganismus sei ausgestorben, behaupteten Kluboffizielle, obwohl sich außerhalb der Stadien an den Wochenenden Hunderte prügelten.
Das Beispiel Dortmund zeigt, dass das Phänomen lange nicht ernst genommen wurde. Sogar im Ordnungsdienst des Vereins waren zwischenzeitlich rechtsextreme Hooligans beschäftigt. Erst als Thilo Danieslsmeyer, Sozialarbeiter beim Borussen-Fanprojekt, vor eineinhalb Jahren bei einem Auswärtsspiel in Donezk zusammengeschlagen wurde, wachte der Verein auf. Zwei Männer hatten Danielsmeyer auf der Toilette traktiert und gebrüllt: „Dortmund bleibt rechts!“
Borussia Dortmund reagierte mit Kampagnen, Filmprojekten und Plakaten. Einigen rechten Krawallmachern erteilte der Bundesligist Stadionverbot. „So zeigt man Rechten, daß man sie im Fußball nicht will“, sagt Danielsmeyer. Sorge bereite ihm, dass diejenigen die der Verein ausgeschlossen hat, offenbar gezielt von Extremisten angesprochen würden. In Dortmund lädt ein Neonazi sie zum gemeinsamen Training in seine Boxhalle ein.
Ähnlich träge wie die Vereine reagierte die Politik auf die Bedrohung durch Stadionschläger und Extremisten. Nachem SPIEGEL ONLINE Anfang 2014 über den „Rechtsruck in den Stadien“ geschrieben hatte, fragte die Linksfraktion im Bundestag bei der Regierung nach.
... Eine Projektgruppe im Düsseldorfer Landeskriminalamt soll nun herausfinden, ob in Köln nur eine „Flashmob im großen Stil“ auf die Straße ging, wie Bundesinnenminister Lothar de Maizière abwiegelt, oder ein neues schlagkräftiges Bündnis, das die Sicherheit des Landes bedroht.
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Seite 28-30 exzerpiert aus DER SPIEGEL Nr. 45 vom 3. November 2014: „Nach dem Spiel: Straßenkampf – Die Krawalle in Köln lassen die Behörden rätseln: Verbünden sich Neonazis und Hooligans? Die Gefahr wurde lange unterschätzt.“ von Maik Baumgärtner, Rafael Buschmann, Jörg Diehl, Hubert Gude, Sven Röbel, Christoph Ruf, Jörg Schindler, Fidelius Schmid, David Walden, Wolf Wiedmann-Schmidt.