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Halle, 15.03.

2010

Unsere Stadt und ihr größter Verein –


Rechtsradikale „Fussballfans“ machen aus dem Sport ein Politikum

In der Stadt finden sich Hetzaufkleber und Sprühereien mit Aufrufen zur
Tötung von Fans des Leipziger Fussballvereins Rasenballsport (RB Leipzig),
ein Asiaimbiss am Reileck wurde dieses Wochenende teilweise demoliert und
mit „JUDEN“ besprüht, mancherorts finden sich Sprüherein „HFC – Fuck
Antifa“ und der Neonazi-Code 88 (für Heil Hitler), fast immer unterzeichnet
die Jugendbande/Saalefront (JB/SF), die größte Ultra-Fangruppierung des
Halleschen Fussballclubs Chemie (HFC).

Das Problem

Eines vorweg, nur wenige von uns interessieren sich für Fussball, und nur einer von uns ist
bekennender Unterstützer des HFC. Doch die rechte Propaganda, die Mitglieder der
Fangruppierung HFC Ultras/Saalefront/Jugendbande immer stärker in der Öffentlichkeit
verbreiten, ist für uns ein Grund, die Öffentlichkeit zum sprichwörtlichen „Hingucken“
aufzurufen.
Auslöser ist der Übergriff, der am Wochenende auf den Asiaimbiss am Reileck stattgefunden
hat, und von dem gestern in einem Internetforum berichtet wurde. Die
Außenbeleuchtungsanlage des Imbiss‘ wurde zerstört, außerdem auf der Rückseite der
Schriftzug „JUDEN“ gesprüht, sowie die ‚Unterschrift‘ „JB/SF“, dem Kürzel der HFC-
Ultragruppierung Jugendbande/Saalefront. Am S-Bahnhof Zoo steht seit dem Wochenende
zudem „RB Leipzig töten“ neben „HFC“, „Jugendbande“ und ebenfalls „JB/SF“. [siehe Fotos]
Dieser Aufruf zur Tötung von Fans oder Spielern einer Fussballmannschaft muss vor dem
Hintergrund der unsäglichen Kampagne gegen den Verein „Rasenballsport (RB) Leipzig“
gesehen werden, seit Monaten rufen Aufkleber von Jugendbande/Saalefront/Coesa per
sempre auf: „BULLEN JAGEN“, „Red Bull vertreiben“, „DEAD BULLS ARE GOOD BULLS“ etc.
Der Hass auf einen sportlichen Gegner baut auf der Fehlannahme, Fussball sei eigentlich
nicht nach marktwirtschaftlichen Prinzipien organisiert, es wird eine Dichotomie von
„traditionellem deutschen Fussball“ gegen das vermeintliche „zersetzende“ „Kunstprodukt“
RB Leipzig konstruiert, wobei alle Probleme, die mit der gewinnorientierten Vermarktung
und Verwertung von Vereinen verknüpft sind und die vom HFC bis zu Bayern München mal
weniger und mal mehr alle Vereine betreffen, auf den RB Leipzig projiziert werden. Diese
verkürzte und völlig verquere Kapitalismuskritik ähnelt nicht nur rein zufällig rechtsradikalen
Argumentationsschemata, die „verwurzelte, traditionelle, deutsche Prinzipien“ von
„künstlichen, modernen, zersetzenden Einflüssen bedroht sehen.
Oftmals wurden Aufkleber der Anti-RB-Kampagne zusammen mit Aufklebern der
rechtsterroristischen „Anti-Antifa“ verklebt, und auch Graffitis mit dem Text „HFC – Fuck
Antifa“, daneben die „88“, der rechtsradikale Zahlencode für „Heil Hitler“, sprechen eine
deutliche Sprache. [siehe Fotos]
Konsequenzen?

Der rassistische Überfall auf einen von Ausländern betriebenen Imbiss mit der
antisemitischen Negativzuschreibung „JUDEN“ und der Unterschrift „JB/SF“ lassen das Fass
nun überlaufen. Die rechte Dominanz der Fankurve im KWS, dem Kurt-Wabbel-Stadion, hat
schon so manchen aus dem Stadion verschreckt. Der jetzige Vorfall, so sagte uns unter der
Hand eine „Quelle“ aus dem Verein, sei auch für den HFC eine Schande. Es sei absurd, was
rechtsradikale Wirrköpfe aus Jugendbande/Saalefront darunter verständen, den Verein zu
unterstützen. So schreiben sie auf ihrer Website: „Gemeinsam mit der SF und allen anderen
aktiven Gruppen opfern wir unsere Zeit, unser Geld und vieles mehr um unseren geliebten
HFC bestmöglich zu unterstützen“.
Der erbitterten Kritik unseres verständlicherweise anonym zitierten Vereinskontaktes
können wir uns nur anschließen – es ist unglaublich, wie die „Ultras“ des HFC ihre
Wahnvorstellung eines Vereins, den sie angeblich unterstützen, von den Funktionären des
Vereins, den Spielern des Vereins, und vielen Fans des Vereins loskoppeln können.
Oft behaupten sogenannte Ultras, kritisiert man rechte Sprüche im Stadion, sie seien
unpolitisch und Politik habe im Stadion/Fussball nichts zu suchen. Die Kampagne „Tötet RB“
oder die Sprüche „HFC – Fuck Antifa“, „88“ und „JUDEN“ sprechen eine andere Sprache.
Wir fordern alle Verantwortlichen im Halleschen Fusballclub „HFC“ und alle wirklichen
Fussballfans in Halle und Umgebung auf, sich von den Gruppen „Saalefront/Jugendbande
(JB/SF)“ und „Coesa per siempre“ zu distanzieren. Zudem fordern wir polizeiliche
Ermittlungen gegen die rechten Hasstaten der „JB/SF“. Wir wissen, dass unsere Forderung
auch im Verein stille Sympathisanten hat, doch muss eine klare und öffentliche Abgrenzung
des HFC von diesen rechtsradikalen und gewalttätigen Fans erfolgen.

Wer Fussball lebt, muss Hass und Gewalt verachten!


Gegen Antisemitismus, Rassismus und Gewalt!

Chris Müller,
für den AK Kritische Studierende an der Martin-Luther-Universität
Halle, 15.03.2010
ak_kritik@gmx.de

Fotos der beschriebenen Sprühereien/ Aufkleber etc. im Anhang

1 Asiaimbiss am Reileck
2 Asiaimbiss am Reileck (Rückseite)
3 S-Bahhof Zoo
4 Gelände „Am Galgenberg“
5, 6, 7 Aufkleber
Graffiti am S-Bahnhof Zoo
Graffitis „Am Galgenberg“

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