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Warum schweigen wir vom der Wind riss von den Bäumen das Laub, auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust
Himmel? da reist ich nach Deutschland hinüber. und Zuckererbsen nicht minder.
Und als ich an die Grenze kam, Ja, Zuckererbsen für jedermann,
1. Der Verdacht der Jenseitsver- da fühlt’ ich ein stärkeres Klopfen sobald die Schoten platzen!
tröstung in meiner Brust, ich glaube sogar, Den Himmel überlassen wir
die Augen begannen zu tropfen. den Engeln und den Spatzen.
Der englische Literaturwissenschaftler C.S.
Lewis beschließt sein Buch “Über den Und als ich die deutsche Sprache vernahm, Soweit der Anfang dieses Gedichts von
Schmerz” mit einem Kapitel über den da ward mir seltsam zumute; Heine. Was auffällt, ist der große Optimis-
Himmel, welches mit den Worten beginnt: ich meinte nicht anders, als ob das Herz mus. Ein neues Lied, ein besseres Lied. Wir
“Wir sind heutigentags sehr schüchtern, recht angenehm verblute. wollen das Himmelreich auf Erden schaf-
den Himmel auch nur zu erwähnen. Wir fen, wir wollen auf Erden glücklich sein. Es
fürchten uns vor dem Spott über die Ku- Ein kleines Harfenmädchen sang, ist genug da für alle. Wir wollen keine Ver-
chen im Himmel. Wir hören sehr ungern sie sang mit wahrem Gefühle
tröstung im Leid, wir wollen keine Entsa-
den Vorwurf, wir suchten uns zu drücken und falscher Stimme, doch ward ich sehr
gung in der Trauer, wir wollen keine besse-
vor der Pflicht, hier und jetzt eine bessere gerühret von ihrem Spiele.
re Welt woanders, nein, wir wollen hier und
Welt zu schaffen und träumten stattdessen jetzt eine bessere Welt. Die Urheber dieser
1 Sie sang von Liebe und Liebesgram,
von einer glücklichen Welt anderswo.” Ich Aufopferung und Wiederfinden Vertröstungen sind nach Heine die Pfaffen,
glaube, dass sich viele mit dieser Aussage dort oben in jener besseren Welt, die Wasser predigen, aber selbst Wein trin-
identifizieren können. Ist nicht der Glaube wo alle Leiden schwinden. ken.
an den Himmel, der Glaube also an die Ku-
chen im Himmel, doch eine Jenseitsvertrös- Sie sang vom irdischen Jammertal, Einer, der wahrscheinlich bekannter ist in
tung? Menschen, die hier auf Erden zu kurz von Freuden, die bald zerronnnen, der Frage nach Jenseitsvertröstung, ist
kommen, hoffen, dass es ihnen später – im vom Jenseits, wo die Seele schwelgt Ludwig Feuerbach, der sich in den gleichen
Himmel – besser geht. Oder solche, die verklärt in ew’gen Wonnen. Jahren wie Heine ebenfalls mit der Frage
sich hier nicht einsetzen und mühen für das nach Diesseits und Jenseits, Erde und
Wohl einer besseren Welt, verschieben al- Sie sang das alte Entsagungslied, Himmel beschäftigt hat. Feuerbach
les auf eine spätere Welt. Dieser Vorwurf das Eiapopeia vom Himmel, schreibt: “Der Zweck meiner Schriften ist,
der Jenseitsvertröstung ist besonders stark womit man einlullt, wenn es greint, die Menschen aus Theologen zu Anthropo-
im vergangenen Jahrhundert geäußert ge- das Volk, den großen Lümmel. logen, aus Theophilen zu Philanthropen,
worden, und ich möchte drei klassische aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten
Beispiele dafür zitieren. Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
des Diesseits, aus religiösen und politischen
ich kenn auch die Herren Verfasser,
ich weiß, sie tranken heimlich Wein Kammerdienern der himmlischen und irdi-
Zunächst Heinrich Heine, der im Jahre schen Monarchie und Aristokratie zu frei-
und predigten öffentlich Wasser.
1831 ins Exil nach Paris gegangen ist und en, selbstbewußten Bürgern der Erde zu
im Jahre 1843, also 12 Jahre später, erst- Ein neues Lied, ein besseres Lied, machen. An die Stelle des Glaubens ist der
mals wieder Deutschland besucht hat. Was o Freunde, will ich euch dichten! Unglaube getreten, an die Stelle der Bibel
er da erlebt und worüber er dabei nachge- Wir wollen hier auf Erden schon die Vernunft, an die Stelle der Religion und
dacht hat, hat er in seinem Gedicht das Himmelreich errichten. Kirche die Politik, an die Stelle des Him-
“Deutschland, ein Wintermärchen” zum mels die Erde, an die Stelle des Gebets die
Ausdruck gebracht. Wir wollen auf Erden glücklich sein Arbeit, an die Stelle der Hölle die materiel-
und wollen nicht mehr darben, le Not und an die Stelle des Christen der
Im traurigen Monat November war’s, verschlemmen soll nicht der faule Bauch, 2
Mensch.”
die Tage wurden trüber, was fleißige Hände erwarben.