Medien prägen unsere Welt. Nicht selten schaffen sie ihr eigenes Universum –
schnell und pulsierend, mit der suggestiven Kraft der Bilder. Überall live und
direkt dabei zu sein, ist für die junge Generation zum kommunikativen Ideal
geworden, das ein immer dichteres Geflecht neuer Techniken legitimiert und
zusehends erfolgreich macht.
Um in einer von den Medien bestimmten Gesellschaft bestehen zu können,
müssen Kinder und Jugendliche möglichst früh lernen, mit Inhalt und Ästhetik
der Medien umzugehen, sie zu verstehen, zu hinterfragen und kreativ umzuset-
zen. Filmbildung muss daher umfassend in deutsche Lehrpläne eingebunden
werden. Dazu ist ein Umdenken erforderlich, den Film endlich auch im öffent-
lichen Bewusstsein in vollem Umfang als Kulturgut anzuerkennen und nicht nur
als Unterhaltungsmedium.
Kommunikation und Information dürfen dabei nicht nur Mittel zum Zweck sein.
Medienbildung bedeutet auch, von den positiven Möglichkeiten des aktiven
und kreativen Umgangs mit Medien auszugehen. Medienkompetenz zu
vermitteln bedeutet für die pädagogische Praxis, Kinder und Jugendliche bei
der Mediennutzung zu unterstützen, ihnen bei der Verarbeitung von Medienein-
flüssen und der Analyse von Medienaussagen zu helfen und sie vielleicht sogar
zu eigener Medienaktivität und damit zur Mitgestaltung der Medienkultur zu
befähigen.
Die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb sieht die Medien nach wie vor
als Gegenstand kritischer Analyse an, weil Medienkompetenz in einer von
Medien dominierten Welt unverzichtbar ist. Darüber hinaus werden wir den
Kinofilm und die interaktive Kommunikation viel stärker als bisher in das Konzept
der politischen Bildung einbeziehen und an der Schnittstelle Kino und Schule
arbeiten: mit regelmäßig erscheinenden Filmheften wie dem vorliegenden, mit
Kinoseminaren, themenbezogenen Reihen, einer Beteiligung an bundesweiten
Schulkinowochen, Mediatoren/innenfortbildungen und verschiedenen anderen
Projekten.
Thomas Krüger,
Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung
Impressum
Herausgeberin: Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Fachbereich Multimedia
Adenauerallee 86, 53113 Bonn, Tel. 0228 99-515-0, Fax 0228 99-515-113,
info@bpb.de, www.bpb.de
Autor: Reinhard Middel
Arbeitsblätter und Unterrichtsvorschläge: Petra Anders
Redaktion: Katrin Willmann (bpb, verantwortlich), Ingrid Arnold
Redaktionelle Mitarbeit: Holger Twele (auch Satz und Layout)
Umschlag, Basislayout: Susann Unger
Druck: Quedlinburg DRUCK GmbH, Quedlinburg
Bildnachweis: Kinowelt Filmverleih GmbH, Christine Halina Schramm (Porträt Hans Weingartner)
© Januar 2008
Inhalt
Rainer Käthner arbeitet erfolgreich als Diebe zunnächst verfolgt, sich dann
Produzent von Fernsehsendungen. aber mit ihrem Anliegen solidarisiert,
Seine Kuppelshow „Hol Dir das Super- gelingt ihnen die Flucht. Der Computer-
baby“ beim ■ privaten TV-Sender TTS Hacker hatte sich bereits zuvor illegal
bricht bei den ■ Einschaltquoten alle Zugang zu den Standortdaten sämtli-
Rekorde. Mit lauter, harter Musik rast cher Quotenboxen in Deutschland ver-
er aufgedreht und aggressiv durch schafft. Das Trio quartiert sich in einer
Berlin; gleichzeitig raucht und trinkt leer stehenden Pension ein. Nach ers-
er, schnupft Kokain. Als er mit seiner ten Testanrufen müssen sie resigniert
Freundin Anna zu einer Galaveran- feststellen, dass die ermittelten Quoten
staltung des Senders unterwegs ist, offenbar stimmen.
kreuzt unvermittelt eine unbekannte Sie beschließen, die Quotenboxen in
junge Frau, Pegah, ihren Weg. Dem den Testhaushalten auszutauschen
anschließenden Restaurantbesuch und heuern dafür Bernd, Harry, Rainer
mit Programmchef Maiwald entzieht Sebastian, Karl-Heinz und Gopal an, Der erfolgreiche, aber innerlich zerris-
Rainer sich, nach durchzechter Nacht eine bunt gemischte Gruppe von sene Mittdreißiger hat Zweifel an sich
wird er an einer Kreuzung in seinem Arbeitslosen. Bei ihrer Arbeit verur- und seinem Beruf bisher verdrängt
Auto von Pegahs Jeep in voller Fahrt sachen sie kostspielige Brand- und und überspielt. Rastlos lenkt sich
gerammt. Beide werden schwer ver- Autounfallschäden, und nachdem der moderne Egomane mit schnellen
letzt ins Krankenhaus eingeliefert. Rainer für die Freilassung eines inhaf- Autos, aggressiver Hardcore-Musik
Rainer halluziniert albtraumartig eine tierten Gruppenmitglieds seine letzten und hemmungslosem Drogenkonsum
Show, in der das rasende Publikum ihn Ersparnisse ausgegeben hat, droht ab – bevor er beginnt, sich durch den
für die allgemeine Fernsehverblödung die ganze Aktion zu scheitern. Doch einschneidenden Unfall und die Bezie-
zur Rechenschaft zieht und über die Gruppe macht ohne Bezahlung hung zu Pegah zu ändern.
lebenserhaltende Maßnahmen ent- weiter, der Durchbruch gelingt mit
scheiden soll. Über einen von Pegah Hilfe einer Rufumleitung über die Pegah
zurückgelassenen Zeitungsausschnitt Verteilerkästen. Während bisherige Die 19-jährige, authentisch handelnde
stößt er darauf, dass sich ihr Groß- Quotenknüller in der Publikumsgunst junge Frau kreuzt als „Racheengel“
vater, ein Schwimmtrainer, der in abstürzen, machen Fassbinder-Filme, zuerst hasserfüllt Rainers Weg, dann
einer von Rainers Magazinsendungen Dokumentationen und Bildungssen- wird sie zu seiner Wegbegleiterin
fälschlicherweise des Dopings bezich- dungen plötzlich unerwartet Quote – eine Art „Schicksalsgöttin“, die sein
tigt worden war, deshalb das Leben – eine TV-Kulturrevolution, ein neues Leben verändert. Mit einem starken
genommen hatte. Fernsehzeitalter bricht an. Senderver- Gerechtigkeitssinn ausgestattet,
Nach seiner Genesung meldet sich antwortliche und Politiker in Berlin gera- handelt sie affektiv und zugleich wohl-
Rainer, dem die Niveaulosigkeit des ten zunehmend unter Druck. überlegt; sie wird zur Komplizin und
Kommerz-Fernsehens klar gewor- Programmchef Maiwald traut dem Freundin, hält die Gruppe zusammen
den ist, mit einer anspruchsvollen neuen Quotenzauber nicht, er macht und inspiriert die Revolte.
Info-Show zurück, die der Programm- Rainer ausfindig und unterbreitet ein
direktor wegen der katastrophal verlockendes Angebot: Eine Million Phillip
geringen Zuschauerzahlen umgehend Euro für 10 Prozent mehr Quote bei Der seinen Mitmenschen gegenüber
absetzt. Rainer kündigt seinen Job, TTS-Sendungen – oder er ruft die gehemmt wirkende, aber intellektuell
zu Hause wirft er seinen Flachbild- Polizei. Die Gruppe reagiert gespalten, versierte Wachmann der Erfassungs-
schirm vom Balkon. Gerade dabei, sie lehnt ab. Als die Polizei ihr leer Firma ist für ■ Verschwörungstheorien
am Computer das Geheimnis der geräumtes Domizil stürmt, sind die anfällig. Seine subversive Haltung
seiner Meinung nach manipulierten Rebellen längst in Sicherheit. Freudig zeigt sich, als er Rainer und Pegah
Einschaltquoten zu ergründen, steht feiern sie das ohne ihr Zutun anhal- im entscheidenden Moment laufen
Pegah vor seiner Tür. Sie entschuldigt tende Quotenhoch, Rainer und Pegah lässt und sich der Gruppe anschließt,
sich für den mutwillig herbeigeführten kommen sich näher. Und bald schon um als erfahrener Hacker technische
Unfall und verbündet sich mit ihm. haben sie ein neues Betätigungsfeld Führungsaufgaben zu übernehmen.
Während einer Besichtigung der Firma an den Scannerkassen eines Super-
IMA, bei der die ermittelten Quoten markts in ■ Haßloch gefunden, wo Maiwald
zusammenlaufen, stiehlt Rainer ein Testkunden darüber entscheiden, was Der im Fernsehgeschäft zynisch gewor-
Exemplar des Erfassungsgeräts. Mit deutschlandweit in die Regale kommt. dene Programmchef ist der Medien-
Hilfe des Wachmanns Phillip, der die karrierist par excellence. Rainers
Mit der Wendung „Dein Fernseher rechtigkeit auf, verschiebt sich nun die
lügt“ greift Hans Weingartners Film Rebellion der von Rainer, Pegah und
ein Unbehagen am Fernsehen auf, Phillip angeführten Gruppe erwach-
das sich auch in einer jüngst veröffent- sener Außenseiter gegen die „geistige
lichten Umfrage des Marktforschungs- Ungerechtigkeit“ eines immer niveaulo-
instituts Ipsos im Auftrag der Fernseh- seren Fernsehens.
zeitschrift „Hörzu“ niederschlägt:
Demnach glauben mehr als die Gesellschaftspolitische und morali-
Hälfte der repräsentativ befragten sche Fernsehkritik
Bundesbürger ab 14 Jahren nicht
mehr, was im Fernsehen berichtet Der Film setzt am Medium Fernsehen
wird („Frankfurter Rundschau“ vom an, das trotz rasantem Medienwandel und Böse bei Weingartner von Anfang
8.8.2007). FREE RAINER – DEIN FERN- nahezu unverändert stark genutzt wird an eindeutig verteilt, die Sympathien
SEHER LÜGT transponiert dies mit – auch wenn in der Gruppe jugendli- für Protagonisten/innen und Antago-
satirischer Verve in eine ■ utopische cher Mediennutzer/innen das Internet nisten/innen auch: Hier Rainer, zu-
Rebellion gegen das vorherrschende inzwischen deutlich aufgeholt hat nächst Rad im Getriebe des kritisier-
Fernsehen. (siehe die Daten zur Entwicklung der ten Systems, bevor er aussteigt, zum
Während in der Realität die mangelnde durchschnittlichen TV-Sehdauer und rebellischen Gegner wird und auch
Glaubwürdigkeit vieler Programm- vergleichenden TimeBudget-Statistik illegal handelt, um Sand ins Getriebe
angebote noch immer erfolgreich im Materialteil). Plot, Handlungsverlauf zu streuen – dort die Angepassten
durch das Rezeptionserlebnis und und Figurenentwicklung des Films sind des Fernsehgeschäfts, Senderchef
die Integrationskraft des Fernsehens geprägt von Weingartners unmiss- Gründgens (!) und Programmdirektor
kompensiert wird, setzen sich die verständlich negativer Einschätzung Maiwald. Dessen Satz „Die Zuschauer
Protagonisten/innen gegen diese Art der Entwicklung des gegenwärtigen wollen Titten sehen und wissen,
von Befriedung zur Wehr. Manipula- Unterhaltungsfernsehens, wie er dies wie man Steuern spart“ bringt diese
tions- und Verblödungsthesen, die im pointiert zu Protokoll gegeben hat: Art von Fernsehen zynisch auf den
Film nicht zu kurz kommen, ziehen „Es geht um die gesellschaftlichen Punkt. Wenn Maiwald die Leute mit
sich durch unterschiedliche Fernseh- Auswirkungen, wenn sich Millionen Unterhaltungsfernsehen weg von der
und Medientheorien. Sie laufen nach Menschen so einen Scheiß wie die Straße holen und nicht auf dumme
Hans Magnus Enzensberger darauf Dschungelshow und ‚Deutschland Gedanken kommen lassen möchte,
hinaus, dass „die Medien nicht nur das sucht den Superstar‘ angucken. Die bestätigt er nicht minder zynisch
Kritik- und Unterscheidungsvermögen, neue Armut ist die von den Massen- aktuelle statistische Befunde zur über-
nicht nur die moralische und politi- medien geförderte geistige Armut.“ durchschnittlichen Fernsehnutzung
sche Substanz ihrer Nutzer angreifen, Im Kontext seiner Diagnose vom sozial- Arbeitsloser; danach sehen diese im
sondern auch ihr Wahrnehmungs- und bildungspolitisch brisanten Verfall Schnitt am Tag fast 25 Prozent mehr
vermögen, ja ihre psychische Identität.“ der Fernsehkultur entfalten sich die fern als Zuschauende, die Arbeit
(Enzensberger in „Der Spiegel“ 20/1988). Ironie und Utopie der Filmidee: „Unter- haben („FAZ.NET“ – „Fernsehkonsum:
In der Figur des Fernsehrebellen Rainer schicht befreit die Unterschicht vom Willkommen in der Unterschicht“).
bündeln sich vielfältige fernsehkritische Unterschichtenfernsehen“ (vergleiche Das Fernsehen, so resümiert auch
Haltungen, die sich zwischen Moral und Materialteil). Die subversive Wendung Knut Hickethier in seiner „Geschichte
Schwarz-Weiß-Malerei bewegen. des Films formuliert Kritik am Niveau des Fernsehens“, hat in Zeiten der
Regisseur Hans Weingartners Vorgän- des Fernsehens ohne dünkelhaften Massenarbeitslosigkeit eine eminente
ger-Spielfilm DIE FETTEN JAHRE SIND Blick „von oben“ auf die soziale Zuge- sozialpsychologische Funktion für die
VORBEI (2004) war auf andere Weise hörigkeit der Fernsehzuschauer/innen. Gesellschaft übernommen, stellt es
utopisch, gleichzeitig wies er jedoch „Unterschichtenfernsehen“ bekommt doch ein nicht zu unterschätzendes
eine mehr sozialrealistische und weni- hier eine andere gesellschaftspolitische soziales Befriedungsinstrument dar.
ger satirische Darstellung sowie eine Stoßrichtung, wenn es Marginalisierte Rainer vertritt in diesem fernsehkri-
„jugendaffinere“ Figurencharakteristik und Arbeitslose zu „Helden“ der tischen Diskurs die hochmoralische
auf. Ungeachtet dessen ergeben sich Rebellion werden lässt, die nicht nur Gegenposition. Ihm offenbart sich die
im Vergleich mit FREE RAINER bei der Fernsehqualität und -quote (wieder) ganze Fragwürdigkeit des quotenfixier-
Problemstellung auch Ähnlichkeiten. zusammenbringen, sondern sich durch ten Fernsehprogramms: „Wenn man
Lehnte sich das junge Protagonisten/in- widerständiges Handeln „von unten“ die Menschen so an Dreck gewöhnt,
nen-Trio Jan, Jule und Peter noch sozial finden und selbst entfalten. dass sie Dreck sehen wollen, dann
gegen soziale und materielle Unge- In der Kritik des Fernsehens sind Gut wird das moralische Empfinden sys-
tematisch kaputtgemacht!“ Später, nichts anderes als Trash (zum Begriff Utopie
im Hochgefühl der erfolgreich mani- des Trash-Fernsehens siehe auch Die aus dem Griechischen von Utopia
pulierten Quoten träumt der Fernseh- Materialteil). (Nicht-Ort) stammende vielfältig
ausgedeutete Kategorie bezeich-
macher von der seit Bertolt Brechts
net in Gesellschaft, Politik, Religion,
früher Radiotheorie (siehe Materialien) Mythos und Wirklichkeit der Philosophie, Technik und Kunst etwas
bis hin zu ■ „Offenen Kanälen“ und Einschaltquote Wünschenswertes, denkbar Mögliches,
„Bürgerfernsehen“ immer wieder das vor dem jeweiligen historisch-kul-
aufgegriffenen Idee eines demokra- Aus der spielerischen Umkehr des turellen Hintergrund noch nicht oder
tisch-selbstbestimmten Fernsehens: Phänomens der Einschaltquoten nicht mehr realisierbar erscheint. Zur
den Massen durch andere Organisa- bezieht die Dramaturgie des Films Kennzeichnung der Utopie des Films
lässt sich am ehesten der von Ernst
tionsformen und Inhalte der Medien wesentliche Impulse. Tatsächlich
Bloch entwickelte Begriff einer konkre-
sowie durch den Zugang zur Medien- ist „die“ Quote längst eine zentra- ten Utopie verwenden, demzufolge der
produktion die Teilhabe an Kultur und le Kategorie für jede Art von Fern- Zustand einer real möglichen, zukünfti-
Bildung und damit gesellschaftliche sehen, nicht nur für das sogenannte gen Gesellschaftsveränderung in einem
Mitbestimmung zu ermöglichen. Der Quotenfernsehen. Auch die Öffent- tastend-antizipierenden Prozess hier
Film buchstabiert diese Idee vom lich-Rechtlichen, deren Kultur- und und jetzt aufscheint.
„mündigen Bürger“ indes auf wider- Bildungsauftrag eigentlich durch
sprüchliche Weise aus, er verfängt Gebührenfinanzierung geschützt wer- Offene Kanäle/Bürgerfern-
sich schließlich sogar darin: Die Mani- den sollte, schielen auf Quoten. Die sehen
Offene Kanäle sind für alle frei zugäng-
pulation der Quoten im Dienste der Verabsolutierung dieses Messwerts liche Radio- oder Fernsehkanäle, in
„guten Sache“ bleibt, wenn auch trägt nachgerade mythisch-religiö- denen Bürger/innen, Gruppen und
augenzwinkernd ins Menschenfreund- se Züge, führt zum „Quotenzauber“ Vereine selbst gestaltete Beiträge
liche gewendet, Manipulation; sie – ein fruchtbarer Boden für Manipula- oder Programme senden können
entlässt das Publikum nicht wirklich tionsverdächtigungen und Verschwö- – vorausgesetzt, sie verstoßen nicht
aus seiner Unmündigkeit. Mit seiner rungstheorien. Neben Zweifel(n) an der gegen geltendes Recht. Für dieses
Bürgerfernsehen stellen Medienein-
einfachen, sehr schematischen Unter- Zuverlässigkeit der Quotenerfassungs-
richtungen in Ländern und Kommunen
scheidung zwischen guten Medien- methoden gibt es begründete gesell- seit den 1980er-Jahren Studios und
formen, für die der Kinofilm steht, schaftspolitische und medienethische Aufnahmeeinheiten bereit, um unter
und abgrundtief schlechten, wie zum Vorbehalte gegenüber der zunehmen- den Leitgedanken von Partizipation
Beispiel Realityshows im Fernsehen, den Fetischisierung des Instruments, und Gegenöffentlichkeit bürgerna-
übersieht Rainer mit seiner Sicht- das oft binnen kürzester Zeit über hes Fernsehen zu ermöglichen. Das
weise im Film zudem gegenläufige Wohl und Wehe von Programmen Toleranzprinzip, niemanden zu benach-
teiligen oder gar zu diskriminieren,
Qualitätsentwicklungen bei bestimmten und Sendeplätzen entscheidet. Wie
hat in der Praxis der Offenen Kanäle
Fernsehformaten: so beispielsweise sehr die Orientierung an möglichst jüngst vermehrt zu Konflikten geführt,
das hohe, manchen Kinofilm deut- hohen Einschaltquoten mittlerweile beispielsweise im Zusammenhang mit
lich überschreitende Niveau, das sogar schon die Stoffentwicklung und radikalen religiösen und politischen
heute einige Fernsehserien erreichen. Drehbuchkonzeptionen kompatibel Gruppierungen.
Maiwalds zynisches Diktum „Kein trimmt, zeigen unter anderem die
Mensch ist so blöd wie unsere Shows“ mehr oder weniger offene Platzierung
hält dieses Wissen um anderes, quali- von massenattraktiven Produkten,
tatives Fernsehen auf widersprüchlich- Lifestyle- und Konsumhaltungen in
paradoxe Weise fest. Sein kritischer die Handlung, ebenso das zuneh-
Gegenspieler Rainer sieht im Fernsehen mende Einpassen „fernsehtauglicher“
Stoffe in aktuell erfolgreiche Formate. len. Mit seiner Utopie eines befreiten jedoch konsequent, die den gesell-
Angesichts der fortschreitenden und freien Qualitätsfernsehens betritt schaftlichen Verhältnissen geschul-
Instrumentalisierung der Quote durch der Regisseur ein durch Zynismen, deten Begrenzungen des Einzelnen
die Fernsehmacher stellt sich die Heuchelei und Anpassung dicht vermin- durch die Erfahrung und das Handeln
keineswegs utopische Frage, ob tes Terrain in der Medien- und Kon- in der Gruppe zu überwinden – im
Fernsehen alternativlos eine Geisel sumgesellschaft. Qualitätsansprüche, Kleinen, von unten. Damit greift der
der Einschaltquote bleiben muss. die dem Fernsehen als regulative, Regisseur in modifizierter Weise
Rainer, der fundamentale Kritiker aufklärerische Idee von Anfang an „sein“ aus seinem Film DIE FETTEN
des Fernsehens, entlarvt das herr- immer auch innewohnen, gelten mit- JAHRE SIND VORBEI bekanntes
schende System der größtmöglichen tlerweile als Wunschdenken. Akteure Thema Jugend und Rebellion inklu-
Quote als perfekte Ausrede, nur noch wie Rainer, die an die ethisch-mora- sive der dazugehörenden Dynamik
Trash zu produzieren. Er zweifelt: lische Dimension von Fernsehen, an aus dem Generationenkonflikt erneut
Wer kennt schon jemanden, der ein seine Verantwortung für Bildungs- auf. Pegah, Rainer und die Gruppe
Quotenerfassungsgerät zu Hause und Kulturvermittlung erinnern und versuchen auf ihre Weise, ihren Traum
stehen hat, und wer hat konkrete danach handeln, werden als Idealisten, „wild und frei zu leben“ zu verwirkli-
Einblicke in die Ermittlungsdetails? Utopisten und Sozialromantiker abge- chen. Auch in ihrem Umfeld agieren
In seiner Wut hängt er zunächst einer tan. Menschen, die sich zynisch an die
verbreiteten Verschwörungstheorie Das Verblüffende, vielleicht auch Mechanismen der Konsum- und
an, der zufolge die veröffentlichten „Altmodische“ an der im Film darge- Mediengesellschaft angepasst und
Einschaltquoten des Fernsehens stellten Utopie ist, dass diese den ihren Frieden geschlossen haben.
manipuliert sein müssen – alles Protagonisten/innen als eine reale Impulse für den Widerstand gegen
Fake, großer Schwindel. Wenn aber Möglichkeit erscheint – sie sind realis- diese Anpassung müssen von den
die Messungen technisch stimmen, tisch und verlangen das Unmögliche. Einzelnen ausgehen, so der Appell und
ließe sich das Instrument dann nicht Mit dem Regisseur möchte man die Botschaft des Films. Kreativität,
auch anders nutzen? Die Utopie glauben, dass die utopische Revolte Selbstentfaltung und selbstbestimmtes
eines vom Zwang der herrschenden Realität werden könnte. Für die fak- Handeln bedürfen aber auch gemein-
Quote befreiten Fernsehens ist nicht tisch mögliche Befreiung vom Diktat samer Wertschätzungen, Kooperation,
identisch mit ihrer vollkommenen des Quotenfernsehens hat der Film des Zusammenhalts in der Gruppe.
Abschaffung. Mit der finalen Wendung nicht nur witzige Zeitungsschlagzeilen In der Figur des Rainer bündeln sich
zu Qualität und Quote setzen die gefunden, sondern auch überaus Widersprüche eines „modernen
Protagonisten/innen anstelle der größ- suggestive Bilder. Die Möglichkeit Menschen“ im Spannungsfeld von
ten mach- und erreichbaren die größte einer anderen Realität erscheint plötz- Anpassung und Widerstand. An Rainer
vertretbare Quote: „Qualität für wenige lich nicht mehr als Utopie, sondern zeigt sich, wie sehr auch in der Medien-
Auserwählte ist doch Schwachsinn“, machbar, fast schon selbstverständ- gesellschaft Selbstfindung und indivi-
so Rainer. lich. In dieser real erscheinenden dueller Widerstand auf die Erfahrung
Fiktion lesen, lieben und leben die des/der anderen bezogen bleibt.
Utopie der Befreiung Menschen wieder – Freiräume ohne Besonders Maiwalds Zynismus, der
Fernsehen, an die bisher niemand zu den Verlust der Ideale bei der vorher-
Im antiutopischen Klima zunehmen- denken wagte. Selbst als am Ende gehenden Generation zum Ausdruck
der Individualisierung und Entsolida- die Quotenmanipulation abgebrochen bringt, treibt den Widerstand des jun-
risierung der heutigen Gesellschaft sind werden muss, bleiben die Quoten für gen Fernsehmachers an. Bereits vor
Gegenentwürfe Mangelware, gerade gutes Fernsehen stabil. dem Unfall vermag Rainer seine Zweifel
auch in intellektuellen Milieus haben an sich selbst und am Fernsehgeschäft
Utopien derzeit keine Konjunktur. Individueller Widerstand – nur noch mit Mühe zu unterdrücken
Weingartners Filmarbeit möchte sich Solidarität der Gruppe und zu kompensieren, wie sein Dro-
dem grassierenden Zynismus und genkonsum und sein aggressives
der Utopielosigkeit, wie sie in FREE FREE RAINER variiert das romanti- Verhalten deutlich zeigen. Er scheint
RAINER vor allem die beiden Fernseh- sche Motiv von der Überwindung der geradezu auf den Moment zu warten,
macher Maiwald und Gründgens Einsamkeit des Außenseiters, der aus wesentliche Dinge in seinem Leben
charakterisiert, widersetzen. Er arbeitet unterschiedlichen Gründen in Gesell- noch einmal anders betrachten und
sich mit seinen Filmen an erstarrten schaft, Familie, Beruf und Alltag nicht anpacken zu können. Dazu bedarf es
gesellschaftlichen Verhältnissen ab zurechtkommt, zerrissen ist, ausbricht der scheinbar zufälligen Begegnung
und scheut sich nicht, Szenarien mit und rebelliert. In Weingartners Film mit der jungen, authentisch han-
konkreten Gegenutopien auszuma- versuchen die Protagonisten/innen delnden Pegah. Pegah ist „äußerer“
Faraldos THEMROC (Frankreich 1973), nähert sich die Kamera dem auf besonders hervor. Die roh montierten
die dem Nach-’68er-Klima entspre- der Trage liegenden Patienten in Episoden wirken wie zufällig arrangiert;
chend von Sympathien für individuelle einer Folge von Spots aus Sicht der an dieser Stelle, wo wir noch nichts
Aktionen und Außenseiter-Rebellionen „Krankenschwester“-Moderatorin, von der liebevollen Beziehung des
gegen die „Mächtigen“ in Staat, Wirt- wodurch dessen Angstzustände und Waisenkindes zu ihrem Großvater wis-
schaft und Gesellschaft lebt. Mit neu Gefühle des Ausgeliefertseins eindrück- sen, offenbaren sie auch eine Schwä-
eren Filmsatiren über das Kommerz- lich veranschaulicht werden. che des Drehbuchs. Sie sind wichtig für
Fernsehen wie zum Beispiel Hans- Daneben erzeugen statische Einstellun- die Motivation der Figur und die Hand-
Christoph Blumenbergs PLANET DER gen aber auch immer wieder Ruhe- lungsdramaturgie, tragen jedoch nicht.
KANNIBALEN (Deutschland 2001) Spannung, wie beispielsweise die
oder DIE TRUMAN SHOW (USA 1998, Fokussierung auf Pegah allein im Auto, Musik
Peter Weir) und ED TV (USA 1999, die Totale (■ Einstellungsgrößen) auf
Ron Howard) verbindet FREE RAINER die Schwimmende und die distanzie- Filmmusik erscheint als modern
bei allen filmsprachlichen und -erzähle- rende Sicht auf die frühmorgendlich elektronischer Score ebenso wie als
rischen Unterschieden im Einzelnen leere Straßenkreuzung direkt vor klassische Lied- und Klaviermusik.
die moralische Kritik an bestimmten dem dramaturgischen Wendepunkt. Sie wird insgesamt eher sparsam ein-
Erscheinungen des Boulevardfern- Im Erzählstrang, der die Romanze gesetzt, an signifikanten Stellen teils
sehens, wie etwa der Verflachung zwischen Pegah und Rainer vorbe- atmosphärisch zur Untermalung von
der Programme durch den rein wirt- reitet und in einer Reihe von Zweier- Motiven und zur Charakterisierung der
schaftlich begründeten Einfluss der Situationen entwickelt, aber auch in Protagonisten/innen, teils aber auch
Einschaltquoten. der die beiden umgebenden Gruppe kontrapunktisch. „Anger!“, der aggres-
wirken die Perspektiven auf Gesichter sive Hardcore-Titel von Downset,
Kamera und Montage und Gesten ungleich ruhiger. den Rainer im Auto nach Kräften
Parallel zur Kamera arbeitet die Mon- mitgrölt, tritt als handlungsintegrierte
Die Perspektiven wirken durch tage mit hektisch-abrupten Schnitten, ■ Realmusik in Erscheinung, während
■ Kamerabewegungen) ausgespro- sie führt vor allem in der zweiten Hälfte das kontrastiv dagegen geschnittene
chen dynamisch. Insbesondere zu des Films aber auch zu fließenderen, klassische Kunstlied das bürgerlich
Beginn des Films vermitteln die Bewe- ausgesprochen ruhigen Bewegungen. situierte Paar im Auto auf der anderen
gungen einen subjektiv-authentischen Der Schnitt erzeugt überwiegend deut- Spur charakterisieren soll. Musik spielt
Eindruck vom rastlosen Getriebensein lich sichtbare Übergänge, wodurch hier mit Klischees oder wird durch
Rainers. Eindringlich wirkt die rasante immer wieder Möglichkeiten zu über- Überzeichnung selbst klischeehaft,
Autofahrt-Sequenz bis zum Crash, raschter Wahrnehmung entstehen. wenn sie etwa als Klaviermusik quasi
bei der die entfesselte Kamera auf So wird Pegah zunächst unvermit- leitmotivisch zur Untermalung der
Augenhöhe atemberaubend „mitrast“. telt und ein wenig mysteriös wie ein Begegnungen zwischen Rainer und
Actionfilm-Standards werden hier Fremdkörper in kurz zwischenge- Pegah dient. Insbesondere zur akus-
bedient und zugleich unterlaufen. In schnittenen Szenen als offenbar hand- tischen Unterstützung der sich ent-
der unkonventionellen Eröffnung gibt lungsrelevante Gegenfigur eingeführt, wickelnden Romanze wird die Musik
die Kamera die Tonlage an und offen- bevor die ■ Parallelmontage sie beim gegen Ende hin melancholischer. Mit
bart in nahen Aufnahmen die durch Unfall mit Rainer zusammenführt. Da „I’m the Grassman“ von Dodgy werden
Alkohol, Tabletten und Kokain hervor- der weitgehend chronologisch erzählte die Zuschauenden im Hochgefühl der
gerufene anfängliche Aggressivität und Film auf ■ Rückblenden ansonsten letzten Volte der Rebellen nicht zufällig
Euphorie Rainers. Schräg gekippte verzichtet, stechen die atmosphärisch mit einem Titel in den Abspann entlas-
Perspektiven verstärken den visuel- abgehobene Szene mit Pegahs Kind- sen, der noch einmal die psychede-
len Eindruck vom inneren Chaos der heitserinnerung an den Großvater und lisch getönte Rockstimmung vergange-
Person. In der Albtraum-Sequenz die kurze Impression seines Todes ner Jahrzehnte heraufbeschwört.
In der vierten Sequenz bündeln sich zunehmend verfremdete Bild-Ton- auf schier entgleisendes Publikum. Der
handlungsdramaturgisch und film- Folgen scheinen in Echoton-unterlegte Umschnitt auf den „erniedrigten“ Rainer
sprachlich wichtige Elemente, die Halluzinationen einer Krankenhaus- zeigt ihn aus der Perspektive der
dazu dienen, die „innere Abkehr“ Soap überzugehen. Rainers „Filmriss“ Moderatorin von „oben herab“. Rainer,
des Titelhelden in einer real-surrealen wird wie eine Bild- und Tonstörung in angeklagt der Publikumsverblödung,
Albtraum-Vision vorwegzunehmen. grobkörniger, kalt getönter Fernseh- fühlt sich wegen fehlender Originalität
Der traumatisiert wirkende Protagonist und Videobildästhetik visualisiert. unschuldig, winselt um Gnade, das
halluziniert, wie ihm mit den vertrauten Spotlight und Kontrastlicht verstärken grölende Publikum taumelt immer
Mitteln einer vulgären Publikumsshow den Eindruck des Hektisch-Bedroh- animalischer. Akustisch verstärkt
fernsehöffentlich der Prozess gemacht lichen, abrupt reißende Schwenks aus von Herzschlagfrequenzen, werden
wird. Erzählerisch werden nicht nur der Perspektive des angeschnallten in einer Folge von Schnittwechseln
Grundlagen gelegt für die Wandlung Rainer evozieren Angst und Schmerz. flimmernde Abstimmungssignets
des Protagonisten, sondern auch für Der angespielte Show-Jingle mit an die Großleinwand projiziert, mal
seine zukünftige Beziehung zu Pegah. Schnitt und Spot auf die Moderatorin mit gesenktem, mal mit gehobenem
Der Erzählstrang Rainer-Pegah entwi- Britta, die als Krankenschwester in Daumen – kontrastiert mit Nahauf-
ckelt sich an dieser Schnittstelle zwi- knappem Kittel moderiert und Rainer nahmen von Rainer und Schwenks
schen Exposition und Durchführung. im Wechsel mit dem Publikum immer über das johlende Publikum, bis
Zu Beginn bringt die Kamera Rainer, wieder direkt anspricht, eröffnet zum erlösenden „Game Over!“ der
der nach durchzechter Nacht ins Auto eine stakkatoartig montierte Folge Moderatorin.
wankt, und Pegah, die in ihrem Jeep von Szenen mit subjektiver Kamera. Aufgelöst wird die unruhige Albtraum-
auf ihn lauert, zusammen. Aus der Entfesselt, ins Grotesk-Surreale über- vision durch Rainers Erwachen im
Vogelperspektive erfasst die statische steigert, zeigen sie den halluzinierend- Krankenbett in ausgesucht „ruhigen“,
Kamera in kalt-blauem Licht zuerst stammelnden Rainer im Schnittwechsel fast melancholischen Bildern, die
die menschenleere, triste Kreuzung, auf geiferndes Publikum und auf Mai- sich über rinnenden Regen auf dem
die Rainer, von Drogen benommen, wald, Anna und andere Kollegen von Fenster des Krankenzimmers langsam
nach dem Ampelstopp passiert – eine TTS auf dem Kandidatensofa. dem Patienten zuwenden. Ein Blick
seinen Zustand symbolisch charakte- Die Sequenz kulminiert sarkastisch Rainers durch die offen stehende Tür
risierende, stark atmosphärisch wir- in der Publikumsabstimmung per von Pegahs Krankenzimmer bringt
kende Einstellung. Pegah beobachtet röntgenologisch erfasstem Daumen- die beiden zusammen. Ungläubig und
die Szene, in Augenhöhe erfasst die zeichen. Vorn auf der Bühne animiert verwundert nähert er sich Pegah, die
Kamera die Heranrasende und zeich- die Moderatorin das Publikum, im Kamera verweilt erst nah auf ihrem
net den Crash auf. Kurz verharrt die Halbdunkel des Bildhintergrunds Gesicht, dann bei ihm: „Du kannst
Einstellung im ruhigen Wechsel bei deliriert der vor Schmerzen sich krüm- mich unmöglich mehr hassen, als
Rainer und Pegah, fokussiert deren mende Rainer auf dem OP-Tisch. ich mich selbst!“. Der anschließende
reglose Körperhaltungen und blutüber- Suggestiv fragt die Moderatorin das Blickwechsel und die erstmals leitmo-
strömten Gesichtszüge. Publikum, ob es eine lebensrettende tivisch einsetzende Klaviermusik ver-
Hektische, aus TV-Serien wie „Emer- Operation für einen Mann wolle, der deutlichen, dass sich hier eine Liebes-
gency Room“ vertraute, in Farbe, schuld sei am Untergang des guten beziehung anbahnt.
Rhythmus und Einstellungen jedoch Geschmacks – die Kamera schwenkt
Zu Inhalt und Figuren dern sie für sich nutzen? Was wissen Zur exemplarischen Sequenzanalyse
Sie über die Einschaltquoten, ihre
Wie wird Rainer zu Beginn charakteri- Erfassung, ihre Bedeutung und wie Was zeigt sich erzählerisch und film-
siert? Beschreiben und bewerten Sie bewerten Sie diese? sprachlich an dieser Sequenz in
seine Entwicklung. besonderer Weise, welchen Stellenwert
Der Regisseur bezeichnet seinen Film hat sie für Dramaturgie, Entwicklung
Charakterisieren Sie Pegah: Von wel- als eine „moderne Utopie“: Was ist der Handlung und Problemstellung?
chen Motiven ist ihr Handeln geleitet? daran „modern“, was „utopisch“?
Welche Rolle spielt sie in der Beziehung Welche Figuren erscheinen in dieser
zu Rainer und innerhalb der Gruppe? Welche Bedeutung erfährt das im Titel Sequenz? Wodurch werden sie in hand-
anklingende Motiv der Befreiung im lungsrelevanter Weise charakterisiert?
Wofür steht die Figur des Maiwald? Wie Film? Von wem geht Befreiung aus, wer
verhält sich Maiwald gegenüber Rainer? sind ihre Akteure, wem oder was gilt sie? Mit welchen Mitteln werden Rainers
Halluzinationen und Traumvisionen
Warum lässt Phillip Rainer und Pegah Zur Filmsprache visualisiert?
nach dem Entwenden der Quoten-
erfassungsbox laufen und schließt sich Welchem Genre, welcher Gattung lässt Welche Aussage zum Fernsehen lässt
ihnen sogar an? Wie beurteilen Sie sich der Film am ehesten zuordnen, sich aus dieser Sequenz entnehmen?
den Diebstahl und die Manipulation welches sind seine dominierenden Stil-
der Erfassungsgeräte – moralisch und und Darstellungsmittel? Kennen Sie Wie bewerten Sie die Darstellung des
rechtlich? vergleichbare Filme? Publikums in Rainers Albtraumvision
einer Show?
Warum wählen Rainer, Pegah und Seinen Inhalt und seine Anliegen bringt
Phillip für die Durchführung ihrer Aktion der Film auch in Form von Satire,
Arbeitslose aus? Wie entwickeln sich Parodie, Persiflage und Groteske zum Zu den Materialien
ihre Beziehungen untereinander, wie Ausdruck. Auf welche Weise tut er dies
bewältigen sie Krisen und Rückschläge? jeweils? Sind diese Darstellungsformen Angesichts fortschreitender Internet-
Ihrer Meinung nach angemessen? Nutzung insbesondere bei Jugend-
Diskutieren Sie, ob die Quotenrebellion lichen: Welchen Stellenwert hat das
im Film scheitert. Wodurch ist die Kameraarbeit gekenn- Fernsehen überhaupt noch (für Sie)?
zeichnet? Mit welchen Mitteln charak- Beziehen Sie auch Daten zur aktuellen
Zur Problemstellung terisiert die Kamera Rainer in den Mediennutzung mit ein.
ersten Sequenzen? Welche Kamera-
Welche Sicht auf das Fernsehen drückt einstellungen kommen im weiteren Welche Aufgaben hat das Fernsehen
sich im Filmtitel „Dein Fernseher lügt“ Verlauf des Films zum Einsatz und was in der Vergangenheit wahrgenommen,
aus? Erläutern Sie auch die Verwendung vermitteln sie erzähltechnisch? welche nimmt es heute wahr?
des Possessivpronomens „dein“.
Was ist auffällig an der Montage des Erläutern Sie den im Film verwendeten
Welche Einschätzung(en) gegenwär- Films? Beschreiben und bewerten Sie Begriff „Unterschichtenfernsehen“.
tig verbreiteter Fernsehinhalte und die verwendete Rückblende. Welchen Zusammenhang von gesell-
-programme bringt der Film anhand schaftlicher Schicht und Fernsehen
welcher Figuren zum Ausdruck? Wie An welchen Stellen kommt Musik zum sehen Sie?
bewerten Sie diese Einschätzung(en)? Einsatz? Wie lässt sich die eingesetzte
Kennen und sehen Sie Alternativen Musik beschreiben, welche Funktion Nach Bertolt Brecht und Hans Magnus
zur derzeitigen Erscheinungsform des hat sie für die Aussage der jeweiligen Enzensberger soll(t)en Rundfunk und
Fernsehens? Sequenz und des Films insgesamt? Fernsehen für demokratische und
emanzipatorische Zwecke einge-
Was bedeutet es, dass im Film die Mit welchen Mitteln wird das Medium setzt werden. Welche Schritte und
Gruppe der „Unterschicht die Unter- Fernsehen im Film dargestellt und wie Maßnahmen sind dazu notwendig?
schicht vom Unterschichtenfernsehen“ wird es bewertet? Kommentieren Sie Wie könnte demokratisches Fernsehen
befreien soll? die Kritik aus einer Rezension zum heute aussehen? Wie verhalten sich
Film, wonach die vom Regisseur ver- solche Konzepte zu Auffassungen
Warum wollen die Rebellen die Ein- wendeten ästhetischen Mittel zu sehr von Fernsehen, die in FREE RAINER
schaltquote nicht abschaffen, son- dem Fernsehen verhaftet bleiben. erkennbar werden?
Deutsch • Filmvergleich: FREE RAINER und DIE FETTEN • Gruppenarbeit (GA): Motivation und
JAHRE SIND VORBEI (Weingartner 2004) Ziele der Figuren sowie filmische
Gestaltungsmittel und Genres
untersuchen
• Fernsehgewohnheiten • GA: Fragebögen erstellen und
Interviews oder Meinungsumfragen
in Parallelklassen durchführen
• Aufbau und Wirkungsweise unterschiedlicher • GA: Sprachstil, Gesprächsverhalten
Sendeformate und Dramaturgie in Casting- und
Realityshows untersuchen und über
beabsichtigte Wirkungen diskutieren
• Filmgenres • Plenum: Szenen aus FREE RAINER
den Genres Märchen, Action, Doku
beziehungsweise Satire zuordnen
• Figuren(-konstellationen) • Figurenentwicklung von Rainer
sowie kontrastive Wirkung der
Paarbeziehungen (Pegah/Rainer,
Maiwald/Anna) herausarbeiten
• Werbung/Werbesprache • Partnerarbeit (PA): Rolle der Fern-
sehwerbung für Sendeanstalten
erkunden, Sprache der Werbung
analysieren
Musik • Einsatz von klassischer Musik, Hardcore-Musik • Musiktext und -stil mit dem Inhalt
und Rockmusik in FREE RAINER und der Aussage einzelner Sequen-
zen verknüpfen
• Schauen Sie sich den Vorspann bis zur Einblendung des Filmtitels an.
• Charakterisieren Sie durch Einzelbeobachtungen die Figur Rainer in ihrem
Umfeld (zum Beispiel weitere Protagonisten/innen, Ort, Requisiten, Einsatz von
Musik, Kameraführung) und beurteilen Sie ihr Verhalten.
• Stellen Sie, ausgehend vom Vorspann, Vermutungen über die weitere Film-
handlung, über die mögliche Entwicklung der Figur und über das Filmgenre an
und vergleichen Sie Ihre Annahmen mit dem tatsächlichen Filmverlauf.
• Entwickeln Sie in Gruppen eine Idee für einen alternativen Vorspann, nachdem
Sie den kompletten Film gesehen haben.
• Diskutieren Sie den Kommentar aus FREE RAINER zur Änderung der Einschalt-
quoten: „Das Fernsehen tendiert jetzt dazu, die Wirklichkeit abzubilden, auf sie
zu verweisen. Das ist eigentlich das, was Medien ursprünglich machen: mediie-
ren, vermitteln. Wir können wieder atmen und unser Leben leben.“
• Beschreiben Sie, welche Veränderungen der Gesellschaft FREE RAINER in
seinem „real-utopischen“ Ende zeigt, wie diese filmisch (zum Beispiel durch
Musikuntermalung, Auswahl der Protagonisten/innen und Orte, Einsatz von
Licht und Farben, Kameraperspektiven und Einstellungsgrößen) inszeniert wer-
den und wie diese Inszenierung auf Sie wirkt.
• Entwickeln Sie ein kurzes Rollenspiel. Zeigen Sie darin eine Situation, in der
Menschen Medien (TV, Kinofilm oder Internet) nutzen und zugleich ihr Leben
sozial gestalten (zum Beispiel über Anschlusskommunikation wie das Sprechen
über Inhalte von TV-Sendungen oder die Wirkung von Spielfilmen, über Parti-
zipation durch gemeinsames Erstellen von Websites oder durch PC-Spiele,
über Vernetzung durch Online-Angebote wie MySpace oder YouTube).
• Benennen Sie mögliche Gründe dafür, dass die Einschaltquoten auch nach
Beendigung von Rainers „Revolution“ stabil geblieben sind und leiten Sie dar-
aus eine mögliche Kernaussage des Films FREE RAINER ab.
• Stellen Sie Vermutungen darüber an, welche Produkte sich durch veränderte
Kaufentscheidungen in der Lebensmittelbranche (vergleiche Schlusssequenz)
durchsetzen könnten.
• Sammeln Sie gemeinsam weitere gesellschaftliche Bereiche, die durch die
Entscheidungen der Konsumenten bestimmt und – wie in FREE RAINER –
verändert werden könnten.
Auch bei der jüngeren Generation, Fernsehen, Zeitschriften, Kino, Bücher hier nur die Tageszeitung. In weiten
den 14- bis 29-Jährigen, zeigt sich, und der Teletext werden von den Teilen entspricht die Entwicklung der
dass das Internet die Nutzungsdauer 14- bis 29-Jährigen heute genauso Mediennutzung von 14- bis 29-Jähri-
der anderen Medien kaum beeinflusst. lange wie oder sogar etwas länger gen damit auch der Entwicklung in der
Obwohl die Online-Zeit der jungen genutzt als vor sechs Jahren. Die Gesamtbevölkerung.
Generation deutlich zunimmt (von 12 Nutzung von Radio und Video/DVD
auf 69 Minuten), verliert kein anderes hat sogar beträchtlich zugenommen. Quelle: TimeBudget 12/SevenOne
Medium in nennenswertem Umfang. Einen leichten Rückgang verzeichnet Media/forsa
Thema Medienkritik?
Eine Fülle weiterer Informationen und Materialien bietet www.bpb.de, die
Website der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. In der Rubrik Themen
stehen unter dem Link „Medien“ zahlreiche Online-Dossiers zu vielfältigen
Medienphänomenen und -debatten bereit. Einen Überblick über die
Strukturen und die gesellschaftliche Bedeutung von Massenmedien gibt
das Heft „Massenmedien“ der Informationen zur politischen Bildung. Es
ist ebenso online erhältlich wie die Publikationen „Medienpolitik“ und
„Medienfreiheit“ in der Reihe Aus Politik und Zeitgeschichte, die sich mit
Macht und Verantwortung der Medien auseinander setzen. Speziell für die
Unterrichtspraxis eignet sich die DVD „Die Realität der Medien“, ein Leitfaden
für die kritische Reflexion von Medien sowie zur Umsetzung medienprakti-
scher Projekte. Auch der Ratgeber für Eltern „Über Medien reden“ in der
Reihe Arbeitsmaterialien Medien liefert Anknüpfungspunkte für Gespräche
über Medienkonsum. Weitere Hinweise, Links und Materialien für die
schulische und außerschulische Arbeit mit Medien sind auf der Website
www.medienpaedagogik-online.de zusammengestellt. Reportagen, Berichte
und Interviews zum Thema Medien finden Sie in der Märzausgabe 2005 von
www.fluter.de, dem Jugendmagazin der bpb. Auf www.kinofenster.de, dem
Onlineportal für Filmbildung der bpb und der Vision Kino gGmbH – Netzwerk
für Film- und Medienkompetenz, wird der Film FREE RAINER von Hans
Weingartner in der Rubrik Neu im Kino besprochen. Ergänzend liefert die
Suchfunktion aktuelle Texte zur Rolle der Medien in Gesellschaft und Politik.
Du machst
Berlin 08!
ge Politik.
Das Festival für jun
mmen mit
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rlin. Das Programm
Gelände des FEZ-Be natürlich viel Musik
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Vom 13. bis 15. Juni 2008 auf dem n mitm ach en und
tival für junge Politik. eren Akti one n vorbei.
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Eine Initiative von: chsbands hin zu groß r wer was macht, kan
strebenden Nachwu Unter dem Motto „Nu
r Jugendbeteiligung“. und Jugendlichen.
Teil des „Akt ions programms für meh men t von Kind ern
Berlin 08 ist spolitische Engage
ramm das gesellschaft
stärkt das Aktionsprog