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© 2007 Bernd Artur Beyer


Herstellung und Verlag: Wieder keinen gefunden

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TerraSim

Die Erde. Ein Ort gemischt aus Dreck mit Mikroben


drin. Ein Klumpen rotierenden Mülls im Universum
mit potentiellen Lebewesen die, einerseits
vielleicht über keinerlei überragende oder
erwähnenswerte Intelligenz verfügen aber
andererseits fragwürdigen Naturgesetzen
ausgeliefert sind. Eine Erde, wie inzwischen von
der Wissenschaft festgestellt, in Form einer
Kartoffel mit bisher keinerlei nennenswerter
Vergangenheit und einer ziemlich unbestimmter
Zukunft. Keine Fäden und kein doppelter Boden
hält das Ding im Nichts und schleudert sie
unbekümmert in Bahnen um eine, bereits bei der
Geburt todgeweihten, Sonne herum. Kein Plan,
Kismet oder anderweitiges System das zu
erkennen wäre was das Hier, das Jetzt und das
Bald eigentlich soll. Keine Servicenummer bei der
man sich beschweren und sein Geld für die
beschissenen Farben des Regenbogens

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zurückfordern könnte.

Mit anderen Worten: "Eine wirklich lausige


Geschäftsführung!"

Hier ist Platz für alles. Primitive Geschöpfe,


entstanden aus der legendären Ursuppe vielleicht
durch umhervagabundierende Außerirdische
gezüchtet oder durch göttliche Fügung mittels
eines Fingerschnippen geschaffen. Raum für den
totalen Glauben an die Hirngespinste und
Theorien der Naturwissenschaften, an Dämonen
oder den einen Gott. Götter oder den einen Gott
der grausam und unbarmherzig ist. Einer der den
Glauben durch das Blut seiner Gläubigen erhält,
oder ein seniler alter sabbelnder Greis, der seinen
Jüngerinnen unter die Röcke schaut. Unberührt
zieht diese Welt durch das Universum und harrt
der Dinge die, allein durch dich und deinen Geist,
hier entstehen sollen. Führende Rolle in der
universellen Gemeinschaft, oder Mikroben die zu
doof zum Furzen sind.

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Am Anfang war nichts, dann warst Du.
Schaffe deine Welt so wie du es für richtig hältst
und verpasse dem Klumpen Dreck eine
Weltgeschichte von der Vergangenheit in die
Zukunft. Eine Zukunft, die nur du bestimmst und
die nur durch dich eine werden kann.

Schaffe, sei ein Gott. Beobachte, sei ein Voyeur.


Erlebe die Geschichte hautnah wie sie auch hätte
geschehen können.

Systemanforderungen siehe Packungsaufdruck.


TerraSim übernimmt keine Haftung für das
Produkt, wenn das Siegel der Verpackung nach
dem Kauf zerstört ist. Es kann zu epileptischen
Anfällen kommen. TerraSim ist ein Spielprodukt
und sollte daher lieber nicht zu
Unterrichtszwecken herangezogen werden.
Dein TerraSim-Team
TerraSim ist eingetragenen Warenzeichen der
TerraSim GmbH
Bei Fragen und Problemen bitte E-Mail an

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service@terrasim.com

Ein ziemlich zerlumpter, von Skorbut und den


Auszerrungen einer bereits zu lange andauernden
Schiffsfahrt gezeichneter Matrose, dem mittels
einer Dusche und einer gründlichen Rasur unter
Umständen die Zugehörigkeit zur Gattung Mensch
abgenommen werden könnte, stürmt in die Kabine
seines Kapitäns.
„Sire, das Ende des Meeres wurde mir soeben
vermeldet! Die Mannschaft ist unberuhigt und
betet zu Gott und der spanischen Königin. Was für
eine Order gibt mir mein Kapitän in der Stunde
des Todes durch die unbarmherzigen und kalten
Fluten. Ach wären wir zu einer solchen Fahrt doch
nie aufgebrochen!"
Müde und ebenfalls gezeichnet von der ein oder
anderen seefahrertypischen Krankheit blickte der
Kapitän auf und sein Gesichtsausdruck schien, als
wäre dieser bemüht sich zu erinnern was es zum
Beispiel mit Sprache auf sich hat. Sein Zeigefinger
steckte in der Flaschenöffnung einer Flasche die

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einst Rum enthalten haben mochte, aber jetzt so
leer war wie eine Rede eines Politikers.
„Zuerst quatsch nicht so geschwollen und raus aus
meinem Zimmer!" stammelte der Kapitän leise
und holprig, wobei sein schmerzverzerrtes Gesicht
bestätigte, dass einst in der Flasche Rum war. „Du
weißt doch, die Erde ist nicht flach, sondern ein
Kugel. Bald sind wir in Indien und dann reich.
Unendlich reich. Übrigens Meer, was war das noch
mal?"
„Groß, blau, salzig, nass und jede Menge eklige
Dinge schwimmen darin rum. Sie erinnern sich
bestimmt, wenn Sie es wieder sehen, Sir!"
"Das große blaue Ding da draußen? Egal, die Erde
ist rund und das Meer schaffe ich auch noch ab."
"Klar Kapitän, aber der Ausguck meldet, dass wir
zum Abend den Rand der Welt erreicht haben!
Übrigens heißt es Kajüte."
„Weiber und..." Der Kapitän schien mit seinen
Gedanken im Nirgendwo gelandet zu sein.
Zugegeben, in einem interessanteren, aber
definitiv in einem Nirgendwo.

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„Kapitän, das Ende der Welt!" erinnerte der
Matrose, nachdem der Kapitän einige Minuten in
seiner eigenen geistigen Welt gefangen war deren
zentrale Rolle sich um Damen und Wasser drehte.
Zur Ehrenrettung des Kapitäns muss hier erwähnt
werden, dass es sich um unscheinbare Damen
handelte und kaltes, klares Wasser im Mittelpunkt
stand.
„Klar, und wenn ich aus dem Fenster schaue sehe
ich wie Neptun mit dem Dreizack bereit steht, um
uns in den Tod zu schicken. Jetzt reicht es, keinen
Schnaps für die Mannschaft mehr bis wir in Indien
sind." Müde schüttelte der Kapitän den Kopf.
Vierzig Tage auf dem Meer, Sonne und, ja Sonne.
Einst musste diese Reise einen Anfang und ein
bestimmtes Ziel gehabt haben, aber inzwischen
hatte die verdammte Sonne dies aus den Köpfen
der Besatzung gebrannt.
„Wo sie es gerade ansprechen. Neptun steht
wirklich am Rande der Welt. Mit seinem Dreizack!
Und übrigens es heißt Bullauge." Der so
gescholtene Matrose erhob nicht die Stimme,

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sondern murmelte monoton vor sich hin und
versuchte sich so wenig wie möglich zu bewegen.
Immer wenn er es dennoch tat, fielen kleine
Stücke von ihm ab. Der Matrose war klein,
gedungen und hatte ein Holzbein. Mehrere Narben
im Gesicht zeigten, dass dieser in seinem Leben
nicht immer auf Expeditionsreisen zum Wohle des
einen oder anderen Herrschers bis an das Ende
der Welt gewesen war. Seine Erfahrungen mit
derartigen Zielen waren bis zu jenem Tag, als er
durch den obersten Richter eines fragwürdigen
Gerichts auf dieses Schiff verbannt wurde, eher
auf die Versenkung und Plünderung derartiger
Schiffe begrenzt. Der Wissenschaft dient man
umso freudiger, wenn die einzige Alternative im
Strang besteht.
„Keine Frechheiten, sonst gibt es was auf die
Schnauze!" Der Kapitän erhob sich mühsam und
kletterte eine trostlose Leiter zum Deck hinauf.
Noch vor wenigen Tagen wäre die Mannschaft
begeistert aufgesprungen und hätte ihm,
Christoph Kolumbus, lautstark gefeiert. Jetzt

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versuchte jeder der verbleibenden Matrosen einen
Platz im Schatten zu ergattern oder gaffte zum
Horizont. Tatsächlich, das Ende der Welt war am
Horizont bereits zu erkennen. Neptun stand am
Rand der Welt und winkte mit seinem Dreizack,
während das Wasser tosend in der Unendlichkeit
verschwand.

From: Spidermann@hotmail.com
To: service@terrasim.com

Hallo TerraSim-Team.
TerraSim ist wirklich ein klasse Spiel. Ich bin ein
Blut- und Schweiß-Gott und lasse meinen
Untertanen nichts durchgehen. Die Schöpfung
habe ich durch eure Auto-Funktion ausführen
lassen. In der Steinzeit hätte ich die Schöpfung
kurzerhand (durch ein paar Mammuts) fast vor
das Aus gebracht (sieht echt irre aus, wenn die
Steinzeitfreaks durch die Mammuts zertrampelt
werden - konnte echt nicht genug davon
bekommen).

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Doch jetzt mein Problem. Dieser blöde Kolumbus
ist nicht in Amerika angekommen, obwohl ich die
Funktion „Weltgeschichte" und die Option „Fast
dran" gewählt habe. Die Schiffe segelten los, aber
dann stießen sie irgendwann an den
Bildschirmrand. Jetzt bewegen sich die Schiffe
nicht mehr und der Computer macht keinen Mucks
mehr. Außerdem ist Neptun aufgetaucht und
winkt mit dem Dreizack.

Bitte versucht den Bug schnell zu beheben -


ansonsten vergesst nicht - ich bin ein Blut- und
Schweiß-Gott und die Macht ist mit mir. HäHäHä -
Spiderman

„Scheiße, dass ist schon der fünfzigste diese


Woche! Hey, ÄiJschi, wirf deinen müden Kadaver
hier rüber und sieh dir den Mist endlich an."
Ein pickliger, dünner Junge, der gerade aus einem
Drahtkleiderbügel eine Krone gebogen hatte und
gerade mit Tesafilm ein Schild daran befestigte,

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blickte auf. Ohne erkennbare weitere Reaktion
setzte er die Krone auf und rückte seine Brille
zurecht.
„Scheiße Alter, was sagstn dazu, Irrer Jack? Schon
wieder nen Bug!"
Augen mit extrem kleinen Pupillen blickten durch
eine dicke, schwarze Hornbrille. Der Zettel auf der
Krone hatte die Aufschrift NENN MICH NICHT
IRRER JACK - ICH HEIßE BENN!
„Jag mal 4A 53 76 76 F4 durch den Compiler und
gib das ein." sagte Benn, drehte sich um und
tippte wie wild auf einer Tastatur herum.

„Kapitän, vielleicht sollten wir ein Opfer bringen?"


der Matrose wirkte nicht unbedingt verlegen oder
beunruhigt. Fest verankert in dem Wissen um sein
Können in der Navigation eines so großen Schiffes
würde sein Name gewiss nicht in Verbindung eines
Opfers für Neptun gebracht werden.
„Schon wieder!" Der Kapitän blickte auf seine
Hände. Es war durchaus nichts unübliches Opfer
in der Seefahrt zu bringen, schließlich müssen

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Traditionen gepflegt werden. Doch wurden auf
dieser Reise schon zu viel Opfer gebracht. Mehr
als die Hälfte der Mannschaft ruhte bereits in dem
einen oder anderen Meeresungeheuermagen. In
letzter Zeit schienen sich die Götter immer
wichtiger zu nehmen. Es schien, als würde jeder
beliebige Gott inzwischen Anrecht auf ein
Meeresungeheuer haben. Will man Heutzutage mit
einem Schiff die Welt umsegeln, braucht man
allein schon zwei weitere Schiffe für den
Ungeheuerproviant.
„Wieder eine dieser Kapitänsentscheidungen. Ein
Moment in dem jeder Kapitän allein ist, wenn er
über das Wohl und Wehe seiner Untergebenen
entscheiden muss." Der Kapitän schaute an den
Rand der Welt entlang. „Na mal sehen, wenn mag
ich denn überhaupt nicht?" Die Matrosen wirkten
nicht gerade beunruhigt, als der müde Blick des
Kapitäns jeden einzelnen von ihnen streifte.
„Jenkins, springen!"
„Ja, Kapitän! Danke Kapitän!" Ein unscheinbarer
Matrose stand auf und sprang freudig über Bord.

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Die übrigen Matrosen eilten zur Reling und
schauten hinter dem Unglücksseligen her. Kaum
hatte dieser das Wasser berührt, als ein
armseliges Meeresungeheuer auftauchte und den
Matrosen angewidert verschlang.
Der Kapitän gewann den Eindruck, dass das
Ungeheuer nicht gerade begeistert von Jenkins
war. Nach mehreren Wochen auf dem Meer
musste auch dem abgehärteten Ungeheuer so
etwas wie Jenkins schwer im Magen liegen.
Verdammt, dachte Kolumbus. Selbst die Götter
hatten inzwischen Subunternehmer. Warum
gondelte er noch immer auf dem Meer herum.
Daheim warteten Frau, Kinder und die feurige
Madeleine. Während das Schiff über den Rand der
Welt segelte und in das Universum fiel, beneidete
Kolumbus Jenkins.

„Ne ÄiJschi, dass war's nicht! Das Schiff ist glatt


abgeschmiert. Hasta la vista, Kolumbus. Komm
endlich her und hilf mir!"
„Hast du eigentlich kein Feingefühl?" brummte

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Benn.
„Tja, ich bin eben ohne den lästigen Kram auf die
Welt gekommen und hatte bisher noch keine Zeit
so was zu lernen. Deshalb gehört mir ja
inzwischen auch der Laden und du musst für mich
schuften! Komm endlich her Sklave!" Sven
Teschke lümmelte sich im eleganten Ledersessel
herum, während Benn sich umständlich erhob und
zu ihm ging. Gehen wäre hier wohl zuviel verlangt.
Benn bestand praktisch nur aus Brillengestell und
Gelenken und machte deutlich, dass die
menschliche Natur hier ein klein wenig
Ausbesserung benötigte. Benn war der eigentlich
Kopf von TerraSim, während Sven sich um das
geschäftliche kümmerte und gelegentlich dafür
sorgte, dass wenigsten einer der Beiden
regelmäßig mit Wasser, Seife und der ein oder
anderen Blondine in Berührung kam. Derjenige
war natürlich Sven, besonders was die Blondinen
anbelangte. Sven achtete sehr darauf, dass das
Geld der Firma gut angelegt wurde. Der Ferrari
und die Geschäftsessen waren nach seiner

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Meinung unbedingt notwendig. Dass er inzwischen
zwei Zentner bei einer relativen Länge von 163 cm
auf die Waage brachte und sein Ferrari einen
Spezialsitz benötigte unterstrich nach seiner
Auffassung nur seine Einzigartigkeit. Wenn sich zu
all seinen Fähigkeiten auch noch ein Gehirn
hinzutummeln würde, wäre er wirklich gefährlich.
„Weist du was ich denke, Benn?"
„Geistige Unempfänglichkeit schützt auch hier mal
wieder nicht vor eigenständigen
Gedankengängen“, murmelte Benn vor sich hin.
„Was meinst du damit?" fragte Sven, während er
sich ausgiebig einem Popel in seiner gewaltigen
Nase widmete.
„Nichts!"
„Gut! Jetzt mach dich an den Fehler ran,
schließlich können wir uns keine Bugs mehr
erlauben, sonst fallen die Aktien in den Keller."
Sven hatte inzwischen den Popel gefunden und
schoss nun damit auf Benns Krone.
„Reg dich ab, mit Bugs ist es wie mit Kriegen, es
gibt immer neue." Benn senkte seine Finger auf

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die Tastatur und versank in seiner eigenen,
heileren Welt. Den Popel, der so langsam auf
seiner Krone vor sich hintrocknete, bemerkte er
gar nicht.

Das Schiff fiel plötzlich nicht mehr. Gebete der


Mannschaft an die eine oder andere Gottheit mit
meist Gleichlautendem Wünschen deren
wesentliche Inhalte aus nackten Frauen,
alkoholischen Getränken und immerwährender
Manneskraft bestanden, verstummten abrupt.
Kolumbus stoppte ebenfalls seinen Gedankengang
an die ein oder andere Lebensfreude die er bisher
genossen hatte und an die ein oder andere die er
eigentlich noch genießen wollte und blickte sich
fragend um.
„Kapitän, was ist los?" der Navigator zeigte
inzwischen etwas mehr Begeisterung was die
momentane Situation betraf.
„Du bist zwar so blöd, dass du beim Pinkeln auf
die Fresse fällst, aber du bist mein Navigator. Sag
du mir was los ist!"

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„Ich bin fern der Heimat, hungrig, in ihrer
Gesellschaft und was noch erschwerend hinzu
kommt, ich habe nur noch ein Bein."
„Mit anderen Worten, du weist es auch nicht!"
„Nein, Kapitän."

Benns Finger trommelten ein einsames Stakkato


auf der Tastatur. Byte um Byte setzten sich in
seinem Gehirn auf wundersame Weise zusammen
und flossen direkt in seine Fingerspitzen. Als Benn
noch ein Kind war, versuchte er schon früh seine
Welt logisch zu ordnen. Kurz nach seinem fünften
Geburtstag machte er seine Eltern darauf
aufmerksam, dass er einen Plan aufgestellt hatte,
um die Effizienz der häuslichen Routineaufgaben
zu erhöhen. Mit sieben Jahren hatte er bereits den
Charme eines aufgeplatzten Furunkels und mit
neun wurde er in seiner Schulklasse einstimmig
zum „Kind das als erster in die Schlagzeilen
kommt" gewählt. Der Grund hierfür variierte
zwischen Mord und Totschlag mit ihm als Opfer.
Benn war öder als eine Autobahn mit Fahrverbot

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an einem regnerischen Wochentag.

„Alle Mann auf die langen Dinger und die


verdammt großen Tücher eingeholt!" schrie
Kolumbus.
„Masten und Segel", ergänzte der Navigator
automatisch. Eigentlich hätte er das Kommando
über das Schiff führen sollen, aber durch äußerst
widrige Umstände, allen voran das er der Piraterie
überführt wurde, musste er nun unter jemanden
dienen, der zwar noch über beide Beine verfügte,
aber mit diesen nicht unbedingt auf dem Boden
der Tatsachen stand. Doch schließlich schließt
Wahnsinn große Taten nicht aus.
Franko der Franzose war sein früherer
Kampfname. Sein Namen verbreitete zwar nicht
unbedingt Schrecken auf den Weltmeeren, aber
einen strammen Tripper in allen Hafenbordellen
entlang der Weltmeere. Aber seitdem die Piraterie
und die Entdeckungsreisen von Michelin vier
Sterne im „Reiseführer für den
unternehmungslustigen Gentleman" bekamen,

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nahmen die Touristen kein Ende mehr. Und jetzt
musste er auch noch unter so einem dienen.
Franko spuckte verächtlich auf den Boden. Der
Kapitän war so blöd wie ein Sack Kartoffeln, aber
sein PR-Mann war einsame Spitze. Dies bewies er
unter anderem dadurch, dass dieser sich nun im
sicheren Hafen und Kolumbus an Bord befand.
„Weist du was das schlimmste an unserer
Situation ist?" fragte Kolumbus seinen Navigator.
„Nein, aber ich befürchte, dass ich gleich im Besitz
deiner Weisheit bin." Spott tropfte aus jeder Pore,
während sich eine Briese über dem Deck regte,
die nicht unbedingt als frisch bezeichnet werden
konnte. Der Geruch schien von einem Ort zu
stammen, der auf den Weg aus den tiefsten
Tiefen der Hölle noch zusätzlich an das Adjektiv
penetrant erinnerte und sich sogleich daran
machte dem nachzukommen.
„Das ich wahrscheinlich niemals einen dominanten
Platz in der Weltgeschichte einnehmen werde."
„Nein Kapitän. Ich behaupte hiermit kategorisch,
dass sie die größte Null der gesamten entdeckten

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Welt sind!"
„Danke Franko."
„Bitte Kapitän."
„Kapitän!" schrie der Ausguck.
„Land voraus! Land!
„Dann los Freunde, ich habe den Auftrag Ruhm,
Reichtum und übel riechendes und qualmendes
Kraut in die Heimat zu importieren. Schlachtet alle
Eingeborenen zu eurem Vergnügen und zum
Ruhme Gottes ab. Lang lebe das herumfahren in
Holzdingern!"
„Schiffe“, ergänzte der Navigator müde.

From: sMiLy@jesusismyanswer.org
To: service@terrasim.com

Hy, Team!

Mir ist vielleicht was Abgedrehtes passiert.......


Ich bin gerade dabei ein paar Pyramiden zu
meinen Ehren - natürlich als oberster Gott -

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bauen zu lassen, aber plötzlich regnete es fette
Kühe und die machten die Arbeiter platt. Nun
steht der Pharao nur darum und haut sich seinen
Zeremonienstab auf seinen Rüssel.

Wie komme ich von hier aus


weiter??????????????????
sMiLy
P.S.: Wann kommt eigentlich der Nachfolger von
TerraSim raus? Macht doch mal was mit ballern
und Zwergen und dicken Möpsen.

„Hofseher! HOFSEHER!!" Dicke Zornesadern traten


am Hals des Pharao hervor und wütend feuerte er
das Tages Papyrus zur Seite. In dicken
Pinselstrichen prange die Überschrift auf dem
Papyrus "Anhaltender Kuhregen, Arbeiter von Kuh
zerquetscht, Pharao inkompetent?" gleich neben
dem Artikel "Schwein mit drei Köpfen heiratet
Kleopatra!". Wahrscheinlich wird die ägyptische
Kultur einmal die am meisten überschätzte sein,
falls diese Papyrus nicht gefunden werden. Aber

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warum fielen plötzlich Kühe vom Himmel ohne
dass er, Pharao, seinen göttlichen Segen dafür
gegeben hatte. Bisher verlief seine Regentschaft
ruhig und behaglich. Wie seine Vorgänger ließ er
alle fünf bis sechs Jahre die Kinder unter zwei
Jahren töten und die Verluste bei seinen
Pyramidenbauten hielten sich absolut im
gewerkschaftlich vereinbarten Rahmen. Die
Krokodile waren wohlgenährt und die Hälfte der
örtlichen Bevölkerung hatte durch aktives Handeln
nun sein göttliches Blut in den Adern. Alles in
allem konnte sein Volk mit ihm als Pharao
zufrieden sein. Nicht das er Wert darauf gelegt
hätte, das Verlangen um Anerkennung war ihm
gegeben, leider aber nicht die Begabung dies
ohne Folter oder ähnliche Führungsmittel zu
erlangen. Auch die früheren Pharao ließen ab und
an ein so genanntes Führungsfeedback zu,
allerdings wurden dies schnell wieder abgeschafft,
da einige Untertanen mit diesem Instrument der
modernen Führungsmethodik nicht umgehen
konnten. Forderungen nach weniger Kamelmist

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auf der Straße und Abschaffung der
zweidimensionalen Malerei ließen auch den
fortschrittlichsten Pharao erkennen, dass das Volk
nur über einen Weg geführt wurde. Hier bin ich,
der Pharao und bestimme. Dort seid ihr, das
dumme Volk und müsst alles machen was ich will
und jetzt hüpft alle auf einem Bein und bellt. Bei
dem meisten Pharao ging das auch gut, aber der
ein oder andere göttliche Pharao hatte
merkwürdige Vorstellungen in der Führung seines
Volkes.
Es gibt wirklich nichts daran auszusetzen, wenn
ein Pharao bei notwendigen Bestrafungen eine
gewisse Vorliebe für das Abhacken von Nase und
Ohren an den Tag legte, allerdings dabei
merkwürdig zu kichern verunsichert das Volk.
Oder das bei Unfällen, die dem Pharao zustoßen,
sich das eigene Volk die gleichen Verletzungen
zufügen muss ist schon in Ordnung so. Wenn
allerdings ein erwiesener Maßen kurzsichtigen
Pharao beim rumfuchteln mit einer scharfen Klinge
das ein oder andere wichtige Fortpflanzungsorgan

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schon verfrüht der Pyramide überantwortet,
keimen bei dem ein oder anderen, besonders
männlichem Untertan, gewisse Zweifel.
Zwischenzeitlich gab es immer mal wieder so
Phasen, wenn ein jugendlicher Pharao dem
Führungsdruck nicht standhielt und alles
durcheinander brachte. Echanaton und sein
Schüler Moses wollten zum Beispiel die vielleicht
entscheidendste Rationalisierungsmaßnahme in
der Geschichte des göttlichen Volks der Ägypter
durchführen und lehnten sich gegen alles und
jeden auf. Die beiden Spinner glaubten an den
Monotheismus. Sie wollten eine Reduktion auf den
einen Zentralgott und die Verwirrung um die
Götterverschwörung und der Streit um die
Drahtzieher, deren Hintermänner und den
göttlichen Pharao beenden. Stattdessen sollte der
Obergott als namenlos und unsichtbar gelten und
der Opferkult als Methode, mit ihm ins Geschäft zu
kommen, abgeschafft werden. Doch das Volk der
Ägypter hatte sich so an die
Samstagabendopferung gewöhnt, dass derartig

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radikale Änderungen nicht angenommen wurden.
Moses wurde in die Wüste geschickt, wo er auch
hingehörte.
„Göttlicher Pharao. Du hast deinen unwürdigen
Diener rufen lassen!" Der Hofseher legte die
letzten paar Meter auf allen vieren kriechend
zurück. Seit Jahren bestand seine einzige Tätigkeit
daraus, vor ein paar Melonen zu sitzen und zu
versuchen in geistigen Kontakt mit ihnen zu
treten. Ab und an musste er vertragsgemäß das
eine oder andere Wunder vorhersagen und
anschließend einen Teil seiner Ersparnisse für die
prompte Erfüllung seiner Prophezeiung opfern.
„Nicht nur das der Fraß hier unverzeihlich ist, die
Salatgabeln sind noch nicht einmal gekühlt, jetzt
regnet es auch noch Kühe!" Der Pharao nahm mit
Freude zur Kenntnis, dass der Hofseher den Fleck
auf dem Boden übersehen hatte und jetzt voll im
Katzenmist kniete. Katzen war auch so ein Thema.
Der momentane Gott auf Erden hasste Katzen.
Hassen mochte noch nicht der passende Ausdruck
sein. Er hasste sie aus ganzem göttlichem Herzen.

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Das die Allergien bis zu diesem Zeitpunkt noch
nicht erfunden waren, mochte nur am Rande
erwähnenswert sein. Nichtsdestotrotz bekam der
Pharao Atemnot, tränende Augen und Ausschlag
wenn nur eines dieser Biester in der Nähe weilte.
Leider waren die Katzen im Machtbereich des
Pharao sehr beliebt. Ein Volk konnte die größte
Folter, den abgedrehtesten Pharao und die
aberwitzigsten Bestrafungen ertragen, aber wenn
eine Katze gequält wurde ist auch die
Personifizierung eines Gottes auf Erden vorzeitig
in der Pyramide.
Oder aber die Sache mit den Karten für das
nächste Leben. Wann immer einer der Pharaonen
seinen Weg in das neue Leben antrat, wurden ihm
Karten mit in die Pyramide mitgegeben. Aber, so
fragte sich der Pharao, wer hat sie gemalt und
woher wusste dieser, wie der Ort des nächsten
Lebens aussieht. Außerdem regte er sich auch
über die Nützlichkeit dieser Karten auf. Nur
irgendwelche nützlichen Orte, aber keinen Hinweis
auf mögliche Staus oder irgendwelche Stars.

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„Aber göttlicher Pharao, natürlich habt ihr den
Kuhregen vorausgesagt!"
„Habe ich?" Der Pharao wirkte jetzt leicht verwirrt.
Natürlich brachte das Regieren eines so großen
Volkes viel Stress mit sich, weshalb der Pharao
nur bei außergewöhnlichen wichtigen Anlässen vor
dem gemeinen Volk erschien und ansonsten alles
seinem überdimensionierten Hofstaat überließ.
Schließlich musste er sich auf die wichtigen Dinge
konzentrieren und dafür sorgen, dass die Sonne
jeden Morgen wieder am Himmel erschien und das
Volk glücklich war, besonders der hübsche, junge
und weibliche Teil der Bevölkerung.
„Aber ja mein Gott." Der Hofseher klang wirklich
überzeugend. „Habt ihr nicht vor kurzem die
Prophezeiung gemacht, dass bald Kühe vom
Himmel fallen? Bei eurer letzten Rede vor dem
Volk, als ihr eure fünfzigste Frau loswerden wolltet
und wir sie von den heiligen Krokodilen fressen....
Ich meinte, als ihr selbstlos eure Lieblingsfrau den
heiligen Krokodilen geopfert habt, nur um eure
Fistel am göttlichen Gesäß zu beschwören."

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„Da habe ich zum Volk gesprochen? Worüber den
bloß?" Der Pharao wirkte sichtlich immer
verwirrter. Gewiss, diesen Tag wird er wirklich
nicht so schnell vergessen, da er seinen
Lachkrampf auch nach einigen Stunden noch nicht
in den Griff bekommen hatte. Allerdings wurde die
Opferung dringend notwendig. Er erschauderte an
dem Gedanken nach seinem Tode und der
Beisetzung in der Pyramide aufzuwachen und
diese Schreckschraube bis an sein nächstes
Lebensende an seiner Seite zu haben.
„Schreiber! Was genau habe ich damals zum Volk
gesagt?"

„Kühe? Wieso Kühe! Was soll der Mist. Ich dachte


im alten Ägypten spielten die Kühe nur die Rolle
der Düngemittel- und Badezusatzproduzenten?"
Sven regte sich mal wieder auf. Obwohl die
Ausbrüche von Sven meist gut inszeniert, tempi
und theatralisch auf das Beste abgestimmt waren,
schien es diesmal gefährlich ernst zu sein.
„Wie oft muss ich es dir eigentlich noch sagen?"

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Benn sprach im Tonfall eines Vaters zu seinem
stark pubertierenden Sohn bei der Frage ob dieser
ein Mofa bekommt. „Ich habe das Programm
dynamisch programmiert, nicht statisch. Alle
Verläufe der Entwicklung können ineinander
übergehen."
„Dynamisch, ist das nicht wenn sich die Möpse
dabei bewegen und statisch wenn sie so voller
Silikon gepumpt sind, dass sie stehen wie eine
Eins?"
„Für Leute wie dich - ja!"
„Warum hast du mir das nicht gesagt?"
„Ich habe es dir gesagt."
„Wirklich?"
„Ja!"

„Moment mein Herrscher, ich muss nur schnell


zurückspulen." Der Schreiber befand sich immer in
der Nähe seines Herrschers und war bereit auch
den größten Mist auf Papyrus zu malen. Er trug
eine verdammt große Rolle auf dem Rücken und
hatte zwischenzeitlich eine gigantische Kurbel aus

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der Tasche mit den Pinseln und der Tusche
geholt. Professionell betätigte er die Kurbel und
nach wenigen Augenblicken begann er zu zitieren.
„Äh, dann - Mist jetzt habe ich den Faden
verloren. Ach ja, dann wird vielleicht irgendwas
passieren und dann wird vielleicht auch - oder so.
Jedenfalls bin ich euer Pharao und kann machen
was ich will. Damit Basta und wem das nicht
gefällt hat Pech..." Dann seid ihr über eine Katze
gestolpert und die ersten drei Stufen der Pyramide
heruntergefallen. Anschließend habt ihr
dreitausend Untertanen, die eventuell gelacht
haben könnten, den Krokodilen geopfert.
Teilweise mussten sie monatelang Schlange
stehen um dann gefressen werden zu können, da
die Krokodile satt waren. Wir mussten sogar
Krokodile importieren um die Wartezeiten kurz zu
halten.

„Kann man das wegmachen?"


„Nein."
„Mann, mach was. Ich... Wir sind pleite wenn das

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rauskommt. Pah, Kühe! Frösche hätten wir ja noch
verkaufen können, aber Kühe. Die nehmen uns
doch nicht mehr ernst." Sven rang sichtlich nach
Vernunft und einer guten Idee, beides war aber
aufgrund seiner persönlichen Struktur nicht
unbedingt in greifbarer Nähe.
„Benn, guter alter Freund! Lass dir bitte was
einfallen. Irgendwas - du hast vollkommen freie
Hand."
Benn starrt nur stur auf den Bildschirm, während
seine Finger abermals begannen ein Eigenleben zu
führen. Er hatte immer freie Hand, auch wenn
Sven das niemals kapieren würde. Auch über das
Geschäftskonto machte er sich schon lange keine
Sorgen mehr, schließlich stammte das
Telebankingprogramm der Hausbank auch von
ihm.

„Da seht ihr, o Pharao. Der Beweis ist erbracht.


Ihr habt ohne jeden Zweifel die herab fallenden
Kühe vorhergesagt." Die Stimme des Hofsehers
war eine Spur zu schleimig. Normalerweise gibt

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sich jeder Vorgesetzte mit dem Hang zu einer
katastrophalen Führungsschwäche mit einer
derartigen Aussage zufrieden, leider hatte der
Pharao eine schwindende Popularität seiner
Unfehlbarkeit beim einfachen Volke erahnt und
runzelte deshalb die Stirn.
Der letzte Untertan der den Pharao zu einer
solchen Reaktion angeregt hatte wurde dazu
gezwungen sich ausschließlich von Katzenmist und
Katzenpisse zu ernähren. Ein Schicksal, das der
Hofseher nur allzu deutlich vor Augen hatte, da es
sich bei dieser Person um seinen Vorgänger
handelte. Der ehemalige Hofseher war zwar noch
immer am Leben, seine gesellschaftlichen
Aktivitäten allerdings inzwischen sehr
eingeschränkt, beziehungsweise nicht mehr
vorhanden.
„Und du bist bereit diese Aussage so zu
interpretieren?"
Als hätte der Hofseher diese Reaktion geahnt,
winkte er sofort einem Sklaven, der umgehend
einen freien Bürger in Ketten vorführen ließ. Die

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Person wies mehrere frische Hämatome an seinem
schmuddeligen Leib auf. Sobald er den Pharao
erblickte warf er sich zu Boden und begann
hemmungslos zu zittern.
„Freier Bürger“, begann der Hofseher auf das
Elend am Boden einzureden. „Hat der große, der
göttlich, der einzigartige....."
„Komm zum Punkt, Hofseher!" mischte sich der
Pharao ungeduldig ein.
„Hat er den großen Kuhregen vorhergesagt?"
beeilte sich der Hofseher den Satz zu beenden.
„Ja“, bestätigte der Haufen Mensch schnell.

„Jetzt hab ich es!" Benn lehnte sich zufrieden


zurück. „Ich habe einfach die dynamischen
Verknüpfungen in der Evolution mit dem alten
Ägypten gekappt."
„Klasse, Alter! Das muss gefeiert werden. Her mit
der Pulle und ich lasse gleich zwei Miezen
einfliegen."
„Natürlich welche die Quittungen ausstellen!"
murmelte Benn, der das Hobby „Wie bescheiße ich

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das Finanzamt richtig!" seines so genannten Chefs
kannte. Der größte Hammer war, dass Sven es
wirklich geschafft hatte den Ferrari unter der
Buchungsnummer „Sonst lande ich überhaupt
nicht bei den Miezen" absetzen zu können, weil er
zusätzlich ein Bild von sich und drei schlechte
Leumunds von diversen ehemaligen Freundinnen
beigelegt hatte.

„Was ja?" fragte der Pharao verwirrt.


„Na, der Kuhregen. Die Kühe regnen vom Himmel
und erschlagen die Arbeiter bei der Pyramide."
Der freie Bürger wirkte verwirrt. Wie alle
Verwirrten versuchte er die drückende Stille mit
zusammenhangslosem Plappern zu füllen, was
schon immer dazu geführt hatte anschließend
seinen Kopf oder schlimmeres zu verlieren. „Sie
wissen doch, das spitze dreieckige Ding. Pyramide
halt. Sie sterben, werden in die Pyramide gebracht
und unter hallali und hallala bringen sich ihre
Untergebenen und die hübschesten Frauen hier
um, um sie im nächsten Leben mit allerlei

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Vergnügen zu erfüllen."
Hofseher und Pharao schauten sich verwirrt an.
Was plapperte der da. Beide standen kniehoch in
Fröschen und das Wort Kuh fand nicht den
erwünschten Anklang.
„Was faselt der da?" fragte der Pharao.
„Keine Ahnung“, antwortete der Hofseher.
„Weg mit dem Kerl und Rübe runter", ordnete der
Hofseher an. Sofort traten zwei äußerst kräftige
Elite-Sklaven vor und schnappten sich den
wimmernden Bürger.
„Moment“, rief der Pharao. „Ich habe zwar keine
Wort von dem verstanden was er gesagt hat, aber
es klang aufregend." Sofort ließen die beiden
Elite-Sklaven den Bürger fallen. Hoffnung keimte
bei dem zitternden Bürger auf.
„Danke, oh Pharao. Mögen deine Lenden Früchte
tragen!"
„Früchte tragen? Was soll der Scheiß? Los jetzt,
runter mit der Rübe!"
„Danke, oh Pharao!" murmelte der Kopf, während
er auf der Suche nach dem Rest über den Boden

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rollte. Die nächsten Jahre versuchten sich die
besten Ärzte im Reiche des Pharao vergebens
Früchte wie Ananas oder Bananenstauden aus den
Lenden des Pharao zu entfernen.

From: SnakeByt@hotmail.hk.com
To: service@terrasim.com

Mahlzeit Jungs,

Sagt mal, habt ihr eigentlich noch einen an der


Waffel? Euer Spiel ist wirklich der letzte Mist. Ich
habe gerade versucht die Schöpfung mit der
Option Außerirdische und Kuppel im Meer
durchlaufen zu lassen, aber es funzt nicht so prall.
In der Kuppel rennen zwei Außerirdische herum
und mehr passiert nicht. Außerdem ist das
Raumschiff eine einzige Pleite - dagegen ist ja das
Raumschiff Orion das reinste Traumschiff.

Stellt das gefälligst ab, schließlich habt ihr 69,-

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Euro eingesackt.

„B E N N! B E E N N!! Komm endlich her! Hast du


das Spiel eigentlich mal getestet, oder hast du nur
an den Möpsen herumgefingert? Du bist noch mal
der Nagel zu meinem Sarg."

„Kommandeur, die Versuchsreihe DF89P ist ein


einziger Reinfall. Wir sollten die Kuppel fluten!"
„Fluten? Spinnen sie eigentlich? Wir haben eine
Verpflichtung gegenüber dem Steuerzahler.
Glauben sie eigentlich diese
Terraformingprogramme würden nicht in den
Haushaltsdebatten angesprochen und überprüft?"
Der Kommandeur schritt energisch über die
Kommandobrücke der Terraformigkuppel 12. Seit
mehreren Jahren, gemessen an den lächerlichen
Erdumläufen dieses miesen Planeten, versuchten
sie eine einigermaßen widerstandfähige
Bevölkerung zu kreieren. Jahre, die seinen
Karrierewünschen mehr als hinderlich waren.
Dann die beständigen Kürzungen im Etat und die

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besten Kräfte wurden ihm unter dem Hinter
weggezogen. Er konnte es seinen erfahrenen
Mitarbeitern nicht verdenken, wenn sie sich nach
besseren Jobs umsahen, aber diese Neue war
einfach unerträglich. Gerade von der Ausbildung
gekommen, wollten sie alles besser wissen und
können.
„Aber Kommandeur, die Dienstvorschrift HDV
100/100 sagt ganz eindeutig aus, dass bei einer
derartigen Degenerierung die Kuppel sofort
geflutet werden muss!" Fahnenjunker Jobeliti,
eine vom Stamme Job, errötete.
„Nur weil sie fünf Finger haben? fragte der
Kommandeur neugierig amüsiert.
„Fünf Finger sind degeneriert. HDV 100/100,
Vorschrift 13, Absatz 2." Der Fahnenjunker hatte
seine Ausbildung als Beste ihres Jahrganges
abgeschlossen und trug außerdem einen Rock, der
dem Kommandeur signalisieren sollte, dass sie
wirklich in jedem Bereich die beste des
Jahrganges war - aber er wollte dies im Moment
wohl nicht testen.

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„Erinnern sie sich vielleicht an das Projekt XAMI?
Auch hier wurden Anzeichnen einer
standardisierten Degeneration festgestellt und die
Kuppel hätte geflutet werden müssen. Aber der
zuständige Fahnenjunker entschied anders und
diese Rasse ist inzwischen unser bester und
problemlosester Kunde!" Nachdem es immer
schwieriger wurde an zahlungskräftige Kundschaft
heran zu kommen und die Werbungskosten in das
astronomische stiegen um minderwertige Ware los
zu werden, begannen die großen
Industrieplaneten mit den
TERRAFORMINGPROGRAMMEN. Hierbei wurden
unbewohnte Planeten derart aufgebaut, dass
anschließend zahlungskräftige Kundschaft
gezüchtet werden konnten. Die DNS der
zukünftigen Kundschaft wurde so programmiert,
dass ausschließlich die Waren der Schöpfer als
erstrebenswert galten.
„Wer kennt dieses Projekt nicht!" erwiderte der
Fahnenjunker. „Dieses Projekt ist eine Legende
und sie waren der Fahnenjunker. Sie bekamen

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den Wirtschaftsförderungsorden allererster Klasse
und die Erlaubnis die Ladenschlusszeiten des
Projektes XAMI aufzuheben."
„Ja, also Finger weg vom Flutungsknopf."
"Ja, Sir! Aber wenn ich anmerken dürfte, dass
allein die Anpassungen unserer Produkte auf diese
Entartung den Jahresetat eklatant durcheinander
wirft! Ganz zu schweigen über die inzwischen
bereits fertig gestellten Produkte die auf Lager
liegen und dringend auf Kundschaft warten.
Kundschaft, die nur die notwendigen drei Finger
aufweisen."

„Was ist denn jetzt schon wieder?" Benn erschien


schlaftrunken im Türrahmen. Er trug eine viel zu
große Boxer-Shorts mit dem Aufdruck „Zu groß für
Dich!" Benn hatte wochenlang über den Wortwitz
gelacht und nur allein der Gedanke daran brachte
ihn noch immer zum kichern. Leider konnte die
nette und zuvorkommende Blondine hinter ihm
nicht darüber lachen. Anfängliche Neugier hatte
sie schnell wieder zur professionellen Gestaltung

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des Abends übergehen lassen und zwei Minuten
später schnarchte Benn schon zufrieden.
„Was wohl! TerraSim. Ein Bug nach dem anderen.
Scheiße ey. Ich habe einen Ruf zu verlieren!"
„Mit der Leistung eben hast du das schon!" rief
eine Stimme aus Svens Zimmer. Eine weitere
Blondine erschien hinter Sven. „Komm Kleiner,
nach der Leistung habe ich aber eine
Sonderzulage verdient - als Schweigegeld
sozusagen!" Blondie lachte gellend. „Elli! Komm,
wir sollten los, mal ein paar richtige Kerle suchen.
Während Benn schon wieder an der Tastatur in
Trance verfiel, bezahlte Sven die beiden Damen
unter Herbetung zahlreicher Beschimpfungen, zog
sich anschließend an und suchte schleunigst den
nächsten Schnellimbiss auf, da sein Fettspiegel
gefährlich tief gesunken war.

„Danke Sir, ich leite jetzt die Flutungssequenz ein!


Die Brut wird in exakt 300 Tagesabläufen
vernichtet sein."
„Fahnenjunker, ab in unser Rettungsschiff und

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dann nichts wie weg von diesem Mistplaneten.
Mann kann nicht immer gewinnen."
„Ja, Sir! Allerdings kann man die Kosten immer
noch als Werbungskosten geltend machen. Auf
jeden Fall werden sie hierdurch in den Vorstand
aufgenommen werden müssen. Ich bewundere sie
aufrichtig". Der Fahnenjunker hatte inzwischen die
Lektion "Aufrichtiges Schleimen unter erschwerten
Bedingungen" abermals durchgearbeitet und
zeigte nun die Art von Unaufrichtigkeit, die jeder
Vorgesetzte richtig zu deuten wusste.
„Danke. Ach ja, ziehen sie diesen Rock aus
Fahnenjunker und gießen sie uns einen netten
Drink ein. Der Rückflug sollte nicht unbedingt die
direkte Flugstrecke betragen, wenn sie mich recht
verstehen!"
„Ja Sir!" Fahnenjunker Jobeliti machte ihrem
Stamm alle Ehre. Sie hoffte zumindest eine
weitere Stunde Ladenschlussverlängerung für ihre
Dienste erlangen zu können.
Während das Raumschiff die Erde verließ, öffnete
sich neben verschiedenen Haken und Ösen an

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diversen Wäschestücken auch langsam die Kuppel
der Aufzuchtsstation tief im Meer. Diese
Aufzuchtsstationen sollten gewährleisten, dass die
Brut schnell vernichtet werden konnte, wenn sich
Degenerationen, oder ein Abstoßungsverhalten
gegenüber dem Warenangebot zeigten.
Sehr viele Tage später hatte Jobeliti auf Höhe der
Agabitis-Nebel bereits eine halbe Stunde
herausgeholt während sich aus den bewegten
Fluten eines noch nicht benannten Meeres ein
Schiff wie ein Korken aus dem Wasser an die
Oberfläche schoss. Zögerlich öffneten sich Luken
im Rumpf und mehrer Menschen kletterten an
Deck.
„Du hattest mal wieder verdammt Recht Noah!"
sage ein Mann und klopfte einem anderen
enthusiastisch auf die Schulter. „Aber warum
wolltest du bloß diese ganzen Viecher mitnehmen.
Boh, die stinken vielleicht."
„Proviant," erwiderte Noah. „Wer weis wie lange
wir hier herumschippern müssen. So haben wir
wenigstens ein wenig Abwechselung auf dem

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Speisezettel. Also, wer außer mir hat noch Lust
auf ein Säbelzahntigerschnitzel? Und jagt endlich
diese blöde Taube hier weg, die hat mir schon
wieder auf den Kittel geschissen!"

„Na also", sagte Benn zu sich selbst. „Geht doch."


Er begann leise vor sich hin zu kichern, da ihm der
Spruch auf seiner Boxer-Shorts wieder einfiel.

From: BilliBoy@LiebeundSchweiss.org
To: service@terrasim.com

Warum nur immer ich?


Ich bin gerade dabei die Weltgeschichte im Modus
„EXAKT", „Griechenland" und „Sagen" ablaufen zu
lassen. Aber Troja wird bereits seit 100 Jahren
belagert und mit dem Bau eines Pferdes wurde
immer noch nicht begonnen. Könnte sich da unter
Umständen ein kleiner Bug eingeschlichen haben.

Ach ja, braucht ihr nicht noch einen Beta-Tester


für eure Programme???????????

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Ich bin gut!
WIRKLICH!!!!!!!!!!!!!!
BilliiBoy

„Ich scheiße auf Tradition und ich scheiße auf


dieses verdammte Heereslager!" schrie der
Hauptmann mit den unaussprechlichen Namen
Odysseus oder so. „Seit fast 100 Jahren belagern
wir diese blöde Stadt und hausen noch immer in
Zelten."
„Aber Hauptmann, es gibt wirklich keinen Fall in
den bisher geführten Kriegen, wo die Belagerer
feste Häuser bauen. Was würde den der Feind von
uns halten, oder unsere Familien daheim?" Der
Feldwebel versuchte zackig zu salutieren, aber
nach fast 45 jährigen Fronteinsatz und einem
Gesamtgewicht von über 150 kg (ohne Rüstung)
bei einer merkwürdig geringen Eigenlänge, wurde
er fast von seinem eigenen Schwung umgerissen.
Seine enormen Massen führten noch einige
Minuten ein Eigenleben unter den bereits vor sich
hin verrosteten Brustharnisch.

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„Es gab bisher auch noch keine Belagerung die
sich so lange hinzog. Zehn Jahre oder so wären ja
noch in Ordnung gewesen, aber das hier ist ein
Skandal."
Der Hauptmann war mit seinen knapp 30 Jahren
Fronteinsatz zwar noch ein bisschen grün hinter
den Ohren, fand der Feldwebel, aber eigentlich
hatte er nicht Unrecht. Im Sommer war es ja noch
ganz in Ordnung, aber jetzt, kurz vor dem
Winteranfang wurde es recht zugig in den Zelten.
Da der Feldwebel aber schon vor langer Zeit ein
kleines Zimmer innerhalb der Stadt gefunden
hatte, interessierte es ihn eigentlich nicht
sonderlich. Abendliche Appelle gab es bereits seit
einigen Jahrzehnten nicht mehr und die
gelegentlichen Sturmangriffe fanden inzwischen zu
festen Terminen und mit Volksfestcharakter statt.
Alles in allem hatten sich die Belagerer und die
Belagerten, jedenfalls die mit Ideenreichtum und
dem festen Willen zum Kapitaltransfer, bereits vor
einigen Jahren stillschweigend geeinigt. Da das
Offizierscorps auf beiden Seiten sehr

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traditionsbewusst waren und noch immer für die
gerechte Sache kämpften, auch wenn sich
niemand mehr so ganz genau an den Namen der
Schönen erinnerte, die vor langer Zeit nach Troja
verschleppt wurde, wusste man um so genauer,
dass jeder Mann in Griechenland nicht eher ruhen
würde, bevor diese Schande aus der
Geschichtsschreibung getilgt sein würde. Dennoch
fiel niemanden im Eifer des Gefechtes auf, dass
die Invasionsarme nach der Landung und
Belagerung der Stadt niemals Verstärkung aus der
Heimat erhalten hatte und von den ehemaligen,
bestimmt ehrbaren und tapferen Kämpen niemand
mehr lebte. Eine kleine Erklärung hätte unter
Umständen das kleine unscheinbare Tor in der
Nähe des Westtores der Stadt mit der Überschrift
„Tritt als Krieger ein und geh als Freund wieder
hinaus" sein können, das bei einem
Erkundungsrundgang vor ungefähr 63 Jahren
zufällig entdeckt wurde und nur mittels
Mundpropaganda unter den niederen Rängen der
Belagerungsarme erwähnt wurde, aber nur

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vielleicht.
Eine andere Legende in einer unbekannten
Sprache besagte, A nagy kapu meliert, mindig
van egy kis kapu - In der Nähe eines großen Tors
ist immer eine kleine Tür.
Inzwischen hatte sich hier das neue Haupttor
gebildet und jeden Morgen zum Dienstbeginn und
jeden Abend zu den Dienstenden war hier reger
Betrieb. Niemand wusste noch so ganz genau, ob
sich das frühere und noch immer belagerte
Haupttor noch öffnen ließ.
„Ich habe aber die Schnauze voll. Wer weiß wie
lange das hier noch gehen soll und ich will endlich
mal in einem Bett schlafen, nicht immer nur auf
einer Pritsche!" Der Hauptmann warf eine Karaffe
an die Zeltwand. „Und ich will, das die Karaffe
kaputt geht, wenn ich sie an eine Wand werfe!"
schrie er. Odysseus konnte einem Leid tun. Er war
der einzige, der noch den eigentlichen Grund der
Belagerung kannte und wusste, wie sehr die
Sache mit der eigentlichen Schönheit im Auge des
Betrachters lag. Da jedoch der König diese Sache

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verbreitet hatte, der gleiche König der gelegentlich
ein Pferd oder Schwein zu dem einen oder
anderen Regierungsamt verhalf, durfte hier
keinerlei Kritik angebracht sein. Anfänglich hatte
es ja auch Spaß gemacht, mit seinen Kumpels
abends um die Stadt zu ziehen und obszöne
Sprüche an die Mauer zu schmieren, aber
inzwischen war die Arthritis so weit
fortgeschritten, dass der Pinsel nicht mehr so
recht in der Hand lag. Außerdem hatten so im
Laufe der Jahre die Außenmauern inzwischen
bereits den siebenundzwanzigsten Anstrich
bekommen, was den Heereshaushalt für die
Beschaffung neuer Waffen und Belagerungstürme
der nächsten 35 Jahre aufgebraucht hat. Böse
Zungen behaupteten, dass die Mauern nur noch
durch die so aufgebrachte Farbe hielten.
Ja, der Feldwebel konnte seinen Hauptmann
verstehen. Die ersten Nächte in seinem Zimmer
und das weiche Bett waren mit Geld nicht zu
bezahlen. Dann das üppige Frühstück und seine
üppige Wirtin taten ihr übriges, um ein kleines

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Techtelmechtel mit dem Feind einzugehen.
Natürlich nur, um an geheime Informationen über
die Verteidigungspläne der verdammten und
verabscheuungswürdigen Trojaner zu kommen.
Allerdings hatten diese Trojaner einen Hackbraten,
den man im gesamten Mittelmeerraum nicht
besser finden konnte. Und das frische Brot. Ganz
abgesehen von dem mit Honig gesüßten Wein.
Und die Kegelabende mit der Stadtwache am
Samstagabend. Aber ansonsten handelte es sich
um den verabscheuungswürdigsten Pöbel der
ganzen Mittelmeerregion. Seine inzwischen schon
fast erwachsenen Kinder mit der Wirtin sollten,
sobald sie eine anständige Ausbildung erhalten
hatten, natürlich auf der Seite der Griechen leben.
Sein Sohn sollte so wie der Vater die ehrenvolle,
wenn auch schon ziemlich verrostete, Rüstung der
Griechen tragen und, wie er, ein ganzer Mann
werden. Wie in einem der letzten Memos der
Wehrveraltung zu entnehmen war, ist es geplant
im nächsten Jahr den Etat der Neuausrüstung als
Gesprächspunkt aufzunehmen und nach Prüfung

- 51 -
der günstigsten Angebote in neun Jahren mit der
Erprobung zu beginnen. Angebote wurden bereits
eingeholt, wobei die trojanischen Waffenschmiede
das beste und günstigste Angebot unterbreitet
hatten. Da sowohl im Krieg und in der Verwaltung
diejenigen zu entscheiden haben, die eine Vision
ihr Eigen nennen, wurde dem Angebot der
Trojaner der Zuschlag erteilt und für einige
wenige Griechen das weitere Leben als Belagerer
etwas leichter und komfortabeler. Tränen traten
ihm in die Augen, als er sich seinen Sohn als
zukünftigen Offizier der griechischen
Belagerungsarmee vorstellte.
„Reißen sie sich zusammen Feldwebel. Wir sind
griechische Soldaten und haben die gesamte
zivilisierte Welt auf unserer Seite!" Odysseus
interpretierte die Tränen des Feldwebels völlig
falsch.
„Ich dachte wir sind die gesamte zivilisierte Welt?"
fragte der Feldwebel.
„Na, sage ich doch. Und jetzt raus mit dir
Feldwebel, ein kleiner Appell und dann ein

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gewagter Ausfall und zu Weihnachten sind wir
wieder daheim bei unseren Lieben."
„Aber Hauptmann“, versuchte der Feldwebel
verwirrt zu widersprechen. „Appell und Ausfall sind
doch erst übermorgen dran. Jetzt ist Wochenende
und die Marketender haben doch ihre Marktstände
noch gar nicht abgebaut. Außerdem wissen die
Trojaner ja noch nicht Bescheid. Sie wissen doch
wie ungehalten die reagieren, wenn wir versuchen
die Mauern zu erklimmen und keiner da ist der die
Leitern zurück schubst. Übrigens, was ist
Weihnachten?"
„Keine Ahnung, fiel mir eben so ein? Weihnachten,
Weihnachten“, murmelte Odysseus vor sich hin.
„Klingt irgendwie richtig. Weihnachten!
Weihnachten? Egal, wir machen jetzt einen
Ausfall. Das finde ich trickreich und wird mir
bestimmt der Beinamen Trickreich einbringen."
„Ich glaube eher der zukünftige Beiname wir
Enttäuscht heißen“, murmelte der Feldwebel vor
sich hin als er aus dem Zelt trat. Wo sollte er nur
um diese Uhrzeit eine Armee finden. Alle waren

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daheim bei ihren Familien. Nach Dienstende
gingen alle Griechen in die Stadt, jedenfalls die
dienstgradniedrigeren Ränge, um bei ihren
Familien zu sein. Eine ganze Armee, wo sollte er
die bloß her bekommen?
„Hallo Dimitrij!" rief dem Feldwebel die trojanische
Stadtwache von der Mauer zu. „Bleibt es bei heute
Abend?"
„Was meinst du Maurice?" rief der Feldwebel
zurück.
„Na, der Kegelabend! Die Jungs stehen schon
bereit!"
Dem Feldwebel kam plötzlich der rettende Einfall.
Er kratzte sich ausgiebig am hinteren und tieferen
Teil der Rüstung und stapfte fröhlich auf.
„Sind die Jungs noch da?" rief er Maurice zu.
„Klar, wollten sich gerade etwas Bequemeres
anziehen. Diese Rüstungen sind echt unbequem.
Etien hat da eine Fistel am", die Wache stoppte
kurz, überlegte und verstummte.
„Mach mal kurz das Tor auf, ich habe da eine
Idee!"

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Odysseus hielt kurz darauf eine flammende Rede
vor einer recht ansehnlichen Armee, die zwar nicht
so recht verstand was das griechische Gefasel
heißen sollte, außerdem wurde sie von dem ein
oder anderen Hustenanfall des Redners
unterbrochen. Beim anschließenden Sturm
rannten alle auf das Tor zu, wobei Odysseus auf
seinen Umhang trat und auf die Schnauze fiel. Aus
seiner etwas tieferen Position konnte er sehen,
dass seine tapfere griechische Armee am Tor
anhielt und einer der Soldaten ein gewaltiges
Schlüsselbund aus der Tasche zog und das Tor
aufschloss. Die Soldaten wanderten einzeln oder
in Gruppen durch das Tor hindurch. Odysseus
sprang entschlossen auf und stürmte schreiend
auf das Tor zu. Kurz bevor er es erreichte wurde
das Tor zugeworfen und er prallte mit voller
Wucht davor. In den nächsten Jahre wurde immer
wieder ein alter, zerlumpter Mann vor dem
Stadttor gesichtet, der versuchte selbst
geschnitzte Pferde aus Olivenbaumholz zu
verkaufen, die aber niemand haben wollte, da sie

- 55 -
so aussahen als ob sie unbeholfen mit einem
Beidhandschwert geschnitzt wurden.

„Die verdammte Variable stimmt nicht!" murmelte


Benn. „Ich habe dich immer wieder darauf
hingewiesen, einige Teile der Ablaufvariablen nicht
im Ausland programmieren zu lassen! Jetzt haben
wir den Mist. Hier ist alles durcheinander."
„Ha, ich musste. Sonst hätten wir die
Förderprogramme der EU in den Wind schießen
können. Außerdem ist Dresden kein Ausland."
„Das glaubst aber auch nur du. Jetzt lass mich
allein. Morgen hast du deinen Patch“, schnauzte
Benn Sven an. „Hast du nicht noch irgendwo eine
Currywurst zu verdrücken!"
„Jetzt wo du es erwähnst, ich glaube da ruft mich
doch tatsächlich so eine Kleine!" Sven war wie ein
Schachtelteufelchen. Man brauchte nur auf das
richtige Knöpfchen zu drücken und schon sprang
etwas heraus. Erwähne etwas zu essen und schon
lief der Speichel.
„Soll ich dir auch was mitbringen?" Sven glaubte

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durch die geheuchelte Anteilnahme Benn ein klein
wenig beruhigen zu können.
„Ja, bring mir aus dem neuen China-Restaurant
ein paar gebratene Nudeln mit." Es durchzuckte
Sven, als ob er mit einer heißen Nadel gestochen
worden wäre.
„Du willst was zu essen? Vom Chinesen!"
„Was ist daran so ungewöhnlich?"
„Nichts, nichts“, beeilte sich Sven zu sagen. Bisher
hatte Benn noch nie etwas mitgebracht haben
wollen. „Äh, wo ist denn der neue Chinese?"
stammelte Sven verwirrt.
„Kohlmannsgasse! Nimm einfach den neuen
Navigationscomputer den ich dir gestern
eingebaut habe."
„Ja, klar. Hast Recht. Den Navigationscomputer."
„Ja“, murmelte Benn sarkastisch. „Nimm den
Navigationscomputer!" Benn widmete sich mit
diabolischem Grinsen wieder seiner Aufgabe,
während Sven die Schlüssel zu seinem Ferrari
schnappte um sich den Freuden der Völlerei hin zu
geben. „Und grüß mir die Fische recht schön!"

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„Es ist stickig hier drin!" jammerte der Feldwebel.
Seit zehn Jahren belagerten sie die Stadt schon,
aber außer einigen Gefechten konnte bisher von
noch keinen wirklichen Krieg gesprochen werden.
In der Heimat wurden die Ehefrauen so langsam
sauer und begannen sonntags nach dem
Teetrinken vor Königspalast Demonstrationen zu
organisieren. Jetzt saßen mehr als zwanzig gut
trainierte und ausgerüstet mit ....

"Was soll der Mist, ich habe doch die Variablen


richtig bestimmt und hochgeladen", jammerte
Benn.

"... Puschel. Feldwebel, warum müssen wir mit


Puscheln ausgerüstet in den Krieg ziehen?"
"Weil das die Gewerkschaft für Schwerkämpfer
und Bogenschützen so vorschreibt", antwortete
der Feldwebel seufzend. "Absatz 1 der
Schwertkämpfereinsatzregeln legt ausdrücklich
fest, dass wenn mehr als 10 Krieger weniger als 7

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Kubikmeter Platz haben, dürfen als Einsatzwaffen
nur Puschel ausgeteilt werden.
Sicherheitsgründe", murmelte der Feldwebel noch
leicht bekümmert, während er auf seine leicht
rosa Puschel schaute. Er hatte noch Glück gehabt,
da er als Einsatzleiter eine bessere Puschel
zugeteilt bekam als seine Untergebenen, dennoch
verspürte er den inneren Drang zu weinen.

Benn arbeitete wie in einem Fiebertraum und


behämmerte seine Spezialtastatur wie im Rausch.
Und ab damit....

... und ausgebildete Soldaten in einem


Holzschwein...

"Mist, gleich habe ich es geschafft", murmelte er


mehr für sich als für Sven der gerade mit stark
knurrendem Magen das Loft verließ.

... und ausgebildete Soldaten in einem Holzpferd


....

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Na also, geht doch, dachte Benn, lehnte sich
zufrieden zurück und beobachtete, wie sich die
Soldaten in dem engen Holzpferd
aneinanderdrückten. Einigen der jüngeren
Kämpfer war die Nähe zu den anderen peinlich,
die älteren Kämpfer nahmen dies schmunzelnd zur
Kenntnis. Spätestens nach ein paar Jahren im
Krieg würden auch diese die Nähe der anderen
suchen.

... und warteten darauf in die Stadt hinein


geschoben zu werden. Angeblich eine tolle List
des trickreichen Odysseus.
Der Feldwebel bewunderte Odysseus. Nicht weil er
die Idee für diese Kriegslist hatte, sondern weil er
dem Oberkommandierenden die Geschichte mit
der angeblichen Platzangst aufbinden konnte, die
er sich angeblich als Kind beim Spielen in einem
Fass geholt hatte und er nun draußen bei den
Zelten lustwandeln und Wein trinken konnte,
während sie zusammengepfercht in einem

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Holzpferd saßen.
„Ich muss mal dringend pinkeln!" sagte ein
anderer verzweifelter.
„Wer hat hier einen ziehen lassen?" empörte sich
ein anderer.
„Schnauze!" bellte der Feldwebel. „Ich habe auch
keine große Lust hier drin zu hocken. Schließlich
habe ich heute meinen Herrentag - und - heule
ich?"
„Oho", ließ sich eine Stimme aus dem Dunkeln des
Pferdes vernehmen. „Herrenabend! Mit Glöckchen
an den Beinen mit anderen Kerlen tanzen und so!"
„Ich weiß, dass du das bist Justus!" kläffte der
Feldwebel. „Noch so einen Kommentar und du
darfst als erster raus!" Stille kehrte ein, während
einer der Soldaten unruhig auf seinem Platz hin
und her rutschte.
„Außerdem pflegen wir nur unsere kulturellen
Bräuche. Schließlich muss man ja auch im Ausland
seine Verbundenheit mit der Heimat deutlich
zeigen, sonst wären wir ja nicht besser wie diese
ausländischen Trojaner“, murmelte der Feldwebel

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vor sich hin.
Plötzlich bewegte sich das Pferd. Laute Stimmen
und Gesang drangen bis in das Pferdeinnere vor.
Mehrere Personen regten sich über das unsinnige
Geschenk auf, manche meinten, dass Pralinen den
gleichen Zweck erreicht hätten und bei weitem
nicht so schwer gewesen wären. Andere beließen
es beim rhythmischen Stöhnen bewenden und
andere wiederum sangen, was das Zeug hielt und
den Ursprung darin haben könnte, dass sie nicht
ziehen mussten. So etwas motiviert auch den
schlechtesten Sänger sein bestes zu geben.
"Und, was hast du heute gemacht?, fragte einer
der etwas älteren Kämpfer einen der Neuen.
"Nichts, halt warte, ich habe eine Ratte
erschlagen."
"Richtig so, schließlich muss man ja irgendwas in
einem Krieg töten."
„Ruhe!" flüsterte der Feldwebel. „Da der
trickreiche Odysseus aufgrund seiner, vom
zuständigen Amtsarzt geprüfte und bestätigte,
Platzangst leider nicht bei uns sein kann, habe ich

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den Auftrag folgende Verlautbarung an euch,
seine treuen Männer, zu verlesen."
„Warum wollt ihr euch verlesen?" fragte einer der
Soldaten.
„Schnauze, Costas, du raffst eh nix".
„Also, ich fange jetzt an. Tapfere Krieger, In
Antizipation eures baldigen Dahinscheidens..."
"Was meint der?“ fragte einer der neueren
Krieger.
"Du kratzt bald ab!"
„Super Anfang!"
„Joh, finde ich auch".
„Der hat es voll drauf!"
„Ruhe jetzt! Also, Tapfere Krieger. Ich wünschte,
ich könnte in diesem Augenblick bei euch sein. Ihr
seid die Elite der griechischen Jugend und habt
das Privileg bei diesem historischen Ereignis dabei
zu sein. Noch in tausenden von Jahren wird sich
die Menschheit noch an diesen genialen Plan
erinnern und meinen Namen preisen, wobei sich
an euch niemand mehr erinnern wird. Auch wenn
ihr alle fallen solltet, werde ich dafür sorgen, dass

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eure Namen nicht in Vergessenheit geraten.
Vielleicht schaffe ich es ja, dass die ein oder
andere Tütensuppen oder so was mit eurem
Namen versehen verkauft sind."
"Ich liebe diese Memos!"
"Erinnert ihr euch noch an das letzte Memo?"
"Das mit der Brustharnisch-Politur?"
"Genau!"
"Aus gegebenem Anlass“, zitierte ein sichtlich
genervter Soldat. "Wird darauf hin gewiesen, das
der Harnisch so zu polieren ist, dass einerseits die
Belange der soldatischen Tugenden erfüllt
werden, andererseits aber die Feldanforderungen
der Taktik nicht unterlaufen werden!" Die Gruppe
stöhnte kollektiv auf.
Diese Memokritzelei der Kriegsführung wurde seit
ungefähr 8 Monaten intensiv genutzt und hatte
bereits einige interessante, Kriegsentscheidende
Neuerungen hervorgebracht. Befehle mussten nun
nicht mehr von mehr oder weniger kompetenten
Vorgesetzten in eigener Regie erfunden und
umgesetzt werden, sondern konnten von anderen

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übernommen und hemmungslos vervielfältigt
werden. Interpretation wurde dem einfältigen
Soldaten selbst überlassen und sollte man als
Vorgesetzter mal Lust haben ungerechte und
unsinnige Befehle zu erteilen konnte man einfach
ein beliebiges Memo zitieren - keiner würde auch
nur im Geringsten zugeben dieses nicht gelesen zu
haben.
"Diese Art des Krieges ist nicht meine Welt“,
stimmte der Feldwebel ein. "Früher, da zählte
noch das heiße Blut, vergossen durch kalten Stahl.
Keiner erzählte einem wie der Harnisch zu putzen
war. Ich bin zu spät geboren worden, in einer zu
antiken Welt, in einer Welt in der solche smarten
Typen das Militär übernommen haben! Wo sind
nur die ganzen alten Haudegen hin?"
"Feldwebe?"
"Ja?" murmelte der Feldwebel in Gedanken
versunken.
"Es ist ruhig geworden, ob jetzt alle betrunken
genug sind?"
"Ich denke schon, dann mal raus mit Euch.

- 65 -
Odysseus erzählte mir von so einer komischen
Nymphomanin oder Nymphe die er noch treffen
müsste, bevor er zu Hause ein irres Gemetzel
anrichten soll. Außerdem ist da noch so ein Bogen
zu spannen....
Die Soldaten blickten verwirrt zum Feldwebel. Sie
wussten schon aus anderen Schlachten, dass der
Feldwebel gern wirren Zeugs redete, aber diesmal
hatte er wirklich den Vogel abgeschossen.

From: Julia@romantia.net
To: service@terrasim.com

Sagt mal, seid ihr eigentlich noch ganz sauber!!!!!


Selbst ihr könnt doch nicht so doof sein und die
einzigartigste Liebesromanze der gesamten
Literatur dermaßen zu versauen. Romeo und Julia
müssen am Ende vor lauter vergeblichen
Verlangen nacheinander sterben und nicht ur
po.....
JETZT MAL WAS FÜR DIE ALLGEMEINBILDUNG
Titelhelden eines Trauerspiels von Shakespeare

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(1597), Liebespaar aus verfeindeten Familien
(Montague und Capulet); altbeliebter
Novellenstoff, von Shakespeare wohl aus Arthur
Brookes († 1563) Epos “Romeos and Juliet” 1562
entlehnt
Bringt das gefälligst wieder in Ordnung, sonst
könnt Ihr was erleben. Ich besuche Euch
monodimensional strukturierten Arschlöcher mal
mit meiner Frauengruppe und zeige Euch mal,
was Frau alles mit einer ökologisch unbedenklich
hergestellten Stricknadel anstellen kann. Ihr
widerlichen Schweine kotzt mich wirklich an. Und
versucht Euch nicht damit heraus zu reden, dass
läge nur an der Einstellung der Parameter, ich
habe sämtliche Einstellungen probiert. Bei jeder
Einstellung hüpfen die in die Laken!

"Romeo, oh mein Romeo! Dich hier zu finden und


mit einem gar giftigem Tranke im güldenen
Becher. Sag, Liebster, wollest Du diese harsche
Welt vor lauter Kummer verlassen, ohne jemals
deine Lippen auf die meinen gepresst zu haben?"

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"Und Du Julia", begann Romeo zu säuseln!
"Warum trägst Du einen Dolch im Gewande?
Wolltest Du mit diesem kalten Stahl dein wärmend
Herz zum erlischen bringen?"
"Also mir reicht es jetzt mit dem Quatsch!"
lamentiert Julia und sprang auf. " Dieses
Gequatsche von Pein und ungeschlechtlicher
Hingabe geht mir echt auf den Keks. Wenn unsere
Alten meinen nur wegen einem Kerl so ein Mist
machen zu müssen, von mir aus, aber ohne mich!
Also poppen wir jetzt endlich oder was?"
"Klar, aber damit das gleich klar ist, Verhütung ist
Weibersache!"
"Gebongt Alter. Und nachher kein Generve von
wegen wahrer Liebe. Nur reinen hemmungslosen
Sex, ne reine Kistensache, wenn Du verstehst was
ich meine!"
"Na dann mach dich nackich kleines Ferkel!"

"Benn!" schrie Sven aus Leibeskräften und


stürmte in das gemeinsame Büro. Tropfnass stand
er in der Tür und ließ keinen Zweifel daran, dass

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er stinkwütend war.
"Was ist denn mit dir los?" fragte Ben und schaute
noch nicht einmal von seiner Tastatur hoch.
"Was mit mir los ist!" schrie er und warf wütend
seine Autoschlüssel auf den Boden. "Was mit mir
los ist fragt der Herr! Ich wurde gerade von
meinem Ferrari in den Fluss gefahren!"
"Was rast du auch immer wie eine gesenkte Sau.
Außerdem kann dir ein zusätzliches Bad wirklich
nicht schaden.
"Hast du was mit den Ohren, mein eigenes Auto
hat mich in den Fluss gefahren, außerdem rase ich
nicht, ich fahre zügig!" Swen begann unruhig im
Büro auf und ab zu rennen. "Nimm doch den
Navigationscomputer zum Chinesen", äffte er Ben
nach. "Toller Navigationscomputer, der hätte mich
fast umgebracht, dieser ach so tolle
Navigationscomputer!" Swen ging direkt zu Bens
Arbeitsplatz nahm die alte und schwere
Amigafestplatte die inzwischen als
Briefbeschwerer diente und holte wütend aus.
"Geh vorsichtig damit um, ich möchte nicht dass

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sie kaputt geht", sagte Ben und tippte seelenruhig
weiter Code um Code in den Computer. "Hättest
halt das etwa teurere Gerät mit der bessern
Softwareausstattung genommen und nicht dieses
japanische Plastikgeschmeis."
Swen zögerte, dachte kurz nach und stellte
schließlich behutsam die Festplatte wieder an
seinen Ort zurück.
"Ich glaube du hast recht", flüsterte Swen. "Hatte
doch fast geglaubt du wolltest deinen alten
Kumpel löschen."
"Bestell dir halt morgen einen neuen."
"Dann bestelle ich mir halt morgen einen neuen!"
erwiderte Swen automatisch. Völlig benommen
irrte er durch das Büro und blieb neben dem
Serviceterminal stehen. "Romeo und Julia?", las er
roboterhaft vor.
"Das bleibt so, sollen sich diese
Möchtegernemanzen doch aufregen. Romeo und
Julia machen in unserem Spiel das, was sie seit
Jahrhunderten nicht machen dürfen.

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From: Der.Olymp@hades.com To:
service@terrasim.com

Tja Leute, das war wohl nichts. Erst backt


Prometheus tage und wochenlang seine
Menschen, aber wenn es dann darauf ankommt
ihnen das Feuer zu bringen, versagt er kläglich.
Außerdem sitzt er jetzt bereits seit mehreren
Äonen auf so einem blöden Berg und scheint
etwas vor sich hin zu brabbeln.
Ändert das mal. Ansonsten sind eure Programme
echt spiiiiiitttttttttttttttze. Grüße an den
Spitzeprogrammierer Ben.
Mögen die Götter Euch gnädig sein.

P.S.: Einfach klasse, dass ihr den Code für das


Spiel frei zugänglich und mit Updates ins Internet
gestellt habt, werde mir gleich mal "neuere
Zeitgeschichte" runterladen.

"Nein, nicht schon wieder!" Prometheus warf


wütend die gelöschte Fackel auf den Boden. Er

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hatte sich alles so schön ausgedacht. Erst aus
Lehm und Dreck ein paar Untergebene geformt
und dann richtig absahnen.
Prometheus guter Götter-Grill. Die Marktlücke
schlechthin. Immer nur Mett und Götterspeise bis
zum Abwinken, dass kann doch für einen Gott
nicht alles sein! Der Mett war ja so ganz in
Ordnung, aber die grüne Sülze war nach ein paar
tausend Jahren einfach nicht mehr wirklich
prickelnd. Warum hatten sie sich Zähne gegeben?
Um vielleicht wackliges grünes Zeug durch die
Zähne zu saugen?
Im seinen einsamen Götternächten träumte
Prometheus von Tieren, die auf einem komisch
geformten Metallrost langsam verbrannt wurden,
von kleinen runden "Weizentaschen" und Pflanzen
deren Blätter in das in diese Weizentaschen gelegt
wurden und von braunem Wasser mit Luftblasen
und viel Zucker drin. Doch immer wenn
Prometheus das Feuer in Händen hatte und es zu
seinen Untertanen bringen wollte, erschien Zeus
große Götterzunge und Götterfinger, beleckte mit

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seiner Götterzunge Daumen und Zeigefinger und
löschte unter Gelächter der gesamten Götterschar
das Feuer. Jetzt schon das dreißigtausendste mal.
Er hätte es eigentlich ahnen müssen. Die
Schwierigkeiten begannen bereits, als er seine
Untergebenen schuf. Kaum hatte er sie geformt,
bei den Weibchen hatte er sich besondere Mühe
gegeben, und wollte ihnen Leben ein hauchen,
benahmen sich seine Untertanen wie die Götter
nach ihren allabendlichen Saufgelagen. Gut, er
hätte sich am Abend zurückhalten können, aber
Thor hatte ihn mal wieder versucht vor allen
andern lächerlich zu machen und da hatte er es
diesem aufgeblasenen Göttervolk gezeigt.
Prometheus hatte inzwischen die Nase gestrichen
voll. In Gedanken hatte er bereits sein
Kündigungsschreiben für die Götterbude
aufgesetzt. Genau, er würde dem Olymp
kündigen, sich nach "New England" zurückziehen,
auch wenn es das noch nicht gab und Käfer
züchten. Außerdem war er inzwischen
zweitausendvierhundertundzwei Jahre alt und

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musste sich noch immer mit Thor, dem
selbsternannten Gott des Donners eine Bude
teilen. Thor war kein schlechter Kerl, aber immer
wenn er das ein oder andere Horn Mett zuviel
hatte, gab er an wie tausend Sterblich und nachts
schnarchte er wie ein, ja wie ein Donnergott halt.
Und dann seine Weibergeschichten. Manche
Göttinnen waren echt zu doof. Kaum hatte Thor
mit seinem Mörderhammer geprallt, schon wurden
alle Weiber wild. Besonders diese blöde Aphrodite.
Sie werden noch alle ihr blaues Wunder erleben,
wenn er erst einmal seinen Prometheus guten
Göttergrill eröffnet hatte. Wieder hatte er eine
Vision. Plötzlich und unmittelbar tauchte sie vor
seinem inneren Auge auf und beraubte ihn eines
Augenblicks seines Grolles gegen den Olymp und
seiner göttlichen Bewohner. "Caffee Latte, Caffee
Machiato und Caffee Classic!" murmelte er
überwältigt. "Serviert in appetitlich aussehenden
Pappbechern. Grün-weiß gestreifte Hemden und
ökologisch bedenkliche Verpackungen. Ich muss
dringend die Weibchen dazu bringen ein nichts

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sagendes Dauergrinsen zu halten." Er sah schon
von Hermes die "Werbezettel" verteilen, auf denen
ausdrücklich der freundliche Service
hervorgehoben wurde. Niedergeschmettert von
soviel gotteslästerlicher Eingebung sank er zu
Boden. Und wieder drang eine Eingebung an die
Synopsen durch. Tische deren Oberflächen sauber
erschienen aber eine klebrige unsichtbare
Substanz beherbergten und Fußböden die in der
Lage waren sich auch durch die stabilsten
Schuhsohlen zu fressen um dann an den Zehen
saugen zu können. Kleine und äußerst unbequeme
Stühle sowie nervtötende laute Musik. Prometheus
stöhnte, erhob drohend seine Faust zum Himmel
und schrie aus Leibeskräften. "Und wenn Zeus
mich persönlich zur Rechenschaft zieht, ich werde
das größte Unternehmen des Olymp gründen.
Alle, aber auch wirklich alle werden zu mir
kommen um bei mir zu essen. Ich werde der
mächtigste Gott aller Götter. Diejenigen, die mir
dann nicht die Ehre erweisen die mir gebührt,
werden einen Pferdekopf in ihrem Bett finden. Ich

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werde Wege finden um Politiker und
Staatsanwälte nach meiner Pfeife....!"

"Benn, weist du irgendetwas davon, dass der


Source-Code von unserem Terra-Sim angeblich
auf unserer Website zum download bereitsteht?"
Sven war gefährlich ruhig und hatte
ausnahmsweise mal nichts fettig Triefendes im
Mund, kaute auf nichts herum und schien an
geschäftlichen Dingen interessiert zu sein. Benn
brachte das mit der langen Lieferzeit des neuen
Ferraris in Verbindung und machte sich eine
gedankliche Notiz noch im Laufe des Tages mal
kurz im Produktionscomputer von Fiat vorstellig zu
werden. Sven war der erste stark Übergewichtige
Ferrarrifahrer, dessen Spezialanfertigung innerhalb
von 8 Tagen produziert und ausgeliefert wurde.
Eigentlich hätte er schon nach fünf Tagen
ausgeliefert werden können, aber Ferrari
versuchte dies zu verhindern, da eine derartig
schnelle Anfertigung für einen Otto-
Normalverbraucher ohne Promi-Bonus den Zauber

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der künstlichen Verknappung platzen lassen
könnte. Es dauerte nur wenige Minuten und Benn
ließ den Wagen im Hof auffahren. Sven musste
bei einem befreundeten Anwalt der Fiat-Familie
eidesstattlich erklären, niemanden von der
schnellen Lieferung zu erzählen, nieder zu
schreiben oder mittels Gebärdensprache oder
ähnliche pantomimische Gesten dies kund zu tun.
Anschließend hatten einige der verantwortlichen
Manager mit empfindlichen Gehaltskürzungen und
einige wenige der noch mehr verantwortlichen mit
Zusätzchen Kürzungen an den kleinen Fingern zu
kämpfen.
Das letzte was er jetzt brauchte, war ein
Geschäftsführer der das Geschäft auch noch
führen wollte.
Doch das war nichts, was man nicht mit einer
Portion Currywurst, einer kleinen Blonden und
einem roten Ferrari wieder hin bekam. Lächelnd
beugte er sich wieder über seine Tastatur. Dies
war nicht nur eine Tastatur, es war die
TASTATUR. Sie hätte in jedem futuristischen

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Endzeitfilm eine tragende Rolle spielen können. Es
handelte sich um eine Sonderanfertigung aus
Titan mit Sonderfunktionen von denen die meisten
professionellen Programmierer noch nie etwas
gehört hatten und der normale User schon
überfordert war, eine Umschalttaste zu finden.
"Falls du es vergessen haben solltest, du hattest
die brillante Idee unseren Source auf die Website
zu packen!" murmelte Benn fast zu überzeugend.
"Ich?" fragte Sven erschrocken. "Warum sollte ich
so etwas machen?"
"Du wolltest hierdurch die Kosten für die
Betatester einsparen. Hat ja auch geklappt. Die
meisten Fehler haben ja auch unsere Kunden
gefunden."
"Und warum kommen dann all diese blöden Bugs?
Ständig schreiben irgendwelche Blödies das was
mit unserem Programm nicht richtig klappt. Hier
lies!" forderte Sven barsch und fuchtelte mit einer
ausgedruckten Mail herum. "Wenn das nicht bald
aufhört, dann...." Sven wusste nicht so recht, wie
er seinem einzigen und besten Mitarbeiter drohen

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sollte. Ihm war wohl bewusst, dass der bisherige
Erfolg der Firma ausschließlich durch die
Programmierkünste von Benn herrührte.
"Ich kümmere mich schon darum, dass sind nur
Fehler in der Wirklichkeitsschleife - das habe ich
bald im Griff!" Benn lächelte still vor sich hin.
"Betatester", dachte er. "Die beste Idee, die ich
bisher hatte." Inzwischen zählte die Website den
200000 Zugriff auf den Source-Code.
Nicht mehr lange und er konnte seinen Plan
verwirklichen. Benn erinnerte sich an den Spruch
auf seiner Unterhose, die er bereits seit einer
Woche trug und nichts mehr mit der
ursprünglichen Farbe zu tu hatte. Er musste
erneut kichern.

"Scheeeiße, eh! Kannst du denn nicht aufpassen!


Jedes mal machst du den gleichen Fehler. Du
musst die Leber erst oben abtrennen und dann
fressen, so wie du es machst tut es saumäßig
weh." Prometheus lag an einem Felsen gekettet
und ein mächtiger Adler war gerade dabei seine

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Leber zu fressen.
"Waff kann ich denn daffür, daff du hier
angekettet bifft." Der Adler spuckte angewidert
ein Stück der Leber aus.
"Du musstest ja auch unbedingt Zeus
herausfordern. Prometheus der Gutmensch,
Prometheus der Menschenfreund - und ich muss
nun die Suppe auslöffeln. Meinst Du etwa mir
macht das Spaß, ständig rohe Leber. Jeden Tag,
bis in alle Ewigkeit, auf dir herum zu hacken. Du
hast zuviel Mett in dich hineingekippt und
außerdem hat man festgestellt, dass sich in der
Leber die ganzen Giftstoffe des Körpers sammeln.
Und das muss ich jetzt fressen. Du hättest in der
Vergangenheit ein wenig mehr auf dich achten
sollen. Außerdem habe ich Zoff mit meiner Alten,
soll öfter mal im Nest bei den Kindern bleiben."
Missmutig hackte der Schnabel wieder zu und riss
ein riesiges Stück heraus. Prometheus warf sich
stielecht hin und her und jammerte was das Zeug
hielt.
"Übertreib nicht so", raunte ihm der Adler zu.

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"Zeus traut uns eh nicht mehr seit er entdeckt
hatte, dass ich eine Leber vom Metzger
mitgebracht hatte."
"Weil du Simpel eine gebratene Leber mitgebracht
hast!"
"Immer nur roh! Wo soll denn da Lebensfreude
aufkommen?"
"Mit Zwiebeln und Knoblauch. Das musste Zeus ja
auch merken!"
"Du sei mal ganz ruhig! Wegen dir hat Zeus die
Pandora geschaffen. Das ist jetzt wirklich kein
Zuckerschlecken mehr."
"Die Pandora!" Prometheus erschrak. Das
Saiteninstrument des 16. und 17. Jahrhunderts,
auf dem die Figuren des Generalbasses gezupft
werden?" Er hasste dieses Instrument und war
froh, dass es noch mehrere tausend Jahre dauern
würde, bis es erfunden wurde.
"Nein du Riesendepp, er hat wirklich die Pandora
des Schreckens los gelassen! Zunächst natürlich
nur für deine ekligen Schlammfreunde. Deine
ersten menschlichen Frauenwesen eigneten sich

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hervorragend. Woraus hast du die nur gemacht.
Sie öffneten, neugierig wie ihre Schwester Eva,
die ihr von Zeus untergejubelte Büchse, der alle
Übel der Welt entfuhren und in der einzig die
Hoffnung verblieb. Tja, und nun Finanzbeamte
und Steuerformulare wohin man auch auf Erden
wandelt."
"Was für ein Arsch!"
"Ich bin echt froh, wenn Herkules dich endlich
befreit, aber zurzeit mistet er noch die blöden
Ställe aus. Diese beknackten Finanzbeamten
wollen jetzt auch noch mein Flugbuch haben, weil
sie mir nicht glauben, dass ich jeden Tag zu dir
komme."
"Du setzt die Flüge zu mir von der Steuer ab?"
"Klar, warum nicht. Wenn ich schon bis in alle
Ewigkeit deine eklige, rohe Leber fressen muss,
soll auch was für mich drin sein. Außerdem", der
Adler sprach plötzlich leiser und eindringlicher.
"Außerdem muss ich sehen wo ich bleibe. Seit der
angedrohten Scheidung presst mir meine Frau
jede Feder ab....."

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"HERR ADLER, nehme ich an!" Jemand stand, das
soll heißen er schwebte, plötzlich und
unvermittelt vor dem Adler, der wie immer auf
Prometheus saß und dessen Leber fraß. Der Adler
hatte sich derart erschrocken, dass er aufgeregt
aufflatterte, eine ungelenkten Schritt nach vorn
machte und sich mit der linken Kralle in der Leber
verfing. Vor ihnen schwebte ein Finanzbeamter,
ausgestattet mit Aktentasche, Hut und
Ärmelschonern, jedenfalls oben herum. Unten
hatte er nur einen Schwanzfortsatz der sich nach
unten verengte. Durch seine gesamte
Erscheinung, Mimik und geschraubte Sprachweise
konnte man nicht anders als ihn sofort zu hassen.
Ein wahres Naturtalent.
"Welch nette Überraschung", sagte Prometheus,
der sich als erster fing. "Prometheus mein Name.
Ich habe den Menschen das Feuer gebracht!"
"Das ist nicht steuerlich absetzbar!" keifte der
Beamte und betrachtete die Gesamtsituation
missbilligend.
"Wie sie sehen, bin ich an meinem Arbeitsplatz,"

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setzte der Adler vorsichtig an um die peinliche
Stille und Spannung zu entschärfen.
"Wie ich ja sehe", fügte der Finanzbeamte
herablassend ein.
"Ich bin die gesamte Strecke eigenflüglich
geflogen!"
"Das habe ich bereits vermerkt, ich bin ihnen
heimlich gefolgt."
"Dann ist ja alles in Ordnung", sagte der Adler und
atmete beruhigt auf.
"Ist das, oder ist das nicht ihre Steuererklärung?"
fragte der Finanzbeamte und legte seine gesamte
Amtsautorität in den nun langsam auf die Nerven
gehenden näselnden Ton. Ein Tonfall, der sich
langsam aber gehässig durch das Trommelfell
nagte, hartnäckig und eingehend mit Hammer und
Amboss befasste um dann direkt in das Kleinhirn
zu gelangen.
"Äh, wenn sie so fragen bestimmt", wunderte sich
der Adler.
"Lass dir nichts rein reden", sagte Prometheus.
"Du bist jeden Tag hier gewesen und hast mir auf

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die schmerzhafteste Weise die Leber
rausgerissen!"
"Da hören sie es ja selbst. Ich war jeden Tag da
und habe die Leber gefressen."
"Und warum haben sie dieses Mittagessen dann
nicht als häusliche Ersparnis in ihrer
Steuererklärung mit aufgeführt? Solche
Steuerbetrüger habe ich besonders gern!"
"Aber ich handele doch auf Weisung von Zeus",
begann sich der Adler zu rechtfertigen.
"Ach und da dachten sie, dann kann ich ja ein
bisschen Steuern hinterziehen, oder was? Und
merken sie sich endlich, es ist mein Job nein zu
sagen. Auch der so genannte Göttervater hat sich
bei seinen göttlichen Weisungen an die
Verwaltungsrichtlinien zu halten."
Wütend stürzte sich der Adler auf Prometheus und
zerrte an dessen Leber herum.
"Mein Name ist Prometheus, und ich habe den
Menschen das Feuer gebracht!" krächzte der
Adler. "Wegen dir Depp haben wir jetzt die
Pandora am Hals.... "

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From: NeTTifRo@web.de
To: service@terrasim.com

Mahlzeit Leute,
Nicht schlecht euer kleines Daddel-Spiel. Habe
schon ein paar nette Abende damit verbracht. Mal
ne kleine Frage: Wenn ich die Optionen
Zeitgeschichte, Erfindungen der Menschheit mit
Zufallsgenerator und Frauenbewegung
eingeschaltet habe, benehmen sich allerdings die
Neandertaler recht merkwürdig. Ich habe es
mehrmals ausprobiert und es passiert immer
dasselbe, echt zum piepen. Inzwischen habe ich
die Mayas erschaffen und lasse mir jeden Morgen
eine Schwiegermutter opfern - wäre doch Schade
um die ganzen Jungfrauen - hähä.

Nachher werde ich mir mal euren Source-Code


herunterladen.

"Grumpf jetzt lieber hier in Höhle bleiben und wie

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andere nicht Busenschlepper leben wollen. Nix
mehr wollen für zänkische Busen Mammuts
jagen!" Grumpf schlug sich auf die stark beharrte
Brust und blickte seinen gegenüber freudig an.
Jahrelang hatte er jeden Morgen die heimische
Höhle verlassen, um seiner Herzallerliebsten das
ein oder andere Mammut zu erlegen, Schlangen
zu jagen, oder Feuer zu suchen, wenn mal wieder
irgendwo der Blitz eingeschlagen hatte. Eigentlich
mochte er das Leben so. Eine Arbeit an der
frischen Luft, sein eigener Herr und immer was zu
futtern dabei. Doch dann wurde die Dame seines
Herzen immer größenwahnsinniger. Vor ein paar
Monden hatte so ein Genie im Nachbardorf die
Idee geboren einen spitzen Stein an eine Stange
zu binden und somit den Speer zu erfinden. Und
jetzt sollte er auch so was machen. "Spitze Steine
und Stangen! Auf was werden diese Spitzköpfe
noch kommen." Grumpf hatte ja im Grunde nichts
gegen diese coolen Typen, denen ständig was
Neues einfiel, aber bei spitzen Steinen und
Stangen spielte er nicht mehr mit.

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"Revolutionierung der Jagdtechnik! Größere
Erträge und geringere Jagdgruppen. Einsparungen
in der Lohnliste und was für ein Quatsch wurde in
der einschlägigen Presse diese Erfindung
gerühmt." Grumpf schüttelte den Kopf als er an
den "SPEER" dachte. Wenn es nach ihm und
seinen Kumpeln im Kernkraftwerk ginge, dann
könnten ihnen diese Jobkiller gestohlen bleiben.
Grumpf erkannte, dass derartige revolutionäre
Erfindungen in kurzer Zeit eine Welle von
Entlassungen lostreten könnten. Panthea litt
derzeit an einer Überbevölkerung noch nie
bekannten Aufmasses. Bereits jetzt tummelten
sich über 4000 Neandertaler auf Panthea, die alle
ernährt und mit Strom versorgt werden wollten.
Es hatte bisher zwar noch niemand einen wirklich
brauchbaren Nutzen in der Elektrizität gefunden,
da außer der Popcornmaschine noch keine
elektrischen Geräte erfunden wurden, aber diese
liefen Tag und Nacht.
Und jetzt dieser Speer. Als wenn es nicht schon
genug Probleme gäbe. In den Straßen türmte sich

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der Dinosauriermist, seitdem es modern war
Minidinos und Säbelzahntiger zu halten. Dieser
unterentwickelte homo sapiens begann sich breit
zu machen, lungerte in den Großstadtstraßen
herum und spannte den anständigen
Neandertalern die Frauen aus. Auch Grumpf hatte
damals seine ganze Hoffung auf einen dieser
homo sapiens aus der Nachbarschaft gesetzt, ihn
zum Essen eingeladen und immer deutliche
Zeichen gegeben, wenn er für längere Zeit die
Höhle verließ. Aber selbst diese Primaten machten
sich nicht an seine Holde heran. Und dann erst die
Preise für Popcornmais. Sie stiegen jetzt fast
täglich und verschiedene Gruppierungen machten
diese Entwicklung zu ihren Topthemen bei den
politischen Veranstaltungen.
"Speer", murmelte Grumpf und spuckte verärgert
auf den Boden.
"Wir legen hier allerdings Wert auf eine
angemessene Ausdrucksweise", säuselte der
Vorsitzende vom Verein
"WWW.WEG_VON_FEMINISTISCHER_UNTERDRU

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ECKUNG.PALINGA.NET". Er trug ein hautenges,
gelb gefärbtes Bärenfell mit Dionsaurierschuppen
als Applikationen.
Grumpf stöhnte innerlich auf. Schon wieder eine
dieser neumodischen Dinge auf die er gern
verzichten konnte. Manieren und Etikette, er
erzitterte förmlich als er daran denken musste. Ein
Obersumpfneandertaler namens Knigge hatte dies
vor ein paar Monaten verbrochen und inzwischen
durfte ein Neandertaler noch nicht einmal mehr im
stehen.... Grumpf brachte diesen Gedanken nicht
mehr zu Ende, da er leicht amüsiert an das Ende
des Neandertalers Knigge denken musste. Eine
aufgebrachte, nach Rache schreiende Menge von
Neandertalern schnappte ihn und verfütterte ihn
an eine vorbeiziehende Horde von
Riesenstinkwanzen. Doch aufrecht bis zu Letzt,
kritisierte Knigge, zwischen den einzelnen Bissen,
deren Tischmanieren. Grumpfs bisheriger Weg zur
Unabhängigkeit war gepflastert von
Enttäuschungen und jetzt sollte er auch noch
seine Wurzeln verleugnen und deutlich und wohl

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artikuliert sprechen. Wo war die Würde eines
richtigen Neandertalers noch etwas wert?
"So, mein Schätzchen!" säuselte der Vorsitzende.
"Hast du dir das auch genau überlegt?"
"Grumpf will nicht mehr mit dickes Frau leben!"
"Tscha, was haben wir da eben hässliches
gesagt?"
"Tschuldigung", murmelte Grumpf. "Das mit dem
Kniggistisch beherrsche Grumpf noch nix gut."
"Das wird schon mein Kleiner. Die gesamte
Neandertal-Gruppe steht geschlossen hinter dir."
Grumpf ging nach ein paar Stunden zufrieden
nach Hause. Plastische Chirurgie und die
Erfindung der Tütensuppe ist doch was Tolles.
Sollten diese Schwarzseher doch herumlabern von
wegen, dass alle Neandertaler nur noch in den
Höhlen herumlungern, an sich herumspielten und
Tütensuppe essen. Die Evolution würde auch ohne
ihn stattfinden Auf ihn wartete eine Welt der
immerwährenden Freuden, ohne ständig um die
Gunst seiner nicht mehr ganz so holden zu
buhlen. Außerdem war er es der Nachwelt

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irgendwie schuldig die Gene seiner Urgh nicht
weiter zu geben. Vor seinen Augen zogen
Schwadronen von zukünftigen Frauen und
potentiellen Schwiegermüttern vorbei. Nein, in
seinem bisherigen Leben hatte er sich noch nie so
Verantwortungsbewusst gefühlt wie jetzt. Es
musste ein Ende geben.

From: JFK@withehouse.com To:


service@terrasim.com

Hallo ihr Schnarchzapfen!


Danke für den Quellcode für Euer Daddel-
Spielchen. Endlich kann ich mal die
Weltgeschichte so verändern wie sie sein sollte.
JFK wird nie wieder in dem beschissenen Kaff in
Dallas sterben. JFK wird niemals mehr sterben.
Ich werde die Welt unterwerfen und über den
Kommunismus siegen.
Ich habe einen kleinen Virus geschrieben, der sich
über Euren Download bereits verbreitet hat.
Versucht mal die Einstellungen

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GESCHICHTE/AMERIKA/JFK....
Viel Spaß
JFK

"John, John! Was ist denn bloß los mit dir? Halt
dich doch mal gerade - du bist der Präsident der
Vereinigten Staaten und kein verhärmter
Finanzbeamter. Und für so was habe ich meine
beste Jahre geopfert und all das schmutzige und
widerwärtige Volk geküsst. Und erst diese
widerwärtigen kleinen Monsterbabys die ich
küssen musste!" Jacqueline beugte sich
bestimmend zu ihrem Mann und zog ihn mit aller
Macht nach oben. John verdrehte die Augen und
fasste sich an seinen Hinterkopf. Ein Loch befand
sich dort. "Was ist denn nur los mit dir? Wink doch
endlich damit wir schnell wieder aus diesem
elendigen Drecksnest herauskommen."
"Komisch, ich habe ein Loch im Kopf", antwortete
John. "Aber ich fühle mich putzmunter, eigentlich
habe ich mich noch nie besser gefühlt als jetzt!"
"Loch im Kopf, wen interessiert das. Los winken,

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sonst stehen wir morgen in der Presse wieder als
versnobt und dekadent da."
"Aber das sind wir doch!"
"Das sind nur deine Weibergeschichten", keifte die
First Lady.
"Marilyn ist keine Weibergeschichte, dass weißt du
genau!"
Der Gouverneur, der vor ihm im Auto saß versank
immer tiefer in seinem Sitz und fiel, durch
mehrere Einschüsse schwer verletzt zu Seite.
"Halten sie sich gerade Mann. Die paar Einschüsse
werden sie doch als Texaner locker wegstecken
können. Ich habe ein Loch im Kopf und jammere
auch nicht."
Der Gouverneur versuchte sich wieder
aufzurichten, sank aber vom Schmerzen
gezeichnet röchelnd zurück in die Polsterung.
"Fahrer, halten sie an und suchen den nächsten
Arzt. Dem Gouverneur ist schlecht!" fuhr der
Präsident den Fahrer zornig an.

"Mr. Präsident", sagte ein ernst dreinblickender

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Herr mit graumeliertem Haar und den Habitus
eines Menschen der sich seines Bankkontos sicher
war. "Mr. Präsident, der Gouverneur ist außer
Gefahr, aber sie sind tot!" Theatralisch ließ Mr.
Grauhaar seine Worte durch die Räume seiner
Praxis herumwandern.
"Komisch", erwiderte der Präsident, der in einem
kurzen und sehr komisch anmutenden
Krankenkittel auf einer Liege lag. "Ich fühle mich
putzmunter und völlig klar im Kopf! Allerdings ist
dieses Kittelchen hier sehr knapp bemessen.
Übrigens, woran bin ich denn dahingeschieden?"
"Wie es aussieht, haben sie eine traumatische
Dingsbums, eine enditor... na, einen Kopfschuss
eben!"
"Und warum lebe ich dann noch?"
"Sie sind definitiv tot", erwiderte der Arzt und
saugte bedeutungsvoll an seiner längst
erloschenen Pfeife. Eigentlich war er Nichtraucher,
aber in den sechziger Jahren Nichtraucher zu sein
war aus gesellschaftlicher Hinsicht ungefähr so
lustig, wie Fußpilz. Außerdem förderte es den

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Sexappeal bei den vernachlässigten
Vorstadtmiezen. "Finden sie sich damit ab und
machen sie das Beste daraus."
"Sollte ich dann nicht von aller Welt betrauert
werden und inzwischen auf ein strahlendes Licht
zugehen?"
"Soweit man diesen Berichten aus den
zuverlässige Quellen vertrauen darf, dann ja. Sie
sollten inzwischen definitiv helles weißes Licht
sehen und sich frei von allen irdischen Gelüsten
fühlen. Wenn sie also einen langen Tunnel und
helles, fast grell weißes Licht sehen, fühlen sie
sich frei dem zu folgen." Wieder saugte der Doktor
vergebens an seiner Pfeife.
"Weder das eine, noch das andere. Hat das etwas
zu bedeuten?"
"Sie sind ein so genannter lebender Toter,
übrigens der Erste in meiner Laufbahn."
Der Präsident der Vereinigten Staaten von
Amerika, der Beschützer der freien Welt und
letzter Garant vor den kommunistischen
Heerscharen richtete sich auf und streckte sich

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ausgiebig.
"Tot oder nicht, ich habe einen vollen
Terminkalender und keine Zeit hier bei Ihnen auf
eine helles Licht oder einen wie auch immer
beschaffenden Tunnel zu warten!"
"Haben sie nicht etwas vergessen! Sie sind tot und
ich bezweifele, dass der Kongress der Vereinigten
Staaten von Amerika es zulässt, dass das Wohl
des amerikanischen Volkes in den Händen eines
toten Präsidenten liegt." Der Arzt wirkte auf den
toten Präsidenten plötzlich verdammt
rechthaberisch und klein kariert.
"Da mögen sie im Moment Recht haben, aber
außer uns Beiden weiß das ja keiner."
"Warum sollte ich ihnen helfen?"
"Weil die Dauer ihrer Existenz im direkten
Verhältnis ihrer Entbehrlichkeit steht."
Der Präsident verließ wenig später äußerst gut
gelaunt und leise vor sich hinkichernd die
Arztpraxis. Der zurückgebliebene Arzt hatte
inzwischen die Möglichkeit erhalten bestimmte
Theorien, besonders die, deren zentrales Thema

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mit dem hellen Licht und dem Tunnel in
Verbindung standen selbst zu ergründen. Zu
seinem Leidwesen musste er erkennen, dass sich
hinter dem hellen Licht nicht immer ewige
Glückseligkeit verbarg und die Unsterblichkeit von
der Religion weit überschätzt wurde.
Wenig später erschütterte eine gewaltige
Explosion den Gebäudekomplex in der sich die
Arztpraxis befand. Weder der Arzt, irgendwelche
Einzelteile von ihm, noch irgendeine Aufzeichnung
über den Besuch des Präsidenten konnten in den
Trümmern gefunden werden. In einer
anschließenden Fernsehansprache des Präsidenten
schlug dieser ungewohnt harte Töne gegen über
dem kommunistischen Regime an und nannte den
Anschlag ein feiges Attentat durch die feigen
Kommnistenschweine, wobei er über die Büste
seines russischen Amtskollegen einen
Aschenbecher leerte und auf den großen
Verfechter und Garant der freien Welt, ihm selbst,
eine Hymne dichtete. Sein Pressesprecher konnte
ihn nur unter Einsatz körperlicher Gewalt davon

- 98 -
abhalten nicht vor laufenden Kameras auf eine
Flagge der Russen zu urinieren. Innerhalb seiner
knapp einstündigen Rede fielen vermehrt die
Worte übel riechend, aus dem Maul stinkend
sowie ***Lutscher.

"Habe ich es dir nicht gesagt, dass die Idee mit


dem Quellcode eine Schnapsidee war?" Sven
wirkte zerschlagen und ungewohnt deprimiert.
Schuld daran hatte unter anderem der Einbruch in
seinem Zuckerhaushalt, da er jetzt bereits seit fast
drei Stunden kein Junk-Food mehr in sich
hineingestopft hatte. Gewöhnlich achtete Sven
peinlich genau darauf, keine Mahlzeit aus zu
lassen. Hierbei achtete er aber ebenso peinlich
genau darauf, keinerlei Unterschiede auf
Kulturkreis oder Weltzeit zu machen wodurch es
ihm möglich wurde zu jeder beliebigen Tages- und
Nachtzeit einen Snack zu sich zu nehmen.
Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit den
Mittagssnack der tipischen Beduinenmönche zu
sich zu nehmen. Eine Mahlzeit in die Sven in der

- 99 -
Vergangenheit viel Zeit und Kraft investiert hatte.
Gewöhnlich nahmen diese Mönche zum
Mittagssnack nur einige wenige Tintenfischaugen
und eine leichte Creme aus Meeresalgen zu sich.
Wie sich eine Kultur wie die der Mönche und
deren Essgewohnheiten sich derart entwickeln
konnten ist noch immer ein Rätsel der
abendländischen Kultur, zumal sich die Mönche
bereits vor über siebenhundert Jahren aus lauter
Ärger über die Essmanieren der barbarischen
Ausländer in die Magreb-Wüste zurückgezogen
hatten und der Weg zum nächsten erreichbaren
Meer oder zumindest einigermaßen erträglichen
Frischfischhändler mindestens 2000 Km in jede
nur erdenklich Richtung beträgt.
Doch Sven fastete nicht aus freien Stücken oder
religiöser Überzeugung, ebenso hätte man
versuchen können einen Kaktus davon zu
überzeugen nicht mehr zu stechen. Seit fast drei
Stunden fehlte der Strom im gesamten Haus. Der
Kühlschrank und andere strombetriebenen Dinge
im Wohnbüro waren mit der ausgeklügelten

- 100 -
Technik versehen, die für viel Geld auf den freien
Markt zu haben war. Kühlschränke mit
Internetanbindung und biometrischen
Zugangsschlössern, Toiletten mit Analysegeräten
um diverse körperliche Absonderungen zu
untersuchen und in Bruchteilen einer
Nanosekunde den jeweilig bevorzugten Hausarzt
mit den schärfsten Sprechstundenhilfen zu
informieren. Leider wurde übersehen, dass sich
bei Stromausfall die
Nahrungsmittelaufbewahrungsbehältisse nicht
mehr öffnen ließen, da die eingebauten
biometrischen Zugangsmechanismen Strom, wenn
auch nur in geringen Mengen benötigten. Auch die
Toilettentür war weder durch Gewalt noch durch
gute Worte dazu zu bringen sich den Wünschen
seiner Eigentümer zu beugen. Das
sagenumwobene Fort Knox, dem
sagenumwobenen Lagerort des amerikanischem
Goldes auf dem die amerikanische Währung fußt,
konnte nicht sicherer sein, als die Wohnung von
Benn und Sven.

- 101 -
"Wie schon gesagt", erwiderte Benn monoton,
während er auf seiner Tastatur herumklapperte.
Benns Computer war das einzige elektrische Gerät
im näheren Umkreis, welches einwandfrei
funktionierte. Ein ausgeklügeltes Programm
verbunden mit einem halben dutzend
Hochleistungs-Akkus sorgte dafür, dass Benn
mindestens für siebenhundertdreiundzwanzig
Tage und neun Minuten weiter arbeiten konnte.
Leider war man beim Rest des Büros nicht so
weitsichtig. "Es war die beste Entscheidung die du
als Geschäftsführer treffen konntest!"
"Ach und was ist mit diesem JFK und seinem
Virus? Wenn das rauskommt, sind unsere Aktien
im Keller und wir Pleite.“
"Nichts wird herauskommen, da der Virus einfach
zu zerstören ist und morgen nur noch eine böse
Ahnung und eine alberne Mail sein wird." Benn
leitete ein wenig seiner Energie in den
Kühlschrank, der sich darauf hin leise klackend
öffnete. Sven konnte Fehler haben wie er wollte,
aber das Geräusch eines sich öffnenden

- 102 -
Kühlschrankes hörte er aus dem größten Lärm
heraus.
"Mist", dachte Benn. "Der Virus ist komplexer als
ich dachte und nimmt soviel Rechenleistung in
Anspruch, dass mein Plan so nicht klappt."
Während Benn seinen Kampf mit dem JFK-Virus
aufnahm, kämpfte Sven seinen persönlichen
Kampf mit aufkeimenden Sodbrennen und
ansteigendem Cholesterin.

"Premierminister!"
"Mr. Präsident?"
"Was macht dieser Nigger in meinem Oval Office?"
Kennedy zeigte auf einen eindeutig
dunkelhäutigen Mann der auf einen der offiziellen
Sitze saß. Abgesehen von einigen Zuckungen war
er wieder ganz der Alte. Nein, nicht ganz der Alte.
Er konnte plötzlich besser und klarer denken als
vorher. Tod zu sein erschien ihm im Gegensatz zu
früher nicht mehr besonders schrecklich. Kennedy
hatte das Gefühl allmächtig zu sein. Alles was ihm
früher Angst machte, oder wo er bereit war

- 103 -
politische Zugeständnisse zu machen war
verflogen.
"Das ist der von ihnen ernannte Richter zur
Überwachung der Integrationsgesetzgebung!"
"Schmeißen sie den Nigger hier sofort raus!"
"Aber Sir, Mr. Präsident", stammelte der
Vizepräsident und zeigte zum ersten Mal in seiner
politischen Karriere nicht den richtigen Riecher für
rückhaltlose Arschkriecherei. "Das geht doch nicht,
was soll den das Volk dazu sagen? Ausgerechnet
jetzt, wo die afrikanischen Ureinwohner in
Amerika durch sie endlich eine Heimat gefunden
haben!"
Ein zu dekorativen Zwecken in der Nähe
gehaltener General zeigte schnellere
Auffassungsgabe, packte den nun wild um sich
schlagenden Richter und warf ihn über den Balkon
in die Rosenbüsche der First Lady. Nicht das diese
den Rosen jemals auch nur die geringste
Beachtung oder gar Wasser geschenkt hätte, aber
die Klatschblätter brachten immer wieder diese
albernen Geschichten über die rührende und

- 104 -
aufopfernde Rosenpflege und positive Publicity
brauchte diese First Lady dringend.
"Danke General und sie Pfeife!" der Präsident
zeigte auf den Vizepräsidenten. "Verschwinden Sie
sofort aus meinem Büro!"
Da der General bereits seine Ärmel
hochkrempelte, beeilte sich der so harsch
Angesprochene das Oval Office zu verlassen.
"Und jetzt alles raus!" brüllte der Präsident. "Ich
werde aus diesem Land die führende Nation der
Welt machen und alle Fortsetzungscomics
verbieten."
Alle Anwesenden blickten sich nach Hilfe suchen
um und begannen dann so schnell als möglich das
Zentrum der amerikanischen Macht zu verlassen.
Kennedy hielt den General zurück.
"Sie bleiben hier, ich habe großes mit ihnen vor",
raunte er dem General zu.
Der General blieb wie vom Donner gerührt stehen.
Er hatte es ja immer gewusst, wenn er nur ja
immer dekorativ in der Ecke stand und nichts
durch dumme Kommentare vermurkste, dann

- 105 -
wurde auch was aus ihm. Die anderen im
Generals-Club würden schon sehen. Ausgelacht
hatte sie ihn, nur weil er ein Attest von Arzt hatte,
er deshalb nicht am zweiten Weltkrieg teilnehmen
durfte und in der Etappe bleiben musste. Eine
Allergie gegen Kuhhaare stand damals zwischen
ihm und der Front. Niemand bedauerte das so
sehr wie er selber, niemals einen Fuß auf
besiegten deutschen Boden gesetzt zu haben,
besonders als er hörte, dass die Fräuleins aus
Germany für ein paar Strumpfhosen so ziemlich
alles machten was man wollte. Er hatte da abends
im Kasino Geschichten gehört…
"General, wir beide werden jetzt der Welt mal
zeigen wozu eine Supermacht in der Lage ist!"
"Genau Mr. Präsident!"
"Schnauze, wer hat gesagt dass sie sprechen
dürfen!"
"Jawohl Mr. Präsident!"
"Die Raketen von Kuba, sind die inzwischen
abgebaut worden?"
"Abgebaut und unterwegs in das abscheuliche,

- 106 -
gottlose kommunistische Unterdrückersystem."
"Wo sind die Schiffe jetzt?"
Der General ging zum Telefon. Während er auf die
Verbindung zur nächsten freien Telefonansage des
Pentagons wartete, grinste er in sich hinein. Er
hatte die Wochenendschicht aufgedrückt
bekommen, da sich die anderen Generäle nie am
Wochenende in der Nähe des weißen Hauses
aufhielten. Nachdem es sich herausgestellt hatte,
dass beide Machtblöcke gleich stark waren und
eine so potentiell große Vernichtungskraft
aufgebaut hatten, die die Erde mehrmals bis in die
Steinzeit zurückbomben konnten, begannen die
Generäle der Machtblöcke Gespräche zu führen. In
den meisten Menschen, jedenfalls die mit
Verantwortungsbewusstsein, keimte Hoffnung auf
eine baldige Abrüstung auf. In Wirklichkeit dienten
die Gespräche, so fanden es mehrere Jahrzehnte
später Journalisten heraus, was dann allerdings
auch keinen mehr interessierte, dem Zweck die
Annehmlichkeiten des Lebens mehr Geltung zu
verschaffen. Natürlich in erster Linie die

- 107 -
Annehmlichkeiten der hohen Militärs. Die Generäle
beschlossen einmütig weder am Wochenende
noch in den jeweiligen, vorher allerdings mit den
Anderen abzustimmenden, Ferien eine nukleare
Katastrophe oder ähnlichen Unsinn zu beginnen
der die Anwesenheit eines richtigen Soldaten
erforderte. Für Wochenenden und anderen freien
Tagen wurden daher an den Militärakademien
Generäle geschaffen, die in der Lage waren höchst
dekorativ in den ihnen zugewiesenen Ecken zu
stehen, mindestens 24 Stunden ohne Gang zur
Toilette oder der Formulierung eines klaren
Gedankens verbringen zu können. Nach einigen
Minuten deutete alles in seiner Tonlage darauf
hin, dass er einen Rangniedrigeren gestattete mit
ihm zu sprechen.
"Am Horn von Afrika, Mr. Präsident!"
"Ausgezeichnet General, lassen sie mal schnell
eine Flotte B52 Bomber aufsteigen und vernichten
sie diese Kommies und ihr Spielzeug.
Anschließend machen wir Kuba platt und nehmen
dort unsere Atomwaffentests wieder auf.

- 108 -
Außerdem wird kein Geld mehr in diesen Pott
Entwicklungshilfe mehr gesteckt, sondern
ausschließlich in den Rüstungsetat. Wenn die
hinten nicht mehr hochkommen ist es doch nicht
unser Problem!"
"Genau mein Führer!" Der General salutierte
zackig.
"Wie heißen sie, General?" fragte der Präsident
jovial.
"General Jo....," begann der General freudig.
Jahrelang hatte er für diesen Augenblick gelebt
und jetzt war er endlich da, der Präsident der
Vereinigten Staaten fragte ihn nach seinem
Namen. Er hatte auf der Akademie für Zukünftige
Generäle in der Stabsleitung ohne besondere
Eigenleistung sogar eine Auszeichnung für die
schleimigste und kriecherischste Vorstellung
bekommen. Selbst seine Visitenkarte rief bei
jedem normal strukturierten Mensch sofort
Abscheu hervor.
"Ist mir eigentlich Scheißegal. Ich nenne sie Sack!
Ist das ein Problem für sie?" der Präsident

- 109 -
unterbrach ihn sofort.
"Nein, Mr. Präsident, es ist mir eine besondere
Ehre von ihnen so angesprochen zu werden!"
"Und jetzt los, bevor ich richtig Scheiße rede!
Zeigen sie mir, dass sie der Schleimer sind den sie
vorzugeben glauben." Eine Fliege setzte
unbemerkt auf die rechte Wange des Präsidenten
und die Gewissheit plötzlichen Glaubens glimmte
wie ein Leuchtfeuer in ihren Facettenaugen auf.
Trotz aller Zweifel in ihr und den nächtelangen
Gesprächen mit dem Prediger auf den Pferdhaufen
der Umgebung hatte sie endlich das Gefühl den
Sinn des kurzen Fliegelebens gefunden und im
Fliegen Paradies gelandet zu sein. Der General
schaute irritiert auf die Fliege grüßte dann zackig,
ein Vorgang der einem Außenstehenden,
unbeteiligten Dritten abermals Abscheu gegen
General Sack hervorrufen würde und verließ den
Raum um die Anweisungen des Führers der freien
Welt umzusetzen. JFK summte leise ein
französisches Kinderlied und kicherte vor sich hin.
Inzwischen wurde er für Fliegen ein

- 110 -
unwiderstehliches Ziel, aber er beachtete sie nicht.
"Ach ja", schrie er hinter dem General her.
"Sorgen sie dafür dass mein alberner Ausspruch in
Berlin nie wieder zitiert wird, sonst mache ich
mich ja zum Gespött der ganzen Welt! Und wenn
sie gerade dabei sind, schicken sie diesen
Froschfressern ein paar von unseren Jungs zu
Unterstützung nach Vietnam, irgendwo müssen
wir ja mal unsere neusten Waffen ausprobieren."

Benn wütete bereits über 20 Stunden an seiner


Tastatur. Zahlenkolonen rauschten über den
Spezialbildschirm und das Kühlsystem seines
Computers leistete übernatürliches. Dieser JFK
musste genau wie er zu den Besten der Zunft der
freien Hackergemeinde gehören. Der Quellcode
seines Virus war komplex und doch von genialer
Einfachheit. Vor allen Dingen ließ er sich nicht so
einfach löschen. Leider hatte Benn zusätzlich
feststellen müssen, dass der Virus nicht nur das
Ableben Kennedys im virtuellen Amerika
verhinderte, was spieletechnisch gesehen

- 111 -
überhaupt keine Bedeutung hatte, sondern seinen
speziellen Programmteil, wahrscheinlich
unbeabsichtigt, völlig außer Kraft setzte. Benn war
so dicht vor seinem Ziel gewesen und dann macht
ihm gekränkte Eitelkeit wegen eines genutzten
Aliasnamen einen Strich durch die Rechnung.
Andererseits musste er sich eingestehen, dass
auch er nur aus gekränkter Eitelkeit handelte,
aber das war göttliche, zielgerichtete und
gerechtfertigte gekränkte Eitelkeit.

Der russische Botschafter hatte bei seinem ersten


Besuch in der amerikanischen Hauptstadt damit
gerechnet, eine quirlige Stadt vorzufinden, an
jeder Ecke jemand stand der ihn, den Russen, zu
korrumpieren versuchte. Er hatte sich bereits ein
Nummernkonto in der Schweiz angelegt. Jetzt
aber fand er eine totenstill daliegende Stadt, in
der sein Auto einsam durch die leeren Straßen
dröhnte und er hatte Angst jeden Moment von
strenggläubigen Einwohnern mit Steinen beworfen
zu werden, oder aber doch ungefähr etwas in der

- 112 -
Richtung. Der Stolz der russischen Flotte lag
inzwischen kurz vor dem Kap der guten Hoffnung
auf Grund. Kuba war inzwischen nur noch als
Parkplatz für Disney World zu gebrauchen und der
russische Präsident lag heulend unter seinem Bett
und wollte nie mehr hervorkommen. Was war nur
mit dem sonst so auf Frieden und Eintracht
machenden Präsidenten der Vereinigten Staaten
von Amerika los? Bis vor ein paar Monaten war er
noch eine leicht zu berechnende Größe gewesen,
nun konnte man Angst vor ihm bekommen. Dabei
hatte sich der Botschafter hatte sich auf seine
Berufung nach Amerika gefreut. Die langen, kalten
und dunklen Winter in Sibirien waren nichts für
ihn. Er hinterzog einige hunderttausende Rubel
seiner Kolchose, deren Vorsitzender er war und
bestach damit seinen Bruder, der für die Einfuhr
von Bananen nach Mütterchen Russland
verantwortlich war. Dieser wiederum lieferte
mehrere tausend Tonnen Bananen an eine nicht
näher zu bezeichnende Adresse in Moskau, die
nun eigentlich wirklich keinerlei Bezug zu

- 113 -
derartigem Obst hatte. Noch am gleichen Abend
bestimmte Olga, eine knapp beschürzte Dame des
Salons MIR, wieder einmal die Außenpolitik von
Mütterchen Russland. Es war eine altbekannte
Gewissheit, dass das russische Botschaftspersonal
im Ausland weniger durch qualitativ messbare
Arbeit zu diesen Posten gekommen ist, sondern
aufgrund guter und außergewöhnlicher
Beziehungen. Das entscheidende hieran ist, das
die Qualifikation derartigen Personals auch auf
andere Staaten anzuwenden ist.

Wegen Sven brauchte er sich im Moment keine


Gedanken zu machen. Strom gab es jetzt wieder
und Ferrari hatte auch schon geliefert. Bestimmt
stand Sven jetzt bei einer Frittenbude und schob
sich die wer weiß wie vielte Currywurst rein. Durch
ein paar geschickte durchgesickerte Informationen
über die neuen Projekte der Firma stieg
inzwischen auch der Aktienkurs entsprechend an,
so dass Sven das Denken wieder denen überließ,
die etwas davon bestanden.

- 114 -
Gumorow steuerte seinen Moskowitch durch die
leeren Straßen, noch immer voller angespannter
Nervosität da er noch nicht so recht wusste, was
er dem Präsidenten sagen oder womit noch
drohen sollte? Er erwog um politisches Asyl zu
bitten.

"Na bitte", murmelte Benn vor sich hin und


drückte auf die Upload-Taste seiner
Spezialtastatur. Der Patch gegen den JKF-Virus
wurde auf den Hauptrechner der Firma übertragen
und fand in den nächsten Tagen unbemerkt
seinen Weg zu den verschiedenen Usern weltweit,
die den Quellcode des Spieles TerraSim bereits
herunter geladen hatten.

New York Times Magazin


Wie am Abend des 22.11.1963 bekannt wurde, ist
der Präsident der Vereinigten Staaten in Dallas,
Texas erschossen worden. Die freie Welt trauert
mit der Witwe und den beiden Kindern des

- 115 -
Präsidenten.

From: mohammed 63@freepalestina.com


To: service@terrasim.com
Hallo Leute,
Da habt ihr ja ein nettes und äußerst
anspruchsvolles Spiel konzipiert. Es kommt sehr
schnell zu einem wirklich interessanten Screenplay
und die Programmierung erscheint zusätzlich
äußerst gelungen.
Geschichtlich erscheint wirklich alles was es an
Historie der Menschheitsgeschichte gegeben hat.
Dies bedarf wirklich mal einer positiven Äußerung.
Solltet ihr allerdings nicht umgehend den Bug bei
Geschichte, Islam und der Einstellung Genauer
Ablauf korrigieren, werde ich euch mal
schnellstens den Sinninhalt des viel zitierten
Wortes DSCHIHAD näher bringen.
Ihr solltet euch beeilen, bevor meine örtliche
SCHARIA-Gruppe dies tun wird.
M´a salama,
Mohammed -der-Erleuchtete-

- 116 -
Mohammed saß in seiner Höhle mitten in der
Wüste und war sauer. "Immer diese
Bevormundung. Ich bin alt genug", brummte er
sauer vor sich hin. Er, Mohamed, eigentlich Abul
Kasim Muhammad Ibn Abdallah schaute
zerknirscht an die Höhlendecke. "Zieh dich warm
an, Mohammed! Iss nicht soviel Falafl! Der
Achmed ist doch kein Umgang für dich!" äffte er
seine Frau nach. Missmutig kratzte er mit einem
Stock Muster in den sandigen Boden der Höhle.
Hätte er sie doch nur erst einmal auf Zeit
geheiratet, wie es üblich war, aber nein. "Unsere
Liebe ist doch unvergänglich!" flötete sie damals
und ließ ihn einen lebenslangen Kontrakt
unterzeichnen. Chadidscha war eine wohlhabende
Witwe und sah für ihr Alter noch verdammt gut
aus. Sie hatten sich beim Tanzkaffee kennen
gelernt und Mohamed erschien ihr viel intelligenter
als er noch von der Musik übertönt wurde.
Mohammed hatte damals ihre spontane Art
angeregt, vor allem als er beim Tanz seine Finger

- 117 -
nicht im Zaum hielt und sie ihm
unmissverständlich klarmachte, dass wenn er so
weitermachte seine Finger nie wieder sehen
würde. Eigentlich mochte er sie wirklich, aber
manchmal ging sie ihm einfach nur auf den Keks.
"Du wirst langsam fett, Habibi", hatte sie seit
langem an ihm herumgemäkelt. "Habibi", stieß er
verbittert hervor. Er hasste es, wenn sie ihn vor
allen Leuten Habibi nannte. Er, Mohamed der
Kaufmann, hatte es inzwischen zu was gebracht,
auch wenn er ihr Geld noch immer zum Überleben
brauchte. "Geh doch mal wieder ein paar Tage
zum fasten in die Höhle, dann kann ich auch
endlich mal wieder in Ruhe das Haus putzen. Du
bist ja so unordentlich geworden."
Mohamed saß nun bereits seit zwei Wochen mit
bösartig knurrendem Magen, auf das übelste
gelaunt in der Höhle. Vierzig, er war jetzt vierzig
Jahre alt und wurde noch immer bevormundet.
"Mahlzeit alter Knabe!" rief plötzlich jemand
unpassend fröhlich und schrill in den
Höhleneingang hinein.

- 118 -
Mohammed schaute sich verwirrt um. Sein alter
Kumpel und einstiger Reisebegleiter unzähliger
Karawanen und Kampfgefährte gegen so manch
gehörnten Ehemannes Achmed stand voll beladen
mit Proviant im Höhleneingang. Nach einer kurzen
und heftigen Begrüßung wurde der mitgebrachte
Proviant einer eingehenden Geschmackskontrolle
unterzogen. Die anschließende Völlerei hätte im
ausgehenden Mittelalter jedem intrinsisch
betreibenden Inquisitor wochenlange Freude mit
dem Sünder im Kerker beschert.
Mohamed stand abrupt auf und knallte mit dem
Kopf gegen einen Stalagmiten.
"So kann es nicht weitergehen, beim Sonst
irgendetwas!"
"Dahasdu verdammt recht", murmelte Achmed
durch die Völlerei sichtlich gezeichnet matt. "Was
tun die nur in dieses Kamelbier? Das hat es
ziemlich in sich", Achmed rieb sich träge die
Schläfen.
"Ich meine es ernst!" Mohammed rannte wie vom
heißen Wüstenwind getrieben durch die Höhle und

- 119 -
gestikulierte wild. "Uns Männern wird doch immer
mehr das Ruder aus der Hand genommen. Sag
mir was, irgendwas was du ohne deine Niran
machen kannst, ohne das sie reinredet oder dir
Vorwürfen macht?"
Achmed überlegte angestrengt, rülpste ausgiebig
das ein oder andermal um dann zustimmend zu
nicken.
"Ich bin jetzt vierzig Jahre alt und will nicht länger
von einer Frau gegängelt werden." Er schaute zu
Achmed, der gerade dabei war sich die Überreste
des leckeren Kamelhöckerbratens aus den Zähnen
zu pulen.
"Hörst du mir eigentlich zu?" schrie Mohammed.
"Wenn ich jetzt nach Hause komme, voll gefressen
und kein bisschen weniger Fett auf den Rippen
bringt mich diese Frau um. Er hörte Chadidscha
schon herumkeifen und ihn verdächtigen nicht in
der Höhle zum fasten, sondern in Mekka bei
Achmed im Zum fidelen Wüstensohn gewesen zu
sein. Achmed betrieb den schärfsten Nachtclub im
Umkreis der nächsten tausend Wanderdünen. Sein

- 120 -
Motto war, Du kommst als reicher Fremder und
gehst als glücklicher Bettler. Mohammed und
Achmed hatten schon das ein oder andere in
ihrem Leben erlebt, das ein oder andere
Kamelgebräu niedergerungen und die ein oder
andere Braut flachgelegt, aber so aufgeregt hatte
Achmed ihn noch nie erlebt.
"Was hast du denn? Das war dir doch früher auch
egal!"
"Sie hat mir das Taschengeld gekürzt und ich soll
ab jetzt nur noch im Bazar mitarbeiten!"
antwortete Mohamed frustriert.
"Was, keine Karawanen mehr?"
"Keine Karawanen mehr."
"Auch keine Reisen mehr zu mir in den fidelen
Wüstensohn?"
"Vor allem keinen fidelen Wüstensohn mehr!"
"Kamelscheiße!"
"Ja, Kamelscheiße!"
"Da müssen wir was tun, schon im Interesse der
anderen", sagte Achmed. Achmed hatte schon
immer über eine gehörige Portion Fantasie

- 121 -
verfügt. Fantasie, die wenn sie nicht gezügelt
wurde, in der Lage war damastener Stahl
durchzufressen.
"Sag mal, tust du immer noch so als könntest du
weder lesen noch schreiben um die Leute auf dem
Markt zu bescheißen?" fragte er nach einer fast
beängstigenden Pause.
"Ja, warum?" antwortete Mohammed verwirrt.

"Scheiße, Scheiße, Scheiße!" Sven rannte wie von


der Tarantel gestochen um Benn herum und
fuchtelte mit der E-Mail in der Luft. "Jetzt haben
wir diese Scheiß Fanatiker am Hals!"
"Was für Fanatiker?" fragte Benn ungerührt.
"Was für Fanatiker!?" kreischte Seven. Nicht nur
seine Doppelkinne wackelten hingebungsvoll, auch
seine anderweitig verteilten Fettspeicher waren in
heller Aufregung. "Wie viel Fanatiker gibt es wohl
auf der Welt? Natürlich diese verdammten
Handtuchköpfe, diese arabische,
flugzeugwerfende Bande von Mohammedanern!“
„Moslems, das ist nicht so wie bei uns Christen.

- 122 -
Die nennen ihre Religion nicht nach dem
Propheten!“
„Das ist mir so was von egal!“ kreischte Sven.
„Gegen einen gehirngewaschenen, todesmutigen,
paradiesgeilen Geist kommen auch noch so
smarte Missiles nicht an." Sven war erschüttert
darüber, das Benn nicht erschüttert war.
Allerdings konnte Benn nichts dafür, da Sven seit
einigen Minuten ein fettverschmiertes Blatt zwar
mit sich herumtrug, aber noch keinerlei Anstalten
gemacht hat ihn über den Inhalt in Kenntnis zu
setzen.
"Was soll dass heißen, Moslems sind die einzigen
Fanatiker?" Sven erschrak regelrecht, als Benn
endlich mal aus sich herausging.
"Wie meinst du das?" fragte er unsicher und leicht
irritiert.
"Kannst du dich noch an eine bestimmte
Currywurst letztes Jahr erinnern?" Sven schluckte
und strich sich fahrig durch sein fettiges Haar.
Natürlich erinnerte er sich, außerdem stand es ja
in allen Käseblättern der Region.

- 123 -
"Das kann man nicht mit diesen religiösen
Fanatikern gleichsetzen. Ich habe keine Flugzeuge
in die Bude stürzen lassen!"
"Das sehe ich aber anders. Die machen so einen
Scheiß aus religiöser Überzeugung und du aus
Fresssucht."
"Die waren aber auch selber Schuld", maulte
Sven.
"Du hättest halt nicht die ganze Imbissbude mit
deinem Ferrari in den Fluss schieben dürfen!"
"Die wollten mir keine Wurst geben, nur weil sie
angeblich geschlossen hatten. Pah, dass war nur
eine billige Ausrede."
"Aber die anschließende Abstandszahlung war
nicht übel. Dafür hättest du eine eigene Bude
bekommen."
"Ist ja schon gut", Sven stand auf und schickte
sich an das heilige Refugium Benns zu verlassen.
"Bring es einfach in Ordnung, Ja? Ich glaube dass
könnte sich sonst ein Desaster verwandeln."
"Ausgerechnet du, der glaubt, dass es gegen
Dschihad auch was von Ratiopharm in der

- 124 -
Apotheke gibt, hat wegen so einer blöden Mail
plötzlich Muffensausen?" Benn beugte sich über
die Tastatur und begann amüsiert zu tippen.

"Unnd du meischt, dasch klappt?" nuschelte


Mohammed, und hatte sichtlich Mühe das
Gleichgewicht zu halten.
"Aber klar!" erwiderte Achmed, der ebenfalls Mühe
hatte, die sich langsam vor sich hindrehende
Höhle im Auge zu behalten.
"Aber ischt dasch nicht ein wenich übertrieben?"
"Nö, nisch wirklisch", rülpste Achmed laut und
kratzte sich ausgiebig an einer unaussprechlichen
Stelle.
"Aber keinen Alkohol und kein Wiener Schnitzel
mehr?"
"Dafür vier Frauen gleichzeitisch!"
"Und die ewische Betterei?"
"Vier Fraun!"
"Ne Pilscherfahrt nach Mekka und den ganzen
Kram?"
"Irgendwo müschen die ja Rascht machen, un da

- 125 -
ischt mein Laden doch gut geleschen! Außerdem
denk mal nach, vier Frauen!"
"Könnte luschtich wern!" Mohammeds Widerstand
erlahmte. Außerdem brauchte er eine wirklich
gute Ausrede um zumindest ab und an mal einen
draufmachen zu können. "Na gut, wir gründen
halt ne Relischion, aber ich bin der Schef! Un isch
will Jünger, scho rischtisch junge Jüngerinnen in
gottlos engen Jüngerkoschtümen un die müschen
allesch machen wasch ich will. Aba ehrlisch ehy!"
"Jawoll", stimmte Achmed zu. "Schließlich kann
dasch ja scho nisch weitergehen. Wir Männer,
Schöhne der Wüschte, müschen endlisch das Joch
der Unterdrückung ablegen und das tun, was ein
Mann eben tun musch!" Völlig von sich ergriffen
stand Achmed in der Mitte der Höhle, atmete tief
durch, wechselte plötzlich sowie unvermittelt die
Gesichtsfarbe, rannte wie von der Tarantel
gestochen nach draußen um sich dort äußerst
geräuschvoll zu übergeben. Unschlüssig und mit
sich selbst nicht im reinen stand Mohammed in
der Höhle. Erst wenn man keinen Schnaps mehr

- 126 -
hat, merkt man wie blöd Wasser eigentlich
schmeckt. Die Zweifel fegten unvermindert die
angenehme Benommenheit des Kamelbiers
hinweg.
"Jetzt grübele nicht rum, sondern tu es", gab
Achmed mühsam von sich, als er wieder in die
Höhle zurückkam. "Das wird der Hammer!"
"Ja, aber ich habe das Gefühl wie übertreiben es
in bisschen."
"Wie meinst Du das? Wir haben doch an alles
gedacht, was man für eine zünftige,
männerorientierte Religion braucht. Und stell dir
doch mal das Paradies vor. Alle Frauen immer
Jungfrauen, keine Kritik mehr. Ich wünschte das
wäre alles wahr. Die werden Schlange stehen um
bei uns mitzumachen!" Verzückt träumte Achmed
den Traum vom Paradies.
"Das ist ja alles ganz schön und das meine ich ja
auch nicht. Ich mache mir mehr Sorgen um
unsere so genannten 5 Säulen des
Mohammedismus. Übrigens, muss das sein,
Mohammedismus. Das ist mir doch ein wenig

- 127 -
peinlich." Mohammed schaute verlegen auf den
Boden der Höhle und malte Kreise mit der Spitze
seines Schuhes.
"Waren wir uns einig über die Dominanz der
Frauen und das wir was dagegen unternehmen
müssen, oder etwa nicht?" Achmeds
Gemütszustand wechselte rapide.
"Ja, aber müssen die Frauen dann unbedingt total
verschleiert rumlaufen? Da sieht man doch nichts
von den Weibern und dann auch noch bei der
Hitze!"
"Na klar ist das gut, was glaubst du was dann die
anderen Kerle bezahlen werden um Laila in meiner
Kneipe den Tanz der sieben Schleier zu sehen."
"Und die Pilgerfahrt nach Mekka zu dem blöden
Stein hinter deiner Kneipe?"
"Was glaubst du, was die dann für einen Durst
und Hunger haben werden. Bestimmt muss ich
noch anbauen."
"Fünfmal beten am Tag, ist das nicht übertrieben?
Wann sollen die denn dann noch arbeiten."
"Ich habe es dir doch bereits erzählt. Wenn die

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sich jeden Tag fünfmal in den Dreck werfen,
werden sie sehr bald merken, wie nützlich so ein
kleiner Teppich sein kann. Und da ich zufällig
einige hundert Dutzend abgelaufener Teppiche auf
Lager habe!"
"Das ist ja das, was ich meine. Du machst richtig
ribba und was kriege ich?"
"Eine Ausrede für deine Frau, die Möglichkeit noch
ein paar Frauen zusätzlich zu halten,
Anbetungszeiten fünfmal am Tag, den gesamten
Presserummel und natürlich zehn Prozent meiner
Einahmen, nach den Steuern natürlich."
"Zwanzig Prozent und ein Spesenkonto für meine
Jüngerinnen!"
"Jüngerinnen?" Achmed zog interessiert die
Augenbraue hoch.
"Ja, glaubst du ich mache den gleichen Fehler wie
dieser Jesus da vor ein paar Jahren und nehme
Kerle als Jünger. Ich will ein paar rassige
Vollblutweiber, schließlich bin ich der Prophet und
brauche ne Menge Inspiration!"
"Na gut, fünfzehn Prozent und ein Spesenkonto

- 129 -
für deine privaten Gläubigen!"
"Na dann mal los!" Mohammed rieb sich die
Hände und freute sich bereits auf das dumme
Gesicht von Chadidscha.

From: service@terrasim.com
To: mohammed63@freepalestina.com
Sehr geehrter Herr Mohammed,
Der Firma TerraSim ist es unendlich peinlich, dass
es zu einer derartigen Fehlfunktion in einem
unserer sonst ausgereiften Produktpalette
kommen konnte. Es lag niemals in unserer Absicht
die Gefühle unserer Kunden zu verletzen. Ich als
Geschäftsführer bin selbst ein großer Anhänger
der arabisch/islamischen Kultur und bin immer
bestrebt hier meinen bescheidenen Beitrag zu
leisten. So habe ich zum Beispiel erst vor kurzem
einem nicht zu geringen Betrag für den
Siedlungsbau im palästinensischen Gebiet
gespendet und esse, wann immer es mir möglich
ist, koscheres Fleisch.
Mit einem aufrichtigen Schalom für Sie und ihre

- 130 -
netten Freunde verbleibe ich als ihr Sven
Gottschlich, Leitender Geschäftsführer von
TerraSim.

Sven kam triumphierend in Benns Arbeits- und


Wohnraum. Ort der unaussprechlichen Gerüche,
Ansammlung von Absonderlichkeiten sowie von
den behördlichen Instanzen inzwischen
anerkannte außerordentliche Müllkippe.
"Während du hier versuchst Daten zu quälen,
habe ich das rutschige Parkett politischer und
religiöser Entgleisungen bereinigt. Ich bin
ernsthaft von mir ergriffen und überlege, natürlich
zum Wohle aller, in die Politik zu gehen! Mit
meinem Charme und meinem Charisma sollte es
doch mit dem Teufel zugehen, wenn mir nicht
demnächst ein wirklich wichtiger Posten
angeboten wird."
Benn benötigte die E-Mail nicht, die Sven ihm
unter die Nase hielt. Bereits seit langem hatte er
den Zugang zu allen Daten, die er benötigte.
"Mach das, die werden ihre helle Freude an dir

- 131 -
haben!"
"Du bist ja nur neidisch, dass ich so weltmännisch
bin. Dieser Mohammed wird mich nach dieser Mail
in sein Abendgebet einbinden. Solche
verbindlichen und toleranten Menschen wie mich
findet er bestimmt nicht immer vor. Du bist ja den
ganzen Tag mit deinen Computern zugange, aber
glaube mir, die Welt da draußen ist kalt und
abweisend. Wie oft musste ich mir an eine diese
Würstchenbuden die Finger warm hauchen weil
Deutschland noch immer nicht überdacht wurde!"
Benn ließ ihn weiter labern. Er kannte diese
Anflüge bereits und hatte es inzwischen geschafft,
die falschen Verknüpfungen zu finden und zu
eliminieren. Früher war auf die indischen
Programmierer verlass, aber seit die indischen zu
teuer geworden waren, wurden von den
Subunternehmern TerraSim abermals
Subunternehmer mit der Programmierung
beauftragt. Indische Programmierer hatten
inzwischen russische Programmierer unter
Vertrag, die früher fast ausschließlich in der

- 132 -
Rüstungsindustrie tätig waren und die nach der
ein oder anderen Flasche Wodka ein
Raketensteuerungsprogramm entwickelten,
obwohl man nur die Erstellung einiger ansonsten
zu langwierigen Multimediaanwendungen in
Auftrag gegeben hatte. Einst hatte die Firma Sony
mit der Spielkonsole PLAYSTATION ein derartiges
Problem. Auch hier waren einige Programmteile
aus Russland dabei die, bei näherer Betrachtung
zu 90% aus dem Quellcode der Steuerung einer
der neusten Interkontinentalrakete die von der
russischen Regierung immer als Hirngespinst
westlicher, imperialistischer Geheimdienste
abgetan wurde. Diese besagte Spielkonsole durfte
dann auch nicht in so genannte Schurkenstaaten
wie Iran, Irak und Luxemburg vertrieben werden.
Benn machte einen Upload und rückte die
religiöse Geschichtsschreibung wieder in die
richtigen Bahnen.

"SCHREIB!" wetterte der Erzengel Gabriel, dessen


Geduld mit diesem Kretin von stumpfsinnigem

- 133 -
Araber langsam zu Ende ging. Warum mussten
diese Leute auch immer solange fasten, bis das
letzte bisschen Verstand winke winke sagt und
dann wird mal wieder er losgeschickt um
frohlockende Verkündigungen zu verkünden oder,
wie in diesem Fall eine neue Religion zu
verkünden. Was war an der alten Religion
schlecht? Konkurrenz belebt das Geschäft, hat der
Chef gesagt, der Engel aber kannte die wirkliche
Absicht dahinter. Outsourcen war das Geheimnis.
Gott war einfach überlastet und versuchte all die
Bestrafungen und Gebete in eine neue Form zu
pressen und da kam ihm dieser Händler gerade
recht.
"Das kannst nur du!" äffte er Metronom nach.
"Ja, und ein Pilz!" frohlockte Luzifer aus dem
Hintergrund, der sich gerade bei Gott die
Marketingrechte an dem neuen Namen für den
Teufel sicherte. Scheitan, so sollte seine neue
Bezeichnung sein. Luzifer hatte bereits einige
Namen, wie etwa Gollum, Raider oder Bush
abgelehnt, aber beim Vorschlag Scheitan stimmte

- 134 -
er sofort zu.
Da wurde extra für eine menge Geld ein
Besprechungsraum direkt neben der himmlischen
Pforte gebaut, zu Lasten der Anschaffung von
Feuerschwertern übrigens, und dann wurde er für
derartige, weit reichende Entwicklungen noch
nicht einmal benutzt. Vierzig Tage fasten und
dann eine Religion aufbauen. Was war falsch
daran dies in einer angenehmen Atmosphäre zu
tun, bei Schnittchen und einem Gläschen
Engelswasser? Da hatte der Heilige Geist mit
Maria mehr Spaß gehabt. Von wegen unbefleckte
Empfängnis. Was der Heilige Geist da
anschließend vom Stapel gelassen hatte – aber
hallo.
"Also noch mal für die ganz Begriffsstutzigen. Du,
Mohammed, wirst zum Herrscher eines
theokratischen Staats. Durch meine
Offenbarungen, die übrigens ekstatischer Art sein
werden, du darfst jetzt beeindruckt sein, wirst du
aus deinem bisherigen Lebenskreis
herausgehoben und die Mädels äußerst scharf auf

- 135 -
dich. Inhalt meiner Offenbarungen wird das
Erlebnis des einen willensmächtigen Gottes, sagen
wir mal Allah, klingt doch nett und dessen
bevorstehendes Kommen zum Gericht. Der starke
Widerstand der Mekkaner gegen deine
Lehrtätigkeit zwingt dich zwar zur Auswanderung
nach Medina, wo du infolge der politischen
Uneinigkeit der Beduinenstämme aber als straffer
politischer Organisator deine Offenbarungslehren
ausgestalten kannst. Du bist ein Prophet, der die
Offenbarung Gottes in arabischer Sprache zu
bringen hat, um das private und öffentliche Leben
unter der Voraussetzung des einen Gottes zu
erneuern. Du weist schon wen ich meine. Dann
noch ein wenig heiligen Krieg, den Angriff auf das
zum Heiligtum erklärte Mekka siegreich
durchgeführt und schwups haben wir die
Entstehung des Islams und dies wird ein Ereignis
von weltgeschichtlicher Bedeutung werden.
"Und warum so eine blöde Bewegungstherapie?"
"Deine Anhänger beten mit dieser Armhaltung
beziehungsweise beugen sich vor und berühren

- 136 -
mit ihrer Stirn den Boden. Den Muslimen sind
solche Fragen nicht erlaubt, denn er hat die
Gebote des Propheten, also deinen, zu erfüllen,
aber darf sie nicht hinterfragen. Ist doch super
oder? Deine Nachfolger, die Kalifen, gewinnen
weitere große Gebiete für den Islam und
errichteten mit der Herrschaft der Omajjaden in
Damaskus, dann mit den Abbasiden in Bagdad ein
Weltreich mit hoher Kultur und starker
Ausstrahlung, also ausreichen Zündstoff für
religiös geführte, bewaffnete
Auseinandersetzungen der nächsten 2000 Jahre.
Hast du das jetzt verstanden? Ach ja, natürlich
stirbst du irgendwann dazwischen, sonst wirst du
ja so alt wie Methusalem und unter uns beiden
gesagt, noch so einen Fehler kann ich mir nicht
leisten. Außerdem roch er im hohen Alter nicht
mehr wirklich gut."
"Aber warum ich? Ich kann doch gar nichts. Bin
nur ein armer hungriger Kaufmann!"
"Sag mal, du erkennst eine Metapher noch nicht
einmal wenn die dich beißt, oder? Dadurch, dass

- 137 -
du nichts anderes hast als Glauben, nicht lesen
und schreiben kannst, bist du das ideale Gefäß für
Gottes Worte!"
"Häh, dass habe ich jetzt nicht verstanden?"
Mohammed ahnte, dass dies nicht unbedingt sein
bester Tag war, aber Hunger und Durst machten
es auch nicht unbedingt besser. Bei früheren
Fastenzeiten konnte er sich wenigstens auf die
Halluzinationen und Verführungen durch die
falschen Wüstengötter verlassen, aber das hier
war echt krass.
"Wenn du jetzt noch einmal den Mund aufmachst,
würge ich dich!" Gabriel war jetzt echt sauer und
Metronom, so nahm er sich fest vor, wird eine in
die Weichteile bekommen wenn er erst wieder zu
Hause war.
"OK, ist gut. Aber!" weiter kam Mohammed nicht
mehr. Laut schreiend schnappte sich Gabriel den
Zauderer, warf ihn zu Boden und begann ihn zu
würgen.

Benn lehnte sich zufrieden zurück. Sven hatte sich

- 138 -
inzwischen auf eine ausgiebige Fresstour begeben,
der Upload des Patches hatte seine Wirkung
bereits getan und es fehlten nur noch ein paar
tausend infizierte Rechner um sich an der Welt im
Gesamten und an seine Uni im Einzelnen zu
rächen.
"Nicht fähig zur Integration!" hatte der Professor
zu ihm gesagt.
"Sollte seine Fähigkeiten nicht im interdisziplinären
Forschungsbereichen mit einbringen!" Benn lachte
bitter auf als er an das Gremium dachte, dass
Schuld an seinem Ausschluss erst aus dem Projekt
„Brainsucker“ und dann aus der Uni war.

From: Adam666@paradise.com
To: service@terrasim.com

Meint ihr nicht, dass das ein wenig zu harter Stoff


ist, den ihr da bringt. Das mit den Einstellungen
für alles Mögliche ist ja schön und recht, aber
wenn ich Schöpfungsgeschichte und die Option
UNGEFÄHR, GENAU oder EXAKT wähle passiert

- 139 -
immer das gleiche. Ich bin zwar sehr Bibeltreu
eingestellt, aber auch zu jedem Scherz zu haben.
Aber bei allen Einstellungen immer dasselbe!?
Nicht dass ich auf diverse Bibelzitate verweisen
möchte die euer treiben verdammt, aber bringt da
doch mal einen Patch.....
ADAM

Metronom, Stimme Gottes laberte mal wieder nur


Mist. Besonders morgens im Bus zu Arbeit konnte
er das Maul nicht halten und brauchte alle
anderen zu Weißglut.
"Na, wie hat Gott es in seiner allmächtigen
Weisheit denn nun hinbekommen, dass der Kleine
Leberegel von einem Schaf zum anderen kommt?
Na, du vielleicht Adam!"
Adam, der bis dahin vor sich hingedöst hatte und
von der letzten Nacht mit dem süßem Engelchen
Lucy träumte, zuckte zusammen.
"Nein Papa, ich habe keinen Apfel genommen!",
schrie er verzweifelt auf, bis er merkte, dass er im
Bus zum Paradies saß.

- 140 -
"Nein, Adam. Das mit dem Apfel passiert etwas
später", sagte Metronom mit beschwichtigender
Stimme. "Obwohl du wirklich bereits früher etwas
mit deiner Blöße anstellen solltest!" Metronom
starrte recht neidisch auf Adam herab, da er
bemerkt hatte, das eines der süßen Engelein, für
das Metronom ebenfalls eine nicht geringe
Zuneigung verspürte, bereits mehr als nur
lüsterne Blicke auf Adam warf.
Adam war es inzwischen mehr als Leid, dass alle
immer mehr über ihn wussten als er selbst. Selbst
Lucy wollte ihm nichts sagen. Alle kicherten nur
wenn er sie danach fragte. Andererseits, was
sollte es. Morgen mit dem Bus zur Arbeit, ein
bisschen Huldigungen und Lobpreisen und den
Rest des Tages frei, mit den Kumpels durch das
Paradies ziehen und nachts war da ja noch Lucy
und die ganzen irren Dinge die sie, oder besser es
wusste, machte und wollte.
Außerdem hatte er mit Lucys Hilfe
herausgefunden, dass verdorbenes Obst recht
angenehme Nebenwirkungen haben konnte.

- 141 -
"Was gibt es denn heute zum Frühstück?" fragte
Gabriel Neptun, der vor ihm saß, um das Gespräch
in eine andere Richtung zu lenken.
"Das Abendessen von gestern!" antwortete
Neptun.
"Na toll, war das nicht das Mittagessen von
gestern?" "Nein von vorgestern."
"Immer diese scheiß Restefresserei", schimpfte
Gabriel. "Der Boss sollte mal für ein bisschen
Abwechslung sorgen. Vielleicht auch mal Obst
oder so!"
"Ach, du weißt doch wie er sich um sein Obst
bescheißt", erwiderte Neptun.
"Der Kleine Leberegel", begann Metronom nun zu
dozieren, nachdem niemand daran interessiert war
die Stimmung in Bus zu heben, jedenfalls wie
Metronom seine gnadenlose Sabelei deklarierte.
"Der (Dicrocoeliumdentricum) lebt in der Leber
von Schafen. Das befallene Tier scheidet Eier des
Parasiten mit dem Kot aus, der Schnecken als
Speise dient. Im Schneckendarm entwickelt sich
die Leberegellarve weiter, und wenn sie die

- 142 -
Schnecke verlässt, ist sie von einer schleimigen
Hülle umgeben. Die wiederum ist eine Leibspeise
der Ameisen, in denen sich dann ein Teil der
Larven bis zum Ameisengehirn vorwärts nagt. Auf
göttlicher Weisheit basierende Weise gelingt es
den Larven dort, das Verhalten der Ameisen zu
verändern, und nun haltet euch fest die, entgegen
ihren Gewohnheiten, zu Weidezeiten der Schafe
auf die Spitze von Grashalmen krabbeln. Und so
findet der Passagier, nach zweimal Umsteigen,
sein neues Schaf! Ist das nicht irre?" Metronom
blickte Beifall heischend in die Runde. Alles drehte
sich gelangweilt ab oder pulte demonstrativ
intensiv in den Zähnen.
"Daran kann man erkennen, wie viel
Merkwürdigkeit man Gott in die Schuhe schieben
kann, bevor es anfängt, hohl zu klingen und man
den rutschigen solipsistischen Abhang
hinabschlittert, dorthin, wo man finstere Absichten
hinter allem und jedem sieht." Lucy bot, wie
jedem Morgen Metronom die Stirn und wie jeden
Morgen fühlte sich Metronom unwohl wenn Lucy

- 143 -
die Stimme erhob.
"Du hast eine seltsame Einstellung zur göttlichen
Schöpfung und Weisheit", erwiderte Metronom mit
zitternder Stimme. "Weiß der Boss davon?"
"Wenn wir doch alle Geschöpfe von Gott sind,
muss Gott doch wissen was für eine Einstellung
ich habe. Andererseits könnte ich ja annehmen,
dass alles was aus Zufall geschieht rückwirkend
Gott und seinem großen, sich nicht für alle
erschließenden Plan zugeschrieben wird."
Alle im Bus sahen Metronom aufmerksam an.
"Jede 23. Welle, die auf einen Strand rollt, ist
doppelt so groß wie die anderen!" schrie
Metronom verzweifelt. "Willst du das etwa als
Zufall abstempeln? Gott hat hinter allem eine
Absicht und wir haben die Aufgabe dies zu
erhalten und demnächst zu verkünden!"
Metronom steigerte sich richtig hinein.
"Dann stimmst du doch bestimmt mit mir überein,
das die paradiesische Gesellschaft, wie sie im
Moment besteht weder eine neue Religion
rechtfertigt noch ein komplizierter Witz ist,

- 144 -
sondern ein, sagen wir einmal ein großes Gott-
Attentatsbüro! Oder vielleicht muss man sich nur
klar zu machen, dass es sich bei GOTT um eine,
sagen wir mal eine Verschwörungstheorie handelt,
für die grundsätzlich keine kollektiv zugänglichen
Beweise vorliegen. Übrigens mit kollektiv meine
ich uns. Sie können nur individuell gefunden
werden und fallen nach dem Beobachterprinzip
deshalb grundsätzlich so verschieden aus, dass es
keinerlei Sinn macht, sich über den wahren GOTT
die Köpfe einzuschlagen. Wahrheit ist somit die
Erfindung eines Lügners!" Das saß, alle im Bus
rutschten unruhig auf ihren Plätzen umher. Lucy
konnte so verdammt direkt und dabei so
überzeugend sein. Gabriell steckte vor lauter
Aufregung den Sitz vor ihm mit seinem
Flammenschwert in Brand.
PHAETON schrie verängstigt auf. Seitdem er den
Wagen seines Vaters Helios, einer der späteren
örtlichen Sonnengötter, heimlich zu einem Ausflug
geklaut hatte und sich dabei so ungeschickt
angestellt hat, dass er abstürzte und die Welt in

- 145 -
Brand setzte, hatte er höllische Angst vor dem
Feuer.
"Das sage ich Gott!" schrie Metronom schrill. "Und
ihr seid alle meine Zeugen!" Metronom zeigte
aufgeregt auf alle Insassen des Busses, sein
Gesicht zu einer Fratze verzehrt.
"Und ihr seid alle meine Zeugen, dass Metronom
den großen Plan Gottes, die Kissmet, anzweifelt,
weil er glaubt Gott hätte keine Ahnung was hier
gerade vor sich geht. Metronom hat gerade den
Glauben an die Allwissenheit Gottes zerstört",
sagte Lucy in aller Ruhe und zwinkerte Adam zu.
Metronom sackte in sich zusammen und alle
Insassen lachten nervös auf.
"Aber natürlich wissen wir ja alle, dass Gott diese
Auseinandersetzung bewusst herbeigeführt hat
seinen Anfang, sein Ende und alles mittendrin zur
Stärkung unseres Glaubens eingeleitet hat",
beschwichtigte Lucy die Gemüter. "Diesen
Vorgang nennt Gott die Herstellung von
Zustimmung", flüsterte Lucy Adam zu.

- 146 -
Benn lehnte sich zurück. Die E-Mail lag auf seinem
Schreibtisch doch er machte keine Anstalten hier
tätig zu werden. Gott war auch nur eine
Einbildung, Opium fürs Volk. Benn hatte die
Optionen bei der Schöpfungsgeschichte absichtlich
so gestaltet. Wenn er soweit war, würde er eine
neue und bessere Rasse züchten.
"Seine Versuche haben gezeigt, dass der Student
Benn Schmieder keine Achtung vor dem
Individuum besitzt. Eine Einweisung in eine
geschlossene, psychiatrische Anstalt sollte von
ärztlicher Seite angestrebt werden! Bei normal
entwickelten Individuen wie Hitler, Napoleon oder
Thatcher nennt man so etwas Größenwahn, bei
diesem Studenten habe ich keine Ahnung wie man
sein Verhalten klassifizieren könnte."
Immer und immer wieder hallten diese Worte
durch seinen Kopf. Er war damals auf dem besten
Weg mittels seines selbst entworfenen Computers
die DNA von allen Lebewesen zu entschlüsseln
und dahingehend zu beeinflussen, dass er
innerhalb weniger Monate eine eigene Rasse nach

- 147 -
eigenen Vorstellungen hätte entwickeln können.
Benn machte die Entdeckung, das
neurolinguistischen Strukturen, diese stellen
gewissermaßen die Software dar mit der unser
Nervensystem, das Gehirn eingeschlossen, Daten
verarbeitet. Dies war sozusagen der Schlüssel zum
menschlichen Betriebssystem. Hätte ihn damals
nicht dieser ominöse Ethik-Ausschuss vorgeladen,
dann wäre die Welt inzwischen ein besserer Ort,
jedenfalls für Benn.
Der damalige Forschungsauftrag, den sich einer
der vorwitzigen Professoren der Uni an Land
gezogen hatte und Aussicht auf gottlos viel Geld
versprach, sollte die Auswirkung von
unterschiedlichen Strahlenquellen auf die
menschlichen Chromosomen untersuchen. Da der
Auftrag von einem namentlich nicht näher
zitierbaren Geheimdienst stammte, das erwartete
Ergebnis bereits vorlag und eigentlich noch
universitär gerechtfertigt werden sollte, strengte
sich niemand so recht an. Dies war natürlich die
Sternstunde von Benn. Benn konnte die damals

- 148 -
beste Soft- und Hardware nutzen die für Geld zu
bekommen war und zeigte ein noch nie da
gewesenes Talent beides miteinander in Einklang
zu bringen. Außerdem nahm er in dieser Zeit nur
Zucker, Koffein und Nikotin zu sich was ihn
aufgeputscht genug hielt, um sein
konkurrierendes, leicht soziopathisches
persönliches Ego aufrechtzuerhalten, das zum
Überleben, wie er meinte, in dieser Art
Gesellschaft nötig war, und um die Werte des
Beherrschungs- /Unterwerfungs-Systems zu
erhalten. Die ersten Ergebnisse ließen deshalb
auch nicht lange auf sich warten. Allerdings war
es nicht das Ergebnis, auf das alle gebaut hatten.
Benn war damals in der Lage durch geschickte
Manipulation einzelner Chromosomenmutation,
Veränderungen von menschlichen Eigenschaften
durch Verlust, Verdoppelung oder Austausch von
Chromosomen- oder Chromatidenstücken, meist
durch Fehler beim Crossing-over, auszumerzen
und den perfekten Menschen zu züchten.

- 149 -
"Scheiße, schon wieder nichts!" Leonardo schrie
sich seinen Frust von der Seele. Eigentlich wollte
er Schreiner werden, aber zwei linke Hände und
zu wenig Talent eigneten sich nur bedingt für eine
berufliche Tätigkeit bei der scharfkantige
Werkzeuge benutzt wurden. Andere
erstrebenswerte Tätigkeiten, Tätigkeiten die einen
geltwerten Vorteil versprachen, waren auch nicht
gerade seine Sache. Egal was er anfing, es
dauerte nicht lange und er warf es wieder hin.
Seine Gedanken waren steht's in Unruhe versetzt
und suchten einen Weg, mit wenig Arbeit eine
große Menge an Finanzmitteln zu erlangen.
"Scheiß Renaissance!" brüllte er und warf seine
Palette in die Ecke. Sein Modell zog sich
verschüchtert die Decke über ihre Blöße.
"Universalmenschen", brüllte er weiter und schritt
forschen Schrittes durch sein Atelier.
"In allen Sparten forschen", schrie Leonardo und
schmiss wütend seine Leinwand in die Ecke.
"Schöpferisch tätig und unvergleichliches
vollbringen! Wer hat eigentlich diesen

- 150 -
Schwachsinn über unser Zeitalter verzapft?"
verbittert spuckte er in die Ecke, dann erst
bemerkte er, dass sein Modell dort hockte und
verängstigt zu ihm aufblickte. Gut, nicht alles war
Mist. Die Aktmalerei war meist nicht schlecht und
man hatte immer ein vorgewärmtes Bett.
"Los Lisa, zieh deine Klamotten an und
verschwinde!" Lisa sammelte sofort ihre Sachen
zusammen und verließ so schnell wie möglich
Leonardos Atelier, wenn man diese Bruchbude
überhaupt so nennen konnte. Lisa war eine
Landpomeranze, die sich mit allerlei Hilfsarbeiten
über Wasser hielt. Durch die Aktmalerei dieses da
Vinci hatte sie inzwischen eine einträgliche
Geldquelle aufgetan. Leonardo war hier nicht der
Finanzier, sondern die Löcher in der Rückwand
seines Ateliers. Die hatte Lisa dort hineingebohrt
und der Nachbarsjunge stand hier und kassierte
von den Spannern ab.
Als Maler hat Leonardo da Vinci eine Ahnung von
den Schönheitsidealen der italienischen
Hochrenaissance, allerdings hatte er so seine

- 151 -
Probleme diese auf eine Leinwand zu bannen.
Doch dies war nur eines seiner Probleme. Seine
vollendeten Werke wurden meist unmittelbar nach
Auslieferung völlig entnervt durch den vormals
hoffnungsvollen Auftraggeber mutwillig zerstört,
seine unvollendeten Werken gingen, meist durch
eigene Schlamperei oder weil Teile der
aufgebrachten Bevölkerung recht Schlampig mit
dem Feuer hantierte, zu großen Teil verloren. Nur
seine Zeichnungen, Skizzen und die theoretischen
Schriften gaben eine Vorstellung vom Umfang
seiner Bestrebungen und Leistungen die, wenn
vollendet, seine stümperhaften Vorstellungen und
Leistungen verdeutlicht hätten. Eigentlich war es
nur seinem Freund und Gönner Pisa zu verdanken,
dass noch immer der ein oder andere Auftrag an
ihn vergeben wurde. Pisa machte dies nicht aus
reiner Freundschaft, sondern er hegte doch die ein
oder andere Hoffnung, so seine noch immer nicht
vermählte Tochter Eleonore los zu bekommen.
Eleonore war nicht im eigentlichen Sinne hässlich,
sondern im besonderen Sinne.

- 152 -
Leonardo da Vinci durfte somit zu Recht als
negative, beispielhafte Bestrebung bei der
Verkörperung des von der Renaissance
geforderten Universalmenschen gelten. In allen
Kunst- und Wissenschaftsgebieten forschend und
erschöpferisch tätig, erreichte er sowohl
Ungewöhnliches sowie Unvergleichliches.

From: Webmaster@leonardo-da-vinci-
foundation.net
To: service@terrasim.com

Sehr geehrte Damen und Herren von Terra-Sim,

Soeben haben die Mitglieder unserer Foundation


von den Möglichkeiten ihres Programms erfahren,
sowohl von der nahezu perfekten
Vergangenheitsdarstellung und dem
ausgeklügelten Zufallsprinzip der das
Weltgeschehen auf humureske Weise zu
karikieren versteht. Dennoch wäre unsere
Foundation daran interessiert, eine Darstellung

- 153 -
nahezu an die Wirklichkeit unseres verehrten
Leonardos zu erwirken. Mit dem Genie eines
solchen Menschen sollte aus Sicht unserer
Foundation kein Schindluder getrieben werden.
Wir wären für ein klärendes Gespräch zu jederzeit
bereit.
mit freundlichen Grüßen
Salvatore Savioni.
Rechtsanwalt

"Savioni, ist das nicht dieser Rechtsanwalt der die


ganze Mafiakiller vertritt?" fragte Sven
verunsichert.
"Doch, das ist der mit dem", weiter kam Benn
nicht, da sich plötzlich die Eingangstüre zu dem
eigentlich mit allen technischen Raffinessen und
Sicherheitseinrichtungen versehenen Loft erst in
eine Rauchwolke hüllte und dann in unzählige
Splitter verwandelte.
"Ich bitte um Verzeihung", sagte ein Herr mit
leicht italienischem Akzent. "Bin ich hier richtig bei
den Herren von Terra-Sim?"

- 154 -
"Entschuldigen sie", Benn fand seine Sprache als
erstes wieder. "Sie sehen aus wie die Mischung
aus einem Dorfdepp und einem Mafiaschläger!"
"Letzteres stimmt", erwiderte der Herr in der Tür.
"Ersteres wäre mir lieber", antwortete Benn.
"Von ihrem Standpunkt aus gesehen verständlich.
Darf ich dennoch meine Frage wiederholen, ob ich
hier richtig bin? Bei den Herren von Terra-Sim?"
"Würden sie mir glauben, wenn ich dies
verneine?" fragte Benn, obwohl ihm die Antwort
bereits bekannt war.
"Nein, gewöhnlich mache ich keine Fehler!"
"Er war's", schrie Sven und versuchte sich im
Kühlschrank zu verstecken.
"Bitte machen sie mit ihm was sie wollen, aber
lassen sie mich in Ruhe!" Sven quiekte wie ein
Schwein und warf in seiner Verzweifelung alles
aus dem Kühlschrank um mehr Platz für sich zu
haben. Dann endlich ging die Tür zu. Benn und
der Mafiakiller standen allein im Vorraum.
"Und jetzt?" fragte Benn verlegen.
"Würde es ihnen etwas ausmachen, die Option

- 155 -
Leonardo da Vinci entweder zu löschen, oder nur
Wahrheitsgetreu ablaufen zu lassen?" las der
Mafiakiller von einem, mit Blümchen verzierten
Zettel ab, der über und über mit kleinen Häschen
voll gemalt war.
"Tschuldigung", murmelte der Mafiakiller, als er
Benn irritiert auf den Zettel starren sah. "Der Pate
hat mich so früh angerufen und ich hatte nur das
Briefpapier meiner kleinen Tochter da. Und warum
noch einmal gutes Papier verschwenden."
"Äh, mehr wollen sie nicht?"
"Nein. Sehen sie, wir in Italien haben inzwischen
nur noch geborgte Helden und selbst im
Ferrariteam sind mehr Ausländer beschäftigt als
unserer Nation gut tut. Wenn dann auch noch
unser einziges Universalgenie in einem solchen
Programm zu einer Banalität verkommt, was
haben wir Italiener dann noch?"
"Spagetti mit Tomatensoße?"
"Kommen von den Chinesen!"
"Den schiefen Turm von Pisa?"
"Weltberühmt, aber im Grunde ein misslungenes

- 156 -
Bauwerk!"
"Den Papst?"
"Ist ein Pole!"
"Gut, sie haben gewonnen. Ich ändere das
Programm", sagte Ben und zog seine Tastatur zu
sich heran. Er beobachtete, wie sich sein Besucher
mit einem gigantischen Messer die Fingernägel
reinigte und begann unbewusst schneller zu
tippen.
Der Mafiakiller lächelte still in sich hinein. Er
wusste von der Wirkung seiner provokanten
Fingernagelreinigung auf potentielle Opfer. Er
mochte zwar wie ein Dorfdepp aussehen, aber er
hatte einen Doktor in Psychologie mit suma cum
laude erworben und lebte von seinem Image als
Mafiakiller nicht schlecht und das, obwohl er in
Apelhülsen in der Nähe von Münster geboren
wurde, mit bürgerlichem Namen Hans Müller hieß
und noch nie jemanden angerührt, geschweige
den umgebracht hatte. Wenn der Schnurrbart
nicht so fürchterlich jucken würde, wäre er ein
rundherum zufriedener Mensch.

- 157 -
Als Naturforscher beschäftigte sich Leonardo da
Vinci auf zahlreichen Gebieten, wobei er die Natur
in ihren Einzelerscheinungen zu begreifen suchte.
So fand er auch als Erster die richtige Erklärung
der Kräfte auf der schiefen Ebene. Unter
selbständiger Weiterentwicklung antiken
griechischen Wissens konstruierte er zahlreiche
Maschinen und machte Vorschläge zur
Verbesserung bereits vorliegender Ergebnisse auf
den Gebieten der Optik, Botanik, Geologie und
Astronomie. Besonders erfolgreich waren
Leonardos Studien im Bereich der Anatomie, die
er durch detaillierte Zeichnungen
veranschaulichte. Als einer der Ersten sezierte er
(gegen die Anschauungen seiner Zeit)
menschliche Leichen.

Wann auch immer und unter welchen Optionen


Terra-Sim gestartet wurde, mehr Informationen
kamen zu Leonardo da Vinci nicht. Keine kleinen
Figuren die irgendwelche Kuppeln verschmierten

- 158 -
oder Hubschrauber bastelten. Der angebliche
Mafiakiller hatte sich nach den Upload des Patches
verabschiedet, Benn noch eine Flugblatt zu einem
italienschen Restaurant gegeben, dessen Inhaber
er insgeheim war, und ging. Benn schlenderte
lässig zum Kühlschrank und klopfte zaghaft an.
"Isser weg?" fragte eine zitternde und gedämpfte
Stimme aus dem Kühlschrank?
"Ja!"
"Kann ich rauskommen?"
"Von mir aus!"
"Was macht der Schleim im Kühlschrank?"
"Ist schon gut, du fantasierst!" antwortete Benn.
"Nimm ihn weg, er versucht gerade die Bockwurst
zu Schweinereinen zu überreden!" sagte Sven und
öffnete bibbernd, vorsichtig und deutlich
unterkühlt die Kühlschranktür.
"Mein Held", sagte Benn sarkastisch und drehte
sich gelangweilt um. "Nimm ihn!" murmelte Benn
vor sich hin.

"Alister Crowley?" fragte ein solide und ernsthaft

- 159 -
wirkender Mann, sprach dabei aber leise und
verstohlen mit einem um die Ecke gezogenen
Mund. Dabei machte er eine kompliziert
anmutende Handbewegung und schien dabei mit
sich selbst nicht wirklich klar zu kommen.
"Wer will das wissen?" erwiderte der
Angesprochene müde. Er wirkte nicht sonderlich
ernsthaft oder ernsthaft überrascht und sein
Äußeres schien durch zu viele Drogenexperimente,
rachsüchtige Frauen, sitzen gelassene
Schwiegermütter und Satansanbetungen eine
recht bleiche Gesichtsfarbe bekommen zu haben.

From:
info.Alister.Crowley@PRIEURE_DE_SION.org
To: service@terrasim.com
Verdammtes Team der Terra-Sim-Loge, glaubt ihr
etwa wir haben nicht gemerkt, dass ihr von diesen
blöden Illuminaten abstammt. Durch dieses
infame Lügenspiel habt ihr euch endlich der
Öffentlichkeit gezeigt und wir werden mit unserem
gerechten Zorn alle danieder mähen, die den

- 160 -
Namen unseres letzten und größten Großmeisters
in den Schmutz ziehen. Eure Köpfe, gefüllt mit
dem Mist der Illuminaten werden über die Flure
rollen und dann werdet ihr erkennen, dass nur die
PRIEURÉ DE SION Loge die Wahrheit aller
Wahrheiten kennt.
Bereitet euch auf den erbärmlichsten Tod aller
Tode vor.
Großmeister Crowley der VI.
P.S.: Könnten sie vielleicht einen Termin in den
nächsten vier Wochen zur schändlichen Köpfung
freihalten? Leider hat unser Henker im Moment
gesundheitliche Probleme und darf erst wieder in
ein paar Wochen zur Arbeit erscheinen. Wir
danken für ihr Verständnis.

"Sie wirken müde, Oh Meister der 37. Grade der


Loge der .... ", weiter kam der ernsthaftere der
beiden Männer nicht, bevor Crowley ihm
dazwischen fuhr.

Sven hatte inzwischen eine recht ungesunde

- 161 -
Gesichtsfarbe angenommen. Eine Köpfung soll an
sich eine ungesunde Erfahrung sein und
diesbezüglich hatte er weder Zeit noch Lust eine
solche Einsicht seinen Lebenserfahrungen
hinzuzufügen.
"Was soll denn der Scheiß?" fragte Sven gequält
und hielt zitternd die Mail der PRIEURÉ DE SION
Loge in der fettigen und ketchupverschmierten
Hand.
"Wie oft denn noch?" fragte Benn monoton und
schob sich das Kissen aus dem Gesicht. Seit
Stunden wartete er auf den Download Nummer
200.000 des Source-Codes von TerraSim um
seinen Traum von Rache endlich verwirklichen zu
können.
"Wir haben uns doch geeinigt, dass wir so wirklich
wie nur möglich unser Programm gestalten.
Dynamik wenn dir das was sagt!"
"Ja und was soll das nun bedeuten?" fragte Sven
unsicher.
"Das es zu Verquickungen und Realitätsbezügen
zur Wirklichkeit kommen kann, die dann den

- 162 -
normalen Ablauf stört."
"Erkläre es für Arschlöcher, dann verstehe ich es
vielleicht!"
"Der Zufallsgenerator nimmt aus einigen der
Lexika Daten, Personen oder Geschehnisse, die ich
als Grundlagenverknüpfung miteingebunden habe
und strikt daraus mögliche Verbindungen.
Abhängig natürlich von den ursprünglichen
Einstellungen am Programm."

"Mann, hören sie mit dem Scheiß auf. Wenn sie


jetzt alle Grade von irgendwelchen Geheimlogen
aufzählen wollen die ich innehabe, stehen wir
noch morgen hier. Kommen sie zur Sache Mann,
was wollen sie? Meine Erfahrungen bei
Satansritualen, meine Unterschrift auf irgendeins
meiner Bücher, Details über meine sexuellen
Ausschweifungen oder das Geheimnis des 38.
Grades der Freimaurer oder einer anderen
beschissenen Loge? Alles nur gegen Barzahlung,
keine Schecks - verstanden?"
"Nein, sie verstehen mich nicht!" stammelte der

- 163 -
andere.
"Ach, sie sind vom CIA. Hätte ich mir gleich
denken können. Steife Umgangsformen,
bürokratisches Gehabe und der Geruch nach
angebeteter Hierarchie. Tut mir leid, mit der
Regierung arbeite ich grundsätzlich nicht
zusammen oder nur gegen Vorkasse."
"Äh, wie meinen sie?" der stocksteife Mann war
sichtlich verwirrt, was seine Hand allerdings nicht
daran hinderte ihr Eigenleben weiterhin zu führen,
die komplexesten und der Anatomie ad absurdum
führende Handbewegungen zu vollführen.
"Haben sie ihr Tonband laufen? Gut dann passen
sie jetzt mal gut auf. Regierungsgeschäfte sind
schon immer von den ignorantesten und
niederträchtigsten Individuen der Menschheit
monopolisiert worden. Ich drücke es noch
drastischer und gröber aus! Regierungen sind
Zusammenschlüsse von Männern, die Sarkasmus
zur Tugend erhoben haben. Das Recht auf
absolute und unverantwortliche Herrschaft ist das
Recht des Eigentümers auf das Eigentum, und das

- 164 -
Recht auf Eigentum ist das Recht auf absolute und
unverantwortliche Herrschaft. Aber diese Männer,
die absolute und unverantwortliche Herrschaft
über uns beanspruchen und ausüben, wagen es
nicht uns offen zu sagen, dass sie uns nur als
Eigentum betrachten und somit handeln sie nicht
in unserem, sondern nur in ihrem eigenen Sinne
und dies unverantwortlich und der Demokratie
entgegen. Sie dürfen mich gern zitieren sollten sie
sich das gemerkt haben können oder jemals den
Sinn darin erkennen."
"Schnauze halten!" schrie der Mann plötzlich mit
einer Intensität, die man ihm erstens niemals
zugetraut hätte und zweitens in einer Sprache, die
auf der Erde wahrscheinlich nur wenige hundert
Menschen verstehen konnten. "Ich bin der
Großmeister der PRIEURÉ DE SION und möchte
sie nur sprechen. Ich will keine Dinge von ihnen
erfahren oder Statements hören. Seien sie endlich
einfach mal nur ruhig und hören sie mir zu!"
Alister Crowley war sichtlich erstaunt und war
tatsächlich ruhig. Die Prieuré de Sion gehört zu

- 165 -
den geheimnisvollsten der Geheimgesellschaften
und darf allen Ernstes verdächtigt werden, eine
ernsthafte Verschwörung zu sein - gleichzeitig
aber nichts weiter als ein raffinierter Scherz
besonders witziger französischer Aristokraten.

"Und was machen wir jetzt?"


"Wir machen nichts und teilen per E-Mail mit, dass
wir leider zurzeit keine freien Termine zur
schändlichen Köpfung frei haben und schlagen vor
uns bei gegebener Zeit zu melden!" Benn schwang
sich aus dem Bett auf und tippte eine E-Mail an
die Loge.

"Ich bin wie gesagt der Großmeister der Loge


Prieuré de Sion und die gehört zu den
geheimnisvollsten der Geheimgesellschaften und
darf allen Ernstes verdächtigt werden, eine
ernsthafte Verschwörung zu sein - gleichzeitig
aber nichts weiter als ein raffinierter Scherz
besonders witziger französischer Aristokraten."
"Tut mir leid, aber das habe ich gerade selbst

- 166 -
gedacht, erzählen sie mir etwas was ich noch
nicht weiß."
Der Großmeister wollte gerade weiterreden, kam
aber derart sichtlich aus dem Takt das er sogar
vergaß, die komplexen Handbewegungen
auszuführen, was ein schwerwiegender Verstoß
für einen Großmeister einer derart
geheimnisvollen Loge war.
"Nun was ist, ich warte oder müssen sie jetzt erst
einmal ihre Hand abhacken weil sie vergessen
haben die geheimen Handzeichen fortzuführen die
bereits die Großmeister der alten Azteken als
überflüssig erkannt haben?" Crowley genoss
sichtlich die steigende Verwirrung des
Großmeisters. Schließlich betrachtete er jede
Unterhaltung als einen Kampf den er unter allen
Umständen gewinnen wollte.
"Sie sind der neue Großmeister der Loge Prieuré
de Sion!" brach es endlich aus dem Mann heraus.
"Da irren sie sich aber gewaltig!" stieß Crowley
hervor und musste sich sein Lachen verkneifen.
"Mit dem Mist habe ich nun wirklich nichts zu tun.

- 167 -
Suchen sie sich einen anderen Deppen der sich für
sie die Hände verrenkt."
"Ihre Initialen ergeben nach der geheimen
Nummerologie der Loge Prieuré de Sion die Zahl
666, somit sind sie der Antichrist auf den wir seit
Anbeginn der Zeit erwarten und ich rufe den
großen Satan an um...."
"Rufen sie wen sie wollen, Alister Crowley ist nur
ein Künstlername, in Wirklichkeit heiße ich Fritz
Schneidermaier und wenn sie schnell und richtig
rechnen können, ergibt das die 30 und somit der
Name, hm?"
"Blaubeertörtchen!"
"Genau, Blaubeertörtchen. Sie sind ja nun mal ein
Kluger Großmeister der Loge Prieuré de Sion. Das
bin ich nicht immer so gewöhnt. Bisher waren alle
Großmeister hirnlose Deppen und noch nicht
einmal als degeneriertes Haustier zu gebrauchen.
"Aber sie haben doch bereits alles Grade der
geheimen Logen erreicht und nur jemand der
wirklich im dem Gott Satan im Bunde ist kann dies
erreichen." Der Großmeister gab einfach nicht auf.

- 168 -
So konnte der designierte Großmeister der
geheimsten aller geheimen Logen doch nicht mit
dem noch amtierenden Großmeister der
geheimsten aller geheimen Logen umgehen.
Nervös und mit zunehmender Geschwindigkeit
formte der Großmeister die Handzeichen der
geheimen gehörnten Ziege und anschließend die
geheime Tür der Unwissenheit. Jahrelanges
intensives Training und ein eigener
Physiotherapeut waren zur Beherrschung dieser
Zeichen nötig gewesen. So einfach durfte er
diesen so genannten Antichrist nicht entkommen
lassen, denn offen gesagt hatte er inzwischen die
Nase gestrichen voll von dieser Geheimloge. Am
Anfang machte es ja auch noch Spaß, so mit dem
ganzen Satansritualen und den nackten
Jungfrauen auf dem Opferstein. So manche
geopferte Jungfrau war inzwischen mit dem einen
oder anderen Logenbruder verheiratet und
brachten viele kleine Satanisten zur Welt. Alles
hätte so schön sein können, wenn er nicht mit
diesen blöden Namen auf die Welt gekommen

- 169 -
wäre. Adolfiere de Hitleè. Dieser Name war an
sich schon schlimm genug, aber nach
Wiederentdeckung der geheimen aller geheimen
Logennummerologien kam er mit dem Zahlenwert
nahe an 666 heran und musste somit Großmeister
werden. Und jetzt hatte er den Dreck.
Großmeister, pah!
"Ich habe einfach geraten. Alle Geheimlogen
haben den Nachteil, dass deren eigenen Rituale so
geheim sind das sich keiner der Mitglieder sicher
sein kann, ein X-beliebiges Ritual nicht in seinen
Statuten zu haben. Also denke ich mir fix eines
aus und wenn es nur abgefahren genug ist, was
mit Schnaps und Weibern zu tun hat wird es von
der Menge begeistert aufgenommen und ich habe
den nächsten Grad. Schlau, nicht wahr?" Crowley
grinste wie ein Honigkuchenpferd mit zusätzlich
Zuckerguss. Innerlich gab er sich 5 Punkte, womit
es, wie üblich, 5:0 stand.
"Aber im Band 13 ihrer Enzyklopädie erklären sie
doch ausführlich, wie man den achtunddreißigsten
und somit höchsten Grad meiner Loge erhält.

- 170 -
Selbst ich durfte bei meiner Einführung nur einmal
kurz einen Blick auf den Ritus von Ask-Ganz
werfen." Der Großmeister begann langsam seine
vorher jahrelangen und mühsam eingeübten
Lobpreisungen auf den neuen Großmeister und
designierten Satan zu vergessen. Sollte dieser
kleine, bleiche und unscheinbare Mann wirklich
das sein, was seine Loge seit Anbeginn der Zeit
erwartete? Überhaupt was sollte das eigentlich mit
Anbeginn der Zeit? Schließlich gab es die Loge ja
erst sein ein paar Jahrzehnten und dann sollte
man bereits seit Anbeginn der Zeit warten.
Zweifel, die er bereits früher gehegt hatte,
glimmten wieder auf.
"Ach den Mist. Da haben sie mich jetzt aber
wirklich auf den so genannten Huf erwischt!"
spottete der Antichrist und setzte eine wirklich
verzweifelte Mine auf.
"Dann geben sie also zu, dass sie der Antichrist
sind?" fragte der Großmeister hoffnungsvoll.
"Äh, nein. Aber wenn sie vielleicht mal eine dieser
Tütensuppen probiert haben, wird ihnen vielleicht

- 171 -
aufgefallen sein, dass auf der Rückseite nicht nur
die ganzen chemischen Zutaten aufgeführt sind,
die jeden Chemiker mit Freude erfüllt, sondern
auch noch verschiedene Rezepte."
"Äh ja, aber was hat das mit dem Ritus von Ash-
Ganz zu tun?" fragte der Großmeister verwirrt.
"Der Ritus von Ash-Ganz besteht zu sehr großen
Teilen aus der Zubereitung einer Thai-Gans mit
Chilli-Grünkernsoße. Haben sie sich etwa nie
gefragt, warum die Jungfrau auf dem Opferstein
bei diesem Ritual weiße Papiergamaschen tragen
muss?"
"Ich dachte wegen der symbolischen Reinheit!"
stieß der Großmeister kurzatmig aus. Er hatte sich
dieses Ritual immer als den Höhepunkt seiner
Laufbahn vorgestellt und die ein oder andere
Nacht besonders von den weißen
Papiergamaschen geträumt. Heimlich hatte er sich
selbst welche gebastelt, aber immer in seinem
Schreibtisch versteckt und dann, wenn alle
gegangen waren und sein Büro still und dunkel
war herausgeholt und sich die tollsten Dinge

- 172 -
ausgemalt. Doch jetzt musste er erkennen, dass
die Wahrheit genau das tat, was er immer den
anderen Logenbrüder gepredigt hatte. Die
Wahrheit tat weh.

From:
info.Alister.Crowley@PRIEURE_DE_SION.org
To: service@terrasim.com
Sehr geehrte Verdammte, wie wir mit Bedauern
von ihnen mitgeteilt bekommen haben, sind bei
ihnen bis auf weiteres keine Termine zur
schändlichen Köpfung frei.
Ihre Bereitschaft uns in absehbarer Zeit einen
Termin zu übermitteln wurde ihr Vorgang dankend
zu den Akten genommen.
Somit verbleibt mir nur noch eine satanische
Verfluchung in Form einer PDF-Datei als Anhang
beizufügen und verbleibe als ihr
Großmeister Crowley der VI.

P.S.: Bitte entnehmen sie der Anlage nach dem


Download den Link zur Homepage der Firma

- 173 -
Acrobat und Voten sie dort für uns.

Benn las vergnügt die E-Mail. Hiermit zeigte es


sich mal wieder, dass bei jeder großen
Organisation, egal ob Behörde oder
Satanistenverein, die Verwaltung und Bürokratie
gleich arbeitet. Wird man mit einem negativen
Bescheid belästigt, schreibt man einfach zurück
und schon ist die Dringlichkeit vorbei. Satanisten
oder andere, marginale Standpunkte vertretende
Vereinigungen sind eine Rasse die im liebsten als
Selbstmordbrigade auftritt und dabei einen
kollektiven Intelligenzquotienten eines
altersschwachen Suppenhuhns hat und so etwas
wollte ihm, den großen Benn Angst einjagen? Er
kicherte leise und begann, von schändlicher
Schadenfreude getrieben auf seine Tastatur
einzuhämmern. Die Tastatur glühte von Innen
heraus, ursprünglich um auch im Dunkeln tippen
zu können. Benn benötigte keinen Blickkontakt
mehr zur Tastatur, sie war inzwischen zu einer
perfekten Symbiose mit seinen Händen

- 174 -
eingegangen, dass glimmen tauche ihn aber in ein
unheimliches, blaues Licht und zeichnete auf
seinem Gesicht Schatten, die sein sonst eher
kindliches Gesicht zu einer teuflischen Maske
verzehrten. Das mochte Benn.

"Ich bin ALEISTER CROWLEY, der bekanntester


Magier der letzten hundert Jahre und ich habe
vor, später ins schwarzmagische abzurutschen.
Ich werde der Gründer der Thelema-Kirche und
habe den 33. Grad des schottischen Ritus
Freimaurer. Was soll ich da noch mit ihrem blöden
Loge Prieuré de Sion Mist?" Aleister hatte sich
wirklich in Rage geredet. Dieser Großmeister
wollte wohl nicht kapieren, dass er kein Interesse
an irgendwelchen weiteren Logensitzen hatte.
"Vielleicht überzeugt sie ja unser Firmenhandout?"
fragte der Großmeister süffisant. Aleister
schnappte sich das Ding widerwillig und begann
die Seiten missmutig zu überfliegen.
Sind sie ein normaler oder
durchschnittlicher Mensch?" prangte da in

- 175 -
großen fliederfarbenen Buchstaben von der recht
aufwendig gestalteten Broschüre.
Sie können an den folgenden Merkmalen
erkennen ob sie dazugehören:
Glauben sie alles, was ihnen von denen, die
in der Hackordnung über ihnen stehen,
erzählt wird?
Sie gehorchen Befehlen?
Sie zahlen ihre Steuern?
Sie töten, wenn sie beim Militär sind, jeden,
sobald es ihnen nur befohlen wird?
Sie genießen tatsächlich das meiste, was im
Fernsehen kommt?
Sie haben nie einen eigenen oder
rebellischen Gedanken?
Dann tun sie mir jetzt schon leid!

Der Text war nicht gerade eingängig und bis auf


die fliederfarbenen Buchstaben nicht wirklich
neues oder anderweitig interessantes enthalten.
"Wenn sie glauben nur durch die fliederfarbigen
Texte die Massen in ihren Bann zu schlagen,

- 176 -
schlage ich vor ihre Taktik zu ändern", murmelte
Aleister vor sich hin, las aber dennoch weiter.
Irgendetwas in den fliederfarbenen Buchstaben
wies darauf hin, dass noch etwas Unglaubliches
geschehen musste.

Sie haben sich als normaler oder


gewöhnlicher Mensch wieder erkannt?
Dann stellen wir, von der Loge Prieuré de
Sion ihnen die anderen vor.
Nennen wir sie einfach die SIE!
Sie sind die Leute, mit denen man es am
meisten zu tun hat, besonders in Beruf und
in der Regierung, verwechseln sie mit
Sexist, gottähnliche Wesen von
übermenschlicher Intelligenz und mit der
Church of the Sub-Genius verbündet. Nach
J.R. »Bob« Dobbs, dem kurzfristigen
zwischen- zeitlichen Erlöser dieser Gruppe,
werden die SIE am 5. Juli 1920 um 7 Uhr 30
morgens die Erde überfallen und die
Normalos mit Todesstrahlen auslöschen.

- 177 -
Jene aber, die zehn Prozent ihres
Einkommens der Loge Prieuré de Sion
zukommen lassen, werden verschont. Wir
setzen sie dafür auf die Liste derer, die am
Tag X nicht ausgelöscht werden sollen,
sondern auf den Planet der Unsterblichkeit
gebracht werden und dort von den
Freudenschiffen einer beliebigen
Liebesgöttin aufgenommen.

"Sie wissen schon, dass das Datum bereits


überschritten ist?" wies Aleister den Großmeister
auf den bereits verstrichenen Termin hin.
Dennoch war er von der einfachen Struktur der
Botschaft angenehm überrascht.
"Kommt auf die Zählweise darauf an", erwiderte
der Großmeister lächelnd und schonte inzwischen
seine Hand. Er hatte schon viele aufrechte und
eigentlich logische Menschen in die Loge gelockt,
aber Aleister war bisher derjenige, der es ihm am
leichtesten machte.
"Außerdem sind wir noch eine Geheimgesellschaft,

- 178 -
deren Ziel es ist, das Geheimnis um den
Familienstand Jesu zu wahren und zu schützen."
"Ich bin der Meinung, dass das die Aussicht auf
eine Menge Geld drin steckt!"
"Sie sagen es!"
"Dann bin ich dabei!"
"Herzlich willkommen Großmeister Aleister!"

Benn freute sich bereits auf die nächste


Begegnung mit Sven. Der Mafia-Profikiller war
inzwischen mindestens 6 Mahlzeiten her und somit
nur noch eine, dem Sodbrennen nachrangige,
Sorge. Sven hatte zwar mit einigem Nachdruck
darauf bestanden in Zukunft auf die Begleittexte
der Spiele die alleinige Verantwortung des
Inhaltes auf Benn abzuwälzen, aber dies machte
ihm eigentlich nicht wirklich etwas aus, schließlich
würde es in dieser Art kein weiteres Spiel mehr
geben. Benn machte sich bereit einen größeren
Simulator zu benutzen. Einen Simulator der mehr
Kapazität hatte alles alle anderen Computer zuvor.
Benn freute sich auf die Welt.

- 179 -
"Also Dobar, wie ist der Umlaufradius des Sirius
um die Sonne?" Der Stammesälteste war wie
immer um diese Jahreszeit dabei die Jungen des
Stammes zu prüfen. Bei Geometrie und
Geschichte hatten alle recht gut abgeschnitten,
aber bei Sternenkunde taten sich die ersten
Lücken auf.
"Ich weiß es nicht", sagte Dobar. "Und es
interessiert mich auch nicht!" fügte er trotzig
hinzu.
Der Stammesälteste fuhr erschrocken zusammen,
ebenso der gesamte Stamm, der, wie seit
tausenden von Jahren, traditionell an der Prüfung
teilnahm. Hier wurden tausende von
heranwachsenden Männern auf ihre Tauglichkeit
der Weitergabe des alten Wissens, der Werte und
deren Verträglichkeit alkoholischer Getränke
eingehend geprüft und in das Erwachsenenleben
entlassen. Anschließend wurde eine mehrtägige
Feier ausgerichtet, die erst dann zu Ende war,
wenn der letzte Erwachsene nicht mehr aufrecht

- 180 -
gehen konnte. Da die Männer des Stammes
Dogon inzwischen eine Menge vertrugen, dauerte
eine durchschnittliche Feier mehr als eine Woche.
Doch inzwischen war man noch nie so weit weg
von einer Feier wie noch nie.
"Was soll das heißen?" fragte der Stammesälteste
mit zitternder Stimme. Die Prophezeiung hatte das
Volk der Dogon seit Jahrtausenden auf eine
derartige, mögliche aber doch abstruse Situation
hingewiesen, doch jetzt traf sie den
Stammesältesten wie mit einer der alten,
inzwischen von den einzelnen anderen
Volksgruppen und der Dogon vertraglich
geächteten, Keulenwurfstreitaxt. Dennoch wurde
gerade diese Axt in den Arsenalen aller
Inselstaaten gehortet und Elitestammeskrieger
heimlich daran ausgebildet.
"Ich habe keine Lust den ganzen Kram
herzubeten, ich weiß ja noch nicht einmal was das
alles bedeuten soll!" Dobar machte eine
wegwerfende Geste. " Außerirdischen vom Sirius
die wie Fischmenschen aussahen und die meiste

- 181 -
Zeit im Wasser verbrachten. Wem wollt ihr
eigentlich diesen Mist vormachen. Oh ja, die
Dogons wussten, dass Sirius einen dunklen
Begleiter hat, nämlich Sirius B, der von
europäischen Astronomen vor dem 20.
Jahrhundert noch nicht einmal vermutet worden
war und erst 1970 zum ersten Mal fotografiert
wurde." Dobar kam langsam in Rage. Die Dogon
kennen außerdem die fünfzigjährige
Rotationsperiode von Sirius B und wussten auch,
dass es sich um einen der schwersten Sterne im
Universum handelt. Natürlich lange vor der
wissenschaftlichen Bestätigung! Alle starrten
Dobar an. Dobar war der erste vom Stamme
Dogons der auf eine weit entfernte Elite-Schule
zum Festland ging. Eines Tages erschien eine
Kommission auf der Insel und begann mit viel
Tamtam die Dorfjugend zu testen. Sie fragten
allerlei dumme Dinge, sagten sie kämen von der
Regierung und stocherten anschließend mit
seltsamen Dingen in der Dorfjugend herum. Die
Dogons ließen dies mit viel Gleichmut über sich

- 182 -
und ihre Jugend ergehen. Bereits in früheren
Zeiten, so berichteten die Alten, kamen Leute von
irgendwoher, fragten seltsame Dinge und
versuchten in der Jugend herum zu stochern,
nannten sich Spanier, Portugiesen, Holländer,
später auch neue Regierung und erklärten jetzt
würde alles besser werden. Da die Dogons
allerdings über keinerlei Reichtümer verfügten,
gingen die Eindringlinge alsbald wieder weg und
ließen sie in Ruhe. Der ein oder andere der
Mitglieder dieser Leute blieb allerdings zurück, da
diese versuchten gerade bei den jungen Damen
des Dorfes Dinge irgendwo hinein zu stecken. Da
bei den Dogons die Damen das Recht haben zu
entscheiden wie sie sich ihren Partner wählen und
außerdem immer ein ziemlich scharfes Messer mit
sich tragen, ist der ein oder andere dieser
Personen zu einem wesentlichen Bestandteil der
Landwirtschaft geworden, als Dünger. Trotz
mehrmaliger Regierungswechsel weiß noch immer
keiner der Dogons was es mit einer Regierung auf
sich hat.

- 183 -
"Wisst ihr eigentlich, wie man mich angeschaut
hat, als ich erst den Lehrern und dann den
Wissenschaftlern die Zusammensetzung des Sirius
und deren Monde erklärt habe, mit nicht mehr als
einem Lendenschurz bekleidet. Leute, ich hatte bis
dahin noch nie ein Buch in der Hand. Die dachten
ich wollte sie verarschen!"
"Aber das sind uralte Überlieferungen", stotterte
der Stammesälteste, seine feuchte Aussprache
bedeckte die zur Prüfung angetretenen jungen
Männer mit einem wahren Nieselregen.

From: Stammesaeltester@dogon.net
To: service@terrasim.com

Terrasim - wir, die wir vom Stamme der Dogon


hervorgegangen sind.
und die Traditionen des afrikanischen Stammes
namens Dogon bewahren, behaupten, uns immer
noch an die Sirianer zu erinnern. Spiel mit seinem
komischen Inhalt nicht die Traditionen des
afrikanischen Stammes Dogon, die wir sind, richtig

- 184 -
darstellen. Auch andere anthropologische Studien
von den französischen Wissenschaftler Griaule und
Dieterlen beweisen, dass die Dogons das Sirius-
System kennen, was nicht leicht für
Wissenschaftler andere zu erklären ist. Beweise
für ähnliches Wissen findet man in den Mythen
des alten Nahen Ostens.
Ihr jetzt glauben und Spiel ändern.
Stammesältester
P.S.: Quellcode ist sehr gut, aber besser wenn er
mit sysfiles-packer gepackt und mit Editor unnütze
Leerstellen gelöscht.

Benn schaute ungläubig auf die Mail des


Stammesältesten der Dogon. Er hatte von diesem
Wissen mal gehört und daher auch die Mythen
und sonstige Sagen mit aufgenommen, aber dies
war eigentlich nicht das, was er so verwunderlich
fand. Dieser Stammesälteste war bisher der
einzige, der erkannt hatte, das sich das Programm
noch weiter packen ließ. Benn hatte extra viele
Leerstellen frei gelassen, um dann bei seinem

- 185 -
geplanten Angriff diese in seinem Sinne zu nutzen.
Meist verglich Benn die Situation von Terrasim mit
den beiden Mäusen der Pinky und der Brain. Er
war der Brain und Sven der Pinky, nur sein Pinky
war leichter zu beeinflussen.

"Also Jungs", sagte Dobar. "Ich denke wir machen


hier Schluss und kümmern uns um andere,
wichtigere Dinge als wissenschaftliche Daten an
unsere Nachkommen weiter zu geben, zumal man
diese jetzt in jedem Buch oder im Internet
nachlesen kann. Meine Definition der alten
Überlieferung deutet die Fischmenschen vom
Sirius als Bestandteil einer kollektiven
Fischvergiftung unserer Vorfahren!" Dobar stand
auf, zog den Bastrock aus, unter dem er stolz die
Schuluniform der Elite-Schule trug und nahm sich
von der gedeckten Tafel eine Banane.
"Fischmenschen vom Sirius", murmelte er,
während er die Banane schälte. "Was für eine
heidnischer Unsinn!" Eigentlich wollte Dobar
gequirlte Scheiße sagen, doch das wäre in dieser

- 186 -
Situation nicht angebracht gewesen. Seine
Ausbildung beruhte auf der Überzeugung, dass
auch ein farbiger Mensch durch gewisse
Stimulationen in die Lage versetzt werden kann,
englischen Snobismus zu imitieren. Die Elite-
Schule wurde von der Regierung genutzt farbige
Herrenmenschen heran zu züchten, um eines
Tages alle Stämme der Umgebung kontrollieren zu
können. Eigentlich ergaben die damaligen Tests,
dass nicht Dobar der intelligenteste aus dem
Stamm der Dogon war, sondern ein Mädchen mit
Namen Sogon. Leider hatte die Dame neben
einem zu scharfes Outfit auch noch ein noch
schärferes Messer, was zwei der
Regierungsmitglieder zu ehemalige Mitglieder
machte. Dobar war leicht manipulierbar, schon
von Grund auf mit einer gehörigen Portion
Snobismus versehen und scheinbar machte es
seinen Eltern nichts aus, wenn er den Stamm
verließ.
Der Stammesälteste begann zu lächeln. Nun war
die alte Legende endlich wahr geworden. Ein

- 187 -
Zweifler, ausgestattet mit fremden Wissen wird
bei der Feier der Männlichkeit die Lehren der
Fischmenschen in Zweifel ziehen, seinen Fehler
einsehen und die Erneuerung des Wissens wird
über den Stamm der Dogon kommen.
Die nächsten Sekunden sollten, bis auf eine
Ausnahme, bis in die letzte Gehirnwindung der
anwesenden Dogon brennen. Dort, wo noch eben
Dobar stand, tauchte wie aus dem Nichts ein
Metallstab auf, der dem Landebein eines
interstellaren Raumschiffes verblüffend ähnelte,
wenn man mit so etwas vertraut war. Sehr zum
Leidwesen entpuppte sich das dazugehörige
Raumschiff als extrem schwer und erschien
gigantisch, überall zischte und qualmte es, kurz es
war wie in einem schlechten Zukunftsfilm. Mit
sanftmütiger Ruhe öffnete sich eine Tür am
Raumschiff und eine Gestalt erschien aus dem hell
erleuchteten Raum hinter der Tür.
"Äh, tschuldigung kommen wir zu spät. Leider
hatten wir kurz hinter dem Mars einen kleinen
Stau und der Stauwarner hat uns mal wieder nicht

- 188 -
gewarnt. Das Ding ist kaputt und die Werkstatt
weiß einfach nicht woran es liegt." Der
Außerirdische wurde sich plötzlich der Tatsache
bewusst, dass ihn alle anstarrten.
"Ich, äh, wir kommen vom Sirius, irgendetwas
drängte uns dazu eine uralte Prophezeiung zu
erfüllen! Keine Ahnung warum? Wissen sie
vielleicht warum wir hier sind?"
Der Stammesälteste tanzte wie verrückt umher
und plapperte so aufgeregt, dass nicht nur die
Jünglinge um ihn herum mit einem wahren
Sprühregen an Spucketröpfchen überzogen
wurden.
"Bringt ihr uns endlich den Frieden mit allen
Völkern dieser Erde, wie es die Prophezeiungen
seit alters her beschreiben?"
"Äh, nein. Eigentlich nicht, nicht dass ich mich
daran erinnern könnte!"
"Werdet ihr die ungläubigen Hunde daran hindern
ihre mächtigen Waffen gegen die Mutter Erde
einzusetzen und sie damit Schamui, dem
Herrscher des Bösen, preisgeben?"

- 189 -
"Nie gehört den Namen! Was für mächtige
Waffen?" fragte der Siriusianer verwirrt.
"Aber sicherlich werdet ihr uns doch mit in den
Himmel zu unseren Vorfahren nehmen?" der
Stammesälteste wirkte langsam wirklich verärgert,
zumal inzwischen die anderen Zuhörer, in der
Vergangenheit von dem jeweiligen
Stammesältesten immer als unumstößlich
geltende eigene und die des Amts als
Stammesältesten Verehrung, in Frage stellten.
Diese Verehrung wurde auch schon mal unter
Einsatz von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt
eingefordert und nicht einer der Anwesenden
hatte in der jüngsten Vergangenheit nicht
Bekanntschaft mit dem Rohrstock des
Stammesältesten gemacht.
"Äh, leider nein. Das Halten von niederen
Lebensformen an Bord ist uns leider verboten
worden, weil die immer die Leitungen anknabbern
und alles schmutzig machen." Der Siriusianer
merkte nicht nur zuletzt an der Mine des
Stammesältesten, dass er nicht die gewünschten

- 190 -
Aussagen getätigt hat.
"Aber wir haben für jeden von Euch ein hübsches
Plüschtier der letzten Olympiade auf dem Sirius
dabei!" Der Außerirdische versuchte verzweifelt
die Stimmung anzuheizen, ob hierbei allerdings
ein mit Schleim beschmiertes, seeigelähnliches
Kuscheltier als hilfreich erweisen würde war
allerdings mehr als fraglich. Zumal nicht
verschwiegen werden durfte, dass die Olympiade
und der damit verbundene Maskottchenverkauf für
die Veranstalter des Sirius ein totaler Reinfall war.
"Bringt ihr uns wenigstens den Frieden oder so?"
fragte der Stammesälteste zerknirscht.
Der Siriusianer zuckte mit den Schultern. Dann
schauten sie sich lange und schweigend an.
Mehrere Siriusianer taumelten aus dem Schiff,
schauten sich verwundert um, nahmen ein paar
komisch aussehende Gerätschaften und steckten
deren Sensoren, die sich in der Regel an langen
silbern blitzenden Stangen befanden in Boden,
Luft und Wasser und diskutierten dann recht
aufgeregt. Einer der anderen Siriusianer ging zum

- 191 -
Wortführer, deutete auf eine der Skalen seiner
seltsamen Apparatur, anschließend drehten sich
die Siriusianer um und wenig später zeugte von
der Landung eines Raumschiffes auf der Erde nur
noch ein feuchter Fleck auf dem Boden, der
ehemals der einzigen Einwohner der Insel war,
der die Insel für kurze Zeit verlassen hatte.

"Byrd!"
"Ja Sir!"
"Nehmen sie meinen Flugzeugträger, 4000
Soldaten und was sie sonst noch brauchen und
machen sie dem ganzen ein Ende."
"Ja, Sir!"
"Ja, Sir!" murmelte Admiral E. Byrd verbittert und
spuckte auf den Boden. Keiner hatte was davon
gesagt, dass er in die gottverdammte Eiswüste
geschickt werden würde. Pazifik prima, Atlantik
auch gut, Nordsee wenn es sein muss, aber in die
Antarktis und dann auch noch mit der Aufgabe
eine Invasion durchzuführen um das angebliche
Reich Agarthi zu finden. Langsam schüttelte er

- 192 -
den Kopf. "Funker!" schrie er in das Mikrofon.
"Ja, Sir?" beeilte sich der Funker zu antworten.
Seit der den seltsamen Funkspruch empfangen
und entschlüsselt hatte, wagte er sich keine 10
Zentimeter mehr von der Sprechtaste mehr weg.
In den vergangen drei Tagen hatte er den
Funkspruch bereits fünfundvierzigste mal neu
entschlüsselt und war fünfundvierzig mal zum
gleichen Ergebnis gekommen. Die Invasion der
Antarktis wurde vom Admiralsstab befohlen,
allerdings unter dem Deckmantel einer Expedition.
"Expedition!" murmelte der Admiral und spuckte
den Kaffee aus, der bitter schmeckte und aus der
Tasse gebissen werden musste. Der Admiral hatte
sich seine Lorberren auf den Schlachtfeldern der
sieben Weltmeere erworben und hoffte nach dem
Krieg endlich mal wieder nach Hause zu kommen
um endlich mal die Unterwäsche zu wechseln, wie
man in Marinekreisen so sagte. Er wollte sich
endlich seinen Lebenstraum erfüllen und eine
Beagelzucht aufmachen. Seit Jahren plante er jede
freie Minute an der Umsetzung seiner Idee und in

- 193 -
besonders langweiligen Nächten auf der Brücke
konnte er bereits die Hunde bellen hören. Byrd´s
Beagel so sollte seine Hundezucht heißen. Er hatte
acht Monate Zeit seine Expedition durchzuführen.
Das Reich Agahrti. Zufluchtsort der Nazis. Quatsch
mit Soße, die sind hin, Hitler ist tot und verbrannt
und die restlichen Schmeißfliegen kriegen einen
ungerechten und unfairen Prozess - das Diktat der
Sieger. Unwillkürlich fiel ihm ein Zitat ein. Das
einzige Wohl der Gefangenen ist kein Wohl zu
erhoffen, oder so ähnlich.
"Übersetzten sie die Nachricht noch einmal!"
schrie er in das Mikrofon. "Nur zur Sicherheit."
"Ja, Sir!" Der Funker begann nochmals die
empfangen Signale um zu setzten, als plötzlich die
vom Admiralsstab sehr einseitig verhängte
Funkstille unterbrochen wurde. Die Signale waren
seltsam und derjenige der sie übermittelte war
nicht geübt in englisch zu senden. Der Funker
schrieb eifrig mit und ein paar Minuten später pfiff
er durch die Zähne. Er stand zum ersten Mal seit
drei Tagen auf und verließ den Raum. Zuerst

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langsam und nachdem seine Beine wieder
durchblutet wurden, rannte er zu Brücke.
"Kapitän!" schrie er aus Leibeskräften und stürmte
zur Brücke herein, den Funkspruch weit von sich
gestreckt, so als könne er ihm etwas antun.
Der Admiral drehte sich zum Funker um und
betrachtete ihn verärgert.
"Wie heißt es?" fragte er den Funker, der
aufgeregt mit dem Funkspruch vor dem Admiral
herumfuchtelte.
"Äh, Admiral Kapitän?" fragte der Funker nach
einer kleinen Denkpause ängstlich. Der Admiral
legte großen Wert darauf mit Admiral und nicht
mit Kapitän angesprochen zu werden.
"Richtig Soldat. Was machen wir jetzt also?"
"Äh, ich gehe raus und komme neu rein und sage
zu ihnen Admiral?" Der Funker machte sich immer
kleiner und seine Stimme wurde immer leiser und
weinerlicher.
"Also raus hier!" schrie Byrd.
"Aber der Funkspruch hier?" Der Funker wedelte
vorsichtig mit dem Zettel vor dem Admiral hin und

- 195 -
her.
"Funker, sie gehen jetzt unverzüglich in ihre
Funkstation und melden sich dann über die
Rufanlage und bitten darum auf die Brücke
kommen zu dürfen!"
"Aber", unternahm der Funker noch einen letzten
Versuch.
"Weggetreten!" Der Funker salutierte und rannte
in seine Funkstation zurück. Dort angekommen
drückte der verzweifelt die Ruftaste für die
Brücke.
"Hier Admiral E. Byrd!" Der Admiral hörte gern
seinen Namen, besonders das E Punkt konnte er
hervorragend gekünstelt sagen, zumal so niemand
auf das E. zu sprechen kam. Schon seine
Kameraden aus der Kadettenakademie hatten ihn
immer mit dem Evelyn geärgert.
"Ein Funkspruch, Admiral!" keuchte der Funker.
"Dringend!" und nicht vom Admiralsstab.
"Kommen sie mit dem Funkspruch zur Brücke.
Admiral E. Byrd Ende." Der Admiral drehte sich zu
seiner Brückenbesatzung um, die sich durch

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mehrere Besonderheiten auszeichneten. Sie alle
waren handverlesenes Personal und
bedingungslose Schleimer und Ja-Sager.
"Sehen sie, so muss man mit dem Fußvolk
umgehen. Lassen sie eine Kleinigkeit durchgehen,
wollen sie morgen schon den Schlüssel zur
Offizierstoilette."
Der Funker durchbrach mit letzter Kraft die Tür
zur Brücke, knallte auf den Boden, nahm dort
Haltung an und meldete sich mit Gesicht auf dem
Boden.
"Funker Jeremias Winslow der III. Meldet sich mit
einer Nachricht einer unbekannten und wie sich
selbst bezeichnet feindlich gesinnten Armee und
fordert uns auf unverzüglich abzudrehen!"
Der Admiral wurde bleich, allerdings nicht vor
Schreck über die Nachricht, sondern dass einer
seiner Untergebenen scheinbar einen besseren
Stammbaum hatte als er selbst.
"So, so!" sagte der Admiral "Eine angebliche
feindlich gesinnte Armee die uns, die Vereinigten
Staaten von Amerika, in Vertretung meiner

- 197 -
Person, einem Flugzeugträger, einem Kriegsschiff
mit kompletter Versorgungseinheit und 4000
Soldaten zwei Jahre nach dem größten Krieg der
Weltgeschichte, aus der wir übrigens als Sieger
hervorgingen, nur falls das jemand der hier
anwesenden vergessen haben sollte, droht!"
"Ja, Sir! Ich war dabei als wir siegten, Sir!"
"Und was geschieht, wenn wir nicht abdrehen?
Wollen die vielleicht mit Schneebällen nach uns
werfen, oder ein paar Pinguine auf uns hetzen?"
Der Admiral gab seinen Offizieren an Deck den
Befehl zu lachen, welchem sie auch bedingungslos
nachkamen. Wer konnte beim Anblick der
hochrangigen Offiziere die auf der Brücke
versammelt waren nur jemals auf den Gedanken
kommen, dass blinder Gehorsam mit dem dritten
Reich endgültig der Geschichte angehörte.
Kurz darauf begann die Sirene zu heulen und die
Bereitschaftspiloten des Flugzeugträgers sprangen
aus ihren Betten und beeilten sich zu ihren
Maschinen zu kommen. Die meisten von ihnen
hatten im Pazifik ihren Dienst versehen und waren

- 198 -
daher kampferprobte Draufgänger. Ihnen stand
das stärkste flugzeugträgergestützte Flugzeug
ihrer Zeit zur Verfügung und außer ein paar
Frostbeulen und Post von zu Hause fürchteten sie
nichts und niemanden. An Deck angekommen
blieben sie aber abrupt stehen und starrten mit
offenen Mündern auf eine Art Flugscheibe, die
über dem Flugzeugträger zu schweben schien.
Eine Art Summen das von starken Elektromotoren
oder Spulen zu stammen schien fand ihren Weg
von den Trommelfellen direkt in ihren Bauch. Alle
Tätigkeiten an Bord des Flugzeugträgers kamen
zum erliegen, niemand rührte sich. Die
Flugscheibe hatte einen Durchmesser von einigen
Metern, war schneeweiß und hatte eindeutig, was
zur damaligen Zeit nicht mehr weit verbreitet war,
ein Hakenkreuz auf der Unter- und Oberseite
aufgemalt.
Der Admiral war der erste, der wieder zu Sinnen
kam, schaltete mit fahrigen und zittrigen Händen
die Sprechanlage ein und befahl den sofortigen
Abschuss der Scheibe, jedenfalls sollte es so

- 199 -
später im Logbuch des Schiffes stehen. Es hat auf
jeden Fall einen Vorteil, wenn man Kapitän bzw.
Admiral ist, man konnte seine eigene Rolle in
einem Heldenepos dieser Schlacht etwas besser
darstellen als sie unter Umständen vielleicht war.
Einer der Leichtmatrosen, der den Drang
verspürte nach fünfzehn Jahren Leichtmatrose
endlich den Dienstgrad Schwermatrose zu
erlangen, schlich sich zu einem der Deckgeschütze
und brachte sie vorsichtig und äußerst langsam in
Position, lud eine Streifen Spreng-Brand Munition
ein und schoss. Bevor die Geschosse die Scheibe
erreichten stieg diese unvermittelt auf und
verschwand innerhalb von Millisekunden in den
Wolken, um ebenso schnell wieder an ihren
Ausgangsort zurückzukehren. Leutnant Müller von
der Flugscheiben-Luftwaffen Sondereinheit liebte
diese Spielchen. Er war groß, blond, blauäugig
und seinem Führer treu ergeben, besonders des
Nachts wenn Eva ihm mal wieder nicht das geben
konnte was er wollte. Müller war nicht nur einer
der besten Flugscheibenpiloten, sondern konnte

- 200 -
einen Kaiserschmarrn zubereiten der nirgends in
der Kälte der Antarktis übertroffen wurde.
Vor über zwei Jahren waren sie in die Hohlwelt
von Agahrti gekommen, als die Nazis erkennen
mussten, dass das deutsche Volk im Moment ihren
Zwecken nicht mehr zu weiterem Nutzen war.
Insgesamt waren mehr als 20000 Personen in die
Hohlwelt gekommen und hatten dort ihren
Fabriken für Flugscheiben und andere überlegene
Technologien aufgebaut, die ihnen ihr Medium
detailliert beschreib.
Dieses Medium, eine kränkliche alte Frau mit
Vorlieben auf Musik, Katzen, Häkelkissen und
Inzest empfing diese Informationen aus dem
fernen Sirius System. Die hier übermittelten
Informationen teilte ihnen mit, dass das Volk der
Siriusaner Anteil nahm an ihrer Situation und
ihnen daher diese überlegene Technologie
schickte.
Die Situation an Bord des Flugzeugträgers begann
langsam zu eskalieren, da inzwischen alle
Deckgeschütze besetzt waren und alles wild um

- 201 -
sich herum schoss, was den Deckaufbauten und
den Flugzeugen letztendlich nicht wirklich gut
bekam. Trotz der Hektik war es mehren Piloten
gelungen ihre Maschinen, zumindest teilweise und
mit einigen Löchern, hervorgerufen durch
amerikanische Munition, in die Luft zu bringen und
begannen nun zusätzlich Tod und Verderben aus
ihren Maschinengewehren in Richtung der
Flugscheibe zu schicken. Leider befand sich die
Scheibe nie dort wo sich die Geschosse befanden.
Grundsätzlich ist es einem sich einmal unterwegs
befindlichem Geschoss völlig egal wohin es
unterwegs war und begnügte sich damit
irgendeinen Mensch oder zumindest Material des
eigenen Marineverbands zu treffen um nicht völlig
Sinnlos aufzuschlagen. Nach wenigen Minuten
hatten sich die eigenen Soldaten der ruhmreichen
Marines der Vereinigten Staaten von Amerika den
teuersten Schrottplatz auf den sieben Weltmeeren
geschaffen. Der Amiral brüllte wütend in sein
Außenmikrofon, allerdings setzte eine gut gezielte
Salve des vorderen Bordschützen den

- 202 -
Lautsprecher außer Betrieb. Fluchend machte sich
der Admiral auf den Weg zum Flugdeck.
"Sie sind der kommandierende Offizier?", fragte
der Admiral, als er auf dem Oberdeck
angekommen war.
"Ja, haben sie vielleicht etwas dagegen?" schrie
dieser barsch zurück, da er den Amiral nicht
erkannt hatte.
"Nun sagen wir mal so. Sie rennen auf die Brücke
eines sinkenden Schiffes und müssen feststellen,
dass der Kapitän Donald Duck ist."
"Donald Duck, wer ist das? Den Befehl hat hier
der Admiral. Ich weiß aber nicht wo der alte
Knacker steckt."
"Vergessen sie es einfach. Feuer einstellen ihr
Deppen!", schrie der Admiral, Maschinen volle
Fahrt zurück und weg von dem Wahnsinn!" Nichts
passierte, die Salven trafen mal hierhin mal
dorthin. Der Admiral schnappte sich entnervt
seinen Säbel und stürmte in aufrechter Haltung
auf das Oberdeck.
Leutnant Müller sah amüsiert auf den Admiral

- 203 -
hinab. Ein großer Yankee-Krieger, der sich nur
noch mit seinem Säbel in der Luft herumfuchteln
konnte, während seine Flugzeuge vernichtet
waren und die meisten Aufbauten seiner Schiffe
von den eigenen Leuten zerstört worden waren.
Bisher hatte der Leutnant noch keinen Schuss
abgefeuert, wofür auch, durch seine
Flugbewegungen konnte niemand die Flugscheibe
treffen. Sein Führer würde stolz auf ihn sein.
"Du kannst jetzt aufstehen, der Krieg ist vorbei!"
sagte der Deckoffizier einem jungen Soldaten der
sich hinter einem völlig zerfetzten Rettungsboot in
vermeintlicher Sicherheit gebracht hatte. "Und
jetzt alle Zusammen. Ein dreifaches Hoch auf
unser aufrichtiges Selbstmitleid."

From: info@nsa.gov
To: service@terrasim.com
Sehr geehrte Herren der Firma TerraSim,
Durch den Vertrieb des Spieles TerraSim werden
in der Kategorie Krieg, Option 20.tes Jahrhundert

- 204 -
und der Einstellung Verschwörungen die
Einzelheiten einer geheimen, militärischen
Operation im Detail aufgezeigt. Bereits seit
längerem beobachten wir von ihnen ausgehende
Aktionen mit Missfallen. Sorgen sie umgehend
dafür, dass diese Einstellung dahingehend
geändert wird, wie sie wirklich geschehen ist. Den
Programmcode dafür, wie es wirklich geschehen
ist, entnehmen sie bitte dem Datenträger der
ihnen in diesem Augenblick in den Briefkasten
gelegt wird. Diese Mail und all ihre Spuren
vernichten sich in fünf Sekunden.

Benn hörte in diesem Moment den Briefkasten


klappern und zuckte unwillkürlich zusammen. Das
Spiel wurde so langsam zu einer Zeitbombe.
Gewiss, das sollte es sowieso sein, aber dass so
viele Leute so empfindlich reagierten, damit hatte
er nicht gerechnet. Aber jetzt auch noch
irgendeine Regierung die mitmischte, das konnte
er sich im Moment, so kurz vor seinem Triumph,
wirklich nicht leisten. Er hechtete zur Tür, als

- 205 -
plötzlich Sven vor ihm stand, in beiden Händen
eine Bratwurst und abwechselnd hinein beißend.
Fett rann ihm über das immense Doppelkinn.
Benn kannte diesen Anblick. Sein Partner hatte
mal wieder einen Fressanfall.

"Admiral, Admiral! Hier bitte! Ein kurzes Statement


für CNN!" Die Reporter umschwärmten ihn wie die
Fliegen. Er war bisher immer ein Held gewesen,
ein stiller und leise vor sich hin lebender,
besonders seit seiner Heirat und dem Einzug
seiner Schwiegermutter in sein Haus einen Tag
nach Ende der Hochzeitsreise. Aber jetzt würde er
vor der ganzen Welt als ein Held dastehen.
Admiral Byrd, der Admiral, der gegen einen
technisch überlegenen Gegner bestehen konnte
und keine Verluste gescheut hatte um der Welt
diese Warnung zukommen zu lassen. Er hatte vor
aufrichtiger eigener Heldenverehrung Tränen in
den Augen. Zackig drehte er sich dem Reporter
zu.
"Dann stellen sie mal ihre Fragen, übrigens nur für

- 206 -
ihren Artikel es heißt korrekt Admiral E. Byrd. Byrd
wird mit Y geschrieben nicht mit i. Bitte notieren
sie das sehr sorgfältig. Wir wollen doch, dass ich
richtig zitiert werde!"
Der Reporter tat so, als interessiere er sich
wirklich dafür, kritzelte schnell etwas hin und
schaute den Admiral dann fest in die Augen.
"Admiral, was haben sie in den letzten acht
Monaten erlebt, die Schiffe derartige Zerstörungen
aufweisen und warum sind ihre Verluste bei den
Flugzeugen so hoch?"
"Es ist inzwischen eine bittere Wirklichkeit, dass
im Falle eines erneuten Krieges mit Angriffen von
Fliegern gerechnet werden muss, die von einem
Pol zum anderen fliegen können. Weiterhin kann
ich verkünden, dass es in der Antarktis eine
fortgeschrittene Zivilisation gibt, die mit der SS
zusammen ihre hervorragenden Technologien
benützten." Der Admiral war stolz auf seine beiden
Sätze. Immer und immer wieder hatte er sie auf
der Fahrt zurück in die Staaten geübt und fand,
nun da er sie vor Publikum und dem Reporter von

- 207 -
sich gegeben hatte noch besser als vorher. Mama
würde bestimmt stolz auf ihn sein.
"Äh", antwortete der Reporter verwirrt, da er zu
jener Sorte Reporter gehörte, die eine eigene
Meinung oder klar formulierte Sätze bei seiner
Klientel nicht wirklich erwartete. "Sie meinen die
Nazibosse sitzen in der Antarktis und frieren sich
den Arsch ab?"
"Nun, so habe ich es zwar nicht ausgedrückt, aber
irgendwie ist da was dran, so wie sie es formuliert
haben."
"Haben sie vielleicht irgendwelche blonden
Nymphen in den Flugscheiben gesehen von denen
ihre Männer immer reden, die sie oder ihre
Männer mit List oder vielleicht mit Strahlen
gefügig gemacht haben um dann irgendwelche
Fortpflanzungsrituale durchzuführen, um damit
den ultimativen Soldaten der Zukunft mit den
Genen der unbesiegbaren amerikanischen
Soldaten zu züchten?"
"Äh, was?" fragte der Admiral sichtlich verwirrt, da
das Gespräch nicht ganz so verlief wie er sich das

- 208 -
ursprünglich gedacht hatte.
"Was keine Spiele mit außerirdischen Frauen oder
vielleicht jemand der kosmische Macht hatte und
ihnen ein Harem und unendliche Macht für ihre
Mitarbeit geboten hat, wenn sie ihm verraten wie
man die Erde erobert?" Der Reporter seufzte.
Wieder so ein Anfänger, der die Rolle des Helden
spielen wollte. Mit so einem Mist konnte er keine
Zeitung an den Mann bringen. Sex und
Außerirdische oder noch besser Sex mit
Außerirdischen, das zog, das wollten Leser haben
und nicht irgendwelche Schauermärchen eines
alternden vor sich hinsabbernden Admirals der
seine Aufgabe eine Expedition in der Antarktis
durchzuführen ordentlich vergeigt hatte.
"Äh, nein! Niemand wollte Sex mit mir oder
meinen Männer und keiner wollte mir unendliche
Macht über die Erde geben, aber wie gesagt, der
nächste Krieg und die Flieger von Pol zu Pol." Der
Admiral erkannte, dass es so mit der Presse und
der gewünschten Heldenverehrung nichts wurde,
wenn er sich jetzt nichts einfallen ließ.

- 209 -
"Hey Harry!" schrie der Fotograf des Reporters.
Dahinten hat einer der Matrosen eine
Tätowierung, die bei Dunkelheit wie die Madonna
aussieht, nur dass die hier nackt ist. Das wäre
doch was für die Titelseite.
"Nein!" schrie der Admiral, als sich der Reporter
ohne Abschied aus dem Staub machte. "Ich",
stammelte der Admiral auf der Suche nach einer
der Sensationen, nach der der Reporter suchte.
"Ich hatte Sex mit Eva Braun in einer der
Flugscheiben in einer Höhe von 100000 Fuß und
ich konnte dabei Amerika von oben sehen, aus
dem Weltraum!" Der Reporter war weg und somit
auch sein Traum über Nacht ein Held zu werden.

Zitternd vor Ärger, nicht vor Angst nahm Benn das


Päckchen aus seinem Briefkasten. "Scheiße,
Scheiße, Scheiße!" murmelte er aufgeregt.
Eigentlich wollte er es sein, der die Befehle gibt
und nun hat ihn irgend so ein
Möchtegerngeheimdienst am Wickel. Wenn nicht
so viel auf dem Spiel stehen würde, dann hätte er

- 210 -
erst einmal ein wenig die Hauptrechner dieser
Staatsschnüffler durcheinander gebracht. Hierfür
hatte er beim letzten Mal beim CIA nicht lange
gebraucht. Nach nur zehn Minuten fraß ihm der
Hauptrechner der CIA bereits Bit für Bit aus der
Hand. Allerdings hatte Benn schnell den Spaß
daran verloren. All die viel gerühmten X-Akten
oder Area Fifty-one Akten enthielten nur Mist.
Clevere PR-Leute hatten seit Jahrzehnten dafür
gesorgt, dass die Arbeit der geheimen
Staatsdiener aufregender dargestellt wurde, als
sie eigentlich war. Behördliche Langeweile breitete
sich in den Archiven aus. Benn hatte bereits nach
nur wenigen Recherchen herausgefunden, dass
damals bei Rosewell wirklich nur ein Wetterballon
abgestürzt war. Da diese Geschichte allerdings seit
fast 60 Jahren für volle Kassen bei den Militärs
sorgte indem nur Rosewell geheimnisvoll genug
gemurmelt werden musste um das
Haushaltsbuget für die nächsten vier Jahre
genehmigt zu bekommen. Alle Ufo-Sichtungen der
letzten Jahre waren Prototypen der Luftwaffe von

- 211 -
denen die meisten über dieses Stadium nicht
herauskamen und die angeblichen Entführungen
Träume von alten Jungfern. Benn hatte daraufhin
es bei anderen Geheimdiensten versucht und auch
hier erkennen müssen, dass außer der normalen
haushaltärischen, politischen oder militärischen
Machterhaltungsschiene der verschiedenen
Regierungen nichts wirklich aufregendes in der
Welt passiert.
Benn drehte die CD in das Licht und musste
lächeln. Mal wieder die übliche
Selbstvernichtungsmechanik am äußeren Ring.
Das war nicht weiter schlimm, aber wenn man
nicht aufpasst, kann der Rechner dabei
draufgehen. Benn nahm einen Streifen Klebefilm,
brachte diesen Streifen vorsichtig über die kleinen,
länglichen Kapsel an die durch den Abtastlaser
aktiviert werden sollten, drückte ihn leicht an und
zog dann mit einem Ruck den Streifen Klebeband
ab. Leise zischend begann sich das Klebeband
durch die starke Hitze zu verformen um dann in
einer blauen Stichflamme zu verdampfen. "Soviel

- 212 -
zu Mr. Q., hätte er halt seine Manuelles nicht wild
um sich herum abspeichern sollen", murmelte
Benn vergnügt. Dann begann er die CD zu
untersuchen und nachdem er festgestellt hatte,
dass die darauf verbrachten Daten seinem
Vorhaben nicht schaden würde, startete er den
Upload. Später hackte er sich in den Computer der
CIA ein und sorgte dafür, dass seine Akte und alle
anderen Vermerke über ihn gelöscht wurden,
wichtig war nur, dass die damit befassten
Beamten ein Ergebnis sahen, die später fehlenden
Daten über ihn waren dann uninteressant.
Zufrieden legte er sich schlafen.

"Mann, Scheiße Martin!" rief der Kardinallegaten


Cajetan de Vio wütend aus. "Sind wir nun alte
Kumpel oder was?" Das Verhör dauerte jetzt
schon eine ganze Woche und Cajetan hatte seine
ganzen anderen Verpflichtungen für Luther
vernachlässigen müssen. Ärger stieg in ihm hoch.
Da war die Magd Veronika, die dringend seiner
Läuterung bedurfte. Sie sah aus wie ein Engel,

- 213 -
doch die roten Haare sprachen eine deutlich
andere Sprache. Cajetan schlug wütend mit der
Bibel auf den Tisch.
"Mach es mir doch nicht so schwer. Niemand
zweifelt an deiner Rechtschaffenheit und deinem
Glauben, also lass von deinen Absichten ab und
vergnüg dich ein wenig. Vielleicht eine kleine
Hexenfolter zur Ablenkung? Ich habe da gerade
eine süße rothaarige rein bekommen! Alles was du
willst aber gib deinen Plan endlich auf und werde
vernünftig!"
"Nein, ich habe es bei meinem Gott geschworen
und wie du weißt verfolge ich meine Schwüre bis
ich sie umsetzen kann.
"Ja, ich weis, du trats infolge eines bei einem
heftigen Gewitter abgelegten Gelübdes am 17. 7.
1505 in den Orden der Augustiner-Eremiten zu
Erfurt ein, 1507 wurdest du zum Priester geweiht,
1512 promoviert in Wittenberg zum Doktor der
Theologie, blah blah blah! Den Mist kenne ich jetzt
auswendig."
"Und, soll das alles umsonst gewesen sein?"

- 214 -
Martin Luther schüttelte den Kopf.
"Mann, du bis exkommuniziert, hast die päpstliche
Bulle öffentlich verbrannt - was soll da als
nächstes kommen? Willst du ein paar
Bauernaufstände organisieren oder so was? Und
im Übrigen, deine 95 Thesen sind einfach Scheiße.
Ohne den Ablass könntest du dir nicht einmal den
Friseur für deine Tonsur leisten. Also lass alles
beim Alten und krieche endlich zu Kreuze!"
"Du hast leicht reden, meinst du ich habe das alles
so gewollt? Da ist plötzlich eine solche
Eigendynamik rein gekommen die ich nie gewollt
habe", begann Luther plötzlich mit weinerischer
Stimme zu klagen. "Mir ist doch nur der Tezel bei
der Ablasseintreibung für die Peterskirche auf den
Sack gegangen. Das hätte man doch auch auf
subtilere Weise machen können."
"Was ist an dem Slogan – Zahlt, sonst Hölle -
verkehrt?" fragte Cajetan verwundert. "Er ist
eingängig, leicht zu merken, kann auf Tassen,
Anstecknadeln und Büßergewänder angebracht
und als Souvenir verkauft werden. Wir haben

- 215 -
reißenden Absatz und die Marketingabteilung hat
schon einen neuen eingängigen Text verfasst!"
"Was denn nun?" höhnte Luther mit Verzweifelung
in seiner Stimme. "Etwa - Wenn der Taler in der
Kasse klingt, die Seele im Himmel singt!" Luther
spuckte Cajetan vor die Füße.
"Hey, nicht schlecht der Spruch!" Cajetan drehte
sich zum Protokollanten um. "Hast du das
aufgeschrieben?"
"Ja!"
"Ja, was?" fragte Cajetan verärgert.
"Äh, ja Excellenze!" erwiderte der Protokollant
sofort. Catjetan war ein aufrichtiger Christ, wenn
ihm allerdings jemand nicht den Respekt
entgegenbrachte den er verdiente war er sehr
einfallsreich. Der letzte Protokollant könnte davon
ein Lied singen, wenn Catjetan ihm nicht die
Zunge eigenhändig herausgerissen hätte und das
nur deshalb weil er beständig an den Fingern
leckte um das Papier besser umdrehen zu können.
"Jetzt mal im Ernst Martin. Soll das etwa heißen,
du wolltest das nicht, den ganzen Quatsch mit den

- 216 -
Thesen, Predigten auf Deutsch und verzicht auf
die Ablasszahlungen?"
"Natürlich nicht. Tezel hat mir nur die Augen
geöffnet, dass wir eine bessere Strategie
benötigen. Hast du schon mal was von dem
Begriff des Grenznutzens gehört?"
"Grenznutzen, nein!" erwiderte Catjetan verwirrt.
"Dachte ich mir!" sagte Luther und schüttelte
betrübt den Kopf. "Weil ihr Außendienstler nur die
Seelenrettung im Kopf habt und wie ihr mit
möglichst großen Schmerzen die Seele aus dem
diabolischen Körper herausbekommt."
"Willst du mir jetzt schmeicheln, oder was?" fragte
Catjetan misstrauisch.
"Grenznutzen heißt, dass die erste Ablasszahlung
den größten Nutzen für den Sündigen bedeutet,
jede andere Zahlung anschließend wird nicht mehr
für wirklich Bedeutungsvoll angesehen. Das heißt
im Klartext, mit jeder Zahlung verlieren unsere
Kunden den Glauben an unser Produkt!" Luther
hatte sich in Rage geredet und wollte aufstehen
um noch weitere Ausführungen zum Produkt

- 217 -
Glaube von sich geben, allerdings wurde er hierbei
von einigen, extrem eng anliegenden Gurten um
Arme und Beine behindert.
"Und was ist nun mit deinen Thesen?"
"Wenn ihr euch mal die Mühe gemacht hättet, die
Thesen richtig zu lesen, hättet ihr zweifellos
festgestellt, dass die 95 Thesen einzig zum Zweck
einer Disputation mit Gelehrten in Wittenberg
dienen sollten. Mit dem Ziel das Produkt Glauben
wieder richtig zu vermarkten. Mann Catjetan, wir
haben eine unglaubliche, nicht wirklich fassbare
Ware zu vermarkten die noch nicht einmal real
produziert werden muss und das sollten wir nicht
als Marktschreier wie ein Herr Tezel machen,
sondern subtiler und genau auf den Markt
ausgerichtet!"
"Klingt ja alles recht schön und gut, aber meine
Aufgabe ist es nicht dich zu verstehen, sondern
einen Widerruf deiner Thesen zu erwirken. Ich bin
wirklich ein ausgesprochen humoriger Mensch,
wirklich! Ich foltere zwar, aber immer mit einem
lächeln auf den Lippen. Also, widerrufst du nun

- 218 -
oder wie?" Kardinallegat Cajetan de Vio wurde so
langsam ungeduldig. Luther schien Recht zu
haben, die Kirche verhielt sich immer komplexer.
Früher reichte es, eine ketzerische Bemerkung
und die Rübe war ab. Heute brauchte man schon
einen Widerruf oder sogar Beweise. Dabei waren
die Stellenbeschreibungen damals so abgefasst,
dass man wirklich pervers veranlagt sein musste
um zu mindestens in die nähere Auswahl zu
kommen. Die heutigen Absolventen der kirchlichen
Akademie gegen Ketzerei und säumige
Ablasszahler (FH) hatten Rechtsunterricht und
Benimmlehrgänge. Früher reichten ein kräftiger
rechter Schwinger, reichlich Fantasie was man mit
Nadeln anfangen konnte sowie keinerlei
menschliche Gefühle. Heute durfte man beim
Foltern noch nicht einmal lächeln, dabei war es
doch allgemein bekannt, dass Arbeit Freude
machen sollte. Inzwischen hatten die
Delinquenten sogar Rechte. Erst wenn man den
Vorwurf festgestellt hatte durfte man foltern,
früher reichte ein Verdacht und nach weniger als

- 219 -
zwei Stunden hatte man sowieso jedes Geständnis
das man brauchte.

From:
allezungensollenbekennendasgottunserherrist@we
b.de
To: service@terrasim.com
Feuer und das jüngste Gericht sollen über Euch
kommen, ihr die ihr den Glauben in den Schmutz
tretet und die christlichen Vorkämpfer der
lutheranischen Kirche als billigen, sexistischen und
machtbesessenen Greis darstellt. Luther hat alles
gegeben um die Kirche für die Sündigen zu öffnen
und hat dabei mehrmals göttlichen Beistand
erfahren. Aber nur um dem schnöden Mammon zu
huldigen, wird der Glaube den Hyänen zum Fraße
vorgeworfen und tausende von unschuldigen
Jugendlichen werden durch die teuflischen
Computerspiele ihrer Seele beraubt.
Trotz Eurer teuflischen Absicht, wird die Gemeinde
am nächsten Wochenende für Eure armen Seelen
beten, dass sie nur 1000 Jahre in der Hölle braten

- 220 -
möge und Eure Gebeine nicht in alle vier
Himmelsrichtungen zerstreut werden.
Pfarrer Himmelreich
P.S.: Pfui

Sven hatte jetzt die E-Mail bereits mehrmals


gelesen und nervös in seinen schwitzigen und von
Mayo und Ketschup verschmierte Fingern
geknetet, während er vor Benns Schreibtisch
stand und versuchte so etwas wie einen
Meinungsaustausch durch zu führen. Leider
programmierte Benn etwas und schien zusätzlich
nicht an dem Problem interessiert zu sein.
"Ändere das doch bitte!" hörte sich Sven jammern
und versuchte noch ein wenig mehr auf die
Tränendrüse zu drücken, da er wusste, dass Benn
gerade in Bezug auf Religion und Änderung seines
Programms die Flexibilität eines Granitbrockens an
den Tag zu legen pflegte.
"Klar, mache ich gleich mein Freund", antwortete
Benn vergnügt.
"Du weißt doch, dass auch Christen unter unseren

- 221 -
Käufern ....! Was hast du gerade gesagt?" Sven
klappte der Kiefer bis auf seine Doppelkinne
herunter, ein Vorgang der eigentlich der
Nahrungsaufnahme vorbehalten war.
"Ich sagte, dass ich mich gleich dran mache. War
bestimmt nur ein Versehen in der
Programmierung. Da hat sich wohl einer unserer
externen Programmierer vertan."
Wenn nicht die Aneinanderreihung seiner
Doppelkinne es wie ein Fleisch gewordener
Verteidigungswall nachdrücklich verhindert hätte,
wäre sein Unterkiefer bis auf Svens Brust geknallt.
Benn war nicht nur bereit sein Programm zu
ändern, Zugeständnisse an religiöse
Befindlichkeiten und nette Worte an die externen
Programmierer zu verlieren, sondern war dabei
auch noch vergnügt. "Egal was du genommen
hast, bleib dabei!" sagte Sven und verließ das Loft
um sich die ein oder andere Currywurst zu
gönnen, jetzt konnte er wirklich eine gebrauchen.
Aber nicht so ein verdammtes Ding wie vor ein
paar Tagen in Berlin, der angeblich geheimen

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Hauptstadt der Currywurst. Nicht nur, dass der
schmierige Typ hinter der Theke die Wurst von
Hand zerhackte, nein anschließend pappte er auch
noch normalen, er wiederholte es in seinen
Gedanken abermals angewidert, Ketchup auf das
arme Ding drauf. Zum ersten Mal in seinem Leben
drehte er sich wortlos um und verließ die
Imbissbude ohne dabei zu kauen.
Benn summte vor sich hin. Nur noch ein paar
Tage und er war an seinem Ziel. Warum sollte er
sich dann noch über so etwas wie Religion
aufregen. Mit ein paar Zeilen und einem kleinen
Upload war Luther wieder der aufrichtige Kämpfer
gegen den Filz Roms und steuerte schnurstracks
auf seinen Rauswurf aus der Kirche zu. Soll er
doch, dachte Benn. In exakt 7 Stunden und 3
Minuten gehörten ihm alle Rechneranlagen die für
die Steuerung der geostationären Satelliten der
Erde, egal ob amerikanisch, russisch, europäisch
oder chinesisch. Dann würde es noch ein paar
Tage dauern, bis die Menschheit langsam durch
die Mikrowellen der Funksysteme gegrillt worden

- 223 -
sind. Selbst wenn die so genannten
Computerexperten neue Wege finden sollten, ihre
Satellitensteuerung wieder unter Kontrolle zu
bringen, mit der Rechenleistung von ungefähr
200000 Einzelcomputer würde er jeden
Steuercode innerhalb kurzer Zeit knacken.

"Weißt du eigentlich", flüsterte Luther und beugte


sich vor. "Die Weiber werden richtig wild, wenn
man eine bekannte Persönlichkeit ist. Die reißen
dir die Kutte runter, werfen Unterhosen auf die
Kanzel und was dann so im Beichtstuhl abgeht, ich
kann dir sagen!"
"Was?" fragte der Kardinallegat verwirrt.
"Eigentlich wollte ich nur unser Produkt
zielgerichteter einsetzen, dann aber bekam die
ganze Sache eine solche Dynamik, dass ich es
nicht mehr aufhalten konnte. Plötzlich war ich ein
Superstar und nach einer Weile ist das einfach
klasse!"
"Soll das heißen, du genießt das Ganze?"
"Ja, und wie!"

- 224 -
"Und dafür nimmst du die Exkommunizierung
durch Papst Leo X. in Kauf und lässt die Reichacht
durch den Kaiser Karl über dich ergehen?"
"Ware es nur ab, Kurfürst Friedrich der Weise von
Sachsen, lässt mich bald zur Wartburg bringen
und dann setze ich mich an die Übersetzung des
Neuen Testaments. In ein paar Jahren wird es
überall im Land lutherische Gemeinden geben und
dann noch ein paar Jahre später bin ich ein
gemachter Mann. Wenn du willst", Luther beugte
sich, soweit es die Fesseln zuließen, nach vorn
und begann verschwörerisch zu flüstern. "Wenn
du willst, dann können wir 50/50 machen.
Jemanden wie dich kann ich später bestimmt gut
gebrauchen!"
Catajan war verwirrt. Es hieß Luther wäre
durcheinander und wüsste nicht mehr was er
mache. Jetzt aber saß jemand vor ihm, der nicht
nur klar bei Verstand war, sondern auch noch
gerissen.
Catajan begann in der Folterkammer auf und ab
zu gehen. Er wog das für und wieder einer neuen

- 225 -
Religion und seines Platzes darin mit seiner
jetzigen Situation ab. Er war am Ende seiner
beruflichen Karriere und in ein paar Jahren
mochten ihm Folter und Brandschatzungen nicht
mehr die Befriedigung verschaffen wie noch jetzt.
Die Aussicht ganz oben mit zu mischen und die
damit einhergehende Vergötterung lockten.
"Abgemacht!"

Benn lag auf seinem Bett und starrte an die


Decke. Lichtreflektionen von der nahe gelegenen
Straße erleuchteten hin und wieder sein Zimmer.
Bestimmt wird in den ersten paar Wochen der
Gestank nicht auszuhalten sein, aber seine
Räumkommandos werden sehr schnell die Sache
erledigt haben. In mehreren Lagerhallen in der
Nähe wuchs schon seit ein paar Monaten seine
neue Menschheit heran. Ein Vorteil, wenn man
über genügend Geld und technische Brillanz
verfügte war, dass alle machten was man wollte.
Eine Menschheit, die nicht als Triebfeder Sex
hatte, sondern Hingabe, Verständnis, technische

- 226 -
und menschliche Brillanz, überdurchschnittliche
Intelligenz und vor allem absoluten blinden
Gehorsam ihrem Schöpfer gegenüber. Zufrieden
drehte er sich um und versank in einen tiefen und
sehr erholsamen Schlaf. Er träumte wie Sven mit
einer Bratwurst im Mund, mit fettigen Fingern und
Fettflecken auf dem Hemd langsam gegrillt wurde.
Er kicherte, drehte sich um und schlief weiter.

Der Priester der letzten heiligen und unnahbaren


Wildschweine, der Ordensgründer hatte
versehentlich die ihm erschienenen Engel und
deren überbrachte Botschaft in seinen Schriften
zwar genauestens aufgeführt und beschrieben,
dabei allerdings nicht bedacht, dass er weder des
Lesens noch des Schreibens kundig war. So waren
nach dessen Heiligsprechung, die übrigens sehr
umstritten war, da er noch zu seinen Lebzeiten
heilig gesprochen wurde, seine Schriften plötzlich
auch für den ortsansässigen Klerus interessant. Es
wurde schnell noch eine touristenwirksame
Geschichte hineininterpretiert und dann dieser

- 227 -
Orden gegründet.
Laut den Offenbarungen 13,18 und rote Beete
sollte das Biest, welches in den letzten Tagen vor
der Apokalypse erscheinen, die Nummer 666
tragen. Aber alles was der jetzt noch letzte
lebende Priester des Ordens aber auf den Straßen
der Stadt an Apokalypse erkennen konnte, war ein
Pizzataxi mit der Telefonnummer 555 und kam
somit am nächsten an die Prophezeiung heran. Da
die Haushälterin gleich das Abendessen servieren
würde, rasselte er eine unmotivierte Beschwörung
gegen das Pizzataxi herunter und ging dann in die
Küche. Für die meisten Versuche, die Texte des
Ordensgründers im Sinne und zum Wohle des
Ordens zu interpretieren, verwendeten die
Ordensbrüder die Kabbala, das jüdische System,
nach dem jeder Buchstabe einen Zahlenwert hat.
Für jene der Ordensmitglieder, die sich gerne
einen Touch intellektueller gaben, hatten die
hebräischen Buchstaben glücklicherweise mehr als
nur einen numerischen Wert. Im Laufe der Zeit
wurde erkannt, dass viele verschiedene

- 228 -
Interpretationen möglich sind, und der Name
beinahe jeder umstrittenen Persönlichkeit der
letzten 2000 Jahre lief letztendlich nach dem einen
oder anderen System auf 666 hinaus. Nero,
Luther, Napoleon, Hitler und sogar dem
Mainzelmännchen Det wurde diese zweifelhafte
Ehre zuteil und in die Aufzeichnungen
hineininterpretiert. Vor mehreren Jahren hatte sich
ein sehr vorlauter Ordensbruder versehentlich
daran gemacht die Aufzeichnungen aus einem
anderen, leider richtigen Blickwinkel zu
interpretieren und fand nicht nur heraus, dass das
Biest in Form eines Computerfreaks erscheinen
wird, sondern das jeder Mensch, ob Christ oder
sonst etwas eine Art Energie besitzt die man Slack
nennt. Leider verliert der Mensch im Laufe der Zeit
sein Slack bis er kein Slack mehr hat. Weder durch
gute Lebensweise noch andere Dinge können den
Menschen davor retten seine Energie zu verlieren.
Aber der kluge und sich noch immer bei bester
Gesundheit erfreuende Ordensgründer hatte
natürlich in diese Interpretation seiner Visionen

- 229 -
endlich einen Weg aus der privaten Miesere
gefunden und versprach seinen Anhängern die
Rückgewinnung dieses Slack, indem die sie zehn
Prozent ihres Vermögens direkt an ihn spendeten.
Dem Orden kam natürlich nichts aus dem
einträglichen Geschäft mit dem Slack zugute und
während sich der Religionsgründer in einem
zweifelhaften Vergnügungstempel im Mallorca den
letzten Vorrat an privatem Slack an mehrere junge
Damen verlor, ging sein Orden vor die Hunde.
Inzwischen hatte der Priester die Küche erreicht
und fand das Abendessen auf dem Tisch. Es
bestand aus einer Dose Thunfisch und drei
Scheiben altes Brot. Mürrisch setzte er sich und
begann mit seinem bescheidenen Mahl. Zu den
besten Zeiten des Ordens zählte er mehr als 3000
Priester und ganz Luxemburg als seine Anhänger.
Doch durch die zu pompöse Lebensweise des
Ordensgründers, die Intervention Kissingers und
nicht zuletzt der verebbten Finanzmittel verlor der
Orden immer mehr an Attraktivität. So bleibt nicht
nur der Nachwuchs bei den Priestern aus, sondern

- 230 -
auch die Gläubigen fanden so langsam die Idee
nicht mehr so gut ihr Slack monatlich erneuern zu
müssen, zumal sie nichts von der Erneuerung
merkten. Da der Ordensgründer die kritischen
Stimmen nicht ernst nahm und es bei einer
Massenveranstaltung bei einer Forderung seiner
Gläubigen nach einem Wunder dabei bewenden
ließ einen Engel in den Schnee zu pinkeln, begann
der stetige Zerfall des Ordens.

"Hey Leute, habt ihr das hier schon gelesen?" Bill


von der Abteilung Thule-Spulen und Flugscheiben
hielt die Berliner Morgenpost hoch. Die Ingenieure
des Instituts ASFM, Amt für Sonderoperationen
fortschrittlicher Militärtechnik oder liebevoll von
den Ingenieuren auch Amt für angewandten
Schwachsinnideen die man dem Führer
weismachen kann es hätte einen militärischen
Nutzen blickten unwirsch von ihrem Frühstück auf.
Jedem im Raum ging Bill gehörig auf den Keks.
Eine stetig gutgelaunte Person, die immer pfeifend
über die Flure des Amts latschte und alle

- 231 -
anquatschte die nicht schnell genug in ihre Labors
verschwanden.
Das Amt hatte den Auftrag neue Technologien zu
entwickeln, die unbedingt als Wunderwaffen
einsetzbar sein sollten. Bisher hatte das Amt
allerdings nur Patente für einen Eierpickser und
eine wasserdichte Hose erhalten.
"Hier steht, Erfindung des Computers. Wie gestern
aus dem AFSM bekannt wurde, wurde die erste
elektrische Rechenmaschine von dem deutschen
Ingenieur Konrad Zuse entwickelt. Der erste
Computer hieß, laut seines Erfinders, Z1 und hat
die fantastische Fähigkeit alle vier
Grundrechenarten zu beherrschen." Bill krümmte
sich vor lachen.
"Die vier Grundrechenarten!" kreischte er und
wedelte mit der Zeitung herum. "Der Führer wird
begeistert sein!"
"Das bin ich auch!" schnarrte da plötzlich die
bekannte Stimme des Führers hinter Bill. "Was soll
diese Heiterkeit angesichts dieser schweren Zeiten
wo das deutsche Volk so dringend ihre

- 232 -
Erfindungen braucht? Sie sitzen hier herum,
trinken den letzten Bohnenkaffee und machen ihre
Kollegen schlecht!"
Bill stand steif da, Schweiß tropfte ihm plötzlich
aus allen Poren. Langsam drehte er sich um,
bereit ausgiebig und nach allen Registern der
Kunst zu Jammern, um Verzeihung zu heischen
oder andere Kollegen zu verpetzen.
Bleich blickte er in das hagere Gesicht von Zuse,
nicht sofort begreifend, dass der Führer nicht da
war.
"Was soll das Geschnatter hier", schnarrte die
Stimme des Führers wieder durch den Raum. Bill
begriff noch immer nicht, dass sich die Lippen von
Zuse bewegten, wenn der Führer sprach. Plötzlich
lachten alle Anwesenden, sprangen auf und
gratulierten Zuse für seine gelungene Verulkung
Bills.

From: info@zuse.org
To: service@terrasim.com
Sehr geehrte Damen und Herren der Firma

- 233 -
TerraSim,
mit Verwunderung haben wir vernommen, dass
sie das Andenken an den Erfinder, aus unserer
Sicht Begründers eines neuen Zeitalters, mit ihrem
Programm TerraSim in den Schmutz ziehen.
Vielleicht ist es ihnen nicht wirklich bewusst, was
ihr Spiel bei Kindern und Heranwachsenden
auslösen kann?
Der Pionier der Komputertechnik (nicht
Computertechnik wie alle Welt es immer falsch
schreibt), Konrad Zuse, hat aus unserer Sicht ein
würdigeres Andenken verdient, als sie ihm dies
gewähren. Nicht nur, dass sie die Erfindung direkt
der Unterstützung durch das dritte Reich anlasten,
nein, sie stellen Zuse zudem noch als kompletten
Idioten dar.

Nun war er, der letzte Priester des Ordens der


Wildschweine, angetreten gegen das Biest. Doch
wie sollte er diesem Computerfreak das
schmutzige Handwerk legen? Öl vermischt mit
billiger Tomatensoße lief dem Priester am Kinn

- 234 -
hinab, während er vor sich hinstarrte. Gewiss,
alles war nicht schlecht im Orden der
Wildschweine. Der Ordensgründer schrieb unter
anderen zwingen vor, dass die Haushälterinnen
nicht über 35 Jahre alt sein durften und über die
Maße 90-60-90 verfügen mussten. Auch die
rituellen Reinigungszeremonien, die mit unbedingt
der Haushälterin zusammen durchgeführt werden
mussten entsprachen den Hochglanzbroschüren
des Ordens. Diese Reinigungszeremonien waren
der Hauptgrund für den Priester gewesen, ein
Leben in der Hingabe und dem Gebet zu Gott zu
suchen. Außerdem war dies der einzige Orden, der
Ausschweifungen jeder Art, Völlerei und die
anderen ansonsten so verpönten Dinge
ausdrücklich vorschrieb und hierbei von seinen
Anhängern das äußerste abverlangte. Die
Oberhäupter der Kirchen sahen in den Priestern
der Wildschweine so etwas wie Agenten in der
vordersten Reihe, deren Aufklärungsarbeit für den
einzig wahren und richtigen Glauben wichtig und
unverzichtbar war. Natürlich verlangten die

- 235 -
Vorgesetzten nicht nur wöchentliche Berichte,
sondern statteten den Tempeln der Wildschweine
regelmäßige Besuche ab um sich persönlich von
der Arbeit an der vordersten Front zu informieren.
Doch derartige Aufklärungsarbeit war extrem
teuer und da der Gründer trotz der ein oder
anderen Vision mehr auf sich selbst fixiert war als
auf den Orden, flossen zuletzt die Geldmittel
immer knapper, bis sie vor ein paar Jahren
gänzlich versiegten. Die einzelnen Priester
mussten entweder zurück in die Armee der
normalen Kirchen oder aber wanderten in die
Industrie ab um dort Manager für den harten
Alltag im Management zu schulen.
"Pater Braun?" fragte Sissi, die Haushälterin und
schaute vorsichtig aus dem Wohnzimmer. Sissis
Anblick reichte aus um die Männerfantasien
ganzer Generationen mit Leben zu erfüllten. Doch
bereits frühzeitig hatte sie ihr Leben den höheren
Werten verschrieben, vor allem nachdem sie eines
dieser Hochglanzbroschüren gesehen hatte in der
der Leiter des Ordens deren Arbeit der breiten

- 236 -
Öffentlichkeit näher bringen wollte.
"Ja, Sissi!"
"Heute ist doch die wöchentliche
Reinigungszeremonie?" fragte sie schüchtern.
"Ja, mein Kind!"
"Danke", hauchte Sissi und verschwand singend
im Bad.
Pater Brown war somit der Letzte der
Wildschweine und verfügte inzwischen über mehr
als konkrete Hinweise auf das Ende der Welt,
vorerst gestattete er sich allerdings seine
Gedanken verstärkt auf das heilige Ritual zu
konzentrieren während im Hintergrund das
Rauschen des Badewassers zu hören war.

"Konrad, lieber Freund!" schwänzelte Bill plötzlich.


"Meinen Glückwunsch! Die vier Grundrechenarten,
wer hätte das gedacht!"
"Ja, und das alles nur mit ein paar tausend Röhren
und Schaltkreisen!" antwortete Zuse erfreut.
"Vielleicht kann Z1 in ein paar Jahren sogar die
Wurzel ziehen!"

- 237 -
"Sogar die Wurzel ziehen!" rief Bill laut aus und
verzog sein Gesicht zu ein paar komischen
Grimassen, hüpfte durch den Raum und machte
so, als würde er auf dem Boden nach Wurzeln
suchen und sie umständlich auszureißen. Dann
untersuche er sie um sie dann, wie ein Primat, in
den Mund zu stecken und darauf herum zu kauen.
Da wiedererwarten niemand lachte, sondern sich
plötzlich noch intensiver mit ihrem Frühstück
befassten, hüpfte Bill im Raum herum schrie wie
ein Affe.
"Darf ich fragen was das hier bedeuten soll?"
schnarrte abermals die Stimme des Führers durch
den Raum.
Ohne sich umzudrehen, äffte Bill die Stimme des
Führers nach. "Was das bedeutet, was das
bedeutet!" Er sprang von einem Tisch, drehte sich
abrupt um und spuckte dem Führer seine
imaginäre Wurzel ins Gesicht. Das Nächste an das
sich Bill erinnerte war eine Zigarette zwischen den
Lippen und ein Tuch vor seinen Augen. Eine
besonders intensives Erlebnis, vor allem weil es

- 238 -
sein letztes war. Während Zuse damit beschäftigt
war, dem Führer seinen Komputer zu erklären,
erfuhr Bill, dass der Führer keine Scherze auf
seine Kosten verstand.

Benn lachte und löschte die die E-Mail der Zuse-


Stiftung. Es war ihm egal, wer ihm die technischen
Möglichkeiten geschaffen hatte um an sein Ziel zu
kommen. Die Welt krankte an so vielen Dingen
und er war die Medizin für die Welt. Durch seine
Experimente war er inzwischen soweit, dass er
auch gezielt einzelne Menschengruppen
auslöschen konnte. Jemand mochte die
verdammten Weißen nicht - ein paar
Programmcodes verändert und schon gab es
keinen einzigen Weißen mehr. Doch Benn hatte
sich dazu entschlossen hier keine Kompromisse
ein zu gehen. Alle werden sterben, unabhängig
welche Rasse, Nationalität, Religion oder
Oberweite. Die neue Menschheit wird einfach
perfekt sein.
"Benn!" schrie Sven und hielt in beiden Händen

- 239 -
eine seiner berühmt berüchtigten Currywürste.
"Benn! Komm her, ich habe dir was zu essen
mitgebracht." Benn dachte wieder an den
bevorstehenden Tod von Sven und freute sich
darauf wie ein kleines Kind auf Weihnachten.

"Und ich sage ihnen, es ist unnatürlich und


unverschämt. Außerdem kann es nicht in unserem
Interesse sein, dass so ein dahergelaufener
Fremder unserem Volk Hirngespinste in den Kopf
setzt."
"Aber Chef, er ist ein Außerirdischer vom Planeten
Retikola und will uns den Weltfrieden bringen!"
"Nenn mich nicht Chef!", erwiderte der
Redeführer. Er stand mit dem Gesicht zur Wand
und starrte die schlichte Raufasertapete des
Regierungssitzes an. Er war schon immer in der
Partei, natürlich immer in der wichtigsten, wie
hätte man ihn sonst wählen können, aber so
langsam fragte er sich wirklich warum er diesen
Job haben wollte.
"Jawohl Herr Schröder!"

- 240 -
"Bundeskanzler Schröder wenn ich bitten darf!"
schrie der Bundeskanzler, wobei Speicheltropfen
auf die Tapete spritzten.
"Es kann kein Interesse einer regierenden Partei
sein, die Anwesenheit einer technologisch und
geistig überlegenen kosmischen Autorität
zuzugeben. Wer hörte dann schon noch auf mich,
wer auf unsere Nobelpreisträger und exzellenten
Experten, wenn plötzlich ein himmlischer kleiner
Kerl im Fernsehen von den Gesetzen und Regeln
auf Retikola und von der Geschichte des Kosmos
erzählt? Kein Schwein, und deshalb müssen UFO
auch in Zukunft auf der Bayern-Ebene
abgehandelt werden.
"Bayern-Ebene?"
"Abschalten wenn es zu vernünftig wird!"
"Aber angeblich kann er auch Krankheiten
abschaffen!" warf einer der Herren ein.
"Schlecht für die Krankenkassen!" erwiderte
Schröder müde.
"Dann sollten wir ihn wahrscheinlich bitten wieder
zurück zu reisen", sagte der Regierungssprecher

- 241 -
müde. Die Sitzung dauerte jetzt schon mehrere
Stunden und kein brauchbarer Konsens wurde
auch nur im Ansatz gefunden.
"Vielleicht sollten wir ihn an die Amerikaner
weitergeben, die sammeln doch Außerirdische auf
so einer komischen Luftwaffenbasis. Area 52 oder
so ähnlich", sagte ein pockennarbiger Anzugträger
müde.
"Keine schlechte Idee, wirklich keine schlechte
Idee!" der Kanzler blickte begeistert in die Runde.
"Wie heißen sie?" fragte er.
"Westerwelle, schon ihre ganze letzte
Legislaturperiode lang", antwortete er monoton.
Seit jeder Sitzung machte der Kanzler immer
wieder den gleichen Witz mit ihm. Eigentlich
machte er immer die gleichen Witze in jeder
geheimen Vollversammlung, aber niemand, der
noch einen Sitz in seiner Regierung haben
möchte, traute sich ihm das zu sagen.
"Glaubst du dass er darauf reinfällt?" fragte eine
dürre Blonde mit Pferdegebiss. Der Kanzler
erinnerte sich wage daran mit ihr verheiratet zu

- 242 -
sein und schaltete den Ehemann-Tonfall ein.
"Du bist doch auch auf den Typen reingefallen."
"Ja, aber ich bin ja auch naiv."
"Hey, sie!" sagte er zu einem der Herren in der
zweiten Reihe. "Machen sie mir unverzüglich eine
Verbindung mit dem Präsidenten der Amis, aber
pronto!"
Der Angesprochene wusste zwar nicht wie das
geht, verließ aber eilends den Saal, weil dies die
einzige Chance war, diesen Raum innerhalb der
nächsten paar Stunden zu verlassen. Er war
sicher, dass sich vor der Tür einer dieser
nützlichen Idioten herumlungerte der wusste wie
das geht. Neidisch schauten die anderen ihm
nach.

From: AnArChIjEtZt@hotmail.com
To: service@terrasim.com
Mann Leute, dass Spiel fetzt vielleicht. Eigentlich
stehen ich und meine Gruppe nicht wirklich auf so
einen Daddel-Scheiß, aber wenn man die Welt
aufbauen oder verändern kann habt ihr bei uns

- 243 -
echt ins Schwarze getroffen.
Besonders geil finde ich die Schröder-Parodie. Ihr
habt genau erkannt, dass die Deppen da oben
doch alle miteinander arbeiten. Es gibt nur einen
Weg - WEG MIT DEM DRECK.
Die nächste Bombe werden wir euch widmen.
ANARCHIE JETZT

"Ich glaube die Außerirdischen sind subversiv und


radikal und stoßen alles, was zweitausend Jahre
Wissenschaft und Evolutionsforschung an Fakten
erbracht haben, über den Haufen!" ereiferte sich
ein anderer, der bisher nichts von sich gegeben
hatte und nun, da sich eine Lösung abzeichnete,
mutig vorpreschte.
"Mann Schily, krieg dich wieder ein. Wenn du
willst kannst du sie ja persönlich nach Amerika
bringen!"
Das Telefon klingelte und alle Anwesenden im
Sitzungssaal verstummten augenblicklich.
"Telefonhotline des Weißen Hauses, mein Name
ist Victoria Smith. Was kann ich für sie tun?"

- 244 -
meldete sich eine monotone, doch zugleich
genervt klingende Stimme über den
eingeschalteten Lautsprecher, der geschaltet war
damit alle im Raum mithören konnten.
"Hier ist der Bundeskanzler von Deutschland,
Gerhard Schröder, ich möchte bitte mit Herrn
Bush sprechen."
"Wenn sie Amerikaner sind, drücken sie bitte die
Taste eins und bestätigen sie mit der Rautetaste.
Wenn sie Engländer oder ein anderer aktueller
Verbündeter sind drücken sie bitte die Taste zwei
und bestätigen sie mit der Rautetaste. Wenn sie
zu einem anderen demokratischen Land gehören
und kein aktueller Verbündeter sind, drücken sie
bitte die Taste drei und bestätigen sie mit der
Rautetaste. Wenn sie keinem demokratischen
Staat angehören aber aktueller Verbündeter sind
oder waren, drücken sie bitte die Taste vier und
bestätigen sie mit der Rautetaste. Wenn sie
gottloser Terrorist aus dem arabischen Raum sind,
geben sie bitte ihre Koordinaten mit der Tastatur
ein und bestätigen sie mit der Rautetaste, die

- 245 -
Navy wird dann innerhalb der nächsten Minuten
mit ihnen Kontakt aufnehmen. Um peinliche
Verwechselungen wie mit der chinesischen
Botschaft zu vermeiden beachten sie bitte, erst die
nördlichen und dann die südlichen Koordinaten
einzugeben. Wenn sie zu keiner oder eben
angeführten Kategorien gehören, aber dennoch
glauben einen aufrechten Amerikaner wie unseren
Präsidenten von seinem Tagwerk abzuhalten zu
müssen, der Tag und Nacht arbeitet um die Welt
zu einem bessern und schönern Ort zu machen
und mit einem Servicemitarbeiter verbunden
werden wollen, drücken sie bitte die Taste fünf
und bestätigen sie bitte mit der Rautetaste."
"Warum haben wir nicht so was?" fragte der
Bundeskanzler neidisch. "Jeder Hinz und Kunz
kann mich direkt erreichen. Ich will auch so was!"
"Stell dir mal vor, du wirst von einem LKW
überfahren", begann Außenminister plötzlich. "Tut
es dir weniger weh, wenn du weißt dass der
Fahrer einer Katze ausgewichen ist?"
"Was ist denn das für ein Beispiel und in welchem

- 246 -
Zusammenhang faselst du hier rum?"
"Eine Metapher", antwortete der Außenminister
und grinste dämlich vor sich hin. Heimlich klappte
er ein Buch mit dem Titel Phrasen und Metaphern
für alle Gelegenheiten unter dem Tisch zu.
"Na gut, einen winzigen Schluck, aber das Beispiel
habe ich noch immer nicht verstanden",
antwortete der Kanzler.
"Drücken sie jetzt endlich die fünf!" schnaufte
Westerwelle müde und hob seinen Kopf leicht an.
Er war schon vor Stunden fast eingeschlafen und
wollte eigentlich nur noch in sein Bett.
"Ich drücke wann ich will!" gab der Bundeskanzler
beleidigt zurück. "Und von Frau Westerwelle
nehme ich keine Befehle entgegen - Ätsch!"
"Drück endlich, kein Wunder dass es mit
Deutschland derart bergab geht, wenn so ein
windiger Anwalt Bundeskanzler wird. Ich von der
CSU hätte schon längst die fünf gedrückt!"
"Das glauben aber auch nur sie, Herr Stoiber!"
"Bitte treffen sie ihre Wahl, ansonsten wird die
Verbindung innerhalb der nächsten 20 Sekunden

- 247 -
unterbrochen!"
Widerwillig drückte der Bundeskanzler die fünf,
aber nichts passierte.
"Bestätigen sie mit der Rautetaste", sagte
Westerwelle ohne seinen Kopf zu heben.
"Ich wollte ja nur sehen, ob ihr auch aufpasst,
wenn euch euer Bundeskanzler was zeigt.
Normalerweise könnt ich das hier nämlich auch
allein machen. Ich brauche euch nämlich gar
nicht, ich bin der Chef hier!"
"Ja Chef", murmelten alle unmotiviert.
"Ich wollte es ja nur mal gesagt haben. Ihr
vergesst das ja manchmal."
"Drücken sie jetzt endlich die Rautetaste, sonst
sitzen wir noch morgen früh hier."

From: info@bundesregierung.org
To: service@terrasim.com
Aufgrund der Abänderung des Gesetzes zum
großen Lauschangriff durch die viel zu liberalen
Grünen, sind wir gezwungen sie davon zu
unterrichten, dass sie zur Zeit einer unbefristeten

- 248 -
technischen Überwachung unterliegen.
Hintergrund hierfür ist die Verbreitung von
geheimen Informationen über Sitzungen des
großen Rats in ihrem Spiel TERRASIM.
Bitte beachten sie, dass wir in unserem, gesetzlich
vorgeschriebenen, Informationstext nicht solch
Attribute wie wir bedauern oder es tut uns Leid
benutzen. Leute wie sie, denen unsere politische
Integrität und Selbstbestimmung ein Dreck wert
ist, können wir kein Bedauern ausdrücken.
Die Bundesregierung informierte.

P.S.: Der zuständige technische Leiter des


Überwachungstrupps bittet darum bei den
nächsten Gesprächen ein klein wenig lauter als
bisher zu sprechen und zwischen 2230 Uhr und
0800 Uhr am besten überhaupt keine Aktivitäten
zu unternehmen, da in diesem Zeitraum wegen
Urlaub und Krankheit keine
Überwachungskapazität mehr zur Verfügung steht.

"Vielen Dank für ihre Wahl. Sie werden mit dem

- 249 -
nächsten freien Platz verbunden, solange werden
sie mit der Nationalhymne der Vereinigten Staaten
unterhalten. Bitte haben sie etwas Geduld, das
Weiße Haus ist bemüht ihnen sobald als Möglich
ihre Fragen rund um die Demokratie und dem
american Way of Life zu beantworten."
"Hatten wir nicht mal früher eine direkte
Durchwahl?" fragte Stoiber.
"Ja", antwortete der Bundeskanzler. "Früher, in
der guten alten Zeit. Aber inzwischen!" Der
Kanzler ließ sich sichtbar Zeit mit der Antwort.
"Der kalte Krieg ist vorbei, die DDR futsch und
Russland nahezu bedeutungslos. In Afghanistan
und Irak haben wir nicht so mitgezogen wie die es
gern gesehen hätten und dann haben wir mit der
EU einen neuen Wirtschaftsraum aufgemacht. Das
hilft nicht gerade um bei der politischen
Beliebtheitsskala ganz nach vorn zu kommen."
"Aber jetzt können wir doch wahrscheinlich einiges
wieder wett machen", ereiferte sich Schily, der
sich wider einmal lieb Kind machen wollte.
"Sie werden jetzt mit einem freien Serviceplatz für

- 250 -
ehemalige gute Verbündete verbunden!"
"Serviceplatz 36, Cordulisa Rice was können Sie
heute für Amerika tun!"
"Hier spricht der deutsche Bundeskanzler!"
antwortete der Kanzler gespreizt und blickte Beifall
heischend in die Runde.
"Guten Tag Herr Haider. Ich freue mich mal
wieder von ihnen zu hören!" antwortete die Dame
vom Serviceplatz gut gelaunt. "Ich glaube sie
haben sich verwählt. Sie haben doch die
Durchwahl von Mr. Bush!"
"Nein", antwortete Schröder perplex. "Hier ist
nicht Herr Haider. Ich bin Schröder, Deutschland!"
"Schröder, Deutschland?" wiederholte Miss Rice
fragend. Plötzlich wurde die Warteschleife wieder
aktiviert und die amerikanische Nationalhymne
erklang.
"Seht ihr, jetzt hat sie bestimmt gemerkt was sie
für einen Fehler gemacht hat und stellt uns gleich
zu meinem Freund Bush durch!" Schröder streckte
seine Brust vor und ging an der Tischreihe
entlang, als wäre er General und schreitet seine

- 251 -
Truppen vor einer entscheidenden Schlacht ab.
"George und ich haben viel gemeinsam. Bei
meinem letzten Besuch haben wir uns sogar
beinahe geduzt!" Ehrfurchtsvoll nickten die
Parteigenossen im Raum, während die Vertreter
der anderen Parteien gelangweit zur Decke
blickten.
Die blechern klingende Nationalhymne
verstummte und die Leitung knackte bedenklich.
"Hören sie Herr Schröder, Deutschland?"
"Ja."
"Also Herr Schröder, Deutschland! Ich kann sie
leider nicht auf meiner Liste finden. Sind sie
sicher, dass sie der Kanzler von äh, Moment,
diesem Deutschland sind?"
"Äh", stotterte Schröder. "Eigentlich bin ich mir
ziemlich sicher. Ja, ich bin sogar sehr sicher, dass
ich der Bundeskanzler von Deutschland bin. So
richtig mit demokratischer Wahl und so, aber ohne
Betrug wie bei euch", merkte Schröder als Scherz
hinzu um die Stimmung aufzulockern, wurde aber
sichtlich verwirrter, zwickte sich heimlich und

- 252 -
hoffte zuhause neben seiner Gattin aufzuwachen.
Na gut, vielleicht nicht gerade neben seiner Gattin,
dann aber so wenigstens neben seinem Hund.
"Passen sie mal auf", begann die Dame der
Hotline langsam säuerlich zu reagieren. "Diese
Hotline des Weißen Hauses ist einzig und allein
dafür da, damit sich rechtschaffene Bürger und
eventuell auch stinkende Ausländer wie sie mit
ihren Fragen und Nöten an die beste Regierung
der Welt, die USA, wenden können. Entweder
nennen sie mir jetzt einen Staatschef und ein Land
das es wirklich gibt und bei uns einigermaßen im
Kurs steht, oder aber wir schicken ihnen mal kurz
die Marines vorbei! Eine Flotte B-52 Bomber und
wir machen aus ihrem Land einen Parkplatz für
Disney Land."
"Aber", stammelte Schröder. "Ich bin doch ein
enger Freund von ihrem Chef. Ich war doch beim
letzten Mal privat auf seiner Ranch und Doris
durfte sogar auf seinem Schoß reiten. Außerdem
habe ich eine ökologisch bedenkliche Kaffeetasse
mit dem Logo vom Weißen Haus kaufen dürfen."

- 253 -
Aus dem Hintergrund meldete sich einer der
Sicherheitsbeamten Schröders.
"Herr Bundeskanzler, verzeihen sie wenn ich mich
einmische, aber dürfte ich kurz mit der Dame
reden?"
"Von mir aus, wenn sie meinen es besser als ich
zu können! Möchte vielleicht noch jemand mit der
Dame reden? Sie vielleicht Herr Schilly! Sie reden
doch immer ungefragt hinein." Mit großer
theatralischer Geste stürmte Schröder durch den
Raum und stellte sich wieder an seinen
Lieblingsplatz, direkt bei der Raufasertapete, die
durch das beständige Kopf gegen die Wand
gebummere bereits stark lädiert war, während
sich der gescholtene Schilly demonstrativ
schmollend umdrehte und in eine andere Richtung
schaute.
"Hallo Baby!" sagte der Sicherheitsbeamte
schüchtern in das Telefon. Eigentlich war er nie
schüchtern, aber derart viele hohe
Persönlichkeiten konnten einen armen
Polizeiobermeister schon ein wenig aus der

- 254 -
Fassung bringen.
"Hey bist du das? Mein German-Willy? My strong
german Leader?"
"Ja!"
"Hey Mann, du hast ja vielleicht Nerven. Lässt
mich am Morgen danach einfach sitzen, dabei
dachte ich, ich wäre was Besonderes für dich! Ihr
Männer seid doch alle gleich!"
"Ja Baby!" sagte der Sicherheitsbeamte leise in die
Sprechmuschel, drehte sich dabei von seinen
Zuhörern ab, die immer begieriger den Verlauf des
Gespräches verfolgten. "Ich verspreche dir, das
nachher mit dir zu klären, aber jetzt muss mein
Chef erstmal mit deinem Chef sprechen. Kannst
du das für mich machen?"
"Ich habe hier aber keinen in meiner Liste mit
diesem Name und Deutschland kenne ich nicht!"
"Schau mal unter Germany nach?"
"Germany?"
"Ja, Germany ist Deutschland!"
Es raschelte eine ganze Weile und man konnte
deutlich vernehmen wie Cordulica auch die

- 255 -
anderen Hotlinemitarbeiter befragte. Der
Sicherheitsbeamte zuckte nervös mit den
Schultern und lächelte verkrampft.
"Hello, my Willi?" fragte sie nachdem die Leitung
einigen Minuten zwar geschaltet, aber nichts
passiert war.
"Ja?"
"Tut mir leid, aber ich kann deinen Chef nicht
durchstellen. Ihr befindet euch im Anhang H!"
"Anhang H?" mischte sich Schröder lautstark ein.
"Was zum Teufel ist Anhang H?"
"Im Anhang H sind alle Staaten die beim internen,
jährlichen USA-Freundschaftstest durchgefallen
sind!" erwiderte Cordullica schnippisch auf die
lautstarke Einmischung.
"Bitte, mach es für mich", säuselte der
Sicherheitsbeamte.
"Na gut", willigte Cordullica ein. "Aber nur wenn
du mir hier und jetzt den Hengst machst. Bitte,
Bitte! Das war so toll."
"Na los machen sie ihr schon den Hengst", befahl
der Kanzler, drückte dabei mit Daumen und

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Zeigefinger seine Nase und wirkte auf einmal sehr
müde. "Wir haben nicht ewig Zeit!
Staatsgeschäfte, sie verstehen?"
Wenige Minuten später hatte sich der
Sicherheitsbeamte mit hochrotem Kopf zurück in
seine Ecke des Raumes verzogen und ein
Klingelzeichen ertönte. Einige der anwesenden
Damen im Raum tauschten bedeutungsvolle Blicke
miteinander aus und kritzelten unbemerkt die
Dienstnummer des Sicherheitsbeamten in ihr
privates Notizbuch.
"Hello, i am the boss!" ertönte die Stimme von
Georg W. Bush aus dem Lautsprecher.
"Hier auch!" erwiderte Schröder.
"Hey, Schröder! Was ist los?"
"Ich hoffe es geht dir gut und der Kongress rückt
dir nicht so sehr auf die Pelle."
"Lass diesen diplomatischen Mist. Du hast exakt
zwei Minuten, dann habe ich ein
Freundschaftstreffen mit Saddam. Was willst du?"
"Ich weiß, dass in letzter Zeit die Beziehung
zwischen unseren beiden Staaten nicht so

- 257 -
sonderlich gut ist, aber da ist was, was für dich
bestimmt recht interessant ist und unsere
Zusammenarbeit wieder auf eine neue Stufe stellt.
Letzte Woche ist bei uns ein Außerirdischer
aufgetaucht, hat ein bisschen mit seinem langen
Zeigefinger rumgefuchtelt, will all unsere
Probleme lösen Krankheiten, Kriege und das
Finanzamt abschaffen."
"Und dafür will er im Fernsehen auftreten und
eine Rede an die Menschheit halten!"
"Genau, woher weißt du das?" fragte Schröder
verwirrt. Bis eben hatte er noch das Gefühl das
etwas eisige Verhältnis zwischen den beiden
Regierungen wirklich auftauen zu können, sah sich
und Doris bereits im Weißen Haus und jetzt war
Banane.
"Ein roter oder grauer Außerirdischer?"
"Gibt es denn mehrere Farben?"
"Was glaubst du denn!"
"Aber, aber ich habe noch keine Ansprache von
euren Außerirdischen gehört und ihr habt doch
noch immer Krankheit, Krieg und Arbeitslose?"

- 258 -
fragte der Kanzler verwundert. Auch die anderen
Mitglieder des geheimen Rats schauten sich
fragend an.
"Oh, Old Boy!" rief der Präsident laut aus. "Die
machen hier nur Urlaub auf der Erde und deiner
muss sich verflogen haben!"
"Urlaub?"
"Vor ein paar Jahrzehnten ist doch dieser
Wetterballon hier bei uns abgestürzt, you
remember?"
"Ja, aber alle glauben es war ein UFO."
"War es auch, aber wir hatten natürlich das
Gerücht gestreut, damit wir die technologische
Überlegenheit des Außerirdischen in unseren
Geheimlabors gegen die roten
Kommunistenschweine nachbauen konnten."
"Und hat das geklappt?"
"Oh, no! Alles nur großer Bockmist. Der wusste
gar nichts, war wahrscheinlich der Dorfdepp und
eines Tages auch noch einfach weg. Dann dauerte
es ein wenig und seitdem geben die uns hier die
Klinke in die Hand. Alle faselten das gleiche,

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Technische Überlegenheit die sie mit uns teilen
wollten, Krankheiten und Kriege abschaffen und
so weiter. Wir haben den Typen also jeden
Wunsch von den Augen abgelesen und außer
einem Furzverstärker nichts aus den Kerlen
rausbekommen."
"Furzverstärker?" alle Anwesenden des geheimen
Rats schauten sich fassungslos an.
"Du weißt schon, so ein Ding mit dem man den
Geruch seines Furzes verstärken kann. Klappt
prima!"
"Aber warum dann das ganze Theater?" Schröder
fühlte sich elend, die Opposition lächelte wie ein
Hai der Blut gewittert hatte und der sonst so
geschlossene Block der eigenen Parteimitglieder
begann auseinander zu brechen.
"Dann haben wir eines Tages einen Zettel bei den
Außerirdischen gefunden. Wir haben ein paar
Jahre gebraucht um ihn zu übersetzen, aber wir
haben es geschafft."
"Und, war das die Weltformel oder was anderes
gigantisches?" fragte Schröder mit weit

- 260 -
aufgerissenen Augen. Diese amerikanischen
Präsidenten waren schon ein paar ganz harte
Kerle und Schröder bewunderte sie aufrichtig.
Geheime Projekte, geheime Anlagen,
Schlammcatchen, Table Dance und sogar Kontakt
mit Außerirdischen. Tolles Land!
"Es war ein Ferienführer. Der erst Außerirdische
hatte scheinbar einen Erlebnisbericht verfasst und
innerhalb kurzer Zeit machten sich alle Spinner
und Nichtsnutze auf ein paar Wochen auf der Erde
zu verbringen. Getränke bis zum Abwinken und
Vollpension. Es gibt sogar eine Pauschalreise."
"Eine Pauschalreise zur Erde?"
"Well, natürlich wenn ich es dir doch sage. Die
Erde in 8 Tagen. Inklusive Begegnungen der
dritten Art, Doktorspielchen in der Atmosphäre,
verursachen von unerklärlichen Lichtern über
Großstädten oder für die künstlerisch veranlagte
Klientel anlegen von ein paar Kornkreisen, auch
für Anfänger geeignet."
"Und warum schmeißt ihr sie nicht raus?"
"Warum willst du uns deinen Außerirdischen

- 261 -
aufschwatzen?"
Schröder fühlte sich ertappt. Führung und
Verantwortung waren wirklich ein schweres Los,
wenn man niemanden findet, dem man
anschließend die Schuld in die Schuhe schieben
kann.
"By, old boy. War nett mal wieder mit dir zu
plaudern, aber ich muss jetzt ein paar Bürger
bescheißen und ein paar Wahlurnen vorbereiten,
schließlich will ich die nächste Wahl ebenfalls
gewinnen. So long!" unmittelbar darauf war der
Kontakt lieblos und lautstark beendet worden.
"Und nun?" fragte Schilly boshaft. "Hat der Plan
von seinem Liebling nicht geklappt!"
"Ich bin nicht sein Liebling", motzte Westerwelle
missmutig. Nur weil seine Ideen meist Anklang
beim Kanzler fanden waren die meisten anderen
Politiker im geheimen Rat gegen ihn und zogen
ihn bei jeder Gelegenheit damit auf. Dabei wollte
er nur zeigen, dass er gut aufpasste und dem
Kanzler aufrichtig bei seiner Arbeit helfen.
Natürlich gefiel es ihm, vom Kanzler gelobt zu

- 262 -
werden und insgeheim hoffte er endlich mit ihm
und seiner Partei fraktionieren zu können. Die
Merkel mit ihrem blöden Hundeblick und der noch
blöderen Frisur konnte ihm doch so was von
gestohlen bleiben.
"Wenn wir wollen, dass wir weiterhin die so
genannte Krone der Schöpfung bleiben und uns
schon damit abfinden müssen, dass das
Übernatürliche gar nicht übernatürlich ist, sondern
schlicht und ergreifend unternatürlich, müssen wir
dem Typen seinen Aufenthalt so angenehm wie
möglich machen." Schröder schaute
verschwörerisch in die Runde. Nur wir, die vom
Volk gewählten Volksvertreter wissen, was für das
Volk wirklich wichtig ist und so ein elender
Außerirdischer ist doch nun wirklich nicht
interessant, oder?" Die meisten begriffen recht
schnell und nickten eifrig, obwohl der Kanzler
eindeutig Mist erzählte. Die anderen, nicht so
schnellen im Kopf, wurden einfach vom Kanzler
ignoriert. Endlich hatte er die Chance den
geheimen Rat als einen Organismus zusammen zu

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schweißen und die würde er ergreifen. Er dachte
an eine Blut- und Schweiß-Rede, wobei er zeigen
würde was für ein großartiger Kanzler er ist.
"Wir, die wir auserkoren wurden Schaden vom
deutschen Volk abzuwenden", begann er
beschwörend eine Rede an den Rat zu richten.
"Äh, Verzeihung Kanzler-Chef!" meldete sich der
Finanzminister zu Wort. "Wir haben eine
Rekordverschuldung wie noch nie in der
Nachkriegszeit!"
"Na gut", begann der Kanzler genervt von vor.
"Wir, die wir auserkoren wurden Schaden vom
deutschen Volk, außer der Rekordverschuldung,
abzuwenden…."
"Nicht zu vergessen die Rekordarbeitslosigkeit und
dass obwohl wir bei den Zahlen ziemlich getrickst
haben", schaltete sich der Arbeitsminister ein.
"Und dem Rückgang der Wirtschaft im
zweistelligen Prozentbereich", warf der
Wirtschaftsminister ein. Während sich die
einzelnen Ressorts ihre einzelnen Rekorde als
persönliche Referenzen gegenseitig an den Kopf

- 264 -
warfen, verließ der Kanzler betrübt den Saal. Er
musste nicht nur erkennen, dass der geheime Rat
aus Deppen bestand, sondern er auch noch deren
Chef war. Sollte doch der Außerirdische seine
Rede halten und alles heilen, es war ihm egal. Der
Kanzler beschloss eine kleine Runde durch den
mitternächtlichen Park zu drehen und mit viel
Glück würde er überfallen und erschossen.

"Kosten senken!" schrie der Projektleiter gegen


die Hallendecke, während er wütend und zugleich
frustriert durch mehrere Zentimeter tiefes Wasser
stampfte. "Chef, ich habe das ökologische Problem
auf diesem neuen Planeten gelöst. Sie können
meiner Lösung vertrauen!" hallte es von der
Decke wieder, nachdem es der Projektleiter dahin
geschrieen hatte.
Die CEXEL + CLEARDREAM Inc. sparte, wo sie
konnte, und die Erde wurde inzwischen in allen
Klassen für Planetarisches Design, in allen Schulen
der Galaxis als das berühmte schlechte Beispiel
gelehrt. Anfänglich war es ja egal, Hauptsache der

- 265 -
Bau wurde zeitgerecht fertig gestellt und die
Einsparungen wurden als Gewinnrendite
gleichmäßig an alle weitergegeben, die an dem
Projekt zwar nicht beteiligt, aber am besten die
Hände aufhalten konnten, aber inzwischen hatte
es einen Punkt erreicht an dem jemand Stellung
nehmen musste. Leider war es der Projektleiter
dem diese Aufgabe zukommen sollte. Er war fest
als Hauptattraktion der wöchentlichen
Volksbelustigung eingeplant. Eine Zeremonie die
ebenso schlicht wie geschmacklos war und in 100
Prozent der Fälle mit einer Enthauptung endete.
Die Bewohner von Atlantis, einer der neu errichten
Kontinente der Erde, waren trotz ihres inzwischen
recht hohen technischen und sozialen
Standpunktes in einigen Fällen wieder mit
einfachen, simplen Methoden des Strafvollzuges
zufrieden zu stellen. Wenn jemand klaut, wird ihm
der Kopf abgeschlagen. Ebenso wenn andere
Kapitalverbrechen wie Pfusch am Bau betrieben
wird. Die Atlanter sind eine stolze und herrische
Rasse die sich ihren Lebensunterhalt mit

- 266 -
Terraformigprogrammen verdient. Hierin hatten
sie sich einen einzigartigen Ruf erworben, dass
vom gewöhnlichen Satellitenstyling, über
Atmosphärenbildung und Planetenneugestaltung
auch, natürlich nur für den wirklich potenten
Kunden, termingerechte Supernoven für
Familienfeste sich im Programm befinden.
Extravagante Planetenringe waren zwar seit
einigen Jahren megaout, aber gehörten sie doch
zu einem recht ansehnlichen Gesamtprogramm.
Die Erde sollte, so war es seit Generationen
geplant, seit langer Zeit mal wieder ein neuer
Stützpunkt für die Atlanter werden, die seit
mehreren Millionen Jahren als Nomaden von
Auftrag zu Auftrag zogen und hierbei gänzlich ihre
Wurzeln zu verlieren schienen.
"Nur keine Panik, das wird schon halten!" schrie
der wütende Projektleiter und hieb mit der Faust
auf einen der 37 Millionen Stützpfeiler von
Atlantis. Eigentlich hätten es 37 Millionen
Stützpfeiler sein sollen, aber der Kostendruck und
die statischen Neuberechnungen ergaben, dass

- 267 -
nur 25 Stützpfeiler benötigt wurden. Dies ließ
natürlich noch genügend Luft für das
Lieblingsprojekt des Projektleiters, die große
Pyramide. Eigentlich hatten die Atlanter keine
Beziehung zu einer Pyramide, aber der
Projektleiter hatte ein derartiges Gebäude bereits
auf der Erde vorgefunden und erkannt, dass die
Atlanter etwas brauchten, wozu sie aufblicken
konnten. Aufblicken können war auch so eine
Sache. Ihr Volk hatte die schönsten Planeten, die
schönsten Sonnen und teilweise auch schönsten
Galaxien erschaffen und sich somit einen Ruf
erschaffen, fast schon eine Legende, aber für
ihren eigenen Planten hatte es nur für einen
Satelliten mit ein paar Einschlagslöcher gereicht.
Gut, einige der Löcher auf dem Mond,
schrecklicher Name, aber was will man schon
erwarten wenn man die Namenswahl mittels eines
Wettbewerbs in einem Fast Foot Restaurant durch
die Gäste ermitteln lässt. Andererseits hat dies
dem Projetleiter mehrere Millionen Steine
eingebracht und die Zusage lebenslänglich

- 268 -
bedenkliche Lebensmittel in ökologisch ebenso
bedenklichen Verpackungen dieser Fast Foot Kette
kostenlos verzehren zu dürfen. Er als der Chef der
Atlanter musste zusehen wo er blieb, denn die
Atlantische Verfassung stellte klar heraus, dass bei
jedem neuen Projekt ein Projektleiter bestimmt
wird. Verfassung mag wohl zuviel der
Beschreibung sein. Hierbei handelt es sich um
einen Konstruktionsplan des legendären Atlan,
Sohn der Zeit, der ein paar Ideen an den Rand
dieses Plans gemacht hatte. Diese Ideen waren so
einfach, simpel und man brauchte keine teuren
Juristen um diese Ideen auf ihren Inhalt zu
kommentieren. Von einem Plan auf dem die
Verfassung verfasst war konnte man im
eigentlichen Sinne nicht sprechen, eher von einer
Kritzelei, doch von einer bestechenden
Einfachheit, der sich niemand verschließen konnte.
Eigentlich brauchte er sich keine Sorgen zu
machen, da dieses Projekt wohl nie abgeschlossen
wird, andererseits sagte die Verfassung auch klar
aus, dass ein Projektleiter zur Rechenschaft

- 269 -
gezogen wird, wenn es Pfusch am Bau gibt und
den gab es in Hülle und Fülle. Allein die
Kontinentalplatten waren so ein Thema für sich.
Normalerweise werden hierfür die
Befestigungselemente MT3-7 benutzt. Diese sind
die idealen Verbindungselemente für derartige
Kräfte und der Hersteller garantiert
einhunderttausend Jahre Verbindung der Platten.
Leider sind diese Verbindungselemente sehr teuer,
die MT3-2 hingegen leistet ähnliche Dienste und
mit ein bisschen Farbe, gutem Willen und ein
wenig Bestechungsgeld an den richtigen Stellen
sind diese von der MT3-7 nicht zu unterscheiden.
Die MT3-2 ist zwar nur für mittlere
Kontinentalplatten geeignet, aber der Projektleiter
hatte die Erfahrung gemacht, dass hier von den
Herstellern in der Regel immer die dreifache
Sicherheit eingebaut wurde, besonders da die
abgegebene Garantie auch einige wichtige
Körperteile des Garantiegebers mit einschloss.
"ATLANTIS ist die perfekte Heimat der Atlanter.
Das in Jahrmillionen erworbene Wissen um die

- 270 -
Baukunst des TERRAFORMING und das wissen um
tausende zufriedener Kunden werden sich in der
Heimat der Atlanter in waghalsige Vision und
atemberaubendes Können widerspiegeln!" pries
der Prospekt den zusätzlichen Kontinent der bis
dahin wenig beachteten Erde. Die anderen
Kontinente entsprachen nicht den hohen
Anforderungen der Atlanter und daher wurde ein
perfekt angepasster Kontinent mitten in einem der
Ozeane errichtet. Doch derartig hochgesteckte
Ziele verschlingen Unsummen der gebräuchlichen
Zahlungsmittel und wie in der Baubranche
inzwischen üblich waren die Kunden der Atlanter
nicht gerade pünktlich bei der Bezahlung ihrer
Handwerkerrechnungen. Eine kleine und extrem
schlagkräftige Insolvenztruppe kümmerte sich
zwar hierum, aber tote säumige Zahler füllen auch
nicht unbedingt die leeren Kassen des
Projektleiters. Doch das alles war inzwischen recht
zweitrangig. Die errechneten 25 Stützen waren
scheinbar nicht ausreichend, denn der gesamte
Kontinent versank langsam im Schlick des Ozean,

- 271 -
täglich einige Millimeter. Die fähigsten
Mathematiker der Atlanter hatten ausgerechnet,
dass in ungefähr 5 Jahren der gesamte Kontinent
im Ozean versunken sein wird. Doch auch hier
musste man Zugeständnisse machen. Eine
Gesellschaftsform die lang genug überlebte und
sich dabei nicht ständig gegenseitig spitze
Gegenstände in den Körper rammt, entwickelt
früher oder später, neben Rockmusik und
Sprühkäse aus der Dose, die ein oder andere
Religion mit bedenklichen Inhalten. Da in einer
Religion schon immer einige Leute schnell
erkannten das da eine Menge Geld drin steckt,
spalteten sich auch bei den Atlantern beständig
einige teils radikale oder weniger radikale Gruppen
ab. Nachdem die meisten Religionsgründer den
einen oder anderen Weg in das Jenseits oder an
die Börse gegangen waren, blieben bei den
Atlantern nur zwei starke Strömungen zurück.
Diejenigen die die reine und wahre Lehre des
Dezimalsystems befolgten und diejenigen die die
reine und wahre Lehre des Nichtdezimalsystems

- 272 -
befolgten. Da der jeweilige Projektleiter so
gezwungen war immer die Gradwanderung
zwischen den beiden religiösen Bewegungen zu
machen, wurden immer alle anfallenden Arbeiten
zu gleichen Teilen unter den religiösen Eifern
aufgeteilt. Hierbei kam es meist zu unliebsamen
Ergebnissen, so auch in der Berechnung des
Unterganges von Atlantis, der dann 25.000 Jahre
in Anspruch nehmen sollte anstatt der
vorausberechneten 5 Jahre. Der Untergang
Atlantis stellte somit die peinlichste
Baukatastrophe des gesamten bekannten
Universums dar. Doch nicht genug, der Untergang
Atlantis wurde in mehreren Galaxien mit
bedenklichen Inhalten verfilmt, Bücher und
Legenden ranken sich um diese wunderbare
Katastrophe und der Vorgang auf der Erde wird
seitdem an allen Universitäten mit der Sparte
TERRAFORMING als abschreckendes Beispiel
gelehrt.

From: E.v.Daeniken@daeniken.com

- 273 -
To: service@terrasim.com
Ich bin erschüttert, wie ein derart wunderbares
Programm missbraucht wird, um Desinformation
über die großartige Rasse von Atlantis zu
betreiben. Wie sie vielleicht in meinen Büchern
gelesen haben (Atlantis - Die große Katastrophe,
Atlantis - Katastrophe ohne gleichen, Atlantis -
Katastrophe im Meer, Atlantis - Die Katastrophe,
Atlantis - Katastrophe für die Welt) ist Atlantis
wirklich nicht aufgrund Baupfusch im Ozean
versunken. Ich weiß nicht wie sie dies
rechtfertigen wollen, aber wenn mein neustes
Buch erscheint (Atlantis - Katastrophe aus dem
All) werden sie recht schnell erkennen müssen,
dass ihr so genanntes Spiel nur eine Ansammlung
von digitalem Schrott ist.
Erich von Däniken

Nichtsdestotrotz machte sich der Projektleiter an


sein morgendliches Ritual, legte Zirkel und
Messstab beiseite, zog sich seine hohen
Gummistiefel an und begab sich unter sein Volk,

- 274 -
welches ihn schon sehnsüchtig erwartete. Der
morgendliche Weg zu seinem Konstruktionsbüro
war nur wenige hundert Meter weit, dennoch
erwiesen sich diese immer beschwerlicher. Hieran
waren weniger das inzwischen knöchelhohe
Wasser schuld, sondern Mitatlanter die ihrem
Unmut immer offener Luft machten. Auch dies
wäre erträglich gewesen, wenn nicht findige
Unternehmer inzwischen Busreisen zu seinem
Haus organisieren würden um den Projektleiter zu
kritisieren. Gut er hatte diesen Unmut zu recht
heraufbeschworen, Gelder in Projekte gesteckt,
die außer Prestige keinen sittlichen Nährwert
haben und durch Fehlentscheidungen den
Fortbestand seiner Rasse vielleicht eklatant
gefährdet, aber ansonsten führte er einen
einwandfreien, prägnanten und unkonventionellen
Führungsstil. Keiner seiner Poliere oder anderen
Hilfskräften konnte seine wahre
Führungsqualitäten und -anspruch in Frage
stellen, jedenfalls keiner seiner in unmittelbarer
Führungsebene. Dafür hatte er bereits bei der

- 275 -
Projektplanung gesorgt.
"Na, Boss bereit für den großen Architekten?" Der
erste Polier betrat den Projektraum, gefolgt von
seinem eigenen Geruch nach billigen Bier und
noch billigerem After Shave.
"Vorsicht mit dem was du da sagst, unter
Umständen überlebe ich das hier!" antwortete der
Projektleiter aufbrausend.
"Mach dir da mal keine Hoffnungen", erwiderte
der Polier lächelnd und nahm einen Zahnstocher
aus dem Mund der diese Bezeichnung bereits seit
der letzten Baubesprechung vor mehreren Jahren
schon nicht mehr verdiente.

Sven wälzte sich unruhig in seinem Bett hin und


her. Seit Stunden grübelte er über etwas, was er
nicht richtig definieren konnte. Einfach ein blödes
Gefühl etwas Wichtiges bemerkt zu haben, aber
nicht wirklich zu wissen was. Er hatte das Gefühl,
das da doch bestimmt gehörig was im Busch war.
Auf seine hinterhältige Instinkte und seinen
beständigen Hunger konnte man sich immer

- 276 -
verlassen.
Sven wälzte sich auf, setzte sich auf die Bettkante,
die sich daraufhin gehörig verbog und wartete ab,
bis sich auch der letzte Fettring um seinen Bauch
beruhigt hatte. Nicht nur der Sitz in seinem Ferrari
war eine Sonderanfertigung, sondern auch sein
Bett. Normale Betten aus einem beliebigen
Möbelmarkt zeigten sich schon nach mehren
Millisekunden nicht mehr in der Lage gegen die
Schwerkraft und Torsionskräfte stand zu halten
und verabschiedeten ihr junges Möbelstückleben
mit einem kurzen aber eindringlichen Knirschen
und Geräuschen berstendes Holz. Eine der
ansässigen Schlossereien hatten dem mittels
mehrerer Eisenbahnschwelle ein Ende bereiten
können. Seitdem hätten die Rolling Stones eines
ihrer wilderen Konzerte auf Svens Bett abhalten
können, ohne das hierbei auch nur die Bettdecke
nachgegeben hätte. Schließlich stand er auf und
schlich sich rüber zu Benn. Leise öffnete er die Tür
und horchte nach den eintönigen Atemzügen
seines einzigen Untergebenen.

- 277 -
Beruhigt ging Sven zum Kühlschrank und
genehmigte sich einen Snack aus dreißig Eiern
nach Hausfrauenart und legte sich zufrieden in
sein Bett. Wahrscheinlich, so sagte er sich, war
nur sein Hungergefühl schuld.
Benn, dem die Aktivitäten seines Chefs rund um
die Uhr elektronisch übermittelt wurden, grinste
still in sich hinein. Die Mahlzeiten von Sven waren
gezählt.

Der Projektleiter schaute zufrieden in die Runde.


Nicht einer der Anwesenden verdankte seinen
Reichtum nicht seinem Wirken. Eine Grundregel
im Baugeschäft lautete noch immer, dass gut
geschmiert gut läuft.

Benn saß im halbdunkeln seines Zimmers und


aktivierte über die RETURN-Taste die letzte Stufe
seines Plans zur Verbesserung der Welt. Seine
Retorten waren ausgereift und warteten nur noch
auf seine göttlichen Befehle. Im Weltraum
begannen plötzlich alle Satelliten, unabhängig

- 278 -
ihrer Herkunft und geplanten Einsatzes ihre
Positionen zu verändern. Innerhalb weniger
Stunden waren alle Satelliten auf strategisch
wichtigen Punkten angekommen und begannen
Frequenzen auf einer bisher unbekannten
Wellenlänge Richtung Erde zu senden. Hektische
Betriebsamkeit breitete sich bei der einen oder
anderen Regierung aus, wobei sich hoch
dekorierte Möchtegernsoldaten und hochrangige
Möchtegernpolitiker gegenseitig anschrieen und
versuchten sich die Schuld in die Schuhe schieben.
Trotz aller Konditionierung der letzten
Jahrtausende, aller Bildung und Fortschritts war
die Menschheit noch immer nicht in der Lage
Fehler zu beheben sondern erst einmal den
Schuldigen zu suchen, zumal man sich auf Kosten
anderer einen Vorteil schaffen konnte.
Aufgrund der nun nicht mehr vorhanden
Satellitenkommunikation und dem unerklärlichen
Ausfall sämtlicher Kommunikationswege konnten
keine wichtigen oder unsinnigen Befehle mehr
ausgeführt werden, Reisende in den Zügen der

- 279 -
Welt konnten nicht mehr unmittelbar vor der
Einfahrt des Zuges in den Bahnhöfen ihre Lieben
anrufen, dass sie jetzt einfahren und zum ersten
Mal seit Jahren nervte kein aufgeregtes
Mobiltelefonklingeln die Menschheit. Die Welt war
blind, taub und verstummt. Vorzeigesoldaten
weltweit begannen sich an ihre teure Ausbildung
zu erinnern, riegelten ihre Stützpunkte ab, oder
schickten Kampfflugzeuge mit
überdimensionierten Bomben in Richtung
vermuteter Feinde. Doch nach wenigen
Flugminuten setzte die komplette Elektronik der
Flugzeuge aus und mehrere Milliarden Dollar
Steuergelder verwandelten sich augenblicklich in
unförmige Klumpen glühendes Metall mit den
Flugeigenschaften eines Felsbrockens. Da alle
Regierungen weltweit planlos vor sich hin
agierten, alten Feindbildern, in Ermangelung von
neueren, nachhingen wurde die operative Hektik
im Angesicht totaler Untauglichkeit der
eingesetzten Mittel immer augenscheinlicher.

- 280 -
Benn saß in seinem mit spezieller Ausstattung
gegen die Strahlung versehenem Zimmer und
dachte abermals an seinen Spruch auf der
Unterhose der bald, dafür hatte er gesorgt, der
Wahrheit entsprach.

U-Bootkommandanten in allen Weltmeeren


drückten verzweifelt die Startknöpfe der
Interkontinentalraketen an Bord, aber nichts
geschah. Sie trieben im Meer, ohne Strom, ohne
die Möglichkeit mit der Außenwelt in Kontakt
treten zu können und ohne der Welt ihren
vernichtenden Schlag versetzen zu können. Was
für die, meist älteren, Kapitäne ebenso peinlich
war wie der letzte Landgang. Der Kapitän der USS
Kennedy, ein U-Bootjäger der neusten Klasse, trat
an sein Bullauge. Tagelang hatte er mit dem
russischen U-Boot gespielt und gejagt, eine der
heiteren Seiten des nuklearen Kriegspotentials der
Weltmeere. Sein Schiff war das Neuste was
Marinetechnologie zu bieten hatte und teurer als
der ein oder andere Nachtragshaushalt einer

- 281 -
mittleren Industrienation. Jetzt sank er wie ein
lebloser Backstein zu Boden. Noch vor ein paar
Minuten hatte er mit einem Vorschlaghammer auf
die Raketen eingeschlagen, aber die Mistdinger
wollten nicht explodieren und die manuelle
Zündung konnte er nicht einleiten, weil seine
Techniker keine 7/12 Steckschlüssel dabei hatten
um die Abdeckplatten zu öffnen. Wenige Meter
vor ihm erlitt der gejagte Russe scheinbar das
gleiche Schicksal. Der amerikanische Kommandant
erblickte den russischen Kommandanten. Er
grüßte zackig, da er erahnte dass der russische
Kapitän ähnliche Gedanken hegte und dies die
größte Ehre war, die man dem Feind in der
Stunde des gemeinsamen Schicksals erweisen
konnte. So hatte er es in den ganzen
Kriegsromanen gelesen. Doch der russische
Kapitän hielt ihm nur den Mittelfinger entgegen,
scheinbar hatte er nicht die gleichen Romane
gelesen.

Der Pater saß noch immer in der Badewanne und

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genoss das wöchentliche Ritual. Er hatte bereits
vor Tagen den Plan des in den Schriften viel
zitierten Computerexperten erkannt und ihn
ausfindig gemacht, aber was hätte es ihm
gebracht seinen Plan zu verhindern? Besser als die
gegenwärtige Situation konnte es für ihn, den
letzten der Wildschweine nicht mehr werden.
Vielleicht brauchte die Menschheit ja wirklich eine
derartige Säuberung. Außerdem hatte die
Vergangenheit nicht gezeigt, dass die Menschheit
immer wieder einen Weg fand um sich der
Evolution in den Weg zu stellen.
"Ich glaube mein Kind der kleine Pater ist nun
wirklich sauber!" krächzte er seiner Haushälterin
zu. Diese errötete leicht und nickte verschämt.

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