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Der Process

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Der Process ist neben Amerika und Das Schloss einer der drei unvollendeten und erst
postum erschienenen Romane von Franz Kafka. Es werden auch die Schreibweisen
„Prozeß“, „Prozess“ und „Proceß“ verwendet.

Inhaltsverzeichnis
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• 1 Entstehungsgeschichte
• 2 Personen
• 3 Handlung
o 3.1 Überblick
o 3.2 Nach Kapiteln
 3.2.1 Verhaftung
 3.2.2 Gespräch mit Frau Grubach / Dann Fräulein Bürstner
 3.2.3 Erste Untersuchung
 3.2.4 Im leeren Sitzungssaal / Der Student / Die Kanzleien
 3.2.5 Der Prügler
 3.2.6 Der Onkel / Leni
 3.2.7 Advokat / Fabrikant / Maler
 3.2.8 Kaufmann Block / Kündigung des Advokaten
 3.2.9 Im Dom
 3.2.10 Ende
• 4 Interpretation
o 4.1 Einzelne Aspekte
 4.1.1 Das Gericht
 4.1.2 Josef K. und seine Umwelt
 4.1.3 Der Process als humoristische Geschichte
 4.1.4 Erzählverhalten und Sprache
• 5 Philologische Forschung/Diskussion
o 5.1 Anordnung der Romankapitel
 5.1.1 Guillermo Sánchez Trujillo
 5.1.2 Gliederung nach Reclam (2006)
• 6 Editionen
o 6.1 Ausgabe von Brod
o 6.2 Kritische Kafka-Ausgabe
o 6.3 Historisch-kritische Ausgabe
o 6.4 Edition von Guillermo Sánchez Trujillos
• 7 Rezeption
• 8 Musikalische Adaptionen
• 9 Verfilmungen
• 10 Weiterführende Informationen
o 10.1 Ausgaben
o 10.2 Sekundärliteratur
o 10.3 Siehe auch
o 10.4 Weblinks

• 11 Einzelnachweise

Entstehungsgeschichte [Bearbeiten]
Die Entstehung dieses Romans – vom Sommer 1914 bis zum Versiegen des Schreibens
im Januar 1915 – war von besonders prägnanten Phasen in Kafkas Leben
gekennzeichnet. Im Juli 1914 fand die Auflösung der Verlobung mit Felice Bauer statt.
Sowohl die Verlobung als auch die Entlobung waren für Kafka mit starken
Schuldgefühlen verbunden. Eine abschließende Aussprache hierzu im Berliner Hotel
„Askanischer Hof“ in Anwesenheit von Freunden hatte Kafka als „Gerichtshof“
empfunden.[1] Unmittelbar danach begann er mit der Arbeit zum Process. Der Erste
Weltkrieg brach aus. Ab dem Herbst 1914 wohnte Kafka erstmals unabhängig von seinen
Eltern in einem eigenen Zimmer. Seine Arbeit schritt zunächst gut voran, in zwei
Monaten entstanden rund 200 Manuskriptseiten, kam aber – wie bei ihm häufig – bald
zum Erliegen. Er beschäftigte sich nun u. a. mit der Erzählung „In der Strafkolonie“. Der
Process entstand nicht in linearer Abfolge: Es lässt sich nachweisen, dass Kafka zuerst
das Eingangs- und das Schlusskapitel niederschrieb, danach schrieb er an einzelnen
Kapiteln parallel weiter. Anfang 1915 wurde der Roman dann unvollendet beiseite gelegt
und nie vollendet. Kafka schrieb den Process in Hefte, die er auch für die Niederschrift
anderer Texte verwendete. Diese Blätter hat er später herausgetrennt und sie nach
Kapiteln und Fragmenten neu sortiert.

Personen [Bearbeiten]
Josef K. ist Prokurist einer Bank. Er lebt allein, sein Bedürfnis nach Kontakten befriedigt
er mit einer regelmäßigen Stammtischrunde. K.s Vater ist bereits gestorben, seine Mutter
taucht nur in einem Fragment auf. Eine Gefühlsbindung zu ihr besteht nicht.

Fräulein Elsa arbeitet als Kellnerin. Tagsüber empfängt sie Männerbesuch, K. geht
einmal die Woche zu ihr. Sie wird später in dem ersten Gespräch mit Leni als K.s
Geliebte erwähnt.

Fräulein Bürstner ist erst seit kurzem Mieterin bei Frau Grubach – bei der auch K.
wohnt – und hat wenig Kontakt zu K. Er lauert ihr aber in der Nacht nach seiner
Verhaftung vor ihrem Zimmer auf und drückt ihr nach einem gemeinsamen Gespräch fast
tierhaft einen Kuss auf die Gurgel und den Mund. Sie interessiert sich selbst für
Machenschaften des Gerichts, da sie in einigen Wochen eine Stelle als Sekretärin in einer
Kanzlei antreten wird.

Advokat Huld ist ein Bekannter von K.s Onkel. Der Verteidiger ist jedoch in Folge einer
Krankheit körperlich geschwächt und bettlägerig. Seine Verteidigung betreibt er aus
seinem Krankenbett.

Leni ist die Bedienstete des Advokaten und kümmert sich während seiner Krankheit sehr
hingebungsvoll um diesen. Sie erscheint sehr verspielt und gesellig. Leni lockte K.
während seines ersten Besuches in ein Nachbarzimmer, um mit ihm zu gesellen. Sie hat
ebenfalls wichtige Informationen zum System des Gerichtes.

K.s Onkel lebt auf dem Lande. Als er von Josef K.s Prozess erfährt, reist er in die Stadt,
um Josef K. zu helfen. Er stellt K. Advokat Huld vor. Es ist nicht ganz klar, wie der
Onkel heißt, am Anfang des Kapitels "Der Onkel/Leni" wird er Karl genannt, doch später
wird er vom Advokaten Huld Albert genannt.

Titorelli ist als Gerichtsmaler in bestimmte Vorgänge des Gerichts eingeweiht. Durch
seinen persönlichen Kontakt zu den Richtern könnte er zwischen K. und dem Gericht
vermitteln. Doch Titorelli ist fest davon überzeugt, dass niemand – und somit auch nicht
er selbst – das Gericht von der Unschuldigkeit eines Angeklagten überzeugen könne.

Der Gefängniskaplan erzählt K. die Parabel „Vor dem Gesetz“. Er macht K. klar, dass
es keine eindeutige Lösung seines Problems und auch keine eindeutigen Antworten auf
seine Fragen gibt. Er ist sich sicher, dass es um K. sehr schlecht steht und der Prozess für
K. sehr schlecht enden wird.

Handlung [Bearbeiten]
Überblick [Bearbeiten]

Josef K. wird eines Morgens, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein, verhaftet und zu
Gerichtsverhandlungen vorgeladen. Im Laufe der Kapitel gerät K. in ein alptraumhaftes
Labyrinth einer surrealen Bürokratie. K. dringt immer tiefer in dieses System ein, er
erfährt einiges über die Hierarchien der „Gerichte“, doch nie gelangt er zur höchsten
Instanz, nie erfährt er, worin seine „Schuld“ besteht. Gleichzeitig dringt das System
immer weiter in K.s Leben ein. Nach und nach entpuppen sich auch immer mehr
Menschen in K.s Leben als Teile dieses Räderwerks. So auch K. selbst und die Personen,
die er im Laufe des Romans kennenlernt und von denen er sich Auskunft über das
„Gericht“ erhofft, das ihn anklagt. Immer mehr beschäftigt K. sich mit seinem Prozess,
obwohl er anfänglich das Gegenteil beabsichtigt. Scheinbare Zufälle führen K. weiter von
einem Glied im System zum nächsten. Am Ende wird er, ohne je einen Richter gesehen
zu haben, hingerichtet.
Nach Kapiteln [Bearbeiten]

Verhaftung [Bearbeiten]

Als Josef K. am Morgen seines 30. Geburtstags in seinem Zimmer aufwacht, bringt ihm
die Köchin seiner Zimmervermieterin nicht – wie üblich – sein Frühstück. K. wird
stattdessen von zwei Männern überrascht und festgehalten. Die beiden wenig
auskunftsfreudigen Zeitgenossen teilen ihm mit, dass er von nun an verhaftet sei. Die
beiden Männer ("Wächter" genannt) geben an, von einer Behörde zu kommen. Sie
behaupten, sie könnten und dürften ihm nicht sagen, warum er verhaftet sei.

Trotz seiner Verhaftung darf K. sein Leben in vermeintlicher Freiheit fortführen und so
findet K. das Verhaftetsein nicht weiter schlimm. Der Aufseher gibt K. zu verstehen, dass
diese Verhaftung seine gewöhnliche Lebenweise und seine Berufsausübung nicht
hindere. K. nimmt zunächst einen üblen Scherz seiner Kollegen an. Im Laufe der Zeit
bemerkt er jedoch, dass dies nicht der Fall ist.

Gespräch mit Frau Grubach / Dann Fräulein Bürstner [Bearbeiten]

Josef K. geht nach der Arbeit wieder zurück in seine Pension, um sich bei seiner
Vermieterin Frau Grubach und bei der Nachbarin Fräulein Bürstner für die Umstände zu
entschuldigen, die durch seine Verhaftung entstanden sind. Da Fräulein Bürstner jedoch
erst spät abends zu Hause eintrifft, überrascht K. sie im Flur. In ihrem Zimmer
unterrichtet er sie über die Vorfälle. Nach seiner Verabschiedung küsst K. Fräulein
Bürstner unerwartet auf ihren Mund,über das ganze Gesicht und den Hals.

Erste Untersuchung [Bearbeiten]

An dem Sonntag nach seiner Verhaftung wird Josef K. zu einer Untersuchung bezüglich
seiner Verhaftung vorgeladen. So begibt er sich zu einem alten Mietshaus in einem
heruntergekommenen Viertel, in dem die Untersuchung stattfinden soll. Dort
angekommen sucht K. den Gerichtssaal, der sich als kleines Zimmer in der Wohnung
eines Gerichtsdieners herausstellt. Josef K. kommt zu spät und versucht, die anwesenden
Beamten des Gerichts mit einer Rede über die Ungerechtigkeit seiner Verhaftung und
über Bestechlichkeit der Wächter für sich zu gewinnen. Sein Verhalten gegenüber dem
Gericht ist beleidigend und arrogant. Zudem gibt er indirekt zu verstehen, dass er
unschuldig sei und auf weitere Verhöre verzichten könne.

Im leeren Sitzungssaal / Der Student / Die Kanzleien [Bearbeiten]

Josef K. geht an dem darauffolgenden Sonntag erneut in das Gebäude, da er annimmt,


dass die Verhandlung fortgesetzt werden würde. In der Wohnung, zu der der Gerichtssaal
gehört, trifft er die Frau des dort wohnenden Gerichtsdieners. Diese flirtet mit K. und
bietet ihm an, sich für ihn einzusetzen. Sie behauptet, einige Richter und Beamte
beeinflussen zu können, um so das Verfahren zu beschleunigen. Tatsächlich stellt sich
heraus, dass die Frau einige Affären hat, die ihr dazu verhelfen könnten.
Schließlich verschwindet die Frau mit einem ihrer Liebhaber. Josef K. versucht das zu
verhindern. Kurz darauf taucht der Mann der besagten Frau auf und lädt Josef K. auf eine
Führung durch die Kanzleien ein. Diese sind scheinbar immer auf den Dachböden
verschiedener Mietshäusern gelegen.

Auf dem Dachboden angekommen schaut sich Josef K. erst einmal neugierig um und
wundert sich über die ärmlichen Verhältnisse. Plötzlich wird ihm schlecht und er verliert
all seine Kraft. Er bricht zusammen und wird anschließend von einem Mädchen und
einem elegant gekleideten Mann aus der Kanzlei gebracht. Beim Verlassen der Kanzlei
ist K.s körperliches Wohlbefinden wiederhergestellt.

Der Prügler [Bearbeiten]

Josef K. wird Zeuge, wie die beiden Wächter, denen er in seiner Rede in dem
Gerichtssaal unter anderem Korruption vorgeworfen hat, in einer Rumpelkammer in der
Bank, in der K. arbeitet, ausgepeitscht werden. Da er sich für die Leiden der beiden
schuldig fühlt, versucht K. den Prügler zu bestechen. Dieser schlägt das Angebot jedoch
– zumindest vorerst – aus. Nachdem einer der Wächter aufschreit, entzieht sich K. der
Situation. Vor sich selbst rechtfertigt er seine Flucht, indem er Befürchtungen äußert, die
Bankbeamten könnten durch den Schrei des Wächters Franz aufmerksam geworden sein
und ihn in der Rumpelkammer überraschen.

Als Josef K. am nächsten Tag abermals in die Rumpelkammer, in der die Bestrafung
vollzogen wurde hineinschaut, findet er eine zu der am Vortag unveränderte Situation
vor. Er entzieht sicher abermals der Verantwortung und gibt Anweisungen die Kammer
zu entrümpeln.

Der Onkel / Leni [Bearbeiten]

K.s Onkel und ehemaliger Vormund Karl kommt zu Besuch, da er erfahren hat, dass
Josef angeklagt wurde. Der Onkel vermittelt K. den Anwalt und guten Freund Huld, der
gute Beziehungen zu einigen Richtern hat. Bei seinem ersten Besuch lernt Josef K. das
Hausmädchen Leni kennen und beginnt mit ihr eine Affäre.

Der krank im Bett liegende Anwalt stimmt der Verteidigung K.s zu und der Onkel reist
so wieder ab.

Advokat / Fabrikant / Maler [Bearbeiten]

Josef K. bereitet sich mit seinem Anwalt auf die nächste Anhörung vor. Bei der Arbeit
empfängt Josef K. einen Fabrikanten, der von seinem Prozess weiß und K. an einen
Maler verweist. Dieser verfüge über Informationen und Einfluss auf Richter und Beamte.

Daraufhin begibt sich K. zu besagtem Maler. Dieser erklärt ihm, dass K. keine reale
Chance auf einen Freispruch hätte, selbst falls er unschuldig sei. Der Maler verspricht mit
einigen Richtern zu reden, um diese so für Josef K. zu gewinnen. Als Gegenleistung
kauft Josef K. einige Bilder des Malers und verschwindet durch eine Hintertür, die in eine
weitere Kanzlei auf dem Dachboden führt, aus dem Haus.

Kaufmann Block / Kündigung des Advokaten [Bearbeiten]

K. beschließt dem Anwalt zu kündigen, da er keinen spürbaren Fortschritt in seinem


Prozess sieht. Bei dem Anwalt trifft er auf einen anderen Klienten (Kaufmann Block)
gegen den ebenfalls ein Prozess geführt wird, der aber schon länger als 5 1/2 Jahre
andauert.

Der Anwalt versucht K. zum Umdenken zu bewegen, indem er den Klienten Block
erniedrigt, um zu beweisen, wie abhängig seine Klienten von ihm aufgrund seiner
Kontakte und der Möglichkeit der Beeinflussung von Richtern und Beamten seien. Josef
K. verlässt das Haus ohne seine Entscheidung zu bereuen.

Im Dom [Bearbeiten]

Von seinem Vorgesetzten bekommt Josef K. den Auftrag, einem italienischen Kunden
der Bank die Stadt zu zeigen. Als Josef K. sich mit diesem vor dem städtischen Dom
treffen will, steht er schließlich alleine da.(K. ist, ohne dass es weiter beschrieben würde,
eine Stunde zu spät. Aber der Erzähler behauptet er sei pünktlich- (S.188 Z13-15 Szene
Dom) Auf S.192 jedoch ist noch immer die selbe Uhrzeit und die Rede davon, dass er
längst nicht mehr verpflichtet sei zu warten. (laut Reclam-Ausgabe, welche die übliche in
der Schule verwendete Version ist.)

In der Ausgabe von Schöningh, Einfach Deutsch "Der Prozess" ist K. allerdings
pünktlich. (S.198, Z.10: "...,etwa um zehn Uhr, sich im Dom einzufinden" und S.200,
Z14f: "K. war pünktlich gekommen, gerade bei seinem Eintritt hatte es zehn geschlagen,
der Italiener war aber noch nicht hier.").

So begegnet er einem Gefängniskaplan, der um K.s Prozess weiß. Der Pfarrer erzählt K.
Kafkas selbstgeschriebene Parabel „Vor dem Gesetz“ und diskutiert schließlich mit Josef
über deren Auslegung, um ihm seine eigene Situation vor Augen zu führen. K.jedoch
erkennt keine Parallelen zu seiner Situation. Zumindest wird dies nicht erwähnt.

Ende [Bearbeiten]

Josef K. wird am Vorabend seines 31. Geburtstages aus seiner Wohnung von zwei
Beamten abgeführt. K. überlegt kurz, Widerstand zu leisten, lässt sich dann aber nicht nur
mitnehmen, sondern geht sogar scheinbar freiwillig voraus. Auch überlegt er, selbst sein
Leben zu beenden. Er wird zu einem Steinbruch gebracht und mit einem Fleischermesser
erstochen. Die beiden Beamten sehen zu, wie K. langsam stirbt.

Interpretation [Bearbeiten]
Eine eindeutige Interpretation des „Process“ ist schwierig. Darum haben sich ganz
unterschiedliche Interpreationsansätze herausgebildet, die sich in vier Hauptrichtungen
kategorisieren lassen:

• politisch oder soziologisch: z.b. antikapitalistisch bzw. sozialistisch oder


gesellschaftskritisch
• religiös: vor allem in Bezug auf Kafkas jüdische Herkunft
• psychologisch: der "Process" wird als Verdeutlichung eines inneren Prozesses
gesehen
• biographisch: siehe Entstehungsgeschichte

Einzelne Aspekte [Bearbeiten]

Das Gericht [Bearbeiten]

Das Gericht steht Josef K. als eine unbekannte, anonyme Macht gegenüber.
Kennzeichnend für dieses Gericht das sich von "dem Gericht im Justizpalast"
unterscheidet sind weit verzweigte, undurchdringbare Hierarchien. Es scheint unendlich
viele Instanzen zu geben, von denen K. nur Kontakt mit den Allerniedrigsten hat. Darum
ist das Gericht für K. unfassbar und er kann dessen Wesen trotz all seiner Bemühungen
nicht ergründen. Dieses System, in dem die Beherrschten die sie Beherrschenden nicht
oder nur teilweise kennen, beziehungsweise innerhalb der Hierarchie nur die Stufen
unmittelbar über und direkt unter ihnen, ist auch in „Das Schloß“ von Kafka zu finden.
Im Laufe des Romans durchdringt das Gericht das ganze Leben K.'s. Es ist
allgegenwärtig und K. fixiert sich zunehmend auf seinen Prozess und auf das Gericht,
sodass er alles andere, wie seine Arbeit, vernachlässigt. Dabei steht es dem Angeklagten
eigentlich frei, ein ganz normales Leben, unbeeinflusst von seinem Prozess, zu führen,
denn „das Gericht will nichts von Dir. Es nimmt Dich auf, wenn du kommst und es
entläßt Dich, wenn Du gehst.“ (Im Dom). Das Gericht bleibt somit rätselhaft und nicht
eindeutig erklärbar.
Der psychologische Interpretationsansatz sieht im Gericht ein inneres "Selbstgericht" des
Protagonisten, das nicht real existent ist.

Josef K. und seine Umwelt [Bearbeiten]

Josef K. wird mit einer abweisenden, vertröstenden Welt konfrontiert. Wie in Kafkas
Parabel „Vor dem Gesetz“ der Mann vom Lande die Hilfe von Flöhen erbittet, sucht
Josef K. die Hilfe von Frauen, einem Maler und Rechtsanwälten, die ihren Einfluss nur
vortäuschen und ihn vertrösten. Die von K. um Hilfe gebetenen Menschen handeln wie
der Türhüter in der schon erwähnten Parabel. Denn der Türhüter akzeptiert die
Geschenke des Mannes vom Lande, aber nur, um ihn zu vertrösten und ihn in der Illusion
zu lassen, dass seine Taten ihm förderlich seien. Dabei ist der Mann vom Lande frei und
kann gehen, wann er möchte, anstatt sein Leben zu vergeuden. In der Dom-Szene wird K.
auch vom Geistlichen gesagt, dass das Gericht ihn aufnimmt, wenn er kommt, und ihn
„entlässt“, wenn er geht. Somit wäre auch K. frei, sein normales Leben fortzuführen.
Beide Männer glauben an die Autorität des Gerichtes bzw. des Gesetzes und versuchen
nicht, sich mit voller Entschlossenheit gegen diese zu wehren, sondern unterwerfen sich
dieser.

Der Process als humoristische Geschichte [Bearbeiten]

Die Freunde Kafkas erzählten, dass er beim Vorlesen aus seinem Werk vielfach laut
herauslachen musste.[2] Deshalb liegt es nahe, im „Process“ – mag sein Kern so ernst und
düster sein wie nur möglich – auch eine humoristische Seite zu suchen.

Ein vermutlich unschuldiger, harmloser Mensch wie Josef K. wird von einem
ungenannten Gericht einfach verhaftet, ohne wirklich verhaftet zu werden.

Erzählverhalten und Sprache [Bearbeiten]

Der ganze Roman bewahrt auch in brutalen Situationen seine sachlich ruhige und
teilnahmslose Sprache.
Kafka bedient sich oft des Mittels der erlebten Rede dadurch bleibt die Erzählperspektive
auf die Sicht des Protagonisten beschränkt (personaler Erzähler). Einen Einblick in K.s
Innenleben erhält man jedoch nur indirekt. Durch Kafkas hypothetischen Erzählstil
bleiben seine Aussagen häufig unsicher und unbewiesen.
Da die Erzählweise nur auf K.'s Sicht basiert, kann man sich des Wahrheitsgehalts des
Erzählten nicht sicher sein. Es ist schwer zu sagen, was passiert, wenn er nicht hinsieht,
bzw. ob alles so passiert, wie es da steht oder ob das nur K.'s Interpretation der
Geschehnisse ist. Somit kann die objektive Wahrheit des ganzen Handlungsverlaufs in
Frage gestellt werden.

Philologische Forschung/Diskussion [Bearbeiten]


Anordnung der Romankapitel [Bearbeiten]

Die Anordnung der Romankapitel wird seit der Erstveröffentlichung diskutiert und
immer wieder in Frage gestellt. Kafka, der zwischen August 1914 und Januar 1915 am
„Process“ arbeitete, hat sein Werk nicht abgeschlossen und somit auch nicht zur
Veröffentlichung vorbereitet. In einer an seinen Freund Max Brod gerichteten Verfügung
fordert er diesen sogar auf, nach seinem Tod seine Schriften zu vernichten (→ Kafkas
Verfügung).

Der einzige Textbeleg ist die von Kafka niedergelegte Handschrift, in der sich zahlreiche
Korrekturen Kafkas finden. Nach Abbruch der Arbeiten an dem Werk, aus dem er nur die
Erzählung „Vor dem Gesetz” veröffentlichte, löste er vermutlich die Hefte auf, in die er
den Text geschrieben hatte. Dadurch wurde der Gesamttext in 16 Abschnitte zerteilt,
teilweise zerstückelt in Einzelkapitel, teilweise in Kapitelfolgen oder auch nur Fragmente
von Kapiteln. Zwischen diese Abschnitte legte er jeweils einzelne Blätter, auf denen er
den Inhalt der dahinter liegenden Blattfolge vermerkte. Diese sechzehn derart
abgetrennten Bündel werden im Allgemeinen als Konvolute bezeichnet. Die Bezeichnung
Kapitel dagegen impliziert eine vom Autor bewusst festgelegte Text- und Sinneinheit
innerhalb eines Werkes, daher gibt dieser Begriff den Sachverhalt nicht richtig wieder.

Aufgrund des fragmentarischen Charakters des Textes wurden verschiedene Editionen


herausgegeben, die zum Teil große Unterschiede aufweisen. Die Kritische Ausgabe und
die von Brod herausgegebene Edition weisen dem Fragment den Charakter eines Werkes
zu, indem sie eine Reihenfolge der Manuskriptseiten festlegen.

Max Brod hatte für die Erstausgabe des Werks die Konvolute in Kapitel geordnet. Als
Grundlage dienten ihm die vermachten Originale, welche sich in drei Umschlägen mit
einem kryptischen System verschlüsselt aufbewahrt befanden, das nur von seinem
Urheber entschlüsselt werden konnte und das Brod auf seine eigene Art und Weise
interpretierte.

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Die Anordnung der Kapitel in „Der Process“ steht somit auch immer unter der Gefahr
einer ideologischen Vereinnahmung des Schriftstellers Kafka und somit ist jede
Anordnung für eine Textausgabe des Werks bereits Interpretation.

Guillermo Sánchez Trujillo [Bearbeiten]

Guillermo Sánchez Trujillo stellt in Crimen y castigo de Franz Kafka, anatomía de El


Proceso („Franz Kafkas Schuld und Sühne, Anatomie von Der Process“) die Hypothese
auf, dass, ausgehend von einer Feststellung von Ähnlichkeiten zwischen Kafkas Process
und Dostojewskis Schuld und Sühne, Kafka den Roman des russischen Schriftstellers
Fjodor Michailowitsch Dostojewski und andere seiner Erzählungen in der Art eines
Palimpsests benutzt hatte, um Der Process und andere seiner Erzählungswerke zu
schreiben. Er behauptet, die Anordnung der Kapitel lasse sich aufgrund der
Ähnlichkeiten auch an Dostjewskis Roman objektiv feststellen. Die Autonome
Lateinamerikanische Universität (UNAULA) in Medellín (Kolumbien) veröffentlichte im
Jahre 2005 eine kritische Ausgabe des Romans mit dieser neuen Anordnung. So kommt
Trujillo zu folgender Anordnung.

1. Verhaftung
2. Gespräch mit Frau Grubach / Dann Fräulein Bürstner
3. B.s Freundin
4. Erste Untersuchung
5. Im leeren Sitzungssaal / Der Student / Die Kanzleien
6. Der Prügler
7. Zu Elsa
8. Staatsanwalt
9. Der Onkel / Leni
10. Advocat/Fabrikant/Maler
11. Im Dom
12. Kaufmann Block / Kündigung des Advocaten
13. Kampf mit dem Direktor-Stellvertreter
14. Das Haus
15. Ein Traum
16. Fahrt zur Mutter
17. Ende

Gliederung nach Reclam (2006) [Bearbeiten]

Inhalt

1. Verhaftung
2. Gespräch mit Frau Grubach / Dann Fräulein Bürstner
3. Erste Untersuchung
4. Im leeren Sitzungssaal / Der Student / Die Kanzleien
5. Der Prügler
6. Der Onkel / Leni
7. Advokat / Fabrikant / Maler
8. Kaufmann Block / Kündigung des Advokaten
9. Im Dom
10. Ende

Fragmente

1. B.’s Freundin
2. Staatsanwalt
3. Zu Elsa
4. Kampf mit dem Direktor-Stellvertreter
5. Das Haus
6. Fahrt zur Mutter

Editionen [Bearbeiten]
Ausgabe von Brod [Bearbeiten]

Die erste Ausgabe trägt den Titel „Der Prozess“ (so auf dem Titelblatt) und erschien 1925
im Berliner Verlag „Die Schmiede“. Das Werk wurde von Kafkas Freund Max Brod
herausgegeben. Brod sah die Konvolute als abgeschlossene Texteinheiten an und stufte
sie daher als Kapitel ein. Außerdem legte er eine Reihenfolge der Kapitel fest. Dabei
berief Brod sich auf seine Erinnerung, denn Kafka hatte ihm Teile des Werkes
vorgelesen.

In den Jahren 1935 und 1946 gab Brod erweiterte Ausgaben heraus. Zusätzlich enthalten
sie im Anhang Teile des Werks, die Brod unvollendet erschienen, als so genannte
unvollendete Kapitel. Außerdem enthält der Anhang von Kafka gestrichene Stellen.
Die Ausgaben nach 1945 wurden mit der veränderten Schreibung "Der Prozeß"
herausgegeben.

Kritische Kafka-Ausgabe [Bearbeiten]

Eine leicht modifizierte Kapitelreihenfolge bietet die Edition mit dem Titel „Der Proceß“,
die im Rahmen der Kritischen Kafka-Ausgabe (KKA) der Werke 1990 erschienen ist.
Diese Ausgabe wurde von J. Born und anderen herausgegeben und erschien beim Fischer
Verlag.

Historisch-kritische Ausgabe [Bearbeiten]

Als Beginn der Historisch-kritischen Franz-Kafka-Ausgabe (FKA) durch Roland Reuß in


Zusammenarbeit mit Peter Staengle ist die dritte wichtige Edition mit dem Titel „Der
Process“ erschienen. Die 1997 vorgelegte Ausgabe beruht auf der Erkenntnis, dass es
sich bei der Handschrift nicht um ein abgeschlossenes Werk handelt. Das Ziel, die
originale Gestalt des Textes und Form der Handschrift zu wahren, schlägt sich nieder in
der Weise, wie die Edition den Text darbietet. Zum einen wird keine Reihenfolge der
Konvolute hergestellt, und zum anderen werden die Konvolute nicht in Buchform
veröffentlicht. Stattdessen wird jedes der sechzehn Konvolute in einem Heft
wiedergegeben. Auf jeder Doppelseite der Hefte sind jeweils das Faksimile einer
Manuskriptseite sowie dessen Umschrift gegenübergestellt. Anhand des Faksimiles kann
jeder Leser selbst die zum Teil nicht eindeutigen Streichungen Kafkas beurteilen, da es
hier keine Eingriffe durch den Herausgeber gibt, wie sie bei der Kritischen Edition und
der von Brod besorgten Ausgabe vorgenommen wurden.

Edition von Guillermo Sánchez Trujillos [Bearbeiten]

Rezeption [Bearbeiten]
Brod schreibt im Nachwort der ersten Ausgabe von 1925 in Bezug auf den „Process“,
dass „kaum [ein Leser] seine Lücke fühlen“ wird, wenn er nicht weiß, dass Kafka sein
Werk unvollendet ließ. Der Herausgeber schreibt weiter, die nach seiner Ansicht
vollendeten Kapitel ließen „sowohl den Sinn wie die Gestalt des Werkes mit
einleuchtendster [sic!] Klarheit hervortreten“. Außerdem spricht Brod im Nachwort zu
Kafkas Werk stets von „Roman“ und nicht von Fragment. Daran wird deutlich, dass er
die Auffassung vertritt, dem Werk fehle nichts Wesentliches. Diesen Eindruck vermittelt
seine Ausgabe auch den Lesern. Das Bild eines nahezu abgeschlossenen Werkes, das sich
der damaligen Leserschaft bot und das auch heute noch bei vielen Lesern vorherrscht,
begründete und begründet zum Teil den Erfolg und die Bewunderung für den „Process“.

Am 17. November 1988 wurde das Originalmanuskript des Werkes in London für eine
Million Pfund vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach ersteigert. Dies war der bis
dahin höchste Preis, der jemals auf einer Auktion für ein einzelnes Manuskript bezahlt
wurde. Das Geld stammte von Bund und Land Baden-Württemberg.[3] Das Manuskript ist
im Literaturmuseum der Moderne ausgestellt.

Musikalische Adaptionen [Bearbeiten]


Gottfried von Einems Oper „Der Prozeß“ (1953) basiert auf Kafkas Romanfragment.

Eine freie Adaption des Stoffes ist Gunther Schullers Jazz-Oper „The Visitation“ (1966).

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