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Dezember 2010

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°N 03
{ }
@Termit Walter ist immer mit einer Brille, einem
November 2010 rot-weiß gestreiften Pullover und einer
Pudelmütze bekleidet.

Liebe Schädlinge und übriges Gemüse,


der Termit geht in die dritte Runde.
# internes Geplauder angeklagte gegen Abschiebung und Folter.
Bei der vorliegenden Ausgabe gab es intern im Es gibt ab jetzt in jeder Ausgabe eine neue Rubrik.
Redaktionskollektiv große Diskussionen über die Wie in alten Zeiten drucken wir die besten Song-
Art und Weise, wie wir euch Leser_innen und texte Salzburgs ab. Diesmal der allseits bekannte
vor allem Schreiber_innen entgegentreten wollen. und beliebte „Fektersong“ von „Hausmusik im
Deshalb planen wir ein großes Redaktionstreffen Herrgottswinkel“
im Laufe des nächsten Monats, um das Grund- Ein weiterer Text war ebenfalls ein Flugblatt auf ei-
konzept dieses Flugblattes mit Terminen nochmal ner der vielen Demonstrationen der Studierenden
auszuloten und eventuell neue Mitarbeiter_innen in den letzten zwei Monaten. Dankend nehmen
(sowohl für den redaktionellen Teil als auch zum wir auch diesen Text gerne in den Termit auf: „Der
Texteschreiben) bei den Ausgaben anzuwerben. Staat sorgt sich um sein Wachstum und spart bei
den Armen“.
Außerdem ein älterer Text, neu übersetzt „Aufruf
# Inhalt dieser Ausgabe Unsichtbares Komitee“.
Wir drucken ein Flugblatt ab, dass uns diesen Sep- Zum Schluss findet ihr eine Auseinandersetzung
tember in die Hände gefallen ist. Das Flugblatt mit einer der Studi-Demos von linksradikaler Sei-
trägt den wunderbaren Namen: „Schule ist Schei- te. Sehr zu empfehlen: der Artikel “#allesbrennt”.
ße“ Aber lest am besten selbst…
Außerdem gibt es seit kurzem ein neues Urteil in Außerdem gibt’s natürlich wieder einen Termin-
unserem Lieblingsverfahren: Unter dem Slogan Plan zum Herausnehmen und Aufhängen.
„Widerstand im Fekterland“kämpfen zwei Haupt-

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Vorwort der Redaktion
Dieses Plakat tauchte im September rund um Schulen in Salzburg auf. Anlässlich der Veröffentlichung der
PISA-Studie im Dezember könnt ihr hier das Plakat lesen.

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berufungsgericht hebt
skandalurteil teilweise auf
neues verfahren in erster instanz

m it dem heutigen spruch hat der richterIn-


nensenat des berufungsgerichts das skan-
dalurteil von richterin karoline edtstadler in we-
ben und dies öffentlich mit der politisch beein-
flussten richterin begründet hatte.

sentlichen teilen aufgehoben bzw. korrigiert: für den erstangeklagten bedeutet dies nun, wie
der vorsitzende richter sagte, “ein teilweise zu-
für den erstangeklagten wurde das verfahren hin- rück an den start”.
sichtlich des vorwurfes der körperverletzung an
die erste instanz zurückverwiesen und das urteil somit hat der einfache protest gegen die antiasyl-
( monate – davon ein monat unbedingt) aufge- politik fekters noch für längere zeit juristische
hoben. dadurch wird das verfahren wieder in die folgen in form von verhandlungen und noch aus-
erste instanz zurückverwiesen. stehenden urteilen.

für den zweitangeklagten reduzierte das beru- der zweitangeklagte muss nun einen schuld-
fungsgericht das strafausmaß für den widerstand spruch wegen widerstands gegen die staatsgewalt
gegen die staatsgewalt von 6 monaten auf 3 mo- hinnehmen, obwohl er diesen nicht geleistet hat
nate auf bewährung (2 jahre bedingt). und ihm daher auch nicht schlüssig nachgewie-
sen werden konnte. hier schenkte auch das be-
somit hat sich zwar das berufungsgericht nicht rufungsgericht den polizeilich koordinierten
zu einem mutigen schlussstrich unter ein polit- aussagen der polizeibeamten uneingeschränkten
verfahren entschlossen, hat aber immerhin das glauben.
skandalurteil von richterin edtstadler in wesent-
lichen teilen aufgehoben. dass dieses urteil nicht
halten würde, war eigentlich zu erwarten, zumal Text zu finden auf widerstand-im-fekterland.at
die staatsanwaltschaft bereits gegen dieses urteil
einspruch zugunsten des erstangeklagten erho-

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Liedtexte die man k(o)ennen sollte

Fekter Song Original: „Weil ich ein Mädchen bin“ von Lucilectric

Ja, Grüß Gott ich bin die Mitzi Fekter Refrain


In der Schottergrube fühl’ ich mich daheim,
Im Internat da war ich taffer als die Nonnen, Brutale Bleibe-Rechtsnovelle kriegt sonst
Und so mancher hat schon wegen mir geweint, keiner so gut hin,
Und da lache ich na super, das nehm’ ich fürs Leben mit, Weil ich die Fekter bin, weil ich die Fekter bin,
Und diese Schadenfreude, begleitet mich Mein Wort ist Gesetzt,
auf Schritt und Tritt. Denn sonst macht Freiheit keinen Sinn,
Weil ich die Feeeekter bin.
Refrain:
Ich bin so froh, weil ich die Fekter, weil ich Ich bin so froh weil ich die Fekter bin, Weil ich
die Feeeekter bin , die Feeeekter bin,
weil ich die Fekter bin, weil ich die Fekter bin, weil ich Ich find dein Heimatland heraus und schick
die Feeeekter bin, dich wieder hin,
Ich find dein Heimatland heraus und schick Weil ich die Fekter bin, weil ich die Fekter bin,
dich wieder hin,
weil ich die Fekter bin, weil ich die Fekter bin, Fühlst du dich noch so integriert,
Egal ob Mann ob Frau oder sogar Kind, weil ich als Tschutsch bleibst du im Land nicht drin,
die Feeeekter bin. Weil ich die Feeeekter bin,

Schon im Gemeinderat von Attnang-Puchheim, Ich find dein Heimatland heraus und schick
da war ich gefürchtet und gehasst, dich wieder hin,
das gefiel sogar dem Wolgang Schüssel, weil ich die Fekter bin, weil ich die Fekter bin,
darum hab ich immer auf den Kleinen aufgepasst. Brauchst gar nicht weinen Arigona,
Weil ich sowieso gewinn’
Refrain Weil ich die Feeeekter bin.

Brauchst dich nicht wehren Arigona,


Weil ich ja sowieso gewinn’
Weil ich die Feeeekter bin.

Schaust du mich an mit deinen Rehlein Augen,


dann kümmert mich das noch lange nicht,
du sitzt im Flugzeug,
so schnell kannst du gar nicht schauen,
denn eure Mitzi hält was immer sie verspricht.

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Der Staat sorgt sich
um sein Wachstum
und spart bei
den Armen!
V or einigen Wochen hat die Bundesregierung
ein Sparpaket ausgearbeitet. Dieses sieht
Kürzungen in den verschiedensten Bereichen vor.
Es stellt sich also die Frage:

Gespart wird vor allem bei Pflegebedürftigen und


Warum haben Pröll, Faymann &
Familien, aber auch bei den Pensionen. Zudem Co. so entschieden?
werden Massensteuern erhöht (z.B. auf Benzin
und Tabak). Warum sparen sie bei denen, die eh schon we-
nig haben, wohingegen die Reichen, die Banken
Größte Veränderung auf der Ausgabenseite ist und die Unternehmen vergleichsweise ungescho-
die Kürzung der Familienbeihilfe: Sie wird statt ren davon kommen – obwohl sie kürzlich noch
bis zum 26. Lebensjahr nur noch bis 24 ausge- von massiven staatlichen Förderungen wie etwa
zahlt. Die Betroffenen erfahren aus den Me- den Bankenrettungspaketen profitieren konnten?
dien darüber und müssen ihre Lebensplanung An Unwissenheit über die dadurch entstehenden
entsprechend anpassen. Die Caritas warnt vor (zusätzlichen) sozialen Härten kann es nicht lie-
einem weiteren Anstieg der Armutsfälle – wohl gen.
zu Recht. Das betrifft nicht nur StudentInnen:
Aufgrund der Reduktion bzw. Streichung der Der zentrale Grund für die Stoßrichtung des
13. Familienbeihilfe werden für manche Kinder Sparpakets liegt darin, dass dieser Staat schlicht
Hobbys wie z.B. Musikunterricht zum Luxus. nicht den Zweck verfolgt, seiner Bevölkerung ein
gutes Leben zu verschaffen. Daraus wird auch
Viele Menschen sind wütend über diese Ent- kein Hehl gemacht: Als oberstes Ziel im Staat, da
scheidung. Unsozial sei sie, unausgeglichen und sind sich die Parteien einig, gilt das Wirtschafts-
überhaupt würde hier auf Kosten der Zukunft wachstum. Bei dieser Art von Wachstum geht es
gespart. Als Reaktion auf die Proteste ruderte nicht darum, mehr nützliche Sachen zu produ-
die Regierung (zumindest rhetorisch) etwas zu- zieren, um damit die Bevölkerung zu versorgen.
rück und versprach “Nachbesserungen”. An der
grundsätzlichen Ausrichtung des Sparpakets wol- Im Gegenteil: Es geht immer darum, dass Un-
len sie jedoch nichts ändern. ternehmen Gewinne machen. Ohne Gewinnaus-

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sicht für eine UnternehmerIn wird in der Markt- wieder fließen. Dabei kann er gleich beweisen,
wirtschaft schließlich gar nicht erst angefangen dass er seine lohnabhängige Bevölkerung gut im
zu produzieren. Die große Mehrheit der Bevöl- Griff hat – die nationalen und internationalen
kerung lebt jedoch nicht von Gewinnen, sondern Unternehmen wissen das als Basis ihres Gewinn-
von Löhnen – und die sind immer ein Abzug strebens zu schätzen! Der Staat ist bei diesem
vom Unternehmensgewinn, weshalb die Unter- Spiel jedoch keinesfalls Opfer der Märkte, im
nehmerInnen sie stets so tief wie möglich halten. Gegenteil: Die Freiheit der Märkte gilt ihm als
Das zentrale Ziel dieses Staates, die Unterneh- Motor seines Wirtschaftswachstums.
men möglichst viel Gewinn machen zu lassen,
steht also in einem direkten Gegensatz zum Inte-
resse der großen Mehrheit der Bevölkerung nach
Nach dem „Prinzip Wachstum“
einem möglichst hohen Lohn und somit Zugang funktioniert auch die Uni
zu den Waren.
Es geht darum, mit möglichst wenig Geld eine
Neben diesem grundsätzlichen Widerspruch Bildungselite heranzuziehen, die den Bedürfnis-
spielt im aktuellen Entwicklungsstadium der sen der Unternehmen entspricht. Mit den „ide-
Marktwirtschaft die Macht der Finanzmärk- ellen Werten der Bildung“ ist es auch nicht weit
te eine große Rolle. Deshalb konnten wir kurz her: Gefragt sind keine kritischen Menschen,
nachdem das Sparpaket öffentlich gemacht sondern „mündige BürgerInnen“: Also Leute,
wurde im Standard-Interview mit dem Finanz- die zwar schon ein bisschen kritisch sind, dabei
Staatssekretär der SPÖ lesen: aber brav bleiben und die staatlichen Ziele nicht
in Frage stellen.
„Es war wichtig, gegenüber den internationalen Fi-
nanzmärkten einen vernünftigen Konsolidierungspfad Die aktuellen Kürzungen zeigen einmal mehr:
zu präsentieren.“ Wer ein gutes Leben will, kommt am Kampf
gegen die Logik des Systems nicht vorbei. Un-
Zwei Wochen später legte die Ratingagentur abhängig davon, ob man einen Systemwechsel
“Standard & Poor’s” noch einen drauf: Sie drohte oder nur wieder länger Familienbeihilfe will: Die
damit, dass die Bonitätsstufe für österreichische PolitikerInnen hören nicht auf gute Ratschlä-
Staatsanleihen sinken könnte, wenn das Land ge. Wenn sich etwas ändern soll, muss es gegen
nicht auch bei den Pensionen und bei den Ge- diesen Staat und seine VertreterInnen erkämpft
sundheitsausgaben stärker sparen würde. Dies werden!
würde die Kreditaufnahme für Österreich ver-
teuern und das Land somit in der Standortkon-
kurrenz zurückwerfen. Da kommt also noch was
Systemrelevant im Kapitalismus
auf uns zu! ist das Wachstum des Kapitals –
Diese Beispiele zeigen: Der Staat ist abhängig
nicht unsere Lebensqualität!
vom Vertrauen der Finanzmärkte – weil das er-
möglicht ihm, noch mehr Kredite aufzunehmen
um noch mehr Wachstum zu generieren. Dieses
Vertrauen ist krisenbedingt unter Druck. Der
Staat versucht nun den Märkten klar zu machen,
dass er gewillt ist alles zu tun, damit die Gewinne

gratis
7 Gutschein für ein Produkt deiner Wahl
Aufruf
Unsichtbares Komitee
Proposition Eins
Dem Triumph der Zivilisation fehlt es an nichts.

W eder an politischem Terror noch an emo-


tionaler Armut. Noch an allumfassender
Sterilität. Die Wüste kann sich nicht mehr aus-
So gut wurde uns das beigebracht, dass wir keine
Worte finden, wenn wir schreien wollen.
Worin die HERRschende Ordnung besteht, weiß
dehnen: sie ist überall. Doch sie kan sich vertie- jede und jeder: dass ein absterbendes gesellschaft-
fen. Vor den Anzeichen der Katastrophe stehend liches System keine andere Rechtfertigung seiner
gibt es jene, die sich empören und jene die zur willkürlichen Erscheinungsform hat als die ab-
Kenntnis nehmen, jene, die mit dem Finger auf surde Entschlossenheit – die senile Entschlossen-
andere zeigen und jene, die sich organisieren. heit – einfach anzudauern; dass die Polizei, global
Wir gehören zu denen, die sich organisieren. oder national, freie Hand hat jene loszuwerden,
die nur mit einer Zehe nicht auf Linie sind; dass
der Zivilisation, in ihrem Herzen verwundet,
Scholium nichts mehr begegnet als ihren eigenen Grenzen
Das ist ein Aufruf im endlosen Krieg, den sie begonnen hat; dass
dieser schon fast ein Jahrhundert dauernde irrsin-
Das heißt, er richtet sich an jene, die ihn hören. nige Lauf nichts produziert außer einer Reihe von
Er will nicht demonstrieren, argumentieren, Desastern in immer kleineren Abständen; dass
überzeugen. Wir kommen direkt zum Offen- die Masse der Menschen mit dieser Ordnung der
sichtlichen. Das Offensichtliche ist nicht in ers- Dinge mittels Lügen, Zynismus, Brutalität oder
ter Linie eine Frage der Logik oder des rationalen Medikamenten fertig wird; – keine und keiner
Denkens. Es hängt am Wahrnehmbaren, an Wel- kann behaupten, das nicht zu merken.
ten. An jeder Welt gibt es etwas Offensichtliches.
Das Offensichtliche ist etwas Gemeinsames oder Und der Sport, der darin besteht ständig, mit
etwas das trennt. Etwas, nach dem Kommunika- mehr oder weniger Gefälligkeit, das gegenwär-
tion wieder möglich wird, eine Kommunikation tige Desaster zu beschreiben, ist nur eine andere
die nicht länger vorausgesetzt ist, sondern eine, Art zu sagen: “So ist das halt.”; wobei die Pokal
die aufgebaut werden muss. für Unverschämtheit an die Journalistinnen und
Es wurde uns gut beigebracht, dieses Netz des Of- Journalisten geht, an all jene, die vorgeben, jeden
fensichtlichen, das uns ausmacht, anzuzweifeln, Morgen das Elend und die Korruption neu zu ent-
zu vermeiden, zu verdecken, für uns zu behalten. decken, die sie Tags zuvor schon gesehen haben.

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Aber was momentan am zurückgekehrt bis zur Erschöpfung ihre wackeli-
gen Konstruktionen, ihre depressiven Netzwerke
meisten verblüfft, ist nicht die aufzuziehen.
Arroganz des Empire, sondern Die Bullen, die Gewerkschaften und andere in-
formelle Bürokratien brauchten nicht mehr als
die Schwäche des Gegenschlags. drei Jahre um die kurzlebige “Anti-Globalisie-
rungsbewegung” zu entschärfen. Sie zu kontrol-
Wie eine gigantische Lähmung. Eine Massen- lieren. Sie in verschiedene “Kampfgebiete” zu
lähmung. Die manchmal – wenn sie überhaupt trennen, jedes so profitabel wie steril.
noch spricht – sagt, da wäre nichts zu machen.
Die manchmal – wenn sie an ihre Grenzen stößt Von Davos zu Porto Allegre, von MEDEF (der
– einräumt, “es wäre zuviel zu tun”. Was das glei- Gewerkschaft der französischen Bosse) zur CNT,
che bedeutet. in Zeiten wie diesen beschreiben Kapitalismus
Am äußeren Rand dieser Lähmung gibt es das wie Anti-Kapitalismus den selben abwesenden
“Etwas, irgendwas, muss getan werden!” der Ak- Horizont. Dieselbe verkürzte Aussicht das Desas-
tivistinnen und Aktivisten. Seattle, Prag, Genua, ter zu managen. Was sich letztendlich dieser all-
der Kampf gegen General Motors oder die Ar- gemeinen Trostlosigkeit entgegensetzt ist schlicht
beitslosenbewegungen, wir haben unsere Rolle eine andere, weniger reich gefüllte Trostlosigkeit.
gespielt, wir haben Partei ergriffen in den Kämp- Überall dieselbe idiotische Vorstellung von
fen der letzten Jahre; und zwar sicher nicht die Glück. Dieselben vor Angst gelähmten Macht-
Partei von ATTAC oder den Tute Bianche. spiele. Dieselbe entwaffnende Oberflächlichkeit.
Die Folklore des Protests unterhält uns nicht Derselbe emotionale Analphabetismus. Dieselbe
mehr. Wüste.

Im letzten Jahrzehnt haben wir jugendliche


Münder den zähen Monolog des Marxismus- Wir sagen: diese Zeit ist eine
Leninismus hervorwürgen sehen. Wüste, und die Wüste vertieft
Wir haben den Anarchismus der reinen Lehre
sogar das verneinen sehen, was er nicht versteht. sich unaufhörlich.
Wir haben gesehen, wie ermüdende Wirtschafts-
gläubigkeit – die der Le Monde Diplomatique Das ist keine poetische Figur, das ist offensicht-
– sich als neue Religion ausbreitet. Und wie der lich. Eine Offensichtlichkeit, die viele andere
Negriismus sich als die einzige Alternative zur beherbergt. Besonders den Bruch mit allem das
intellektuellen Schlappe der globalen Linken protestiert, allem das mit dem Finger zeigt und
aufdrängt. Die militante Linke ist überall dazu allem, das das Desaster übertüncht.

Wer mit dem Finger zeigt,


bezieht sich selbst nicht mit ein.
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#allesbrennt
Alles was wir gewagt haben, war der Versuch zumindest ein Staubkorn
im Getriebe zu sein. Einmal eine halbe Sekunde Freiheit zu schmecken.

A ls in Salzburg am 28.10. zum ersten Mal seit


langem auf einer Demo etwas Ungeplantes
passierte, war das schon was Besonderes. Wäh-
Demo weiter ziehen, zum Glück wenig Anklang.
Viele Menschen blieben trotzdem sitzen. Die
Demo wurde daraufhin offiziell aufgelöst. Aller-
rend rund 1500 Menschen gegen die Kürzung dings fand sich ein Protestierender, der mit der
der Familienbeihilfe und für die Ausfinanzierung Polizei im Namen der Sitzenden, aber ohne dies
der Universitäten demonstrierten, konnte ein Teil mit den anderen Protestierenden abzusprechen,
der Demo mehr als eine Stunde die Staatsbrücke einen Deal machte. Wir sollten ein Foto mit der
und somit die ganze Innenstadt blockieren. Un- “Kuschelpolizei Salzburg” machen um eine Mes-
zählige Busse und PKWs standen still. Der Ver- sage zu vermitteln, die aber nicht allen so klar
kehr kam weiträumig zum Erliegen. Das alleine war. Der Polizei schon: Nachdem nämlich ein
verhindert noch kein Sparpaket – aber es zeigt, Großteil der Blockade aufstand, um sich foto-
wie mit einer entschlossenen Aktion der alltägli- grafieren zu lassen, konnte ein Teil der Kreuzung
che Gang der Dinge aus dem Takt gebracht wer- für den Verkehr wieder frei gegeben werden. Nur
den kann. ein kleiner Teil (ca. 15 Menschen) blieb sitzen.
Sie versuchten, den aufstehenden Menschen klar
Das ganze hatte sich spontan ergeben. Ein paar zu machen, dass das eine Strategie der Polizei sei
Leute haben sich hingesetzt und einige andere und dass auch die Salzburger Bullen keine Ku-
zogen mit. schelpolizist_innen sind. Im Gegenteil – sie sind
Der kollektive Widerstand hat zu kreativen es, die die Folgen des Sparpaketes mit Gewalt in
Sprechchören und viel Spaß geführt. Die Polizei die Tat umsetzen und wenn es der Staat so will,
war zurückhaltend. auch mit Gewalt besetzte Universitäten räumen.
Sie waren auch nicht besonders viele, die Kolleg_ Man traf jedoch auf taube Ohren. Die meisten
innen steckten wohl im Stau. Es wurde deutlich, spielten mit und waren vielleicht auch ein biss-
wie einfach es ist, sich zu widersetzen. chen zufrieden, ein schönes Foto für ihr Face-
book-Profil ergattert zu haben. Die Verbliebenen
hingegen wurden von der Gruppenfoto-Einheit
Blockieren, streiken, besetzen – der Polizei bedroht. Die Aktion wurde also nicht
Let’s do it again! gemeinsam und solidarisch beendet. Das ist scha-
de – dennoch war die Aktion insgesamt positiv
Der Abschluss der Aktion war leider weniger ge- und wir hoffen, dass sich diese Art von zivilem
lungen. Zwar fand die Ankündigung der Demo- Ungehorsam in Salzburg noch öfters wiederholen
Veranstalter_innen, sie wolle mit dem Rest der wird!

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#allesbrennt
Denkt nach, gemeinsam sind wir stärker! Auf
der Demo waren viele Schüler_innen, Lehrlinge,
Für mehr zivilen Ungehorsam
prekär lebende oder arbeitende Menschen. Sie und direkte Aktionen!
gehen im unibrennt-Rummel unter, wo meist
nur die Lebenssituation der Student_innen ange-
sprochen wird. Die Folgen der Lebensweise, die
wir alle mehr oder weniger (mit-)praktizieren,
betreffen aber weite Teile der Bevölkerung. Also
Die kapitalistische Zwangsjacke
raus aus den Hörsälen, Schulen, Büros und Fa- an den Nagel hängen!
briken! Gemeinsam auf die Straßen, gemeinsam
sind wir unaussitzbar! Die Proteste in Frankreich,
bei denen Studierende gemeinsam mit Lohnar-
beiter_innen auf die Straße gehen, streiken und
die Produktion blockieren, zeigen, wie Solidarität
unter verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen
funktionieren kann.

Vergangenes Jahr haben, allen voran, die Studis


gezeigt, dass es möglich ist, breite gesellschaftli-
che Diskurse loszutreten und zu gestalten. Aber
es blieb meist beim Reden. Jedes Jahr wieder ste-
hen wir vor der absurden Situation, Abstriche zu
machen, weil der „Freie Markt“ das angeblich so
braucht. Was wir viel eher brauchen, ist eine radi-
kale Kritik der Politik, die alles den Interessen der
Wirtschaft unterordnet und aus der Befriedigung
unserer Grundbedürfnisse eine Kosten-Nutzen-
Rechnung macht. Die Erfahrung hat gezeigt:
Dieser Staat und seine Vollstrecker_innen verste-
hen nur eine Sprache: Streik, Blockade, Sabotage!
In einer Welt, die alle Freuden in Waren verwan-
delt, bleibt uns nur mehr die Freude, diese Welt
der Waren zu zerstören – und die Möglichkeit,
eine Gesellschaft aufzubauen, in der unsere Be-
dürfnisse zählen, nicht die des Kapitals.

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