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Hausarbeit zum Seminar des Sommersemesters 2006 an der Universität ****

Seminarleitung: Dr. phil. ****


Seminartitel: *****

Heinrich Heine
„Der arme Peter“

(Hier befand sich ein Bild Heines und die Unterschrift Heines als Bild, über deren Copyrights
ich mir nicht im Klaren war.)

Name
Straße Hausnummer
Postleitzahl Stadt
Matrikelnummer: *****

Inhaltsverzeichnis

Seite

2 Inhaltsverzeichnis

3 Biografie Heines

5 „Der arme Peter“

10 Literaturverzeichnis

11 Anhang

2
Biografie Heines

Heinrich Heine wurde nach heutigen Erkenntnissen als Harry Heine, am 13. Dezember 1797,
in der Bolkerstraße 10 in Düsseldorf geboren. Alle Dokumente, die das Geburtsdatum
verifizieren könnten, sind verloren gegangen, wohingegen der Geburtsort Düsseldorf als
gesichert gilt. In der Literatur finden sich gelegentlich abweichende Angaben über sein
Geburtsdatum, da er, wahrscheinlich aus Verehrung zu Napoleon und dessen
Machtergreifung, selber zuweilen das Geburtsjahr mit 1799 angab. So ist unter anderem die
Neujahrsnacht des Jahres 1800 ebenfalls als sein Geburtsdatum zu finden.

Die Eltern Heines waren Juden. Samson Heine war Textilkaufmann und hatte mit Betty (eigtl.
Peira) Heine, geb. van Geldern, noch drei weitere Kinder. Harry war das älteste der vier
Kinder. Er besuchte von 1803 bis 1807 eine Privat- und Normalschule in Düsseldorf, dann die
Vorbereitungsklasse des Lyzeums, bevor er 1809 Schüler auf dem Lyzeum wurde. 1814
verließ er das Gymnasium ohne Reife-/Abschlusszeugnis und verbrachte kurze Zeit an der
Handelsschule. Bereits 1815 begann er eine Lehre bei einem Frankfurter Bankier. Nachdem
er dort erstmals die Lebensumstände in den jüdischen Gettos kennen lernte, wechselte er noch
im Jahre 1816 in das Bankhaus seines Onkels Salomon Heine. Salomon war im Gegensatz zu
Heines Vater erfolgreich und unterstützte Harry Heine bis 1844 auch finanziell. Der Onkel
soll zeitlebens wenig Verständnis für die literarische Betätigung Heines aufgebracht haben.
So unterstützte er auch 1818 die Eröffnung des Tuchgeschäfts „Harry Heine & Co.“, welches
jedoch bereits zu Beginn des nächsten Jahres Konkurs anmeldete. Auch hier drückte sich das
geringe Interesse an Geldgeschäften des jungen Schriftstellers aus, der bereits in der Schule
angefangen hatte Gedichte zu verfassen. Im März 1819 immatrikulierte er in Bonn für das
Studium der Rechtswissenschaften und studierte dort für zwei Semester. Zum Wintersemester
wechselte Harry Heine nach Göttingen, musste dort jedoch aufgrund eines Duells am 23.
Januar 1821 und folgender Relegation die Universität für ein halbes Jahr verlassen. Heine
immatrikulierte im April in Berlin. Während seines Aufenthaltes in Berlin wurde Harry Heine
1822 Mitglied im »Verein für Kultur und Wissenschaft der Juden«. Noch im selben Jahr trat
er eine Reise nach Polen an, nach der sein erster Gedichtband bei Maurer in Berlin erschien.
Während seines Studiums in der Hauptstadt besuchte er unter anderem die Vorlesungen
Savignys und Hegels. Des Weiteren nahm er an den Berliner Salons von Rahel Varnhagen
und Elise von Hohenhausen teil, in denen die Werke Goethes bzw. Lord Byrons mit
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Ausgiebigkeit behandelt wurden. Auch lernte er die Werke Chamissos und Hoffmann von
Fallersleben kennen. Mit Musik kam H. Heine in Kontakt während er die Salons von Beer
und Mendelssohn Bartholdy besuchte. 1824 nahm Heine sein Studium an der Universität in
Göttingen wieder auf. Eine „Harzreise“ folgte, eines seiner Werke trug später diesen Namen.
Im Juli des darauf folgenden Jahres promovierte er in Jura. Zuvor, im Juni 1825, konvertierte
Heine zum evangelischen Glauben. Bei der Taufe in Heiligenstadt entschied er sich für den
Namen Christian Johann Heinrich Heine.

1827 siedelte er nach München über, wo er kurze Zeit der Redakteur Cottas "Neuen
Allgemeinen Politischen Annalen" war. Heine strebte eine Professur für Literaturgeschichte
an, wozu es allerdings nie kam. Nach dem Tod seines Vaters im Dezember 1928 weilte Heine
wieder in Hamburg, von wo aus er nach Berlin, dann nach Potsdam siedelte. Während eines
Aufenthaltes 1830 auf Helgoland ereilte ihn die Nachricht der Julirevolution aus Frankreich.
1831 zog er in ein „freiwilliges Exil“ nach Paris. Er lernte seine spätere Frau Mathilde 1834
kennen. Schon 1835 wurden sämtliche Schriften Heines durch den Deutschen Bundestag
verboten. Dies verschlechterte die monetäre Situation des Autors maßgeblich, und das obwohl
es bereits ein paar Jahre vorher Verbote einzelner Werke gegeben hatte. 1836 erkrankte Heine
an Gelbsucht. Am 31. August 1841 ehelichte er Crescentia Eugenie (Mathilde) Mirat. H.H.
sollte nur noch zwei Mal nach Deutschland zurückkehren; Resultat ist unter anderem
„Deutschland, ein Wintermärchen“. 1847 lernte er Karl Marx in Paris kennen. Nach dem Tod
seines Onkels Salomons bekam Heine die finanzielle Unterstützung nur unter der Prämisse
weitergezahlt, dass er keine Familienmitglieder mehr namentlich erwähnte. 1848
verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Schriftstellers. Erst im Mai wurde
Rückenmarksschwindsucht diagnostiziert. Bis 1856 blieb Heine an die Matratzengruft, sein
Bett in der Avenue Matignon 3, gefesselt. Weitere Werke, unter anderem der „Romanzero“,
„Der Doktor Faust“ und seine Memoiren entstanden. 1856, am 17. Februar um 5.00 Uhr
morgens, verstarb Heine in Paris. Er liegt auf dem Montmartre - auf ausdrücklichen Wunsch -
neben seiner Frau begraben. Wie Untersuchungen 2003 zeigten, starb Heine jedoch an einer
schweren chronischen Bleivergiftung und nicht an einer syphilitischen Erkrankung, wie er
unter anderem selber mutmaßte.

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„Der arme Peter“

Das Gedicht wurde von mir ausgewählt, weil es beim Leser Empathie und Mitgefühl
gegenüber dem Protagonisten hervorruft. Das Motiv der unerfüllten Liebe wird von
klassischen wie auch modernen Autoren aufgegriffen und verarbeitet und eignet sich meines
Erachtens gerade auch deshalb gut für den Deutschunterricht in der Schule. Des Weiteren
fand ich interessant, dass dieses Gedicht eher unbeachtet in der Reihe der Heine
Interpretationen scheint. Sekundärliteratur ist faktisch nicht vorhanden.

Das Gedicht ist zum ersten Male 1827 bei Hoffmann und Campe in Hamburg erschienen. Es
ist dort als zu den Romanzen gehörenden Gedichten innerhalb der „Junge[n] Leiden“ des
„Buch[es] der Lieder“ zu finden.

Das Thema des Gedichtes ist die unerfüllte Liebe Peters. Peter beobachtet die Hochzeit von
Hans und Grete. Während die einen ausgelassen und geräuschvoll feiern, steht er da und
blickt geräuschlos auf das Brautpaar. Während die einen festlich gekleidet sind, trägt er nur
Wochentagskleidung. Peter grämt sich und führt ein Selbstgespräch als er das Brautpaar
beobachtet, dessen Inhalt Zufügung eigenen Leides ist. Es folgt der betrübte Gedankengang
eines erneuten Selbstgespräches Peters, in dem er sein Leid und seine innere Zerrissenheit
klagt. Allein die Vernunft vermag Peter, nach eigener Aussage, davon abzuhalten, sich selbst
etwas zuzufügen. Sein einziges Thema ist das Hingezogenfühlen zur Geliebten und die
schüchterne Scheu vor selbiger. Seine Flucht vor Grete scheint einziger Ausweg aus der
Situation. Dies alles macht ihm so zu schaffen, dass in der Folge sein äußeres
Erscheinungsbild auffallend krankhaft erscheint. Leute auf der Straße bleiben beim Erblicken
seiner Person vor Erstaunen fast stehen und nehmen sein Äußeres als Anlass für ein Gespräch.
Mädchen vergleichen sein Aussehen mit dem eines Toten.

„Der arme Peter“ liegt als Ballade in Form eines Tryptichons vor. Das heißt Heine hat das
Gedicht in dreigliedriger Struktur, die er durch Absetzen von jeweils drei Strophenverbänden
mit römischen Zahlen erreichte, mit nur einem Titel überschrieben und so als Einheit
dargestellt. Tryptichen sind in der Lyrik eher selten anzutreffen. Die, wenn man so will, drei
autarken Gedichte weisen unterschiedliche metrische Merkmale und Reimschemata auf und
bleiben auch dem Zusammenhang entrissen durchaus verständlich. Allerdings erschließt sich
dem Leser erst im Gefüge das von Heine präsentierte Gesamtbild der Handlung.

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Heine steigt novellengleich und ohne Einleitung in die Darstellung des Hochzeitstanzes ein,
der von dem Protagonisten beobachtet zu werden scheint. Es deutet zumindest die mit
„Werkeltagskleide“ beschriebene Kleiderwahl Peters darauf hin, dass er kein Teil der
Hochzeitsgesellschaft ist. Während das Brautpaar als fröhlich und ausgelassen beschrieben
wird, hat die Beschreibung Peters deutlich kontrastiven Charakter. Die äußere Erscheinung
des feiernden und gutaussehenden Brautpaares steht im Gegensatz zu dem „still[en]“ und
„stumm[en]“, sowie „bla[ssen]“ Peter. Der dargestellte Trübsinn und die geflüsterten
Selbstgespräche lassen keinen Zweifel daran, dass der Protagonist mit der erlebten Situation
sehr unglücklich ist. Während in den ersten beiden Strophen noch das alternierende Schema
der vergleichenden Darstellung von Brautpaar und Peter dominiert, findet schon in der dritten
Strophe eine Fokussierung auf Peter statt. Nicht nur inhaltlich, auch strukturell vollzieht sich
der Wechsel. Die sich während der ersten zehn Verse kontinuierlich wiederholenden
Anaphern finden im Vers 11 ein jähes Ende und werden von einer nicht gekennzeichneten
wörtlichen Rede Peters abgelöst. Die Interjunktion „Ach!“ (V.111), ein Seufzen Peters, die
außer dem metrischen Auftakt auch in der Silbenzahl eine Abweichung darstellt, stellt
wiederum inhaltlich ein Gegenstück zum „jauchzen“ (V.2) des Brautpaares dar. Die
Korrelation der ersten beiden Strophen wird durch die Äußerung Peters in der dritten Strophe
als inhaltlicher Klimax vollzogen. Von der Beschreibung des Gemütes der beiden im
Vergleich zu Peter, über die Bedeutung des Tanzes und der Freude als Hochzeitsbrauch im
Vergleich zum „[Nägelkauenden]“ (V.7), „Werkeltagskleide“ (V.8) Tragenden, bis hin zum
Selbstmordgedanken hegenden Beobachter des Brautpaares, steigert sich die Verzweiflung
des Beobachtenden. Die Erzählform des Er-Erzählers erlaubt den bis zur Wiedergabe der
wörtlichen Rede Peters objektiven Blick auf das Geschehen. Narrative Elemente stehen im
ersten Teil deutlich im Vordergrund. Erst im Zusammenhang mit den anderen Teilen des
Tryptichons wird die Funktion der ersten drei Strophen als Exposition deutlich, aber auch
ohne die Fortführung ist es möglich die Essenz des Erzählten zu verstehen. Das heißt, dass
auch die erste Strophenkolonne isoliert interpretativ Zugang bietet. (Um hier kurz
vorzugreifen: mit den beiden folgenden Teilgedichten ist dies auch möglich. Nur im Kontext
wird allerdings der volle Umfang des Dargestellten erfasst.) Der durchgängige Kreuzreim
verleiht dem Gedicht über die einführenden drei Strophen hinweg, zusammen mit der
Volksliedstrophe, einen rhythmischen Takt, der gerade durch die Anaphern nochmalig
verstärkt wird und die gegenüberstellende Art der Beschreibung hervorhebt.

Das Hauptaugenmerk in der dritten Strophe auf den Protagonisten und Namensgeber des
Gedichtes findet im zweiten Teil des Tryptichons seine konsequente Fortführung. Die
1
Die Verszählung erfolgt durchgängig für das ganze Tryptichon. Die Verszählung beginnt in den drei Teilen des
T. nicht neu. (Anm. des Verfassers)

6
Strophen vier bis sechs stellen, diesmal auch als solche gekennzeichnet, durchgängig
wörtliche Rede des unglücklich Verliebten dar. Weder der Inhalt noch die Form lassen eine
eindeutige Klassifizierung und Deutung als innerer Monolog oder Selbstgespräch zu.
Inwiefern Heine diesem Eindruck durch das Setzen der Anführungszeichen entgegenwirken
will, lässt sich im Vergleich mit der vorhergegangenen ungekennzeichneten Rede nicht
eindeutig beantworten. Es gelingt ihm aber auf jeden Fall durch die Rede, die Fokussierung
auf Peter weiter voran zu treiben und Authentizität zu suggerieren. Der vermeintliche Blick in
die Gefühlswelt unterstützt das Empathievermögen des Lesers. Das lyrische Ich eröffnet dem
Leser, sei es jetzt innerer Monolog oder wörtliche Rede, Einblick in seine intimen
Empfindungen. Dem Leser werden die inneren Vorgänge Peters nahe gebracht während die
Beweggründe des Brautpaares, oder zumindest der Geliebten, unergründbar bleiben. Die
Folge: der Leser ergreift emotional Partei für Peter. Das Prinzip der kontrastiven Darstellung
wird auch in den drei Strophen des zweiten Teils fortgeführt; passives und aktives Verhalten
Peters wird durch ein „von hinnen [ge]dräng[t]“ (V. 16) werden und ein von „hinnen eilen“
(V.20) weiter umgesetzt. Alle Bewegungen Peters zu Grete hin sind passiver Natur; er wird
„[ge]tr[ieben]“ (V.17) und „[ge]dräng[t]“. Aktive und selbstinitiierte Bewegungen sind stets
von Grete weg gerichtet. Das aktive Verhalten wird durch den Stillstand verstärkenden und
wiederholend wirkenden chiastischen Aufbau der Verse 23 und 24 noch weiter abgeschwächt:
„Und wenn ich still dort oben steh, Dann steh ich still und weine.“ sein Verhalten ist geprägt
von erleiden und erdulden. Bewegungslosigkeit, Lethargie und tatenloses Zusehen ist auch
hier Hauptmerkmal des Liebenden. Die Ohnmacht angesichts der vollzogen Hochzeit findet
mit dem Konjunktiv in Vers 18 „könnts“ ihren Höhepunkt. Auch Gretes Initiative änderte
angesichts des dann drohenden gesellschaftlichen Untergangs bei Bruch des sakralen
Ehegelöbnisses nichts mehr an der unglücklichen Liebe bzw. an der selbst wahrgenommenen
Isolation des lyrischen Ichs. Der metaphorische Rückzug Peters in die Einöde und die dadurch
unmögliche Lösung des Problems der unglücklichen Liebe ist hier unumkehrbar. Die
Möglichkeit der Nähe zu Grete wird nicht nur durch den inneren Zwang des „von hinnen
[E]ilen[s]“ zu müssen, sondern auch durch den aktiven Rückzug auf „des Berges Höh“ (V.21)
zunichte gemacht. Flucht und Verdrängung, Weinen und Schweigen scheinen die einzigen
Möglichkeiten zu sein, derer sich Peter bedient.

In der siebten Strophe, in Vers 25, wird zum ersten und einzigen Mal der Titel wörtlich
aufgegriffen. „Der arme Peter wankt“ durch die Straßen und erschreckt die anderen Passanten
mit seiner Blässe. Die Blässe, die im vierten Vers mit der einer Kreide verglichen wurde, wird
hier nun zusätzlich negativ konnotativ unterlegt, indem sie nun zur „[L]eichenbl[ässe]“ wird.
Während in der ersten Strophe Peter derjenige ist, der „schaut“ (V.10) und „steht“ (V.3),

7
bleiben jetzt „die Leute […] stehn“, „wenn sie ihn sehn“ (V.27f). Der Vergleich der
Gesichtsfarbe Peters mit der Todesblässe wird durch die Aussage der vorbeigehenden
Mädchen, „“Der stieg wohl aus dem Grab hervor.““ noch konkretisiert. Gänzlich neu ist hier
die Einmischung eines kommentierenden auktorialen Erzählers, der den Untergang des
Individuums, entweder im metaphorischen oder im wörtlichen Sinne, prophezeit. Der
Selbstmordgedanke Peters aus der dritten Strophe wird hier weiter geführt, wenn der Erzähler
das Grab als den Platz schildert, an dem der Protagonist „am besten liegen mag“ (V.35).
Bewusst wählte Heine hier „mag“ als Derivat von „mögen“, welches einen Willen oder
Wunsch Peters impliziert. Verben wie „können“ oder „müssen“ hätten den Kommentar des
Erzählers weitaus distanzierter und objektiver erscheinen lassen. So ist denn die Konklusion
des Todes eine selbstgewählte Form des unglücklichen und in auswegsloser Situation
gefangenen Peters. Die dreifache Wiederholung des Wortes „Grab“ (V.30, 32 u. 34) die im
inhaltlichen Zusammenhang als Klimax zu werten ist - aus dem Grab hervorsteigen, ins Grab
legen, das Grab als „beste[r] Platz“ (V.34) - sowie die euphemistische Umschreibung des
Todes als „[S]chlaf[…]“ (V.36) lässt daran keinen Zweifel. Das Individuum wird nach dem
Zerbrechen an der Situation, diese nicht überleben. Sei es, dass es als gebrochenes und massiv
verändertes Individuum aus der Situation hervorgeht oder, dass es sogar - wörtlich - daran
sterben wird. Das von Heine sehr drastisch gezeichnete Bild der unilateralen Liebe verheißt
also durch die Untätigkeit des Liebenden Untergang. Dieser Zustand ist bereits besiegelt und
unumgänglich, eingeleitet durch die Hochzeit der Geliebten. Nach heutigen Maßstäben stellt
sich dies nicht mehr so entschieden dar. Zu Heines Zeit hießen jedoch die Alternativen
gesellschaftliche Isolation hervorgerufen durch den Ehebruch oder individuelle Isolation
Peters.

Das Gedicht spiegelt diese destruktive Entwicklung auch auf systematischer und struktureller
Ebene wieder. Reimschema, Kadenzen, Silbenanzahl und die Zahlen der Hebungen und
Senkungen zeichnen diese Entwicklung nach. Im Verlauf des Tryptichons kehrt im wahrsten
Sinne des Wortes Ruhe ein. Rhythmus und Reim sind letztendlich so gleichmäßig geworden,
dass die anfänglich noch feierliche und gelöste Stimmung gänzlich verflogen ist.

Zusammenfassend kann man den Bau des Tryptichons im Überblick wie folgt beschreiben:

8
Das Metrum senkt sich von der zu Beginn verwendeten Volksliedstrophe über einen im
Wechsel drei- und vierhebigen Jambus, mit Ausnahme der Interjunktion in Vers 11, zu einem
durchgängig vierhebigen Jambus ab. Die Senkungszahl vollzieht schon am Ende des ersten
tryptischen Teils einen Wechsel zur Gleichmäßigkeit von vier Senkungen. Da aber die
Hebungszahl erst nach der sechsten Strophe wechselt, kann man den sukzessiven Rückgang
der Rhythmischkeit sehr gut nachvollziehen.

Das Reimschema geht nach der sechsten Strophe von einem Kreuzreim zu einem Paarreim
über.

Die Kadenzen sind zu Beginn wechselnd männlich und weiblich, später - siebte bis neunte
Strophe - ausschließlich männlich.

Die Silbenzahl nimmt zusehends ab und gewinnt dabei zusätzlich an Regelmäßigkeit.

(hierzu: Vergleiche Anhang)

Literaturverzeichnis

9
Heinrich Heine; Sämtliche Schriften; Hrsg. von Claus Briegleb; Carl Hanser Verlag;
München 1975

Ernst Bury; Gedichte verstehen und interpretieren; Band 1: Grundbegriffe und Ratschläge;
AOL Verlag, Lichtenau 2005

Ernst Bury; Gedichte verstehen und interpretieren; Band 2: Interpretationsbeispiele und


Vergleiche aus der Unterrichtspraxis; AOL Verlag, Lichtenau 2005

Anhang
Reim Kad. Silb. Heb. Senk. Stilm.
Der arme Peter Met

10
I

Der Hans und die Grete tanzen herum, a m 10 4 6 An


Und jauchzen vor lauter Freude. b w 8 3 5 An
Der Peter steht so still und stumm, a K m 8 4 4 An, Pl
Und ist so blaß wie Kreide. b r w 7 3 4 An, Ver
e
5 Der Hans und die Grete sind Bräutgam und Braut, c u m 11 4 7 An, El
Und blitzen im Hochzeitsgeschmeide. d z w 9 3 6 An
Der arme Peter die Nägel kaut c r m 9 4 5 An
Und geht im Werkeltagskleide. d e w 8 3 5 An
i
Der Peter spricht leise vor sich her, e m m 9 4 5 An
10 Und schaut betrübet auf beide: f w 8 3 5 An, Einf
Ach! wenn ich nicht gar zu vernünftig wär, e m 10 5 5 El
Ich täte mir was zuleide. f w 8 3 5

II

»In meiner Brust, da sitzt ein Weh, a m 8 4 4 Per


Das will die Brust zersprengen; b w 7 3 4 Met
15 Und wo ich steh und wo ich geh, a K m 8 4 4 An, El, El
Wills mich von hinnen drängen. b r w 7 3 4 Met
e
Es treibt mich nach der Liebsten Näh, a u m 8 4 4 El, Met
Als könnts die Grete heilen; c z w 7 3 4 El
Doch wenn ich der ins Auge seh, a r m 8 4 4 El
20 Muß ich von hinnen eilen. c e w 7 3 4
i
Ich steig hinauf des Berges Höh, a m m 8 4 4 El, El
Dort ist man doch alleine; d w 7 3 4 Syn
Und wenn ich still dort oben steh, a m 8 4 4 El, Chi
Dann steh ich still und weine.« d w 7 3 4 El, Chi

III

25 Der arme Peter wankt vorbei, a m 8 4 4 Met


Gar langsam, leichenblaß und scheu. a m 8 4 4 Met
Es bleiben fast, wenn sie ihn sehn, b m 8 4 4 El
Die Leute auf der Straße stehn. b P m 8 4 4 El
a
Die Mädchen flüstern sich ins Ohr: c a m 8 4 4
30 »Der stieg wohl aus dem Grab hervor.« c r m 8 4 4 Met
Ach nein, ihr lieben Jungfräulein, d r m 8 4 4 Dem
Der legt sich erst ins Grab hinein. d e m 8 4 4 Met
i
Er hat verloren seinen Schatz, e m m 8 4 4 Symb
Drum ist das Grab der beste Platz, e m 8 4 4 El, Pol
35 Wo er am besten liegen mag, f m 8 4 4 Pol
Und schlafen bis zum jüngsten Tag. f m 8 4 4 Euph

(Erläuterungen zu den Abkürzungen siehe nächste Seite)

Legende der verwendeten Abkürzungen

Spaltenbeschriftung Stilmittel Stilmittel


Reim Reim An Anapher Ver Vergleich

11
Kad. Kadenzen El Elision Syn Synekdoche
Silb. Silbenanzahl Pl Pleonasmus/ Tautologie Per Personifikation
Heb. Hebungszahl Einf Einfügung eines unbetonten „e“ Dem Deminutiv
Senk. Senkungszahl Chi Chiasmus Symb Symbol
Stilm. Stilmittel Euph Euphemismus Pol Polyptoton
Met Metapher

Das Metrum der Verse habe ich im Folgenden noch einmal extra dargestellt.
(Besonderheiten sind wieder in rot hervorgehoben.)

- Senkung (Thesis);
/ Hebung (Arsis)

I -/--/-/--/ II -/-/-/-/ III -/-/-/-/


-/--/--/- -/-/-/- -/-/-/-/
-/-/-/-/ -/-/-/-/ -/-/-/-/
-/-/-/- -/-/-/- -/-/-/-/

-/--/--/--/ -/-/-/-/ -/-/-/-/


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-/-/--/-/ -/-/-/-/ -/-/-/-/
-/-/--/- -/-/-/- -/-/-/-/

-/--/-/-/ -/-/-/-/ -/-/-/-/


-/-/--/- -/-/-/- -/-/-/-/
//--/--/-/ -/-/-/-/ -/-/-/-/
-/--/-/- -/-/-/- -/-/-/-/

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