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14.

März 2011

Zweiter Offener Brief an alle Anonymous

Hallo Anonymous,

Entschuldigt, dass es so lange gedauert hat, bis ich auf eure Kommentare eingehen konnte,
aber im Gegensatz zu Anonymous bin ich nur ein Ein-Mann-Unternehmen, weswegen ich
recht beschäftigt mit anderen Dingen war.

Zunächst möchte ich all denen danken, die meinen ersten offenen Brief gelesen und ihre
Meinung mitgeteilt haben. Dazu Folgendes: Nein, ich bin kein Fake, genauso wenig wie mein
offener Brief ein Fake war.

Von einigen wurde mein Vorhaben, eine sozialwissenschaftliche Arbeit über Anonymous
schreiben zu wollen, positiv und offen aufgenommen, ich hatte sehr anregende Diskussionen
und habe viel Zustimmung und Hilfsbereitschaft erhalten. Von anderen dagegen wurde mein
Projekt – teils auch verständlicherweise – nicht ganz so positiv aufgenommen. Ich schreibe
diesen Brief nun hauptsächlich deswegen, um auf die Kritikpunkte, die mir gegenüber
geäußert wurden, einzugehen.

Unglücklicherweise wurde mein voriger Facebook-Account gelöscht, was bedeutet, dass ich
keine direkten Zugang mehr zu den kritischen Kommentaren habe. Aus diesem Grund kann
ich nur auf die mir noch in Erinnerung geblieben Punkte eingehen. Ihr seid aber
selbstverständlich jederzeit eingeladen, mir gegenüber eure Meinung und Kritik zu äußern
und ich werde mich bemühen darauf einzugehen. Nun aber zu den einzelnen Punkten:

1.) Mir wurde vorgeworfen, dass ich – entgegen meinen Äußerung in meinem Brief –
nicht offen und transparent vorgehen würde, da ich ja die Facebook-Gruppen über
mehrere Wochen „unterwandert“ hätte um an Informationen zu gelangen und mir
einen Freundeskreis aufzubauen: Es stimmt zwar, dass ich nicht von Anfang an über
mein Vorhaben gesprochen habe. Infiltriert habe ich die Gruppen aber gewiss NICHT.
Und ich bin auch nicht im Verborgenen vorgegangen und habe meine Identität geheim
gehalten. Ich habe ganz zu Beginn meines Projektes Kontakt mit einem Anon
aufgenommen, von dem ich wusste, dass er schon seit einiger Zeit bei Anonymous
involviert ist. Diesem habe ich mein Vorhaben offengelegt und erklärt. Und erst nach
seiner Zustimmung und mit seiner Hilfe habe ich mich bei Anonymous umgesehen.
Schon kurze Zeit später hatte ich dann etliche FB-Freunde und habe mich mit anderen
im irc ausgetauscht. Kurz darauf hab ich dann den offenen Brief verfasst und
übersetzt, was eben nochmals einige Tage in Anspruch nahm. Von einer geheimen
Unterwanderung kann also keine Rede sein.
2.) Ich wurde gefragt, welchen Nutzen Anonymous von dieser Forschungsarbeit hätte
bzw. wie diese Arbeit Anonymous helfen könnte – und warum ich nicht für die
Zwecke von Anonymous eher die Gruppierungen, die gegen Anonymous vorgehen,
erforschen würde.
Nun, dazu muss ich klar sagen: In erster Linie soll diese Arbeit nicht zum Nutzen von
Anonymous gemacht werden, sondern aus rein wissenschaftlichem Interesse. Ich sehe
darin allerdings kein Hindernis. In Folge dieser Arbeit können sich dann
selbstverständlich positive Aspekte für Anonymous ergeben, wie z.B. eine
unvoreingenommene, detaillierte Darstellung von Anonymous fernab des
Medienhypes. Versprechen möchte ich derartige Dinge aber nicht, weswegen ich sie
auch nicht in Aussicht stellen möchte. Im Übrigen wäre ich ja nicht der erste
Sozialwissenschaftler, der sich mit Anonymous beschäftigt: Gabriella Coleman macht
dies schon seit geraumer Zeit – wird ihre Forschung von einigen hier auch so kritisch
gesehen?

3.) Es wurde Bedenken geäußert, dass im Zuge meiner Recherche – ähnlich wie beim
HBGary-Vorfall – erneut Listen oder ähnliches entstehen würden, auf denen z.B. die
Namen einiger Anonymous aufgeführt würden, was zu massiven Problemen führen
könnte. Dazu kann ich nur sagen: Solche Listen werden bestimmt NICHT entstehen.
Noch wird es solcherlei Informationen geben, aus denen die Namen einiger Anons
hervorgehen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil jeder Sozialwissenschaftler
verpflichtet ist, seine „Quellen“ zu anonymisieren – eine Vorgehensweise, die gerade
bei Anonymous auf Zustimmung stoßen sollte, oder? ; ) Anonymisierung ist meiner
Meinung nach ein ethischer Grundsatz in jeder wissenschaftlichen Arbeit, und dies gilt
selbstverständlich auch für die Anonymisierung von Anonymous.

Ich hoffe, ich konnte einige der geäußerten Kritikpunkte entkräften oder zumindest meine
Sicht der Dinge vermitteln. Möglicherweise sind auch neue Fragen entstanden. Schreibt mir
eure Meinung, ich bin über jeden Kommentar dankbar.

Danke im Übrigen auch für denjenigen/diejenigen, die meinen letzten offenen Brief so schnell
ins Spanische übersetzt haben. Fühlt euch frei, dies auch mit diesem Brief zu machen, je mehr
Leute er erreicht, desto besser.

Wer mit mir Kontakt aufnehmen möchte, kann dies über meinen FB-Account Heiner Bremer,
über e-mail (mc_square@rocketmail.com) oder direkt im irc #germany tun.

Danke für eure Aufmerksamkeit!

(Dieser Brief entstand unter freundlicher Mithilfe einiger Anons in einem Etherpad)

Erster Brief: http://www.scribd.com/doc/49537723/EinOffenerBrief

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