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DRUCKSACHE G-11/118

BESCHLUSS-VORLAGE

Dezernat/Amt: Verantwortlich: Tel.Nr.: Datum

IV/Stadtkämmerei Herr Nußbaumer 5100 06.04.2011

Betreff:

Einführung einer Zweitwohnungsteuer in Freiburg


hier:
Fraktionsantrag von Junges Freiburg/DIE GRÜNEN zum Doppelhaushalt
2011/2012

Beratungsfolge Sitzungstermin Öff. N.Ö. Empfehlung Beschluss

1. HA - 2. Lesung 11. - 13.04.2011 X

2. HA 02.05.2011 X

3. GR 10.05.2011 X X

Anhörung Ortschaftsrat (§ 70 Abs. 1 GemO): nein

Abstimmung mit städtischen Gesellschaften: nein

Finanzielle Auswirkungen: ja - siehe Anlage

Beschlussantrag:

1. Der Gemeinderat beschließt grundsätzlich gemäß der Drucksache G-11/118


die Einführung einer Zweitwohnungsteuer in Freiburg zum 01.01.2012.

2. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, dem Gemeinderat eine Sat-


zung auf der Grundlage der Ausführungen in dieser Drucksache und zur
Sitzung des Gemeinderates am 17.05.2011 die personellen und finanziellen
Maßnahmen zur Entscheidung vorzulegen.
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Anlage:
Finanzielle Auswirkungen

1. Ausgangslage

Im Rahmen der Haushaltsberatungen wurde die Einführung einer Zweitwoh-


nungsteuer (ZWS) vorgeschlagen und die Verwaltung beauftragt, die Erfahrun-
gen anderer Städte mit der Zweitwohnungsteuer zu erfragen. Von der Fraktions-
gemeinschaft Junges Freiburg/DIE GRÜNEN wurde im Rahmen der Fraktionsan-
träge (vgl. OZ 23) mit Bezug auf die im vergangenen Jahr in Stuttgart eingeführte
Zweitwohnsitzsteuer die Einführung in Freiburg beantragt.

2. Städtevergleich

Eine ZWS in Baden-Württemberg erheben u. a. Stuttgart, Konstanz, Heidelberg,


Tübingen, Reutlingen, Baden-Baden, Ravensburg und Heilbronn. Neben Frei-
burg erheben die badischen Großstädte Karlsruhe und Mannheim bisher keine
ZWS.

In den o. a. Städten führte die Einführung der ZWS zu einer Verminderung der
Nebenwohnsitze. Es wurden zahlreiche Nebenwohnsitze abgemeldet, die nicht
tatsächlich genutzt wurden (Nebenwohnsitze von Erwachsenen bei den Eltern
u. ä.). In allen Kommunen nahm auch die Zahl der Hauptwohnungen zu. Inwie-
weit dies auf Ummeldungen von Neben- zu Hauptwohnsitzen resultiert, kann a-
ber von dort nicht konkret benannt werden. Da in Freiburg die Müllgebühren auf
Basis des Melderegisters erhoben werden, ist eine starke Abnahme der Neben-
wohnsitze nicht zu erwarten, weil die Kostenlast bereits ein Grund sein kann, ei-
nen Nebenwohnsitz, der nicht zwingend notwendig ist, aufzugeben.

In allen angefragten Städten sank nach Einführung der ZWS die Nebenwohnsitz-
Quote deutlich. Die Einführung der Steuer war in allen Städten sehr arbeits- und
personalintensiv; nach der Einführung verursacht die Erhebung aufgrund des
großen Änderungsaufwands weiterhin hohe Kosten. Da einige Kommunen die
ZWS erst ab 2011 einführten, können hier noch keine verlässlichen Aussagen
getroffen werden. Entsprechend der Anfrage wurden auch die Ergebnisse von
Kaiserslautern und Tübingen in der Übersicht berücksichtigt.
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ZWS NW- Steuer Einnahmen


Pflichtige
seit Quote (auf Kaltmiete) in EUR p.a.
Konstanz 1984 2,0 % 550 20 % - 25 % 550.000,00
Heidelberg 2006 4,8 % 300 8% 112.000,00
Tübingen 2009 2,5 % 500 5% 150.000,00
Baden-Baden 2009 keine Angabe keine Angabe 20 % - 35 % 400.000,00
Ravensburg 2011 3,2 % “ 10 % 130.000,00
Stuttgart 2011 1,6 % “ 10 % 840.000,00
Heilbronn 2011 1,6 % “ 10 % 150.000,00
Durchschnitt 2,2 % 13,3 % 333.000,00
nachrichtlich:
Kaiserslautern 2011 2,1 % 10 %

Die Nebenwohnsitzquote in Freiburg beträgt aktuell 3,8 % und liegt damit unter
der Quote von Heidelberg (obwohl dort eine ZWS erhoben wird). Allerdings sind
die Quoten in Stuttgart und Heilbronn deutlich unter dem Freiburger Wert und
zeigen ein Potenzial für eine weitere deutliche Senkung auf.

3. Aktueller Stand

Von der Verwaltung wurde die Daten- und Rechtslage überprüft. In Freiburg sind
ca. 8.500 Personen mit Nebenwohnsitz (NW) gemeldet. Für eine ZWS kommen
ca. 5.500 Personen in der Altersgruppe 18 - 65 in Betracht. In diesem Personen-
kreis sind voraussichtlich auch ca. 2.000 Personen enthalten, die einen Erst- und
Zeitwohnsitz innerhalb von Freiburg haben (z. B. Hauptwohnsitz in den Büroräu-
men in der Innenstadt zur Erlangung einer Parkberechtigung). Die Anzahl der
Steuerpflichtigen vermindert sich um die Personen, die berufliche Gründe darle-
gen oder sich abmelden.

Mit der ZWS soll erreicht werden, dass Personen, die bislang hier mit einem Ne-
benwohnsitz gemeldet sind, Freiburg als Hauptwohnsitz erklären. Für jede Per-
son mit Hauptwohnsitz erhält die Stadt im Rahmen des Finanzausgleichs in den
Folgejahren Mittel in Höhe von ca. 1.350,00 €.

Als Steuersatz wird 10 % (wie in Stuttgart) der Jahreskaltmiete vorgeschlagen;


die Satzung würde eine Staffelung je nach Höhe der Jahresmiete bestimmen.
Bei einer monatlichen Kaltmiete von 300,00 € (jährlich 3.600,00 €) würde sich mit
diesem Satz eine Zweitwohnungsteuer von 360,00 € errechnen.

Nach neuerer Rechtsprechung kann eine ZWS erhoben werden

- nach dem melderechtlichem Wohnungsbegriff, d. h. der Pflichtige muss keine


Wohnung haben, es genügt der Wohnsitz in Freiburg;

- bei Ausbildungszwecken, d. h. auch Personen, die sich zum Zwecke der Aus-
bildung aufhalten (z. B. Studenten) sind steuerpflichtig.
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Von der Steuer zu befreien sind z. B.

- Personen, die einen NW aus beruflichen Gründen unterhalten und verheiratet


sind bzw. in einer eingetragenen Partnerschaft leben und nicht dauernd ge-
trennt leben

- Bewohner von Alters- und Pflegeheimen oder Therapieeinrichtungen, sowie


minderjährige Personen

4. Ausgaben und Einnahmen

Für die Einführung und die Erstveranlagung (Dauer ca. 9 Monate) werden auf-
grund der Erfahrungen der anderen Städte mindestens 4,5 Stellen benötigt.
Nach Abschluss der Veranlagung für das erstes Jahr wird sich der Personalbe-
darf vermutlich auf ca. 2,0 Stellen vermindern.

Unter diesen Rahmenbedingungen ergeben sich für den Doppelhaushalt voraus-


sichtlich 2011/2012 folgende Kosten:

Einführungsphase 01.10.2011 - 30.06.2012 (9 Monate)

Personalkosten 4,5 Stellen 170.000,00 €


Raumkosten 15.000,00 €
Sachkosten (EDV, Material, Möbel) 20.000,00 €
gesamt 205.000,00 €

Anschließend laufende Kosten jährlich

Personalkosten 2,0 Stellen 100.000,00 €


Raumkosten 10.000,00 €
Sachkosten 5.000,00 €
gesamt 115.000,00 €

Für die Zeit vom


01.10.2011 - 30.06.2012 205.000,00 €
01.07.2012 - 31.12.2012 57.500,00 €
Aufwand im Doppelhaushalt 2011/212 262.500,00 €

Die Personal- und Raumkapazitäten sind zusätzlich bereitzustellen bzw. zu


schaffen. Eine konkrete Bedarfsbemessung und Ermittlung der Sachkosten kann
erst erfolgen, wenn die Zahl der Steuerpflichtigen und die Fluktuation bei Ne-
benwohnsitzen feststehen. Erfahrungen anderer Städte zeigen, dass die ZWS zu
zahlreichen Widerspruchs- und Klageverfahren führte und somit ein erhöhter
Verwaltungsaufwand entstand. Um die Voraussetzungen für die Umsetzung der
Zweitwohnungsteuer zu schaffen, wird die Verwaltung
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- im Stellenplan zusätzlich 2 Planstellen einrichten


- 2,5 Zeitverträge / Personalverstärkungen vorsehen zuzüglich ggf. temporä-
ren Personalbedarf im Rechtsamt, falls verstärkt Widersprüche und Klagen
auftreten

und die Personalkosten und Stellen über eine 2. Änderungsliste der Verwaltung
bzw. eine Ergänzung des Stellenplans zur Beschlussfassung im Gemeinderat am
17.05.2011 vorlegen.

Auf Grund der Erfahrungen anderer Städte, insbesondere der Universitätsstädte


Heidelberg und Tübingen, dürfte mit Einnahmen von 150.000,00 € -
400.000,00 € pro Jahr zu rechnen sein, so dass davon ausgegangen werden
kann, dass die Einnahmen die Ausgaben in der Einführungsphase in 2011 und
2012 zumindest decken werden.

Infolgedessen wird von 700 Pflichtigen und Einnahmen von 280.000,00 € p.a.
ausgegangen. Bei einem Gesamtaufwand von ca. 260.000,00 € für den Doppel-
haushalt 2011/2012 würde sich somit trotz des erhöhten Einführungsaufwandes
und trotz des 15-monatigen Betrachtungszeitraumes ein positiver Saldo ergeben.

Wie hoch der Anteil an Ummeldungen auf den Erstwohnsitz sein wird, ist nur
schwer abzuschätzen. Pro Person mit Erstwohnsitz ergibt sich rechnerisch ein
Betrag von 1.350,00 € pro Jahr, so dass sich im Finanzausgleich ab dem Jahr
2013 je nach Höhe der Ummeldungen erhebliche Beträge ergeben könnten. Der
Finanzausgleich 2013 hat als Datengrundlage die Einwohnerzahl am
30.06.2012. Mit einer Einführung zum 01.01.2012 ist davon ausgehen, dass be-
reits mit der Vorankündigung und spätestens mit Versand der Steuerbescheide
Ummeldungen erfolgen werden. Bei angenommenen 1.000 Anmeldungen eines
Hauptwohnsitzes ergeben sich Mehreinnahmen von 1,35 Mio. € in 2013 über
den Finanzausgleich.

5. Zweitwohnungsteuer als kommunale Aufwandsteuer

Die ZWS wird nach einer kommunalen Satzung als Aufwandsteuer erhoben. In
der Satzung sind der Steuertatbestand und die Befreiungen zu definieren.

Die Satzung über die Erhebung einer ZWS ist vom Gemeinderat zu beschließen
und könnte ab 01.01.2012 in Kraft treten. Vorher müssten alle Inhaberinnen und
Inhaber einer Nebenwohnung angeschrieben, ggf. erinnert und auf den Sachver-
halt hingewiesen werden. Sie hätten dann die Möglichkeit sich ggf. umzumelden.
Ansonsten wären konkrete Auskünfte zur Nebenwohnung, wie z. B. Beruf, famili-
äre Verhältnisse, Mietpreis usw. zu erteilen. Wenn keine Auskünfte erteilt wer-
den, wäre ein Zwangsgeldverfahren oder eine Schätzung die Folge.

Der Inhalt der Satzung würde sich an nahezu gleichlautenden Satzungen ande-
rer Städte anlehnen.
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6. Vorschlag der Verwaltung

Insgesamt zeigt sich, dass die Einnahmen aus der Zweitwohnungsteuer den Ein-
führungsaufwand abdecken und bereits im laufenden Verfahren einen Ertrag für
den Haushalt der Stadt erbringen. Damit tragen die Personen, die mit Zweit-
wohnsitz in Freiburg gemeldet sind und für die kein Befreiungstatbestand gilt,
dazu bei, die von ihnen genutzte städtische Infrastruktur zu erhalten.

Die Verwaltung greift deshalb die Diskussion aus der Beratung in der 1. Lesung
auf und schlägt dem Gemeinderat im Rahmen der 2. Lesung mit den Fraktions-
anträgen vor, die Zweitwohnungsteuer zum 01.01.2012 mit einem Steuersatz von
10 % auch in Freiburg einzuführen.

Die Verwaltung wird zeitnah dem Gemeinderat auf Basis dieser Drucksache eine
Satzung zur Entscheidung vorlegen.

- Bürgermeisteramt -

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