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Anforderungen an ein

wettbewerbsförderndes
Telekommunikationsgesetz
Stand: 9. Mai 2011

Die E-Plus Gruppe ist seit Jahren der wettbewerbsaktivste Mobilfunkanbieter in Deutschland.

Um diese Rolle – insbesondere im Hinblick auf das mobile Breitband – auch zukünftig zum Wohle
aller deutschen Verbraucher ausfüllen zu können, müssen die politischen und regulatorischen
Rahmenbedingungen stimmen.

Vor diesem Hintergrund nimmt E-Plus zum Regierungsentwurf des Telekommunikationsgesetzes


(TKG-RegE) sehr gern Stellung und möchte die folgenden Änderungsvorschläge unterbreiten.
Deren Reihenfolge orientiert sich an der Struktur des Regierungsentwurfs. Konkrete Formulie-
rungsvorschläge sind kursiv abgebildet.

Thema TKG-RegE Seite

1. Stärkung Regulierungsziel „Sicherstellung chancengleichen Wett-


§ 1 und § 2 2
bewerbs“

2. Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Regulierung, Ziele und


§ 2 Abs. 2 S. 2 3
Grundsätze)

3. Verhinderung von Missbrauch durch Massenverkehr zu geographi-


§ 3 Nr. 17 b 4
schen Rufnummern

4. Marktanalyse, Marktbeherrschung und insbesondere gemeinsame


§ 11 4
Marktbeherrschung

5. Effizientere Regulierungsverfahren § 13 5

6. Zugang zu Glasfaserinfrastrukturen § 21 6

7. Auferlegung getrennter Rechnungslegung bei Netzbetreibern mit


§ 29 7
integrierter Mobilfunk- und Festnetzsparte

8. Regulierung bei End-zu-End-Verbund § 30 Abs. 2 S. 2 8

9. Risikozuschlag bei Entgelten für Zugangsnetze der nächsten Gene-


§ 31 9
ration

10. Anpassung der Regelungen zur Rückwirkung von Entgeltgenehmi-


§ 35 Abs. 5 10
gungen

11. Sperre von Anschlüssen § 45 k 12

12. Vollständige Flexibilisierung des Anbieterwechsels § 46 13

13. Frequenzordnungsziel „Sicherstellung chancengleichen Wettbe-


§ 52 14
werbs“

14. Zulässigkeit von Frequenzverlagerungen §55 15

15. Verlängerung von Frequenznutzungsrechten § 55 15

16. Verfassungsgemäßer Rechtsschutz bei Versteigerungsverfahren § 61 16

17. Wettbewerbsorientierte Frequenzpolitik § 61 16

18. Ergänzung der Widerrufsgründe von Frequenzzuteilungen § 63 17

§ 3 Nr. 30 c, § 66
19. Verbraucherfreundliche Regelung bei Warteschleifen 17
g, 150 Abs. 7
20. Überregulierung bei Auftragsdatenverarbeitung beenden § 92 18

21. Verlängerung der Speicherfrist von Daten für Abrechnungszwecke § 97 19

22. Klarstellung gesetzlicher Informationspflichten § 98 20

23. Erweiterung der Ermächtigungsgrundlage und Anpassung der tech-


§ 108 20
nischen Ausnahmen bei Notrufverbindungen

24. Technische Schutzmaßnahmen § 109 Abs. 6, 7 21

25. Ausweitung der Schutzpflichten § 109 Abs. 2 22

26. Meldepflichten § 109 a 23

27. Aufhebung von Überregulierung § 150 23

Notrufverordnung Anhang

1. Stärkung Regulierungsziel „Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs“ § 1


TKG-RegE (Zweck des Gesetzes) und § 2 TKG-RegE (Regulierung, Ziele und Grund-
sätze)

Ziel: Die „Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs zum Wohle des Verbrauchers“ sollte
zukünftig als vorrangig zu berücksichtigender Regulierungsgrundsatz bzw. vorrangig zu berück-
sichtigendes Regulierungsziel festgeschrieben werden.

Analyse: Auch beim Ausbau zukunftsfähiger Breitbandnetze stellt ein chancengleicher Wett-
bewerb den bestmöglichen Treiber für Investitionen und Verbrauchernutzen dar. Denn um den
mobilen Breitbandausbau schnellstmöglich zu realisieren, müssen zunächst einmal Rahmenbe-
dingungen für einen chancengleichen Wettbewerb geschaffen werden. Dadurch wird die Inno-
vationskraft des Internets gestärkt und gleichzeitig den Belangen der Verbraucher und des Ge-
meinwohls Rechnung getragen. Die „Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs zum Wohle
des Verbrauchers“ ist daher zwingend zukünftig als ein vorrangig zu berücksichtigendes Regu-
lierungsziel zu verankern.

Lösungsweg: Änderung von § 1 TKG-RegE

„1Vorrangiger Zweck dieses Gesetzes ist es, durch technologieneutrale Regulierung chancen-
gleichen Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation zum Wohle des Verbrauchers sicher-
zustellen. 2Ferner sollen leistungsfähige Telekommunikationsinfrastrukturen gefördert und flä-
chendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen gewährleistet werden.“

Zusätzlich könnte § 2 Absatz 2 TKG-RegE wie folgt geändert werden

„(2) 1Die Regulierung ist vorrangig auf die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs im
Interesse der Verbraucher ausgerichtet. 2Ferner soll sie leistungsfähige Telekommunikationsinf-
rastrukturen fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen ge-
währleisten. 3Diese Ziele der Regulierung sind: …“

2
2. Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes > § 2 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE (Regulie-
rung, Ziele und Grundsätze)

Ziel: Regulierungsentscheidungen sollen zukünftig den verfassungsrechtlichen Vorgaben ent-


sprechend gerichtlich überprüft werden. Dazu sollte klargestellt werden, dass gerichtlich nur
eingeschränkt überprüfbare Beurteilungs- und Ermessensspielräume im Telekommunikationsge-
setz auch ausdrücklich als solche gekennzeichnet werden. Wenn dies nicht geschehen ist, sollte
eine vollständige inhaltliche Prüfung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht durch das Gericht
durchgeführt werden.

Analyse: Das durch Art. 19 Absatz 4 GG verbürgte Recht auf effektiven Rechtsschutz gewähr-
leistet einen möglichst lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen die Verletzung der Rechtssphäre
des Einzelnen durch Eingriffe der öffentlichen Gewalt. Dies bedeutet, dass der Einzelne einen
Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle besitzt. Daraus folgt eine grund-
sätzliche Pflicht der Gerichte, angefochtene Verwaltungsakte in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht vollständig nachzuprüfen.

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Art. 19 Absatz 4 GG jedoch dann nicht verletzt ist,
wenn der Gesetzgeber einer Behörde in der einschlägigen gesetzlichen Grundlage gerichtlich nur
eingeschränkt überprüfbare Entscheidungsspielräume ausdrücklich eröffnet hat.

So sieht bereits § 10 Absatz 2 Satz 2 TKG in Bezug auf die Marktdefinition ausdrücklich vor, dass
der BNetzA ein Beurteilungsspielraum zukommt. Obwohl der BNetzA im Telekommunikations-
gesetz sonst kein solcher Beurteilungsspielraum zugebilligt worden ist, haben die Verwaltungs-
gerichte Beurteilungsspielräume darüber hinaus auch in zahlreichen anderen Fällen angenommen.
In einigen dieser Fälle wurden von verschiedenen Telekommunikationsanbietern gegen diese
Gerichtsentscheidungen bereits Verfassungsbeschwerden eingelegt.

Zur zukünftigen Vermeidung derartiger Streitigkeiten sollte deshalb klargestellt werden, dass der
BNetzA Beurteilungs- und Ermessensspielräume nur in den ausdrücklich im Gesetz bestimmten
Fällen zustehen.

Lösungsweg: Neuer § 2 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE und neuer § 137 Absatz 4 TKG-RegE

§ 2 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE

„(2) 1Die Ziele der Regulierung sind: …2Sofern der Bundesnetzagentur bei der Verfolgung dieser
Ziele Beurteilungs- oder Ermessensspielräume eingeräumt sind, sind diese ausdrücklich bezeich-
net.“

§ 137 Absatz 4 TKG-RegE

„(4) 1Entscheidungen der Bundesnetzagentur unterliegen im Regelfall der vollständigen gericht-


lichen Kontrolle in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. 2Soweit der Bundesnetzagentur durch
dieses Gesetz ausdrücklich ein Beurteilungs- und/oder Ermessensspielraum eingeräumt wird, ist
die gerichtliche Kontrolle auf Beurteilungs- und/oder Ermessensfehler beschränkt.“

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3. Verhinderung von Missbrauch durch Massenverkehr zu geographischen Rufnummern
> § 3 Nr. 17 b TKG-RegE (Premium-Dienste)

Ziel: Es werden in zunehmendem Maße Massenverkehrsdienste über Ortsnetzrufnummern an-


geboten, die zum Teil durch eine missbräuchliche Ausschüttung von Terminierungsentgelten fi-
nanziert werden. Um derart missbräuchliche von rechtskonformen Geschäftsmodellen zu trennen,
sollte eine eigene Rufnummerngasse für „Niedrige-Kosten-Dienste“ geschaffen werden.

Analyse: Grundsätzlich lassen sich zwei Kategorien von Massenverkehrsdiensten beobachten, die
geographische Rufnummern nutzen. Die erste Dienstekategorie finanziert sich ausschließlich
durch Terminierungsentgelte des Netzbetreibers, in dessen Netz die Nummern geschaltet sind,
z. B. sogenannte Chatdienste. Bei der zweiten Dienstekategorie erfolgt die Finanzierung dagegen
nur teilweise durch die Terminierungsentgelte und darüber hinaus über weitere Zahlungen, z. B.
Call-through-Dienste, die u. a. Weitervermittlungen in ausländische Netze ermöglichen.

Beiden Dienstekategorien ist gemeinsam, dass sie keine „normale“ Kommunikation zwischen
zwei Personen ermöglichen, sondern über automatisierte Plattformen erbracht werden, über die
teilweise bis zu 1.000 parallele Anrufe abgewickelt werden können. Dadurch werden massenhaft
Verbindungsminuten zu den derart genutzten geographischen Rufnummern generiert, die zu
Netzüberlastungen bei den (Mobilfunk-) Netzbetreibern führen können. Ferner fehlt in beiden
Kategorien häufig der nach den geltenden Rufnummernregeln (insbesondere BNetzA-Verfügung
25/2006) vorgesehene geographische Bezug der Rufnummern, d. h. die Unternehmen, die den
Dienst erbringen, sind nicht im jeweiligen Ortsnetz angesiedelt.

Dies ist jedoch weder für den Kunden noch für dessen Netzbetreiber transparent, so dass miss-
bräuchliches Verhalten derzeit schwer nachweisbar ist. Um zukünftig missbräuchliche von
rechtskonformen Geschäftsmodellen unterscheiden zu können, sollte deshalb eine Rufnum-
merngasse für „Niedrige-Kosten-Dienste“ eingeführt werden, die sich in der Bepreisung im We-
sentlichen an den Minutenpreisen für Gespräche zu geographischen Rufnummern orientiert,
gleichzeitig jedoch gegenüber dem Endkunden und dem Netzbetreiber Transparenz schafft, ob es
sich um die Rufnummer eines „normalen“ Endkunden (im jeweiligen Ortsnetz) oder um einen
professionellen automatisierten Dienst (ohne Ortsnetzbezug) handelt.

Lösungsweg: Neuer § 3 Nr. 17 c TKG-RegE

„Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind…

17 c. „Niedrige-Kosten-Dienste“ Dienste, bei denen über die Verbindungsleistung zur jeweiligen


Rufnummer hinaus über automatisierte Plattformen eine weitere für den Endkunden
kostenpflichtige oder -freie Leistung erbracht wird, und die ausschließlich in einer zu
diesem Zweck von der Bundesnetzagentur bereitgestellten Rufnummerngasse realisiert
werden dürfen.“

4. Marktanalyse, Marktbeherrschung und insbesondere gemeinsame Marktbeherr-


schung > § 11 TKG-RegE

Ziel: Einheitliche Definition von Marktbeherrschung und insbesondere auch gemeinsamer


Marktbeherrschung bei der Rechtsanwendung durch die Bundesnetzagentur einerseits und das
Bundeskartellamt andererseits.
4
Analyse: Im Bereich der Endkundenmärkte im Mobilfunk hat sich gezeigt, dass die Bundes-
netzagentur regelmäßig zu einer anderen Beurteilung der Marktverhältnisse gelangt als das
Bundeskartellamt. Während das Bundeskartellamt bereits in mehreren Verfahren deutliche An-
haltspunkte für eine gemeinsame Marktbeherrschung auf dem Endkundenmobilfunkmarkt durch
Deutsche Telekom und Vodafone gesehen hat, hält die Bundesnetzagentur diesen Markt nicht nur
für nicht regulierungsbedürftig, sondern teilt trotz eines permanent hohen gemeinsamen
Marktanteils von Deutsche Telekom und Vodafone von ca. 70 Prozent noch nicht einmal die
Sichtweise, dass Anhaltspunkte für eine gemeinsame Marktbeherrschung durch Deutsche Tele-
kom und Vodafone sprechen könnten.

Die geänderte Rahmenrichtlinie enthält einen ebenfalls geänderten Anhang II zur Bewertung einer
gemeinsamen Marktbeherrschung durch nationale Regulierungsbehörden, der bei der Überar-
beitung des TKG in dessen § 11 umzusetzen ist. E-Plus schlägt vor, dies zum Anlass zu nehmen,
auch eine Angleichung der Kriterien für die einzel- und gemeinsame Marktbeherrschung zwischen
TKG und GWB vorzunehmen, um die oben dargestellten Diskrepanzen zukünftig möglichst zu
vermeiden. Hierbei sollten insbesondere die Vermutungsregeln aus § 19 Absatz 3 GWB durch
Verweis in das TKG übernommen werden.

Lösungsweg: § 11 Absatz 3 TKG-RegE sollte wie folgt gefasst bzw. ergänzt werden

„(3) 1Die Bundesnetzagentur geht bei ihrer Untersuchung der Marktverhältnisse von der Ver-
mutung des § 19 Absatz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aus. 2Sie berück-
sichtigt zudem bei der Marktanalyse nach den Absätzen 1 und 2 weitestgehend die von der
Kommission aufgestellten Kriterien, die niedergelegt sind in den Leitlinien der Kommission zur
Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht nach Art. 15 Absatz 2 der Richtlinie
2002/21/EG in der jeweils geltenden Fassung. 3Sie zieht bei dieser Beurteilung die Kriterien aus
Anhang II zu Art. 14 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2002/21/EG in der jeweils geltenden
Fassung heran. 4Die Bundesnetzagentur trägt im Rahmen der Marktanalyse nach Absatz 1 zudem
den Märkten Rechnung, die die Kommission in der jeweils geltenden Fassung der Empfehlung in
Bezug auf relevante Produkt- und Dienstmärkte nach Art. 15 Absatz 1 der Richtlinie 2002/21/EG
festlegt.“

5. Effizientere Regulierungsverfahren > § 13 TKG-RegE (Rechtsfolgen der Marktanalyse)

Ziel: Die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Bereich der Marktregulierung sollten sowohl
kosten- als auch wettbewerbseffizienter ausgestaltet werden.

Analyse: Die Bundesnetzagentur hat in den vergangenen Jahren die Vorleistungsmärkte für die
Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen individuell analysiert und – da sie jeweils be-
trächtliche Marktmacht festgestellt hat – jeweils vier betreiberindividuelle – Regulierungsverfü-
gungen und vier betreiberindividuelle Entgeltgenehmigungen erlassen.

Da sowohl die Regulierungsverfügungen als auch die Entgeltgenehmigungen regelmäßig ge-


richtlich angegriffen worden sind, hat es – gemäß § 13 Absatz 3 TKG – pro Marktanalyse- / Re-
gulierungsverfügungs- / Entgeltgenehmigungs-„Runde“ und pro Gerichtsinstanz allein acht un-
terschiedliche Hauptsacheverfahren gegeben, die teilweise sogar unterschiedlichen Kammern
beim Verwaltungsgericht Köln zugewiesen wurden. Dies ist verfahrensrechtlich ineffizient, führt

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sowohl bei den Unternehmen als auch der Bundesnetzagentur zu erheblichen Kosten und ge-
währleistet darüber hinaus keine einheitliche und konsistente Entscheidungspraxis.

In der Praxis hat diese künstliche Trennung dazu geführt, dass exogen verursachte Kostenunter-
schiede (z. B. durch unterschiedliche Frequenzausstattungen und durch den unterschiedlichen
Zeitpunkt des Markteintritts) zwischen Deutsche Telekom / Vodafone und E-Plus / Telefónica O2
nicht in ausreichendem Maß beachtet wurden. Dies wiederum hat das bestehende wettbe-
werbliche Ungleichgewicht zwischen Deutsche Telekom / Vodafone einerseits und E-Plus / Tele-
fónica O2 andererseits nicht nur perpetuiert, sondern die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen
sogar verstärkt.

Um dem vorrangigen Regulierungsziel der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs zum


Wohle des Verbrauchers und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Te-
lekommunikation Rechnung zu tragen und die Herstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis
der BNetzA zu gewährleisten, sollte in Anlehnung an das bislang in § 27 Absatz 2 TKG mit Blick
auf Entgeltregulierungsmaßnahmen vorgesehene Konsistenzgebot eine Regelung eingeführt
werden, die den gesamten Regulierungsvorgang, d. h. Marktanalysen, Regulierungsverfügungen
und Entgeltgenehmigungsentscheidungen erfasst. Damit würde zugleich die in Europa einmalige
Praxis beendet, wonach Marktanalyse und Regulierungsverfügung nicht innerhalb eines Verfah-
rens ergehen. Zudem würde die derzeit bestehende rechtliche Unsicherheit vermieden, die sich
daraus ergibt, dass zwar die Rechtsfolgen einer Klage gegen eine Entgeltgenehmigung (in § 35
Absatz 5 TKG-RegE, wenngleich auch in rechtlich unzufriedenstellender Weise – hierzu sogleich
unten) geregelt sind, nicht aber die einer Klage gegen eine Regulierungsverfügung.

Lösungsweg: Ergänzung von § 13 Absatz 5 TKG-RegE

„(5) 1Die Entscheidungen nach den §§ 19, 20, 21, 23, 24, 30, 39 oder § 42 Absatz 4 Satz 3 er-
gehen mit den Ergebnissen der Verfahren nach den §§ 10 und 11 sowie den Entgeltgenehmi-
gungsentscheidungen nach § 31 als einheitlicher Verwaltungsakt. 2Sofern auf einem relevanten
Telekommunikationsmarkt mehrere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht tätig sind, er-
gehen die Entscheidungen nach Satz 1 ihnen gegenüber auf Grundlage eines einheitlichen
Verwaltungsverfahrens. 3Die Bundesnetzagentur hat darauf zu achten, dass die einzelnen Be-
standteile (Marktabgrenzung, -analyse, Regulierungsverfügungen und Entgeltgenehmigungs-
entscheidungen) in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt sind (Konsistenzgebot).“

Darüber hinaus sind die Regelungen zur Antragstellung und zum Entgeltgenehmigungsverfahren
in § 31 Absatz 3 und 4 TKG-RegE, insbesondere mit Blick auf die vorgesehenen Fristen, so an-
zupassen, dass die Bundesnetzagentur eine Regulierungsentscheidung innerhalb eines Verfahrens
treffen kann.

6. Zugang zu Glasfaserinfrastrukturen > § 21 Absatz 3 TKG-RegE (Zugangsverpflich-


tungen)

Ziel: Es soll klar gestellt werden, dass die Bundesnetzagentur auch die Möglichkeit hat, Betreibern
öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, die Ver-
pflichtung zum Zugang zu unbeschalteten Glasfasern (dark fibre) aufzuerlegen.
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Analyse: Derzeit bauen alle vier Mobilfunknetzbetreiber sowohl im städtischen als auch im
ländlichen Bereich ihre mobilen Breitbandnetze aus und leisten damit einen wesentlichen Beitrag
zur Schließung der weißen Flecken. Dabei geht es nicht nur um den Aufbau breitbandiger Sen-
deanlagen, sondern auch um eine leistungsfähige Anbindung dieser Anlagen zur Bewältigung des
explosionsartig ansteigenden Datenverkehrs. Da die bislang eingesetzte Anbindungstechnologien
zukünftig an ihre Grenzen stoßen werden, ist zunehmend eine glasfaserbasierte Anbindung von
Mobilfunkstandorten erforderlich. In vielen Regionen gibt es derzeit zwar eine – teilweise noch aus
Monopolzeiten resultierende – Glasfaserinfrastruktur, die Deutsche Telekom gewährt zu dieser
Infrastruktur jedoch keinen freiwilligen Zugang. Andererseits ist der Aufbau paralleler Glasfaser-
infrastrukturen oftmals betriebs- und volkswirtschaftlich ineffizient.

Diese Situation führt dazu, dass die notwendige Anbindung von Mobilfunkstandorten über un-
beschaltete Glasfasern (dark fibre) durch Wettbewerber der Deutschen Telekom vielfach nicht
möglich ist. Dies erschwert den Aufbau flächendeckender mobiler Breitbandnetze erheblich. Es
sollte deshalb gesetzlich klar gestellt werden, dass die Bundesnetzagentur eine entsprechende
Zugangsverpflichtung zu unbeschalteten Glasfasern auferlegen kann bzw. soll.

In der Begründung des TKG-RegE wird dieser Aspekt zwar berücksichtigt. Da jedoch die Not-
wendigkeit glasfaserbasierter Mobilfunkvorleistungsprodukte bislang regulatorisch nicht adres-
siert wurde, ist eine explizite Verankerung von dark fibre-Vorleistungsprodukten in der
TKG-Novelle dringend erforderlich.

Lösungsweg: Ergänzung von § 21 Absatz 3 Nr. 1 TKG-RegE

„(3) Die Bundesnetzagentur soll Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über be-
trächtliche Marktmacht verfügen, folgende Verpflichtungen nach Absatz 1 auferlegen:

1. Zugang zu nicht aktiven Netzkomponenten (zum Beispiel zu unbeschalteten Glasfasern


[dark fibre]) und vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie ge-
meinsamen Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewähren.“

7. Auferlegung getrennter Rechnungslegung bei Netzbetreibern mit integrierter Mo-


bilfunk- und Festnetzsparte > § 29 Absatz 2 TKG-RegE (Ausgestaltung der Kosten-
rechnung)

Ziel: Um der BNetzA auch künftig die im Rahmen der Entgeltregulierung benötigten Daten ver-
fügbar zu machen, sollte generell für alle marktmächtigen Unternehmen mit integrierter Mobil-
funk- und Festnetzsparte eine getrennte Rechnungslegung vorgeschrieben werden.

Analyse: Drei der vier Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland sind mittlerweile organisatorisch


und rechtlich mit ihren jeweiligen Festnetzsparten integriert. Wie das letzte Verfahren zur Regu-
lierung der Mobilfunkterminierungsentgelte gezeigt hat, ist eine Identifizierung der tatsächlichen
Kosten im Rahmen von Entgeltregulierungsverfahren durch die Bundesnetzagentur unmöglich
geworden. Dies hat zu den in diesem Verfahren entstandenen Fehlern bei der Ermittlung der
Mobilfunkterminierungsentgelte erheblich beigetragen.

Zur Vermeidung der damit einhergehenden Probleme sollte die Bundesnetzagentur gegenüber
marktmächtigen integrierten Netzbetreibern grundsätzlich eine getrennte Kostenrechnung auf-
erlegen. Hierbei ist es hinsichtlich der erforderlichen Marktmacht als hinreichend anzusehen,
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wenn ein integriertes Unternehmen entweder auf dem Mobilfunkmarkt oder auf dem Fest-
netzmarkt oder auf dem Markt für kombinierte Mobilfunk-/ Festnetzprodukte über eine einzel-
oder über eine gemeinsam marktbeherrschende Stellung verfügt.

Lösungsweg: Neuer § 29 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE

„(2) 1Die Bundesnetzagentur kann einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht Ver-
pflichtungen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen. 2Unternehmen mit beträchtlicher
Marktmacht und integrierter Mobilfunk- und Festnetzsparte soll die Bundesnetzagentur in der
Regel verpflichten, für beide Sparten getrennte Kostenrechnungen zu führen. 3In diesem Fall kann
sie das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verpflichten, eine Beschreibung der den
Auflagen entsprechenden Kostenrechnungsmethode öffentlich verfügbar zu machen, in der
mindestens die wichtigsten Kostenarten und die Regeln der Kostenzuweisung aufgeführt werden,
sofern sie nicht selbst eine entsprechende Veröffentlichung vornimmt. 4Die Anwendung der
Kostenrechnungsmethode wird von der Bundesnetzagentur überprüft; diese kann auch eine
unabhängige Stelle mit der Überprüfung beauftragen. 5Das Prüfergebnis wird einmal jährlich
veröffentlicht.“

8. Regulierung bei End-zu-End-Verbund > § 30 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE (Entgeltge-


nehmigung)

Ziel: Beim End-zu-End-Verbund sollte die Möglichkeit einer marktmachtunabhängigen


ex-ante-Entgeltregulierung unterbunden werden.

Analyse: Durch die Neuregelung in § 30 Absatz 2 Satz 2 TKG-E wird nun eine marktmachtun-
abhängige ex-ante-Regulierung am Maßstab der effizienten Leistungsbereitstellung in Bezug auf
Entgelte bei der Zusammenschaltung von TK-Netzen nach § 18 TKG ermöglicht. Dies ist euro-
parechtswidrig. Denn die Richtlinien gehen konsequent davon aus, dass eine Vorabregulierung
nur dann zulässig ist, „wenn kein wirksamer Wettbewerb besteht, d. h. auf Märkten, auf denen es
ein oder mehrere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gibt, und die Instrumente des
nationalen und gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts nicht ausreichen, um das Problem zu lö-
sen.“ (Erwägungsgrund 27 RRL) Eine Entgeltkontrolle zur Gewährleistung des
End-zu-End-Verbunds kennt das Gemeinschaftsrecht nicht.

In allen anderen Fällen, in denen kein Unternehmen über eine Significant Market Power
(SMP)-Stellung verfügt, sind Maßnahmen der Vorabregulierung unzulässig (Art. 8 Absatz 5 f RRL).
Indem § 30 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE es der Bundesnetzagentur ermöglicht, zur Gewährleistung
der Regulierungsziele nach § 2 oder des End-zu-End-Verbunds von Diensten, eine
ex-ante-Regulierung – unabhängig von der Feststellung beträchtlicher Marktmacht durch eine
Marktanalyse – aufzuerlegen, verstößt die Vorschrift gegen das europarechtliche Subsidiaritäts-
und Deregulierungsgebot.

Auch in der Sache ist nicht erkennbar, weshalb eine Entgeltkontrolle erforderlich sein sollte, um
„den End-zu-End-Verbund von Diensten zu gewährleisten“. Maßnahmen nach § 18 TKG kann die
Bundesnetzagentur auch unabhängig von der Entgeltkontrolle treffen. Ist darüber hinaus eine
beträchtliche Marktmacht feststellbar, sollte es dabei bleiben, dass die Entgeltkontrolle am
KeL-Maßstab erst nach entsprechender Marktdefinition und Marktanalyse erfolgen darf.

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Lösungsweg: Änderung § 30 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE

„(2) 1Einer nachträglichen Regulierung nach § 38 Absatz 2 bis 4 unterliegen

1. Entgelte, die ein Betreiber im Rahmen von Verpflichtungen nach § 18 verlangt, sowie

2. Entgelte eines Betreibers, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, für andere als in
Absatz 1 Satz 1 genannte Zugangsleistungen.

Abweichend von Satz 1 solche Entgelte einer nachträglichen Regulierung nach § 38 oder
einer Genehmigung nach Maßgabe des § 31 unterwerfen, wenn dies erforderlich ist, um
die Regulierungsziele nach § 2 zu erreichen oder im Fall von Satz 1 Nummer 1 den
End-zu-End-Verbund von Diensten zu gewährleisten.

9. Risikozuschlag bei Entgelten für Zugangsnetze der nächsten Generation > § 30 Ab-
satz 3 TKG-RegE (Entgeltgenehmigung)

Ziel: Bei der Entgeltgenehmigung für Zugangsleistungen zu Netzen der nächsten Generation soll
künftig eine angemessene Rendite für das eingesetzte Kapital ermöglicht und das spezifische Ri-
siko im Zusammenhang mit diesbezüglichen Netzinvestitionen berücksichtigt werden. Dies gilt
jedoch nicht bei Sprachterminierungsleistungen, da für die Erbringung dieser Leistung keine In-
vestition in ein Zugangsnetz der nächsten Generation erforderlich ist.

Analyse: Mit § 30 Absatz 3 TKG-RegE sollen die europarechtlichen Vorgaben zu Risikoprämien


bei der Genehmigung bestimmter Zugangsleistungen umgesetzt werden. Art. 13 Absatz 1 ZRL
und Art. 8 Absatz 5 Buchstabe d RRL lassen jedoch offen, für welche Arten von Zugangsentgelten
solche Prämien gewährt werden dürfen. In der EU-Kommissionsempfehlung über den regulierten
Zugang zu Zugangsnetzen der nächsten Generation wird hingegen explizit ausgeführt, dass Ri-
sikoaufschläge nur bei Entgelten für den „Zugang zur physischen Netzinfrastruktur auf der Vor-
leistungsebene“ (Markt 4 der EU-Märkteempfehlung) und für den „Vor-
leistungs-Breitbandzugang“ (Markt 5 der EU-Märkteempfehlung) gewährt werden sollen. Ent-
gelte für die „Anrufzustellung an einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standor-
ten“ (Markt 3 der EU-Märkteempfehlung) und für die „Anrufzustellung in einzelnen Mobil-
funknetzen“ (Markt 7 der EU-Märkteempfehlung) werden in dieser Empfehlung hingegen nicht
thematisiert. Dies würde auch der EU-Kommissionsempfehlung über die Regulierung der Festnetz-
und Mobilfunkzustellungsentgelte zuwider laufen, in der explizit empfohlen wird, verkehrsu-
nabhängige Kosten sowohl bei der Berechnung der Festnetz- als auch der Mobilfunkterminie-
rungsentgelte nicht zu berücksichtigen. Tatsächlich sind Investitionen in Zugangsnetze der
nächsten Generation für die Erbringung von Sprachterminierungsleistungen im Fest- und Mo-
bilfunk auch nicht erforderlich. Zur Erhöhung der Planungssicherheit und zur Vermeidung von
Rechtsstreitigkeiten sollte daher klargestellt werden, dass sich § 30 Absatz 3 Satz 2 und 3
TKG-RegE ausschließlich auf Entgeltgenehmigungen für die Märkte 4 und 5 der derzeitigen
EU-Märktempfehlung bezieht.

Lösungsweg: Klarstellung in § 30 Absatz 3 Satz 3 TKG-RegE

„(3) 1Die Bundesnetzagentur stellt bei der Regulierung von Entgelten sicher, dass alle Entgelte die
wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb fördern und für die Verbraucher
nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- und langfristig möglichst vorteilhaft sind. 2Sie berück-
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sichtigt bei der Regulierung von Entgelten die zu Grunde liegenden Investitionen und ermöglicht
eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals. 3Bei Netzen der nächsten Generation
trägt sie bei der Genehmigung von Entgelten für den (physischen) Zugang zu Netzinfrastrukturen
(einschließlich des gemeinsamen oder vollständig entbündelten Zugangs) an festen Standorten
sowie bei der Genehmigung von Entgelten für den Breitbandzugang für Großkunden den et-
waigen spezifischen Investitionsrisiken zum Investitionszeitpunkt Rechnung. 4Soweit sich weitere
Unternehmen an den Investitionsrisiken beteiligen, sind die Entgelte so zu differenzieren, dass sie
das unterschiedliche Ausmaß der Risikoübernahme korrekt abbilden. 5Vereinbarten Risikobetei-
ligungsmodellen ist dabei so weit wie möglich Rechnung zu tragen.“

10. Anpassung der Regelungen zur Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen > Ände-
rung von § 35 Absatz 5 TKG-RegE

Ziel: Es sollte eine Klarstellung erfolgen, dass Entgeltgenehmigungen stets auf den Zeitpunkt der
erstmaligen Leistungserbringung durch das regulierte Unternehmen zurückwirken.

Analyse: Die bisherigen Regelungen zur Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen der BNetzA
sind unzureichend und verletzen verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen der regulierten
Unternehmen.

Nach dem gesetzgeberischen Willen sollte § 35 Absatz 5 Satz 1 TKG klarstellen, dass Entgeltge-
nehmigungen rückwirkend erteilt werden können (BT-Drs. 15/2316, S. 69). Die sprachliche
Ausgestaltung im TKG-RegE bleibt jedoch hinter diesem erklärten gesetzgeberischen Ziel zurück
und schafft Unklarheiten, die zu einer Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositi-
onen der regulierten Unternehmen führen können.

Eine grundsätzliche Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen auf den Zeitpunkt der Leistungs-
bereitstellung unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung dieser Entgelte ist verfassungs-
rechtlich geboten (BVerwGE 120, 54, 68 ff.). Dies ist auch sachgerecht, da sowohl die Ver-
pflichtung zur Entgeltgenehmigung als auch die Genehmigungsentscheidung an sich einen Ein-
griff in die Berufsfreiheit bzw. die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit darstellen. Dieser ist nur
zulässig, wenn er verhältnismäßig ist. Insoweit ist kein Grund ersichtlich, warum die Befugnis des
regulierten Unternehmens, die ihm genehmigten Entgelte für die von ihm erbrachten Leistungen
tatsächlich verlangen zu können, davon abhängen sollte, ob die Entgelte für die erbrachten
Leistungen vertraglich vereinbart wurden oder durch behördliche Anordnung (z.B. § 25
TKG-RegE) festgesetzt worden sind. Eine Beschränkung der Rückwirkung auf solche Genehmi-
gungen, die sich auf vertraglich bereits vereinbarte Entgelte beziehen, ist vor diesem Hintergrund
nicht zu rechtfertigen. Daher ist eine sprachliche Klarstellung der Regelung des § 35 Absatz 5 Satz
1 TKG-RegE erforderlich, die deutlich macht, dass Entgeltgenehmigungen stets auf den Zeitpunkt
der erstmaligen Leistungserbringung durch das regulierte Unternehmen zurückwirken und zwar
unabhängig davon, ob sie sich auf ein vertraglich bereits vereinbartes Entgelt beziehen oder nicht.

Weiterhin enthält § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG-RegE eine erhebliche Einschränkung der ge-
richtlichen Korrektur von rechtswidrigen Entgeltgenehmigungsentscheidungen. Wird die Bun-
desnetzagentur gerichtlich verpflichtet, ein höheres Entgelt zu genehmigen, entfaltet dies nach §
35 Absatz 5 Satz 3 TKG-RegE nur dann Rückwirkung, wenn das Gericht auf Antrag des regulierten
Unternehmens nach § 123 VwGO die vorläufige Zahlung des höheren Entgelts angeordnet hat.
10
Eine solche vorläufige Anordnung ergeht nach dem Wortlaut des § 35 Absatz 5 Satz 2 TKG-RegE
nur dann, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf Genehmigung des hö-
heren Entgelts besteht. Wird die einstweilige Anordnung abgelehnt, so entfaltet der Anspruch des
regulierten Unternehmens auf Genehmigung eines höheren Entgelts auch bei einem Erfolg der
Klage seine Wirkung erst mit der Rechtskraft des Hauptsacheurteils. Da die Entscheidung in der
Hauptsache in der Praxis regelmäßig erst dann erfolgt, wenn die kurze Befristung der Entgelt-
genehmigungsentscheidung abgelaufen ist, hat die Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren die
Wirkung einer Vorwegnahme der Hauptsache. Ohne ein Obsiegen im Eilverfahren ist das statt-
gebende Verpflichtungsurteil im Hauptsacheverfahren für das regulierte Unternehmen wirt-
schaftlich bedeutungslos – es kann seinen bestehenden Anspruch auf das höhere Entgelt nicht
durchsetzen.

Das in § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG-RegE vorgesehene Eilverfahren steht daher nur in Einklang
mit den grundgesetzlichen Rechten der Unternehmen, wenn es so ausgestaltet wird, dass ihnen
wirksamer Rechtsschutz bereits im Eilverfahren gewährt wird. Da nach gegenwärtiger Rechtslage
eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ des geltend gemachten Anspruchs erforderlich ist, ist es
nach der bisherigen gerichtlichen Praxis für das regulierte Unternehmen faktisch unmöglich, im
Eilverfahren zu obsiegen. Das Gericht entscheidet auf Grundlage einer summarischen Prüfung und
behält sich im Hinblick auf die summarische Prüftiefe „die Klärung schwieriger rechtlicher und
ökonomischer Fragen von grundsätzlicher Bedeutung“ für das Hauptsacheverfahren vor (u. a. VG
Köln, Beschluss v. 20.12.2006, 21 L 1413/06, Rz. 27.). Das VG Köln kommt daher regelmäßig zum
Ergebnis, dass das Bestehen eines Genehmigungsanspruchs allenfalls offen sei und weist die
Anträge der regulierten Unternehmen ab.

Die Regelung des § 35 Absatz 5 Satz 2, 3 TKG-RegE verlagert damit das Risiko einer unzutref-
fenden Regulierungsentscheidung einseitig auf das regulierte Unternehmen und verletzt das
Recht auf effektiven Rechtsschutz.

Lösungsweg: Anpassung des § 35 Absatz 5 TKG-RegE und Streichung Absatz 6 TKG-RegE

„(5) 1Beinhalten Entgeltgenehmigungen die vollständige oder teilweise Genehmigung eines ver-
traglich bereits vereinbarten Entgelts, so wirken sie zurück auf den Zeitpunkt der erstmaligen
Leistungsbereitstellung durch das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht. 2Das Gericht
kann im Verfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung die vorläufige Zahlung eines
beantragten höheren Entgelts anordnen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der An-
spruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht; der Darlegung eines Anordnungs-
grundes bedarf es nicht. 3 Verpflichtet Dies gilt auch, wenn das Gericht die Bundesnetzagentur zur
Erteilung einer Genehmigung für ein höheres Entgelt verpflichtet, so entfaltet diese Genehmigung
die Rückwirkung nach Satz 1 nur, wenn eine Anordnung nach Satz 2 ergangen ist. sDer Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann
nur bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Klageerhebung gestellt und begründet werden.“
„(6) 1In dem Verfahren nach Absatz 5 in Verbindung mit § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung
kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die
dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. 2Der Beschluss ist unanfechtbar. 3Er ist im
elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. 4Er muss außerdem auf der Internetseite der
Bundesnetzagentur veröffentlicht werden. 5Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von
dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem er-
11
folgen. 6Die Frist muss mindestens einen Monat ab der Veröffentlichung im elektronischen Bun-
desanzeiger betragen. 7In der Veröffentlichung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ist
mitzuteilen, an welchem Tag die Frist abläuft. 8Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei
Versäumung der Frist gilt § 60 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. 9Das Gericht soll
Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch
ohne Antrag beiladen.“

Sollte der Gesetzgeber trotz der dargestellten erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken am


Erfordernis eines Eilverfahrens festhalten wollen, so ist es zumindest erforderlich, dass das Gericht
im Eilverfahren zukünftig nicht lediglich auf Grundlage einer summarischen Prüfung entscheiden
kann. Es ist vielmehr sicherzustellen, dass eine umfassende gerichtliche Sachprüfung erfolgt.
Darüber hinaus ist es aufgrund der einschneidenden Wirkung der Eilentscheidung für die
Durchsetzbarkeit der Rechte des regulierten Unternehmens erforderlich, dass eine Entscheidung
zugunsten des regulierten Unternehmens nur dann abgelehnt werden darf, wenn es ausge-
schlossen oder allenfalls überwiegend unwahrscheinlich ist, dass der geltend gemachte Anspruch
auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht.

11. Sperre von Anschlüssen – § 45 k TKG-RegE

Ziel: Mit der Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 45 k TKG wird offenbar das Ziel der
Gleichbehandlung des Festnetzanschlusses mit dem Mobilfunkanschluss verfolgt. Um eine wirk-
liche Gleichbehandlung beider Anschlussarten sicherzustellen, ist jedoch eine Modifizierung des
Regelungsentwurfs im TKG-RegE erforderlich. Unabhängig davon weisen wir darauf hin, dass die
Ausweitung des Geltungsbereichs von § 45k TKG europarechtlich nicht erforderlich ist.

Analyse: § 45k TKG-RegE sieht vor, dass Anschlüsse erst ab einem Zahlungsverzug in Höhe von
75 € gesperrt werden dürfen. Für Festnetzanschlüsse ist diese Regelung insofern nachvollziehbar,
als bei den heute üblichen Endkundentarifen (z.B. Festnetz-/Internet-Flatrates) ein Zahlungsverzug
von 75 € nach dreimonatiger Nicht-Zahlung erreicht wird.

Der Regierungsentwurf geht deutlich über die Vorgaben der Europäischen Richtlinien hinaus. So
hat nach Art. 29 URL der nationale Gesetzgeber die Möglichkeit, sich aus den vorgeschlagenen
Regelungen eine passende Regelung für den nationalen Markt auszuwählen. Eine Ausweitung des
Geltungsbereichs von § 45k TKG ist somit nicht erforderlich.

Zudem hat die Sperre eines Mobilfunkanschlusses für den Endkunden weit weniger gravierende
Konsequenzen als die Sperre des Festnetzanschlusses. So ist ein Mobilfunkkunde bei einer Sperre
weiterhin erreichbar – lediglich abgehende Gespräche wären dann nicht mehr möglich. Er ist
zudem in der Lage, sich jederzeit eine neue SIM-Karte (z.B. Prepaid) zu kaufen und somit wieder
mobil zu telefonieren. Im Gegensatz dazu bedeutet eine Sperre im Festnetz, dass der Kunde keine
Möglichkeit mehr hat, über den Festnetzanschluss zu telefonieren. Die Sachlage im Mobilfunk ist
daher nicht mit derjenigen im Festnetz vergleichbar.

Die Ausweitung des Geltungsbereichs von § 45k TKG auf den Mobilfunk ist daher nicht sach-
gerecht.

In dem Fall, dass der Gesetzgeber dennoch eine Gleichbehandlung von Festnetz und Mobilfunk
anstrebt, sind den speziellen Gegebenheiten im Mobilfunk Rechnung zu tragen. So sind im Mo-
12
bilfunk in den vergangenen Jahren die Endkundenpreise massiv gesunken – die durchschnittlichen
Umsätze pro Kunde liegen noch bei rund 25 € pro Monat; monatliche Umsätze pro Kunde von nur
10 € sind jedoch keine Seltenheit mehr. Dieser Trend wird sich – im Sinne des Verbrauchers –
voraussichtlich fortsetzen. Ein Zahlungsverzug von 75 € würde bei Kunden mit derart niedrigen
Umsätzen oftmals erst nach mehr als einem halben Jahr oder noch später erreicht. Die Zah-
lungsausfallrisiken wären nach einem so langen Zeitraum unverhältnismäßig höher als dies bei der
bestehenden Regelung im Festnetz der Fall ist. Daher sollte § 45 k TKG-RegE zumindest dahin-
gehend ergänzt werden, dass eine Sperre bei zweimonatigem Zahlungsverzug möglich ist. Da der
Kunde die Rechnung für den vergangenen Monat frühestens 2 Wochen nach Monatsende erhält,
würde eine Sperre also erst nach knapp drei Monaten drohen.

Lösungsweg: Beibehaltung von § 45k Absatz 1 TKG in seiner bisherigen Fassung -


hilfsweise Ergänzung von § 45k Absatz 2 TKG-RegE

„(2) 1Wegen Zahlungsverzugs darf der Anbieter eine Sperre durchführen, wenn der Teilnehmer
mindestens zwei Monate im Zahlungsverzug oder nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zah-
lungsverpflichtungen von mindestens 75 Euro in Verzug ist und der Anbieter die Sperre mindes-
tens zwei Wochen zuvor schriftlich angedroht und dabei auf die Möglichkeit des Teilnehmers,
Rechtsschutz vor den Gerichten zu suchen, hingewiesen hat. 2Bei der Berechnung der Höhe des
Betrags nach Satz 1 bleiben nicht titulierte Forderungen, die der Teilnehmer form- und fristgerecht
und schlüssig begründet beanstandet hat, außer Betracht. 3Ebenso bleiben nicht titulierte be-
strittene Forderungen Dritter im Sinne des § 45h Absatz 1 Satz 1 außer Betracht. 4Dies gilt auch
dann, wenn diese Forderungen abgetreten worden sind. 5Die Bestimmungen der Sätze 2 bis 4
gelten nicht, wenn der Anbieter den Teilnehmer zuvor zur vorläufigen Zahlung eines Durch-
schnittsbetrags nach § 45j aufgefordert und der Teilnehmer diesen nicht binnen zwei Wochen
gezahlt hat.“

12. Vollständige Flexibilisierung des Anbieterwechsels > § 46 Absatz 3 und 4 TKG-RegE

Ziel: Jeder Kunde sollte jederzeit die Möglichkeit erhalten, seine Rufnummer zu einem anderen
Anbieter von Telekommunikationsdiensten (Mobilfunk- oder Festnetzanbieter) mitzunehmen.

Analyse: Durch § 46 Absatz 4 Satz 3 TKG-RegE wird dem Kunden erstmals das Recht eingeräumt,
jederzeit und unabhängig von der Vertragslaufzeit seine Rufnummer zu einem anderen Mobil-
funkanbieter mitzunehmen. E-Plus begrüßt diese Neuregelung zur Flexibilisierung der Rufnum-
mernübertragbarkeit, da sie zum Wohle des Verbrauchers regulatorische Wechselbarrieren be-
seitigt und einem unzufriedenen Vertragskunden die Möglichkeit bietet, unter erleichterten Um-
ständen seinen Anbieter zu wechseln. Aus Sicht von E-Plus sollte jedoch auch erwogen werden,
die Rufnummernübertragbarkeit nicht nur zwischen Mobilfunkanbietern, sondern zwischen
sämtlichen Mobilfunk- und Festnetzanbietern zu erleichtern, so dass jeder Kunde bei jedem An-
schluss frei entscheiden kann, ob er für diesen Anschluss eine Mobilfunk- oder eine Festnetz-
nummer benutzen möchte (so genannte „Vollständige Flexibilisierung des Anbieterwechsels“).
Mit der fort schreitenden Annäherung der Mobilfunk- an die Festnetzterminierungsentgelte be-
steht nämlich keine regulatorische Rechtfertigung mehr, zwischen Mobilfunk- und Festnetz-
nummern zu differenzieren, da sich die Preise für Gespräche in die Mobilfunk- und Festnetze
entsprechend annähern sollten. Tatsächlich sind die Absenkungen der Mobilfunkterminierungs-
13
entgelte in der Vergangenheit jedoch nur in geringem Maß an die Endkunden weiter gegeben
worden. So sind insbesondere die Verbraucherpreise für Gespräche aus den Fest- in die Mobil-
funknetze nur in geringem Ausmaß gesunken. Eine vollständige Flexibilisierung des Rufnum-
mernraums sollte dieses Problem lösen und perspektivisch dazu führen, dass jeder Inhaber eines
Mobilfunkanschlusses zukünftig zum selben Gesprächspreis erreichbar wäre wie der Inhaber eines
Festnetzanschlusses.

Lösungsweg: Änderung von § 46 Absatz 3 TKG-RegE

„(3) 1Zur Gewährleistung des Anbieterwechsels nach Absatz 1 haben Betreiber öffentlicher Te-
lekommunikationsnetze in ihren Netzen insbesondere sicherzustellen, dass Teilnehmer ihre Ruf-
nummer unabhängig von dem Unternehmen, das den Telefondienst erbringt, wie folgt an jedem
Standort, gleich ob geografisch gebunden oder ungebunden, beibehalten können:

1. im Falle geografisch gebundener Rufnummern an einem bestimmten Standort und

2. im Fall nicht geografisch gebundener Rufnummern an jedem Standort.


2
Die Regelung in Satz 1 gilt nur innerhalb der Nummernräume oder Nummerteilräume, die für
einen Telefondienst festgelegt wurden.3 Insbesondere ist die Übertragung von Rufnummern für
Telefondienste an festen Standorten zu solchen ohne festen Standort und umgekehrt unzulässig.“

13. Frequenzordnungsziel „Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs“ > § 52


TKG-RegE

Ziel: Bei zukünftigen Frequenzvergabeentscheidungen sollte die „Sicherstellung chancengleichen


Wettbewerbs“ vorrangig zu berücksichtigen sein.

Analyse: Unter geltendem Recht wurde die „Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs“ von
der BNetzA beispielsweise bei der Festlegung der Vergabe- und Versteigerungsregeln in der
Frequenzentscheidung vom 12.10.2009 faktisch nur als nachrangiges Regulierungsziel gewürdigt.

Ungeachtet der Frage, ob diese Vorgehensweise nach geltender Rechtslage in den in diesem
Zusammenhang anhängigen Gerichtsverfahren als rechtmäßig eingestuft werden wird, gebieten
die Vorgaben aus der geänderten Rahmen- und Genehmigungsrichtlinie zukünftig eine Stärkung
des Frequenzordnungsziels „Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs“.

In Art. 8 Rahmenrichtlinie ist die Wettbewerbsförderung nämlich als eines der vorrangigen Ziele
der Regulierung normiert, die effiziente Frequenznutzung und -verwaltung sowie die Förderung
effizienter Investitionen dient nur als Mittel zur Erreichung dieses Ziels (Art. 8 Absatz 1, 2. Un-
terabsatz; Absatz 2 lit. d); Absatz 5 lit. d) Rahmenrichtlinie).

Zudem wird in Art. 8 Absatz 2 lit. a) Rahmenrichtlinie klar gestellt, dass die Förderung des
Wettbewerbs im Telekommunikationssektor letztlich dazu dient, „sicher[zu]stellen, dass für die
Nutzer […] der größtmögliche Nutzen in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität erbracht wird“.

Lösungsweg: Änderung von § 52 Absatz 1 TKG-RegE

„(1) Zur Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen und unter
Berücksichtigung der in § 2 genannten weiteren Regulierungsziele, insbesondere des Ziels der
Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs zum Wohle der Verbraucher, werden Frequenz-

14
bereiche zugewiesen und in Frequenznutzungen aufgeteilt, Frequenzen zugeteilt und Fre-
quenznutzungen überwacht.“

14. Zulässigkeit von Frequenzverlagerungen > § 55 Absatz 6 TKG-RegE

Ziel: Gesetzgeberische Klarstellung, dass die Bundesnetzagentur zur Erreichung der Regulie-
rungsziele nach § 2 weiterhin jedwede Frequenzen der Mobilfunknetzbetreiber verlagern kann.

Analyse: Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen der Umsetzung von Handlungskomplex I ihres
GSM-Konzepts auf Basis der derzeitigen Rechtslage zur Förderung chancengleichen Wettbewerbs
eine Frequenzverlagerung unter den Mobilfunknetzbetreibern vorgenommen. Dieses Vorgehen
wurde vom Bundesverwaltungsgericht als Ausfluss des der Bundesnetzagentur eingeräumten
Ermessens im Ergebnis bestätigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung jedoch
die – in jenem Fall nicht entscheidungserhebliche – Frage aufgeworfen, ob auch bei ungleich-
wertigen Frequenzen eine Frequenzverlagerung zulässig ist.

Eine Frequenzverlagerung kann jedoch gerade dann sinnvoll sein, wenn ungleichwertige Fre-
quenzausstattungen unter den Mobilfunknetzbetreibern aufgrund zeitlich gestaffelter Einzelzu-
teilungen entstanden sind, und wenn die Bundesnetzagentur dieses regulierungsbedingte Un-
gleichgewicht im Wege der Frequenzverlagerung ausgleichen möchte.

Es sollte daher klar gestellt werden, dass die Bundesnetzagentur (weiterhin) die Möglichkeit hat,
zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 jedwede Frequenzen zu verlagern.

Lösungsweg: Neuer § 55 Absatz 6 Satz 2 und 3 TKG-RegE

„(6) 1Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Einzelfrequenz. 2Die Bundes-
netzagentur kann zur Sicherstellung der Regulierungsziele nach § 2 zugeteilte Frequenzen durch
jedwede anderen Frequenzen ersetzen, die für dieselbe Frequenznutzung ausgewiesen sind
(Frequenzverlagerung). 3In diesem Fall findet Absatz 10 keine Anwendung.“

15. Verlängerung von Frequenznutzungsrechten > § 55 Absatz9 TKG-RegE

Ziel: Klarstellung der Voraussetzungen für eine Verlängerung von Frequenznutzungsrechten.

Analyse: In § 55 Absatz 9 TKG-RegE werden bisher keine Vorkehrungen getroffen, bei einer
Verlängerung von Frequenznutzungsrechten negative Auswirkungen auf den Wettbewerb aus-
zuschließen. Es sollte klar gestellt werden, dass Frequenzzuteilungen nur dann verlängert werden
können, wenn dies der Förderung des Wettbewerbs dient.

Lösungsweg: Änderung von § 55 Absatz 9 Satz 3 TKG-RegE

„(9) 1Frequenzen werden in der Regel befristet zugeteilt. 2Die Befristung muss für die betreffende
Nutzung angemessen sein und die Amortisation der dafür notwendigen Investitionen angemessen
berücksichtigen. 3Eine befristete Zuteilung kann verlängert werden, wenn

1. die Voraussetzungen für eine Frequenzzuteilung nach Absatz 5 vorliegen,

2. Absatz 6 der Verlängerung nicht entgegensteht,

15
3. dies zur Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig
wettbewerbsorientierter Märkte dient, und

4. wenn durch die Verlängerung, aufgrund früherer Frequenzzuteilungen bestehende Wett-


bewerbsverzerrungen behoben, jedenfalls aber nicht aufrechterhalten oder verstärkt wer-
den.“

16. Verfassungsgemäßer Rechtsschutz bei Versteigerungsverfahren > § 61 TKG-RegE

Ziel: Es sollte nochmals explizit klar gestellt werden, dass von der Bundesnetzagentur fest gelegte
Versteigerungsbedingungen der vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen.

Analyse: Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem bisher nicht entscheidungserheblichen Fall


(Urteil v. 23.03.2011 / Az. 6 C 6.10) die Auffassung vertreten, dass der Bundesnetzagentur bei der
Ausgestaltung von Versteigerungsregeln selbst dann ein gerichtlich nur eingeschränkt über-
prüfbarer Ausgestaltungsspielraum zukommen solle, wenn diese Versteigerungsregeln durch –
ohne besondere Sach- und Fachkunde offenkundige - diskriminierende Spektrumskappen ge-
kennzeichnet sind und den Ausgang der fraglichen Auktion dadurch entscheidend beeinflusst
haben. Es sollte daher explizit klar gestellt werden, dass Versteigerungsbedingungen insbesondere
in einem solchen Fall der vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen.

Lösungsweg: Änderung von § 61 Absatz 4 TKG-RegE

„(4) Im Fall der Versteigerung legt die Bundesnetzagentur vor der Durchführung des Vergabe-
verfahrens die einer vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegenden Regeln für die
Durchführung des Versteigerungsverfahrens im Einzelnen fest…“

17. Wettbewerbsorientierte Frequenzpolitik > § 61 TKG-RegE

Ziel: Es sollte im TKG unmissverständlich klargestellt werden, dass eine Versteigerung immer dann
kein geeignetes Frequenzvergabeverfahren darstellt, wenn sie bestehende Asymmetrien bei der
Frequenzaufteilung verstärken und damit weitere Wettbewerbsverzerrungen im deutschen Mo-
bilfunkmarkt auslösen kann.

Analyse: Erfahrungen aus den europäischen Mobilfunkmärkten belegen, dass ein chancenglei-
cher Zugang zu Frequenzen eine zentrale Voraussetzung für chancengleichen Wettbewerb ist. Je
ähnlicher die Frequenzausstattung der Marktteilnehmer ist, desto intensiver ist der Wettbewerb.

Nach Auffassung der BNetzA lässt das geltende TKG zu, dass Frequenzen durch sequentielle
Einzelzuteilungen der BNetzA (bzw. ihrer Rechtsvorgänger) zwar asymmetrisch unter den Mo-
bilfunknetzbetreibern aufgeteilt werden konnten, dass die Behebung dieses für den Wettbewerb
schädlichen Zustands jedoch Marktmechanismen wie einer Versteigerung (dazu teilweise noch
bezüglich neuer Frequenzbänder) überlassen werden darf. Dadurch ist nicht sichergestellt, dass
die bestehenden regulierungsbedingten Wettbewerbsverzerrrungen auch tatsächlich behoben
werden.

Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil v. 23.03.2011 (Az. 6 C 6.10) bezüglich
der im Frühjahr 2010 durchgeführten Frequenzauktion Bedenken geäußert und das Verfahren zur
vollständigen Sachverhaltsaufklärung an das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht Köln
16
zurückverwiesen. Es sollte daher unmissverständlich klargestellt werden, dass die BNetzA durch
hoheitliche Vergabeentscheidungen entstandene Asymmetrien bei der Frequenzausstattung
entsprechend dem verwaltungsrechtlichen „actus contrarius“-Grundsatz auch von Amts wegen
durch geeignete Vergabemechanismen (z.B. Einzelzuteilung) beheben muss, bevor es zu weiteren
Versteigerungen kommen darf. Entsprechendes muss für den nunmehr eingetretenen Fall gelten,
dass die ursprünglich aufgrund hoheitlicher Vergabeentscheidungen bestehenden Asymmetrien
durch die Durchführung einer Versteigerung nachträglich noch vergrößert wurden.

Eine erneute Versteigerung darf erst dann Anwendung finden, wenn die Bundesnetzagentur von
Amts wegen chancengleichen Zugang zu Frequenzen hergestellt hat.

Lösungsweg: Neuer § 61 Absatz 2 Satz 2 TKG-RegE

„(2) 1Grundsätzlich ist das in Absatz 4 geregelte Versteigerungsverfahren durchzuführen, es sei


denn, dieses Verfahren ist nicht geeignet, die Regulierungsziele nach § 2 sicherzustellen. 2Letzeres
ist insbesondere dann der Fall, wenn auf demselben oder einem benachbarten sachlich und
räumlich relevanten Markt, für den die Funkfrequenzen unter Beachtung des Frequenzplanes
verwendet werden dürfen, die Marktteilnehmer nicht chancengleich und diskriminierungsfrei mit
Frequenzen ausgestattet sind oder wenn bereits Frequenzen ohne Versteigerungsverfahren zu-
geteilt wurden, oder wenn ein Antragsteller für die zuzuteilenden Frequenzen eine gesetzlich
begründete Präferenz geltend machen kann. 3Für Frequenzen, die für die Übertragung von
Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder vorgesehen sind, findet das in Absatz 4 geregelte
Verfahren keine Anwendung.“

18. Ergänzung der Widerrufsgründe von Frequenzzuteilungen> § 63 TKG-RegE

Es ist dringend erforderlich und daher zu begrüßen, dass in § 63 Absatz 1 Nummer 3 TKG-RegE
nun auch explizit klar gestellt wird, dass eine Frequenzzuteilung auch widerrufen werden kann,
wenn nach der Frequenzzuteilung Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich sind. Damit wird es
der Bundesnetzagentur erleichtert, eine wettbewerbskonforme Umsetzung der geänderten
EU-GSM-Richtlinie (Richtlinie 87/372/EWG in der Fassung der Richtlinie 2009/114/EG) vorzu-
nehmen.

19. Verbraucherfreundliche Regelung bei Warteschleifen > § 3 Nr. 30 c, § 66 g und § 150


Absatz 7 TKG-RegE (Warteschleifen)

Ziel: Zur Fragestellung der kostenpflichtigen Warteschleifen bei Call Centern muss eine ver-
braucherfreundliche und praktikable Lösung gefunden werden.

Analyse: Mit §§ 66 g, 3 Nr. 30 c TKG-RegE möchte der Gesetzgeber kostenpflichtige Warte-


schleifen einer verbraucherfreundlichen Regelung zuführen. Der Entwurf enthält allerdings einen
systematischen Fehler, der korrigiert werden sollte.

§ 66 g Absatz 1 TKG-RegE legt fest, unter welchen Bedingungen Warteschleifen eingesetzt


werden dürfen. Gemäß Ziffer 5 ist dies bspw. bei zeitabhängig tarifierten Sonderrufnummern
(0180, 0900) der Fall, wenn der Angerufene die Kosten der Warteschleife trägt. Ziffer 4 trägt der

17
Tatsache Rechnung, dass sich das Problem kostenpflichtiger Warteschleifen bei mit Festpreis ta-
rifierten Verbindungen definitionsgemäß nicht stellt; Warteschleifen sind hier daher erlaubt.

Absatz 2 der Norm legt fest, unter welchen Voraussetzungen der Anrufende mit Beginn der
Warteschleife über deren voraussichtliche Dauer informiert werden muss. Dass dabei neben
zeitabhängig tarifierten Verbindungen auch Festpreis-Verbindungen i.S.v. Absatz 1 Nr. 4 adres-
siert werden, ist nicht nachvollziehbar. So ist eine Information über die Dauer der Warteschleife
nur dann sinnvoll, wenn die Warteschleife für den Anrufer kostenpflichtig ist. Demgegenüber hat
bei Festpreis-Verbindungen die Dauer der Warteschleife keinen Einfluss auf das zu entrichtende
Entgelt, so dass eine entsprechende Information zu Beginn der Warteschleife keinen Mehrwert für
den Nutzer bringt. Auch die im 2. Halbsatz von Absatz 2 normierte Verpflichtung des Angeru-
fenen, den Anrufer darüber zu informieren, ob für den Anruf ein Festpreis gilt, ist an dieser Stelle
redundant. Denn bereits § 66 a TKG sieht eine detaillierte Informationspflicht vor.

Zum Festpreis tarifierte Verbindungen sind daher von den Regelungen nach § 66 g Absatz 2
TKG-RegE auszunehmen.

In § 150 Absatz 7 wird zudem unter Ziffer 6 festgelegt, dass in der Übergangszeit Warteschleifen
dann zulässig sind, wenn mindestens zwei Minuten ab Rufaufbau für den Anrufer kostenfrei
bleiben. Diese Regelung adressiert die so genannte Erstwarteschleife, nicht jedoch nachgelagerte
Warteschleifen. Der in der Praxis häufige Fall, dass zu Beginn der Verbindung Kundenwünsche
über ein automatisiertes Dialogsystem abgefragt werden und anschließend eine Warteschleife
erfolgt, wird in dem Regierungsentwurf jedoch nicht berücksichtigt. Hier sollte eine Formulierung
gefunden werden, die im Übergangszeitraum auch für diesen Fall eine praktikable Lösung bietet.

Lösungsweg: Ergänzung von § 66 g Absatz 2 und Anpassung von § 150 Absatz 7


TKG-RegE

§ 66 g Absatz 2 sollte folgendermaßen ergänzt werden:

„(2) Beim Einsatz einer Warteschleife, die nicht unter Absatz 1 Nummer 1 bis 4 fällt, hat der
Angerufene sicherzustellen, dass der Anrufende mit Beginn der Warteschleife über ihre voraus-
sichtliche Dauer und, unbeschadet der §§ 66 a bis 66 c, darüber informiert wird, ob für den Anruf
ein Festpreis gilt oder dass der Angerufene gemäß Absatz 1 Nummer 5 die Kosten des Anrufs für
die Dauer der Warteschleife trägt.“

§ 150 Absatz 7 Ziffer 6 sollte wie folgt angepasst werden:

6. unabhängig von der vom Angerufenen verwendeten Rufnummer oder der grundsätzlichen
Tarifierung des Anrufs sind bis zu mindestens zwei Minuten der Verbindung ab Rufaufbau für den
Anrufer kostenfrei. Beginnt die Bearbeitung innerhalb dieser Zeit, Wird die Warteschleife inner-
halb dieser Zeit durch Bearbeitung beendet, endet die Kostenfreiheit ab dem Zeitpunkt der Be-
arbeitung.

20. Überregulierung bei Auftragsdatenverarbeitung beenden > § 92 TKG

E-Plus begrüßt grundsätzlich die Streichung der einschränkenden Vorschrift des § 92 TKG.
Nunmehr gelten auch für Telekommunikationsdiensteanbieter im Rahmen der Auftragsdaten-
verarbeitung die allgemeinen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Auf folgenden

18
Umstand ist gleichwohl hinzuweisen: im Rahmen des BDSG ist gegenwärtig eine Abwägung der
kommerziellen Interessen der Unternehmen gegenüber den Interessen der Kunden am Schutz
ihrer Daten vorgesehen, sofern aus technischer Sicht ein gleichartiges Schutzniveau für die Daten
der Kunden im Ausland geschaffen wurde. Eine entsprechende Auslegung des Tatbestands-
merkmals der „Erforderlichkeit“ in § 92 TKG wird zukünftig aufgrund der ersatzlosen Streichung
der Norm nicht mehr möglich sein. Eine eigene Form der Interessenabwägung, wie sie durch den
§ 28 BDSG eröffnet ist, sieht das TKG selbst nicht vor. Sie kann daher nicht durch entsprechende
gleichartige Vorschriften im Rahmen des TKG eröffnet werden.

Um vorzubeugen, dass Datenschutzbehörden und Gerichte sich auf eine enge, nur aus techni-
schen Gründen zu rechtfertigende Auftragsdatenverarbeitung zurückziehen, sollte der Gesetz-
geber die Änderung des § 92 TKG in der vom Referentenentwurf vorgeschlagenen Form be-
schließen:

Lösungsweg: Beibehaltung von § 92 Absatz 1 und 2 TKG-RefE

(1) An ausländische nicht öffentliche Stellen, die sich nicht in einem anderen Mitgliedstaat der
Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum befinden, dürfen Diensteanbieter personenbezogene Daten nach Maßgabe des
Bundesdatenschutzgesetzes nur übermitteln, soweit es für die Erbringung von Telekommunika-
tionsdiensten, für die Erstellung oder Versendung von Rechnungen oder für die Missbrauchsbe-
kämpfung erforderlich ist.

(2) Für andere Zwecke als in Absatz 1 dürfen personenbezogene Daten nur übermittelt werden,
soweit dies entsprechend den Regelungen für eine Auftragsdatenverarbeitung gemäß § 11
Bundesdatenschutzgesetz erfolgt und schutzwürdige Interessen des Betroffenen am Ausschluss
der Übermittlung gegenüber dem berechtigten Interesse des Diensteanbieters nicht überwiegen.

21. Verlängerung der Speicherfrist von Daten für Abrechnungszwecke > § 97 Absatz 4
Satz 2 TKG-RegE

Ziel: Anpassung der Speicherfrist an die Bedürfnisse der Praxis.

Analyse: § 97 Absatz 4 TKG-RegGE enthält eine neue Speicherfrist für Daten, die zu Abrech-
nungszwecken benötigt werden. Diese sollen zukünftig maximal drei Monate nach Versendung
der Rechnung gespeichert werden dürfen. Eine solche Regelung ist jedoch unangemessen und
wird in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen, da sie deutlich kürzer als die allgemein
für Verkehrsdaten in § 97 Absatz 3 S. 2 TKG festgelegte maximale Speicherfrist von 6 Monaten ist.
Insbesondere die Intercarrierabrechnung, welche u. a. den gegenseitigen Austausch von Ver-
kehrsdaten mit Roamingpartnern im Ausland beinhaltet, würde durch die geänderte Regelung
deutlich erschwert. Zudem enthält die Regelung keinerlei Hinweis darauf, ob die Speicherfrist
allein begrenzend für den abrechnenden Partner sein soll oder für beide speichernde Stellen
Gültigkeit entfaltet. Die Regelung ist daher in der Praxis in der vorgeschlagenen Form nicht um-
setzbar.

19
Lösungsweg: Streichung des § 97 Absatz 4 Satz 2 TKG-RegE - hilfsweise Änderung von §
97 Absatz 4 Satz 2 TKG-RegE

„(4) 1Soweit es für die Abrechnung des Diensteanbieters mit anderen Diensteanbietern oder mit
deren Teilnehmern sowie anderer Diensteanbieter mit ihren Teilnehmern erforderlich ist, darf der
Diensteanbieter Verkehrsdaten verwenden. 2Diese Daten dürfen maximal drei Monate nach
Versendung der Rechnung gespeichert werden sind spätestens 6 Monate nach Versendung der
Rechnung zu löschen.“

22. Klarstellung gesetzlicher Informationspflichten > § 98 TKG-RegE (Standortdaten)

E-Plus begrüßt, dass in § 98 Absatz 1 Satz 2 TKG-RegE eine Klarstellung der gesetzlichen Infor-
mationspflichten erfolgt und dadurch nicht allgemein der Diensteanbieter (also u.U. auch das
Mobilfunkunternehmen), sondern nur der Anbieter des Dienstes mit Zusatznutzen einer Infor-
mationspflicht unterliegt. Diese Änderung ist erforderlich, um der Schutzfunktion des § 98 Absatz
1 TKG-RegE gerecht zu werden. Durch die klare Begrenzung auf Anbieter von Diensten mit Zu-
satznutzen werden Unklarheiten hinsichtlich des Adressatenkreises sowie des Umfangs der Ver-
pflichtung aus § 98 TKG beseitigt.

23. Erweiterung der Ermächtigungsgrundlage und Anpassung der technischen Aus-


nahmen bei Notrufverbindungen > § 108 TKG-RegE

Ziel: Die aus technischen Gründen bedingten Ausnahmeregelungen für Notrufnummern in der
NotrufV bedürfen einer Anpassung der Ermächtigungsgrundlagen in § 108 TKG-RegE. Zudem
sollte klargestellt werden, dass bei Notrufverbindungen keine Verpflichtung zu einer Verfügbar-
keit besteht, die über die in Absatz 1 definierten klassischen Telekommunikationsdienste hi-
nausgeht.1

Analyse: Gem. § 108 Absatz 1 Satz 1 TKG-RegE wird neben der europäischen (112) auch die
nationale Notrufnummer (110) festgelegt, womit beide Notrufnummern einen identischen Status
erhalten. Technisch bedingte Unterschiede der Notrufnummern im Mobilfunk bleiben dabei im
TKG-RegE unberücksichtigt. Durch die Verlagerung der Festlegung der Notrufnummern von der
NotrufV in das TKG fehlt diesen in der NotrufV nach wie vor enthaltenen Bestimmungen künftig
aber die erforderliche Ermächtigungsgrundlage. Um diesen zwingend erforderlichen und auch
unbestrittenen Ausnahmeregelungen weiterhin Geltung zu verschaffen, muss daher die Ermäch-
tigungsgrundlage für die Verordnung in § 108 Absatz 3 TKG-RegE erweitert werden.

Weiterhin verpflichtet § 108 Absatz 1 Satz 2 TKG-RegE die Unternehmen nunmehr „alle erfor-
derlichen Maßnahmen zu treffen, damit Notrufverbindungen jederzeit möglich sind.“ Diese
Formulierung könnte als Verpflichtung zu einer Verfügbarkeit interpretiert werden, die über die
Verfügbarkeit der klassischen (Sprach-)Telekommunikationsdienste hinausgeht und stellt eine
Verschärfung der Verfügbarkeit gegenüber der bisher geltenden Fassung aus § 108 Absatz 1 TKG
dar. Eine solche Forderung wäre jedoch praktisch nicht umsetzbar.

1
Änderungsvorschläge zur NotrufVO befinden sich im Anhang.
20
Demgegenüber ist die Rangfolge des Vorrangs von Notrufen, priorisierten Verbindungen gemäß
PTSG und normalen Verbindungen durch die Klarstellung in § 108 Absatz 1 Satz 4 TKG-RegE
eindeutig geregelt. Wir begrüßen dies, denn hierdurch wird Rechtssicherheit geschaffen. Jedoch
kann die nationale Notrufnummer 110 im Gegensatz zur europaeinheitlichen Notrufnummer 112
auf der Luftschnittstelle des Mobilfunks aus technischen Gründen, die in internationalen Stan-
dards begründet sind, nicht priorisiert werden. Deshalb ist die Ausnahmeregelung nach Maßgabe
des § 4 Absatz 8 Satz 9 Nr. 4 NotrufV-RegE erforderlich. Aber auch diese bedarf nunmehr in § 108
Absatz 3 TKG-RegE einer erweiterten Ermächtigungsgrundlage für die vorgesehene Verordnung.

Lösungsweg: Änderung von § 108 Absatz 1 Satz 2 TKG-RegE

„(1) …2Wer derartige öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringt, den Zugang zu


solchen Diensten ermöglicht oder Telekommunikationsnetze betreibt, die für diese Dienste ein-
schließlich der Durchleitung von Anrufen genutzt werden, hat gemäß Satz 4 sicherzustellen oder
im notwendigen Umfang daran mitzuwirken, dass Notrufverbindungen unverzüglich zu der ört-
lich zuständigen Notrufabfragestelle hergestellt werden, und er hat alle erforderlichen Maß-
nahmen zu treffen, damit für Notrufverbindungen mindestens die gleiche Verfügbarkeit wie für
die sonstigen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienste erreicht wird jederzeit möglich
sind. 3Die Diensteanbieter nach den Sätzen 1 und 2 haben gemäß Satz 6 sicherzustellen, dass der
Notrufabfragestelle …“

Änderung von § 108 Absatz 3 TKG-RegE

Die notwendige Erweiterung der Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung in Fällen technisch
bedingter Ausnahmen sollte in § 108 Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 TKG-RegE wie folgt lauten.

„(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird ermächtigt, im Einvernehmen
mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen zu treffen …

3. zum Umfang der für Notrufverbindungen zu erbringenden Leistungsmerkmale, einschließlich

a) der Bereitstellung und Übermittlung der Daten nach Absatz 1 Satz 3 und

b) zulässiger Abweichungen hinsichtlich der nach Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 bereitzustellenden Daten
in unausweichlichen technisch bedingten Sonderfällen sowie hinsichtlich Zugang und vor-
rangiger Verbindung zur nationalen Notrufnummer 110 nach Absatz 1 Sätze 1, 2 und 4 aus
unausweichlichen technischen Gründen im Mobilfunk …“

24. Technische Schutzmaßnahmen> § 109 TKG-RegE

Ziel: Aufhebung der Überregulierung bei der Behandlung von Bestandsdaten

Analyse: Durch die Ermächtigung der Bundesnetzagentur zur Erstellung eines Kataloges von
Sicherheitsanforderungen für das Betreiben von Telekommunikations- und Datenverarbeitungs-
systemen sowie für die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 109 Absatz 6 TKG-RegE
wird die bestehende ungleiche Behandlung von Bestandsdaten bei Telekommunikationsunter-
nehmen und anderen Unternehmen verstärkt. Dadurch wird die Telekommunikationsbranche
gegenüber anderen Branchen diskriminiert. Diese Benachteiligung sollte dadurch aufgehoben

21
werden, dass eine Beschränkung auf die dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Daten vor-
genommen wird.

Ebenso ist die uneingeschränkte Möglichkeit der Bundesnetzagentur zur anlassfreien Anordnung
einer kostenpflichtigen Überprüfung durch eine zuständige nationale Behörde oder unabhängige
Dritte nach § 109 Absatz 7 abzulehnen und auf konkrete Anlässe zu beschränken. Dies wäre bspw.
in solchen Fällen unsachgerecht, in denen sich ein Unternehmen bereits durch eine unabhängige
Stelle zertifiziert hat. Für diese Fälle sollte es gesetzliche Erleichterungen geben. Die Möglichkeit
der Bundesnetzagentur zur anlassfreien Überprüfung darauf, ob die Anforderungen nach den
Absätzen 1 bis 3 erfüllt sind, bleibt davon unberührt.

Lösungsweg: Änderung von § 109 Absatz 6 und Absatz 7 TKG-RegE

„(6) Die Bundesnetzagentur erstellt im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der In-
formationstechnik und dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfrei-
heit einen Katalog von Sicherheitsanforderungen für das Betreiben von Telekommunikations- und
Datenverarbeitungssystemen sowie für die Verarbeitung personenbezogener der dem Fernmel-
degeheimnis unterliegenden Daten als Grundlage für das Sicherheitskonzept nach Absatz 4 und
für die zu treffenden technischen Vorkehrungen und sonstigen Maßnahmen nach den Absätzen 1
und 2. Sie gibt den Herstellern, den Verbänden der Betreiber öffentlicher Telekommunikations-
netze und den Verbänden der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste Ge-
legenheit zur Stellungnahme. Der Katalog wird von der Bundesnetzagentur veröffentlicht.“

„(7) 1Die Bundesnetzagentur kann bei Verdacht auf Verstöße gegen die Anforderungen nach den
Absätzen 1 bis 3 anordnen, dass sich die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze oder die
Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste einer Überprüfung durch eine qua-
lifizierte unabhängige Stelle oder eine zuständige nationale Behörde unterziehen, in der festge-
stellt wird, ob die Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 3 erfüllt sind. 2Ersatzweise kann der
Verpflichtete auf ein gültiges Zertifikat einer qualifizierten unabhängigen Stelle verweisen. 3Der
nach Satz 1 Verpflichtete hat eine Kopie des Überprüfungsberichts unverzüglich an die Bundes-
netzagentur zu übermitteln. 4Er trägt die Kosten dieser Überprüfung. 5Davon unberührt bleibt die
Möglichkeit der Bundesnetzagentur zur anlassfreien Überprüfung der Umsetzung der Anforde-
rungen nach den Absätzen 1 bis 3.“

25. Ausweitung der Schutzpflichten > § 109 Absatz 2 TKG-RegE

Ziel: Vermeidung doppelter Schutzpflichten

Analyse: Die Pflichten nach § 109 werden durch den TKG-RegE nun ausgedehnt auf sämtliche
Anbieter, die „öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste“ erbringen. Diese sollen nun
ebenfalls einen Sicherheitsbeauftragten benennen und ein entsprechendes Sicherheitskonzept
erstellen, welches der Bundesnetzagentur vorgelegt wird. Nach dem Gesetzeswortlaut ist unklar,
inwieweit hiervon auch Diensteanbieter betroffen sind, die bereits abgesicherte Netze mit nutzen
und selbst nicht Netzbetreiber sind. Die Auferlegung dieser Pflichten wäre für solche Unterneh-
men jedenfalls unverhältnismäßig. Der Gesetzestext sollte diese „Mitnutzer“ von abgesicherten
Netzen entsprechend berücksichtigen und einen Verweis auf ein bestehendes Sicherheitskonzept
zulassen.

22
Lösung: Änderung von § 109 Absatz 2 TKG-RegE

„(2) 1Wer ein öffentliches Telekommunikationsnetz betreibt oder öffentlich zugängliche Tele-
kommunikationsdienste erbringt, hat (…) bei den hierfür betriebenen Telekommunikations- und
Datenverarbeitungssystemen angemessene technische Vorkehrungen und sonstige Maßnahmen
zu treffen (…). 2Soweit die Erbringung von Telekommunikationsdiensten über ein bereits den
Pflichten nach den Absätzen 1 und 2 unterliegendes Telekommunikationsnetz erfolgt, genügt der
Diensteanbieter seinen Pflichten durch Verweis auf ein bestehendes Sicherheitskonzept.“

26. Meldepflichten > § 109 a TKG-RegE (Datensicherheit)

Ziel: Die unverhältnismäßige Ausweitung der Meldepflichten sollte aufgehoben werden.

Analyse: Der neue § 109a TKG-RegE legt den Telekommunikationsunternehmen eine umfas-
sende Verpflichtung zur Meldung von sämtlichen „Verletzungen des Schutzes personenbezo-
gener Daten“ auf. Diese Verletzungen sollen zukünftig ohne Einschränkung zunächst der Bun-
desnetzagentur gemeldet werden und in besonderen Fällen – sofern schwerwiegende Beein-
trächtigungen für die Betroffenen drohen – auch den betroffenen Kunden. Soweit nach dieser
Regelung jeder einzelne Datenschutzverstoß (z.B. jede einzelne Kundenbeschwerde oder Ar-
beitsfehler) an die Bundesnetzagentur zu melden ist, wird dies einen unverhältnismäßigen Auf-
wand nach sich ziehen, der in der täglichen Arbeit der Datenschutzabteilungen nicht zu leisten ist.
Die Anforderungen gehen damit weit über die aktuelle Fassung des § 42 a BDSG zur Selbstan-
zeigeverpflichtung hinaus. Die Verletzungen sind darüber hinaus auch in einem Verzeichnis über
einen Zeitraum vom 5 Jahren zu erfassen, zu dokumentieren und aufzubewahren. Die Folgen sind
unverhältnismäßig hoch und zwingen zu einer weitergehenden Verpflichtung der Offenlegung
von Datenschutzproblemen und -vorfällen. Die damit einhergehenden Rechtsfolgen und die
zugrunde liegende Arbeitsbelastung für die Unternehmen sind unüberschaubar. Die Begründung
der Richtlinienanpassung kann an dieser Stelle nicht nachvollzogen werden und ist im Hinblick auf
den vorgeschlagenen Regelungsinhalt sowie dessen weitgehend offene Rechtsfolgen auch nicht
angemessen. Die vorgeschlagene Regelung würde in der Form sogar deutlich über die Vorgaben
der Richtlinie auf EU-Ebene hinausgehen. Die bereits mit der Gesetzesänderung zum BDSG im Jahr
2009 in das Gesetz aufgenommene Verpflichtung zur Selbstanzeige in § 42a BDSG sowie der
Verweis durch § 93 Absatz 3 TKG auf diese, wird insofern bereits den Richtlinienvorgaben voll-
umfänglich gerecht. Die vorgeschlagene zusätzliche Regelung wäre daher überflüssig bzw. kolli-
diert inhaltlich mit den bereits vorhandenen Regelungen zu gleichartigen Tatbeständen.

Lösungsweg: Streichung von § 109 a TKG-RegE

27. Aufhebung von Überregulierung > § 150 TKG-RegE (Übergangsvorschriften)

Ziel: Die in den Lizenzen der Mobilfunknetzbetreiber vorgeschriebenen marktmachtunabhängi-


gen Diensteanbieterverpflichtungen sollten aufgehoben werden.

Analyse: Mit der in Deutschland in drei von vier GSM-Lizenzen seit Anfang der 1990er-Jahre
auferlegten Verpflichtung, Diensteanbietern - unabhängig von der Feststellung einer marktbe-
herrschenden Stellung - diskriminierungsfrei Zugang zum eigenen Netz zu gewähren, unterliegen

23
Deutsche Telekom, Vodafone und E-Plus der härtesten Mobilfunk-Zugangsregulierung in der
gesamten Europäischen Union.

Die EU-Kommission hat bereits 2003 empfohlen, derartige Zugangsverpflichtungen nur noch
beim Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Vorleistungsmarkt für Zugang und
Verbindungsaufbau aus öffentlichen Mobilfunknetzen aufzuerlegen.

Seit 2007 empfiehlt die EU-Kommission, in diesem Bereich überhaupt nicht mehr zu regulieren.
Auch in ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf der Bundesnetzagentur betreffend den Markt für
Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen (Markt Nr. 15) vom 21. Mai
2007 (SG Greffe (2007) D/203037) forderte die EU-Kommission die Bundesnetzagentur dazu auf
zu überprüfen, „ob die Auflagen betreffend den nicht-diskriminierenden Zugang von
[Diensteanbietern], die sich aus den von den drei MNO eingegangenen Verpflichtungen ergeben,
noch im Einklang mit den in Art. 8 der Rahmenrichtlinie genannten Zielen stehen“ und „ob die
Verpflichtung der drei MNO [Deutsche Telekom, Vodafone und E-Plus], die […] nicht über be-
trächtliche Marktmacht verfügen, [Diensteanbietern] nicht-diskriminierenden Zugang zu gewäh-
ren, den Wettbewerb behindert. Dies insbesondere dadurch, dass es den MNO nicht gestattet
wird, bestimmten [Diensteanbietern] innovative Zugangsangebote zu machen“.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass sämtliche Wettbewerber


dem Beispiel von E-Plus gefolgt sind und freiwillig Zugangsvereinbarungen zum eigenen Netz
anbieten, die marktmachtunabhängige Diensteanbieterverpflichtungen überflüssig machen.

Sowohl bei Erlass des TKG 2004 als auch in dem aktuellen Regierungsentwurf wird davon ab-
gesehen, die Bundesnetzagentur dazu zu ermächtigen, außerhalb der gesetzlich vorgesehenen
marktmachtabhängigen Regulierungsinstrumente eine generelle marktmachtunabhängige
Diensteanbieterverpflichtung aufzuerlegen.

Marktmachtunabhägige Regulierungsmaßnahmen existieren nur im abgegrenzten Rahmen des §


18 TKG-RegE, der auf die europarechtliche Vorgabe des Art. 5 Absatz 1 Zugangsrichtlinie zu-
rückgeht. Außerhalb dieses Sonderbereichs (insb. End-zu-End-Verbund, Interoperabilität) hat eine
marktmachtunabhängige Diensteanbieterverpflichtung keinen Platz. Dies ist sachgerecht, da die
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und insbesondere deren Zielsetzung einem Neuerlass bzw.
einer Fortgeltung von Diensteanbieterverpflichtungen entgegenstehen. Seit dem Richtlinienpaket
von 2002 ist es eines der europarechtlichen Ziele, den Anwendungsbereich der sektorspezifischen
Regulierung, die einen empfindlichen Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit bzw. Be-
rufsfreiheit der regulierten Unternehmen sowie in die Privatautonomie darstellt, auf das erfor-
derliche Mindestmaß zu beschränken. An dieser Zielsetzung hat sich auch durch die Novelle der
Richtlinien im Jahr 2009 nichts geändert. Dementsprechend sieht Art. 8 Absatz 2 Zugangsrichtlinie
(Richtlinie 2002/19/EG) die Auferlegung von regulatorischen Verpflichtungen, insbesondere auch
der Resale-Verpflichtung nach Art. 12 Absatz 1 Zugangsrichtlinie, nur dann vor, wenn das
betreffende Unternehmen über beträchtliche Marktmacht auf dem relevanten Markt verfügt. Eine
marktmachtunabhängige Diensteanbieterverpflichtung läuft somit der Zielsetzung und Systematik
des gemeinschaftsrechlichen Rahmens zuwider.

Schließlich ist die Beibehaltung der Diensteanbieterverpflichtung auch deshalb rechtswidrig, weil
die Diensteanbieterverpflichtung mangels Geeignetheit zur Wettbewerbsförderung unverhält-
nismäßig ist. Die in den Lizenzen der deutschen Mobilfunknetzbetreiber auferlegten Dienstean-

24
bieterverpflichtungen haben sich im Vergleich mit anderen EU-Ländern weder auf Penetration,
noch auf Wettbewerbsintensität und Preisbildung im deutschen Mobilfunkmarkt positiv ausge-
wirkt.

Lösungsweg: Streichung von § 150 Absatz 4 Satz 2 TKG-RegE

„(4) 1Soweit Frequenznutzungs- und Lizenzrechte auf Märkten vergeben sind, für die auf Wett-
bewerb oder Vergleich beruhende Auswahlverfahren durchgeführt wurden, gelten die damit
erteilten Rechte und eingegangenen Verpflichtungen fort. 2Dies gilt insbesondere auch für die im
Zeitpunkt der Erteilung der Mobilfunklizenzen geltende Verpflichtung, Diensteanbieter zuzulas-
sen.“

25
Anhang zu § 108 TKG

Ziel: Die Anforderungen an die bei Notrufen zu übermittelnden Standortdaten sollten zielorien-
tiert sein, also keine Redundanzen ohne zusätzliche Informationen enthalten bzw. nicht über die
Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgehen, um die technische Umsetzung nicht deutlich zu er-
schweren. Schließlich sollten die Vorgaben zur Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Standort-
feststellung in der technischen Richtlinie gem. § 6 NotrufV-RegE unter Berücksichtigung kom-
merziell verfügbarer Lokalisierungssysteme festgelegt werden.

Analyse: Diese Vorgaben zur Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Standortfeststellung nach
§ 4 Absatz 2 Satz 6 NotrufV-RegE können sich nicht nur am Stand der Technik orientieren, son-
dern müssen nach § 4 Absatz 8 Satz 6 NotrufV-RegE auch die Möglichkeiten kommerziell ver-
fügbarer Lokalisierungssysteme berücksichtigen. Aus diesem Grund sollten die Vorgaben zur
Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Standortfeststellung in der Technischen Richtlinie nach § 6
NotrufV-RegE auch unter Berücksichtigung kommerziell verfügbarer Lokalisierungssysteme fest-
gelegt werden.

Mit § 4 Absatz 8 Nummer 3 Sätze 4 und 5 wird der Mobilfunknetzbetreiber zur Übermittlung
zweier redundanter Datensätze zum Ausgangspunkt des Notrufes verpflichtet. Neben geogra-
phischen Daten soll auch die Bezeichnung der Funkzelle übermittelt werden. Da diese Redundanz
keinen zusätzlichen Gewinn für die Notrufträger bringt, über die Vorgaben der EU-Richtlinie hi-
nausgeht und die technische Umsetzung deutlich erschwert, sollte stattdessen die Regelung des
Referentenentwurfes wieder aufgenommen werden.

Die ausschließliche Orientierung des Anpassungsbedarfes der Technischen Richtlinie nach


§ 6 NotrufV-RegE am Stand der Technik ist zu unscharf und nicht problemgerecht. Der Anpas-
sungsbedarf sollte vielmehr auch den Stand der kommerziell einsetzbaren Systeme berücksichti-
gen.

Lösungsweg: Änderung von § 4 Absatz 2 Satz 6 NotrufV-RegE

„(2) …6Vorgaben zur Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Standortfeststellung werden in der
Technischen Richtlinie nach § 6 unter Berücksichtigung technologischer Gegebenheiten, kom-
merziell verfügbarer Lokalisierungssysteme und des Stands der Technik festgelegt.“

Änderung von § 4 Absatz 8 Nummer 3 Sätze 4, 5 NotrufV-E

„(8) Für Notrufverbindungen aus Mobilfunknetzen gilt ergänzend: (…)

3. (…)4In den Fällen des Satzes 3 hat der Mobilfunknetzbetreiber als Standortangabe die Be-
zeichnung der Funkzelle anzugeben. 5Er hat darüber hinaus entweder oder die geografischen
Koordinaten des Standortes des die Funkzelle versorgenden Mobilfunksenders und dessen
Hauptabstrahlrichtung oder die geografischen Koordinaten des Zellenschwerpunktes an-
zugeben. 6Zu den Angaben (…)“

Änderung von § 6 Satz 2 NotrufV-RegE

„…2Die Technische Richtlinie ist bei Bedarf an den jeweiligen Stand der Technik unter Berück-
sichtigung der kommerziell verfügbaren Systeme anzupassen.“
26

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