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Pendlermobilität als Teil des sozialen Habitus

Eine sozial differenzierte Betrachtung

Diplomarbeit von Christoph Craviolini

Ausgeführt am Geographischen Institut der


Universität Zürich

Begutachtung Prof. Dr. Hans Elsasser

Betreuung Dr. Heiri Leuthold, Corinna Heye

Kontakt christoph.craviolini@gmail.com

Zürich, März 2007


 

Vorwort
Ich möchte Corinna Heye und Dr. Heiri Leuthold an dieser Stelle für die Ermöglichung dieser

Diplomarbeit, für ihre Anregungen, konstruktive Kritik und ihre Unterstützung danken. Prof. Dr.

Hans Elsasser danke ich für die Bereitschaft die Co-Betreuung und die Begutachtung zu übernehmen.

Der grösste Dank gilt all jenen, die mich während der ganzen Zeit in vielfältiger Art und Weise

unterstützt und motiviert haben.


 II

Zusammenfassung
Der Zusammenhang zwischen Lebensform, Status und Pendlermobilität ist von unterschiedlichen

Autoren postuliert worden. Bis anhin gibt es jedoch kaum grossräumige empirische Studien, welche

sich mit der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung im Kontext von Lebenstilen und Pendlermobi-

lität auseinandersetzen. Die vorliegende Untersuchung schlägt deshalb eine Methode einer gross-

räumigen, sozial differenzierten Pendleranalyse vor. Im Zentrum steht die Frage, ob und inwiefern

der soziale Status und die Lebensform Einfluss auf die Art und Weise zu pendeln haben. Hierfür

wird die Pendlermobilität hinsichtlich dreier Dimensionen untersucht: Raumtypologische Richtung

(Raumtypus des Arbeits- und des Wohnortes), Zeitaufwand und Modus (Verkehrsmittel).

Die empirischen Resultate belegen eine deutliche soziale Differenzierung der Pendelnden, wobei

die raumtypologische Richtung, das heisst die Kombination von Wohnorts- und Arbeitsortsraum-

typus, den grössten Einfluss auf den sozialen Status und die Lebensstilmerkmale der Pendelnden

hat. Es zeigt sich, dass der Pendlermobilität eine vermittelnde Funktion zwischen zwei sich ausei-

nander entwickelnden räumlichen Hierarchien zukommt. Einerseits eine Hierarchie des Wohnens,

die eine zunehmende residentielle Segregation zum Ausdruck bringt, andererseits eine Hierarchie
der Arbeitsorte, welche die zunehmende räumlich-funktionale Differenzierung verdeutlicht.

Die Ergebnisse betreffend den Zusammenhang zwischen dem für den Arbeitsweg aufzuwendenden

Zeitaufwand und der sozialen Differenzierung der Pendelnden, verdeutlichen die Bedeutung von

Haushaltsform und Familienmodell für das Verständnis des Pendlermobilitätsverhaltens. Es zeigt

sich eine mit steigendem Zeitaufwand einhergehende Zunahme von Wohnformen ohne Kind

sowie eine von Familienmodellen mit geeigneteren Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von

Erwerbsarbeit und Elternschaft. Zudem zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen sozialem

Status und Zeitaufwand.

Bei den Verkehrsmitteln sind deutliche Unterschiede zwischen den Grosszentren und den übrigen

Siedlungsräumen in Bezug auf die soziale Hierarchie der Verkehrsmittel und den Einfluss von Status
 III

und Lebensform auf die Wahl des Modus auszumachen. Die Grosszentren unterscheiden sich dabei

von den übrigen Siedlungsräumen durch einen vergleichsweise hohen Status der Langsamverkehr-

Pendler bei den Binnenpendlern sowie den interkommunalen Pendlern, welche den öffentlichen

Verkehr benutzen. In den Grosszentren lässt sich ein relativ deutlicher Zusammenhang zwischen

der Lebensform und der Wahl des Verkehrsmittels nachweisen, während beispielsweise im Agglo-

merationsgürtel die Wahl des Verkehrsmittels primär eine Frage der finanziellen Verfügbarkeit eines

Autos zu sein scheint.

Insgesamt zeigt die Studie, dass die soziale Differenzierung der Pendelnden ein wesentlicher Einfluss-

faktor der Pendlermobilität darstellt und dass neben dem sozialen Status insbesondere Individua-

lisierungsindikatoren wie zum Beispiel die Form des familiären Zusammenlebens oder die Haus-

haltsform für das Verständnis der Pendlermobilität nicht weiter vernachlässigbar sind.
 IV

Inhalt
1. Einleitung und Zielsetzung 1

1.1 Entwicklung der Pendlermobilität 1


1.2 Stand der Forschung 2
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen 3

2. Theoretische Grundlagen 5

2.1 Rahmenbedingungen der Pendlermobilität  5


2.1.1 Entkoppelung von Arbeitsplatz- und Wohnbevölkerungsstruktur 5
2.1.2 Pluralisierung der Lebensformen 6
2.1.3 Veränderung des räumlichen Verhaltens 7
2.2 Wechselwirkungen zwischen Lebensstil und Pendlermobilität 10
2.2.1 Raumtypologische Richtung 12
2.2.2 Zeitaufwand 12
2.2.3 Modus 13
2.3 Soziale Differenzierung – Theoretische Orientierung 14

3. Methodisches Vorgehen 16

3.1 Grundlagen 16
3.1.1 Pendlerbegriff 16
3.1.2 Datenbasis 16
3.1.3 Untersuchungsgebiet 17
3.1.4 Grundgesamtheiten 17
3.1.5 Raumgliederung 18
3.2 Pendlermobilitätsverhalten 21
3.2.1 Raumtypologische Richtung 21
3.2.2 Zeitaufwand 22
3.2.3 Verkehrsmittel 23
3.3 Soziale Differenzierung 24
3.3.1 Status 25
3.3.2 Lebensstil 27
 

4. Empirie 31

4.1 Raumtypologische Richtung 32


4.1.1 Raumtypus des Wohnortes 32
4.1.2 Raumtypus des Arbeitsortes 38
4.1.3 Tangential- vs. Radialpendler 43
4.1.4 Fazit 45
4.2 Zeitaufwand 46
4.2.1 Die Siedlungsraumtypen im Vergleich 50

5. Diskussion und Ausblick 63

5.1 Kritische Betrachtung der Resultate 63


5.1.1 Raumtypologische Richtung 63
5.1.2 Zeitaufwand 64
5.1.3 Modus 65
5.2 Methodische Kritik 67
5.3 Fazit und Ausblick 67

6. Bibliographie 69

Appendix 76
 VI

Abbildungen
Abb. 2.01 – Wechselwirkungen zwischen Lebensstil und Pendlermobilität 11
Abb. 3.01 – Sozialer Raum und Status-Individualisierungs-Diagramm 24
Abb. 4.01 – Die raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm 32
Abb. 4.02 – Berufsstatusklassenstruktur – Wohnort: Erwerbstätige vs. Wegpendler 33
Abb. 4.03 – Haushaltsformstruktur – Wohnort: Erwerbstätige vs. Wegpendler 34
Abb. 4.04 – Familienmodellstruktur – Wohnort: Erwerbstätige vs. Wegpendler 34
Abb. 4.05 – Wegpendler, Binnenpendler und Erwerbstätige ohne Arbeitsweg im Vergleich 37
Abb. 4.06 – Die raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm 38
Abb. 4.07 – Haushaltsformstruktur – Arbeitsort: Erwerbstätige vs. Zupendler 39
Abb. 4.08 – Familienmodellstruktur – Arbeitsort: Erwerbstätige vs. Zupendler 39
Abb. 4.09 – Berufsstatusklassenstruktur – Arbeitsort: Erwerbstätige vs. Zupendler 40
Abb. 4.10 – Zupendler, Binnenpendler und Erwerbstätige ohne Arbeitsweg im Vergleich  42
Abb. 4.11 – Haushaltsformstruktur – Radial- vs. Tangentialpendler 43
Abb. 4.12 – Familienmodellstruktur – Radial- vs. Tangentialpendler 43
Abb. 4.13 – Berufsstatusklassenstruktur – Radial- vs. Tangentialpendler 44
Abb. 4.14 – Haushaltsformstruktur – Radialpendler: Weg- vs. Zupendler 44
Abb. 4.15 – Familienmodellstruktur – Radialpendler: Weg- vs. Zupendler 44
Abb. 4.16 – Zeitaufwand  46
Abb. 4.17 – Haushaltsformstruktur – Zeitaufwand: Binnen- vs. interkommunale Pendler 47
Abb. 4.18 – Familienmodellstruktur – Zeitaufwand: Binnen- vs. interkommunale Pendler 48
Abb. 4.19 – Zeitaufwand [nach Raumtypologischer Richtung] 51
Abb. 4.20 – Haushaltsformstruktur – Zeitaufwand: Radial- vs. Tangentialpendler 52
Abb. 4.21 – Familienmodellstruktur – Zeitaufwand: Radial- vs. Tangentialpendler 52
Abb. 4.22 – Berufsstatusklassenstruktur – Zeitaufwand: Radial- vs. Tangentialpendler 53
Abb. 4.23 – Modus [nach Raumtypologischer Richtung] 55
Abb. 4.24 – Haushaltsformstruktur – Verkehrsmittel: Binnen- vs. Interkommunalpendler 56
Abb. 4.25 – Familienmodellstruktur – Verkehrsmittel: Binnen- vs. Interkommunalpendler 57
Abb. 4.26 – Binnenpendler 58
Abb. 4.27 – Interkommunale Pendler 59
Abb. 4.28 – Modus [nach Raumtypologischer Richtung] 61
Abb. A.01 – Gemeindetypologie in 5 Klassen 76
Abb. A.02 – Siedlungsraumtypen im Vergleich 77
 VII

Tabellen
Tab. 3.01 – Grundgesamtheiten der ausgewerteten Daten der Volkszählung 2000 18
Tab. 3.02 – Verwendete Raumtypologie 19
Tab. 3.03 – Raumtypologische Matrix 21
Tab. 3.04 – Distanz (Zeitaufwand) 22
Tab. 3.05 – Verkehrsmittel 23
Tab. 3.06 – Berufsstatusgruppen 26
Tab. 3.07 – Berufsstatusskala SIOPS 27
Tab. 3.08 – Familienmodelle 28
Tab. 3.09 – Haushaltstypen 29
Tab. 3.10 – Individualisierungsindex 30
Tab. A.01 – Indikatoren der Lebensform 76
Einleitung und Zielsetzung 

1. Einleitung und Zielsetzung


Pendeln ist das Resultat einer räumlich-geographischen Trennung von Arbeit und Wohnen und ist

daher sowohl Ursache als auch Folge der heutigen Siedlungsstruktur in den schweizerischen Agglo-

merationsräumen (Moser 2005a). Die Pendlermobilität ist zwar insgesamt nur für rund ein Viertel

der rückgelegten Distanzen verantwortlich (ARE 2001), aufgrund ihrer Funktion als Angelpunkt, um

den herum sich die restliche Mobilität organisiert (ARE 2001, Schuler/Kaufmann 2005: 45), wirkt

sie jedoch auf die gesamte Alltagsmobilität strukturierend. Ihr kommt daher eine zentrale Rolle für

die räumliche Organisation des gesamten individuellen Alltags – Arbeit und Wohnen, Einkaufen,

Freizeit – zu. Das Pendeln ist deshalb nicht mehr nur eine Funktion, die eine räumliche Trennung

von Wohnen und Arbeiten erlaubt, sondern vielmehr ein fester Bestandteil des Lebens (Ascher

o.J.).

Aufgrund ihrer strukturierenden Funktion auf die Alltagsmobilität und den ökonomischen, ökolo-

gischen und sozialen Kosten, die sie verursacht, steht die Arbeitspendlermobilität im Zentrum aktu-

eller verkehrs- und raumplanerischer sowie umweltpolitischer Probleme. Beispielsweise der räum-

lichen Entwicklung des Verkehrsaufkommens, der Veränderung des Modalsplits, Lärm- und Schad-

stoffemissionen oder der fortlaufenden Zersiedlung der Landschaft mit den damit verbundenen

Erschliessungskosten und dem Verlust an Kulturland. Das Verständnis des Pendlerverhaltens und

seiner Einflussfaktoren ist somit von zentraler Bedeutung für die Bewältigung dieser Problemfelder.

1.1 Entwicklung der Pendlermobilität

Der Stellenwert des Pendelns im Alltag der Erwerbstätigen und die Komplexität der räumlichen

Muster hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert (vgl. ARE 2001, Battaglia 2005,

Frick et al. 2004, Moser 2005a). Der Wohnort fällt heute immer seltener mit dem Arbeitsort

zusammen. Das Pendeln ist somit zu einem festen Bestandteil des modernen Berufslebens geworden

– in anderen Worten eine selbstverständliche Lebensform (Moser 2005a) –, wovon der Anstieg der
Einleitung und Zielsetzung 

Gesamt-Pendlerquote[1] zeugt. Diese ist in der Schweiz zwischen 1970 und 2000 um über 40% ange-

stiegen, während die Anzahl der Erwerbstätigen in derselben Periode lediglich um 27% gewachsen

ist (Frick et al. 2004). Für eine wachsende Anzahl der Erwerbstätigen ist zudem das Arbeiten

ausserhalb ihrer Wohngemeinde zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Der Anteil der inter-

kommunalen[2] Pendler hat sich mehr als verdoppelt (Botte 2003) und beträgt im Jahr 2000 rund

65% (Frick et al. 2004), während der prozentuale Anteil der Binnenpendler[3] zwischen 1970 und

2000 um beinahe ein Drittel gesunken ist. Die Folge dieser Entwicklungen sind einerseits wachsende

Pendlerdistanzen und andererseits eine Veränderung der räumlichen Muster der Pendlerströme.

In den letzten 30 Jahren ist die durchschnittliche Distanz pro Arbeitsweg um 25% gestiegen (ARE

2001). Aufgrund der gleichzeitigen Zunahme der Durchschnittsgeschwindigkeit ist der durchschnitt-

liche Zeitaufwand jedoch konstant geblieben (Frick et al. 2004) und beträgt im Jahr 2000 rund 21

Minuten (ARE 2001). Zugleich ist das früher dominierende Muster radial auf die Zentren ausgerich-

teter Pendlerströme durch ein komplexes Geflecht tangentialer und radialer Ströme abgelöst worden

(Battaglia 2005, Frick et al. 2004 , Moser 2005a).

1.2 Stand der Forschung

Die aktuelle klassische Verkehrsforschung befasst sich einerseits mit der Beschreibung der allge-

meinen Entwicklung der Pendlermobilität (Axhausen et al. 2003, ARE 2001, Botte 2003, Frick

et al. 2004, Moser 2005a, 2005b, Tschopp et al. 2006), mit den personenbezogenen (ARE

2001, Frick et al. 2004, Jemelin et al. 2005, Holz-Rau/Scheiner 2005, Moser 2005a, 2005b,

Wulfhorst/Hunecke 2000) und den raumbezogenen Einflussgrössen des Pendlerverhaltens

(ARE 2001, Axhausen et al. 2003, Holz-Rau/Scheiner 2005, Moser 2005a, Scheiner 2005,

Schuler/Kaufmann 2005, Wulfhorst/Hunecke 2000). Andererseits wird versucht, das indi-

viduelle Pendelverhalten in Abhängigkeit von raumbezogenen und personenbezogenen Faktoren

zu modellieren (Axhausen/Schmid 2003, Bowman/Ben-Akiva 1997, Ettema/Timmermans

1997, Fellendorf et al. 1997, Stern/Richardson 2005). Personenbezogene Einflussgrössen sind

beispielsweise Beschäftigungsgrad, Einkommen und Vermögen, Geschlecht oder Alter. Die Arbeits-

[1] Definition: Siehe Kapitel 3.1.


[2] Definition: Siehe Kapitel 3.1.
[3] Auch intrakommunale Pendler. Siehe Kapitel 3.1 für die Definition.
Einleitung und Zielsetzung 

platzstruktur oder der Zugang zu Verkehrsangeboten und -infrastruktur sind Beispiele raumbezo-

gener Einflussfaktoren.

Neben den oben erwähnten Einflussgrössen der Pendlermobilität nennen verschiedene Autoren auch

die Lebensform als mitbestimmenden Faktor des Mobilitätsverhaltens (z.B. Albers/Bahrenberg

1999, Axhausen 2002, Beckmann et al. 2002, Camstra 1996, Götz 1998, Leuthold [im

Druck], Schneider/Spellerberg 1999, Scheiner/Kasper 2002, Stern/Richardson 2004,

Wulfhorst/Hunecke 2000). Bis anhin gibt es jedoch kaum umfassende, grossräumige empirische

Studien[4], welche sich im Kontext von Lebensstilen und Pendlermobilität mit der gesamten erwerbs-

tätigen Bevölkerung auseinandersetzen.

1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen

Die vorliegende Untersuchung schlägt deshalb eine Methode einer grossräumigen, sozial differen-

zierten Pendleranalyse vor. Ausgangspunkt für die Analyse bilden nicht soziale Milieus oder vordefi-

nierte Mobilitätsstile im Sinne von Götz (1998), sondern verhaltenshomogene Gruppen, welche sich

durch eine bestimmte Kombination von Richtung, Zeitaufwand und Modus charakterisieren lassen.

Die Pendlermobilität wird deshalb hinsichtlich dieser drei Dimensionen untersucht:

• Raumtypologische Richtung[5] (Raumtypus des Arbeits- und des Wohnortes),


• Zeitaufwand,

• Modus (Verkehrsmittel).

Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Frage, ob und inwiefern der soziale Status und die

Lebensform Einfluss auf die Art und Weise zu pendeln haben. In Bezug auf die drei Dimensionen

sind folgende Fragen von Interesse:

• Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Wohnortstypus der Pendelnden und

ihren Status- sowie Lebensstilmerkmalen? Welcher zwischen Arbeitsortstypus, Status und

Lebensstil?

[4] Die Studien beschränken sich in der Regel auf einfache sozio-demographische und -ökonomische Einflussgrössen
(vgl. Kritik von Wulfhorst/Hunecke 2000 oder Scheiner 2002).
[5] Auch Raumtyp-Relationen (vgl. Frick et al. 2004). Weitere Ausführungen zum Begriff der raumtypologischen
Richtung finden sich im Theorieteil (Kapitel 2.2.1).
Einleitung und Zielsetzung 

• Welcher Zusammenhang besteht zwischen Zeitaufwand, Lebensstil und Status? Welcher

Einfluss hat der Wohn- oder Arbeitsortsraumtypus auf diesen Zusammenhang?

• Lässt sich ein Zusammenhang zwischen Lebensstil, Status und Verkehrsmittelwahl aufzeigen?

Inwiefern unterscheidet sich dieser in Abhängigkeit von Wohn- und Arbeitsortsraumtypus?

Das Ziel der vorliegende Arbeit ist es, einen Überblick über den Zusammenhang von Lebensform,

Status und Pendlermobilität zu schaffen. Die Arbeit hat daher einen stark deskriptiven Charakter. Um

sprachkulturelle Einflüsse zu eliminieren, beschränkt sich die Studie auf die Wohnbevölkerung der

Deutschschweiz. Damit die Pendelnden in ihrer Gesamtheit erfasst werden können, ist der Ansatz

dergestalt konzipiert, dass er auf Volkszählungsdaten anwendbar ist und keine weiteren Datenerhe-

bungen oder Umfragen benötigt.

Die vorliegende Arbeit unterscheidet sich klar von den weiter oben diskutierten klassischen

Ansätzen, indem sie den Fokus auf die unterschiedlichen sozialen Dispositionen sowie Lebens-

formen der Pendelnden legt. Ohne sie zu negieren, stehen raumstrukturelle Effekte wie beispiels-

weise die Verteilung von Verkehrsinfrastruktur nicht im Zentrum der Analyse.


Theoretische Grundlagen 

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Rahmenbedingungen der Pendlermobilität

Pendeln ist das Resultat einer räumlichen Trennung von Arbeiten und Wohnen. Die klassische Form

dieser räumlichen Trennung zeichnet sich durch Wohnen im suburbanen – allenfalls periurbanen –

Raum und Arbeiten in der Kernstadt aus. Im Folgenden werden einige Entwicklungen thematisiert,

welche die räumliche Organisation des Erwerbs- sowie des Privatlebens und somit die Form der

Pendlerbeziehungen verändert haben.

2.1.1 Entkoppelung von Arbeitsplatz- und Wohnbevölkerungsstruktur


Die gesteigerte allgemeine Mobilität hat zur Folge, dass die räumlichen Opportunitäten der Indi-

viduen zugenommen haben und sich der individuelle geographische Interaktionsraum für die

Ausgestaltung des Alltags vergrössert hat (vgl. Axhausen et al. 2003, Botte 2003, Leuthold

[im Druck], Tschopp/Axhausen 2005). In der Folge hat die geographische Nähe von Arbeits- und

Wohnort für die Wohnstandortwahl an Bedeutung verloren, was wiederum heisst, dass der Wohnort

nicht mehr zwingend durch den Arbeitsort vorgegeben ist (Albers/Bahrenberg 1999, ARE 2001,

Camstra 1995, Leuthold [im Druck], Schuler/Kaufmann 2005). Dies zeigt sich beispielsweise

am wachsenden Anteil von Wegpendlern unter den Neuzuzügern in den Agglomerationsgebieten,

woraus sich schliessen lässt, dass die Neuzuzüger ihren Wohnort immer weniger mit der Absicht,

dort zu arbeiten, wählen (Moser 2005a:15). Auch im Fall eines Arbeitsortwechsels ist ein Wohn-

ortswechsel nicht zwingend nötig, sondern kann vielmehr durch einen längeren Arbeitsweg substi-

tuiert werden (Green 2004, Kalter 1994, Schuler/Kaufmann 2005). Das tägliche Pendeln wird

so die Alternative zur dauerhaften Migration – zum Umzug (Moser 2005a).

Aus der Perspektive des Individuums sind somit – zumindest innerhalb der Metropolitanregionen

– Wohnstandorte und Arbeitsplätze zu «quasi ubiquitären Gütern» geworden (Leuthold [im

Druck:65]). Arbeitsplatzsuche und Wohnstandortwahl sind zwei relativ unabhängige Prozesse

geworden – zumindest solange sich der Zeitaufwand für den Arbeitsweg in einem gewissen Rahmen
Theoretische Grundlagen 

bewegt (Camstra 1996). Dies hat letztlich zu einer räumlichen Entkoppelung von Arbeitsplatz-

und Wohnbevölkerungsstruktur geführt (z.B. Camstra 1996, Leuthold [im Druck], Schuler/

Kaufmann 2005).

2.1.2 Pluralisierung der Lebensformen


Auf gesellschaftlicher Ebene hat in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende sozio-kulturelle Diffe-

renzierung der Gesellschaft und eine Entstandardisierung von Lebensverlaufsmustern stattgefunden

(Konietzka 1995, Leuthold [im Druck], Schneider et al. 2001). Beides sind Folgen der fort-

geschrittenen Individualisierung der Gesellschaft und der damit einhergehenden Pluralisierung und

Ausdifferenzierung der Lebensstile und Lebensformen.

Individualisierung bedeutet in diesem Zusammenhang eine Zunahme der Optionen für die indivi-

duelle Gestaltung des Lebenslaufs aufgrund der Auflösung starrer gesellschaftlicher Normen (Hitzler

1994, Leuthold [im Druck], Schneider et al. 2001, Vester et al. 2001). Die Lockerung der

ökonomischen und sozialen Fremdzwänge wird von den meisten Autoren der Steigerung des mate-

riellen Lebenstandards und der Zunahme des kulturellen Kapitals infolge der Bildungsexpansion

der letzen 40 Jahre zugeschrieben (Hermann et al. 2005, Leuthold [im Druck], Müller 1992,

Scheiner/Kasper 2003, Vester et al. 2001).

Pluralisierung bezieht sich auf die Zunahme der Vielfalt an Lebensformen, insbesondere in Bezug

auf das Zusammenleben und das Gemeinschaftshandeln (Vester et al. 2001). Diese Zunahme ist

jedoch nicht das alleinige Resultat der Individualisierung, sondern ebenfalls eine Folge der Deindus-

trialisierung und Tertiarisierung sowie der damit verbundenen Veränderungen der Erwerbsstruk-

turen (Albers/Bahrenberg 1999, Leuthold [im Druck], Schneider et al. 2001).

In der Folge des oben angeführten gesellschaftlichen Wandels haben sich auch die Idealvorstellungen

hinsichtlich des familiären und ausserfamiliären Zusammenlebens ausdifferenziert (Hermann et

al. 2005, Heye/Leuthold 2004a, Schneider/Spellerberg 1999, Spellerberg 1997). Gleiches

gilt für die Ansprüche an die Wohnung sowie an das infrastrukturelle, das soziale und das kulturelle

Wohnumfeld. Neben dem traditionellen bürgerlichen Lebensstil der Nachkriegszeit haben sich

unterschiedlichste alternative Lebensformen etabliert, welche sich hinsichtlich des Haushalts, des

Familien- oder des Lebensideals von der traditionellen Form unterscheiden (Heye/Leuthold 2004a,
Theoretische Grundlagen 

Leuthold [im Druck]). Während sich das traditionelle Wohnideal durch ein Wohnen in einer

Klein- beziehungsweise Zweigenerationenfamilie und eine strikte räumliche Trennung von Wohnen

und Arbeiten charakterisieren lässt, wobei die Wohnung den Familienmitgliedern als Privat- und

Intimssphäre dient (Häussermann/Siebel 1996, Leuthold [im Druck]), unterscheiden sich die

neuen Wohnideale davon in einer oder mehreren dieser Dimensionen; hinsichtlich der räumlichen

Trennung von Wohnen und Arbeiten, der sozialen Wohneinheit oder dem Verhältnis von Öffentlichkeit

und Privatheit. Als Illustrationsbeispiel diene hier dasjenige eines Erwerbstätigen, welcher in einer

Wohngemeinschaft lebt und seine Arbeit von zuhause aus erledigt. Dieses steht sowohl in Bezug auf

die räumliche Trennung von Erwerbstätigkeit und Wohnen als auch hinsichtlich des Verhältnisses

von Öffentlichkeit und Privatheit in klarem Gegensatz zum traditionellen, bürgerlichen Wohnideal.

2.1.3 Veränderung des räumlichen Verhaltens


Die oben erwähnten Entwicklungen haben zu veränderten, divergierenden räumlichen Verhaltens-

mustern der Individuen geführt, indem sich deren Rahmenbedingungen und Präferenzen in Bezug

auf die räumliche Ausgestaltung des Alltags verändert, beziehungsweise ausdifferenziert haben.

Die zunehmende Mobilität und die daraus resultierende «quasi Ubiquität» von Arbeitsplätzen und

Wohnstandorten hat zur Folge, dass für die Wohnstandortwahl andere Faktoren wie die physische,

soziale und infrastrukturelle Wohnumgebung an Relevanz gewonnen haben (Albers/Bahrenberg


1999, Leuthold [im Druck], Wulfhorst/Hunecke 2000). Dies heisst konkret, dass für den

Wohnstandortentscheid in zunehmenden Masse der durch die individuellen ökonomischen und

sozialen Restriktionen vorgegebene Handlungsspielraum sowie die individuellen Präferenzen

von Bedeutung sind – in anderen Worten der Lebensstil (Hermann et al. 2005, Leuthold [im

Druck], Wulfhorst/Hunecke 2000). Wulfhorst und Hunecke (2000) konnten beispielsweise

aufgezeigen, dass Erreichbarkeit und Infrastruktur, insgesamt nur rund 40%[1] der Wohnstandortent-

scheidungen erklären und der Stellenwert dieser beiden Einflussgrössen im Vergleich zu Wohnqua-

lität und Wohnungseigenschaften zudem stark von der Lebensform abhängig ist. Etablierte, traditi-

onelle Lebensformen – Familienhaushalte – gewichten die Wohnqualität und die Eigenschaften der

Wohnung im Vegleich zu modernen Lebensformen stärker. Letztere wiederum messen der Erreich-

barkeit und der Infrastruktur einen höheren Stellenwert bei. Die Individuen segregieren somit in

[1] Dieser Wert bezieht sich auf innerstädtische Wohnstandortsentscheide und ist daher nur bedingt generalisierbar.
Theoretische Grundlagen 

den Metropolitanräumen nicht allein nach der Menge der verfügbaren Ressourcen, sondern eben-

falls nach Lebensstil und Lebensformen (Heye/Leuthold 2004a, 2004b, Scheiner/Kasper 2002,

Schneider/Spellerberg 1999, Spellerberg 1997, Wulfhorst/Hunecke 2000).

Die Entwicklungen der Idealvorstellungen hinsichtlich des familiären und ausserfamiliären Zusam-

menlebens haben zu veränderten, divergierenden Ansprüchen hinsichtlich der Wohnung und des

Wohnumfeldes und somit auch zu Veränderungen der Raumnutzung geführt (Heye/Leuthold 2005,

Leuthold [im Druck], Spellerberg 1997, Wulfhorst/Hunecke 2000). So weisen die «neuen

Haushaltstypen»[2] ein anderes Wohnstandortverhalten auf als traditionelle – der Paarhaushalt mit

Kind. Individualisierte Wohnformen – Wohngemeinschaften und Einpersonenhaushalte – benö-

tigen im Gegensatz zu Familienhaushalten keine Freiflächen für Kinder, sondern vielmehr eine Infra-

struktur, die Arbeits- und Ausbildungsplatz, kommunikationsfreundliche Orte und ausserhäusliche

kulturelle und sportliche Freizeitaktivitäten bündelt (Spellerberg 1997:9). Einpersonenhaushalte

mit Kindern benötigen wie die traditionellen Familienhaushalte Freiflächen für die Kinder, sind

hingegen gleichzeitig auf das Vorhandensein von Kinderbetreuungsangeboten – z.B. Kinderkrippen

– angewiesen.

Die veränderten Familienstrukturen, die zunehmende Erwerbstätigkeit der Frauen, aber auch die

veränderten Berufsbiographien, haben ebenfalls Einfluss auf das räumliche Verhalten (Camstra

1996, Schuler/Kaufmann 2005). So sehen sich Doppelverdiener-Paar- oder -Familienhaushalte mit

anderen räumlichen Restriktionen hinsichtlich der Organisation von Arbeit und Wohnen konfron-

tiert als beispielsweise traditionelle Familienhaushalte mit nur einem Erwerbstätigen (Camstra
1996, Cervero 1989, Giuliano/Small 1993, Schneider et al. 2001). Im Gegensatz zu den Paar-

haushalten mit einem Erwerbstätigen, welche bei ihrer Wohnstandortentscheidung einzig einen

Arbeitsort berücksichtigen müssen, haben die Doppelverdiener den Wohnstandort und die Pend-

lermobilität für zwei Arbeitsplätze zu optimieren. Dies schlägt sich in diesem Fall in tendenziell

grösseren Weglängen nieder (Camstra 1996, Scheiner/Kasper 2002). Ebenfalls in Richtung eines

höheren Zeitaufwandes wirkt die Veränderung der Berufsbiographien, welche in Zukunft seltener

durch dauerhafte Arbeitsbeziehungen gekennzeichnet sein werden, sondern vielmehr durch wieder-

[2] Unter die «neuen Haushalte» fallen Wohngemeinschaften, Einpersonenhaushalte, Alleinerziehende, Paarhaushalte
ohne Kinder oder Familien mit mehreren Standorten (Spellerberg 1997:8).
Theoretische Grundlagen 

holte Wechsel des Arbeitsgebers und der beruflichen Tätigkeit (Rouwendal/Rietveld 1994,

Schneider et al. 2001). Infolgedessen wird das Pendeln seltener nur eine kurzfristige temporäre

Anpassung an eine veränderte Arbeitsortsituation sein, deren langfristige Konsequenz die Migration

ist, sondern eine langfristige Strategie.


Theoretische Grundlagen 10

2.2 Wechselwirkungen zwischen Lebensstil und Pendlermobilität

Angesichts der oben diskutierten Entwicklungen kann das individuelle Pendlermobilitätsverhalten

nicht allein als eine Reaktion auf strukturelle und geographische Rahmenbedingungen sowie einige

sozio-demographische Merkmale betrachtet werden, sondern muss zudem als Folge wie auch

Bestandteil einer bestimmten Lebensform angesehen werden.

Das konkrete räumliche Pendlermobilitätsverhalten eines Individuums resultiert letztlich aus einer

spezifischen geographischen Lokalisation von Arbeits- und Wohnort. In ihm widerspiegeln sich

daher persönliche Restriktionen – sozialer wie auch ökonomischer Natur – und spezifische, indivi-

duelle Präferenzen hinsichtlich des Wohnumfeldes, der Wohnungsform, aber auch der Alltagsmobi-

lität (Scheiner/Kasper 2002). So hätte z.B. ein Individuum, welches vom suburbanen Raum in ein

Grosszentrum pendelt, auch die Option, den Wohnstandort in die Arbeitsgemeinde zu verlagern.

Die Substitution von Wohnmobilität durch Pendeln kann in diesem Fall als Ausdruck von Präfe-

renzen für das aktuelle Wohnumfeld, lokale soziale Netze oder andere ortsgebundene Faktoren

gewertet werden.

Abbildung 2.01 zeigt die Wechselwirkungen, die sich zwischen Lebensstil und Pendlermobilität

ergeben. Zum einen besteht ein direkter Zusammenhang, welcher sich in spezifischen Präferenzen

hinsichtlich der Pendlermobilität selbst – einem bestimmten Mobilitätsideal – äussert (Abb. 2.01: A).

Direkte Wechselwirkungen zwischen Lebensstil und Pendlermobilität bestehen zum Beispiel in Bezug

auf die Wahl des Verkehrsmittel (Modus), die Präferenzen in Bezug auf die räumliche Trennung von

Wohnen und Arbeiten – in anderen Worten die Distanz – oder ganz allgemein die Bereitschaft zu

pendeln. Dieser Zusammenhang zwischen Mobilitätsidealen und Lebensform ist bisher jedoch erst

partiell und relativ kleinräumig untersucht worden. Einige aktuelle Studien befassen sich beispiels-

weise mit den Wechselwirkungen zwischen Mobilitätsstil und Verkehrsmittelwahl (Götz et al.

1998) oder der Anpassung der Verkehrsmittelnutzung an Wohnstandortwechsel (Scheiner 2005).

Zum anderen besteht ein indirekter Zusammenhang, welcher sich aus der Wohnstandortwahl ergibt
Theoretische Grundlagen 11

(Abb. 2.01: B). Dieser widerspiegelt die individuellen Präfernzen bezüglich des natürlichen, kultu-

rellen, sozialen und infrastrukturellen Wohnumfeldes. Die Wechselwirkungen zwischen Lebensstil

und Wohnstandortwahl sind in verschiedenen empirischen Studien untersucht und nachgewiesen

worden (Hermann et al. 2005, Heye/Leuthold 2004b, Schneider/Spellerberg 1999). Es

fehlen jedoch Studien, die den direkten Bezug zur Pendlermobilität herstellen.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor der Pendlermobilität ist der Arbeitsort (Abb. 2.01: C). Dieser

hängt jedoch nur bedingt mit dem Lebensstil zusammen, weswegen er hier nicht spezifisch disku-

tiert wird.

Abb. 2.01 – Wechselwirkungen zwischen Lebensstil und Pendlermobilität

Lebensstil

B A

B C
Wohnort Pendlermobilität Arbeitsort

> natürliches Umfeld > Distanz > Beruf


> kulturelles Umfeld > Modus > Arbeitsplatzstruktur
> soziales Umfeld > Frequenz
> infrastrukturelles Umfeld

Quelle: Eigene Darstellung

Nachfolgend wird näher auf einzelne Dimensionen des Pendelns eingegangen, welche diese unter-

schiedlichen Wechselwirkungen zum Ausdruck bringen. Diese Dimensionen sind:

• Raumtypologische Richtung,

• Zeitaufwand,

• Modus.

Eine weitere relevante Dimension wäre die Frequenz, das heisst sowohl die tägliche als auch die

wöchentliche Häufigkeit der Pendlerbewegung. Diese wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht

gesondert analysiert.
Theoretische Grundlagen 12

2.2.1 Raumtypologische Richtung


Die Analyse des Zusammenhangs zwischen Richtung und sozialer Differenzierung der Pendelnden

bildet den Forschungsschwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Die Richtung ist von zentraler

Bedeutung, da sie zum einen die Wirschafts- und Arbeitsplatzstruktur, zum anderen die persön-

lichen Präferenzen hinsichtlich des aktuellen natürlichen, infrastrukturellen, baulichen und sozialen

Wohnumfeldes sowie des Wohnungstyps wiedergibt. Um die Räumlichkeit der Pendlermobilität zu

systematisieren und die Pendelnden entsprechend den Charakteristika ihrer Wohn- und Arbeitsum-

gebung zusammenzufassen, wird die räumliche Richtung in eine sogenannte raumtypologische

Richtung[3] überführt. Es handelt sich dabei – wie der Name bereits impliziert – um eine spezi-

fische Kombination von Arbeits- und Wohnortstypus, zum Beispiel Wohnort im suburbanen Raum,
Arbeitsort in einem Grosszentrum. Durch das Überführen der Arbeitspendlerbewegungen in eine

raumtypologische Ebene wird es möglich zu untersuchen, inwiefern sich zum Beispiel Pendelnde mit

Wohnsitz im suburbanen Raum bei identischem Arbeitsortstypus von denjenigen mit Wohnsitz in

Klein- und Mittelzentren unterscheiden. Umgekehrt lassen sich durch eine vergleichende Analyse

von Pendelnden mit identischem Wohnort- aber unterschiedlichem Arbeitsort-Raumtypus, Zusam-

menhänge zwischen Arbeitsort-Raumtypus und Lebensstil untersuchen. So etwa die Frage, ob dieje-

nigen Pendelnden mit Arbeitsort in urbanen Zentren im Vergleich zu den übrigen mit identischem
Wohnort gleichzeitig auch über einen urbaneren Lebensstil verfügen.

2.2.2 Zeitaufwand
Die Pendeldistanz wird in dieser Arbeit nicht in metrischer Form gemessen, sondern durch den für

die Überwindung der geographisch-räumlichen Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort nötigen

Zeitaufwand ausgedrückt. Dieser Schritt ist dadurch motiviert, dass der tatsächliche Zeitaufwand

den eigentlichen Opportunitätskosten des Pendelns entspricht. Daher dürfte er gegenüber der

zurückzulegenden Distanz zwischen Arbeits- und Wohnort für die individuelle räumliche Orga-

nisation von Arbeit, Wohnen und Freizeit von übergeordneter Bedeutung sein. Der Zeitaufwand

widerspiegelt in diesem Zusammenhang sowohl die zeitlichen und finanziellen Restriktionen der

Individuen als auch ihre Präferenzen hinsichtlich räumlicher Trennung von Arbeits- und Wohnort.

[3] Auch Raumtyp-Relation (vgl. Frick et al. 2004)


Theoretische Grundlagen 13

Das Arbeitspensum, die Haushaltsform und das Familienmodell – die Rollenverteilung zwischen

Mann und Frau – dürften die Haupteinflussfaktoren für das Zeitbudget darstellen (vgl. Frick et al.

2004). Auch Zeitaufwand und finanzielle Restriktionen stehen zueinander im Zusammenhang, da

grössere finanzielle Ressourcen das Wohnen in verkehrstechnisch privilegierten Lagen ermöglichen,

ohne dass auf das gewünschte natürliche Umfeld verzichtet werden muss �( Jemelin et al. 2005,

Næss/Sandberg 1995).

Wie bereits erwähnt, ist der Zeitaufwand nicht nur einfach durch die Rahmenbedinungen gegeben,

sondern unterliegt auch individuellen Präferenzen. So gut die Vorlieben hinsichtlich Wohnumfeld

die Pendeldistanz determinieren können, können die Vorlieben hinsichtlich der geographischen

Trennung von Arbeitsplatz und Wohnort die Wohnstandortwahl entscheidend beeinflussen. Dies
nicht nur in Richtung einer Verminderung der Distanz, sondern durchaus auch hin zu einer gewissen

Mindestdistanz und somit räumlichen Trennung von Wohnen und Arbeiten.

2.2.3 Modus
Die Verkehrsmittelwahl widerspiegelt zum einen die mit der Wohn- und Arbeitsortswahl verbun-

denen infrastrukturellen Restriktionen (Scheiner 2005, Wulfhorst/Hunecke 2000), zum

anderen ist sie von individuellen Präferenzen und finanziellen Restriktionen abhängig (Moser

2005B, Scheiner 2005, Wulfhorst/Hunecke 2000). Die Wahl des Modus resultiert letztlich aus

einem komplexen Geflecht interdependenter Entscheidungen. So beeinflusst die Entscheidung über

Wohn- und Arbeitsort einerseits die Wahl des Verkehrsmittels auf dem Arbeitsweg, andererseits ist

es ebenso plausibel anzunehmen, dass die Präferenzen hinsichtlich des Verkehrsmittels die Wohn-
und Arbeitsortswahl beeinflussen (Moser 2005b, Scheiner 2005). Die finanziellen Restriktionen

stehen insofern im Zusammenhang mit der Verkehrsmittelwahl, als dass sie die Verfügbarkeit von

Automobilen einschränken (Moser 2005b).


Theoretische Grundlagen 14

2.3 Soziale Differenzierung – Theoretische Orientierung

Die theoretisch-konzeptionelle Grundlage für die Analyse der sozialen Differenzierung der verschie-

denen Pendlermobilitätsgruppen bildet zum einen die Gesellschaftstheorie Pierre Bourdieus und

sein Konzept des sozialen Raumes (1979, 1991), zum anderen dessen Adaption durch Vester et al.

(2001) und die Arbeiten der Forschungsgruppe sotomo[4] (z.B. Heye/Leuthold 2004a, 2004b,

Hermann et al. 2005).

Im Sinne Bourdieus ist die Position eines Individuums in der Gesellschaft nicht durch die Klasse,
sondern durch das Gesamtvolumen an Kapital und durch die Kapitalstruktur, das heisst die Zusam-

mensetzung des Kapitals, gegeben. Das Gesamtvolumen entspricht dabei der klassischen Stratifi-

zierung nach Status, die Kapitalstruktur der Differenzierung nach Lebensstilen. Die Differenzierung

der Gesellschaft nach Lebensstilen ist nicht als Auflösung der klassischen Differenzierung nach

Status zu betrachten, sonder vielmehr als Erweiterung des primär vertikal strukturierten Klassenbe-

griffs um eine zusätzliche Ungleichheitsdimension, die auf einer sozio-kulturellen Ebene wirkt und

Geschmacks- und Lebensstilmuster miteinbezieht (Klee 2001).

Bourdieus Ansatz unterscheidet sich dadurch von voluntaristischen Lebensstilansätzen deutscher

Soziologen (z.B. Lüdke 1991), welche die Lebensstile als von der sozialen Struktur unabhängig zu

betrachten tendieren. Bei Bourdieu sind Lebensstile fest in die Klassenstruktur der Gesellschaft
eingebunden, wobei der Habitus als vermittelndes Element zwischen den sozialen Dispositionen und

den Praxisformen dient. Der Habitus erzeugt somit, bedingt durch eine bestimmte Soziallage einen

spezifischen Lebensstil, der sich in bestimmten kulturellen Praktiken äussert (Fuchs-Heinritz

1995). Das Pendelverhalten eines Individuums ist ein Beispiel einer solchen Praktik. Eine bestimmte

Praxis oder Handlung ist demnach nicht allein eine Frage substantieller Wahlfreiheit aufgrund

ökonomischer Ressourcen und Wohlstand, sondern vielmehr auch eine Frage psychischer Strukturen

der Wahrnehmung, des Urteilens und Denkens (vgl. Konietzka 1995). Durch die Erweiterung

der sozialen Differenzierung um eine horizontale Ungleichheitsdimension unterscheidet er sich

[4] sotomo.geo.unizh.ch.
Theoretische Grundlagen 15

ebenfalls klar von klassischen, auf einer rein ökonomischen und vertikalen Sichtweise basierenden

Schichtungs- und Klassentheorien[5] (vgl. Vester et al. 2001).

Bourdieus grundlegender Ansatz, dass Lebensstile ohne Verortung im Raum sozialer Positionen

nicht begreifbar sind, wie umgekehrt die traditionellen Schichten und Klassenanalysen ihrerseits

den praktischen oder sozialen Sinn unterschlagen (Konietzka 1995), findet sich in seinem Konzept

des sozialen Raumes (1979) wieder. Der soziale Raum bildet die Differenzierung der Gesellschaft

aufgrund ihrer unterschiedlichen Ressourcenausstattung (ökonomisches, soziales und kulturelles

Kapital) in einem zweidimensionalen Raum ab (vgl. Kapitel 3.3).

In den Augen Bourdieus beruhen die bedeutsamsten Unterschiede bezüglich der Lebensstile der

Individuen – der «Lebensstilisierung» im Allgemeinen – letztlich auf Unterschieden in der objek-


tiven und subjektiven Distanz gegenüber materiellen und zeitlichen Zwängen (Bourdieu 1979). In

Bezug auf die Berufspendlermobilität bedeutet dies Unterschiede in der Gewichtung der Präferenzen

hinsichtlich dem Wohnumfeld und gleichermassen den Zeitkosten des Pendelns.

[5] N.B. Typischer für klassische Verkehrsanalysen benutzter Ansatz für die soziale Differenzierung.
Methodisches Vorgehen 16

3. Methodisches Vorgehen

3.1 Grundlagen

3.1.1 Pendlerbegriff[1]
Als Pendler gelten Personen, die mindestens 15 Jahre alt und erwerbstätig sind sowie ihr Wohnge-

bäude verlassen, um in derselben oder in einer anderen Gemeinde ihren Arbeitsplatz aufzusuchen

(Frick et al. 2004:15). Weitere Begriffe in diesem Zusammenhang sind:

• Gesamt-Pendlerquote (auch Mobilitätsgrad der Erwerbstätigen): Gesamtheit aller Erwerbstä-

tigen, welche ihr Wohngebäude für die Erwerbstätigkeit verlassen.

• Binnenpendler (auch intrakommunale Pendler): Pendler, deren Wohn- und Arbeitsort in

derselben Gemeinde liegt.

• Interkommunale Pendler: Erwerbstätige deren Arbeitsort ausserhalb ihrer Wohnortsge-

meinde liegt. Zu den Interkommunalen Pendlern zählen auch die Weg- und Zupendler.

• Radialpendler: Interkommunale Pendler mit Arbeits- oder Wohnort in einem

Grosszentrum.

• Tangentialpendler: Interkommunale Pendler mit Arbeits- und Wohnort ausserhalb der

Grosszentren.

3.1.2 Datenbasis
Die verwendeten Personen- und Haushaltsdaten entstammen der vom Bundesamt für Statistik

BFS erhobenen schweizerischen Volkszählung 2000. Die Volkszählungsdaten besitzen zwei für die

vorliegende Arbeit zentrale Eigenschaften. Sie werden flächendeckend erhoben und liegen auf Indi-

vidualdatenebene vor. Dadurch können die Daten entsprechend den Kriterien der Forschungsfragen

aggregiert werden. Im Fall der vorliegenden Studie ist dies zentral, da die Definition der Pendlermo-

bilitätsgruppen und die Analyse ihrer sozialen Differenzierung mit bereits aggregierten Datensätzen

[1] Der Begriff Pendler ist als Terminus technicus zu verstehen und bezeichnet jeweils Personen beiderlei Geschlechts.
Im Text wird nach Möglichkeit der geschlechtsneutrale Begriff Pendelnde verwendet.
Methodisches Vorgehen 17

–z.B. auf Gemeindeebene – nicht zu bewerkstelligen ist. Die flächendeckende Verfügbarkeit der

Daten hat gegenüber Stichproben den Vorteil, dass sie das Risiko der Überbewertung von kleinräu-

migen, lokalen Effekten und Eigenschaften minimiert. Eine weitere positive Eigenschaft der Volks-

zählungsdaten ist deren periodische Erhebung, was die Möglichkeit einer allfälligen späteren Analyse

der zeitlichen Entwicklung der erforschten Thematik offen lässt.

3.1.3 Untersuchungsgebiet
Das Untersuchungsgebiet beschränkt sich auf den deutschsprachigen Teil der Schweiz. Mit dieser

Beschränkung auf nur einen Sprachraum wird versucht, sprachkulturell bedingte Effekte hinsichtlich

der Bewertung des Raumes, der Raumnutzung oder dem Modalsplit zu minimieren.

3.1.4 Grundgesamtheiten
Die Grundgesamtheit bilden sämtliche in der Deutschschweiz wohnhaften, erwerbstätigen Personen

über 15 Jahre (Tab. 3.01). Davon werden diejenigen von der weiteren Untersuchung ausgeschlossen,

bei denen nur unvollständige Angaben hinsichtlich ihres Pendlerstatus vorhanden sind oder die

über keinen fixen Arbeitsplatz verfügen. Deshalb werden in der vorliegenden Untersuchung letztlich

nur insgesamt 47% der Wohnbevölkerung berücksichtigt. Diese bilden die Grundgesamtheit der

Erwerbstätigen für die vorliegende Arbeit. Neben den klassischen Pendlern (siehe Definition unter

Punkt 3.1.1) werden in der Studie auch diejenigen Erwerbstätigen erfasst, die keinen Arbeitsweg

aufweisen, das heisst zuhause arbeiten (Tab. 3.01).

Bei den drei Auswertungsvariablen Richtung, Distanz und Verkehrsmittel sind die Angaben in der

Volkszählung teilweise unvollständig, wobei die Anzahl dieser Fälle stark variiert. Während die

Anzahl Individuen mit fehlenden Angaben bezüglich Richtung mit 0.3% gering ist, fällt der prozen-

tuale Anteil der Pendelnden mit fehlender Angabe zum Zeitaufwand mit gut 12% relativ hoch aus.

Bei der Variable Verkehrsmittelnutzung betrug der Anteil unvollständiger Angaben etwas weniger

als 5%.
Methodisches Vorgehen 18

Tab. 3.01 – Grundgesamtheiten der ausgewerteten Daten der Volkszählung 2000

Anzahl Bezugsgrösse der


Total Personen % %-Angaben
Wohnbevölkerung 5’338’283

Erwerbstätige (15 Jahre und älter, Wohnsitz in der Deutschschweiz) 2’511’951 47.0 Wohnbevölkerung

Erwerbstätige mit Arbeitsort zuhause (kein Arbeitsweg) 205’117 7.2 Erwerbstätige

Pendler (mit Angabe der Pendlertätigkeit und fixem Arbeitsort) 2’306’834 81.0 Erwerbstätige

Nach Auswertungsvariablen (Pendlermobilität)


Pendler mit Angabe der Richtung 2’299’998 99.7 Pendler

Pendler mit Angabe des Zeitbedarfs 2’020’256 87.6 Pendler

davon mit Angabe der Richtung 2’014’500 87.3 Pendler

Pendler mit Angabe des Verkehrsmittels 2’196’571 95.2 Pendler

davon mit Angabe der Richtung 2’190’473 95.0 Pendler

Nach Auswertungsvariablen (Soziale Differenzierung)


Erwerbstätige mit Angabe der Berufsstatusklasse 2’033’963 71.4 Erwerbstätige

Erwerbstätige mit Angabe des Treiman-Berufsprestigewertes 1’942’896 68.2 Erwerbstätige

Erwerbstätige mit Angabe des Familienmodells, in einem Familienhaushalt


599’194 21.0 Erwerbstätige
lebend, mit Kind jünger als 16 Jahre

Erwerbstätige mit Angabe der Haushaltsform, 30-50 Jährig 1’245’565 43.7 Erwerbstätige

Quelle: Eigene Berechnungen nach VZ 2000 (BFS)

3.1.5 Raumgliederung
Im vorangehenden Kapitel wurde auf die zentrale Bedeutung der persönlichen Präferenzen hinsichtlich

dem individuellen Wohnumfeld für das Arbeitsverkehrsverhalten verwiesen. Um diesem Einfluss

gerecht zu werden und die Pendelnden entsprechend den natürlichen und strukturellen, wie auch

den kulturellen und sozialen Eigenschaften ihres Wohnumfeldes klassieren zu können, werden die

Gemeinden in strukturell verwandte geographische Einheiten zusammengefasst und entsprechend

typisiert. Die verwendete Typisierung für die Wohn- und Arbeitsortgemeinde basiert im Wesent-

lichen auf der Gemeindetypologie des BFS (Joye et al. 1988, Schuler et al. 2005). Diese Gemein-

detypologie wurde mit dem Ziel entwickelt, eine aussagekräftige Klassifizierung der kommunalen

Stufe für demographische und sozioökonomische Untersuchungen unter Miteinbezug von raum-

planerischen Belangen herzuleiten (Schuler et al. 2005:116). Sie entspricht einem erweiterten
Methodisches Vorgehen 19

Zentren-Peripherien-Ansatz und basiert auf Zuordnungskriterien wie Arbeitsplätze, Mehrfamilien-

hausanteil, Bevölkerungsstruktur oder Zentrumsfunktion und liegt in einer Variante mit 22 sowie

einer mit neun Klassen vor.

Da eine Analyse von neun oder gar 22 Klassen zu komplex wäre, werden ausgehend von dieser

Gemeindetypologie sowie unter Verwendung der oben genannten Zuordnungskriterien die in

Tabelle 3.02 beschriebenen fünf Raumtypen gebildet (vgl. auch Abb. A.02).

Tab. 3.02 – Verwendete Raumtypologie

Anzahl Nummerische
Raumtypus (Ganze CH) Kurzform Codierung
Grosszentren 5 GRZ 1

Klein- und Mittelzentren 65 KMZ 2

Suburbaner Raum 420 SUB 3

Periurbaner Raum 497 PER 4

Ländlicher Raum 1909 RUR 5

Quelle: Eigene Klassierung nach Schuler et al.. (2005).

Eine erste Differenzierungsebene bildet die Agglomerationszugehörigkeit. Gemeinden ausserhalb

einer Agglomeration werden dem ländlichen Raum RUR zugeteilt. Eine Ausnahme bilden isolierte

Städte IS[2], welche den Klein- und Mittelzentren zugerechnet werden.

Als zweite Differenzierungsebene dient die Zentrumsfunktion, wobei zwischen Zentren und Agglo-

merationsgürtel unterschieden wird. Innerhalb des Agglomerationsgürtels wird weiter zwischen

Kommunen im suburbanem SUB und periurbanem Raum PER differenziert. Für die Zuordnung

sind neben der Agglomerationszugehörigkeit die Wohnbevölkerung und der Mehrfamilienhaus-

anteil ausschlaggebend (vgl. Schuler et al. 2005).

Bei den Zentren wird zwischen Grosszentren GRZ sowie Klein- und Mittelzentren KMZ unter-

schieden, wobei es sich bei ersteren um die urbanen Zentren der fünf Grossagglomerationen

handelt. Die Differenzierung zwischen GRZ und KMZ wird vorgenommen, um den Unterschieden

hinsichtlich der städtischen Morphologie sowie dem sozialen und dem kulturellen Umfeld Rechnung

zu tragen.

[2] Gemeinden ausserhalb einer Agglomeration mit mehr als 10’000 Einwohnern (Schuler et al. 2005:148)
Methodisches Vorgehen 20

Die verwendete Typisierung weist Ähnlichkeiten zu derjenigen von INFRAS (vgl. Frick et al. 2004)

auf. Sie unterscheidet sich von dieser jedoch durch die Differenzierung zwischen GRZ und KMZ

sowie durch die fehlende Trennung zwischen ländlich-touristischen und ländlichen Gemeinden.
Methodisches Vorgehen 21

3.2 Pendlermobilitätsverhalten

Die drei Dimensionen Richtung, Zeitaufwand und Modus – anders ausgedrückt:� Wohin? Wie lange?

Wie? – bilden die Ausgangslage für die Aggregation der Pendelnden zu Pendlermobilitätsgruppen

und für die spätere Analyse des Zusammenhangs von Lebensstil und Arbeitspendlermobilität. Die

nachfolgenden Abschnitte befassen sich detaillierter mit den spezifischen Anforderungen und den

Einzelheiten der Operationalisierung der einzelnen Dimensionen des Berufspendlerverhaltens.

3.2.1 Raumtypologische Richtung


Bei der Richtung handelt es sich wie bereits in 2.2.1 erwähnt, nicht um eine geographische Richtung,

sondern um eine sogenannte raumtypologische Richtung – in anderen Worten um eine spezi-

fische Raumtyp-Relation (Frick et al. 2004:12). Hierzu werden Ausgangs- und Zielgemeinde der

Pendlerbewegungen entsprechend ihrem Raumtypus (vgl. Kapitel 3.1.5) typisiert. Die Typisierung

der Arbeits- und Wohnortsgemeinden resultiert in einer sogenannten raumtypologischen Matrix

von insgesamt 35 raumtypologischen Richtungen. Dabei gibt es 25 Richtungen für Pendelnde mit

Arbeits- und Wohnort in unterschiedlichen Gemeinden, fünf für Binnenpendler (BP) sowie fünf für

Erwerbstätige ohne Arbeitsweg (OAW) (siehe Tab. 3.03).

Tab. 3.03 – Raumtypologische Matrix


Raumtypus Arbeitsort
GRZ* KMZ* SUB* PER* RUR* BP** OAW**
Raumtypus Wohnort 1 2 3 4 5
GRZ 1 11 12 13 14 15 10 1
KMZ 2 21 22 23 24 25 20 2
SUB 3 31 32 33 34 35 30 3
PER 4 41 42 43 44 45 40 4
RUR 5 51 52 53 54 55 50 5
Quelle: Eigene Darstellung * Arbeits- und Wohnort in unterschiedlichen Gemeinden
 ** Arbeits- und Wohnort in derselben Gemeinde

In Tabelle 3.03 werden die raumtypologischen Richtungen sowie die für die spätere Analyse und

Visualisierung verwendete nummerische Kodierung wiedergegeben. Die Kodierung ist wie folgt zu

lesen:
Methodisches Vorgehen 22

• Raumtypologische Richtung vom Typ XY: Die raumtypologische Richtung der Pendler mit

Arbeits- und Wohnort in unterschiedlichen Gemeinden wird mittels einer zweistelligen Zahl

kodiert, wobei die erste Ziffer den Wohn- , die zweite den Arbeitsortsraumtypus wiedergibt.

So steht zum Beispiel die Ziffer 11 für einen Arbeitsweg mit Startpunkt in einem Gross-

zentrum und Ziel in einem anderen Grosszentrum, 32 für Pendler mit Wohnort im subur-

banen Raum und Arbeitsort in einem Klein- oder Mittelzentrum.

• Raumtypologische Richtung vom Typ X0: Die Binnenpendler werden ebenfalls mit einer

zweistelligen Zahl kodiert. Die erste Ziffer gibt dabei den Raumtypus wieder, die Null an

zweiter Stelle dient der Unterscheidung von Binnenpendlern und übrigen Pendlern. Als

Beispiel: 40 für Binnenpendler mit Wohn- und Arbeitsort im periurbanen Raum.

• Raumtypologische Richtung vom Typ X: Erwerbstätige, welche keine räumliche Trennung


von Arbeit- und Wohnen aufweisen werden mit einer einstelligen Zahl chiffriert. Als Beispiel:

5 für Personen mit Arbeits- und Wohnort im ländlichen Raum bei räumlicher Kongruenz

von Arbeits- und Wohnort.

3.2.2 Zeitaufwand
Insgesamt werden vier Zeitklassen unterschieden. Auf eine detailliertere Differenzierung wird aus

Gründen der Komplexitätsreduktion verzichtet. In Kombination mit den verschiedenen raumtypo-


logischen Richtungen, welche jeweils als Grundlage für die weitere Differenzierung dienen, resul-

tiert bereits mit vier Distanz- bzw. Zeitklassen eine beträchtliche Anzahl unterschiedlicher Mobili-

tätstypen (Tab. 3.04).

Tab. 3.04 – Distanz (Zeitaufwand)

Zeitaufwand
1 bis 19 Minuten

20 bis 39 Minuten

40 bis 59 Minuten

Mehr als 60 Minuten

Quelle: Eigene Klassierung nach VZ 2000 (BFS)


Methodisches Vorgehen 23

3.2.3 Verkehrsmittel
Die Klassierung der Verkehrsmittel beschränkt sich auf vier Verkehrsmittelgruppen, welche in

Tabelle 3.05 abgebildet sind. Unterschieden wird zwischen motorisiertem Individualverkehr MIV,

öffentlichem Verkehr OEV, kombiniertem Verkehr KMB und Langsamverkehr LV. Die Kategorie

kombinierter Verkehr beinhaltet dabei sämtliche Kombinationen von MIV und OEV. Dem Lang-

samverkehr werden neben den Fussgängern auch Velo- oder Mopedfahrer zugeordnet.

Tab. 3.05 – Verkehrsmittel

Verkehrsmittel Kurzform
Motorisierter Individualverkehr MIV

Öffentlicher Verkehr OEV

Kombinierter Verkehr (MIV in Kombination mit OEV) KMB

Langsamverkehr (Fussgänger, Velo und Moped) LV

Quelle: Eigene Klassierung nach VZ 2000 (BFS)

Kombinationen von LV und MIV werden der Verkehrsmittelkategorie MIV, solche von OEV und LV

der Klasse OEV zugeordnet. Diese Verkehrsmittelkombinationen werden bewusst nicht dem KMB

zugeordnet, um diese Kategorie nicht zu verwässern.


Methodisches Vorgehen 24

3.3 Soziale Differenzierung

Die theoretische Basis für die Analyse der sozialen Differenzierung der Pendelnden bildet die bereits

besprochene Theorie des sozialen Raumes von Bourdieu (1979, 1991) (vgl. Kapitel 2.3). Es handelt sich

um einen zweidimensionalen Raum (Abb 3.01 A), dessen vertikale Achse das Gesamtkapitalvolumen

abbildet und somit die traditionelle Stratifizierung der Gesellschaft nach Status wiedergibt. Die

horizontale Achse steht für die Kapitalstruktur – dessen Zusammensetzung – und widerspiegelt

den Kontrast zwischen einem monetär materialistisch basierten und einem eher bildungs- und

wissensorientierten Habitus (Heye/Leuthold 2004a:3). Diese horizontale Achse wird deshalb auch
als Lebensstilachse bezeichnet (vgl. Vester et al. 2001).

Abb. 3.01 – Sozialer Raum und Status-Individualisierungs-Diagramm


A] Der «soziale Raum» B] S-I-Diagramm

+ Kapitalvolumen Statusachse Berufsstatusindex sozialer Status


(SIOPS)

Pendlermobilitätsgruppe A
SA

Lebensstilachse IB Individualisierungsgrad

+ ökonomisches Kapital – ökonomisches Kapital IA Individualisierungsindex


– kulturelles Kapital + kulturelles Kapital

SB

Pendlermobilitätsgruppe B

– Kapitalvolumen

Quelle: Eigene Darstellung nach Klee (2001) Eigene Darstellung nach Hermann et al. (2005)

Die methodische Basis für die Operationalisierung der beiden Differenzierungsdimensionen bildet

die Arbeit «Soziokulturelle Unterschiede in der Schweiz» von Hermann et al. (2005). Die Autoren

präsentieren darin vier Indizes, mit deren Hilfe die soziokulturelle Differenzierung der Gesellschaft

analysiert werden kann. Von Interesse für die vorliegende Arbeit sind der Individualisierungsindex

und insbesondere das Konzept des Status-Individualisierungs-Diagramms (S-I-Diagramm) – eine


Methodisches Vorgehen 25

Repräsentation des sozialen Raumes, die für die spätere Analyse und Visualisierung der Resultate

zentral ist. Das S-I-Diagramm erlaubt die Verortung der einzelnen Pendlermobilitätsgruppen im

sozialen Raum, wodurch die Status- und Lebensstilunterschiede der einzelnen Pendlergruppen visu-

alisiert und analysiert werden können (Abb 3.01 B).

Im Folgenden werden die Indikatoren für den sozialen Status und die Lebensform identifiziert und

die für die Operationalisierung der beiden Differenzierungsdimensionen nötigen Schritte genauer

erläutert.

3.3.1 Status
Die vertikale Schichtung der Gesellschaft und somit deren Differenzierung nach Status beruht auf

verschiedenen Teilkomponenten. Zu diesen gehören in erster Linie die materiellen Ressourcen –


Einkommen und Vermögen –, die formale Bildung und die Stellung im Beruf (Hermann et al.

2005). Das Gesamtvolumen an Kapital – in anderen Worten der Status – kann durch diese Kompo-

nenten angenähert und operationalisiert werden. Hermann et al. (2005) entwickelten einen Index,

mit dessen Hilfe sich der Status quantifizieren lässt. Dieser beinhaltet neben höchstem Bildungsab-

schluss und sozio-professioneller Kategorie auch das jährliche Reineinkommen. Da dieses durch die

Volkszählung nicht erhoben wird, muss für die vorliegende Untersuchung auf die Verwendung dieses

Indexes verzichtet werden. Als Alternative wird die internationale Berufsprestige-Skala (SIOPS)[3]

von Treiman (Treiman 1977, Ganzeboom/Treiman 1996, 2003) verwendet.

Die spätere Analyse der Differenzierung der Pendlermobilitätstypen nach Status stützt sich zusätzlich

zum Treiman Berufsprestigescore auch auf die relativen Anteile verschiedener Berufsstatusgruppen,
die aus den sozio-professionellen Kategorien (SOPK) des BFS abgeleitet sind (Joye/Schuler

1995).

Berufsstatusgruppen
Ausgehend von den sozio-professionellen Kategorien des BFS (vgl. Joye/Schuler 1995) werden

vier verschiedene Berufsstatusklassen unterschieden. Es wird differenziert zwischen hohem, mitt-

lerem und tiefem Status sowie anderen. Die sozio-professionelle Kategorie wird von den Befragten

[3] Standard International Occupational Prestige Scale.


Methodisches Vorgehen 26

in der Volksdatenzählung nicht direkt angegeben, sondern mit Hilfe von Angaben zu Arbeitsplatz,

Stellung im Beruf, beruflicher Tätigkeit, Ausbildung und erlerntem Beruf ermittelt. Aufgrund der

Kombination verschiedener Variablen kumulieren sich die fehlenden Angaben der einzelnen Vari-

ablen, wodurch die Anzahl fehlender Angaben hinsichtlich sozio-professioneller Kategorie relativ

hoch ausfällt. Bei den auf diesen sozio-professionellen Kategorien basierenden Berufsstatusgruppen

liegt der Anteil fehlender Angaben aller Erwerbstätigen deshalb bei beinahe 30% (vgl. Tab. 3.01)

Tabelle 3.06 gibt die vier Berufsstatusgruppen wieder. Die Spalte SOPK liefert die entsprechenden

sozio-professionellen Kategorien des BFS. Nichtzuteilbare Erwerbstätige werden wie fehlende Werte

behandelt, nichterwerbstätige Berufspendler kommen per Definition nicht vor.

Tab. 3.06 – Berufsstatusgruppen

Berufsstatusgruppe SOPK (BFS) Anzahl Personen Anzahl Personen in %


Statushohe Berufe 01, 02, 04 300´902 14.8

Berufe mit mittlerem Status 05, 06 984’729 48.4

Statustiefe Berufe 08 307’494 15.1

Andere 03, 07 440’838 21.7

Quelle: Eigene Klassierung nach VZ 2000 (BFS) Grundgesamtheit: Erwerbstätige, älter als 15 Jahre)

Berufsstatusskala nach Treiman


Die Berufsprestige-Skala (SIOPS) wurde ursprünglich vom Soziologen Donald Treiman im Jahr 1977

entwickelt (Treiman 1977, Ganzeboom/Treiman 1996, 2003). Der Ansatz geht von der ISCO-
Berufsklassifikation (International Standard Classification of Occupations) aus, ersetzt diese aber

durch Angaben zum Ansehen des jeweiligen Berufes, die aus empirischen Umfragedaten aus rund 60

Ländern gewonnen wurden. Die aus dieser Transformation resultierende Standardskala, mit Werten

zwischen 0 und 100, erlaubt Aussagen über die von der Gesellschaft mit verschiedenen Tätigkeiten

in Verbindung gebrachte «Wichtigkeit» (Stamm/Lasmprecht 2005:50). Für die ISCO-Werte der

Erwerbstätigen in der Deutschschweiz, ergeben sich empirische Werte zwischen 6 (Jäger, Fallen-

steller) und 78 (z.B. Ärzte, Universitäts- und Hochschullehrer).


Methodisches Vorgehen 27

Tab. 3.07 – Berufsstatusskala SIOPS


Arithmetisches Mittel 43.8

Median 44.0

1. Quartile 34.0

3. Quartile 51.0

IQR 17.0

Quelle: Eigene Klassierung nach VZ 2000 (BFS) Grundgesamtheit: Erwerbstätige, älter als 15 Jahre

Die Indexwerte wurden für die Auswertung so transformiert, dass der Mittelwert den Wert 50

annimmt. Die Werte in Tabelle 3.07 entsprechen dagegen den ursprünglichen Werten.

Die Treiman-Skala bringt einige Nachteile mit sich. Zum eine basieren sowohl die ISCO- als auch die

Treiman-Berufsprestigewerte auf Zuordnungsalgorithmen aus den späten 1980er Jahren, wodurch


sie den neusten Veränderungen im Erwerbssystem nicht Rechnung tragen. Zum anderen basiert die

Skala auf Durchschnittswerten und Daten aus unterschiedlichen Kulturen, wodurch im konkreten

Einzelfall Wertzuweisungen erfolgen können, die den tatsächlichen Verhältnissen widersprechen

(Stamm/Lamprecht 2005).

Der Berufsstatusindikator von Treiman stellt aufgrund der oben genannten Schwächen eine subop-

timale Lösung dar. Die Stärke dieses Indikators liegt hauptsächlich darin, dass er mittels der Volkszäh-

lungsdaten errechnet werden kann und eine Quantifizierung des Status bei fehlenden Einkommens-

und Vermögensdaten auf Individualebene erlaubt.

3.3.2 Lebensstil
Der Lebensstil wird in dieser Untersuchung durch den Individualisierungsgrad angenähert. Dies

ist insofern korrekt, als die Differenzierung der Gesellschaft nach Lebensstil die Konsequenzen

ihrer zunehmenden Individualisierung und Pluralisierung darstellt (Häuserman/Siebel 1996).

Der Individualisierungsgrad kann als Abweichung von der traditionellen, bürgerlichen Lebensform

angesehen werden (vgl. Heye/Leuthold 2004a). Die Operationalisierung der Lebensstilachse muss

sich deshalb auf Indikatoren stützen, die diese Abweichung widerspiegeln, wie zum Beispiel das

Familienmodell – die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern – oder der Haushaltstyp.


Methodisches Vorgehen 28

Familienmodell
Für die Operationalisierung der Unterschiede hinsichtlich Familienideal bieten sich Bühlers (2005)

geschlechterkulturelle Familienmodelle an. Ihre Klassifikation basiert auf unterschiedlichen Rollen-

verteilungen der Eltern im Hinblick auf Haus-, Erziehungs- und Erwerbsarbeit. Das traditionellste

Modell, das traditionell-bürgerliche, lässt sich durch einen Vollzeit-erwerbstätigen Mann und eine

nichterwerbstätige Frau, welche sich der Erziehung und dem Haushalt widmet, charakterisieren.

Das moderne Gegenstück bildet das egalitär familienbezogene Familienmodell, bei welchem beide

Elternteile Teilzeit-erwerbstätig sind und sich die Erziehungsverantwortung sowie die Haushalts-

führung teilen. Weitere Varianten sind das modernisierte-bürgerliche und egalitär erwerbsbezogene

Modell, welche Hybridformen der verangehenden darstellen (Tab. 3.08).

Tab. 3.08 – Familienmodelle

Familienmodell Kurzform Anzahl Personen *Anzahl Personen in %


Traditionell-bürgerlich
TBM 111´989 18.7
Frau nichterwerbstätig, Mann Vollzeit-erwerbstätig
Modernisiert-bürgerlich
MBM 328´824 54.9
Frau Teilzeit-erwerbstätig, Mann Vollzeit-erwerbstätig
Egalitär erwerbsbezogen
ERW 83´512 14.0
Mann und Frau Vollzeit-erwerbstätig
Egalitär familienbezogen
FAM 25´796 4.1
Mann und Frau Teilzeit-erwerbstätig

Andere AND 49’073 8.3

Quelle: nach Bühler (2005) *Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren

Die prozentualen Anteile der Familienmodelle weichen deutlich von denjenigen von Bühler (2005)

ab. Der Grund liegt darin, dass in der vorliegenden Studie die Familienmodellanteile für die Indi-
viduen und nicht wie bei Bühler für die Haushalte errechnet wurden, wodurch bei den traditionell-

bürgerlichen Familienhaushalten nur der erwerbstätige Elternteil berücksichtigt wird.

Haushaltstyp
In Bezug auf den Haushaltstyp – Ausdruck der individuellen Lebensgestaltung (Hermann et al.

2005:30) – werden sechs verschiedene Typen unterschieden. Wohngemeinschaften, Einpersonen-

haushalte mit und ohne Kind, Paarhaushalte mit und ohne Kind, sowie andere. Tabelle 3.09 zeigt

die in der vorliegenden Arbeit berücksichtigten Kategorien. Um den biographischen Bias zu mini-

mieren, werden für die Errechnung dieser Haushaltstypen nur Personen im Alter zwischen 30 und
Methodisches Vorgehen 29

50 berücksichtigt, da diese Phase am ehesten derjenigen der Etablierung eines bestimmten Lebens-

stils entspricht – sei es Familienleben, Partnerschaft ohne Kind, getrenntes Zusammenleben oder

das Wohnen in einer Wohngemeinschaft (vgl. Heye/Leuthold 2004a, Hermann et al. 2005).

Der meistverbreitete Haushaltstyp in dieser Altersgruppe ist der Paarhaushalt mit Kindern (siehe

Tab. 3.09). Andere Haushaltstypen können daher als eine Abweichung vom Standard interpretiert

werden und somit als Individualisierungsindikatoren dienen.

Tab. 3.09 – Haushaltstypen

Haushalstypus Kurzform Anzahl Personen Anzahl Personen in %


Wohngemeinschaften WG 24´391 2.0

Einpersonenhaushalte EPH 214’006 17.2

Paarhaushalte PH 248’487 20.0

Paarhaushalte mit Kind PHmK 675’762 54.1

Einpersonenhaushalte mit Kind EPmK 61’008 4.1

Andere AND 21’831 2.6

Quelle: Eigene Klassierung nach VZ 2000 (BFS) Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 50 Jahren

Individualisierungsindex
Die Analyse der Differenzierung der Pendelnden nach Lebensstil stützt sich zum einen auf die

Struktur der eben diskutierten Indikatoren, zum anderen auf den eingangs des Kapitels erwähnten,

von Hermann et al. (2005) entwickelten Individualisierungsindex (Tab. 3.10). Neben den oben disku-

tierten Teilkomponenten Familienmodell und Haushaltstyp beinhaltet dieser Index auch die Indika-

toren über den Anteil erwerbstätiger Mütter und den Anteil an Frauen ohne Kinder. Die Gewichtung
der Indikatoren orientiert sich an den Faktorscores einer von Hermann et al. (2005) durchgeführten

Faktorenanalyse.

Die Indikatoren Anteil Einpersonenhaushalte innerhalb einer bestimmten Pendlergruppe, respektive

die Anteile an Wohngemeinschaften, Frauen ohne Kind und erwerbstätigen Müttern, stellen

verschiedene Aspekte der Individualisierung dar und fliessen aus diesem Grunde mit einem positiven

Vorzeichen in die Berechnung des Index ein. Der Familienmodell-Indikator traditionell-bürgerliches

Modell kann als der Idealtypus der bürgerlichen Lebensform angesehen werden und ist somit eine
Masszahl für einen geringen Individualisierungsgrad, weswegen er mit einem negativen Vorzeichen
Methodisches Vorgehen 30

versehen ist (Hermann et al. 2005:32).

Tab. 3.10 – Individualisierungsindex

Individualisierungs- Index = 3 • EPH + 1.2 • WG +2,5 • FOK +3 • MER - 1.5 • TBM

EPH = Einpersonenhaushalt 30- bis 50-Jährige in Einpersonenhaushalten.

WG = Wohngemeinschaft 30- bis 50-Jährige in Nichtfamilienhaushalten mit Verwandten ohne weitere Personen,
Nichtfamilienhaushalte mit Verwandten und weiteren Personen, Haushalte nicht verwandter
Personen.

FOK = Frauen ohne Kinder 35- bis 44-Jährige Frauen in Haushalten ohne Kinder.

MER = Erwerbstätige Mütter 25- bis 44-Jährige Arbeitsmarktstatus von Frauen in Haushalten mit Kinder: Vollzeiterwerbstätige,
Teilzeiterwerbstätige mit einer oder mehreren Stellen.
TBM = Traditionell-bürgerliches Familien mit Kindern unter 16 Jahre mit Arbeitsmarktstatus: Vollerwerbstätig (Vater), sowie Nichter-
Familienmodell werbsperson und Haushalt (Mutter).

Quelle: Hermann et al. (2005:32) Die Indexwerte werden entsprechend den Vorgaben von Hermann et al. (2005) normiert
 (Gesamtschweizerischer Mittelwert =50, Standardabweichung = 8)
Empirie 31

4. Empirie
Im Folgenden werden die Ergebnisse des Zusammenhangs zwischen sozialer Differenzierung und

raumtypologischer Richtung (Kap. 4.1), Zeitaufwand (Kap. 4.2) sowie Modus (Kap. 4.3) genauer

untersucht.

Die Analyse der Resultate basiert dabei zum einen auf dem sogenannten Status-Individualisierungs-

Diagramm (vgl. Kap. 3.3), zum anderen auf der Struktur der Haushaltsform, des Familienmodells

und der Berufsstatusgruppen. Die vertikale Dimension des Status-Individualisierungs-Diagramms

(S-I-Diagramm) entspricht dem SIOPS-Index (Treiman 1977, Ganzeboom/Treiman 1996,

2003) (Kap. 3.3.1) und bildet die Schichtung der Pendelnden nach sozialem Status ab. Die hori-

zontale Achse des Diagramms entspricht dem Individualisierungsindex von Hermann et al. (2005)

und stellt die Differenzierung nach Lebensstil dar. Die Markierungen auf den Achsen zeigen den

Durchschnittswert sämtlicher Erwerbstätigen an. Der Individualisierungsindex-Mittelwert liegt mit

74,4 deutlich über dem Wert der gesamtschweizerischen Wohnbevölkerung von 50 (Hermann et

al. 2005) (vgl. Kap. 3.3.2). Der Grund dafür liegt zum einen in einem generell höheren Individuali-

sierungsgrad der Pendelnden (vgl. Tab. A.02 im Anhang). So ist bei den Pendelnden der Anteil der

Frauen in Haushalten ohne Kinder deutlich höher. Ebenso übervertreten sind die individualisierten

Wohnformen. Zum anderen ist der Individualisierungsunterschied auch die Folge von zwei syste-

matischen Fehlern, die sich aus der Anwendung des Individualisierungsindexes auf die Pendelnden

ergeben. Der Anteil erwerbstätiger Frauen beträgt bei den Pendelnden per Definition 100%. Des

weiteren berücksichtigt die vorliegende Studie bei den traditionell-bürgerlichen Familienhaushalten

nur den erwerbstätigen Elternteil.


Empirie 32

4.1 Raumtypologische Richtung

4.1.1 Raumtypus des Wohnortes


Graphik 4.01 bildet die raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm ab, wobei die Farben den

Raumtypus des Wohnorts widergeben.

Abb. 4.01 – Die raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm

Raumtypus des Wohnortes

200
150
100
50

60

Personen [x1000]

58
70 75 80 85 90 95

56

54

52



▲ 50
Status

Raumtypus des Wohnorts

Grosszentrum
Klein- oder Mittelzentrum
Suburbaner Raum
Periurbaner Raum
Ländlicher Raum
Wegpendler
Binnenpendler

Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Verteilung der raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm:


Die Farbe der Kreisflächen zeigt den Wohnstandortstypus an. Die Fläche ist proportional zur Anzahl
Pendelnden.

Insgesamt lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Raumtypus des Wohnortes und

der sozialen Differenzierung der Pendelnden ausmachen. Die Graphik zeigt eine deutliche, systema-

tische Differenzierung der Pendlergruppen in horizontaler Richtung (Lebensform). Zugleich lässt

sich auch eine Differenzierung in vertikaler Richtung (Status) erkennen.


Empirie 33

Auf der horizontalen Differenzierungsebene – nach Lebensform – lässt sich ein Gegensatz zwischen

den Pendelnden mit Wohnsitz in den Grosszentren und den übrigen erkennen. In Bezug auf die

vertikale Differenzierung zeigen sich deutliche Statusunterschiede zwischen den Pendelnden aus

den Grosszentren, denjenigen aus den Klein- und Mittelzentren und dem Agglomerationsgürtel

sowie den Pendelnden aus dem ländlichen Raum. Die in den Grosszentren wohnhaften Pendelnden

heben sich bezüglich Status wie auch Individualisierungsgrad deutlich von den übrigen Pendelnden

ab. Sie konzentrieren sich im oberen rechten Bereich des S-I-Diagramms und verfügen daher über

überdurchschnittliche Status- und Individualisierungswerte. Den Gegenpol bilden Pendelnde aus

dem ländlichen Raum, welche sich im unteren linken Bereich des Diagramms ansammeln. Sie weisen

tiefe Statuswerte auf und es dominieren bürgerlich-traditionelle Lebensformen (vgl. auch Abb. 4.03

und 4.04). Die Pendlergruppen mit Wohnort in Klein- oder Mittelzentren, im suburbanen oder peri-

urbanen Raum situieren sich zwischen diesen beiden Polen. Sie unterscheiden sich nur marginal

hinsichtlich des Status, sondern primär hinsichtlich dem Individualisierungsgrad. Dieser Befund

widerspiegelt sich auch in der Struktur der Lebensformindikatoren Haushaltsform und Familien-

modell sowie des Statusindikators Berufsstatusgruppen. In den Grosszentren sind die statushohen

Berufsgruppen überdurchschnittlich, im ländlichen Raum hingegen deutlich unterdurchschnittlich

vertreten. Pendelnde aus den Klein- und Mittelzentren und dem Agglomerationsraum weisen

hingegen eine nahezu identische Berufsstatusgruppenstruktur auf (Abb. 4.02).

Abb. 4.02 – Berufsstatusklassenstruktur – Wohnort: Erwerbstätige vs. Wegpendler

I Erwerbstätige GRZ
KMZ
SUB
PER
RUR
Berufsstatus
II Wegpendler GRZ
KMZ hoch
SUB mittel
PER tief
RUR anderer
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige.

Die Haushaltsformstruktur (Abb. 4.03) bildet den Zentrum-Peripherie-Gegensatz ab (vgl. Hermann

et al. 2005). Mit abnehmender Zentralität des Siedlungsraums geht eine Zunahme der Familien-

haushalte mit Kind sowie eine Abnahme der individualisierten Wohnformen wie Wohngemeinschaft
Empirie 34

oder Einpersonenhaushalt einher. Der Anteil Familienhaushalte ist im ländlichen Raum am grössten,

wohingegen Wohngemeinschaften und Einpersonenhaushalte in Zentren stark übervertreten sind.

Abb. 4.03 – Haushaltsformstruktur – Wohnort: Erwerbstätige vs. Wegpendler

I Erwerbstätige GRZ
KMZ
SUB
PER Haushaltsform
RUR
Wohngemeinschaft
II Wegpendler Einpersonenhaushalt
GRZ
KMZ Paarhaushalt (ohne Kind)
SUB Paarhaushalt (mit Kind)
PER Einpers. haushalt mit Kind
RUR andere Wohnform
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

In Bezug auf die Familienmodellstruktur (Abb. 4.04) zeigt sich ein ähnliches Bild. Die modernen,

egalitären Formen des familiären Zusammenlebens sind in den Grosszentren deutlich häufiger anzu-

treffen als in den übrigen Siedlungsräumen. Mit zunehmender raumtypologischer Distanz zu den

Zentren nimmt hingegen die Verbreitung der bürgerlichen – insbesondere des traditionell-bürger-

lichen – zu (vgl. auch Bühler 2005).

Abb. 4.04 – Familienmodellstruktur – Wohnort: Erwerbstätige vs. Wegpendler

I Erwerbstätige GRZ
KMZ
SUB
PER
RUR

II Wegpendler
traditionell-bürgerlich
GRZ
KMZ modernisiert-bürgerlich
SUB egalitär erwerbsbezogen
PER egalitär familienbezogen
RUR andere Familienmodelle
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.
Empirie 35

Der hohe Statuswert der in den Zentren wohnhaften Pendelnden widerspricht den Resultaten der

Segregationsstudie von Hermann et al. (2005), welche den Agglomerationsgürtel als statushöchsten

Siedlungsraum ausweist. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Beschaffenheit der verwen-

deten Statusindizes. Der Statusindex von Hermann et al. (2005) beinhaltet im Gegensatz zum

Treiman-Index (Treiman 1977, Ganzeboom/Treiman 1996, 2003) auch Einkommensvariablen.

Da Einkommens-, Vermögenswerte und Bildung unterschiedliche räumliche Verteilungsmuster

aufweisen, ergeben sich systematische Unterschiede zwischen den beiden Indizes. Während die

Kernstädte einen höheren Anteil an tertiären Bildungsabschlüssen aufweisen, lassen sich die Agglo-

merationsgürtel durch hohe Einkommens- und Vermögenswerte charakterisieren (vgl. Hermann

et al. 2005). Die fehlende direkte Berücksichtigung des Einkommens beim Treiman-Index führt

deshalb zu einer «Unterbewertung» der Pendelnden aus den Agglomerationsgürteln.

Vergleich von Wegpendlern, Binnenpendlern und Erwerbstätigen ohne Arbeitsweg


Wie aus der Abbildung 4.05, welche die untersuchten Siedlungsräume einzeln abbildet hervorgeht,

weisen die Wegpendler einen systematisch höheren Grad an Individualisierung auf als die Binnen-

pendler. Diese sind wiederum individualisierter als die Erwerbstätigen ohne Arbeitsweg. Es besteht

somit ein positiver Zusammenhang zwischen der «Bereitschaft» ausserhalb des Wohngebäudes

beziehungsweise der Wohngemeinde zu arbeiten und dem Individualisierungsgrad. Die Familien-

modellstruktur der Wegpendler (Abb. 4.04) unterscheidet sich, mit Ausnahme der Wegpendler aus
den Grosszentren, von derjenigen der übrigen Pendler durch einen insgesamt höheren Anteil des

traditionell-bürgerlichen Modells. Das modernisiert-bürgerliche und das egalitär-erwerbsbezogene


Modell sind hingegen untervertreten.

In Bezug auf die vertikale Differenzierung – das heisst nach Status – von Wegpendlern und Binnen-

pendlern zeigen sich Unterschiede zwischen den Zentren (Abb. 4.05 A, B) sowie den übrigen Sied-

lungsräumen. Während die Binnenpendler im Agglomerationsgürtel (C, D) und im ländlichen Raum

(E) die statustiefste Gruppe bilden, ist dies in den Zentren nicht der Fall, insbesondere nicht in den

Klein- und Mittelzentren. Dieser Befund widerspiegelt letztlich die räumliche Arbeitsplatzstruktur,

welche in den Zentren durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil an hochqualifizierten Stellen

charakterisiert ist (GZA 2006, Thierstein et al. 2006). Die überproportionale Vertretung von

statushohen und mittleren Berufsstatusgruppen (Abb. 4.02) bei den Wegpendlern dürfte die stärkere
Empirie 36

räumlich-geographische Konzentration der statushohen Berufe widerspiegeln.

Ein deutlicher Einfluss des Wohnort-Raumtypus zeigt sich bei den Erwerbstätigen ohne Arbeitsweg

und den Binnenpendlern. Während in den Zentren (Abb. 4.05 A,B) der Unterschied des Individuali-

sierungsgrades gegenüber demjenigen des Statuswertes überwiegt, dominiert in den übrigen Raum-

typen der Statusunterschied (C-E).


Empirie 37

Abb. 4.05 – Wegpendler, Binnenpendler und Erwerbstätige ohne Arbeitsweg im Vergleich


200 200

Suburbaner Raum
150 150
100
50 Grosszentrum 100
50
60 60

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 75 80 85 90 95 70 75 80 85 90 95

56 56

54 54

52 52

50 50

▲ 48 ▲ 48

▲ ▲
▲ ▲
46 46
Status

Status
A C
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad





200 200

Klein- oder Mittelzentrum Periurbaner Raum


150 150
100 100
50 50
60 60

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 75 80 85 90 95 70 75 80 85 90 95

56 56

54 54

52 52

50 50

▲ 48 ▲ 48

▲ ▲
▲ ▲
46 46
Status

Status

B D
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad




200

Ländlicher Raum
150
100
50

60

Anzahl[x1000]

58
70 75 80 85 90 95

56

54

52

Pendlertyp
50

Interkommunale Pendler (Wegpendler)


▲ 48

Binnenpendler ▲

46
Status

Erwerbstätige ohne Arbeitsweg E


Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Die S-I-Diagramme geben die untersuchten Wohnort-Raumtypen wieder. Die Kreisfläche
entspricht der Anzahl Pendelnden. Die Farbe dem Pendlertyp.
Empirie 38

4.1.2 Raumtypus des Arbeitsortes


Die Graphik 4.06 stellt wie 4.01 die raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm dar. Die Farben

entsprechen in der nachfolgenden Graphik (4.06) jedoch dem Arbeitsort-Raumtypus.

Abb. 4.06 – Die raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm

Raumtypus des Arbeitsortes

200
150
100
50

60

Personen [x1000]

58
70 75 80 85 90 95

56

54

52



▲ 50
Status

Raumtypus des Arbeitsorts

Grosszentrum
Klein- & Mittelzentrum
Suburbaner Raum
Periurbaner Raum
Ländlicher Raum
Zupendler
Binnenpendler

Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Verteilung der raumtypologischen Richtungen im S-I-Diagramm:


Die Farbe der Kreisflächen zeigt den Arbeitsort-Raumtypus an. Die Fläche ist proportional zur
Anzahl Pendelnden.

Die Graphik zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsort-Raumtypus der

Pendelnden und deren Status. Ein systematischer Zusammenhang zwischen Individualisierungsgrad

und Raumtypus des Arbeitsortes lässt sich hingegen nicht nachweisen. Dies äussert sich in einer

primär vertikalen Differenzierung der raumtypologischen Richtungen nach Arbeitsort-Raumtypus.

Der Status der Pendlergruppen nimmt dabei mit zunehmender raumtypologischer Distanz zu den

Grosszentren ab. Die höchsten Statuswerte weisen die in den Grosszentren arbeitenden Pendler auf,

die tiefsten diejenigen, deren Arbeitsplatz im ländlichen Raum liegt.


Empirie 39

Die Pendelnden, welche in den Grosszentren arbeiten, heben sich deutlich von den übrigen ab. Sie sind

einerseits statushöher als die übrigen Pendlergruppen (vgl. auch Abb. 4.09), andererseits insgesamt

auch klar individualisierter (vgl. auch Abb. 4.07, 4.08 ). Den Gegenpol bilden die Pendelnden mit

Arbeitsort im ländlichen oder periurbanen Raum, welche im unteren linken Bereich der Abbildung

zu finden sind. Das heisst, sie weisen neben einem tiefen Status auch einen geringen Individualisie-

rungsgrad auf. Die Pendelnden mit Arbeitsort in einem Klein- und Mittelzentrum oder im subur-

banen Raum situieren sich zwischen diesen Polen. Sie weisen eine nahezu identische Struktur der

Haushaltsformen (Abb. 4.07) wie auch der Berufsstatusgruppen (Abb. 4.09) auf.

Abb. 4.07 – Haushaltsformstruktur – Arbeitsort: Erwerbstätige vs. Zupendler

I Erwerbstätige GRZ
KMZ
SUB
PER Haushaltsform
RUR
Wohngemeinschaft
II Zupendler Einpersonenhaushalt
GRZ
KMZ Paarhaushalt (ohne Kind)
SUB Paarhaushalt (mit Kind)
PER Einpers. haushalt mit Kind
RUR andere Wohnform
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

Abb. 4.08 – Familienmodellstruktur – Arbeitsort: Erwerbstätige vs. Zupendler

I Erwerbstätige GRZ
KMZ
SUB
PER
RUR

II Zupendler
traditionell-bürgerlich
GRZ
KMZ modernisiert-bürgerlich
SUB egalitär erwerbsbezogen
PER egalitär familienbezogen
RUR andere Familienmodelle
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.
Empirie 40

Abb. 4.09 – Berufsstatusklassenstruktur – Arbeitsort: Erwerbstätige vs. Zupendler

I Erwerbstätige GRZ
KMZ
SUB
PER
RUR
Berufsstatus
II Zupendler GRZ
KMZ hoch
SUB mittel
PER tief
RUR anderer
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige.

Vergleich von Zupendlern, Binnenpendlern und Erwerbstätigen ohne Arbeitsweg


Der Vergleich von Zupendlern und Binnenpendlern zeigt deutliche Unterschiede zwischen den

Zentren (Abb. 4.10 A, B) und den übrigen Raumtypen (C-E). Die Binnenpendler sind in den Zentren

insgesamt individualisierter als die Zupendler. Am deutlichsten zeigt sich dies in den Grosszentren.

Eine Ausnahme bilden jeweils die Zupendler, welche aus anderen Zentren einpendeln (vgl. Abb. A.02

im Anhang). Diese situieren sich im S-I-Diagramm (Abb. 4.10 A, B) rechts von den Binnenpendlern

und weisen daher einen höheren Individualisierungsgrad auf. Im Gegensatz zu den Zentren sind die

Zupendler im Agglomerationsgürtel (C, D) wie auch im ländlichen Raum (E) tendenziell individuali-

sierter als die Binnenpendler. Dieser Zusammenhang zeigt sich ebenfalls deutlich an der Haushalts-

struktur (Abb. 4.07 II). Die Zupendler mit Arbeitsort in den Zentren weisen insgesamt eine traditi-

onellere Wohnformstruktur auf. Das heisst, dass individualisierte Wohnformen eher untervertreten

sind, wohingegen der Anteil an Paarhaushalten überdurchschnittlich hoch ist.

Die traditionell-bürgerliche Form des familiären Zusammenlebens ist bei den Zupendlern deutlich

stärker vertreten als dies bei den in der Arbeitsgemeinde wohnhaften Erwerbstätigen der Fall ist. Am

ausgeprägtesten ist der Unterschied in den Grosszentren. Das egalitär erwerbsbezogene Modell ist

hingegen deutlich untervertreten (Abb. 4.08).

Die Binnenpendler sind insgesamt statustiefer als die Zupendler, wobei der Unterschied im subur-

banen Raum am ausgeprägtesten ist (Abb. 4.10 C). Die vertikale Streuung der Zupendler ist im

suburbanen und periurbanen Raum deutlich geringer als in den Zentren oder im ländlichen Raum.

Während sich in letzteren die Zupendler aus den Grosszentren (vgl. Abb. A.02 im Anhang) punkto
Empirie 41

Status deutlich von den übrigen Pendelnden abheben, ist der Unterschied im Agglomerations-

gürtel wesentlich geringer. Die Verteilung der Berufsstatusgruppen (Abb. 4.09) zeigt, dass bei den

Zupendlern insbesondere auch die mittleren Statusgruppen stärker vertreten sind.


Empirie 42

Abb. 4.10 – Zupendler, Binnenpendler und Erwerbstätige ohne Arbeitsweg im Vergleich


200 200

Suburbaner Raum
150 150
100
50 Grosszentrum 100
50
60 60

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 75 80 85 90 95 70 75 80 85 90 95

56 56

54 54

52 52

50 50

▲ 48 ▲ 48

▲ ▲
▲ ▲
46 46
Status

Status
A C
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad





200 200

Klein- oder Mittelzentrum Periurbaner Raum


150 150
100 100
50 50
60 60

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 75 80 85 90 95 70 75 80 85 90 95

56 56

54 54

52 52

50 50

▲ 48 ▲ 48

▲ ▲
▲ ▲
46 46
Status

Status

B D
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad




200

Ländlicher Raum
150
100
50

60

Anzahl[x1000]

58
70 75 80 85 90 95

56

54

52

Pendlertyp
50

Zupendler
▲ 48

Binnenpendler ▲

46
Status

Erwerbstätige ohne Arbeitsweg E


Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Die S-I-Diagramme geben die untersuchten Arbeitsort-Raumtypen wieder. Die Kreisfläche
entspricht der Anzahl Pendelnden.
Empirie 43

4.1.3 Tangential- vs. Radialpendler


In den Abbildungen 4.01 und 4.06 werden ausgeprägte Unterschiede in der sozialen Differenzierung

zwischen den Tangential- und Radialpendlern, sowohl hinsichtlich Status als auch hinsichtlich Indi-

vidualisierungsgrad, deutlich. Die Radialpendler weisen deutlich höhere Statuswerte und einen

ingesamt höheren Individualisierungsgrad auf. Es dominieren individualisierte Formen des Zusam-

menlebens sowie Paarhaushalte ohne Kinder (Abb. 4.11).

Abb. 4.11 – Haushaltsformstruktur – Radial- vs. Tangentialpendler

I Radialpendler

II Tangentialpendler
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Wohngemeinschaft Paarhaushalt (ohne Kind)


Einpersonenhaushalt Paarhaushalt (mit Kind)
Einpers. haushalt mit Kind andere Wohnform

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

Im Gegegensatz zur starken Verbreitung von städtischen, modernen Formen bei den Haushalttypen,

ist die Familienmodellstruktur der Radialpendler insgesamt traditioneller als diejenige der Tangen-

tialpendler (Abb. 4.12).

Abb. 4.12 – Familienmodellstruktur – Radial- vs. Tangentialpendler

I Radialpendler

II Tangentialpendler
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

traditionell-bürgerlich egalitär erwerbsbezogen


modernisiert-bürgerlich egalitär familienbezogen
andere Familienmodelle

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.

Die Radialpendler weisen insgesamt einen deutlich höheren Status auf als die Tangentialpendler.

Dies zeigt sich auch an einer starken Verbreitung von statushohen beziehungsweise einem geringen

Anteil von statustiefen und «anderen» Berufsgruppen bei den Radialpendlern (Abb. 4.13).
Empirie 44

Abb. 4.13 – Berufsstatusklassenstruktur – Radial- vs. Tangentialpendler

I Radialpendler

II Tangentialpendler
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

hoch mittel tief anderer

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige




Die Radialpendler mit Wohnort im einem Grosszentrum unterscheiden sich von den übrigen

Radialpendlern – den Zupendlern – durch einen deutlich höheren Individualisierungsgrad (Abb. 4.01,

4.02). Dies zeigt sich auch an einer deutlich stärkeren Vertretung von individualisierten Wohnformen

(Abb. 4.14) und modernen, egalitären Familienmodellen (Abb. 4.15). Die starke Verbreitung des

traditionell-bürgerlichen Modells bei den Radialpendlern (Abb. 4.12) ist somit hauptsächlich auf die

Familienmodellstruktur der in die Grosszentren einpendelnden Erwerbstätigen zurückzuführen.

Abb. 4.14 – Haushaltsformstruktur – Radialpendler: Weg- vs. Zupendler

I Wegpendler

II Zupendler
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Wohngemeinschaft Paarhaushalt (ohne Kind)


Einpersonenhaushalt Paarhaushalt (mit Kind)
Einpers. haushalt mit Kind andere Wohnform

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

Abb. 4.15 – Familienmodellstruktur – Radialpendler: Weg- vs. Zupendler

I Wegpendler

II Zupendler
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

traditionell-bürgerlich egalitär erwerbsbezogen


modernisiert-bürgerlich egalitär familienbezogen
andere Familienmodelle

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.
Empirie 45

4.1.4 Fazit
Insgesamt zeigt sich eine deutliche soziale Differenzierung der Pendelnden in Abhängigkeit der

raumtypologischen Richtung. Die Individualisierungsunterschiede der Pendelnden sind dabei haupt-

sächlich auf den Raumtypus des Wohnortes zurückzuführen und bilden den bereits von Hermann et

al. (2005) aufgezeigten Zentrum-Peripherie-Gegensatz ab. Dabei sind die Pendelnden mit Wohnort

in den Grosszentren insgesamt am stärksten, diejenigen im ländlichen Raum am wenigsten indivi-

dualisiert. Die Statusunterschiede hängen sowohl mit dem Arbeitsort-Raumtypus wie auch mit dem

Wohnortstypus zusammen, wobei der Einfluss des Arbeitsortes deutlich stärker ausgeprägt ist. Die

Differenzierung der Pendelnden nach Status widerspiegelt im Grossen und Ganzen die räumliche

Arbeitsplatzstruktur mit einer Konzentration von statushohen Berufen in den Grosszentren und einem

stärkeren Vorkommen von statustiefen Berufen im ländlichen Raum sowie dem äusseren Rand des

Agglomerationsgürtels (GZA 2006, Hamnett 1994). Der nahezu gleichhohe Status der Pendelnden

mit Arbeitsort in Klein- und Mittelzentren oder dem suburbanen Raum verdeutlicht die Suburba-

nisierung des Dienstleistungssektors. Der nahezu identische Status von Pendelnden mit Wohnort in

den Klein- und Mittelzentren, dem suburbanen und dem periurbanen Raum zeigt dagegen die Sub-

und insbesondere die Periurbanisierung des Wohnens auf. Die Grosszentren heben sich in Bezug

auf die sozialen Merkmale ihrer Wohnbevölkerung wie auch der einpendelnden Erwerbstätigen klar

von den übrigen Siedlungsräumen ab. Dies verdeutlicht sich in den Unterschieden zwischen den

Radial- und den Tangentialpendlern. Erstere heben sich durch einen tendenziell höheren Individua-

lisierungsgrad und deutlich höhere Statuswerte von den Tangentialpendlern ab.

Die Binnenpendler unterscheiden sich von den Wegpendlern durch einen systematisch tieferen Indi-

vidualisierungsgrad und weisen einen deutlich höheren Anteil an Haushalten mit Kindern auf. Am

wenigsten individualisiert sind jeweils die Erwerbstätigen ohne Arbeitsweg.

Die geringere Verbreitung des modernisiert-bürgerlichen wie auch des egalitär erwerbsbezogenen

Familienmodells bei den interkommunalen Pendlern – Weg- wie auch Zupendler – dürfte auf die

Erwerbstätigkeit der Frau und somit auf die Doppelbelastung beziehungsweise Vereinbarkeit von

Beruf und Familie zurückzuführen sein (vgl. Bühler 2005 oder Camstra 1996).
Empirie 46

4.2 Zeitaufwand[1]

Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, ob und inwiefern sich ein empirischer Zusammenhang

zwischen der sozialen Differenzierung der Pendelnden und der für den Arbeitsweg aufgewendeten

Zeit erkennen lässt. Hierfür werden die Pendelnden der unterschiedlichen raumtypologischen Rich-

tungen zusätzlich entsprechend dem Zeitbedarf für den Arbeitsweg differenziert. Das heisst, jede

raumtypologische Richtung wird weiter in vier Zeitklassen unterteilt. Die Kreisflächen im nach-

folgenden S-I-Diagramm (Abb. 4.16) zeigen somit nicht mehr die raumtypologischen Richtungen,

sondern spezifische Kombinationen von raumtypologischer Richtung und Zeitaufwand.

Abb. 4.16 – Zeitaufwand

200
150
100
50

Personen [x1000]

58
70 80 90 100

54



▲ 50
Status

46

Zeitaufwand [min]
<15 15-29 30-59 >60 46
Interkommunale
Pendler
Binnenpendler 42

Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Jede Kreisfläche steht für eine spezifische Kombination von raum-
typologischer Richtung und Zeitaufwand. Die Farbe der Kreisflächen zeigt die Zeitklasse an. Die
Fläche ist proportional zur Anzahl der Pendelnden.

[1] Für die Analyse werden ausschliesslich Gruppen mit mehr als 250 Pendelnden berücksichtigt.
Empirie 47

Die Graphik 4.16 lässt eine horizontale wie auch eine vertikale Differenzierung der Pendlergruppen

in Abhängigkeit vom Zeitaufwand erkennen. Es zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen

den Interkommunal- und den Binnenpendlern.

Interkommunale Pendler
Die interkommunalen Pendler differenzieren deutlich nach Status in Abhängigkeit des Zeitaufwandes,

wobei sich ein positiver Zusammenhang zwischen Status und Zeitbedarf für den Arbeitsweg nach-

weisen lässt. Das heisst, Pendler mit einem grösseren Zeitbedarf für den Arbeitsweg weisen tenden-

ziell auch einen höheren sozialen Status auf. Dieser Befund deckt sich mit den Ergebnisse des Mikro-

zensus 2000 (ARE 2001) und zeigt sich bei allen untersuchten raumtypologischen Richtungen (Abb.

4.19). Die deutlichsten Unterschiede finden sich zwischen den interkommunalen Pendlergruppen
mit einem Zeitaufwand von mehr und denjenigen mit weniger als einer halben Stunde (Abb. 4.16).

Erstere weisen mehrheitlich überdurchschnittlich hohe, letztere mittlere bis unterdurchschnittliche

Statuswerte auf. Die Schwelle scheint somit bei einer halben Stunde zu liegen.

In Bezug auf die horizontale Differenzierung lassen sich ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen

den Zeitklassen beobachten. Pendelnde mit weniger als 15 Minuten Arbeitsweg weisen insgesamt den

geringsten, Gruppen mit mehr als 60 Minuten Zeitaufwand den höchsten Individualisierungsgrad

auf. Es besteht somit ein tendenziell positiver Zusammenhang zwischen Zeitaufwand und

Individualisierungsgrad.

Abb. 4.17 – Haushaltsformstruktur – Zeitaufwand: Binnen- vs. interkommunale Pendler

I Binnenpendler < 15
15-29
30-59 Haushaltsform
> 60 Wohngemeinschaft
Einpersonenhaushalt
II Interkom. Pendler [IKP] < 15 Paarhaushalt (ohne Kind)
15-29 Paarhaushalt (mit Kind)
30-59 Einpers. haushalt mit Kind
> 60 andere Wohnform
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

Diese Unterschiede manifestieren sich auch in Abbildung 4.17. Mit steigendem Zeitaufwand nimmt

bei den interkommunalen Pendlern der Anteil an individualisierten Wohnformen und Paarhaus-
Empirie 48

halten ohne Kind zu, derjenige an Paarhaushalten mit Kind ab.

Die Entwicklung der Familienmodellstruktur (Abb. 4.18 II) zeigt bei den interkommunalen Pendlern

sowohl eine Zunahme des traditionell-bürgerlichen als auch des egalitär familienbezogenen Fami-

lienmodells mit steigendem Zeitbedarf für den Arbeitsweg. Es besteht somit ein positiver Zusam-

menhang zwischen Zeitaufwand und diesen beiden Familienmodellen.

Abb. 4.18 – Familienmodellstruktur – Zeitaufwand: Binnen- vs. interkommunale Pendler

I Binnenpendler < 15
15-29
30-59
> 60 Familienmodell
traditionell-bürgerlich
II Interkom. Pendler [IKP] < 15
modernisiert-bürgerlich
15-29
egalitär erwerbsbezogen
30-59 egalitär familienbezogen
> 60 andere Familienmodelle
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.

Binnenpendler
Die soziale Differenzierung der Binnenpendler in Abhängigkeit vom Zeitaufwand ist weniger ausge-

prägt als bei den interkommunalen Pendlergruppen. Es lässt sich kein systematischer Zusam-

menhang, beziehungsweise Unterschied, zwischen der Lage im sozialen Raum und dem Zeitbedarf

nachweisen. Die Entwicklung der Haushaltsformstruktur der Binnenpendler (Abb. 4.17 I) verläuft

insgesamt ähnlich wie diejenige der interkommunalen Pendler (Abb. 4.17 II). Der sprunghafte
Anstieg des WG- und Einpersonenhaushalt-Anteils bei den Binnenpendlern mit einem Zeitaufwand
von mehr als 15 Minuten ist nur bedingt auf einen tatsächlichen, systematischen Anstieg des Indivi-

dualisierungsgrad zurückzuführen. Der Grund liegt vielmehr darin, dass die Pendelnden mit einem

Zeitaufwand von mehr als 15 Minuten in den Zentren deutlich stärker vertreten sind. Was die

Entwicklung der Familienmodellstruktur anbetrifft, unterscheiden sich die Binnenpendler jedoch

klar von den interkommunalen Pendlern (Abb. 4.18). Bei den Binnenpendlern (Abb. 4.18 I) zeigt

sich ein mit dem steigenden Zeitaufwand einhergehender Rückgang des traditionell-bürgerlichen

Familienmodells bei gleichzeitiger Zunahme des egalitär erwerbsbezogenen Modells. Die interkom-

munalen Pendler (Abb. 4.18 II) zeigen im Gegensatz dazu eine mit steigendem Zeitaufwand einher-
Empirie 49

gehende Zunahme des traditionell-bürgerlichen und eine Abnahme des egalitär erwerbsbezogenen

Modells.
Empirie 50

4.2.1 Die Siedlungsraumtypen im Vergleich


Interkommunale Pendler
In Graphik 4.19 werden die S-I-Diagramme für die einzelnen Siedlungsräume abgebildet. Wird

die soziale Differenzierung der interkommunalen Pendler in Abhängigkeit von Zeitaufwand und

Wohnort-Raumtypus verglichen, zeigt sich eine leicht stärkere horizontale Streuung der Zeitklassen

in den Zentren (Abb. 4.19 A, B) als in den übrigen Siedlungsräumen.

Insgesamt lässt sich ein deutlicher, positiver Zusammenhang zwischen Zeitaufwand und Status sowie

zwischen Zeitaufwand und Individualisierungsgrad erkennen. Ausnahmen bilden Pendelnde mit

Arbeitsort im suburbanen Raum und Wohnort in einem Grosszentrum (A), solche mit Arbeitsort
im periurbanen Raum und Wohnort in den Zentren (A, B) sowie im periurbanen Raum (D) und

die Gruppe der Pendler mit Arbeits- und Wohnort im ländlichen Raum (E). Bei alle lässt sich eine

primär horizontale Differenzierung ausmachen. Bei den Pendelnden mit Arbeitsort in einem Gros-

szentrum ist der Einfluss des Zeitaufwandes auf die soziale Differenzierung generell gering. Einzig

im ländlichen Raum (E) lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Zeitaufwand, Status und

Individualisierungsgrad erkennen.

Binnenpendler
Die Binnenpendler lassen sich durch einen tendenziell negativen Zusammenhang zwischen

Zeitaufwand und Status charakterisieren (Abb. 4.19). Je grösser der Zeitaufwand ist, desto geringer

ist der Status der entsprechenden Binnenpendlergruppe. Die horizontale Differenzierung der
Pendelnden zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen den Binnenpendlern in Grosszentren (A)

und denjenigen in den übrigen Siedlungsräumen. Während bei den übrigen Binnenpendlern der

Individualisierungsgrad mit zunehmender Zeit zunimmt und sich somit ein tendenziell positiver

Zusammenhang zwischen Individualisierungsgrad und Zeitaufwand postulieren lässt, zeigt sich in

den Grosszentren kein eindeutiger Zusammenhang.


Empirie 51

Abb. 4.19 – Zeitaufwand [nach Raumtypologischer Richtung]


200 200

Grosszentrum Suburbaner Raum


150 150
100 100
50 50

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 80 90 100 70 80 90 100

54 54

50 50

46 46
▲ ▲
▲ ▲
▲ ▲
Status

Status
42 A 42 C
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad





200 200

Klein- oder Mittelzentrum Periurbaner Raum


150 150
100 100
50 50

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 80 90 100 70 80 90 100

54 54

50 50

▲ 46
▲ 46

▲ ▲
▲ ▲
Status

Status

42 B 42 D
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad




200

Ländlicher Raum
150
100
50

Anzahl[x1000]

58
70 80 90 100

54

Raumtypus
Zeitaufwand [min]
Arbeitsort
<15 15-29 30-59 >60 50

Grosszentrum
Klein- & Mittelzentrum
Suburbaner Raum
▲ 46

Periurbaner Raum ▲
Ländlicher Raum ▲
Status

42 E
Binnenpendler
Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Die S-I-Diagramme geben die untersuchten Wohnort-Raumtypen wieder. Jede Kreisfläche steht
für eine spezifische Kombination von raumtypologischer Richtung und Zeitaufwand. Die Farbe der Kreisflächen gibt den Arbeitsort-
Raumtypus wieder, die Intensität den Zeitaufand. Die Fläche ist proportional zur Anzahl der Pendelnden.
Empirie 52

4.2.2 Tangential- vs. Radialpendler


Während die Tangentialpendler (Abb. 4.20 II) insgesamt einen deutlichen Anstieg der individua-

lisierten Wohnformen mit zunehmendem Zeitaufwand zeigen, lässt sich hingegen bei den Radial-

pendlern (Abb. 4.20 I) kein wirklicher Zusammenhang zwischen Zeitbedarf und der Verbreitung von

Wohngemeinschaften und Einpersonenhaushalten erkennen. Bei den Radialpendlern ändert sich

jedoch die Struktur der Paarhaushalte. So wird ersichtlich, dass mit zunehmendem Zeitaufwand

der Anteil der Paarhaushalte ohne Kinder zu-, und derjenige der Familienhaushalte abnimmt

(Abb. 4.20 I).

Abb. 4.20 – Haushaltsformstruktur – Zeitaufwand: Radial- vs. Tangentialpendler

I Radialpendler < 15
15-29
30-59 Haushaltsform
> 60 Wohngemeinschaft
Einpersonenhaushalt
II Tangentialpendler < 15 Paarhaushalt (ohne Kind)
15-29 Paarhaushalt (mit Kind)
30-59 Einpers. haushalt mit Kind
> 60 andere Wohnform
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

Die Entwicklung der Familienmodellstruktur (Abb. 4.21) der beiden Pendlertypen ist nahezu iden-

tisch. Die Radialpendler zeigen insgesamt aber eine leicht stärkere Abnahme des egalitär erwerbsbe-

zogenen Modells mit zunehmendem Zeitaufwand.

Abb. 4.21 – Familienmodellstruktur – Zeitaufwand: Radial- vs. Tangentialpendler

I Radialpendler < 15
15-29
30-59
> 60 Familienmodell
traditionell-bürgerlich
II Tangentialpendler < 15
modernisiert-bürgerlich
15-29
egalitär erwerbsbezogen
30-59 egalitär familienbezogen
> 60 andere Familienmodelle
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.
Empirie 53

Die Struktur der Berufsstatusklassen weist mit zunehmendem Zeitaufwand einen deutlichen Anstieg

der statushohen Berufe bei Tangentialpendlern auf (Abb. 4.22 II). Bei den Radialpendlern (Abb. 4.22

I) lässt sich dagegen keine wesentliche Veränderung dieser Berufsstatusklasse erkennen. Hingegen

zeigt sich hier ein deutlicher Anstieg der statusmittleren Berufe.

Abb. 4.22 – Berufsstatusklassenstruktur – Zeitaufwand: Radial- vs. Tangentialpendler

I Radialpendler < 15
15-29
30-59
> 60
Berufsstatus
II Tangentialpendler < 15 hoch
15-29 mittel
30-59 tief
> 60 anderer
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige.


Empirie 54

4.2.3 Fazit
Insgesamt zeigt sich bei den interkommunalen Pendlern ein positiver Zusammenhang zwischen Zeit-

aufwand und sozialem Status sowie zwischen Zeitaufwand und Individualisierungsgrad. Je höher der

Zeitaufwand, der für das Pendeln aufgewendet wird, desto höher ist sowohl der Status als auch der

Individualisierungsgrad der Pendelnden. Individualisierte Haushaltsformen, Paarhaushalte wie auch

das egalitär familienbezogene Familienmodell nehmen mit steigendem Zeitaufwand zu. Gleichzeitig

lässt sich aber auch eine mit dem Zeitbedarf einhergehende stärkere Verbreitung des traditionell-

bürgerlichen Familienmodells beobachten, welches eine Indikator für eine traditionelle, daher wenig

individualisierte, Lebensform ist.

Die Binnenpendler unterscheiden sich von den interkommunalen Pendlern durch einen negativen

Zusammenhang zwischen Status und Zeitaufwand. Die statushohen Binnenpendler weisen daher

tendenziell einen geringeren Zeitaufwand auf als die statustiefen.

Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Radial- und den Tangentialpendlern in Bezug

auf den Zusammenhang zwischen Haushaltsform, Berufstatusgruppen und Zeitaufwand. Die

Tangentialpendler weisen einen mit steigendem Zeitaufwand einhergehenden Anstieg der

individualisierten Haushaltsformen, der Paarhaushalte ohne Kind sowie der statushohen Berufe auf.

Bei den Radialpendler wird kein wirklicher Zusammenhang zwischen Zeitaufwand, individualisierten

Haushaltsformen oder statushohen Berufen deutlich. Hingegen zeigt sich bei beiden Pendlertypen

eine mit steigendem Zeitaufwand einhergehende Zunahme des traditionell-bürgerlichen wie auch
des egalitär familienbezogenen Familienmodells.
Empirie 55

4.3 Modus[2]

Dieses Kapitel beinhaltet die empirischen Resultate zum Zusammenhang zwischen sozialer Differen-

zierung und Verkehrsmittel. Als Ausgangslage dienen wiederum die raumtypologischen Richtungen,

wobei die Pendelnden zusätzlich entsprechend des verwendeten Verkehrsmittels klassiert werden.

Jede Pendlergruppe zeichnet sich in der Folge durch eine spezifische Kombination von Richtung und

Verkehrsmittel aus.

Abb. 4.23 – Modus [nach Raumtypologischer Richtung]


200
150
100
50

Personen [x1000]
58
70 80 90 100

54



▲ 50
Status

Modus (Verkehrsmittel)

Motorisierter Individualverkehr
46

Öffentlicher Verkehr

Kombinierter Verkehr

Langsamverkehr
46

Binnenpendler

Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Jede Kreisfläche steht für eine spezifische Kombination von raum-
typologischer Richtung und Verkehrsmittel. Die Farbe der Kreisflächen zeigt das Verkehrsmittel an.
Die Fläche ist proportional zur Anzahl der Pendelnden.

Graphik 4.23 bildet die verschiedenen Kombinationen von raumtypologischer Richtung und Modus

im S-I-Diagramm ab. Dabei zeigt sich, dass die MIV- und LV-Gruppen insgesamt eine geringere

[2] Für die Analyse werden ausschliesslich Gruppen mit mehr als 250 Pendelnden berücksichtigt.
Empirie 56

soziale Differenzierung aufweisen als die KMB- oder OEV-Gruppen. Die Pendelnden der Verkehrs-

mittelgruppe motorisierter Individualverkehr MIV konzentrieren sich im mittleren Bereich der

Abbildung und weisen insgesamt leicht überdurchschnittliche Statuswerte auf. In der Tendenz

deutlich statustiefer sind die Langsamverkehrs-Pendler LV. Die insgesamt höchsten Statuswerte

weist der kombinierte Verkehr auf. Die OEV-Pendler stellen sowohl die statustiefste wie auch die

statushöchste Gruppe dar (vgl. ARE 2001, Frick et al. 2004). Trotz dieser Streuung lässt sich eine

gewisse Konzentration im (unteren) rechten Bereich des Diagramms feststellen. Dies bedeutet, dass

sie alles in allem einen höheren Individualisierungsgrad aufweisen als beispielsweise MIV- oder

KMB-Gruppen, was sich auch an der Struktur der Haushaltsformen zeigt (Abb. 4.24). Die OEV-

Pendler weisen einen deutlich höheren Anteil an Wohngemeinschaften, Einpersonenhaushalten

sowie Alleinerziehenden auf, wobei der Effekt bei den Binnenpendlern am ausgeprägtesten ist (Abb.
4.24 I). OEV- wie auch KMB-Pendler weisen zudem einen hohen Anteil an Paarhaushalten ohne

Kind auf. Im Gegensatz dazu sind die LV-Pendler unterdurchschnittlich individualisiert. Sie weisen

gesamthaft gesehen den höchsten Anteil an Familienhaushalten auf (Abb. 4.24 II).

Abb. 4.24 – Haushaltsformstruktur – Verkehrsmittel: Binnen- vs. Interkommunalpendler

I Binnenpendler MIV
OEV
KMB Haushaltsform
LV Wohngemeinschaft
Einpersonenhaushalt
II Interkom. Pendler [IKP] MIV Paarhaushalt (ohne Kind)
OEV Paarhaushalt (mit Kind)
KMB Einpers. haushalt mit Kind
LV andere Wohnform
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige zwischen 30 und 49 Jahren.

Die Verkehrsmittelgruppen unterscheiden sich auch hinsichtlich der Familienmodellstruktur (Abb.

4.25). Die beiden Gruppen MIV und KMB weisen im Ganzen einen höheren Anteil von traditionell-

bürgerlichen Formen des familiären Zusammenlebens auf. Bei den Pendlern, welche zu Fuss,

mit dem Velo oder dem öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit pendeln, ist hingegen das egalitär

familienbezogene Modell überdurchschnittlich vertreten. Die Binnenpendler unterscheiden sich von

den Interkommunalpendlern durch einen gesamthaft tieferen Anteil des traditionell-bürgerlichen

sowie eine stärkere Verbreitung des egalitär erwerbsbezogenen Familienmodells (Abb. 4.25 I, II).
Empirie 57

Abb. 4.25 – Familienmodellstruktur – Verkehrsmittel: Binnen- vs. Interkommunalpendler

I Binnenpendler MIV
OEV
KMB
LV Familienmodell
traditionell-bürgerlich
II Interkom. Pendler [IKP] MIV
modernisiert-bürgerlich
OEV egalitär erwerbsbezogen
KMB egalitär familienbezogen
LV andere Familienmodelle
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Quelle: Eigene Darstellung  Grundgesamtheit: Erwerbstätige in Familienhaushalten mit Kind unter 16 Jahren.

Gesamthaft betrachtet lässt sich somit ein positiver Zusammenhang zwischen den Modi, welche

die Verfügbarkeit eines motorisierten Individualverkehrsmittels bedingen (MIV/KMB) und der


Verbreitung der bürgerlichen Familienmodelle erkennen. Gleichzeitig zeigt sich ein positiver Zusam-

menhang zwischen dem Anteil des egalitär familienbezogenen Modells und dem öffentlichen sowie

dem nicht motorisierten Verkehr (OEV/LV).


Empirie 58

4.2.1 Die Siedlungsraumtypen im Vergleich


Binnenpendler
Abbildung 4.26 zeigt die interkommunalen Pendlergruppen der untersuchten Siedlungsräume

entsprechend ihres Status- und Individualisierungsgrad-Ranges. Die Abfolge in 4.26a widerspiegelt die

Rangabfolge der Verkehrsmittelgruppen nach Status, 4.26b diejenige nach Individualisierungsgrad.

Die vertikale Differenzierung – in anderern Worten die soziale Hierarchie – der Verkehrsmittel-

gruppen in den Grosszentren unterscheidet sich von derjenigen der übrigen Siedlungsräume durch

den hohen Status der Gruppe der LV-Benutzer (Abb. 4.26a). In allen anderen Siedlungsräumen bilden

die MIV-Nutzer die statushöchste Gruppe. Tendenziell am statustiefsten sind in allen untersuchten
Siedlungsräumen die OEV-Pendler (vgl. ARE 2001). Die KMB-Pendler werden an dieser Stelle nicht

berücksichtigt, da sie bei den Binnenpendlern zahlenmässig vernachlässigbar sind.

Abb. 4.26 – Binnenpendler

Soziale Hierarchie Individualisierungsgrad


in Abhängigkeit des Siedlungsraums in Abhängigkeit des Siedlungsraums

a) GRZ KMZ SUB PER RUR b) GRZ KMZ SUB PER RUR

LV MIV MIV MIV MIV OEV OEV OEV OEV OEV


– Inidiv.Grad +
– Status +

MIV LV LV LV LV LV LV MIV MIV LV

OEV OEV
LV OEV
LV OEV OEV MIV MIV LV LV MIV

Quelle: Eigene Darstellung 

Der Vergleich der horizontalen Differenzierung der Verkehrsmittelgruppen in den untersuchten

Siedlungsräumen (Abb. 4.26b) zeigt, dass die OEV-Nutzer in sämtlichen Siedlungsräumen die am

stärksten individualisierte Gruppe bilden. In Bezug auf den Individualisierungsgrad der übrigen

Verkehrsmittelgruppen sind Unterschiede zwischen dem Agglomerationsgürtel und den übrigen

Siedlungsräumen erkennbar. Den tiefsten Individualisierungsgrad weisen in den Zentren sowie im

ländlichen Raum die MIV-Pendler auf, im Agglomerationsgürtel die LV-Nutzer.

Ein Vergleich der sozialen Differenzierung der Binnenpendler in den unterschiedlichen Siedlungs-

räumen (Abb. 4.28) zeigt eine deutlich geringere vertikale Streuung der Verkehrsmittelgruppen in
Empirie 59

den Zentren (Abb. 4.28 A, B) als beispielsweise im periurbanen Raum (D). Genau umgekehrt verhält

es sich mit der horizontalen Streuung, die in den Zentren sehr ausgeprägt ist und mit zunehmender

raumtypologischer Distanz zu diesen abnimmt. Somit differenzieren die Verkehrsmittelgruppen in

den Zentren (A, B) stärker nach Individualisierungsgrad, in der restlichen Agglomeration (C, D) und

im ländlichen Raum (E) jedoch primär nach Status.

Interkommunale Pendler
Abbildung 4.27 werden die interkommunalen Pendlergruppen der untersuchten Siedlungsräume

entsprechend ihres durchschnittlichen Status- und Individualisierungsgrad-Rangs abgebildet[3].

Die Abfolge in 4.27a widerspiegelt die Rangabfolge der Verkehrsmittelgruppen nach Status, 4.27b

diejenige nach Individualisierungsgrad. Auf die Langsamverkehr-Pendler wird an dieser Stelle nicht
eingegangen, da sie bei den Interkommunalpendlern anzahlmässig vernachlässigbar sind.

Abb. 4.27 – Interkommunale Pendler

Soziale Hierarchie Individualisierungsgrad


in Abhängigkeit des Siedlungsraums in Abhängigkeit des Siedlungsraums

a) GRZ KMZ SUB PER RUR b) GRZ KMZ SUB PER RUR

OEV KMB MIV MIV KMB OEV OEV OEV OEV OEV
– Inidiv.Grad +
– Status +

KMB MIV KMB KMB MIV KMB KMB KMB MIV KMB

MIV OEV OEV OEV OEV MIV MIV MIV KMB MIV

Quelle: Eigene Darstellung 

Die Grosszentren unterscheiden sich von den übrigen Siedlungsräumen durch den vergleichsweise
hohen Status der OEV-Pendler (vgl. auch Abb. 4.28) und den tiefen sozialen Status der MIV-Pendler.

In den übrigen Siedlungsräumen bilden die OEV-Pendler insgesamt jeweils die statustiefste und

die MIV- oder KMB-Nutzer die statushöchste Gruppe. Werden ausschliesslich die Pendelnden mit

Arbeitsort in den Grosszentren berücksichtig, weisen die KMB-Zupendler, mit Ausnahme derjenigen

aus dem suburbanen Raum, in allen Siedlungsräumen den höchsten Status auf (vgl. Abb. 4.28).

Die in Abbildung 4.27b ersichtliche horizontale Differenzierung der Verkehrsmittelgruppen zeigt,

[3] Für jede raumtypologische Richtung wurde die Rangabfolge (Individualisierungsgrad und Status) der Verkehrsmittel
berechnet. Graphik 4.27 gibt die durchschnittliche Rangabfolge der Verkehrsmittel in den untersuchten Siedlungs-
räumen wieder.
Empirie 60

dass die OEV-Nutzer in sämtlichen Siedlungsräumen die höchsten Individualisierungswerte

aufweisen. Am wenigsten individualisiert sind tendenziell die MIV-Nutzer. Die Pendelnden mit

Wohnort im periurbanen Raum bilden diesbezüglich allerdings eine Ausnahme.

Wird die soziale Differenzierung der interkommunalen Pendler in Abhängigkeit von Verkehrsmittel

und Siedlungsraum verglichen, zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Binnenpendlern (Abb. 4.28).

In den Zentren (Abb. 4.28 A, B) lässt sich eine deutliche horizontale Streuung der Verkehrsmittel-

gruppen beobachten. Diese nimmt mit zunehmender raumtypologischer Distanz zu den Zentren ab.

In der restlichen Agglomeration (C, D) und im ländlichen Raum (E) differenzieren die Verkehrsmit-

telgruppen hauptsächlich nach Status.


Empirie 61

Abb. 4.28 – Modus [nach Raumtypologischer Richtung]


200 200

Grosszentrum Suburbaner Raum


150 11 150
100 100
50 12 50

12
Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

12 58 58
70 80 90 100 70 80 90 100

11 15
15
31
10 54 31 54

13 31
13 13 31
10 10 32
10 13 14 33
14
32
33
50 30 50
35
32 32
35
34
33
34
33 30 35
30

34
46 46
▲ ▲ 34
35
▲ ▲ 30
▲ ▲
Status

Status
A C
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad





200 200

Klein- oder Mittelzentrum Periurbaner Raum


150 150
100 100
50 50

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 80 90 100 70 80 90 100

41
21 21
41
41
21 54 41 54
22
22
22
42
42 43
20 23 23 43
20 20 23 42 42
50 50
25
25 25 45 45
40 44 43
24 23
24 20 24 4344

40 44 45
44
▲ 25 24 46
▲ 40 46
45
▲ ▲
▲ ▲ 40
Status

Status

B D

Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad




200

Ländlicher Raum
150
100
50

Anzahl[x1000]

58
70 80 90 100

Modus (Verkehrsmittel)
51 54

51 51
Motorisierter Individualverkehr
53
Öffentlicher Verkehr 52 52
50
53
52
Kombinierter Verkehr 50 55
54
53

52 54
55
Langsamverkehr ▲ 53
55
50 46
54
54
▲ 50 55

Binnenpendler
Status

50 E

Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Die S-I-Diagramme geben die untersuchten Wohnort-Raumtypen wieder. Die Kreisflächen
entsprechen bestimmten Kombinationen von raumtypologischer Richtung und Verkehrsmittel. Die Ziffern geben die raumtypo-
logische Richtung, die Farbe den Modus wieder.
Empirie 62

4.3.2 Fazit
Die untersuchten Verkehrsmittelgruppen unterscheiden sich deutlich in Bezug auf die Streuung

im S-I-Diagramm. Während die OEV-Pendler eine starke Differenzierung in horizontaler wie auch

in vertikaler Richtung aufweisen, konzentrieren sich die übrigen Modi stärker. Die KMB-Pendler

weisen insgesamt relativ hohe Statuswerte und einen durchschnittlichen Individualisierungsgrad auf.

Die MIV- Pendler sind ähnlich individualisiert bei einem leicht tieferen durchschnittlichen Status.

Insgesamt am statustiefsten und am wenigsten individualisiert sind die LV-Pendler. Die OEV-Pendler

weisen hingegen den insgesamt höchsten Individualisierungsgrad auf.

In Bezug auf die Familienmodelle lässt sich ein positiver Zusammenhang zwischen Modi, welche die
Verfügbarkeit eines Autos oder Motorrads bedingen (MIV/KMB) und der Verbreitung der bürger-

lichen Modelle – traditionell wie modernisiert – erkennen. Das egalitär familienbezogene Modell

ist hingegen beim öffentlichen sowie beim nicht motorisierten Verkehr (OEV/LV) stärker vertreten.

Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Teilzeitarbeitende und Frauen generell einen

höheren Anteil des OEV’s am Modalsplit aufweisen (Frick et al. 2004, Moser 2005b).

Die Grosszentren unterscheiden sich von den übrigen Siedlungsräumen in Bezug auf die soziale

Hierarchie der Verkehrsmittel, durch einen vergleichsweise hohen Status der LV-Pendler bei den

Binnenpendlern und OEV-Pendler bei den interkommunalen Pendlern.

Ein Vergleich der sozialen Differenzierung der Pendelnden in den unterschiedlichen Siedlungs-

räumen zeigt eine deutlich geringere vertikale Streuung der Verkehrsmittelgruppen in den Zentren

als beispielsweise im periurbanen Raum. Genau umgekehrt verhält es sich mit der horizontalen

Streuung, die in den Zentren sehr ausgeprägt ist und mit zunehmender raumtypologischer Distanz

zu diesen abnimmt. Somit unterscheiden sich die Verkehrsmittelgruppen in den Zentren stärker

nach Individualisierungsgrad, in der restlichen Agglomeration und im ländlichen Raum jedoch

primär nach Status.


Diskussion und Ausblick 63

5. Diskussion und Ausblick


Ziel dieser Arbeit ist es, eine Methode einer sozial differenzierten Pendlerstudie aufzuzeigen, die

systematische Zusammenhänge zwischen dem Pendlermobilitätsverhalten und der Sozialstruktur

der Pendelnden zu analysieren erlaubt. Ausgangspunkt für die Analyse dieses Zusammenhanges

bildeten verhaltenshomogene Pendlergruppen, welche sich durch eine bestimmte Kombination

von Richtung, Zeitaufwand und Modus charakterisieren lassen. Insgesamt liess sich eine deut-

liche soziale Differenzierung der Pendler ausmachen. Das heisst, dass sich die untersuchten Pend-

lergruppen hinsichtlich des sozialen Status´ und ihrer Lebensstilmerkmale unterscheiden. Den

insgesamt grössten Einfluss hat dabei die raumtypologische Richtung – die Kombination von Wohn-

und Arbeitsortsraumtypus.

Im Folgenden werden die untersuchten Dimensionen der Pendlermobilität nochmals aufgegriffen

und diskutiert.

5.1 Kritische Betrachtung der Resultate

5.1.1 Raumtypologische Richtung


Die soziale Differenzierung der Pendelnden in Abhängigkeit der raumtypologischen Richtung, das

heisst in Abhängigkeit von Wohn- und Arbeitsortsraumtypus, weist auf zwei sich auseinanderent-

wickelnde räumliche Hierarchien hin. Zum einen eine Hierarchie des Wohnens, welche die zuneh-

mende residentielle Segregation zum Ausdruck bringt (vgl. ARE 2005, Hermann et al. 2005,

Heye/Leuthold 2004b), zum anderen eine Hierarchie der Arbeitsorte, welche die zunehmende

räumlich-funktionale Differenzierung verdeutlicht (vgl. ARE 2005, Hamnett 1993, Thierstein

et al. 2006). Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass der periurbane Raum als Wohnort einen

mit den Kleinzentren vergleichbaren Status aufweist, als Arbeitsort hingegen deutlich statustiefer

ist. Es besteht also eine räumliche Inkongruenz von Arbeitsplatzstruktur und der Qualifikation der

ansässigen Bevölkerung ( z.B. Aguilera 2005, ARE 2005, Wachs et al. 1993). Die zunehmende

Komplexität der Pendlerbewegungen, der Anstieg der zurückgelegten Distanz und ganz allgemein
Diskussion und Ausblick 64

der zunehmende Verkehr sind deshalb nicht allein Folgen der fortschreitenden Zersiedlung und

sich ausdehnenden Ballungsräumen (Moser 2004a), sondern, wie in dieser Untersuchung gezeigt

werden konnte, auch das Resultat einer sozialräumlichen Segregation und einer räumlich-funkti-

onalen Differenzierung. Deshalb hat auch die Suburbanisierung der Arbeitsplätze nicht etwa zu

einer Verringerung der Pendlerdistanzen, sondern zu einer Zunahme der Pendlerbewegungen im

Agglomerationsgürtel und derjenigen aus den Zentren in den Agglomerationsgürtel geführt (vgl.

Aguilera 2005, Frick et al. 2004).

Die Grosszentren heben sich in Bezug auf die sozialen Charakteristika ihrer erwerbstätigen Wohn-

bevölkerung wie auch der Zupendelnden Erwerbstätigen klar von den übrigen Siedlungsräumen ab.

Die Radialpendler – Pendler mit Wohn- und/oder Arbeitsort in einem Grosszentrum – weisen im

Vergleich zu den übrigen Pendelnden einen deutlich höheren sozialen Status und einen insgesamt

höheren Individualisierungsgrad auf. Die erwerbstätige Wohnbevölkerung in den Grosszentren

ist geprägt durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil Individuen mit tertiärem Bildungsab-

schluss, die Arbeitsplatzstruktur durch einen hohen Anteil an hochqualifizierten Stellen im Finanz-

und wissensintensiven Dienstleistungssektor (ARE 2006, Dümmler et al. 2004, Thierstein et al.

2006). Sie zeigen somit einige typische Merkmale von Global Cities (vgl. Hamnett 1993, Sassen

1990, 1991).

5.1.2 Zeitaufwand
Der positive Zusammenhang von Zeitaufwand und sozialem Status ist in Anbetracht der mit zuneh-

mendem Einkommen steigenden Opportunitätskosten der Zeit auf den ersten Blick erstaunlich

und widerspricht der Eingangs der Arbeit formulierten Annahme, dass finanziell besser gestellte

Pendelnde kürzere Pendlerdistanzen aufweisen, da sie sich teurere Wohnlagen in Zentrumsnähe

leisten können (vgl. Kap. 2.2.2). Dieser Zusammenhang wird jedoch auch in der Literatur kontrovers

diskutiert. So decken sich die Resultate von Hanson und Pratt (1995) mit denjenigen der vorliegenden

Studie, während Næss und Sandberg (1995) einen negativen Zusammenhang von Einkommen und

Zeitaufwand postulieren.

Die Gründe für den mit zunehmendem Zeitaufwand einhergehenden Anstieg des sozialen Status´

sind vielfältig und entspringen einem komplexen Wirkungsgefüge von Wohnstandortpräferenzen,


Diskussion und Ausblick 65

Eigentumsverhältnissen, Immobilienmarkt, Arbeitsplatzstruktur und weiteren Einflussfaktoren.

Primär scheint der Anstieg jedoch darauf zurückzuführen zu sein, dass hochqualifizierte Stellen

räumlich-geographisch stärker konzentriert sind (vgl. ARE 2005, Dümmler et al. 2004), was in

Anbetracht der Entkoppelung von Wohnen und Arbeiten wie auch der fortwährenden Sub- und

Periurbanisierung des Wohnens für statushohe Pendelnde zu längeren Arbeitswegen führt.

Die mit steigendem Zeitaufwand einhergehende deutliche Zunahme der Wohnformen ohne Kinder

und des traditionell-bürgerlichen Familienmodells weist auf die zentrale Rolle der familiären und

partnerschaftlichen Restriktionen für das Verständnis der Pendlermobilität hin (Camstra 1995,

Bernard et al. 1996, Turner/Niemeier 1997). Die im Vergleich zu den übrigen Familienmodellen

geringeren familiären Restriktionen des erwerbstätigen Elternteils im traditionell-bürgerlichen Modell

dürften der Grund für die stärkere Verbreitung dieses Familienmodells bei langen Arbeitswegen sein

(vgl. Bühler 2005, Turner/Niemeier 1997). Der positive Zusammenhang zwischen Zeitaufwand

und dem egalitär familienbezogenen Modell ist schwieriger zu erklären. Ein möglicher Ansatz liegt

aber ebenfalls in den geringeren familiären Restriktionen. So verfügen die meisten Individuen, die

in diesem partnerschaftlichen Modell leben, einerseits über einen eher privilegierten materiellen

Hintergrund (Bühler 2005), was eine teilzeitige externe Kinderbetreuung ermöglicht, andererseits

ist die Verantwortung für Kinderbetreuung und Hausarbeit partnerschaftlich aufgeteilt.

Die deutliche Zunahme der Paarhaushalte ohne Kinder mit steigendem Zeitaufwand unterstützt

die Eingangs formulierte Annahme, dass sich die simultane Berücksichtigung und Optimierung

von zwei Arbeitswegen in grösseren Pendlerdistanzen niederschlägt (Cervero 1989, Green 1996,

Giuliano/Small 1993). Es stellt sich die Frage, inwiefern die Zunahme der kinderlosen Haushalts-

formen eine Folge von Restriktionen ist, oder ob sie vielmehr das Resultat einer auf die Lebensform

zurückzuführende generell höhere Mobilitätsbereitschaft dieser Gruppen ist.

5.1.3 Modus
Der deutlich stärkere Einfluss der Lebensform – ausgeprägtere horizontale Streuung – auf die Wahl

des Modus in den Zentren im Vergleich zu den übrigen Siedlungsräumen weist darauf hin, dass

in den Zentren dem Lebensstil eine wesentliche Rolle bei der Wahl des Verkehrsmittels zukommt,

ausserhalb der Zentren hingegen letztlich primär die finanzielle Verfügbarkeit eines – oder mehrerer
Diskussion und Ausblick 66

– Autos ausschlaggebend ist (ARE 2001, Moser 2005b, Scheiner 2005).

Die sich von den übrigen Siedlungsräumen unterscheidende soziale Hierarchie der Verkehrsmittel in

den Grosszentren scheint auf den ersten Blick eine Folge unterschiedlicher Restriktionen – Angebot

des öffentlichen Verkehrs (ÖV) und Verfügbarkeit von Parkplätzen – und weniger auf Wahlent-

scheide, beziehungsweise die Lebensform zurückzuführen zu sein. Für die Restriktionen als Erklä-

rungsansatz sprechen die geringere Verfügbarkeit von Parkplätzen und die bessere Anbindung an

das nationale wie auch das regionale ÖV-Netz in den Grosszentren. Gegen dieses Argument spricht

jedoch die Tatsache, dass es sich bei der Verfügbarkeit von Parkplätzen letztlich um eine Kosten-

frage handelt. Gerade die in der ÖV-Gruppe übervertretenen statushohen Pendler würden über die

nötigen finanziellen Ressourcen verfügen, um sich einen Parkplatz zu sichern. Für die Lebensform

als Erklärungsansatz spricht die generell andere Bewertung von «Öffentlichkeit» und «Privatheit»,

welche die grossstädtische von der übrigen Bevölkerung unterscheidet (vgl. Häussermann/Siebel

1996, Leuthold [im Druck]) und sich auch in den städtischen Wohnformen widerspiegelt. Für

diese These spricht auch, dass typische städtische Wohnformen wie die Wohngemeinschaft oder der

Einpersonenhaushalt und das primär städtische, egalitäre Familienmodell bei den ÖV-Pendlern in

allen Siedlungsräumen deutlich stärker vertreten sind. Dies würde bedeuten, dass die Verkehrsmit-

telwahl an die Wohnform und die Form des familiären Zusammenlebens gekoppelt ist und diesen in

der Folge eine entscheidende Rolle bei der Erklärung der Wahl des Modus zukommt.

Der hohe Status des kombinierten Verkehrs bei Pendelnden mit Arbeitsort in den Grosszentren

und des ÖV’s auf den Intercitystrecken, lässt sich teilweise darauf zurückführen, dass der Zug

zumindest auf längeren Strecken in zunehmendem Masse als Arbeitsplatz genutzt wird und so der

«Zeit-Qualität» eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Verkehrsmittels zukommt (vgl. Schuler/

Kaufmann 2005). Die Verbesserung der Qualität der Reisezeit durch einen Ausbau der Angebote

rund um den Zug als Arbeitsplatz – Stromanschluss, Breitbandinternet – kann deshalb, zusammen

mit einem Ausbau der Park&Ride-Angebote im äusseren Agglomerationsgürtel und im ländlichen

Raum mit regelmässigen Verbindung in die nähergelegenen Zentren, als möglicher Ansatzpunkt für

die Förderung des ÖV-Anteils am Modalsplit dienen.


Diskussion und Ausblick 67

5.2 Methodische Kritik

Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass die Anwendung des Status-Individualisierungs-

Diagramms grundsätzlich gewinnbringend auf das Verkehrsverhalten angewandt werden kann und

insbesondere bei einer grossen Anzahl von zu untersuchenden Gruppen gegenüber einzelnen Indi-

katoren Vorteile bietet. Gleichzeitig wurden jedoch auch die Grenzen des von Hermann et al. (2005)

entwickelten Individualisierungsindizes für die Untersuchung von nichträumlichen Aggregaten –

insbesondere Erwerbstätige – aufgezeigt. Für weiterführende Analysen wäre es deshalb von Vorteil,

ein Mass für den Individualisierungsgrad von Individuen zu entwickeln.

Die Fokussierung auf die Indizes überdeckt gewisse gegenläufige Bewegungen wie beispielsweise eine

gleichzeitige Zunahme der als Indikator für einen hohen Individualisierungsgrad geltenden Wohn-

formen wie Wohngemeinschaft oder Einpersonenhaushalt und des traditionell-bürgerlichen Fami-

lienmodells, welches als Indikator für eine traditionelle, wenig individualisierte Lebensweise dient.

Um präzise Aussagen über den Zusammenhang von Lebensstil, Status und Pendlermobilität machen

zu können, ist eine detailliertere Analyse einzelner Status- und Lebensstilindikatoren deshalb unab-

dingbar. Neben den sozio-professionellen Kategorien sollten zudem auch Bildungs- und Einkom-

mensdaten mitberücksichtigt werden.

Die Studien, welche als Erklärungsgrundlage für die Resultate der vorliegenden Untersuchung

dienen, basieren teilweise auf Daten aus dem angelsächsischen oder dem skandinavischen Raum.

Aufgrund der unterschiedlichen räumlichen Rahmenbedingungen – Bevölkerungsdichte, Strassen-

beziehungsweise Schienennetzdichte etc. – sowie unterschiedlicher Familienpolitik, Immobilien-

und Arbeitsmarktdynamik ist ihr Erklärungsgehalt jedoch unsicher.

5.3 Fazit und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine deutliche soziale Differenzierung der Pendelnden

feststellbar ist, sowohl in Bezug auf die raumtypologische Richtung als auch in Bezug auf den Zeit-

aufwand und den Modus. Aufgrund des insgesamt hohen Aggregationsniveaus und der komplexen

Wirkungsgefüge, welche das Pendelverhalten beeinflussen, lassen sich die Resultate jedoch nur
Diskussion und Ausblick 68

bedingt begründen. Hierfür sind weiterführende Studien nötig, die sich detaillierter mit einzelnen

Aspekten der Pendlermobilität auseinandersetzen, wobei die vorliegende Arbeit als Ausgangspunkt

dienen kann. Zu untersuchen bleibt beispielsweise, wie sich die soziale Differenzierung der Verkehrs-

mittelgruppen in Abhängigkeit vom Zeitaufwand verändert, aber auch, wie sich bestimmte soziale

Milieus hinsichtlich der Wahl des Modus oder des Zeitaufwandes unterscheiden. Weiter wären

kleinräumigere Studien angebracht, welche verstärkt auf einzelne Agglomerationen oder Städte

fokussieren. Es gilt auch zu untersuchen, inwiefern gewisse Zusammenhänge die Folge von Restrik-

tionen und bis zu welchem Grad sie das Resultat spezifischer Präferenzen – beziehungsweise einer

bestimmten Lebensform – sind.

Der empirische Nachweis einer sozialen Differenzierung der Pendelnden, welcher mit dieser Studie

erbracht wurde, bedeutet nicht zuletzt, dass die residentielle Segregation und Individualisierungs-

indikatoren wie Familienmodell oder Haushaltsform für das Verständnis wie auch die Modellierung

des individuellen Pendelverhaltens nicht weiter vernachlässigbar und deshalb in weiteren Untersu-

chungen zu berücksichtigen sind.


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Appendix 76

Appendix

Tab. A.01 – Indikatoren der Lebensform

CHDE EPH WG FOK TBM

Erwerbstätige 17.2% 2.0% 38.2% 18.7%

Wohnbevölkerung 16.0% 1.9% 32.0% 27.7%

Quelle: Erwerbstätige: Eigene Berechnungen, Wohnbevölkerung: Hermann et al. (2005)

Abb. A.01 – Gemeindetypologie in 5 Klassen

Raumtypus
Grosszentren
Klein- & Mittelzentren
Suburbaner Raum
Periurbaner Raum
Ländlicher Raum

Quelle: Eigene Klassierung nach Schuler et al. (2005)


Appendix 77

Abb. A.02 – Siedlungsraumtypen im Vergleich


200 200

Suburbaner Raum
150 150
100
50 Grosszentrum 100
50
60 60

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 75 80 85 90 95 70 75 80 85 90 95

56 56

54 54

52 52

50 50

▲ 48 ▲ 48

▲ ▲
▲ ▲
46 46
Status

A Status C
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad





200 200

Klein- oder Mittelzentrum Periurbaner Raum


150 150
100 100
50 50
60 60

Anzahl[x1000] Anzahl[x1000]

58 58
70 75 80 85 90 95 70 75 80 85 90 95

56 56

54 54

52 52

50 50

▲ 48 ▲ 48

▲ ▲
▲ ▲
46 46
Status

Status

B D
Individualisierungsgrad Individualisierungsgrad




200

Ländlicher Raum
150
100
50

60

Anzahl[x1000]

58
70 75 80 85 90 95

56

54

Raumtypus Arbeitsort
Grosszentrum
52

Klein- oder Mittelzentrum


50

Suburbaner Raum
Periurbaner Raum ▲ 48

Ländlicher Raum ▲

Ohne Arbeitsweg 46
Status

Binnenpendler E
Individualisierungsgrad


Quelle: Eigene Darstellung. Die S-I-Diagramme geben die untersuchten Wohnort-Raumtypen wieder. Die Farbe der Kreis-
flächen zeigt den Wohnstandortstypus an. Die Fläche ist proportional zur Anzahl Pendelnden.

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