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Bildvergleich

Wandel der Bildsprache – verändertes Weltbild


Leonardo da Vinci
1452 – 1519
Ultima Cena – Das letzte Abendmahl, um 1497
Refektorium von Santa Maria delle Grazie, Mailand
460 x 880 cm, Tempera und Öl auf Kalkstein
Petrus Johannes
Petrus Thomas
Judas Jakobus
maj.
Philippus

Bartlomäus Christus Matthäus

Jakobus min. Thaddäus

Andreas Simon

Wahrlich, ich sage euch – einer unter euch wird mich verraten. Matthäus 26
Realraum Illusion Illusion
Innenraum Außenwelt
Verbindung von Innenraum und Außenwelt
Mikrokosmos und Makrokosmos

Raumevasion

Realraum und Scheinraum haben gleiche Koordinaten:


Realität und Abbildung haben identischen Fluchtpunkt

Dreidimensionaler Wand
Erfahrungsraum
Bild ist „Loch in der
Standort des Betrachters Wand“
Illusion der
dreidimensionalen
Realität Wirklichkeit auf der
zweidimensionalen
Fläche
Wand = Nahtstelle
zwischen Realraum
und Scheinraum,

Scheinraum
Gesetze, Logik, Rationalität, Religion und Wissenschaft

Räumliche Zuweisung des Betrachters ist auch eine sozial-philosphische Standortzuweisung,


einheitliche Koordinaten: Orientierung, Halt, Heimat, alles bezieht sich auf den Menschen,
anthropozentrisches Weltbild, Humanismus, Mensch ist Maß aller Dinge

Darstellung des realen, erfahrbaren Raumes als Fortsetzung des empirischen Erfahrungsraumes,
Raumevasion
Illusion der dreidimensionalen Wirklichkeit auf der zweidimensionalen Fläche, Bild als Verbindung von
Realraum und Scheinraum

Rekonstruktion der Wirklichkeit nach optischen, mathematischen, geometrischen Gesetzen: Fluchtpunktperspektive,


Linealperspektive, Zentralperspektive

Weltbild:
Illusionismus, Wiedergabe der Reaität, Wirklichkeit ist sichtbar, tastbar, messbar, darstellbar,
begreifbar,...
Wirklichkeit ist beherrschbar
Einer unter
euch wird
mich
verraten
major minor

1 Christus
2 Gruppen der Apostel
3 -er Gruppen, Tür/Fenster hinter Christus
4 Apostelgruppen, Türen
5 : 8 Goldener Schnitt
Elementare Präfigurationen
Innenraum Schönheit Ruhe Zeit
Kontraste
Verstärken das Außenwelt Hässlichkeit Aktion Zeitlosigkeit
Jeweilige
Schönheit und Hässlichkeit, nebeneinander gestellt, erscheinen wirkungsvoller, die eine
durch die andere. Leonardo, Trattato
Bildvergleich
Leonardo da Vinci
1452 – 1519
Ultima Cena – Das letzte Abendmahl, um 1497
Refektorium von Santa Maria delle Grazie, Mailand
460 x 880 cm, Tempera und Öl auf Kalkstein

Tintoretto
1518 – 1594
Ultima Cena – Das letzte Abendmahl,
1594, Öl auf Leinwand, 365 x 568 cm
S. Giorgio Maggiore, Venedig
Abendmahl, letztes gemeinsames Mahl
Christi mit seinen Jüngern vor seiner
Gefangennahme. Christus sprach vor dem
Mahl die Einsetzungsworte, in denen er
seinen bevorstehenden Tod deutete und
seinen Jüngern die Verpflichtung auferlegte,
künftig das gemeinsame Mahl zu seinem
Gedächtnis zu halten. Er bezeichnete das
Brot als einen Leib, den er für die Menschen
gegeben, und den Wein als sein Blut, das er
für die Menschheit vergossen habe. Zu dem
Motiv gehört die Ankündigung des Verrats
durch Christus: „Wahrlich, ich sage euch:
Einer unter euch wird mich verraten“.
Danach bezeichnete Christus den Verräter
Judas Ischariot.
Irdische Verrichtungen
Theatralische Posen
Spirituelles Mahl
Raum versinkt in
Dunkelheit, Leere,
Nichts

Ellipse, Oval

Repoussoir

Diagonalkomposition
Offene Form Figura serpentinata
Verzicht auf „Mitte“
Exzentrischer Fluchtpunkt
Betrachterstandpunkt weit außerhalb
des Bildes
Zentrifugale Kräfte
Lichtinseln Fehlende Effekte
Raumkontinuität
Flackerndes Helldunkel
Auge springt ruhelos
Raum:
Bildflächenparallelität, Planimetrie, Raumflucht durch Tiefenzug der
Zentralperspektive, Konstruktion nach Schrägsicht, raumgreifende Diagonale,
Regeln der Logik (Geometrie), Fluchtpunkt, Fluchtpunkt liegt weit aus der Mitte ge-
Zentrum, Horizont legt Standort des Be- rückt, exzenrischer Betrachterstand-
trachters fest, einheitliche Koordinaten, punkt, Vogelperspektive, fehlende
Bild: Scheinraum, Illusion der dreidi- Raumkontinuität durch Helldunkel,
mensionalen Fortsetzung des Realraumes, Lichtinseln lassen das Auge hin- und
Realraum und Scheinraum haben identische herspringen, Raum versinkt in der
Koordinaten, Fortsetzung der sichtbaren, Dunkelheit, im Ungreifbaren, im meßbaren,
tastbaren Realität, Raumevasion, Unüberschaubarkeit, Nichts, in der
Verbindung von Innenraum und Außenwelt Leere, klaustrophobische Enge und

Leere (horror vacui)


Komposition:
Orthogonaliät, Symmetrie, Geschlossenheit Diagonalkomposition, offene Form,
Klarheit, Goldener Schnitt, figura piramidale, filmische Fortsetzbarkeit, fehlende
Quadrat, Kreis, stabile Rechtecke, Ordnung Balance, zentrifugale und zentripetale
und Harmonie Kräfte, Oval, Spirale,
Repoussoirfiguren
Licht:
objektive Lichtführung, logisches Licht Lichtinseln, künstliche Beleuchtung,
flackerndes Helldunkel, Auge springt
ruhelos hin und her

Proportionen, Achsen:
menschliches Maß, Richtigkeit (Heilige als Überlängung der Figuren, stark
Menschen) geschraubte Körperachsen, figura
serpentinata, Verkürzungen
Besonderheiten:
Kulminationspunkt, Verdichtung theatrum sacrum, theatralische Posen,
Effekte (Vision, Wunder), narrative
Elemente, Redundanz, Trennung
zweier Ebenen: spirituelles Mahl /
irdische Verrichtungen, Aktivierung des
Betrachters, schwingende Einwärts-
bewegung, Rückenfiguren, verlorenes
Profil, dramatische Führung des Blicks

Vermutungen über das veränderte Weltbild:


Relativität des eigenen Standortes, Unsicherheit, Verlust von Sicherheit (Instabilität), fehlende
Maßstäblichkeit, Orientierungslosigkeit, Raumangst - Weltangst, Verlust des Bewußtseins der zentralen
Stellung des Menschen
„Die Welt ist aus den Fugen“
Theatrum sacrum

Bildliche Darstellung der christlichen Heilsgeschichte unter Einbezug


theatralischer Effekte, um beim Betrachter gefühlsbetonte Wirkungen wie
Staunen, Überraschung, Überwältigung hervorzurufen. Die künstlerischen
Mittel werden in eine absichtsvolle Beziehung zum Betrachter gesetzt, der sich
als Mitspieler in dem dramatischen Geschehen verstehen soll.
Dahinter steht das Bemühen, die Heilslehre unmittelbar visuell-sensitiv,
erlebnismäßig zu vermitteln.

Persuasio
Permovere - delectare - docere
Manierismus
Die Welt ist aus den Fugen

• Der Manierismus ist nicht nur Ausdruck einer geistigen Krise. Er ist auch
Bewusstwerden einer "aus den Fugen" geratenen Welt, einer epochalen Krise. Ab
1520, dem Jahr, als Luther die Papstbulle verbrennt, findet ein Bewusstseinswandel
statt. Es ist, als ob das mittelalterliche Miserere über die Zeiten hinweg in schaurig
neuer Weise erklingt. Dazu geben die folgenden Jahrzehnte immer weder neuen und
dramatischen Anlass. 1527, im Todesjahr Machiavellis, eroberten und plünderten die
deutschen, spanischen und italienischen Truppen Karls V. Rom. Clemens VII. floh mit
13 Kardinälen in die Engelsburg. Die Papstgräber wurden durchwühlt, die Kirchen
verwüstet Hauptmann Wilhelm von SaudezelI ließ sich als Papst verkleidet, von
Landsknechten, die Kardinalsgewänder trugen, den Fuß küssen, segnete sie mit
Wein und rief schließlich Luther zu seinem Nachfolger auf dem Stuhle Petri aus. Vier
Fünftel der Stadt waren eine Zeitlang unbewohnt. Erasmus schrieb 1528 über den
Sacco di Roma (Plünderung Roms): < In Wahrheit, dies war nicht der Untergang der
Stadt Rom, sondern der Welt‑>. Weltangst breitete sich aus, zumal das Jahr 1527
eine ganze Reihe anderer Katastrophen einzuleiten schien. Bis 1532 belagerte
Soliman II mit seinem Türkenheer Wien. Von 1521 ‑ 1538 führten Karl V. und Franz
1. Kriege gegeneinander. 1529 wird in Schweden, Dänemark und Norwegen die
Reformation eingeführt, und dann folgt für den Stuhl Petri ein Schlag auf den
anderen: 1530 die Augsburgische Konfession, 1531 die Loslösung der
anglikanischen Kirche von Rom., 1541 die Reformation in Genf. Die
Auseinandersetzungen zwischen Spanien und England näherten sich ihrem
Höhepunkt; der niederländische Freiheitskrieg begann.
• R Hocke, Die Welt als Labyrinth, Hamburg 1957, S.55 f
Manierismus
Die Bezeichnung ist , abgeleitet von dem ital. kunsttheoret. Begriff maniera, erstmals und abwertend 1792
von L. Lanzi gebraucht worden. M. bezeichnet mehrere und z.T. nicht identische künstl. Prozesse und
Erscheinungen in der Periode einer allseitigen gesellschaftlichen Krise politisch im Untergang vieler freier
Kommunen, z.B. Florenz 1530), der Aristokratisierung des Großbürgertums, der Herausbildung des
Absolutismus, der westeuropäischen Nationalstaaten und der Vorbereitung und Entfaltung der
Gegenreformation (1540 Gründung des Jesuitenordens, 1542 Inquisition in Italien, 1545 Beginn des
Tridentinischen Konzils). Hauptauftraggeber für Kunst werden die frühabsolutistischen Höfe, das
feudalisierte Patriziat und die katholisch gegenreformatorische Kirche mit der päpstlichen Zentralgewalt.
Die Wurzeln des M. äußern sich im Zerfall des geschlossenen, harmonischen, humanistischen und
historisch‑optimistischen Welt‑ und Menschenbildes der Renaissane. Selbstsicherheit und – bewusstsein
dieser anthropozentrischen Weltsicht, ihre Diesseitigkeit, Entdeckerkraft und – freude weichen einer
relativierten Vorstellung von Natur, Gesellschaft und Mensch. Es entwickelt sich das neue heliozentrische
Weltbild, die Natur-wissenschaften gewinnen an Bedeutung. Auch im Rahmen der Entwicklung der Künste
vollzog sich eine Veränderung. Die Künste wurden freier, subjektiver und ausgeprägt sensualistisch,
ausgeformt in einer "Verselbständigung der Gestaltungsmittel" gegenüber dem direkten Objektbezug der
überdies stark rational orientierten Renaissancekunst. Hinzu trat die Wandlung der renaissancehaften und
humanistischen Bildungs‑, Lebens‑ und Erfindungsfreude zu Lebensgier, Prunk‑ und Ziersucht,
überfeinerter höfischer Kultur und intellektueller Künstlichkeit. Diese vermochte gleicherweise intellektuell
stilisierter oder mystisch exaltierter Sinnlichkeit zu dienen wie einer zeitweise von Teilen der
Gegenreformation verfochtenen puristischen Askese (Übermalungen an Michelangelos "Jüngstem Gericht"
in der Sixtinischen Kapelle). Die Kunst wurde sich selbst zum Problem. Die Entwicklung der Theorie in der
Renaissancekunst, notwendig für die wissenschaftlichen Grundlagen der Kunst und auch im Interesse der
sozialen Rangerhöhung des von den Zunftfesseln befreiten Künstlers, wurde zu akademisch erstarrten
Regeln und neuplatonischen Spekulationen umgedeutet.

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