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EINE SCHWERE RECHENAUFGABE

Die Religionsstunde besuche ich nicht. Mein Vater ist Kommunist. Er will nicht, daß ich die
Religionsstunde besuche. Und in der letzten Stunde haben wir heute Rechnen.

"Wenn ein Mensch sechs Stühle hat und ein anderer nur vier, wieviel Stühle muß der, der sechs
hat, dem anderen abgeben, damit beide gleich viel haben?" fragt Fräulein Kranz, und wir sehen es
an ihren Augen, daß sie uns gleich noch etwas erzählen will. Ich hebe die Hand. Erika, Mariechen,
und Gertrud tun das auch. Aber die Lehrerin fragt Otto.

"Einen Stuhl", antwortet er und steht von seinem Platz auf.

"Richtig, einem Stuhl muß der Mann abgeben", sagt Fräulein Kranz und geht wieder zum
Lehrertisch zurück. "An dieser Aufgabe möchte ich euch zeigen, was die Kommunisten wollen."

Fräulein Kranz sieht mich nicht an. Aber ich verstehe, daß sie etwas für mich sagen will. "Die
Kommunisten wollen, daß alle gleich viel Stühle und andere Sachen haben." Wir sehen an ihrem
Gesicht, daß ihr das nicht gefällt. Otto, der ihr immer die Hefte nach Hause trägt, sagt, daß sie
sehr viel Möbel in ihrem Zimmer hat. Sie wird natürlich ihre Sachen nicht gern abgeben. Fräulein
Kranz steht nun vor meinem Platz, sieht mich aber jetzt nicht an.

"Was für eine dumme Idee das ist, können sogar ganz kleine Kinder verstehen", sagt sie. Die
Faulen und Dummen sollen auch so gut leben, wie die klugen und fleißigen Menschen."

Nein, ich verstehe das nicht! Mein Papa, mein guter Papa sollte ein dummer Mensch sein? Und will
Oma nicht auch immer, daß wir alles teilen sollen? Ich verstehe das doch nicht.

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