Wolke des Nichtwissens und Brief persönlicher Führung: Der Klassiker der Kontemplation
By Kreuz Verlag
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Book preview
Wolke des Nichtwissens und Brief persönlicher Führung - Kreuz Verlag
Wolke des Nichtwissens
und
Brief persönlicher Führung
Der Klassiker der Kontemplation
Übertragen von Willi Massa
Mit einer Hinführung
von Willigis Jäger
Nachwort von Bernhard Uhde
Impressum
Titel der Originalausgabe: Wolke des Nichtwissens und Brief persönlicher Führung
Der Klassiker der Kontemplation
Band 5 der »Schriftenreihe West-Östliche Weisheit – Willigis Jäger Stiftung«
Herausgeber: West-Östliche Weisheit – Willigis Jäger Stiftung
© KREUZ VERLAG in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012
© KREUZ VERLAG in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.kreuz-verlag.de
E-Book
-Konvertierung: epublius GmbH, Berlin
ISBN (
E-Book
): 978 - 3-451 - 80462-5
ISBN (Buch): 978 - 3-451 - 61075-2
Inhalt
Vorwort
von Willigis Jäger und Bernhard Uhde
Spirituelle Hinführung
von Willigis Jäger
Buch der Kontemplation
genannt
Wolke des Nichtwissens,
in der der Mensch eins wird mit Gott
I. Struktur der Kontemplation
1. Kapitel – Entwicklungsstufen des christlichen Lebens
Die vier Stufen christlichen Lebens, auf denen Gott den Menschen zur Vollendung führt, und über die Art der Berufung zum kontemplativen Leben dessen, für den dieses Buch geschrieben wurde.
2. Kapitel – Ungeteilte Aufmerksamkeit
Ermahnung zur Demut und zur Übung der Kontemplation.
3. Kapitel – Vergessen der Welt, Versinken in Hingabe
Wie man die Übung beginnen soll und weshalb sie besser ist als alle anderen geistlichen Übungen.
4. Kapitel – Reine Gegenwärtigkeit
Die Übung vollzieht sich außerhalb der Zeit und gelingt nicht mit gedanklichem Begreifen noch mit Vorstellung.
5. Kapitel – Alles Vergessen
In der Kontemplation müssen alle geschaffenen Dinge und was mit ihnen zusammenhängt unter der »Wolke des Vergessens« verschwinden.
6. Kapitel – Liebe allein kann erkennen
Kurze Darlegung, was Kontemplation ist.
7. Kapitel – Die störenden Gedanken
Wie man sich während der kontemplativen Übung verhalten soll, wenn Gedanken einen ablenken, die Ausdruck von Wissbegier sind oder einfach von selbst entstehen.
II. Zwei Lebensweisen
8. Kapitel – Das aktive und das kontemplative Leben
Behandlung von Zweifeln, die bei der Übung auftauchen. Wie die Neugier des natürlichen Verstandes überwunden wird und wie sich die Stufen des aktiven und kontemplativen Lebens unterscheiden.
9. Kapitel – Leben im Dunkel des Nichterkennens
Bei der kontemplativen Übung sind selbst die erhabensten Gedanken mehr Hindernis als Hilfe.
III. Versuchung und Schuld
10. Kapitel – Unterscheidung
Woran man erkennen kann, ob das eigene Denken eine Sünde ist, und falls ja, wann eine lässliche und wann eine schwere.
11. Kapitel – Kontrolle der Gedanken
Jeder Gedanke und jeder Impuls sollen aufmerksam geprüft werden. Nachlässigkeit bei lässlichen Sünden ist zu vermeiden.
IV. Die Maßstäbe der Selbsteinschätzung
12. Kapitel – Wirkung der Kontemplation
Kontemplation tilgt die Neigung zum Bösen und entwickelt die Grundqualitäten wahren Menschseins.
13. Kapitel – Wahre Selbsteinschätzung
Worin besteht rechte Selbsteinschätzung, die relative und die absolute?
14. Kapitel – Demut als Weg zu wahrem Selbstbewusstsein
Die unvollkommene Demut ist Tor zur vollkommenen.
15. Kapitel – Gottesbewusstsein als Quelle wahren Selbstbewusstseins
Wahre Demut erwächst nicht aus dem Erkennen der eigenen Schwäche und Kleinheit. Dies ist ein großer Irrtum.
16. Kapitel – Liebe tilgt die Sünde
Ein wahrhaft bekehrter und zur Kontemplation berufener sündiger Mensch kommt durch das Üben der Kontemplation eher zur Vollkommenheit als durch irgendein anderes Tun. So wird er auch von Gott am schnellsten die Vergebung seiner Sünden erhalten.
V. Der hohe Rang kontemplativen Lebens
17. Kapitel – Maria und Martha: kontemplativ und aktiv
Ein wirklich kontemplativ lebender Mensch kümmert sich nicht um das aktive Leben. Er beschäftigt sich auch nicht mit dem, was um ihn vor sich geht oder was man über ihn sagt. Er hält es auch nicht für nötig, die Vorwürfe seiner Gegner zu entkräften.
18. Kapitel – Verdacht des faulen Nichtstuns
Bis heute beklagen sich die Tätigen über die Kontemplation wie damals Martha über Maria. Unwissenheit ist der Grund.
19. Kapitel – Kritik aus Unwissenheit
Die Kontemplativen sollten Verständnis für die Menschen im aktiven Leben aufbringen, auch wenn diese sich über ihre kontemplative Lebensweise beschweren.
20. Kapitel – Jesus nimmt seine Freunde in Schutz
Die göttliche Allmacht wird jene verteidigen, die die Übung der reinen Liebeshingabe an ihn nicht unterbrechen wollen, um sich zu rechtfertigen.
21. Kapitel – Der »beste Teil«
Ausführliche Erklärung, was es bedeutet, den besten Teil zu erwählen.
22. Kapitel – Jesus liebt die Sünder
Die staunenswerte Liebe Christi für Maria. Sie steht an Stelle aller Sünder, die wirklich bekehrt und berufen sind zum Gnadengeschenk der Kontemplation.
23. Kapitel – Gott sorgt
Wer nur die Gottesliebe lebt, den wird Gott selbst schützen und selbst für deren Unterhalt sorgen.
VI. Die soziale Dimension
24. Kapitel – Kontemplation und Nächstenliebe
Worin christliche Nächstenliebe besteht und wie sie vollendet in der Kontemplation gegeben ist.
25. Kapitel – Der Kontemplative und seine Mitmenschen
Während der Kontemplation wird alles vergessen, weil es um Gott allein geht. Diese Übung verändert den Menschen so, dass er keinen Unterschied mehr macht zwischen Freund und Feind und jedem nur Gutes tut als Glied am Leibe Christi.
VII. Unser Tun
26. Kapitel – Schwierigkeiten des Beginnens
Ohne längere Praxis oder gnadenhafte Unterstützung ist die Übung der Kontemplation mühevoll. Es wird verdeutlicht, was daran der Anteil des Menschen ist und was allein von Gott bewirkt wird.
27. Kapitel – Aufrichtige Entschlossenheit
Wann und wie man die Übung der Kontemplation beginnen soll.
28. Kapitel – Vorbereitung auf die Übung
Niemand soll die Übung beginnen, ohne vorher sein Gewissen von persönlicher Schuld entlastet zu haben, wie es die Kirche verlangt.
29. Kapitel – Zurückhaltung im Urteil
Wer mit der Übung begonnen hat, soll geduldig darin weiterfahren, ihre Mühe ertragen und über niemanden ein Urteil fällen.
30. Kapitel – Befähigung zum rechten Urteil
Wer die Fehler anderer Leute bewerten und verurteilen darf.
VIII. Umgang mit störenden Gedanken
31. Kapitel – Kontrolle der Gedanken
Wie man sich zu Beginn des kontemplativen Gebetes gegenüber sündhaften Gedanken und Neigungen verhalten soll.
32. Kapitel – Zwei Methoden: nicht beachten – unterwerfen
Methoden für den Anfänger.
33. Kapitel – Durchhalten
Durch die Übung kontemplativer Versenkung werden die Auswirkungen persönlicher Sünden beseitigt. Doch manche bleiben. Man muss sie mit Geduld ertragen.
IX. Gott und Mensch als gemeinsam Handelnde
34. Kapitel – Die Initiative liegt bei Gott
Gott schenkt seine Gnade unmittelbar. Man kann sie durch keine Methode erwirken.
35. Kapitel – Unsere Vorbereitung und Einstimmung
Der Anfänger sollte sich drei Dinge angewöhnen: Schriftlesung, Betrachtung und Gebet.
X. Bündelung der Aufmerksamkeit
36. Kapitel – Methode des »kurzen Wortes«
Wie solche meditieren sollen, die Kontemplation erlernen möchten.
37. Kapitel – Das wesentliche Gebet
Das persönliche Gebet des in der Kontemplation Fortgeschrittenen.
38. Kapitel – Der Schrei aus ganzem Herzen
Warum der kurze Gebetsschrei bis zum Himmel dringt.
39. Kapitel – Der Ruf »Nein« oder »Gott« enthält alles
Wie ein Kontemplativer betet; was Beten eigentlich ist und welche Worte sich am besten dafür eignen, falls man Worte benutzen will.
40. Kapitel – Wie man das »kurze Wort« benutzt
Während der Übung des kontemplativen Betens denkt der Übende weder über Tugenden nach noch über Laster.
XI. Das rechte Maß
41. Kapitel – Rücksicht auf Gesundheit
In allen Dingen gilt es, Maß zu halten, außer in der Übung der kontemplativen Liebe.
42. Kapitel – Maßlosigkeit ist das Maß der Liebe
Wer in der kontemplativen Liebe maßlos ist, findet in allem anderen das rechte Maß.
XII. Der entscheidende Schritt: Vergessen seiner selbst
43. Kapitel – Das Vergessen des eigenen Seins
Jedes Gewahr- und Bewusstsein seiner selbst muss zurückgelassen werden, wenn Kontemplation zu ihrem Ziel gelangen soll.
44. Kapitel – Feuer der Wandlung
Was man tun muss, um das Gewahrsein seiner selbst zu überschreiten.
XIII. Gefahren und Hindernisse auf dem Weg der Kontemplation
45. Kapitel – Überspannte Konzentration
Welche Täuschungen auf dem Weg der Kontemplation entstehen können.
46. Kapitel – Geduld und Gelassenheit
Man soll mit geistigem Verlangen statt mit körperlicher Anstrengung arbeiten.
47. Kapitel – Nüchterne Trunkenheit
Kontemplation vollzieht sich im geistigen Bereich. Daher zeigt man Gott das Verlangen nach ihm anders als einem Menschen.
48. Kapitel – Unterscheidung von Trugbild und wahrem Erleben
Gott will, dass der Mensch ihm mit Leib und Seele dient. Beide werden dafür belohnt. Erklärung, wann das Erleben von Harmonie und angenehmen Empfindungen gut ist und wann schädlich.
49. Kapitel – Menschliche Vollendung liegt in der Willenseinheit mit Gott
Außergewöhnliche Erlebnisse wie Hören überirdischer Klänge, Erleben himmlischer Freude und Süße sind nur Durchgang.
50. Kapitel – Liebe ist alles
Beglückende Erlebnisse erhalten manche selten, manche oft.
XIV. Verstehen und Missverstehen der Weisung
51. Kapitel – Das rechte Verstehen bildlicher Sprache
Was geistig gemeint ist, darf nicht wortwörtlich verstanden werden, vor allem nicht die Worte »nach innen« und »empor«.
Pseudomystik – der falsche Weg nach »innen«
52. Kapitel – Das Missverständnis des »Innen«
Wie ehrgeizige »Anfänger« die Bedeutung von »nach innen« missverstehen und auf Abwege geraten.
53. Kapitel – Verheerende Folgen falscher Innerlichkeit
Abnormes Benehmen der Pseudomystiker.
54. Kapitel – Früchte echter Kontemplation
Wahre Kontemplation führt zu Weisheit, Selbstbeherrschung und angemessenem Verhalten.
55. Kapitel – Anmaßung und falscher Eifer
Wie Eiferer sich täuschen, weil ihnen die Unterscheidung der Geister fehlt.
56. Kapitel – Selbstüberschätzung
Wem Vielwissen und theologische Gelehrsamkeit mehr bedeutet als die allgemein anerkannte Lehre und geistliche Führung der Kirche, irrt sich.
Symbolcharakter religiöser Sprache
57. Kapitel – Zu Gott »empor« ist sinnbildlich zu verstehen
Selbstsichere Anfänger verstehen das Wort »empor« gerne falsch. Daraus entstehen Fehlhaltungen.
58. Kapitel – Wahre Bedeutung geistiger Schauungen
Die Berichte der Visionen des hl. Martin oder Stephanus sind keine Aufforderung, beim Gebet angestrengt zum Himmel zu blicken.
59. Kapitel – Die »Auffahrt Christi« hat Symbolcharakter
Die leibhafte Himmelfahrt Christi soll uns nicht verleiten, beim Gebet die Vorstellungskraft zwanghaft auf den Himmel zu richten.
60. Kapitel – Der Himmel ist nicht »oben«
Nicht mit unseren Füßen, sondern mit der Sehnsucht des Geistes begeben wir uns in den Himmel.
61. Kapitel – Das wirkliche »Empor«
Alles Leibliche ist dem Geistigen untergeordnet und von dessen Ebene her bestimmt, nicht umgekehrt. Das ist ein Naturgesetz.
XV. Der Mensch und seine Erkenntnisstruktur
62. Kapitel – Der Mensch im Universum
Woran jemand erkennen kann, wann sein geistiges Tun sich auf etwas richtet, was seinsmäßig unter ihm steht oder außerhalb von ihm oder auf gleicher Ebene, oder wann es in ihm selbst sich vollzieht im Bereich, der über ihm und unter seinem Gott ist.
63. Kapitel – Der Seelengrund: das Gemüt
Über die Seelenkräfte allgemein und über das Gemüt als Wurzel aller Kräfte insgesamt.
64. Kapitel – Die Hauptkräfte: Verstand und Willen
Wie diese beiden Hauptfähigkeiten arbeiten und wie sie vor und nach der Urtrennung waren.
65. Kapitel – Das Vorstellungsvermögen
Es ist eine untergeordnete Kraft. Was ihre Funktion ist und deren Schwächung durch Verlust der Einheit mit Gott.
66. Kapitel – Die Sinneswahrung
Ihre Funktion und ihre Beeinträchtigung durch Verlust der Einheit mit Gott.
XVI. Entwicklung der geistigen Dimension
67. Kapitel – Fortschreitende Verinnerlichung
Unwissenheit über Funktion und Funktionsbereich der seelischen Kräfte führt leicht zu Missverständnissen bei der kontemplativen Übung und ihrer Darlegung. Und wie die Seele durch Gnade vergöttlicht wird.
68. Kapitel – Totale Versenkung
Vergessen von Raum und Zeit (leiblich »nirgendwo«) führt zum Gewahrsein des Allganzen (geistig »überall«). Für unseren äußeren Menschen ist Kontemplation sinnloses Tun.
69. Kapitel – Das »Nichts«
Wie der innere Zustand eines Menschen sich in unbegreiflicher Weise wandelt, wenn er dieses »Nichts« der geistigen Ebene erlebt und dieses Erlebnis im »Nirgendwo« sich vollzieht.
70. Kapitel – Gott erkennen im »Nichts«
Wie wir durch Schweigen der leiblichen Sinne schnell zum geistigen Erkennen gelangen, so wird durch Schweigen unserer geistigen Sinne (Vorstellungskraft und Verstand) am schnellsten Gott erkannt, soweit dies durch Gnade möglich ist.
XVIII. Verschiedene Zugänge zur Kontemplation
71. Kapitel – Mühevoll und mühelos
Manche Menschen erleben die Tiefe der Kontemplation selten und nur in Zeiten mystischer Ekstase, andere erfahren sie bei normaler seelischer Verfassung, wann immer sie wollen.
72. Kapitel – Der eigene Weg
Kein Kontemplativer sollte einen anderen auf seinem Weg nach dem beurteilen, was er selbst erlebt.
73. Kapitel – Drei Arten, in den Genuss der Kontemplation zu gelangen
Die Bundeslade ist Sinnbild für die Gegenwart Gottes in der Kontemplation. Mose, Beseleel und Aaron hatten unterschiedlich mit der Bundeslade zu tun. Ihnen entsprechend, können wir in dreierlei Weise aus dem Geschenk der Kontemplation Nutzen ziehen.
XIX. Abschluss
74. Kapitel – Ein letztes Wort an den Schüler
Wenn der Inhalt des Buches einem Menschen vorgestellt wird, der eine innere Neigung zur Kontemplation fühlt, wird er sich dazu ermuntert fühlen.
75. Kapitel – Zeichen echter Berufung
Es gibt gewisse Anzeichen, an denen zu erkennen ist, ob jemand von Gott berufen ist, den kontemplativen Weg zu gehen.
Brief persönlicher Führung
Ein Meister unterweist seinen Schüler
I. Der Weg zur Gotteserfahrung
Prolog
Inneres Schweigen als Gebet
Die Einfachheit der Übung
Störende Gedanken
Gib dich ganz hin
Nimm einfach wahr, dass du bist
Das innere Wesen als Tor zu Gott
Die Frucht der Übung und ihre Gefährdung
Klage über den zaudernden Menschen
Erfahrung von Geborgenheit und Kraft
Verstehen nur aus Erfahrung
Der Kern menschlichen Seins: Gottes Sein
Das Selbst-Vergessen
Das wahre Selbst – Unterschied von Sein und Handeln
Betrachtung und Meditation als Vorbereitung
Meditation reift zur Kontemplation
Menschliches und göttliches Wirken fließen zusammen
II. Die Anzeichen der Berufung
Woran man sie erkennt
Zeichen für die Echtheit
Das innere Hoch und das innere Tief
Das Ziel
Die Entscheidung
Die schwierige Einfachheit
Die Mühe lohnt sich
Nachwort
von Bernhard Uhde
Vorwort
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts schreibt ein uns unbekannter Autor bemerkenswerte Werke, so unter anderen die »Wolke des Nichtwissens« und den »Brief persönlicher Führung«. Der Autor schreibt in England und bedient sich der mittelenglischen Volkssprache seiner Zeit. Der Autor ist ungewöhnlich gebildet, zeigt durch Zitate und Anspielungen eine hervorragende Kenntnis der theologischen Tradition und insbesondere der Theorie und Praxis von Kontemplation und Meditation – all dies, um den so schwer in Worte zu fassenden Weg der Mystik zu beschreiben und zu lehren. Der großartigen und umfassenden Darstellung dieses kontemplativen Weges in der »Wolke des Nichtwissens« entspricht der »Brief persönlicher Führung« als genaue Unterweisung des Meisters an seinen Schüler.
Was aber mag uns heute veranlassen, diese Werke zu lesen, ja zu vergegenwärtigen, um aus ihnen zu lernen? Vor allem ist es in bewegter Zeit und den Wechselfällen unseres Lebens wünschenswert, zu innerer Ruhe, zu innerer Freiheit und dadurch zu ruhiger freier Gelassenheit zu kommen, um daraus jene Kraft zu erlangen, die alles Beschwerliche dieser Welt leichter erscheinen lässt. Die beiden Werke sind dafür dienlich, weil deren Inhalt weit über Zeit und Raum der Abfassung hinaus komponiert ist. Wohl bedient sich der Autor christlicher Sprache und Tradition, übersteigt diese aber in Höhen geistigen Erkennens hinein, die viele große mystische Traditionen mancher Religionen zu allen Zeiten und Gegenden zu erschließen suchen. So sind diese Werke dem edlen Diamanten gleich, der dem Unwissenden wie wertloses gebrochenes Glas erscheint, dem Lernwilligen aber zu einem bleibenden, unvergänglichen und unverlierbaren Begleiter auf dem Weg zur Gegenwart wird.
Willigis Jäger
Bernhard Uhde
Spirituelle Hinführung
Von Willigis Jäger
Der Name des Verfassers dieses Buches ist unbekannt, vermutlich war es ein Mönch des 14. Jahrhunderts. Die »Wolke des Nichtwissens« und der »Brief«, wie die Mitteilungen des Schreibers an einen jungen Menschen genannt werden, sind eine klare Einführung in eine transkonfessionelle christliche Mystik.
Die Mystik des Ostens und des Westens versucht die Tiefenschichten der Psyche freizulegen und für eine umfassende Seinserfahrung zu öffnen. Es finden sich Anleitungen zu diesem Weg in praktisch allen Kulturen. Der eigentliche Ausgangspunkt scheinen jedoch die Erfahrungen von Weisen aus dem nördlichen Indien zu sein, die einige Jahrtausende vor Christus zurückreichen. Ob der englische Mönch Kontakt zu diesen Erkenntniswegen hatte, ist unbekannt. Überraschend ist jedoch, dass der Weg, den er lehrt, dem Zen sehr nahe steht. Auch wenn der Schreiber immer wieder das Wort »Gott« gebraucht, so sucht er doch eindeutig über das Personale hinauszugehen. Nur weil diese Schriften